Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (Disziplinarkammer) - 3 K 195/12.TR

Tenor

Dem Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des behördlichen Disziplinarverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt die Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten.

2

Der am ... 1956 in ... geborene Beklagte stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Polizeikommissar im Dienst des klagenden Landes.

3

Im Anschluss an den Besuch der Volksschule und Realschule war der Beklagte zunächst ab dem 27. Juni 1973 bis zum 31. Dezember 1973 als Arbeiter im Zustelldienst beim Postamt ... beschäftigt. Am 2. Januar 1974 wurde er als Polizeiwachtmeister in den Polizeidienst des Landes Rheinland-Pfalz eingestellt. Nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes bei der Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz legte er am 1. Dezember 1978 die Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeidienst bei der Landespolizeischule Rheinland-Pfalz in ... ab. In der Zeit vom 1. Juli 1975 bis zum 14. Oktober 1979 wurde der Beklagte als Polizeioberwachtmeister (ab 7. Januar 1975) und Polizeihauptwachtmeister (ab 1. Oktober 1976) beim Polizeiamt ... eingesetzt. Im Anschluss hieran wurde er als Polizeihauptwachtmeister, als Polizeimeister (ab 1. Dezember 1979) und als Polizeiobermeister (ab 1. Dezember 1984) bei der Kreisverwaltung ... (Schutz- und Kriminalpolizeiinspektion ...) eingesetzt. Ab dem 1. September 1993 verrichtete er Dienst beim Polizeipräsidium ... (Polizeiinspektion ...); zunächst als Polizeiobermeister, ab dem 1. Dezember 1994 als Polizeihauptmeister und zuletzt (ab 18. Mai 2004) als Polizeikommissar. In der Zeit vom 1. November 2007 bis zu seiner Suspendierung am 4. September 2009 war der Beklagte vom Polizeipräsidium ... zur Zentralstelle für ... abgeordnet, wo er als Fachberater in der Projektgruppe ... eingesetzt wurde.

4

Seit dem 8. April 2002 war der Beklagte zum Sozialen Ansprechpartner (SAP) beim Polizeipräsidium ... bestellt.

5

Der Beamte ist schwerbehindert (GdB: 80). Auf eigenen Antrag hin wurde er mit Ablauf des Monats Dezember 2010 wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.

6

In seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom 26. Mai 2008 wurden seine dienstlichen Leistungen mit der Gesamtbewertung „A“ beurteilt.

7

Der Beklagte ist geschieden und hat eine Tochter im Alter von 22 Jahren sowie einen Sohn im Alter von 24 Jahren.

8

Straf- und disziplinarrechtlich ist der Beklagte bis auf die im Zuge des Disziplinarverfahrens eingeleiteten Strafverfahren in der Vergangenheit nicht in Erscheinung getreten.

9

Mit Verfügung vom 11. März 2009 wurde gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit unter Benutzung des ihm im Rahmen seiner Abordnung zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeugs ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Er wurde über seine Rechte belehrt und ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Zeitgleich mit der Einleitung des Disziplinarverfahrens wurde wegen der unbefugten Benutzung eines Dienstkraftfahrzeugs ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet (Az. ...), das mit Verfügung der Staatsanwaltschaft ... vom 13. April 2011 unter Hinweis auf die in den Strafverfahren wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften (StA ..., Az. ...) sowie wegen Vergewaltigung (StA ..., Az. ...) zu erwartenden Strafen nach § 154 StPO eingestellt wurde.

10

Mit Verfügung vom 5. Juni 2009 wurde das Disziplinarverfahren um den Vorwurf des Zugriffs auf Internet-Seiten im Dienst ohne dienstlichen Bezug erweitert. Zugleich wurde das Disziplinarverfahren für die Dauer des Strafverfahrens wegen unbefugter Benutzung des Dienstkraftfahrzeuges (Az. ...) ausgesetzt.

11

Unter dem 4. September 2009 wurde das Disziplinarverfahren ausgedehnt auf den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger. Das Disziplinarverfahren wurde insoweit ebenfalls für die Dauer des wegen dieses Vorwurfs eingeleiteten Strafverfahrens (Az. ...) ausgesetzt. Das Verfahren wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft ... vom 14. Juli 2011 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

12

Ebenfalls mit Verfügung vom 4. September 2009 wurde dem Beklagten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte untersagt und er wurde aufgefordert, seine dienstlich empfangenen Ausrüstungsgegenstände herauszugeben. Die sofortige Vollziehung der letztgenannten Maßnahmen wurde angeordnet.

13

Eine weitere Ausdehnung erfolgte mit Verfügung vom 20. Januar 2010 unter Bezugnahme auf die Ermittlungen im Strafverfahren Az. ... Dem Beamten wurde vorgeworfen,

14

- sich im Internet als Therapeut ausgegeben und unter Ausnutzung eines hieraus resultierenden Vertrauensverhältnisses weitere vier Personen (...) sexuell missbraucht,

- in den Jahren 2005 und 2007 gelegentlich der Ausübung seiner „Therapeutentätigkeit“ Kenntnis von Vergewaltigungen (Zeuginnen ...) erlangt und dies als Polizeibeamter nicht zur Anzeige,

- am 17. Januar 2008 während der Ausübung von SM-Praktiken mit der Zeugin E. ein zuvor vereinbartes Stopp-Signal absichtlich ignoriert und diese mit einem Bambus-Stock fast bewusstlos geschlagen und

- Fotos mit eindeutig kinderpornografischem Inhalt besessen zu haben.

15

Dem Beamten wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihn vorläufig des Dienstes zu entheben sowie die anteilige Einbehaltung seiner Dienstbezüge anzuordnen. Ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt sowie die Mitbestimmung des Personalrates zu beantragen.

16

Mit Verfügung vom 11. März 2010 wurde das Disziplinarverfahren auf den Vorwurf ausgedehnt, dass anlässlich einer Auswertung der bei ihm sichergestellten Asservate auf zwei USB-Platten, insgesamt 68 Filmdateien kinderpornografischen Inhalts, festgestellt worden seien. Gleichzeitig wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und der Einbehalt von 15 Prozent der monatlichen Dienstbezüge verfügt.

17

In dem gegen den Beklagten geführten Strafverfahren wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften verhängte das Amtsgericht ... (Az. ...) mit Strafbefehl vom 14. April 2010 eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 70,- Euro. Der Strafbefehl wurde am 12. November 2010 rechtskräftig bezüglich des Schuldspruchs und der Anzahl der Tagessätze. Mit Beschluss des Amtsgerichts ... von 29. November 2010 wurde die Höhe der Tagessätze rechtskräftig neu festgesetzt auf 40,- Euro.

18

Unter dem 8. Dezember 2010 wurde das Disziplinarverfahren letztmals ausgedehnt auf den Vorwurf der Vergewaltigung bzw. der sexuellen Nötigung der Zeugin F. am 5. Juni 2008 sowie der Urkundenfälschung bzw. des Betruges (Zeugin G.) und der falschen Eintragungen im Zeiterfassungssystem „Tempus“.

19

Nach Einstellung des parallel durchgeführten Strafverfahrens wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zulasten der Zeugin F. (Az. ...) durch die Staatsanwaltschaft ... mangels hinreichenden Tatverdachts wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 12. Juli 2011 fortgesetzt.

20

Mit Schreiben vom 30. September 2011 wurde dem Beklagten das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen bekannt gegeben. Zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung wurden folgende Vorwürfe aus dem Verfahren ausgeschieden:

21

- der mit Verfügung vom 4. September 2009 erhobene Vorwurf des sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger

- der mit Verfügung vom 20. Januar 2010 erhobene Vorwurf der Strafvereitelung sowie der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin E. sowie

- der mit Verfügung vom 8. Dezember 2010 erhobene Vorwurf fehlerhafter Eintragungen im Zeiterfassungssystem sowie der Vergewaltigung zum Nachteil der Zeugin F.

22

Auf die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage wurde hingewiesen. Dem Beklagten wurde Gelegenheit gegeben, weitere Ermittlungen zu beantragen bzw. die Mitbestimmung der Personalvertretung sowie die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu beantragen. Auf Antrag stimmte die Schwerbehindertenvertretung unter dem 19. Januar 2012 und der Gesamtpersonalrat beim Personalpräsidium ... unter dem 2. Februar 2012 der Erhebung der Disziplinarklage zu.

23

Am 27. Februar 2012 hat der Kläger die vorliegende Disziplinarklage mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten erhoben. Dem Ruhestandsbeamten werden folgende Pflichtverletzungen vorgeworfen:

1.

24

In der Zeit vom 18. April 2005 bis 17. Mai 2009 habe der Beklagte in wenigstens 21 Fällen über das Internet in seiner Wohnung in ..., ..., in elektronischer Form auf elektronischen Datenträgern gespeicherte Videofilme bezogen, die realitätsnah darstellten, wie Kinder unter 14 Jahren von Erwachsenen sexuell missbraucht, bzw. wie sexuelle Handlungen an diesen Kindern vorgenommen würden. Die Bilder zeigten, wie Kinder untereinander sexuelle Handlungen oder wie Erwachsene sexuelle Handlungen an diesen Kindern vornähmen.

25

Die Einzelheiten hierzu ergäben sich aus der Aufstellung in der Anlage zum Strafbefehl, die Abbildungen im Sonderordner zur Strafakte sowie die der Strafakte anliegenden zwei Datenträgern (DVD) mit abgespeicherten Videofilmen. Im Übrigen stehe dieser Sachverhalt fest aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls des Amtsgerichts ... vom 14. April 2010 (Az. ...), die dem vorliegenden Verfahren zugrunde zu legen seien. Der Beklagte habe die Feststellungen auch nicht in Abrede gestellt.

2.

26

In der Zeit vom 4. Dezember 2007 bis zum 28. August 2009 habe der Beklagte die ihm zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeuge unberechtigt für eine Vielzahl von Privatfahrten mit einer Gesamtdistanz von ca. 1.700 km (vgl. Blatt 113 ff. der Strafakte Az. ...) genutzt. Der dem Land Rheinland-Pfalz hieraus entstandene Schaden betrage unter Zugrundelegung eines Erstattungsbetrages von 0,30 Euro/km ca. 510,00 Euro.

27

Auch dieser Sachverhalt stehe fest aufgrund der tatsächlichen Feststellungen im Strafverfahren unabhängig von dessen Einstellung nach § 154 StPO. Der Beklagte habe die Tatsachenfeststellungen weder im Strafverfahren noch im Disziplinarverfahren in Abrede gestellt.

3.

28

Der Beklagte habe sich im Internet als „Therapeut“, „Heiler“ bzw. „Geistheiler“ ausgegeben. Hierüber habe er im Jahr 2002 Kontakt zu den Hilfesuchenden Zeuginnen I. (Az.: ...), J. (...) und K. (...) geknüpft, denen er sich unter Ausnutzung eines aus vorgegebener Therapeuteneigenschaft resultierenden Vertrauensverhältnisses angenähert habe, um mit ihnen sexuell zu verkehren bzw. SM-Praktiken auszuüben.

29

Dieser Sachverhalt stehe ausweislich der geführten Strafverfahren unabhängig von deren Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO fest. Die strafrechtlichen Tatsachenfeststellungen habe der Beklagte weder im Strafverfahren noch im Disziplinarverfahren in Abrede gestellt. Da der Beklagte zum Sozialen Ansprechpartner des Polizeipräsidiums bestellt und zur Wahrnehmung dieser Tätigkeit auch im Umgang mit Hilfesuchenden dienstlich geschult worden sei, ohne jedoch selbst therapeutische Hilfe leisten zu dürfen, habe dieses Verhalten in konkretem Bezug zu seiner Dienstverrichtung gestanden.

4.

30

Im Rahmen einer anlassbezogenen Auswertung der Protokolldaten des dienstlichen Internetzugangs des Beklagten für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 7. April 2009 sei eine Vielzahl von Internetzugriffen ohne ersichtlichen dienstlichen Bezug festgestellt worden (z.B. “wer-kennt-wen.de“, „bild.de“, vgl. Blatt 204 bis 220 der Nebenakte des Ermittlungsführers). Nach dem Ergebnis der disziplinaren Beweiserhebungen hätten die festgestellten Internetzugriffe bis auf zwei Ausnahmen keinem dienstlichen Anlass zugeordnet werden können, wobei sämtliche dienstliche Verwendungen des Beklagten berücksichtigt worden seien. Die Internetzugriffe seien dem Beklagten zuzuordnen, da sie anhand der IP-Adresse seines dienstlich zugeteilten Rechners (...) sowie seiner passwortgeschützten Benutzerkennung (...) erfolgt seien.

31

Durch die dargestellten Handlungen habe der Beklagte insgesamt in eklatanter Weise seine Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen, seine Dienstleistungspflicht, seine Gehorsamspflicht, seine Pflicht zu einem achtungs- und vertrauensgerechten Verhalten sowie seine Pflicht zur Wahrung des Ansehens der Polizei in der Öffentlichkeit schuldhaft verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen. In Anbetracht der gravierenden Verfehlungen des Beklagten im Kernbereich seiner Dienstpflichten sowie der damit gezeigten schwerwiegenden Charaktermängel wäre dem Dienstherrn bei einem aktiven Beamten eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten sowie zur Bekämpfung von Gewalt in engen sozialen Beziehungen als aktiver Beamter dienstlich verpflichtet gewesen sei und insoweit einer strengeren Verpflichtung hinsichtlich eines gesetzeskonformen Lebenswandels unterlegen habe. Wesentlich entlastende Gesichtspunkte seien demgegenüber nicht ersichtlich. Die Aberkennung des Ruhegehaltes sei die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Versorgungsverhältnis einseitig zu beenden.

32

Der Kläger beantragt,

33

dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Klage abzuweisen.

36

Hinsichtlich des Besitzes kinderpornografischer Schriften sei zu berücksichtigen, dass das Bundesverwaltungsgericht (Az. 2 C 5.10 und 2 C 13.10) entschieden habe, dass der Vorwurf des Besitzes kinderpornografischer Schriften nicht pauschal und global die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen könne. Entscheidend sei vielmehr, ob die Beurteilung des konkreten Einzelfalles ergebe, dass das außerdienstliche Verhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums beeinträchtige oder einen Bezug zur individuellen Amtsausübung aufweise. Im Vergleich ergebe sich, dass die Ahndung des reinen Besitzes, hinsichtlich dessen strafrechtlich eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vorgesehen sei, im Disziplinarrecht einem Bewertungsrahmen entspreche, der regelmäßig nur unter besonderen Umständen über eine Gehaltskürzung hinausgehen könne.

37

Soweit ihm die unberechtigte Nutzung der Dienstkraftfahrzeuge über eine Gesamtdienstdistanz von ca. 1.700 km vorgehalten werde, so sei dieser Vorwurf nicht nachvollziehbar. Tatsache sei, dass er infolge seiner Abordnung zur Dienststelle ... von seinem damaligen Wohnort ... zur Dienststelle im Regelfall pro Wegstrecke 168 km zurückzulegen gehabt habe, was arbeitstäglich einer Distanz von 336 Fahrtkilometern entsprochen habe. Soweit er insoweit vom kürzesten Weg abgewichen sei, könne dies unter keinen Umständen eine Gesamtdistanz von 1.700 km in der Wertung als ungerechtfertigte Privatfahrten rechtfertigen.

38

Es sei unrichtig, dass er sich im Internet als „Therapeut“, „Heiler“, bzw. „Geistheiler“ ausgegeben habe. Er habe lediglich im Internet die vorgenannten „Chatnamen“ genutzt, wobei insbesondere „Heiler“ bzw. „Geistheiler“, sofern ihnen irgendwelche qualitativen Eigenschaften beigemessen werden sollten, ohne jeden Bezug zur Realität stünden. Die Bezeichnung als „Therapeut“ – und zwar als Name, nicht als Beruf – sei nicht geschützt und beinhalte insbesondere nicht das Anmaßen irgendwelcher medizinischen Kenntnisse, geschweige denn, dass er jemals etwas mit einer vorgegebenen Therapeuteneigenschaft ausgenutzt habe. Der Kläger bleibe insbesondere der Erklärung schuldig, was eine „Therapeuteneigenschaft“ sein solle. Zudem habe seine Vorgehensweise zur Kontaktaufnahme auch nicht in Bezug zu der damaligen Dienstverrichtung als Schichtdienstbeamter bei der PI ... gestanden. Die Schulung als „Sozialer Ansprechpartner“ habe insoweit keinerlei Außenwirkung gehabt. Kein Zeuge außerhalb des Kreises der mit ihm Diensttuenden habe von solcherlei Funktionen gewusst. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Zeuginnen I., J. und K.

39

Hinsichtlich der Nutzung des Internets sei anzumerken, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich Dritte unbefugt über seinen Rechner Zugang zum Internet verschafft hätten.

40

Die Gesamtwürdigung der erhobenen Vorwürfe ergebe, dass seine Entfernung aus dem Dienst als aktiver Beamter nicht in Betracht käme. Sämtliche Vorwürfe seien auf seine Privatsphäre bezogen. Gravierende Verfehlungen im Kernbereich seiner Dienstpflichten, wie vom Kläger behauptet, seien nicht ersichtlich.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungs- und Personalakten verwiesen. Diese lagen dem Gericht ebenso vor wie Kopien der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft ... mit den Aktenzeichen ..., ..., ..., ... und die Strafakte 8011 Js 811/10 VRs nebst Sonderordner und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

42

Dem Beklagten ist unter Berücksichtigung des Umfangs der von ihm verletzten Pflichten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit unter angemessener Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes das Ruhegehalt abzuerkennen (§§ 11 Abs. 1, 3 Abs. 2 Nr. 2 Landesdisziplinargesetz – LDG -).

43

Das der Disziplinarklage vorangegangene förmliche Disziplinarverfahren leidet an keinem wesentlichen Verfahrensmangel. Auch die Disziplinarklage wurde in der nach § 61 Abs. 2 LDG erforderlichen Form erhoben. Danach muss die Klageschrift die Tatsachen erwähnen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, d. h., diese sind nach Ort, Zeit und Art des Verhaltens grundsätzlich zu präzisieren. Hierzu gehört eine so hinreichende Substantiierung, dass die zum Gegenstand der Disziplinarklage gemachten Handlungen für das Verwaltungsgericht allein aufgrund der Klageschrift definierbar sind und darüber hinaus dem Beamten eine sachgerechte Einlassung möglich ist (vgl. Weiss, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, zu § 52 BDG, Randnr. 87; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Kommentar, zu § 52 BDG, Randnr. 13). Dieser Konkretisierungspflicht genügen vorliegend die Darstellungen in der Klageschrift und insbesondere auch die unter den Anschuldigungspunkten 2 und 4 erfolgte ausdrückliche Bezugnahme auf konkrete Seitenzahlen von Nebenakten, die dem Gericht allesamt vorliegen. Die Anlagen wurden dem Beklagten seitens des Gerichts zur Verfügung gestellt, so dass ihm auch eine sachgerechte Einlassung möglich war. Sofern dem Beamten diese bereits mit dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen hätten zur Verfügung gestellt werden müssen (§ 36 Abs. 1 LDG), um ihm auch bereits dort eine sachgerechte Einlassung zu ermöglichen, ist in jedem Fall im gerichtlichen Verfahren, welches ein Spiegelbild zum behördlichen Disziplinarverfahren darstellt, eine Heilung eines formalen Mangels eingetreten.

44

In der Sache steht fest, dass der Beklagte sich eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht hat. Durch das Sichverschaffen und den Besitz kinderpornografischer Bilder in dem hier angeschuldigten Umfang hat er im außerdienstlichen Bereich in disziplinarisch beachtlicher Weise schuldhaft die ihm nach §§ 34 Satz 2, 41 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG -) obliegende Pflicht, sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, verletzt, wozu insbesondere die Pflicht gehört, nicht gegen Strafgesetze zu verstoßen. Zugleich hat der Beklagte gegen seine Pflicht zur Wahrung des Ansehens der Polizei in der Öffentlichkeit (§ 115 Landesbeamtengesetz – LBG -) verstoßen. Darüber hinaus hat er durch die Nutzung des ihm zur Verfügung gestellten Dienstkraftfahrzeugs zu privaten Zwecken ebenso gegen die vorgenannten Pflichten wie auch gegen seine Pflicht, sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen und seine Gehorsamspflicht (§§ 34, 35 BeamtStG) verstoßen. Das Dienstvergehen wiegt unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beklagten so schwer, dass er als aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen wäre. Besondere und vertrauenserhaltende Umstände, die ein Absehen von der Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Dem Beklagten war damit als Ruhestandsbeamter das Ruhegehalt abzuerkennen.

45

Seiner rechtlichen Würdigung legt das erkennende Gericht folgenden Sachverhalt zugrunde:

1.

46

Der Beklagte hat sich des Verschaffens und Besitzes kinderpornografischer Dateien schuldig gemacht. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund des gegen den Beklagten durchgeführten Strafverfahrens und den Feststellungen des Amtsgerichts ... in seinem Strafbefehl vom 14. April 2010 – rechtskräftig seit dem 12. November 2010 – (Az.: ...). Hier heißt es im Einzelnen:

47

„Sie bezogen seit April 2005 in wenigstens 21 Fällen über das Internet in Ihrer Wohnung ... in ... in elektronischer Form auf elektronischen Datenträgern gespeicherte Videofilme, die realitätsnah darstellten, wie Kinder unter 14 Jahren von Erwachsenen sexuell missbraucht wurden, beziehungsweise sexuelle Handlungen an diesen Kindern vorgenommen wurden. Die Bilder zeigten entweder, wie Kinder untereinander sexuelle Handlungen vornahmen oder wie Erwachsene sexuelle Handlungen an diesen Kindern vornahmen.

48

Bezüglich der näheren Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Anlage sowie die Abbildungen im anliegenden Sonderordner und die auf den beiden anliegenden Datenträgern (DVD – Digital Versatile Disc) abgespeicherten Videofilme Bezug genommen.

49

Sie speicherten die Video-Filme jeweils am 18., 25. und 27. 4. 2005, 2., 3. und 30. 5. 2005, 20. und 22. 1.2006, 16.4., 17.4. und 28.4. 2006, 6.6.2006, 6.9.2006, 27.1.2007, 3.3.2007, 28.3.2007, 11. und 12., 24. und 30.4.2007 sowie am 17. 5. 2009 auf elektronischen Datenträgern (USB-Festplatten) ab.“

50

Diese Feststellungen legt das Gericht nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 LDG dem vorliegenden Verfahren zugrunde legt. Die Feststellungen eines Strafbefehls entfalten zwar keine Bindungswirkung entsprechend § 16 Abs. 1 LDG, da dieser kein Urteil ist und grundsätzlich keine der Bindungswirkung zugänglichen tatsächlichen Feststellungen enthält, weil er nicht auf erwiesenen Tatsachen beruht, sondern in einem summarischen Verfahren lediglich auf den hinreichenden Verdacht solcher Tatsachen gestützt ist (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1992 – 1 D 11/91 -, BVerwGE 93, 255). Allerdings können die Feststellungen des Strafbefehls nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 LDG als Feststellungen in einem „anderen gesetzlich geordneten Verfahren“ nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts der Entscheidung ohne erneute Überprüfung zugrunde gelegt werden. Mit einem solchen Verfahren ist auch das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren erfasst, auch soweit es nur zu einem Strafbefehl geführt hat (vgl. Weiss, a.a.O., § 23 BDG, Randnr. 32, 35).

51

Den in einem rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen kommt im Regelfall sogar eine erhebliche Indizwirkung zu, insbesondere dann, wenn – wie hier – seine Feststellungen mit der Aktenlage des Strafverfahrens und des Untersuchungsverfahrens übereinstimmen und der Beamte sich im Wesentlichen sowohl im Straf- als auch im Disziplinarverfahren geständig gezeigt hat. Das Gericht vermochte sich insbesondere durch Inaugenscheinnahme der sich in der Anlage zur Strafakte befindlichen Auszüge aus den abgespeicherten Videofilmen davon überzeugen, dass es sich tatbestandlich unzweifelhaft um kinderpornografisches Material im Sinne des § 184 b StGB (in den Fassungen vom 27. Dezember 2003 und 31. Oktober 2008) handelt. Insoweit geht das bloße Anzweifeln der tatsächlichen Strafbarkeit seines Handelns im Disziplinarverfahren durch den Beklagten ins Leere. Darüber hinaus hat der Beklagte vorliegend ohnehin bewusst auf den Einspruch gegen die materiell-rechtlichen Feststellungen des Strafbefehls verzichtet, so dass lediglich das Strafmaß einer erneuten Überprüfung im Einspruchsverfahren unterworfen wurde. Dies mit der Folge, dass der Strafbefehl einem rechtskräftigen Urteil gleichsteht (§ 410 Abs. 3 StPO). Auch die Tatsache des Verzichts auf den Einspruch selbst kann als Indiz für die Richtigkeit des im Strafbefehl bezeichneten Sachverhalts gewertet werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3. Juli 2002 – juris –). Bei dieser Sachlage verbleibt insgesamt kein vernünftiger Zweifel an der Wahrheit der Feststellungen des Strafbefehls, so dass keine weiteren Ermittlungen erforderlich waren. Solche hat der Beklagte auch nicht beantragt.

52

Durch die Verwirklichung des Straftatbestandes nach § 184 b StGB hat der Beklagte sich in disziplinarrechtlicher Hinsicht achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG) und zugleich das Ansehen der Polizei geschädigt (§ 115 LBG). Die schuldhaften Pflichtverletzungen erfüllen auch die qualifizierenden Voraussetzungen an ein beachtliches außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG. Danach ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderer Weise geeignet ist, das Vertrauen oder die Achtung in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beinträchtigen. Zur Relevanz außerdienstlichen Fehlverhaltens hat das Bundesverwaltungsgericht grundlegend in seinen Entscheidungen vom 19. August 2010 (Az. 2 C 13/10 und 2 C 5/10 – juris -) ausgeführt, dass ein beachtliches Dienstvergehen in diesem Sinne nur dann vorliegt, wenn die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens durch das zur Last gelegte Fehlverhalten sich entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d. h., auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung bezieht. Ersteres hat das Bundesverwaltungsgericht für den Fall bejaht, dass ein Lehrer außerdienstlich kinderpornografische Schriften besitzt. Denn hierdurch offenbare ein Lehrer einen Persönlichkeitsmangel, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Lehrer als Dienstpflicht obliegenden Erziehungsaufgabe gegenüber den ihm anvertrauten Schülern jederzeit gerecht zu werden (vgl. BVerwG, Az.: 2 C 5/10, a.a.O.).

53

Nach Auffassung der Kammer muss vergleichend ein derartiger Dienstbezug auch für den Fall eines Polizeibeamten bejaht werden, zu dessen Kernpflichten innerhalb des Dienstes das präventive Verhindern von Straftaten, das Aufklären und auch das Verfolgen derselben gehört. Dies gilt im Besonderen im Hinblick auf Straftaten, die den Schutz der körperlichen und geistigen Integrität von minderjährigen Kindern zu dienen bestimmt sind. Wer kinderpornografische Schriften besitzt (§ 184 Abs. 4 StGB), trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 a Abs. 2 StGB) und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner gesamten Persönlichkeit sowie seiner Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (vgl. BVerwG, a.a.O., m.w.N. aus der Rechtsprechung).

54

Vor dem Hintergrund dieses Strafgrundes muss von einem Polizeibeamten unbedingt erwartet werden können, dass er sich auch außerhalb des Dienstes in dieser Hinsicht gesetzestreu verhält. Einem Polizeibeamten, der sich im privaten Bereich kinderpornografisches Material verschafft und dieses abspeichert, sich mithin an der Nachfrage missbräuchlichen Materials aktiv beteiligt, kann nicht mehr mit dem nötigen Vertrauen in die Bereitschaft begegnet werden, diesen Markt aktiv zu bekämpfen. Angesichts des erheblichen Eingriffs in die Menschenwürde der Kinder muss sich ein Polizeibeamter in dieser Hinsicht absolut rechtstreu verhalten, um seiner besonderen Verantwortung gerecht zu werden (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. April 2009, Az.: DL 16 S 3290/08 – juris -).

55

Der Beklagte hat durch den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischer Schriften einen erheblichen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, dass er dem einem Polizisten obliegenden Strafverfolgungsauftrag jederzeit gerecht wird.

2.

56

In der Zeit vom 4. Dezember 2007 bis zum 28. August 2009 nutzte der Beklagte die ihm zur Verfügung gestellten Dienstkraftfahrzeuge, um vereinbarte Fotoshoot-Termine wahrzunehmen, ohne hierzu berechtigt zu sein. Genehmigt waren lediglich Fahrten mit dem Dienstwagen zwischen Dienstort (..., ...) und Wohnort (..., ...).

57

Dieser Sachverhalt ist erwiesen mittels Beiziehung der strafrechtlichen Ermittlungsakte in dem Verfahren Az. ... (§§ 67 Abs. 1, 21 LDG, 99 VwGO). Hieraus ergibt sich nachvollziehbar, dass der Beklagte nachweislich der „Exif-Daten“ der Kamera, die er zum Erstellen der Fotos genutzt hat und der zum Teil gefunden Bestätigungs-Mails für den o. g. Zeitraum insgesamt 174 Shootings von Frauen durchgeführt hat. Die namentlich ermittelbaren Frauen bestätigten in 80 Fällen die jeweiligen Fototermine, die Örtlichkeiten und das Erscheinen des Beklagten jeweils mit einem Dienst-Kraftfahrzeug. Die Auflistung der einzelnen Fälle ergibt sich nachvollziehbar aus den Seiten 113 bis 117 der vorgenannten Strafakte, die zuvor mit den vom Gericht angeforderten 82 Fallakten abgeglichen wurden. Eine darüber hinausgehende Ermittlung im Disziplinarverfahren war angesichts dessen nicht erforderlich, zumal der Beklagte den Feststellungen nicht substantiiert entgegengetreten ist.

58

Das schlichte Bezweifeln der ermittelten Höhe der zusätzlich zurückgelegten Kilometer ist nicht geeignet, den dargestellten Sachverhalt in Frage zu stellen. Im Übrigen wirkt sich das Bestreiten der Kilometerangabe nicht auf den Umstand pflichtwidrigen Verhaltens aus. Dem Beklagten waren die Dienstwagen ausschließlich zu Dienstfahrten zwischen seiner Wohnung und der Dienststelle zur Verfügung gestellt. Jede Fahrt zu einem privaten Fototermin stellte unabhängig von den zusätzlich zurückgelegten Kilometern eine Unterbrechung der Dienstfahrt dar, für die der Beklagte keine Berechtigung besaß. Dies war dem Beklagten auch bewusst. Denn nur so erklärt sich seine im Termin zur mündlichen Verhandlung erwähnte Absprache mit seinem Dienstherrn hinsichtlich seiner Fahrten ab bzw. nach L. zu der Zeugin M. Dadurch, dass er in Kenntnis dessen, dass ihm die Dienstkraftfahrzeuge lediglich für die Wegstrecke zwischen seiner Dienststelle und seiner Wohnanschrift zur Verfügung gestellt wurden, dennoch Privatfahrten unternommen hat, hat er sich nicht nur eines Verstoßes gegen seine Gehorsamspflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG), sondern auch gegen seine Hingabepflicht und seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 1 und 2 BeamtStG) schuldig gemacht. Insbesondere hat er den Vertrauensvorschuss, den der Dienstherr ihm mit der Bereitstellung eines Dienstkraftfahrzeugs gewährt hat, missbraucht.

3.

59

Soweit dem Beklagten eine Vielzahl von Internetzugriffen ohne ersichtlichen dienstlichen Bezug vorgehalten wird, ist der Beklagte vom Vorwurf eines dahingehenden Dienstvergehens freizustellen. Eine „Vielzahl von Internetzugriffen“ ist nach den Ermittlungen des Klägers nicht feststellbar.

60

Die in der Klageschrift in Bezug genommene Auswertung der Protokolldaten des dienstlichen Internetzugangs belegen in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 7. April 2009 einen Internetzugriff des Beklagten vorwiegend auf die Internetseite „Wer-Kennt-Wen.de“ am 5., 8., 12., 13., 15., 19. Januar und am 25.und 26. März 2009. Ausweislich der Zeitangaben der Auswertung handelt es sich insgesamt um acht Zugriffe jeweils im Minutenbereich mit einer Gesamtdauer von maximal 15 Minuten.

61

Wenn auch dem Beamten nach Nr. 2.1 der Dienstvereinbarung des Ministeriums des Inneren und für Sport über die Nutzung elektronischer Post und des Internet bei der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz (Az.: 18421-0/34) die Nutzung des dienstlichen Internetzugangs ausschließlich für dienstliche Zwecke gestattet ist und mithin die Zuwiderhandlung hiergegen unschwer einen Weisungsverstoß (§ 35 Satz 2 BeamtStG) begründet, so vermag dennoch das erkennende Gericht ein disziplinarrechtlich relevantes Verhalten nach Art und Umfang des erfolgten Zugriffs nicht festzustellen. Vielmehr bewegt sich die Pflichtverletzung in der hier konkret zur Entscheidung stehenden Konstellation im Rahmen einer Bagatellverfehlung ohne erkennbare disziplinarrechtliche Relevanz.

4.

62

Auch der weitergehende Vorwurf, der Beklagte habe als „Therapeut“, „Heiler“ bzw. „Geistheiler“ im Jahr 2002 Kontakt zu den hilfesuchenden Zeuginnen I., J. und K. geknüpft, denen er sich unter Ausnutzung eines aus vorgegebener Therapeuteneigenschaft resultierenden Vertrauensverhältnisses angenähert habe, um mit ihnen sexuell zu verkehren bzw. SM-Praktiken auszuüben, hält einer Überprüfung aus disziplinarrechtlicher Sicht nicht stand.

63

Die diesbezüglich gegen den Beklagten geführten Strafverfahren wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses wurden seitens der Staatsanwaltschaft ... (Az.: ..., ..., ...) mit Verfügung vom 9. Februar 2010 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt mit der Begründung, Täter im Sinne des § 174 c StGB könne nur derjenige sein, der zum Führen der Bezeichnung „Psychotherapeut“ berechtigt ist oder derjenige, dem eine andere Person wegen geistiger, seelischer oder körperlicher Erkrankung bzw. Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut war. Diese Voraussetzungen wurden im Strafverfahren verneint. Sofern dem Beklagten im Disziplinarverfahren quasi als Minus hierzu der oben genannte Vorwurf gemacht wird, so ist dieser weder im tatsächlichen, noch in seiner rechtlichen Würdigung als außerdienstliches Dienstvergehen nachvollziehbar.

64

Die als Beweismittel hierzu vorgelegten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten belegen zunächst lediglich in den Fällen der Zeuginnen K. und J. eine sexuelle Beziehung, wie im Vorwurf angeben. Aus der Ermittlungsakte Az ... ergibt sich, dass die Zeugin I. den Beklagten persönlich offensichtlich nie kennengelernt hat. Sie hat dem Beklagten lediglich über Chat ihre persönlichen Probleme offenbart und sich über die Kommunikation in ihren Gesprächspartner verliebt. Zur Zeugin J. hatte der Beklagte ausweislich ihrer eigenen Angaben in der Zeugenvernehmung vom 10. November 2009 zwar eine sexuelle Beziehung, für sie war jedoch der Umstand, dass der Beklagte sich als Therapeut ausgegeben hat, nicht kausal für die Liebesbeziehung, die sie sodann aus auch freien Stücken beendete. Lediglich die Zeugin K. bestätigte bei ihrer persönlichen Vernehmung am 7. Oktober 2009, dass sie den Beklagten über Chat angeschrieben habe, weil sie davon ausgegangen sei, dass er Therapeut sei. Therapeutische Maßnahmen hat er der Zeugin jedoch nicht angeboten. Auch bezeichnete sie den “Sklavenvertrag“ ausdrücklich als „Blödsinn“ und gewisse Rituale, die sie mit dem Beklagten praktiziert hat, als „Spiel“. Offenkundig ist in ihrem Fall aus dem Offenbaren spezieller sexueller Vorlieben eine SM-Beziehung entstanden, bei der sich die Zeugin lediglich von der Vorstellung hat leiten lassen, dass der Beklagte Therapeut sei, was auch immer sie sich darunter vorgestellt haben mag. Ein konkret innerer Zusammenhang zwischen den (mutmaßlichen) sexuellen Beziehungen und einer besonderen Vertrauensstellung des Beklagten, wie vom Kläger behauptet, kann daher bereits tatbestandlich nicht festgestellt werden.

65

Vor dem Hintergrund, dass das soziale Leben von einer unüberschaubaren Vielzahl individueller, sozialer und institutioneller Abhängigkeiten geprägt ist, die nur in den Fällen der §§ 174 ff. StGB den Unrechtsgehalt eines Straftatbestandes erfüllen, kann dem Beklagten in der Wertung allenfalls ein moralisch unkorrektes oder gar verwerfliches Vorgehen vorgeworfen werden. Ein derartiges Verhalten im außerdienstlichen Bereich ist jedoch selbst für den Fall, dass hierin ein achtungs- und vertrauensunwürdiges Verhalten im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG gesehen werden könnte, jedenfalls nicht geeignet, die besonderen Anforderungen an ein außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG zu erfüllen. Sinn und Zweck dieser Regelung war auch mit der Neuregelung der vorbezeichneten Vorschrift das nachhaltige Bestreben des Gesetzgebers, den Tatbestand des Dienstvergehens im Bereich außerdienstlichen Verhaltens von Beamten einzuschränken (vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O.). Der geänderten Stellung des Beamten in der Gesellschaft, von denen außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten als von jedem Bürger erwartet werden kann, sollte Rechnung getragen werden. Demzufolge kann ein außerdienstliches Verhalten die Voraussetzung eines Dienstvergehens nur dann erfüllen, wenn es konkret nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in eine für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Das Merkmal „in besonderem Maße“ bezieht sich auf die Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung und ist nur erfüllt, wenn das Verhalten des Beamten in quantitativer oder qualitativer Hinsicht über das für eine jede Eignung vorausgesetzte Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung hinausgeht. Ist eine derart qualifizierte Möglichkeit der Beeinträchtigung gegeben, kommt es weiterhin darauf an, ob diese Beeinträchtigung bedeutsam wäre. Das Merkmal „in bedeutsamer Weise“ bezieht sich auf den „Erfolg“ der möglichen Achtung und Vertrauensbeeinträchtigung. Die zur Beeinträchtigung in besonderem Maße geeignete Pflichtverletzung weist Bedeutsamkeit auf, wenn sie in qualitativer oder quantitativer Hinsicht das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung inne wohnende Maß an disziplinarrechtlicher Relevanz deutlich überschreitet (BVerwG, 2 C 5/10, a.a.O., m.w.N. aus der Rechtsprechung).

66

Diese besonderen Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Das Verhalten des Beklagten ist ausschließlich seiner Privatsphäre zuzuordnen. Auf welche Art und Weise Beamte im außerdienstlichen Bereich private und auch sexuelle Kontakte knüpfen, unterliegt nicht der dienstlichen Kontrolle. Insbesondere ist auch ein vom Kläger aufgezeigter Dienstbezug nicht dadurch gegeben, dass der Beklagte seit dem 8. April 2002 Sozialer Ansprechpartner beim Polizeipräsidium ... war. Wenn er auch in dieser Hinsicht dienstlich geschult wurde, so handelt es sich hierbei jedenfalls nicht um eine Funktion, die ihm mit seinem Amt im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten) übertragen wurde. Ein konkreter Bezug zu den ihm obliegenden Kernpflichten, nämlich die Verhinderung, Verfolgung und Ahndung von Straftaten, wurden durch dieses Verhalten nicht berührt. Ein strafbares Verhalten des Beklagten lag jedenfalls aus den bereits im Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft ... vom 9. Februar 2010 dargestellten nachvollziehbaren Gründen nicht vor. Ebenso hat er sich offenkundig gegenüber den Frauen weder als geschulter Sozialer Ansprechpartner noch als Polizist zu erkennen gegeben.

67

Nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens verbleibt damit in Bezug auf das Sichverschaffen und den Besitz kinderpornografischer Dateien sowie die private Nutzung des zur Verfügung gestellten Dienstkraftfahrzeugs eine Disziplinarmaßnahme nach Maßgabe des § 11 LDG zu bestimmen. Danach ist maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

68

Die Verwaltungsgerichte sind verpflichtet, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007, Az.: 2 C 9/06 – juris -).

69

Das Schwergewicht des disziplinarrechtlich relevanten Fehlverhaltens des Beklagten liegt im Besitz der kinderpornografischen Schriften. Während in der Rechtsprechung in der Vergangenheit vielfach die Ansicht vertreten wurde, dass beim Besitz kinderpornografischer Schriften für bestimmte Gruppen von Beamten und Angehörigen des öffentlichen Dienstes davon auszugehen ist, dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst als Regelmaßnahme anzusehen ist, von der nur in Ausnahmefällen abgesehen werden kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. April 2009, Az.: DL 16 S 3290/08 m.w.N. aus der Rechtsprechung), hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 19. August 2010 (Az.: 2 C 5/10 a.a.O., Beschluss vom 25. Mai 2012, Az.: 2 B 133/11, NVwZ-RR 2012, 607) grundlegend ausgeführt, dass anders als beim sexuellen Missbrauch eines Kindes (§ 176 Abs. 1 StGB) beim Besitz kinderpornografischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt ist, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlungen zu groß ist. Dies gilt auch für die Fälle, in denen das strafbare Verhalten – wie hier – einen Bezug zu den dienstlichen Pflichten des Beamten aufweist. Maßgeblich für die Maßnahmebemessung soll die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezugs der Pflichtverletzung des Beamten sein. Denn durch die Strafandrohung – so das Bundesverwaltungsgericht - bringt der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck, die bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme als Orientierungsrahmen dient. Das Ausmaß des Ansehensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat herangerufen wird, wird maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt. Ausgehend von der zum Tatzeitpunkt geltenden Strafandrohung von zwei Jahren Freiheitsstrafe (§ 184 b Abs. 4 in der Fassung vom 27. Dezember 2003 und 31. Oktober 2008) ist deshalb bei Lehrern angesichts ihrer besonderen Dienstpflichten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis der Orientierungsrahmen, innerhalb dessen sich die prognostische Gesamtabwägung des Verwaltungsgerichts zu bewegen hat.

70

Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 24. Februar 2012 (Az. 3 A 11426/11.OVG) ausgeführt, dass ausgehend von den Bemessungskriterien des § 11 LDG die Frage nach der angemessenen Disziplinarmaßnahme nicht davon abhängen kann, ob das Fehlverhalten des Beamten zugleich einen Straftatbestand erfüllt. Strafrechtliche Sanktionen wirken sich – so das Oberverwaltungsgericht - disziplinarrechtlich lediglich insofern aus, als eine Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen einer der in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG genannten Taten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten gemäß § 24 Abs. 1 BeamtStG von Gesetzes wegen zur Beendigung des Beamtenverhältnisses führt. Darüber hinaus berühren sich Straf- und Disziplinarrecht nur insoweit, als ein inner- oder außerdienstliches Verhalten, das zugleich strafrechtliche Vorschriften zum Schutz von Kindern und Jugendlichen verletzt, regelmäßig zur Entfernung eines Lehrers aus dem Dienst führt. Darauf, ob und in welchem Umfang es eine strafrechtliche Verurteilung nach sich zieht, kommt es hingegen ebenso wenig an, wie auf den Strafrahmen der in Betracht kommenden Strafnormen. Begründet wird diese Entscheidung mit der unterschiedlichen Zwecksetzung von Straf- und Disziplinarverfahren.

71

Unabhängig davon, nach welchen Rechtsgrundsätzen die Maßnahmebemessung zu erfolgen hat, hat der Beklagte vorliegend in jedem Fall die Verhängung der Höchstmaßnahme verwirkt, denn auch unabhängig davon, dass § 184 b Abs. 4 StGB einen Strafrahmen ausweist, der im Hinblick auf den konkreten Dienstbezug im vorliegenden Fall entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Entfernung des Beklagten als Richtschnur der Maßnahmebemessung indiziert, wiegt die Dienstpflichtverletzung des Beklagten auch unter Zugrundelegung der allgemeinen Maßstäbe nach deren objektiven und subjektiven Handlungsmerkmalen derart schwer, dass der Beklagte unter Einbeziehung seines Persönlichkeitsbildes das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat.

72

Dem ist zugrunde zu legen, dass der Beklagte sich 21 Video-Sequenzen mit 68 Filmdateien verschafft und zum Zwecke der jederzeitigen Verwendung abgespeichert hat. Auch wenn es sich damit zahlenmäßig um eine vergleichsweise geringe Anzahl von Dateien handelt, so muss jedoch andererseits erschwerend gewichtet werden, dass der Beklagte sich das kinderpornografische Material in Gestalt von Filmen über mehrere Jahre hinweg und kontinuierlich (ab dem 18. April 2005 bis zum 17. Mai 2009) verschafft hat und eine Vielzahl der Bilddateien einen schweren und damit besonders verwerflichen sexuellen Missbrauch an Kleinstkindern darstellt. Wesentlich wiegt hier auch der Umstand, dass der Beklagte letztmals am 17. Mai 2009 Videodateien gespeichert hat, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet war und ihm daher bewusst sein musste, dass er in das Visier von disziplinarrechtlichen und auch strafrechtlichen Ermittlungen geraten ist. Weiterhin ist erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte auch im innerdienstlichen Bereich über Jahre hinweg dadurch gefehlt hat, dass er ihm dienstlich zur Verfügung gestellte Kraftfahrzeuge zu privaten Zwecken genutzt hat und dies auch in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Wenn auch diese Pflichtverletzung von vergleichsweise geringerem Gewicht ist, so erlangt sie dennoch eine besondere Bedeutung im Rahmen des Gesamtzusammenhangs des Dienstvergehens sowie der Würdigung seines Persönlichkeitsbildes. Hierdurch wird ein Charaktermangel des Beklagten offenbar, der von Pflichtvergessenheit zeugt und mit seiner Stellung als Polizeibeamter weder innerdienstlich noch außerdienstlich konform geht. Hat er in dem einen Fall eigennützige Motive erkennbar über insbesondere auch fiskalische Interessen seines Dienstherrn bedenkenlos gesetzt, hat er in dem anderen Fall seine sexuellen Bedürfnisse den grundlegenden Anforderungen an seinen Beruf überordnet.

73

Wesentlich entlastende Milderungsgründe, die die Schwere der Tat aufwiegen könnten, sind demgegenüber weder nach dem Vortrag des Beklagten noch nach den Gesamtumständen ersichtlich. Sowohl die langjährige Dienstverrichtung und auch die erbrachten Leistungen sind nicht geeignet, den Beklagten zu entlasten, zumal diese Kriterien zum Selbstverständnis eines jeden Beamtenverhältnisses gehören. Von einem persönlichkeitsfremden Verhalten, welches die tragfähige Prognose rechtfertigen könnte, dass der Beamte sich in Zukunft gesetzeskonform verhalten wird, kann ebenso nicht ausgegangen werden. Vielmehr belegt allein die Vielzahl der gegen ihn geführten Strafverfahren, auch ohne dass diese Gegenstand des vorliegenden Disziplinarverfahrens sind, dass der Beklagte sich einem Lebenswandel hingegeben hat, der dadurch geprägt ist, nicht normgerechtes und extremes sexuelles Verlangen in vielerlei Gestalt auszuleben, ohne die Folgen seines Verhaltens für die betroffenen Personen und auch mit Blick auf seine (frühere) dienstliche Stellung zu hinterfragen.

74

Im Besonderen die Allgemeinheit muss sich darauf verlassen können, dass sich Polizeibeamte dem sensiblen Bereich der Herabwürdigung von Kindern und Jugendlichen zum Zwecke der Befriedigung sexueller Begierden verschließen und sich gesetzestreu verhalten und in Ansehung ihrer besonderen Funktion, dahingehende Straftaten nachhaltig verhindern, verfolgen und ahnden. Sie dürfen keinesfalls selbst in diesem Deliktsbereich straffällig werden. Auch der Dienstherr muss darauf vertrauen können, dass Polizeibeamte den ihnen obliegenden Verfolgungsauftrag vorbehaltlos erfüllen und nicht selbst gegen Strafgesetze verstoßen. Dies gilt gerade in Bezug auf strafrechtliche Delikte, die einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Menschenwürde des Kindes bewirken, das zum bloßen Objekt sexueller Begierde degradiert wird. Ein Polizeibeamter, der sich als Sammler kinderpornografischen Materials erweist, sich auch im innerdienstlichen Bereich als resistent gegen Weisungen zeigt und ohne Not einen Vertrauensvorschuss verspielt, hat grundsätzlich das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren.

75

Zudem ist dem Ansehen des Beamtentums durch das Verhalten des Beamten, welches auch zum Gegenstand von Presseberichterstattungen geworden ist, ein irreparabler Schaden entstanden. Befände der Beklagte sich noch im aktiven Dienst, wäre das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Diensterfüllung auch in Ansehung der bereits herbeigeführten Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums und des Polizeidienstes im Besonderen endgültig zerstört. Eine Weiterbeschäftigung des Beklagten wäre dem Dienstherrn unter den gegebenen Umständen nicht mehr zumutbar.

76

Damit ist aber bei einem Beamten im Ruhestand die Aberkennung des Ruhegehalts als disziplinare Höchstmaßnahme geboten. Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität der Beamtenschaft wären nämlich auch dann zu erwarten, wenn ein Ruhestandsbeamter trotz eines erheblichen, während seiner aktiven Dienstzeit begangenen Dienstvergehens, welches das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit zerstört hat, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung und etwaige im Zusammenhang mit seinem früheren Amt verliehene Titel zu führen. Darüber hinaus soll auch aus Gründen des Gebots der Gleichbehandlung ein Beamter, der nach Begehung einer schwerwiegenden Verfehlung in den Ruhestand tritt, grundsätzlich nicht besser gestellt werden, als ein Beamter, der im aktiven Dienst bleibt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 2003, 12 dA 1318/01 – juris -).

77

Die Aberkennung des Ruhegehalts verstößt schließlich auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zu den von dem Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts verfolgt Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des Dienstherrn. Ist, wie vorliegend, der durch das Gewicht des Dienstvergehens eingetretene Vertrauensschaden mangels mildernder Umstände so erheblich, dass bei einem aktiven Beamten die Entfernung aus dem Dienst geboten wäre, dann erweist sich die Aberkennung des Ruhegehalts als Höchstmaßnahme gegenüber dem Ruhestandsbeamten als geeignete und erforderliche Maßnahme, um den o. g. Zwecken einer disziplinaren Maßregelung von Ruhestandsbeamten Geltung zu verschaffen.

78

Darüber hinaus muss im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, dass die Verhängung der Höchstmaßnahme auf der schuldhaften und das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstörenden Pflichtverletzung während der aktiven Dienstzeit beruht und dem Ruhestandsbeamten daher die für alle öffentlich-rechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge derartige Pflichtverletzungen zuzurechnen ist (BVerwG, Urteil vom 14. November 2001, Az.: 1 D 60.00, - juris -). Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass der Ruhestandsbeamte bei der Aberkennung des Ruhegehalts keineswegs ohne Versorgung dasteht, da er in der Rentenversicherung nachzuversichern ist.

79

Eine abweichende Entscheidung von der gesetzlich normierten Dauer der Gewährung eines Unterhaltsbeitrages ist vorliegend nicht geboten, da keine Gründe ersichtlich sind, die aus fürsorgerechtlichen Gesichtspunkten im Einzelfall eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten (§§ 10 Abs. 2, 70 LDG).

80

Die Kostenentscheidung beruht auf § 99 Abs. 1 LDG, wobei es angesichts der Schwere des verbleibenden Dienstvergehens und des ohnehin vergleichsweise geringen Gewichts der ausgeschiedenen Vorwürfe der Billigkeit entspricht, den Beklagten insgesamt mit den Kosten des Verfahrens zu belasten.

81

Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz sind gebührenfrei (§ 109 Abs. 1 LDG).

82

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 21 LDG in Verbindung mit §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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