Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 9 K 1095/16

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Räumen im Unterschoss deren Wohngebäudes in Räume für den Betrieb einer Tanzschule.
Die klagenden Eheleute wohnen in der ..., Flst.Nr. ... in ... An dieses Grundstück grenzt in östlicher Richtung das Grundstück der Beigeladenen, ..., Flst.Nr. ... an. Es ist ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaut. In dessen Untergeschoss wird die streitgegenständliche Tanzschule bereits betrieben.
Das Grundstück der Beigeladenen und das Grundstück Flst.Nr. ... liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „...“ der Gemeinde ... vom 27.09.2005, der für diesen Bereich ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Wegen der genauen Lage der Grundstücke wird auf den Lageplan vom 12.07.2010 Bezug genommen.
Am 01.06.2012 beantragten die Beigeladenen erstmals die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Büro- und Lagerräumen im Untergeschoss ihres Wohngebäudes in Räume für eine Tanzschule. Im Rahmen der Nachbarbeteiligung erklärte der Kläger am 11.06.2012, dass er gegen das Bauvorhaben nichts einzuwenden habe. Mit an die Beigeladenen adressierten Schreiben vom 05.09.2012 nahmen die Kläger auf die Erklärung vom 11.06.2012 Bezug und führten nochmals aus, dass sie gegen die Nutzungsänderung nichts einzuwenden hätten. Sie hätten bislang von dem Tanzunterricht nichts bemerkt und seien daher auch in keiner Weise beeinträchtigt. Der Bauantrag der Beigeladenen wurde mit Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 22.10.2012 abgelehnt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Beigeladenen wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 23.04.2013 zurück. Im daraufhin geführten gerichtlichen Verfahren – 9 K 1264/13 – schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts einen Vergleich. Im Rahmen dieses Vergleichs nahmen die Beigeladenen ihren Bauantrag zurück und verpflichteten sich, für ihr Vorhaben einen neuen Bauantrag zu stellen und diesem Antrag eine reduzierte Nutzungsintensität zugrunde zu legen.
Am 20.10.2014 beantragten die Beigeladenen erneut die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Räumen im Untergeschoss ihres Wohngebäudes in Räume für eine Tanzschule. Dem Antrag wurde am 17.11.2014 eine Betriebsbescheinigung beigefügt, aus der sich die verschiedenen Kurse, die maximalen Unterrichtszeiten, die maximale Gruppengröße sowie die Anzahl der Stellplätze ergeben. Der Inhalt der Betriebsbeschreibung war zuvor in einem Gespräch mit dem Landratsamt Enzkreis abgestimmt worden.
Im Rahmen der neuerlichen Nachbarbeteiligung erhoben die Kläger Einwendungen gegen die Nutzungsänderung. Sie trugen vor, dass sie zwar gegen die im Juni 2012 beantragte Nutzungsänderung keine Einwände vorgebracht hätten. Die Situation habe sich jedoch drastisch geändert. Mittlerweile finde der Tanzschulunterricht nahezu täglich und hauptsächlich abends statt. Sie würden durch das Kommen und Gehen der meist jugendlichen Tanzschulbesucher, die von ihren Eltern mit dem Auto gebracht und abgeholt würden, erheblich belästigt. Es komme zu lautem Türenknallen und Lärm direkt vor ihrer Haustür. Darüber hinaus hätten die Beigeladenen ohne Vorankündigung die Nachtruhe durch Partys in ihrem Garten mit sehr lauter Musik massiv gestört. Sollten sie ihr Haus jemals vermieten, so stellten die Lärmbeeinträchtigungen durch den Betrieb der Tanzschule Mängel der Mietsache dar, die eine Mietminderung von 20 % rechtfertigen würden.
Mit Bescheid vom 16.03.2015 erteilte das Landratsamt Enzkreis die beantragte Baugenehmigung auf Grundlage der dem Antrag beigefügten Betriebsbescheinigung. Danach sind maximal elf Unterrichtsstunden pro Woche, davon maximal zwei Stunden pro Woche am Vormittag und maximal vier Stunden pro Tag am Nachmittag zulässig. Frühester Unterrichtsbeginn ist 9.30 Uhr am Vormittag und 15 Uhr am Nachmittag. Das späteste Unterrichtsende ist an maximal drei Abenden 21.30 Uhr, ansonsten 20.30 Uhr. Es sind zwei Gruppen mit maximal vierzehn Teilnehmern zulässig. Alle anderen Gruppen dürfen maximal elf Teilnehmer haben. An Wochenenden und an schulfreien Tagen darf kein Unterricht stattfinden. Die Fenster dürfen nur in Pausen geöffnet werden, in denen keine Musik läuft. Des Weiteren wird festgelegt, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte außerhalb von Gebäuden tags 55 db (A) und nachts 40 db (A) betragen und einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 db(A) und nachts um nicht mehr als 20 db(A) überschreiten dürfen. Für das Vorhaben sind vier Stellplätze nachzuweisen. Einer davon wird auf dem Grundstück Flst.Nr. ... anerkannt. Die anderen drei Stellplätze sind auf dem Grundstück Flst.Nr. ... bis zum 16.04.2015 herzustellen und dauernd zu unterhalten.
Das Landratsamt Enzkreis wies die Einwendungen der Kläger zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Tanzschule eine Anlage für sportliche Zwecke sei, die in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sei. Der eigentliche Tanzunterricht finde bei geschlossenen Fenstern statt, so dass hierdurch keine Belästigung der Umgebung zu erwarten sei. Zudem seien der Stundenumfang und die Gruppengröße gegenüber dem im Jahr 2012 eingereichten Antrag nachhaltig reduziert. Dies führe zu einer Verringerung des Zu- und Abfahrtverkehrs. Elf Stunden pro Woche seien ein begrenzter Zeitraum. Zudem finde keine Nutzung an Wochenenden, Feiertagen und während der Ferien statt. Die Nachtruhe ab 22 Uhr sei gewährleistet, da der Unterricht spätestens um 21.30 Uhr ende. Ein genereller Ausschluss von Besucherverkehr sei nach § 4 BauNVO nicht vorgesehen. Dass sich möglicherweise einzelne Nutzer durch Türenknallen oder Laufenlassen des Motors rücksichtslos verhielten, könne den Beigeladenen nicht angelastet werden. Ihr Hinweis auf gestörte Nachtruhe durch private Gartenpartys der Beigeladenen habe mit dem Antrag auf Nutzungsänderung für die Tanzschule nichts zu tun. Eine eventuelle Wertminderung von Grundstücken sei nicht Teil der baurechtlichen Prüfung. Die Stellplätze seien mittlerweile errichtet.
Die Kläger legten gegen die erteilte Baugenehmigung am 30.03.2015 Widerspruch ein. In der heißen Jahreszeit sei die Musik der Tanzschule teilweise in ihrem Garten zu hören. Offensichtlich hielten sich die Beigeladenen nicht daran, die Fenster während des Unterrichts immer geschlossen zu halten. Das Türenknallen und das minutenlange Laufenlassen des Motors vor ihrem Haus seien direkt durch die Tanzschule bedingt und müssten daher bei der Entscheidung über die Baugenehmigung berücksichtigt werden. Die Wertminderung ihres Anwesens müsse ebenfalls berücksichtigt werden. Die dem Bauantrag zugrundeliegenden Angaben seien falsch. Die Behörden und sie selbst würden bewusst getäuscht. Dass sie in einem sogenannten Erholungsort mit einer Tanzschule in direkter Nachbarschaft konfrontiert würden, hätten sie nicht gedacht. Die zuständige Behörde müsse prüfen, ob die von ihr in der Genehmigung gemachten Vorgaben auch eingehalten würden. Der überwiegende Betrieb der Tanzschule finde abends statt, wo man eigentlich seine Ruhe haben wolle.
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In der Folge wandten sich die Kläger mehrfach an das Landratsamt Enzkreis und an das Regierungspräsidium Karlsruhe und trugen vor, dass die Beigeladenen sich nicht an die Vorgaben in der Baugenehmigung hielten. Die Beigeladenen nahmen auf Aufforderung durch das Landratsamt Enzkreis zu den Vorwürfen Stellung. Zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten gegen die Beigeladenen kam es nicht.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2016 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, es sei ausschließlich eine Nutzung im beantragten Umfang zugelassen. Dieser Umfang reduziere die Lärmbelastung auf ein einer Wohnnutzung entsprechendes Maß. Hieran ändere auch ihr Einwand nichts, dass der Tanzunterricht vorwiegend abends stattfinde. Denn in einem allgemeinen Wohngebiet wären auch Schank- und Speisewirtschaften zulässig, deren Betrieb ebenso überwiegend abends stattfinden würde. Darüber hinaus sei im Gegensatz zu einer Gastwirtschaft der Betrieb an Sonn- und Feiertagen sowie in den Ferien nicht genehmigt. Der zu erwartende An- und Abfahrtsverkehr führe ebenfalls zu keiner unzumutbaren Belastung. Ihr Haus liege rund 25 m von den Stellplätzen entfernt. Eine Überschreitung der in einem allgemeinen Wohngebiet zulässigen Immissionsrichtwerte durch die Nutzung der Stellplätze sei daher unwahrscheinlich. Zudem werde die Tanzschule durch eine andere Straße als ihr Wohnhaus erschlossen.
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Auf den am 24.02.2016 zugestellten Widerspruchsbescheid hin haben die Kläger am 14.03.2016 Klage erhoben. Zur Begründung trugen sie ergänzend vor, dass man die Tanzschule zwar als Anlage für sportliche Zwecke im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ansehen könne. Sie verstoße jedoch gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Am 23.03.2016, 24.03.2016 und am 06.05.2016 habe Unterricht in den Osterferien bzw. an unterrichtsfreien Tagen stattgefunden. Die Baugenehmigung sei zu unbestimmt. Durch die Baugenehmigung sei nicht hinreichend definiert, welche einzelnen Nutzungsformen dem Tanzschulbetrieb zuzurechnen seien. Dies betreffe beispielsweise das Umziehen, das frühere Kommen und das spätere Gehen einzelner Tanzschüler sowie Kostümproben. Gerade insoweit habe in der Vergangenheit auch Uneinigkeit bestanden. Es müsste eine durchgehende einwöchige Baukontrolle stattfinden, um die Einhaltung der Nutzungsintensität überprüfen zu können. Des Weiteren sei eine Abgrenzung zwischen Privatbereich und Tanzschulbetrieb nicht möglich. Die Auflage, dass die Fenster während der Tanzstunden geschlossen sein müssten, sei unzureichend und zumindest in den Sommermonaten auch nicht einzuhalten. Der Tanzraum sei nicht klimatisiert. Die eigens eingerichteten Stellplätze würden nicht in Anspruch genommen. Die vorherrschende Parkplatzsituation sei mit ihren nachbarlichen Wohninteressen und ihrem Ruhebedürfnis, vor allem in den Abendstunden, nicht in Einklang zu bringen.
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Die Kläger beantragen,
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den Bescheid des Landratsamts Enzkreis vom 16.03.2015 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.02.2016 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung trägt er ergänzend vor, es handle sich um eine kleine Tanzschule im Untergeschoss eines Wohnhauses. Für das Tanztraining stehe ein 70 qm großer Raum zur Verfügung. Es würden Kurse angeboten, zu denen eine Anmeldung erforderlich sei. Der Stundenumfang und die Anzahl der Nutzer seien gering. Dass eine regelmäßige Lärmbelastung durch Musik aus der Tanzschule gegeben sei, hätten die Kläger nicht vorgebracht. Beschwerden von anderen Anwohnern hätte das Landratsamt Enzkreis nicht erhalten.
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Die Beigeladenen beantragen,
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die Klage abzuweisen.
20 
Zur Begründung tragen sie vor, dass die Klage bezüglich des Klägers bereits unzulässig sei, da dieser nicht Eigentümer des Grundstücks sei. Die Klage könne jedenfalls deshalb keinen Erfolg haben, weil die Kläger dem streitgegenständlichen Vorhaben mit Erklärung vom 11.06.2012 bereits zugestimmt hätten. Sie hätten somit etwaige Abwehrrechte verwirkt bzw. auf diese verzichtet. Es sei unerheblich, dass die Zustimmung im Rahmen des früheren Verfahrens geäußert worden sei, da Planänderungen nach Unterschriftsleistung unerheblich seien, zumal die streitgegenständliche Nutzung viel stärker reguliert sei als die damalige. Die Baugenehmigung sei auch nicht zu unbestimmt. Der Genehmigung sei klar zu entnehmen, dass die dort genannten Endzeiten sich auf den Unterricht und nicht auf andere Tätigkeiten bezögen. Selbst wenn sie nicht hinreichend bestimmt wäre, sei zu beachten, dass eine Verletzung von Nachbarrechten nur vorliegen könne, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betreffe und infolgedessen bei der Ausführung des Bauvorhabens eine unzumutbare Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen sei. Es könne insbesondere im Zusammenhang mit dem Ende des Tanzunterrichts und dem Abfahren der Kraftfahrzeuge keine unzumutbare Beeinträchtigung angenommen werden. Es handle sich um eine kleine Tanzschule, die nur relativ wenige Besucher habe. Sie sei durch die Nebenbestimmungen stark reguliert. Jede in der Baugenehmigung vorgesehene Regelung lasse sich kontrollieren. Die Kläger hätten die Möglichkeit untersuchen zu lassen, ob die maßgeblichen Immissionsrichtwerte eingehalten würden. Dass die Werte nicht eingehalten würden, behaupteten sie jedoch selbst nicht. Wenn die Kläger meinten, Musik in ihrem Garten gehört zu haben, so dürfte die Ursache sein, dass ihr Sohn seine Musikanlage hin und wieder etwas lauter einstelle. Eine Klimaanlage sei nicht erforderlich, da der Unterrichtsraum sich im Souterrain befinde und an wärmeren Tagen die Rollläden bis nachmittags geschlossen würden. Die Temperaturen im Tanzsaal seien auch im Sommer meist angenehmer als draußen. In den Sommerferien finde ohnehin kein Unterricht statt. Es finde kein lauter Besucherverkehr statt. Möglicherweise handle es sich um Besucher oder Freunde der Familie, die die Kläger für Tanzschulteilnehmer hielten. Bei dem 23.03.2016 und dem 06.05.2016 habe es sich um bewegliche Ferientage gehandelt, die an unterschiedlichen Schulen unterschiedlich gehandhabt würden. Am 24.03.2016 habe kein Unterricht stattgefunden. Die Straße vor der Tanzschule biete jede Menge Parkmöglichkeiten, die gar nicht benötigt würden.
21 
Mit Schriftsatz vom 21.03.2017 führten die Kläger aus, dass sie beide Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... seien. Die Zustimmungserklärung vom 11.06.2012 habe keine Relevanz, da es sich vorliegend um eine neu beantragte Baugenehmigung in einem neuen Genehmigungsverfahren handle. Erst zum Zeitpunkt der neuen Antragstellung habe sich die Gebietsunverträglichkeit der Nutzung herausgestellt. Die Tanzschüler hätten zum Zeitpunkt der Zustimmungserklärung noch nicht an ihrer Kreuzung geparkt und die Anzahl der Tanzschüler sei weit geringer gewesen. Die Beigeladenen hätten sie über den Nutzungsumfang, der sich erst in der Folge gezeigt habe, nicht aufgeklärt. Die Beigeladenen hätten den Eindruck aufkommen lassen, es handle sich allenfalls um eine hobbymäßige Nutzung. Die damals abgegebene Erklärung werde analog § 119 Abs. 1 BGB und analog § 123 Abs. 1 BGB angefochten. Auch die vorgerichtliche Korrespondenz mit den Beigeladenen und dem Beklagten sei als Anfechtung dieser Erklärung auszulegen. Die Tanzschule bedinge jeweils das Kommen und Gehen einer größeren Gruppe von Menschen, was typischerweise eine Unruhe mit sich bringe. Die Baugenehmigung ermögliche jeweils zwei Gruppenbesuche mit je vierzehn Personen in der Woche. Bei einem Überschneiden von zwei Gruppen ergebe sich eine regelrechte „Rushhour“ von über zwanzig Fahrzeugen. Die Fahrzeuge würden stets im Einmündungsbereich vor ihrem Gebäude halten und warten. Die Beigeladenen seien auch nicht schutzwürdig. Der Tanzschulbetrieb könne auch in der Mehrzweckhalle am Ortsrand abgehalten werden. Der Vortrag, dass es sich um Musik des Sohnes handle, sei nicht glaubhaft, da dieser von den Beigeladenen sicher über den Rechtsstreit informiert sei.
22 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Landratsamts Enzkreis bezüglich des ersten und des streitgegenständlichen Genehmigungsverfahrens, auf die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe, auf den Bebauungsplan „...“ einschließlich der Verfahrensakte, auf die Gerichtsakte 9 K 1264/13 sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig (dazu unter I.), darüber hinaus ist sie auch unbegründet (dazu unter II.).
I.
24 
Die Klage ist unzulässig.
25 
Die Kläger sind bereits nicht klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Sie können nicht – mehr – geltend machen, in ihren Rechten als Nachbarn durch die Erteilung der Baugenehmigung an die Beigeladenen verletzt zu sein.
26 
1. Aufgrund ihrer Stellung als Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... ist es zwar grundsätzlich möglich, dass die Kläger einen Abwehranspruch aus Bestimmungen des Bauplanungsrechts ableiten können (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.1989 - 4 C 1.88 - BVerwGE 82, 61). Nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Grundbuchauszug vom 19.07.2010 sind beide Kläger als Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... eingetragen. Anhaltspunkte, dass sich an dieser Miteigentümerstellung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung etwas geändert haben könnte, sind nicht gegeben.
27 
2. Den Klägern ist es jedoch aufgrund ihrer Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 verwehrt, sich auf eine Verletzung von Nachbarrechten zu berufen und einen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung geltend zu machen. Der Geltendmachung eines nachbarlichen Abwehrrechts steht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
28 
Ein Nachbar verstößt gegen das auch im öffentlichen Recht geltende Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“), wenn er im Baugenehmigungsverfahren Einwendungen erhebt und Rechtsbehelfe einlegt, obwohl er sich gegenüber den Beigeladenen mit dem Vorhaben einverstanden erklärt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.11.1990 - 8 S 1714/90 - juris). So bestimmt § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 LBO, dass eine Benachrichtigung nicht erforderlich ist bei Angrenzern, die eine schriftliche Zustimmungserklärung abgegeben haben. Dieser gesetzlichen Regelung liegt erkennbar die oben genannte Wirkung der Zustimmungserklärung eines Nachbarn zugrunde.
29 
a) Die Frage, wie weit sich ein Einverständnis des Nachbarn mit einem Vorhaben bzw. sein Verzicht auf ein gegen dieses Vorhaben gerichtetes Abwehrrecht auf seine nachbarliche Abwehrposition auswirkt, beantwortet sich nach dem konkreten, ggf. durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der von ihm in freier Entscheidung abgegebenen Erklärung (OVG NRW, Beschluss vom 30.08.2000 - 10 B 1145/00 - juris).
30 
Die von beiden Klägern unterzeichnete Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 ist nach §§ 133, 157 BGB analog dahingehend auszulegen, dass sie sich mit dem Betrieb der Tanzschule, in dem Umfang, wie die Beigeladenen ihn unter dem 24.05.2012 beantragt haben, vorbehaltlos einverstanden erklärt haben. Denn in dieser Zustimmungserklärung nehmen die Kläger ausdrücklich auf die vorbehaltlos zustimmende Nachbarerklärung vom 11.06.2012 Bezug und bestätigen diese nochmals. Auch aus der Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 sind Begrenzungen, Einschränkungen oder Bedingungen nicht zu erkennen.
31 
b) Die Rücknahme des Bauantrags vom 24.05.2012 und die Stellung eines erneuten Bauantrags am 20.10.2014 haben die Wirkung der Zustimmungserklärung der Kläger nicht entfallen lassen.
32 
Unter welchen Voraussetzungen die Änderung eines Vorhabens zum Erlöschen einer zuvor für eine bestimmte Bauausführung erklärten nachbarlichen Zustimmung führt, ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Sie erlischt jedenfalls dann nicht, wenn der Bauherr sein Vorhaben in einer Weise ändert, die ausschließlich zugunsten des Nachbarn Auswirkungen hat. In diesem Fall deckt die zuvor erklärte Zustimmungserklärung als „Minus“ auch die Änderung des Vorhabens ab (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 12.11.2001 - 15 ZB 00.934 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.02.1994 - 8 S 1712/93 - juris Rn. 22). Die Änderung des Betriebsumfangs der Tanzschule im Rahmen des zweiten Baugenehmigungsverfahrens erfolgte ausschließlich zu Gunsten der Kläger. So findet kein Cheerdance-Unterricht für Kinder mehr statt. Neue Tanzkurse sind nicht hinzugekommen. Der wöchentlich und täglich maximal zulässige zeitliche Unterrichtsumfang wurde ausschließlich verkürzt . Die maximal zulässige Gruppengröße wurde verkleinert. Im Gegensatz zu dem durch eine ordnungsgemäße Angrenzerbenachrichtigung nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO eintretenden Verlust der Abwehrrechte ist der Verlust der Abwehrrechte bei der in die Disposition des Nachbarn gestellten Zustimmungserklärung nicht auf das konkrete Genehmigungsverfahren beschränkt. Denn das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ist nicht auf ein Genehmigungsverfahren beschränkt. Es stellt sich in dem zwischen unmittelbaren Grenznachbarn geltenden besonderen „nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis“ als widersprüchlich dar, die Zustimmung zu einem Vorhaben zu erklären und dennoch einen Rechtsbehelf gegen eine Genehmigung dieses oder eines sogar weniger beeinträchtigenden Vorhabens einzulegen, auch wenn die Genehmigung – aus der Sicht des Nachbarn zufällig – erst in einem weiteren Verfahren erging.
33 
c) Die Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 wurde auch nicht durch die später erfolgten Erklärungen der Kläger unwirksam.
34 
Die Zustimmung zu einem Bauvorhaben kann entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 119 ff. BGB wegen Irrtums oder Täuschung angefochten und damit rückwirkend (§ 142 Abs. 1 BGB) beseitigt werden (vgl. VG München, Beschluss vom 08.09.2016 - M 9 SN 16.3414 - juris Rn. 18 ff).
35 
Es kann offenbleiben, ob bereits die Erhebung von Einwendungen im Rahmen der erneuten Angrenzerbenachrichtigung als Anfechtungserklärung auszulegen ist oder ob die Anfechtung erst im Schriftsatz vom 21.03.2017 erklärt wurde. Es liegt jedenfalls weder ein Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 BGB) vor noch ist eine Täuschung durch die Beigeladenen (§ 123 BGB) ersichtlich.
36 
Eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der Erklärende einer Fehlvorstellung über den objektiven Inhalt seiner Erklärung unterliegt (vgl. Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 119 BGB Rn. 56). Der objektive Inhalt der Nachbarzustimmung liegt darin, dass der jeweilige Nachbar mit dem Vorhaben sein Einverständnis erklärt (vgl. VG München, Beschluss vom 08.09.2016 - M 9 SN 16.3414 - juris Rn. 23). Die Kläger wussten, dass sie mit ihrer Erklärung vom 05.09.2012 ihr Einverständnis mit dem Betrieb der Tanzschule zum Ausdruck bringen. Sie unterlagen insoweit keiner Fehlvorstellung. Lediglich das Motiv für die Abgabe ihrer Erklärung, nämlich ihre Einschätzung der Störintensität der Tanzschule, hat sich als im Nachhinein unzutreffend herausgestellt.
37 
Die Kläger dringen auch mit der von ihnen erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht durch. Denn die Voraussetzungen des § 123 BGB sind nicht gegeben. Die Beigeladene haben die Kläger nicht durch (aktive) Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen getäuscht. Das behaupten auch die Kläger nicht. Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen einer relevanten Tatsache ist aber ebenfalls nicht gegeben. Das Verschweigen von Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht. Entscheidend ist, ob der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte (§ 242 BGB). Grundsätzlich ist es Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Es besteht daher keine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein können (vgl. Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 123 BGB Rn. 31 f.). Ausgehend hiervon waren die Beigeladene nicht gehalten, die Kläger von sich aus über den genauen Nutzungsumfang der Tanzschule aufzuklären. Die Kläger mussten ohne Weiteres damit rechnen, dass der Betriebsumfang der Tanzschule größer ist als von ihnen offenbar angenommen. Eine „hobbymäßige Nutzung“, von der sie ihren eigenen Angaben zufolge ausgingen, erlaubt nämlich keine konkrete Einschätzung der Nutzungsintensität. Es hätte daher den Kläger oblegen, sich genauer über den beantragten Betriebsumfang zu informieren, zumal sie im Rahmen der Nachbarbeteiligung mit Schreiben des Landratsamts Enzkreis vom 08.06.2012 darauf hingewiesen wurden, dass die Pläne eingesehen werden können.
II.
38 
Die Klage ist auch unbegründet. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Räumen im Untergeschoss ihres Wohngebäudes in Räume für eine Tanzschule verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Normen, die zumindest auch dem Schutz der Kläger als Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Sie werden daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39 
Die Klage eines Nachbarn gegen eine den Bauherrn begünstigende Baugenehmigung hat nur dann Erfolg, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar dadurch in eigenen Rechten verletzt wird. Da es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, die objektive Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns zu überprüfen, sondern individuellen Rechtsschutz zu gewähren, kann eine rechtswidrige Baugenehmigung nur dann auf Antrag eines Nachbarn aufgehoben werden, wenn sie gegen öffentlich-rechtliche Normen verstößt, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind.
40 
Dies lässt sich im vorliegenden Fall jedoch nicht feststellen. Weder ist die angefochtene Baugenehmigung in nachbarrechtsrelevanten Punkten zum Nachteil der Kläger im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG inhaltlich unbestimmt (dazu unter 1.), noch haben die Kläger gegenüber der genehmigten Nutzungsänderung einen Gebietsgewährleistungsanspruch (dazu unter 2.), noch verletzt die Nutzungsänderung zu ihren Ungunsten das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme (dazu unter 3.).
41 
1. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG. Nach § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die Kläger können sich im Rahmen des hier vorliegenden Baunachbarstreits nicht uneingeschränkt auf die Verletzung dieser Vorschrift berufen. Vielmehr verlangt das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 LVwVfG in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn dann, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und – zusätzlich – wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat (vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.09.2014 - 2 B 918/14 - juris Rn. 36). Für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die benachbarten Grundstücke ist die Frage der Art und des Umfangs der geplanten Nutzung von ausschlaggebender Bedeutung. Entscheidend ist, ob die Nutzung eines Bauvorhabens nach Art, Umfang und Zeitdauer so klar beschrieben ist, dass eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Nachbarschaft mit hinreichender Zuverlässigkeit möglich ist und gegebenenfalls entsprechende Schutzauflagen verfügt werden können (vgl. VG Münster, Urteil vom 14.04.2016 - 2 K 1348/15 - juris Rn. 22).
42 
Nach diesem Maßstab weist die Baugenehmigung vom 16.03.2015 kein nachbarrechtsrelevantes Bestimmtheitsdefizit auf. Die am 17.11.2014 der Baugenehmigung beigefügte Betriebsbescheinigung beschreibt die Art der Nutzung der von der Nutzungsänderung betroffenen Räume im Untergeschoss des Wohnhauses der Beigeladenen so klar, dass eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Nachbarschaft mit hinreichender Zuverlässigkeit möglich ist. Durch die Nennung der einzelnen Kursarten wird hinreichend deutlich, auf welche Art der Unterrichtsraum und der Raum für die Vorbereitung von Unterrichtsstunden genutzt werden sollen. Bei dem Büro, der Umkleide und dem Raum für Kostümvorbereitungen ergibt sich der Nutzungszweck ohne weitere Beschreibung von selbst. Auch der Umfang und die Zeitdauer der Nutzung sind hinreichend bestimmt beschrieben. Denn die täglich und die wöchentlich maximal zulässige Unterrichtsdauer, der früheste Beginn und das späteste Ende des Unterrichts sowie die maximale Gruppengröße sind festgelegt. Hinzu kommt, dass in Nr. 2 der Nebenbestimmungen sogar genau bestimmte Immissionsrichtwerte für tags und nachts sowie Immissionsrichtwerte für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen genannt sind. Die Einhaltung der Unterrichtszeiten und der Immissionsrichtwerte sowie der Gruppengröße kann bei einem Vororttermin überprüft werden. Auch die Einhaltung des wöchentlich maximal zulässigen Unterrichtsumfangs kann durch wiederholte Vorortkontrollen, die Vorlage von Stundenplänen und die Befragung von Tanzschülern überprüft werden. Vor Ort kann auch unschwer festgestellt werden, ob die Geräuschemissionen vom Unterrichtsraum im Untergeschoss oder von anderen Räumen des Wohnhauses oder dem Garten ausgehen, so dass es jederzeit möglich ist, festzustellen, ob die Geräuschemissionen dem Tanzschulbetrieb oder dem privaten Bereich der Beigeladenen zuzurechnen sind. Auch die in der Betriebsbeschreibung getroffene Regelung, dass Fenster nur geöffnet werden dürfen, wenn keine Musik läuft, ist hinreichend bestimmt.
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Soweit die Kläger vortragen, dass sie befürchteten, dass die Beigeladenen sich insbesondere in den Sommermonaten nicht an diese Regelung hielten und nicht geregelt sei, inwieweit das frühere Kommen und das spätere Gehen einzelner Tanzschüler und dadurch bedingter An- und Abfahrtsverkehr außerhalb der Unterrichtszeiten dem Betrieb der Tanzschule zuzurechnen seien, so machen sie damit in der Sache geltend, dass die bestehenden Auflagen nicht ausreichend seien. Dieser Gesichtspunkt betrifft aber nicht die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen, sondern ist eine Frage der Einhaltung des Rücksichtnahmegebots (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.01.2016 - 2 A 2423/15 - juris Rn. 14). Soweit hinsichtlich beweglicher Ferientage in Baden-Württemberg unklar ist, ob an diesen Tagen unterrichtet werden darf oder nicht, so betrifft dies lediglich wenige Tage im Jahr. Die Kläger können vor dem Hintergrund, dass jedenfalls an den übrigen schulfreien Tagen nach dem Inhalt der Baugenehmigung eindeutig kein Unterricht stattfinden darf, aus dieser Unbestimmtheit keine Rechtsverletzung ableiten.
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2. Die Kläger können sich gegenüber der genehmigten Nutzungsänderung auch nicht mit Erfolg auf die Verletzung des (allgemeinen) Gebietsgewährleistungsanspruches berufen. Danach hat der Grundstückseigentümer einen Anspruch auf Wahrung der Gebietsart und dementsprechend ein Abwehrrecht gegenüber solchen Grundstücksnutzungen hat, die ihrer Art nach nicht zulässig sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Tanzschule um eine Anlage für sportliche Zwecke und um einen Gewerbebetrieb handelt. Denn in beiden Fällen ist die Tanzschule in dem vom Bebauungsplan „...“ für diesen Bereich festgesetzten allgemeinen Wohngebiet zulässig. Handelt es sich um eine Anlage für sportliche Zwecke, so ist sie in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO). Handelt es sich um einen Gewerbebetrieb, so liegt jedenfalls ein im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässiger nicht störender Gewerbebetrieb im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vor. Nicht störende Gewerbebetriebe werden von der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans „...“ zur Art der baulichen Nutzung – im Gegensatz zu den anderen in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungen – gerade nicht ausgeschlossen. Bei der Frage, ob eine gewerbliche Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet als „nicht störend“ von den Nachbarn hingenommen werden muss, ist darauf abzustellen, ob der Betrieb von seiner Art her potentiell geeignet ist, das Wohnen so zu stören, dass von einem schutzwürdigen Wohnen nicht mehr ausgegangen werden kann. Da das Bauplanungsrecht zum einen rein grundstücksbezogen und zum anderen vom Begriff der Typisierung geprägt ist, demzufolge es nicht auf das konkrete, sondern auf das typische Störpotential ankommt, ist in diesem Zusammenhang die Nutzungsintensität ohne Bedeutung. Eine Anlage ist gebietsunverträglich, wenn sie aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirkt. Relevant für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit sind alle der der Zulassung einer Anlage nach ihrem Gegenstand, ihrer Struktur und Arbeitsweise typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung. Als „störend“ in diesem Sinne werden in der Rechtsprechung etwa angesehen: Bau- und Möbeltischlereien, gewerbliche Bauhöfe, Bordelle und bordellähnliche Betriebe, Diskotheken, Fischräuchereien, Fuhrunternehmen (Speditionen) mit Lastkraftwagen, Großtierhaltung, Kraftfahrzeughandel, Kraftfahrzeugreparaturwerkstätten, Lagerhäuser, Spielhallen, Stundenhotels, Tierhaltung und Tierzucht zu gewerblichen Zwecken und Vergnügungsstätten. Mit allen diesen Betriebstypen ist eine – hier zudem kleine –Tanzschule nicht im Ansatz zu vergleichen (vgl. VG Saarland, Urteil vom 29.07. 2015 - 5 K 677/14 - juris Rn. 82).
45 
3. Soweit die Kläger die Baugenehmigung ihnen gegenüber als rücksichtslos rügen, dringen sie damit ebenfalls nicht durch. In qualifiziert beplanten Bereichen nach § 30 Abs. 1 BauGB findet das Gebot der Rücksichtnahme über § 15 Abs. 1 BauNVO Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind in einem Baugebiet ihrer Art nach an sich zulässige Vorhaben dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebietes im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belastungen oder Störungen ausgesetzt werden. Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist grundsätzlich auf den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, zurückzugreifen. Auflagen, die zur Einhaltung der maßgeblichen Richtwerte der TA-Lärm verpflichten, sind dabei geeignet, die Nachbarrechte zu sichern, wenn die Anlage bei regelmäßigem Betrieb so genutzt werden kann, dass die entstehenden Immissionen die maßgebliche Erheblichkeitsgrenze nicht überschreiten (vgl. BayVGH, Urteil vom 30.7.2008 - 15 B 08.265 - juris Rn. 20).
46 
Gemessen an diesen Vorgaben verstößt die streitgegenständliche Nutzung nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
47 
a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der von dem eigentlichen Tanzschulbetrieb ausgehenden Geräuschimmissionen. Nach Nr. 6.1.d der TA-Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in allgemeinen Wohngebieten tagsüber, also zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr, 55 dB(A) und nachts, also zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr, 40 dB(A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Diese Richtwerte hat das Landratsamt Enzkreis in vollem Umfang in die Nebenbestimmung Nr.2 des Bescheids übernommen. Hinzu kommt, dass in den Schulferien, an Wochenenden und an Feiertagen gar kein Unterricht stattfinden darf, was die Lärmbelastung der Kläger nochmals erheblich mindert. Es ist aufgrund der Beschränkung der Unterrichtszeiten, insbesondere der Festlegung des Unterrichtendes auf spätestens 21.30 Uhr und der beschränkten Gruppengröße nicht davon auszugehen, dass eine Einhaltung der in den Auflagen festgesetzten Immissionsrichtwerte bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule – von dem im Rahmen des vorliegenden auf die Überprüfung der angefochtenen Baugenehmigung beschränkten Verfahrens stets auszugehen ist – von vornherein nicht möglich ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese bei einem ordnungsgemäßen Betrieb ohne Weiteres eingehalten werden können, da nach Nr. 6.4 der TA-Lärm für den Wert von 55 dB(A) eine Beurteilungszeit von 16 Stunden gilt, der Tanzunterricht aber nur an maximal sechs Stunden täglich und in der Nachtzeit, für die der Wert von 40 dB(A) gilt, keinerlei Tanzunterricht erteilt werden darf. Auch die Kläger tragen trotz des mittlerweile jahrelangen Betriebs der Tanzschule nicht substantiiert vor, dass die festgesetzten Immissionsrichtwerte regelmäßig überschritten würden. Die Regelung, dass Fenster nur geöffnet werden dürfen, wenn keine Musik läuft, trägt ebenfalls dazu bei, die Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte zu ermöglichen. Es ist nicht ersichtlich, dass es den Beigeladenen insbesondere im Sommer nicht möglich wäre, sich an diese Auflage zu halten, zumal die Kläger auch insoweit Verstöße nicht substantiiert vortragen. Zwar ist die Eignung von Immissionsschutzauflagen, mit denen Nachbarbeeinträchtigungen verhindert oder eingeschränkt werden sollen, mit Zurückhaltung zu beurteilen, wenn ihre Befolgung letztlich, wie vorliegend, vom Wohlverhalten der Betriebsinhaber abhängt. Derartigen Auflagen ist bei der Prüfung der Auswirkungen eines Vorhabens auf Nachbaranwesen nur dann Bedeutung zuzumessen, wenn die dem Bauherrn auferlegten Schutzmaßnahmen – auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – „machbar“ sind und hinsichtlich des erstrebten Erfolges hinreichend „sicher“ erscheinen (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 04.12.2008 - 2 A 228/08 - juris Rn. 11). Vorliegend ist der genehmigte Betriebsumfang der Tanzschule mit den Beigeladenen zuvor in einem Gespräch einvernehmlich abgestimmt worden. Auch haben die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und glaubhaft erklärt, sich an den genehmigten Betriebsumfang zu halten und dies auch zu können. Zudem haben die Kläger im gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Frage der Einhaltung der Nebenbestimmungen zuletzt nur noch geltend gemacht, dass die Beigeladenen an beweglichen Ferientagen unterrichteten. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Einhaltung des genehmigten Betriebsumfangs für die Beigeladenen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten machbar und hinsichtlich des erstrebten Erfolgs hinreichend sicher ist. Aus dem Unterricht an beweglichen Ferientagen können die Kläger, wie bereits ausgeführt, keine Rechtsverletzung ableiten.
48 
b) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den durch das Vorhaben verursachten An- und Abfahrtsverkehrslärm. In einem allgemeinen Wohngebiet unzumutbare Verkehrslärmimmissionen zulasten der Kläger liegen nicht vor, auch wenn die Tanzschüler vereinzelt erst nach 22 Uhr abfahren. Die Zufahrt zu der Tanzschule erfolgt über die zum Grundstück der Beigeladenen führende Stichstraße und nicht entlang des Grundstücks der Kläger. Die Stichstraße ist vom Grundstück der Kläger ca. 22 m entfernt und durch eine dazwischenliegende Häuserzeile abgeschirmt. Da der Unterricht bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule an maximal drei Abenden um 21.30 Uhr, ansonsten bereits um 20.30 Uhr beendet ist, ist davon auszugehen, dass die meisten Tanzschüler stets vor 22 Uhr, oft auch noch vor 21 Uhr, abfahren, soweit es sich nicht ohnehin um einen unterrichtsfreien Tag handelt. Nach alledem werden die Kläger durch den direkten Zu- und Abfahrtsverkehr nicht unzumutbar beeinträchtigt.
49 
Eine nachbarrechtlich relevante Störung durch parkenden Verkehr vor ihrem Anwesen kann ebenfalls nicht festgestellt werden, auch wenn dort Fahrzeuge teilweise noch nach 22 Uhr bewegt werden. Zunächst liegt kein nachbarrechtlich relevanter Mangel an Stellplätzen vor. Voraussetzung für einen solchen Mangel ist, dass der durch den Verzicht auf notwendige Stellplätze bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2008 - 3 S 2773/07 - juris). Es liegt bereits kein Verzicht auf notwendige Stellplätze vor. Bei der Berechnung des Bedarfs eines Vorhabens kann nach ständiger Rechtsprechung auf die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur über die Herstellung notwendiger Stellplätze vom 28.5.2015 (im Folgenden: VwV Stellplätze) zurückgegriffen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2017 - 3 S 1102/17 - juris Rn. 38). Eine ausdrückliche Regelung zum Stellplatzbedarf einer Tanzschule findet sich in der VwV Stellplätze nicht. In Anbetracht der Regelung in Abschnitt B Nr. 5.3 des Anhangs 1 der VwV Stellplätze, der für Fitnesscenter einen Bedarf von einem Stellplatz je 25 qm Sportfläche vorsieht, bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der von dem Beklagten von der Tanzschule ausgelöste Stellplatzbedarf, deren einziger Unterrichtsraum eine Größe von 65,99 qm aufweist, mehr als die vier Stellplätze beträgt, die nach der Nebenbestimmung Nr. 4 der streitgegenständlichen Baugenehmigung nachzuweisen sind. Eine von den Vorgaben der Baugenehmigung hinsichtlich der Anzahl der nachzuweisenden Stellplätze abweichende Bauausführung auf dem Grundstück Flst.Nr. ..., wie sie von den Klägern vorgetragen wird, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, das auf die Überprüfung der angefochtenen Baugenehmigung beschränkt ist. Im Übrigen ist für die Kammer nicht zu erkennen, dass den Klägern nicht zumutbarer Parkverkehr ausgelöst würde, sollten auf dem Grundstück Flst.Nr. ... tatsächlich nur zwei statt der geforderten drei Stellplätze nachgewiesen sein. Werden die nachzuweisenden Stellplätze von den Tanzschülern nicht genutzt und wird stattdessen vor dem Anwesen der Kläger geparkt, kann dies dem Betrieb der Tanzschule ebenfalls nicht zugerechnet werden. Zudem ist dies nach der allgemeinen Lebenserfahrung wenig wahrscheinlich, befindet sich das Grundstück der Kläger doch in größerer Entfernung als die nachzuweisenden Stellplätze. Im Übrigen sind durch den Tanzschulbetrieb bedingte Fahrzeugbewegungen nach 22 Uhr bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule, wie bereits ausgeführt, nur in Einzelfällen zu erwarten.
50 
Die Kläger können sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Betrieb der Tanzschule eine Mietminderung rechtfertigen würde, falls sie sich dazu entschließen sollten, ihr Wohnhaus zu vermieten. Für das Gericht ist bereits nicht ersichtlich, dass der Betrieb der Tanzschule in dem genehmigten Umfang tatsächlich eine Mietminderung rechtfertigten würde. Zudem bilden Wertminderungen für sich genommen keinen Maßstab für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots; entscheidend ist allein, ob es zu einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks kommt, die dann auch eine Wertminderung zur Folge haben mag (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.11.1997 - 4 B 195.97 - NVwZ-RR 1998, 540).
III.
51 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
IV.
52 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
55 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
23 
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig (dazu unter I.), darüber hinaus ist sie auch unbegründet (dazu unter II.).
I.
24 
Die Klage ist unzulässig.
25 
Die Kläger sind bereits nicht klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Sie können nicht – mehr – geltend machen, in ihren Rechten als Nachbarn durch die Erteilung der Baugenehmigung an die Beigeladenen verletzt zu sein.
26 
1. Aufgrund ihrer Stellung als Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... ist es zwar grundsätzlich möglich, dass die Kläger einen Abwehranspruch aus Bestimmungen des Bauplanungsrechts ableiten können (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.1989 - 4 C 1.88 - BVerwGE 82, 61). Nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Grundbuchauszug vom 19.07.2010 sind beide Kläger als Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. ... eingetragen. Anhaltspunkte, dass sich an dieser Miteigentümerstellung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung etwas geändert haben könnte, sind nicht gegeben.
27 
2. Den Klägern ist es jedoch aufgrund ihrer Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 verwehrt, sich auf eine Verletzung von Nachbarrechten zu berufen und einen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung geltend zu machen. Der Geltendmachung eines nachbarlichen Abwehrrechts steht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
28 
Ein Nachbar verstößt gegen das auch im öffentlichen Recht geltende Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“), wenn er im Baugenehmigungsverfahren Einwendungen erhebt und Rechtsbehelfe einlegt, obwohl er sich gegenüber den Beigeladenen mit dem Vorhaben einverstanden erklärt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.11.1990 - 8 S 1714/90 - juris). So bestimmt § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 LBO, dass eine Benachrichtigung nicht erforderlich ist bei Angrenzern, die eine schriftliche Zustimmungserklärung abgegeben haben. Dieser gesetzlichen Regelung liegt erkennbar die oben genannte Wirkung der Zustimmungserklärung eines Nachbarn zugrunde.
29 
a) Die Frage, wie weit sich ein Einverständnis des Nachbarn mit einem Vorhaben bzw. sein Verzicht auf ein gegen dieses Vorhaben gerichtetes Abwehrrecht auf seine nachbarliche Abwehrposition auswirkt, beantwortet sich nach dem konkreten, ggf. durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der von ihm in freier Entscheidung abgegebenen Erklärung (OVG NRW, Beschluss vom 30.08.2000 - 10 B 1145/00 - juris).
30 
Die von beiden Klägern unterzeichnete Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 ist nach §§ 133, 157 BGB analog dahingehend auszulegen, dass sie sich mit dem Betrieb der Tanzschule, in dem Umfang, wie die Beigeladenen ihn unter dem 24.05.2012 beantragt haben, vorbehaltlos einverstanden erklärt haben. Denn in dieser Zustimmungserklärung nehmen die Kläger ausdrücklich auf die vorbehaltlos zustimmende Nachbarerklärung vom 11.06.2012 Bezug und bestätigen diese nochmals. Auch aus der Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 sind Begrenzungen, Einschränkungen oder Bedingungen nicht zu erkennen.
31 
b) Die Rücknahme des Bauantrags vom 24.05.2012 und die Stellung eines erneuten Bauantrags am 20.10.2014 haben die Wirkung der Zustimmungserklärung der Kläger nicht entfallen lassen.
32 
Unter welchen Voraussetzungen die Änderung eines Vorhabens zum Erlöschen einer zuvor für eine bestimmte Bauausführung erklärten nachbarlichen Zustimmung führt, ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Sie erlischt jedenfalls dann nicht, wenn der Bauherr sein Vorhaben in einer Weise ändert, die ausschließlich zugunsten des Nachbarn Auswirkungen hat. In diesem Fall deckt die zuvor erklärte Zustimmungserklärung als „Minus“ auch die Änderung des Vorhabens ab (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 12.11.2001 - 15 ZB 00.934 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.02.1994 - 8 S 1712/93 - juris Rn. 22). Die Änderung des Betriebsumfangs der Tanzschule im Rahmen des zweiten Baugenehmigungsverfahrens erfolgte ausschließlich zu Gunsten der Kläger. So findet kein Cheerdance-Unterricht für Kinder mehr statt. Neue Tanzkurse sind nicht hinzugekommen. Der wöchentlich und täglich maximal zulässige zeitliche Unterrichtsumfang wurde ausschließlich verkürzt . Die maximal zulässige Gruppengröße wurde verkleinert. Im Gegensatz zu dem durch eine ordnungsgemäße Angrenzerbenachrichtigung nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO eintretenden Verlust der Abwehrrechte ist der Verlust der Abwehrrechte bei der in die Disposition des Nachbarn gestellten Zustimmungserklärung nicht auf das konkrete Genehmigungsverfahren beschränkt. Denn das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ist nicht auf ein Genehmigungsverfahren beschränkt. Es stellt sich in dem zwischen unmittelbaren Grenznachbarn geltenden besonderen „nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis“ als widersprüchlich dar, die Zustimmung zu einem Vorhaben zu erklären und dennoch einen Rechtsbehelf gegen eine Genehmigung dieses oder eines sogar weniger beeinträchtigenden Vorhabens einzulegen, auch wenn die Genehmigung – aus der Sicht des Nachbarn zufällig – erst in einem weiteren Verfahren erging.
33 
c) Die Zustimmungserklärung vom 05.09.2012 wurde auch nicht durch die später erfolgten Erklärungen der Kläger unwirksam.
34 
Die Zustimmung zu einem Bauvorhaben kann entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 119 ff. BGB wegen Irrtums oder Täuschung angefochten und damit rückwirkend (§ 142 Abs. 1 BGB) beseitigt werden (vgl. VG München, Beschluss vom 08.09.2016 - M 9 SN 16.3414 - juris Rn. 18 ff).
35 
Es kann offenbleiben, ob bereits die Erhebung von Einwendungen im Rahmen der erneuten Angrenzerbenachrichtigung als Anfechtungserklärung auszulegen ist oder ob die Anfechtung erst im Schriftsatz vom 21.03.2017 erklärt wurde. Es liegt jedenfalls weder ein Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 BGB) vor noch ist eine Täuschung durch die Beigeladenen (§ 123 BGB) ersichtlich.
36 
Eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtums gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB liegt nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass der Erklärende einer Fehlvorstellung über den objektiven Inhalt seiner Erklärung unterliegt (vgl. Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 119 BGB Rn. 56). Der objektive Inhalt der Nachbarzustimmung liegt darin, dass der jeweilige Nachbar mit dem Vorhaben sein Einverständnis erklärt (vgl. VG München, Beschluss vom 08.09.2016 - M 9 SN 16.3414 - juris Rn. 23). Die Kläger wussten, dass sie mit ihrer Erklärung vom 05.09.2012 ihr Einverständnis mit dem Betrieb der Tanzschule zum Ausdruck bringen. Sie unterlagen insoweit keiner Fehlvorstellung. Lediglich das Motiv für die Abgabe ihrer Erklärung, nämlich ihre Einschätzung der Störintensität der Tanzschule, hat sich als im Nachhinein unzutreffend herausgestellt.
37 
Die Kläger dringen auch mit der von ihnen erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht durch. Denn die Voraussetzungen des § 123 BGB sind nicht gegeben. Die Beigeladene haben die Kläger nicht durch (aktive) Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen getäuscht. Das behaupten auch die Kläger nicht. Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen einer relevanten Tatsache ist aber ebenfalls nicht gegeben. Das Verschweigen von Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht. Entscheidend ist, ob der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte (§ 242 BGB). Grundsätzlich ist es Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Es besteht daher keine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein können (vgl. Armbrüster in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 123 BGB Rn. 31 f.). Ausgehend hiervon waren die Beigeladene nicht gehalten, die Kläger von sich aus über den genauen Nutzungsumfang der Tanzschule aufzuklären. Die Kläger mussten ohne Weiteres damit rechnen, dass der Betriebsumfang der Tanzschule größer ist als von ihnen offenbar angenommen. Eine „hobbymäßige Nutzung“, von der sie ihren eigenen Angaben zufolge ausgingen, erlaubt nämlich keine konkrete Einschätzung der Nutzungsintensität. Es hätte daher den Kläger oblegen, sich genauer über den beantragten Betriebsumfang zu informieren, zumal sie im Rahmen der Nachbarbeteiligung mit Schreiben des Landratsamts Enzkreis vom 08.06.2012 darauf hingewiesen wurden, dass die Pläne eingesehen werden können.
II.
38 
Die Klage ist auch unbegründet. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung von Räumen im Untergeschoss ihres Wohngebäudes in Räume für eine Tanzschule verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Normen, die zumindest auch dem Schutz der Kläger als Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Sie werden daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39 
Die Klage eines Nachbarn gegen eine den Bauherrn begünstigende Baugenehmigung hat nur dann Erfolg, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar dadurch in eigenen Rechten verletzt wird. Da es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, die objektive Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns zu überprüfen, sondern individuellen Rechtsschutz zu gewähren, kann eine rechtswidrige Baugenehmigung nur dann auf Antrag eines Nachbarn aufgehoben werden, wenn sie gegen öffentlich-rechtliche Normen verstößt, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind.
40 
Dies lässt sich im vorliegenden Fall jedoch nicht feststellen. Weder ist die angefochtene Baugenehmigung in nachbarrechtsrelevanten Punkten zum Nachteil der Kläger im Sinne von § 37 Abs. 1 LVwVfG inhaltlich unbestimmt (dazu unter 1.), noch haben die Kläger gegenüber der genehmigten Nutzungsänderung einen Gebietsgewährleistungsanspruch (dazu unter 2.), noch verletzt die Nutzungsänderung zu ihren Ungunsten das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme (dazu unter 3.).
41 
1. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG. Nach § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Die Kläger können sich im Rahmen des hier vorliegenden Baunachbarstreits nicht uneingeschränkt auf die Verletzung dieser Vorschrift berufen. Vielmehr verlangt das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 LVwVfG in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn dann, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und – zusätzlich – wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat (vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.09.2014 - 2 B 918/14 - juris Rn. 36). Für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die benachbarten Grundstücke ist die Frage der Art und des Umfangs der geplanten Nutzung von ausschlaggebender Bedeutung. Entscheidend ist, ob die Nutzung eines Bauvorhabens nach Art, Umfang und Zeitdauer so klar beschrieben ist, dass eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Nachbarschaft mit hinreichender Zuverlässigkeit möglich ist und gegebenenfalls entsprechende Schutzauflagen verfügt werden können (vgl. VG Münster, Urteil vom 14.04.2016 - 2 K 1348/15 - juris Rn. 22).
42 
Nach diesem Maßstab weist die Baugenehmigung vom 16.03.2015 kein nachbarrechtsrelevantes Bestimmtheitsdefizit auf. Die am 17.11.2014 der Baugenehmigung beigefügte Betriebsbescheinigung beschreibt die Art der Nutzung der von der Nutzungsänderung betroffenen Räume im Untergeschoss des Wohnhauses der Beigeladenen so klar, dass eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Nachbarschaft mit hinreichender Zuverlässigkeit möglich ist. Durch die Nennung der einzelnen Kursarten wird hinreichend deutlich, auf welche Art der Unterrichtsraum und der Raum für die Vorbereitung von Unterrichtsstunden genutzt werden sollen. Bei dem Büro, der Umkleide und dem Raum für Kostümvorbereitungen ergibt sich der Nutzungszweck ohne weitere Beschreibung von selbst. Auch der Umfang und die Zeitdauer der Nutzung sind hinreichend bestimmt beschrieben. Denn die täglich und die wöchentlich maximal zulässige Unterrichtsdauer, der früheste Beginn und das späteste Ende des Unterrichts sowie die maximale Gruppengröße sind festgelegt. Hinzu kommt, dass in Nr. 2 der Nebenbestimmungen sogar genau bestimmte Immissionsrichtwerte für tags und nachts sowie Immissionsrichtwerte für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen genannt sind. Die Einhaltung der Unterrichtszeiten und der Immissionsrichtwerte sowie der Gruppengröße kann bei einem Vororttermin überprüft werden. Auch die Einhaltung des wöchentlich maximal zulässigen Unterrichtsumfangs kann durch wiederholte Vorortkontrollen, die Vorlage von Stundenplänen und die Befragung von Tanzschülern überprüft werden. Vor Ort kann auch unschwer festgestellt werden, ob die Geräuschemissionen vom Unterrichtsraum im Untergeschoss oder von anderen Räumen des Wohnhauses oder dem Garten ausgehen, so dass es jederzeit möglich ist, festzustellen, ob die Geräuschemissionen dem Tanzschulbetrieb oder dem privaten Bereich der Beigeladenen zuzurechnen sind. Auch die in der Betriebsbeschreibung getroffene Regelung, dass Fenster nur geöffnet werden dürfen, wenn keine Musik läuft, ist hinreichend bestimmt.
43 
Soweit die Kläger vortragen, dass sie befürchteten, dass die Beigeladenen sich insbesondere in den Sommermonaten nicht an diese Regelung hielten und nicht geregelt sei, inwieweit das frühere Kommen und das spätere Gehen einzelner Tanzschüler und dadurch bedingter An- und Abfahrtsverkehr außerhalb der Unterrichtszeiten dem Betrieb der Tanzschule zuzurechnen seien, so machen sie damit in der Sache geltend, dass die bestehenden Auflagen nicht ausreichend seien. Dieser Gesichtspunkt betrifft aber nicht die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen, sondern ist eine Frage der Einhaltung des Rücksichtnahmegebots (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.01.2016 - 2 A 2423/15 - juris Rn. 14). Soweit hinsichtlich beweglicher Ferientage in Baden-Württemberg unklar ist, ob an diesen Tagen unterrichtet werden darf oder nicht, so betrifft dies lediglich wenige Tage im Jahr. Die Kläger können vor dem Hintergrund, dass jedenfalls an den übrigen schulfreien Tagen nach dem Inhalt der Baugenehmigung eindeutig kein Unterricht stattfinden darf, aus dieser Unbestimmtheit keine Rechtsverletzung ableiten.
44 
2. Die Kläger können sich gegenüber der genehmigten Nutzungsänderung auch nicht mit Erfolg auf die Verletzung des (allgemeinen) Gebietsgewährleistungsanspruches berufen. Danach hat der Grundstückseigentümer einen Anspruch auf Wahrung der Gebietsart und dementsprechend ein Abwehrrecht gegenüber solchen Grundstücksnutzungen hat, die ihrer Art nach nicht zulässig sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Tanzschule um eine Anlage für sportliche Zwecke und um einen Gewerbebetrieb handelt. Denn in beiden Fällen ist die Tanzschule in dem vom Bebauungsplan „...“ für diesen Bereich festgesetzten allgemeinen Wohngebiet zulässig. Handelt es sich um eine Anlage für sportliche Zwecke, so ist sie in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO). Handelt es sich um einen Gewerbebetrieb, so liegt jedenfalls ein im allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässiger nicht störender Gewerbebetrieb im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vor. Nicht störende Gewerbebetriebe werden von der textlichen Festsetzung des Bebauungsplans „...“ zur Art der baulichen Nutzung – im Gegensatz zu den anderen in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungen – gerade nicht ausgeschlossen. Bei der Frage, ob eine gewerbliche Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet als „nicht störend“ von den Nachbarn hingenommen werden muss, ist darauf abzustellen, ob der Betrieb von seiner Art her potentiell geeignet ist, das Wohnen so zu stören, dass von einem schutzwürdigen Wohnen nicht mehr ausgegangen werden kann. Da das Bauplanungsrecht zum einen rein grundstücksbezogen und zum anderen vom Begriff der Typisierung geprägt ist, demzufolge es nicht auf das konkrete, sondern auf das typische Störpotential ankommt, ist in diesem Zusammenhang die Nutzungsintensität ohne Bedeutung. Eine Anlage ist gebietsunverträglich, wenn sie aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirkt. Relevant für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit sind alle der der Zulassung einer Anlage nach ihrem Gegenstand, ihrer Struktur und Arbeitsweise typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung. Als „störend“ in diesem Sinne werden in der Rechtsprechung etwa angesehen: Bau- und Möbeltischlereien, gewerbliche Bauhöfe, Bordelle und bordellähnliche Betriebe, Diskotheken, Fischräuchereien, Fuhrunternehmen (Speditionen) mit Lastkraftwagen, Großtierhaltung, Kraftfahrzeughandel, Kraftfahrzeugreparaturwerkstätten, Lagerhäuser, Spielhallen, Stundenhotels, Tierhaltung und Tierzucht zu gewerblichen Zwecken und Vergnügungsstätten. Mit allen diesen Betriebstypen ist eine – hier zudem kleine –Tanzschule nicht im Ansatz zu vergleichen (vgl. VG Saarland, Urteil vom 29.07. 2015 - 5 K 677/14 - juris Rn. 82).
45 
3. Soweit die Kläger die Baugenehmigung ihnen gegenüber als rücksichtslos rügen, dringen sie damit ebenfalls nicht durch. In qualifiziert beplanten Bereichen nach § 30 Abs. 1 BauGB findet das Gebot der Rücksichtnahme über § 15 Abs. 1 BauNVO Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind in einem Baugebiet ihrer Art nach an sich zulässige Vorhaben dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebietes im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belastungen oder Störungen ausgesetzt werden. Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist grundsätzlich auf den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, zurückzugreifen. Auflagen, die zur Einhaltung der maßgeblichen Richtwerte der TA-Lärm verpflichten, sind dabei geeignet, die Nachbarrechte zu sichern, wenn die Anlage bei regelmäßigem Betrieb so genutzt werden kann, dass die entstehenden Immissionen die maßgebliche Erheblichkeitsgrenze nicht überschreiten (vgl. BayVGH, Urteil vom 30.7.2008 - 15 B 08.265 - juris Rn. 20).
46 
Gemessen an diesen Vorgaben verstößt die streitgegenständliche Nutzung nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
47 
a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der von dem eigentlichen Tanzschulbetrieb ausgehenden Geräuschimmissionen. Nach Nr. 6.1.d der TA-Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in allgemeinen Wohngebieten tagsüber, also zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr, 55 dB(A) und nachts, also zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr, 40 dB(A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Diese Richtwerte hat das Landratsamt Enzkreis in vollem Umfang in die Nebenbestimmung Nr.2 des Bescheids übernommen. Hinzu kommt, dass in den Schulferien, an Wochenenden und an Feiertagen gar kein Unterricht stattfinden darf, was die Lärmbelastung der Kläger nochmals erheblich mindert. Es ist aufgrund der Beschränkung der Unterrichtszeiten, insbesondere der Festlegung des Unterrichtendes auf spätestens 21.30 Uhr und der beschränkten Gruppengröße nicht davon auszugehen, dass eine Einhaltung der in den Auflagen festgesetzten Immissionsrichtwerte bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule – von dem im Rahmen des vorliegenden auf die Überprüfung der angefochtenen Baugenehmigung beschränkten Verfahrens stets auszugehen ist – von vornherein nicht möglich ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese bei einem ordnungsgemäßen Betrieb ohne Weiteres eingehalten werden können, da nach Nr. 6.4 der TA-Lärm für den Wert von 55 dB(A) eine Beurteilungszeit von 16 Stunden gilt, der Tanzunterricht aber nur an maximal sechs Stunden täglich und in der Nachtzeit, für die der Wert von 40 dB(A) gilt, keinerlei Tanzunterricht erteilt werden darf. Auch die Kläger tragen trotz des mittlerweile jahrelangen Betriebs der Tanzschule nicht substantiiert vor, dass die festgesetzten Immissionsrichtwerte regelmäßig überschritten würden. Die Regelung, dass Fenster nur geöffnet werden dürfen, wenn keine Musik läuft, trägt ebenfalls dazu bei, die Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte zu ermöglichen. Es ist nicht ersichtlich, dass es den Beigeladenen insbesondere im Sommer nicht möglich wäre, sich an diese Auflage zu halten, zumal die Kläger auch insoweit Verstöße nicht substantiiert vortragen. Zwar ist die Eignung von Immissionsschutzauflagen, mit denen Nachbarbeeinträchtigungen verhindert oder eingeschränkt werden sollen, mit Zurückhaltung zu beurteilen, wenn ihre Befolgung letztlich, wie vorliegend, vom Wohlverhalten der Betriebsinhaber abhängt. Derartigen Auflagen ist bei der Prüfung der Auswirkungen eines Vorhabens auf Nachbaranwesen nur dann Bedeutung zuzumessen, wenn die dem Bauherrn auferlegten Schutzmaßnahmen – auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – „machbar“ sind und hinsichtlich des erstrebten Erfolges hinreichend „sicher“ erscheinen (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 04.12.2008 - 2 A 228/08 - juris Rn. 11). Vorliegend ist der genehmigte Betriebsumfang der Tanzschule mit den Beigeladenen zuvor in einem Gespräch einvernehmlich abgestimmt worden. Auch haben die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und glaubhaft erklärt, sich an den genehmigten Betriebsumfang zu halten und dies auch zu können. Zudem haben die Kläger im gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Frage der Einhaltung der Nebenbestimmungen zuletzt nur noch geltend gemacht, dass die Beigeladenen an beweglichen Ferientagen unterrichteten. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Einhaltung des genehmigten Betriebsumfangs für die Beigeladenen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten machbar und hinsichtlich des erstrebten Erfolgs hinreichend sicher ist. Aus dem Unterricht an beweglichen Ferientagen können die Kläger, wie bereits ausgeführt, keine Rechtsverletzung ableiten.
48 
b) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den durch das Vorhaben verursachten An- und Abfahrtsverkehrslärm. In einem allgemeinen Wohngebiet unzumutbare Verkehrslärmimmissionen zulasten der Kläger liegen nicht vor, auch wenn die Tanzschüler vereinzelt erst nach 22 Uhr abfahren. Die Zufahrt zu der Tanzschule erfolgt über die zum Grundstück der Beigeladenen führende Stichstraße und nicht entlang des Grundstücks der Kläger. Die Stichstraße ist vom Grundstück der Kläger ca. 22 m entfernt und durch eine dazwischenliegende Häuserzeile abgeschirmt. Da der Unterricht bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule an maximal drei Abenden um 21.30 Uhr, ansonsten bereits um 20.30 Uhr beendet ist, ist davon auszugehen, dass die meisten Tanzschüler stets vor 22 Uhr, oft auch noch vor 21 Uhr, abfahren, soweit es sich nicht ohnehin um einen unterrichtsfreien Tag handelt. Nach alledem werden die Kläger durch den direkten Zu- und Abfahrtsverkehr nicht unzumutbar beeinträchtigt.
49 
Eine nachbarrechtlich relevante Störung durch parkenden Verkehr vor ihrem Anwesen kann ebenfalls nicht festgestellt werden, auch wenn dort Fahrzeuge teilweise noch nach 22 Uhr bewegt werden. Zunächst liegt kein nachbarrechtlich relevanter Mangel an Stellplätzen vor. Voraussetzung für einen solchen Mangel ist, dass der durch den Verzicht auf notwendige Stellplätze bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2008 - 3 S 2773/07 - juris). Es liegt bereits kein Verzicht auf notwendige Stellplätze vor. Bei der Berechnung des Bedarfs eines Vorhabens kann nach ständiger Rechtsprechung auf die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur über die Herstellung notwendiger Stellplätze vom 28.5.2015 (im Folgenden: VwV Stellplätze) zurückgegriffen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2017 - 3 S 1102/17 - juris Rn. 38). Eine ausdrückliche Regelung zum Stellplatzbedarf einer Tanzschule findet sich in der VwV Stellplätze nicht. In Anbetracht der Regelung in Abschnitt B Nr. 5.3 des Anhangs 1 der VwV Stellplätze, der für Fitnesscenter einen Bedarf von einem Stellplatz je 25 qm Sportfläche vorsieht, bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der von dem Beklagten von der Tanzschule ausgelöste Stellplatzbedarf, deren einziger Unterrichtsraum eine Größe von 65,99 qm aufweist, mehr als die vier Stellplätze beträgt, die nach der Nebenbestimmung Nr. 4 der streitgegenständlichen Baugenehmigung nachzuweisen sind. Eine von den Vorgaben der Baugenehmigung hinsichtlich der Anzahl der nachzuweisenden Stellplätze abweichende Bauausführung auf dem Grundstück Flst.Nr. ..., wie sie von den Klägern vorgetragen wird, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, das auf die Überprüfung der angefochtenen Baugenehmigung beschränkt ist. Im Übrigen ist für die Kammer nicht zu erkennen, dass den Klägern nicht zumutbarer Parkverkehr ausgelöst würde, sollten auf dem Grundstück Flst.Nr. ... tatsächlich nur zwei statt der geforderten drei Stellplätze nachgewiesen sein. Werden die nachzuweisenden Stellplätze von den Tanzschülern nicht genutzt und wird stattdessen vor dem Anwesen der Kläger geparkt, kann dies dem Betrieb der Tanzschule ebenfalls nicht zugerechnet werden. Zudem ist dies nach der allgemeinen Lebenserfahrung wenig wahrscheinlich, befindet sich das Grundstück der Kläger doch in größerer Entfernung als die nachzuweisenden Stellplätze. Im Übrigen sind durch den Tanzschulbetrieb bedingte Fahrzeugbewegungen nach 22 Uhr bei einem ordnungsgemäßen Betrieb der Tanzschule, wie bereits ausgeführt, nur in Einzelfällen zu erwarten.
50 
Die Kläger können sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Betrieb der Tanzschule eine Mietminderung rechtfertigen würde, falls sie sich dazu entschließen sollten, ihr Wohnhaus zu vermieten. Für das Gericht ist bereits nicht ersichtlich, dass der Betrieb der Tanzschule in dem genehmigten Umfang tatsächlich eine Mietminderung rechtfertigten würde. Zudem bilden Wertminderungen für sich genommen keinen Maßstab für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots; entscheidend ist allein, ob es zu einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks kommt, die dann auch eine Wertminderung zur Folge haben mag (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.11.1997 - 4 B 195.97 - NVwZ-RR 1998, 540).
III.
51 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
IV.
52 
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
55 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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