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| Die Anträge der Antragstellerinnen, den Bebauungsplan “Heinkelstraße Nord“ Nr. 070/10 der Stadt Ludwigsburg vom 04.12.2018 für unwirksam zu erklären, haben Erfolg. Sie sind zulässig (I.) und begründet (II.). |
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| I. Die nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaften und innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fristgerecht gestellten Normenkontrollanträge sind auch im Übrigen zulässig. Insbesondere sind die Antragstellerinnen antragsbefugt (1.) und rechtsschutzbedürftig (2.). |
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| 1. a) aa) Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Deshalb genügt es, wenn ein Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem eigenen subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.10.2021 - 4 BN 3.21 -, juris Rn. 4; Beschl. v. 27.09.2021 - 4 BN 17.21 -, juris Rn. 4; Urt. v. 30.04.2004 - 4 CN 1.03 -, juris Rn. 9; Urt. v. 17.05.2000 - 6 CN 3.99 -, juris Rn. 23; Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, juris Rn. 9). Die Antragsbefugnis fehlt daher nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2021 - 7 CN 1.20 -, juris Rn. 10; Urt. v. 18.04.2013 - 5 CN 1.12 -, juris Rn. 16; Urt. v. 22.02.1994 - 1 C 24.92 -, juris Rn. 11). |
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| bb) Ist ein Bebauungsplan Gegenstand der Normenkontrolle und der Betroffene nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Drittschützenden Charakter hat das Abwägungsgebot allerdings nur hinsichtlich solcher privater Belange, die für die Abwägung erheblich sind. Deshalb muss der Antragsteller, der in einem Normenkontrollverfahren eine Verletzung des Abwägungsgebots geltend macht, einen eigenen Belang als verletzt benennen, der für die Abwägung beachtlich war. Abwägungserheblich sind dabei aber nur private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An Letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2020 - 4 CN 9.19 -, juris Rn. 18; Beschl. v. 21.03.2018 - 4 BN 14.18 -, juris Rn. 5; Urt. v. 29.06.2015 - 4 CN 5.14 -, juris Rn. 14; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 08.04.2022 - 10 D 72/19.NE -, juris Rn. 35; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.10.2020 - 3 S 1117/20 -, juris Rn. 21; Urt. v.16.10.2018 - 8 S 2368/16 -, juris Rn. 34). |
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| cc) Zwischen der angegriffenen Rechtsvorschrift und der behaupteten Rechtsverletzung muss ein Zurechnungszusammenhang bestehen („durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung“). Die geltend gemachte Rechtsverletzung muss also auf die angegriffene Rechtsvorschrift zurückgehen. Das gilt nicht nur bei unmittelbarer, sondern gegebenenfalls auch bei einer nur mittelbaren Betroffenheit des Antragstellers. Bei Anträgen von Personen, die nicht Normadressaten sind, ist das der Fall, wenn die Belange Dritter in einer von den Interessen der Allgemeinheit abgehobenen Weise in den Schutzbereich der der angegriffenen Norm zugrundeliegenden Rechtsvorschriften einbezogen sind und daraus auf ein subjektives Recht dieser Personen auf Berücksichtigung bei der Normgebung zu schließen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2021 - 7 CN 1.20 -, juris Rn. 10; Urt. v. 28.03.2019 - 5 CN 1.18 -, juris Rn. 11; Beschl. v. 30.08.2013 - 9 BN 2.13 -, juris Rn. 4 f.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.12.2006 - 5 S 2617/05 -, juris Rn. 42 ff. m.w.N.). Rechte des Antragstellers sind durch die angegriffene Norm oder ihre Anwendung dann nicht verletzt, wenn die Norm hinweggedacht werden kann, ohne dass sich die geltend gemachten Rechtspositionen verändern. Der Normenkontrollantrag kann allerdings auf Grund einer Prüfung des Rechtszustands ohne die angegriffene Rechtsvorschrift nur in offensichtlichen und eindeutigen Fällen als unzulässig abgelehnt werden (SchochKoVwGO/Panzer, 41. EL Juli 2021, VwGO § 47 Rn. 52). |
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| dd) Für Nachbargemeinden gilt im Ergebnis nichts anderes. Die Gemeinden verdienen insofern keinen geringeren Schutz als private Betroffene (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.2020 - 3 S 559/19 -, juris Rn. 53 m.w.N.). Allerdings kann sich deren Antragsbefugnis nicht nur aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB, sondern auch aus einem nicht auszuschließenden Verstoß gegen das Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB ergeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.2012 - 4 B 3.12 -, juris Rn. 7 m.w.N.). Das interkommunale Abstimmungsgebot stellt sich als eine besondere Ausprägung des Abwägungsgebots dar. Befinden sich benachbarte Gemeinden objektiv in einer Konkurrenzsituation, so darf keine von ihrer Planungshoheit rücksichtslos zum Nachteil der Anderen Gebrauch machen. Das Gebot, die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen, lässt sich als gesetzliche Ausformung des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts verstehen (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 07.04.2022 - 9 N 19.2265 -, juris Rn. 18 f.). § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB kommt zum Tragen, wenn vom Bauleitplan einer benachbarten Gemeinde unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf städtebaulich relevante gemeindliche Belange ausgehen können. Kommen derart gewichtige Folgen in Betracht, löst dies im Bebauungsplanverfahren auf der Abwägungsebene einen qualifizierten materiellen Abstimmungsbedarf mit den gegenläufigen Belangen der Nachbargemeinde dergestalt aus, dass für ein - mögliches - „Wegwägen“ dieser Belange ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf besteht, die für die Planung sprechenden Gründe also besonderes Gewicht haben müssen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.2020 - 3 S 559/19 -, juris Rn. 51; Urt. v. 21.09.2010 - 3 S 324/08 -, juris Rn. 19; Urt. v. 27.09.2007 - 3 S 2875/06 -, juris Rn. 24). Darüber hinaus reichert § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB das interkommunale Abstimmungsgebot um Belange mit raumordnungsrechtlichen Bezügen an. Damit gibt die Vorschrift den Nachbargemeinden die Möglichkeit, auch die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie die Auswirkungen von Bauleitplänen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche als Abwehrrechte im Rahmen der zwischengemeindlichen Abstimmung geltend zu machen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.2020 - 3 S 559/19 -, juris Rn. 52). |
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| b) Nach diesen Maßstäben sind die Antragstellerinnen antragsbefugt. |
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| aa) Die Antragstellerinnen haben im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin die Erhaltung und die Entwicklung ihrer zentralen Versorgungsbereiche (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 4, § 2 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BauGB) nicht ausreichend in die Abwägung eingestellt und damit ihr Recht auf ordnungsgemäße Abwägung und das Gebot interkommunaler Abstimmung verletzt habe. Die Antragstellerin machen insoweit in der Sache geltend, dass ihre diesbezüglichen Belange als Nachbarkommunen durch den Bebauungsplan schwerwiegend betroffen seien, da durch das Einkaufszentrum ein städtebaulich relevanter Kaufkraftabfluss stattfinde, der zu einem „Ausbluten“ ihrer zentralen Einkaufslagen führe. Sie bemängeln insbesondere, dass der Bebauungsplan keinerlei Sortimentsbeschränkungen enthalte. Überdies seien auch die verkehrlichen Auswirkungen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB) auf die Antragstellerin zu 1, deren Gemarkung unmittelbar an den Bebauungsplan angrenze, nicht ausreichend in die Abwägung eingestellt worden. |
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| bb) Die Antragstellerinnen haben damit die Möglichkeit einer Verletzung ihrer abwägungsrelevanten Belange durch die Antragsgegnerin hinreichend dargelegt. Es ist unter Zugrundelegung ihres Vorbringens nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass diese Belange verletzt sein könnten. Insbesondere erscheint nicht ausgeschlossen, dass durch die Festsetzung von Sortimentsbeschränkungen die zentralen Versorgungsbereiche der Antragstellerinnen für die Zukunft einen möglicherweise städtebaulich erforderlichen Schutz erhalten hätten. Möglich erscheint auch, dass die verkehrlichen Belange der Antragstellerin zu 1 verletzt sein könnten. |
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| Zwischen den Beteiligten ist im Ausgangspunkt nicht strittig, dass die Festsetzung eines Sondergebiets für ein großes Einkaufszentrum mit zentrenrelevanten Sortimenten im Grundsatz ein abstimmungsbedürftiger Sachverhalt ist und sie wegen eines mit dem Einkaufszentrum verbundenen Kaufkraftabflusses in den Nachbargemeinden sowie wegen der Angebote von Dienstleistungen und Gastronomie in dem Einkaufszentraum zu einem Attraktivitätsverlust bis hin zu einem Ausbluten der Innenstädte der Nachbargemeinden führen, mithin städtebauliche Auswirkungen haben und damit auch die Planungshoheit beeinträchtigen kann. |
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| Es ist auch von dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen angegriffenem Bebauungsplan und der möglichen Rechtsverletzung der Antragstellerinnen auszugehen. Die Möglichkeit der Rechtsverletzung wird adäquat-kausal „durch“ den Bebauungsplan oder seine Anwendung begründet. Die entgegenstehende Auffassung der Antragsgegnerin, dass dies auf der Basis eines Vergleichs des Plans mit dem Vorgängerbebauungsplan (Bebauungsplan „Tammer Feld Sondergebiet“ Nr. 070/02 vom 13.10.1971) insbesondere deshalb zu verneinen sei, weil der streitgegenständliche Bebauungsplan hinsichtlich der für die Antragstellerinnen abwägungsrelevanten Belange bezüglich der Flächenbeschränkungen eine Verbesserung bzw. bezüglich der weiterhin fehlenden Sortimentsbeschränkungen eine Perpetuierung der vorherigen Rechtslage darstelle, geht fehl. Dieser abstrakte Vergleich der Rechtslagen vor und nach dem Inkrafttreten des streitgegenständlichen Bebauungsplans greift zu kurz. Zwar ist ein diesbezüglicher Vergleich zur Ermittlung einer Rechtsverletzung auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im vorliegenden Fall zulässig (1). Allein deswegen die Antragsbefugnis der Antragstellerinnen auszuschließen, überspannte indes die diesbezüglichen Voraussetzungen für das Erfordernis eines Zurechnungszusammenhangs (2). Außerdem liegt hier ein vollständig neuer, den Vorgängerbebauungsplan überschreibender Bebauungsplan vor, nicht nur ein Änderungsbebauungsplan. Insoweit muss sich die Prüfung auf den Plan als Ganzen, nicht nur auf etwaige Änderungen beziehen. Damit wird aber eine neue Kausalkette in Gang gesetzt, die zur Annahme eines Zurechnungszusammenhangs führt (3). Aber selbst wenn man nur auf etwaige Änderungen der Rechtslage abstellen wollte, läge ein für die Antragsbefugnis hinreichender Zurechnungszusammenhang vor. Denn der streitgegenständliche Bebauungsplan schreibt nicht nur den Bestand des Einkaufszentrums fest, sondern ermöglicht seine Erweiterung (4). |
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| (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in seinem Beschluss vom 27.09.2021 festgestellt, dass „die Frage des Vorliegens einer Rechtsverletzung und damit der Antragsbefugnis […] nicht auf der Grundlage eines Vergleichs der bisherigen mit der durch den Bebauungsplan geschaffenen Rechtslage verneint werden“ könne (BVerwG, Beschl. v. 27.09.2021 - 4 BN 17.21 -, juris Rn. 6). Es ist aber nicht anzunehmen, dass das Bundesverwaltungsgericht damit zum Ausdruck bringen wollte, dass ein derartiger Vergleich bei Bebauungsplänen stets unzulässig oder ungeeignet sein soll. Denn die vom Bundesverwaltungsgericht geäußerte Rechtsauffassung steht im spezifischen Kontext eines vom Bebauungsplan unmittelbar betroffenen Eigentümers (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 31.01.2018 - 4 BN 17.17 -, juris Rn. 5, wo ein derartiger Bezug explizit deutlich gemacht wird: „in einem solchen Fall“). Vorliegend ist der Sachverhalt ein anderer. Es geht gerade nicht um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums der Antragstellerinnen durch die Festsetzungen des Bebauungsplans, sondern um eine Gewichtung der Belange der Antragstellerinnen im Rahmen des Abwägungsgebots (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.09.2021 - 4 BN 17.21 -, juris Rn. 6: „anders als beim Abwägungsgebot“). Die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts zu generalisieren, hieße, diesen spezifischen Bezug zu ignorieren. |
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| (2) Andererseits kann aus dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass in allen anderen Fällen ein alleiniger Vergleich der Rechtslagen vor und nach dem Inkrafttreten des neuen Bebauungsplans ausreicht. Gerade im vorliegenden Fall zeigt sich, dass bei der Antragsbefugnis auch die Überlegung, was die Rechtslage sein könnte, wenn die geltend gemachten Belange ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden wären, einbezogen werden muss. Ein bloßer Vergleich stellte hier eine problematische, weil rechtsschutzverkürzende Engführung des Zurechnungszusammenhangs dar. Vorliegend könnte insbesondere der Umstand, dass die Antragsgegnerin auf Sortimentsbeschränkungen verzichtet hat, Folge eines beachtlichen Fehlers im Abwägungsvorgang (§ 2 Abs. 3 BauGB) sein und damit den Anspruch der Antragstellerinnen auf ordnungsgemäße Abwägung verletzen. Ob letzteres der Fall ist oder nicht, darf und kann im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht abschließend geprüft werden. Will man jedoch die Anforderungen an die Antragsbefugnis, die nur in offensichtlichen Fällen ausgeschlossen sein soll, nicht überspannen, müssen auch Fälle in den Zurechnungszusammenhang einbezogen werden, die einen denkbaren hypothetischen Kausalverlauf zum Gegenstand haben. Eine andere Auslegung stellte diejenigen Antragsteller rechtsschutzlos, die allein (und zu Recht) geltend machen können, dass ihre schutzbedürftigen Belange im Abwägungsvorgang (§ 2 Abs. 3 BauGB) nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Denn was das Ergebnis der Abwägung wäre, wenn der Abwägungsvorgang ordnungsgemäß abgelaufen wäre, muss stets hypothetisch bleiben. Eine derartige Engführung des Zurechnungszusammenhangs widerspräche der gesetzgeberischen Konzeption, die gerade auch von der Möglichkeit beachtlicher Mängel im Abwägungsvorgang ausgeht, vgl. § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Denn in diesen Fällen würde die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags stets an der Antragsbefugnis scheitern. |
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| (3) Überdies liegt hier ein vollständig neuer, den Vorgängerbebauungsplan überschreibender Bebauungsplan und kein Änderungsbebauungsplan vor (dazu (bb)). Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Antragsbefugnis hinsichtlich Änderungsbebauungsplänen (aa) sind folglich nicht anzuwenden. Die Prüfung der Antragsbefugnis muss sich vielmehr auf den Plan als Ganzen beziehen. Damit wird aber eine neue Kausalkette in Gang gesetzt und ein neuer Zurechnungszusammenhang begründet (cc). |
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| (aa) Bei Änderungsbebauungsplänen ist anerkannt, dass zur Begründung der Antragsbefugnis nur solche schutzwürdigen Belange der Antragsteller in die Abwägung einzustellen sind, die durch die Planänderung berührt werden. Die Frage, ob auch die Belange der Ursprungsplanung in den Blick zu nehmen und erneut gegen- und untereinander abzuwägen sind, ist zu verneinen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 -, juris Rn. 4, juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 27.09.2017 - 3 K 267/16 -, juris Rn. 35; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.03.2013 - 5 S 1126/11 -, juris Rn. 34; vgl. zur Verneinung der Klagebefugnis bei einer Planänderung nach § 76 Abs. 2 VwVfG: BVerwG, Urt. v. 28.09.2021 - 9 A 10./20 -, juris). |
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| (bb) Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass sich aus den vorliegenden Verfahrensakten zum Bebauungsplan der Wille zu einer bloßen Änderung (und/oder Ergänzung, vgl. § 1 Abs. 8 BauGB) des Vorgängerbebauungsplans nicht ergibt. Eine Bezugnahme auf den Vorgängerbebauungsplan dahingehend, dass dieser weiter als Grundlage diene, findet nicht statt. Weder ist diese in der Namensgebung hinreichend angelegt (Name des Vorgängerbebauungsplans: „Tammer Feld Sondergebiet“ Nr. 070/02, Name des streitgegenständlichen Plans: “Heinkelstraße Nord“ Nr. 070/10) noch bezieht sich der Textteil auf den vorherigen Plan als Grundlage. Im Gegenteil wird unter „Verfahrensvermerke“ bestimmt, dass „mit Inkrafttreten dieses Bebauungsplans […] im Geltungsbereich […] alle bisherigen […] Bebauungspläne außer Kraft“ treten. Schließlich ergibt sich auch aus der Begründung zum Bebauungsplan kein entsprechender Wille der Antragsgegnerin. Vor diesem Hintergrund ist die Verwendung des Begriffs „Änderungsbebauungsplan“ in der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vom 05.07.2017 (vgl. zum Beispiel § 1 Abs. 2 des Vertrags) allenfalls ein schwaches entgegenstehendes Indiz. |
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| Überdies ändert der streitgegenständliche Bebauungsplan - anders als in den der o.g. Rechtsprechung zugrundeliegenden Konstellationen - nicht nur punktuell einen früheren Bebauungsplan, sondern überplant das Gebiet vollständig neu; insbesondere wird über die Zulässigkeit eines Einkaufszentrums nach Art der baulichen Nutzung erneut positiv entschieden und nicht nur auf eine - bereits abgewogene - Festsetzung des Vorgängerplans aufgebaut. Mit dem streitgegenständlichen Bebauungsplan sollte einer Situation begegnet werden, die sich auf der normativen Basis des Vorgängerbebauungsplans entwickelt hatte, ohne dass diese Entwicklung von der Antragsgegnerin vorhergesehen worden wäre. Ausweislich der Begründung zum Vorgängerbebauungsplan vom 05.07.1971 ging die Antragsgegnerin damals davon aus, dass das geplante Einkaufszentrum eine Einkaufsfläche von ca. 25.000 m² haben werde. Warum in diesem Plan keine Beschränkung der Verkaufsfläche normiert wurde, erschließt sich aus der (spärlichen) Begründung nicht. Jedenfalls wird daraus aber deutlich, dass das Ausmaß, das das Einkaufszentrum in den folgenden Jahrzehnten annehmen sollte, nicht vorhergesehen und entsprechend auch nicht in der Abwägung berücksichtigt worden ist. Die Situation, wie sie sich der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Beschlusses des aktuellen Bebauungsplans am 04.12.2018 darstellte, war eine gänzlich andere als die zum Zeitpunkt des Beschlusses des Vorgängerbebauungsplans am 13.10.1971. Eine ausreichende Grundlage, die lediglich geändert oder ergänzt werden sollte, konnte der Vorgängerbebauungsplan daher nicht mehr sein. Dass eine neue Abwägungsentscheidung über die Festsetzung eines Einkaufszentrums getroffen worden ist, zeigt sich auch darin, dass in der Abwägungstabelle und in der Begründung des Bebauungsplans das Für und Wider eines solchen Einkaufszentrums und insbesondere die Fragen der Sortimentsbeschränkungen und der Befristung, d.h. des Ausschlusses von Folgenutzungen, eingehend erörtert werden. Schließlich geht auch die Antragsgegnerin - zumindest der Sache nach - von einem neuen Bebauungsplan, nicht von einen Änderungsbebauungsplan, aus. Zwar verwendet sie in ihrer Antragserwiderung vom 28.08.2020 diesen Begriff (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes). In ihrem Schriftsatz vom 27.10.2021 schreibt sie indes von dem „neu beschlossenen Bebauungsplan“ und dem „Vorgängerbebauungsplan“ (vgl. Seite 3 des Schriftsatzes), um in ihrem Schriftsatz vom 17.11.2021 sodann vollends und ausdrücklich klarzustellen, dass es sich hier gerade nicht um einen Änderungsbebauungsplan, sondern um einen selbständigen neuen Bebauungsplan handelt (vgl. Seite 3 des Schriftsatzes). |
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| (cc) Der vorstehende Befund, dass die Antragsgegnerin vorliegend einen neuen Bebauungsplan erlassen hat, muss sich auch bei der Prüfung, ob hier ein hinreichender Zurechnungszusammenhang im Kontext der Antragsbefugnis vorliegt, niederschlagen. Durch den neuen Bebauungsplan wird insoweit eine neue Kausalkette für das überplante Gebiet in Gang gesetzt, die einen neuen Zurechnungszusammenhang begründet. Das bereits verwirklichte Einkaufszentrum kann damit nicht mehr nur aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigungen seinen Betrieb fortsetzen. Vielmehr wird es auch für die Zukunft bauplanungsrechtlich legalisiert. Überdies besteht die Möglichkeit, selbst bei erheblichen Änderungsabsichten, die ggfs. von den bisherigen Baugenehmigungen nicht mehr erfasst wären, ein Einkaufzentrum in der Größe und in dem Umfang der Festsetzungen des aktuellen Bebauungsplans beizubehalten, umzuwandeln oder sogar neu zu errichten. Eventuell zu erteilende weitere Baugenehmigungen, etwa im Hinblick auf die bereits derzeit zahlreich erfolgten Nutzungsänderungen bei den einzelnen Ladengeschäften, finden ihre Rechtsgrundlage künftig in dem streitgegenständlichen Bebauungsplan und nicht mehr im Vorgängerbebauungsplan. Damit finden auch die fehlenden Sortimentsbeschränkungen, die auf das Einkaufszentrum als Ganzes zu beziehen sind, ihre planungsrechtliche Grundlage in dem neuen Bebauungsplan, wobei dahinstehen kann, ob die gänzliche Freiheit der Sortimente aktuell tatsächlich durch bestandskräftige Baugenehmigungen abgedeckt ist oder nicht. Schließlich sind auch die von der Antragstellerin zu 1 geltend gemachten verkehrlichen Auswirkungen vor diesem Hintergrund zu sehen. Die Auswirkungen eines Einkaufszentrums, wie es für die Zukunft durch den Bebauungsplan legalisiert wird, müssen als Ganzes in den Blick genommen werden. Vor diesem Hintergrund kann eine mögliche Rechtsverletzung der Antragstellerinnen „durch den Bebauungsplan oder seine Anwendung“ nicht offensichtlich ausgeschlossen werden. |
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| (4) Aber selbst wenn man nur auf etwaige Änderungen gegenüber der bestandskräftig genehmigten Rechtslage abstellen wollte, läge ein für die Antragsbefugnis hinreichender Zurechnungszusammenhang vor. Denn der streitgegenständliche Bebauungsplan schreibt nicht nur den baurechtlich genehmigten Bestand fest. Vielmehr wird durch diesen Plan eine Erweiterung des Einkaufszentrums ermöglicht. Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan (Seite 7) ergab die Erhebung des genehmigten Bestands im Plangebiet eine Verkaufsfläche von 42.000 m², 3.000 m² Gastronomie- und 1.000 m² Dienstleistungsflächen. Überdies gab es 2.967 Stellplätze. Mit dem neuen Bebauungsplan wird folglich eine nicht unerhebliche Erweiterung der Gastronomie- und Dienstleistungsflächen (Gastronomie: 4.800 m², Dienstleistung: 1.700 m²) ermöglicht; die Stellplatzzahl wird auf 3.100 erhöht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die geplante Erweiterung des Einkaufszentrums im Kontext der Bauvoranfrage auf der Grundlage des Vorgängerbebauungsplans verbeschieden wurde (Bauvorbescheid vom 26.10.2017), formal gesehen somit vermeintlich nur der „genehmigte Bestand“ im hier angegriffenen Bebauungsplan festgesetzt wurde. Zum einen ist dies nicht zutreffend. Denn ein Bauvorbescheid stellt gerade keine Baugenehmigung dar; zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 04.12.2018 gab es noch keine diesbezügliche Baugenehmigung. Zum anderen ist die Bedeutung des aktuellen Plans beim Zustandekommen des Bauvorbescheids zu berücksichtigen. Zu bedenken ist, dass der Bauvorbescheid das Inkrafttreten des hiesigen Bebauungsplans antizipiert, indem er dessen Flächenbegrenzungen übernimmt. Auf der Basis des Vorgängerbebauungsplans hätte eine derartige Beschränkung keine Rechtsgrundlage gehabt. Sie konnte nur deshalb Bestand haben, weil sich die Betreiber des Einkaufszentrums in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 05.07.2017 mit diesen Beschränkungen unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Bebauungsplanentwurf (§ 1 Abs. 2 des Vertrags) einverstanden erklärt hatten. |
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| Nach alldem erscheint es nicht ausgeschlossen, dass durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan die zentralen Versorgungsbereiche der Antragstellerinnen in zurechenbarer und städtebaulich relevanter Weise in Mitleidenschaft gezogen werden. Gleiches gilt für etwaige verkehrliche Auswirkungen hinsichtlich der Antragstellerin zu 1. Zu eng ist es insoweit, nur auf die Erhöhung der Stellplatzzahl abzustellen. Denn mit der Erweiterung der Gastronomie- und Dienstleistungsflächen geht eine Attraktivitätssteigerung einher, die zu verstärkten Belastung auch des Verkehrsnetzes der Antragstellerin zu 1 führen könnte. |
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| 2. Weiterhin liegt auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerinnen vor. |
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| a) Bei bestehender Antragsbefugnis ist regelmäßig das erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben. Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses soll nur verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern und die Nichtigerklärung der Norm auch nicht aus tatsächlichen Gründen vorteilhaft sein kann. Es ist aber nicht erforderlich, dass die begehrte Erklärung einer Norm als unwirksam unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt (BVerwG, Urt. v. 25.06.2020 - 4 CN 5.18 -, juris Rn. 19; Urt. v. 23.04.2002 - 4 CN 3.01 -, juris Rn. 10; Urt. v. 16.04.2015 - 4 CN 6.14 -, juris Rn. 15). |
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| b) Danach haben die Antragstellerinnen ein Rechtsschutzbedürfnis. Wie aufgezeigt, besteht hier eine Antragsbefugnis der Antragstellerinnen, da ihre abwägungsrelevanten Belange möglicherweise nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Sollte letzteres der Fall sein, wäre dies bei einer zukünftigen Bauleitplanung der Antragsgegnerin zu beachten, was zu einer Verbesserung ihrer Rechtsstellung führen könnte. Es erscheint auch nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin bei Erfolg der Normenkontrolle in eine neue Bauleitplanung eintritt und eine für die Antragstellerinnen günstigere Regelung trifft. Denn die im streitgegenständlichen Bebauungsplan festgesetzten Beschränkungen der Verkaufs-, Gastronomie- und Dienstleistungsflächen erfolgten auch im Interesse der eigenen Innenstadt; außerdem diente der Bauleitplan der Annäherung der bauplanungsrechtlichen Lage an die heutigen Ziele der Raumordnung. Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach bei einem Bebauungsplan, der durch genehmigte oder genehmigungsfreie Maßnahmen vollständig verwirklicht ist, das Rechtsschutzbedürfnis entfallen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.2020 - 4 CN 5.18 -, juris Rn. 19 m.w.N.), steht der Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses nicht entgegen. Zum einen ist die Erweiterung des Einkaufszentrums noch nicht verwirklicht, zumal die diesbezügliche Baugenehmigung vom 15.04.2021 nach Aktenlage nicht bestandskräftig ist. Zum anderen ist zu bedenken, dass die Bedürfnisse des Einzelhandels regelmäßiger Wandlung unterliegen, um sich neuen Bedingungen auf dem Markt anzupassen. Gerade der vorliegende Fall macht dies deutlich. So haben sich das Einkaufszentrum und die darin befindlichen Ladengeschäfte in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich fort- und weiterentwickelt, wie sich insbesondere aus der Vielzahl der bislang erteilten Nutzungsänderungsgenehmigungen ergibt. Dies zeigt, dass ein einmal verwirklichtes Einkaufszentrum gerade nicht für die Zukunft „in Stein gemeißelt“ ist. Dass der Bauvorbescheid vom 26.10.2017 mittlerweile bestandskräftig geworden ist, ist daher insoweit ohne Belang. Dahinstehen kann auch die Frage, ob die Freiheit der Sortimente schon durch diesen Bauvorbescheid bestandskräftig geregelt worden ist oder ob nicht die Freiheit der Sortimente abhängig von der normativen Grundlage baurechtlicher Bescheide - hier also dem jeweils geltenden Bebauungsplan - ist und erst auf der Ebene der Baugenehmigungen für die einzelnen Geschäfte im Einkaufszentrum baurechtlich vollzogen wird. |
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| II. Die Anträge haben auch in der Sache Erfolg. Der angegriffene Bebauungsplan ist unwirksam, weil er unter beachtlichen formellen und materiellen Rechtsfehlern leidet. |
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| 1. Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) und stellt inhaltlich Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Es ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.07.2013 - 4 BN 11.13 -, juris Rn. 9; Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, juris Rn. 29; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.04.2022 - 10 D 17/20.NE -, juris Rn. 38; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 03.02.2022 - OVG 2 A 24.18 -, juris Rn. 50; OVG Lüneburg, Urt. v. 20.01.2022 - 1 KN 157/19 -, juris Rn. 20; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 23.03.2021 - 3 S 2972/18 -, juris Rn. 68; Urt. v. 09.12.2020 - 3 S 1749/16 -, juris Rn. 92). |
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| Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich insbesondere aus § 2 Abs. 3 BauGB, wonach bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die bei der Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ermittelt und bewertet werden müssen. Welche Belange dies sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. In die Abwägung einzustellen sind jedoch nur solche privaten Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulichen Bezug haben. Diese verfahrensrechtlich ausgestaltete Pflicht ist teilidentisch mit den von der Rechtsprechung zum Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB entwickelten Anforderungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, juris Rn. 20; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.11.2021 - 1 KN 13/16 -, juris Rn. 100; OVG Lüneburg, Urt. v. 14.07.2021 - 1 KN 9/20 -, juris Rn. 23; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.05.2021 - 8 C 11151/20 -, juris Rn. 108; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.12.2020 - 3 S 1749/16 -, juris Rn. 93). |
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| Die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 f. BauGB unterscheiden zwischen Mängeln im Abwägungsvorgang und Mängeln im Abwägungsergebnis. Mängel im Abwägungsvorgang sind nur unter den in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB genannten Voraussetzungen beachtlich. Ein beachtlicher Verfahrensfehler im Abwägungsvorgang nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist gegeben, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. Auch sonstige Mängel im Abwägungsvorgang müssen offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sein (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). In beiden Fällen muss ein hiernach beachtlicher Mangel des Abwägungsvorgangs innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sein; anderenfalls wird er gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 BauGB unbeachtlich, sofern bei Inkraftsetzung der Satzung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist. Eine Rüge im Sinne des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB erfordert, dass die Belange, in deren Behandlung der Rügende einen Abwägungsfehler erblickt, mit ihrem Tatsachengehalt konkret und substantiiert dargelegt werden. Das erfordert einen Bezug zur Abwägungsentscheidung der Gemeinde. Der Gemeinde soll durch die Darlegung die Prüfung ermöglicht werden, ob Anlass besteht, in eine Fehlerbehebung einzutreten („Anstoßfunktion“; vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.2020 - 4 BN 13.20 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 11.09.2019 - 4 BN 17/19 -, juris Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.2021 - 3 S 2249/20 -, juris Rn. 82; Urt. v. 09.12.2020 - 3 S 1749/16 -, juris Rn. 94). |
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| Nach diesen Maßstäben leidet der von den Antragstellerinnen angegriffene Bebauungsplan an gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB beachtlichen Ermittlungs- und Bewertungsmängeln (§ 2 Abs. 3 BauGB). Zwar ist entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen eine unzulässige Vorwegbindung der Antragsgegnerin durch die öffentlich-rechtliche Vereinbarung vom 05.07.2017 zwischen der Antragsgegnerin und den Betreibern des Einkaufszentrums Breuningerland nicht erkennbar (2.). Allerdings hat die Antragsgegnerin Auswirkungen auf die Erhaltung und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche der Antragstellerinnen und verkehrliche Auswirkungen betreffend die Antragstellerin zu 1 in wesentlichen Punkten nicht hinreichend ermittelt und bewertet (3.). Der Bebauungsplan leidet auch an materiell-rechtlichen Fehlern (4.). |
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| 2. Eine unzulässige Vorwegbindung der Antragsgegnerin durch die öffentlich-rechtliche Vereinbarung vom 05.07.2017 liegt nicht vor. |
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| a) Dem Gebot der gerechten Abwägung widerspricht es, wenn der abschließende Abwägungsvorgang durch vorherige Bindungen der Gemeinde sachwidrig verkürzt wird. Andererseits können gerade bei Projekten einer bestimmten Größenordnung häufig nicht alle Entscheidungen - im Sinne einer Erhaltung voller planerischer Freiheit - bis zur abschließenden Abwägung zurückgestellt werden. Je umfangreicher und je komplizierter ein planerisches Vorhaben ist oder wird, umso mehr kommt es nach aller Erfahrung zu einer notwendigen Wechselwirkung zwischen der planerischen Festsetzung und ihrer konkreten Verwirklichung. Das führt zu mehr oder weniger endgültigen Festlegungen, die eine entsprechende Schmälerung des abschließenden Abwägungsvorganges bewirken und auch bewirken sollen. Dem Planverfahren vorgeschaltete Besprechungen, Abstimmungen, Zusagen, Verträge u.a.m. können geradezu unerlässlich sein, um überhaupt sachgerecht planen und eine angemessene, effektive Realisierung dieser Planung gewährleisten zu können. Selbst Abwägungsdefizite, die „an sich“ schädlich wären, d.h. Abwägungsdefizite, die auf selbstbindende, offensichtlich eine bestimmte Planung in bestimmter Richtung beeinflussende Entscheidungen zurückgehen, können unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 - IV C 50.72 -, juris Rn. 47 ff. zu § 1 Abs. 4 BBauG; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 24.05.2006 - 8 S 1367/05 -, juris Rn. 31; Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 1 Rn. 113). |
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| b) Vor diesem Hintergrund kann von einer Vorwegbindung nicht ausgegangen werden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen hat sich die Antragsgegnerin weder rechtlich noch tatsächlich durch die öffentlich-rechtliche Vereinbarung vom 05.07.2017 gebunden. |
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| Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen sind in § 1 der Vereinbarung nicht alle wesentlichen Punkte des angefochtenen Bebauungsplans vorweggenommen. Die Antragsgegnerin wird zu keinen bestimmten Festsetzungen, weder zu bestimmten Flächenbegrenzungen noch zum Unterlassen von Sortimentsbeschränkungen, verpflichtet. In der Vereinbarung werden vielmehr - unter bestimmten Voraussetzungen - die Vertragspartner der Antragsgegnerin verpflichtet (zum Beispiel der Verzicht auf eine „Normenkontrollklage“, § 1 Abs. 2; die Rücknahme von Einwendungen, § 1 Abs. 3; der Verzicht auf Entschädigungsansprüche, § 2 Abs. 2). Soweit ersichtlich, findet sich die einzige Verpflichtung der Antragsgegnerin in § 3 Abs. 3 Satz 2 der Vereinbarung, wonach vor behördlichen Reaktionen als Folge des Berichtsinhalts die Vertragspartner der Antragsgegnerin Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten müssen. Diese Verpflichtung hat jedoch zum einen keinerlei Bezug zum Abwägungsvorgang. Es ist vielmehr eine Vereinbarung für den Fall, dass der Bebauungsplan in Kraft tritt. Zum anderen ist die vertragliche Vereinbarung weitgehend deklaratorischer Natur, da vor behördlichen Maßnahmen schon von Gesetz wegen regelmäßig eine Anhörung zu erfolgen hat (vgl. § 28 LVwVfG). |
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| Auch für eine tatsächliche Vorwegbindung finden sich keine hinreichenden Belege. Zwar ist den Antragstellerinnen zuzugeben, dass die Vereinbarung (insbesondere) die anschließend im Bebauungsplan festgesetzten Flächenbeschränkungen antizipiert. Es dürfte auch, nachdem das Bebauungsplanverfahren fünf Jahre zum Erliegen gekommen war, im besonderen Interesse der Antragsgegnerin gelegen haben, die diesbezüglichen Festsetzungen in die zu beschließenden textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans aufzunehmen, um den seit 2009 bestehenden Konflikt mit den Betreibern des Breuningerlandes zu lösen. Gleichwohl führt dies nicht zur Annahme einer tatsächlichen Vorwegbindung. Insbesondere lässt sich den Verfahrensakten nicht entnehmen, dass der Gemeinderat nicht frei oder ergebnisoffen abgewogen hat. Der alleinige Umstand, dass es bei der Beschlussfassung am 04.12.2018 keine Fragen oder Diskussionsbedarf gab, lässt nicht darauf schließen, dass die Mitglieder des Gemeinderats davon ausgingen, an die Vereinbarung gebunden zu sein. Dagegen spricht bereits, dass es vier Nein-Stimmen und vier Enthaltungen gab. Ebenso ist denkbar, dass die beteiligten Gemeinderäte - unabhängig von ihrem Stimmverhalten - der Auffassung waren, dass der zur Abstimmung gestellte Bebauungsplan „ausdiskutiert“ sei. Im Ausschuss für Bauen, Technik und Umwelt fand überdies in seiner vorbereitenden Sitzung vom 29.11.2018 eine Aussprache zur Beschlussvorlage statt. Aus dieser wird gerade nicht deutlich, dass sich die Ratsmitglieder an die Vereinbarung (rechtlich oder tatsächlich) gebunden sahen. Vielmehr wird in der überwiegenden Mehrheit der Wortbeiträge der „Kompromiss“ begrüßt. Ein Ratsmitglied kündigt eine Enthaltung an, ein anderes Ratsmitglied äußert sich kritisch und kündigt die Ablehnung der Beschlussempfehlung an. Der Beschluss, dem Gemeinderat die Beschlussvorlage zu empfehlen, erfolgt sodann mit acht Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und zwei Enthaltungen. Ein wie auch immer gearteter Druck dahingehend, dass die Vorlage „so und nicht anders“ oder überhaupt beschlossen werden müsse, ist hieraus nicht erkennbar. |
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| 3. Der Bebauungsplan ist formell rechtswidrig, weil beachtliche Ermittlungs- und Bewertungsfehler vorliegen (§ 2 Abs. 3, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Die Antragsgegnerin hat die möglichen Auswirkungen des Bebauungsplans auf die Erhaltung und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche der Antragstellerinnen und die verkehrlichen Belange der Antragstellerin zu 1. nicht hinreichend ermittelt und bewertet, § 2 Abs. 3 BauGB. |
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| a) aa) Nach § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen unter anderem zentrale Versorgungsbereiche hinsichtlich ihrer Erhaltung und Entwicklung zu berücksichtigen. Zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen auf Grund von Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine besondere Versorgungsfunktion zukommt. Erfasst werden Versorgungsbereiche unterschiedlicher Stufen. Dies können Innenstadtzentren vor allem in Städten mit größerem Einzugsbereich, Nebenzentren in Stadtteilen sowie Grund- und Nahversorgungszentren in Stadt- und Ortsteilen und nichtstädtischen Gemeinden sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, juris Rn. 11 [zu § 34 Abs. 3 BauGB]; Bayerischer VGH, Urt. v. 17.12.2018 - 15 N 16.2373 -, juris Rn. 50; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 07.11.2017 - 5 S 1003/16 -, juris Rn. 59 [zu § 34 Abs. 3 BauGB]; EZBK/Söfker/Runkel, 143. EL August 2021, BauGB § 1 Rn. 130a; BT-Drs. 16/2496, Seite 11 [zu § 9 Abs. 2a BauGB]). |
|
| Der Gesetzgeber bringt mit § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB zum Ausdruck, dass die Planung von Versorgungsbereichen einen städtebaulichen Bezug hat, der für die planerische Abwägung regelmäßig erheblich ist, weil sich solche Planungen nicht nur auf das Plangebiet selbst, sondern auch auf andere Versorgungsbereiche derselben Gemeinde oder von Nachbargemeinden auswirken. Die in Versorgungsbereichen unterschiedlicher Stufen angebotenen Leistungen des Einzelhandels und Dienstleistungen können wegen ihrer vielfältigen Funktionen und ihrer spezifischen Versorgungsfunktionen für die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung haben (OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.11.2013 - 1 KN 1/13 -, juris Rn. 57). Die Vorschrift erfasst die Versorgungsbereiche in der jeweiligen planenden Gemeinde wie auch in den Nachbargemeinden; insofern kommt diesem Planungsgrundsatz auch im Zusammenhang mit der gemeindenachbarlichen Abstimmung nach § 2 Abs. 2 BauGB Bedeutung zu (EZBK/Söfker/Runkel, 143. EL August 2021, BauGB § 1 Rn. 130a). |
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| bb) Nach diesen Maßstäben liegt ein Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB vor. Denn die Antragsgegnerin hat im Bauleitverfahren keine hinreichenden Ermittlungen zu den Auswirkungen des Bebauungsplans auf die Erhaltung und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche der Antragstellerinnen angestellt. Soweit ermittelt wurde, wurden diesbezügliche etwaige Ergebnisse unzureichend in die Abwägung eingestellt. Dieser Mangel erweist sich auch als beachtlich nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB. |
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| Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan vom 08.11.2018 diente als Grundlage für eine Bewertung des Einzelhandelsstandorts Ludwigsburg Nord das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Ludwigsburg aus dem Jahr 2008 und dessen Fortschreibung aus dem Jahr 2014, worin empfohlen worden sei, die Innenstadt prioritär zu behandeln („city first!“, vgl. Seite 19 der Begründung). Überdies habe die Firma Breuninger im Zusammenhang mit der Bauvoranfrage 2009 zwei Gutachten (GMA, Dr. Lademann & Partner) zur Beurteilung der Auswirkungen einer möglichen Erweiterung auf die Innenstadt Ludwigsburgs in Auftrag gegeben. Beide Gutachten hätten jedoch keine ausreichende Entscheidungsgrundlage gebildet und seien vor allem nicht überzeugend gewesen, um die schwerwiegenden Bedenken im Hinblick auf eine gleichwertige Entwicklung der Handelsschwerpunkte Ludwigsburg-Nord und Innenstadt auszuräumen. Insbesondere habe nicht nachvollzogen werden können, warum in den Gutachten, obwohl dieselben von der Firma Breuninger erhobenen Zahlen als Grundlage dienten, von verschiedenen Reduzierungen und Abminderungen ausgegangen worden sei. Die Antragsgegnerin und die Firma Breuninger hätten im Ringen um eine Kompromisslösung sodann ein drittes Gutachten zur Beurteilung der Auswirkungen einer möglichen Erweiterung des Breuningerlands auf die Innenstadt und die Nachbarkommunen in Auftrag gegeben. Trotz intensiver fachlicher Begleitung weise das Gutachten, das eine Erweiterung der Verkaufsfläche um bis zu 8.500 m² für unschädlich halte, erhebliche Mängel auf, die auch auf Nachfrage der Gemeinderäte nicht zufriedenstellend hätten geklärt werden können. Somit habe auch das gemeinsam beauftragte Gutachten nicht zur gewünschten Klärung geführt und die bestehenden Bedenken und Zweifel hätten nicht ausgeräumt werden können, zumal auch in diesem Gutachten die raumordnerischen Zusammenhänge nicht ausreichend und angemessen gewürdigt worden seien. Die Antragsgegnerin habe sich angesichts der widersprüchlichen Aussagen in den Gutachten aus städtebaulichen Überlegungen heraus dazu entschieden, die nach ihrer Auffassung notwendigen Festsetzungen zum Schutz der Innenstadt als Einzelhandelsstandort im Rahmen ihrer Planungshoheit zu treffen (vgl. Seite 20 der Bebauungsplanbegründung). |
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| Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass es nach der Planbegründung nur ein Gutachten gegeben hat, dass auch die Belange der Nachbarkommunen zum Gegenstand hatte, wobei nicht klar ist, welche Nachbarkommunen berücksichtigt wurden. Dieses Gutachten wurde aber aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher Mängel nicht in den Abwägungsvorgang eingestellt und befindet sich auch nicht in den Verfahrensakten zum Bauleitverfahren. Entsprechendes gilt überdies für die anderen von der Firma Breuninger in Auftrag gegebenen Gutachten. Eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem (wohl) vorhandenen, aber ohne tiefergehende Begründung als mangelhaft erachteten Abwägungsmaterial findet nicht statt. Die Antragsgegnerin hat aber auch keine Notwendigkeit gesehen, eine fehlerfreie sachverständige Grundlage für ihre Abwägungsentscheidung erarbeiten zu lassen, in die insbesondere die Auswirkungen der Planung auf Belange der Nachbarkommunen eingestellt werden. Stattdessen hat sie sich, obwohl auch aus ihrer Sicht Fragen offengeblieben sind, „im Rahmen ihrer Planungshoheit“ (Seite 20 der Bebauungsplanbegründung) entschieden, den angegriffenen Bebauungsplan mit seinen Festsetzungen zu beschließen. Damit kommt die Antragsgegnerin ihren in § 2 Abs. 3 BauGB normierten Ermittlungspflichten nicht ausreichend nach. |
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| Das Einkaufszentrum Breuningerland hat sich seit den frühen siebziger Jahren auf der Grundlage des Vorgängerbebauungsplans „Tammer Feld Sondergebiet“ Nr. 070/02, der weder Verkaufsflächen- noch Sortimentsbeschränkungen enthielt, hinsichtlich seiner Größe und seiner Sortimente weitgehend ungehindert entwickeln können. Diese Entwicklung wurde auch durch die Antragsgegnerin als Problem sowohl für die Erhaltung und die Entwicklung der eigenen zentralen Versorgungsbereiche als auch für die Nachbarkommunen erkannt. Virulent wurde die Problematik mit der Bauvoranfrage des Breuningerlands im Jahr 2009. Schon in der Vorberatung des Gemeinderats zum Aufstellungsbeschluss des streitgegenständlichen Bebauungsplans am 02.04.2009 stellte der Oberbürgermeister die komplexe Lage, auch für die Antragstellerin zu 2, dar. Die Antragstellerinnen haben ihre Belange im Rahmen der förmlichen Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange vom 17.01.2018 bis 09.03.2018 mit Schreiben jeweils vom 12.12.2018 (vgl. Verfahrensakte, 13.10 und 13.12) vorgetragen. Dabei haben sie ihre Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass der schon jetzt als problematisch angesehene Kaufkraftabfluss durch eine etwaige Erweiterung der Flächen des Breuningerlands ohne Sortimentsbeschränkungen noch intensiviert werde. In diesem Kontext hat die Antragstellerin zu 2 auch ein Einzelhandelskonzept vorgelegt, das von ihr am 04.04.2017 beschlossen worden war. Darin wird ein instrumentelles Konzept zur räumlichen Einzelhandelssteuerung erarbeitet. Schwerpunkt der städtebaulichen Ziele sind die Erhaltung der Versorgungsfunktion der Stadt als Mittelzentrum, die Erhaltung und Stärkung der Einzelhandels- und Funktionsvielfalt sowie der Zentralität der Innenstadt, die Erhaltung und Stärkung der kurzen Wege ebenso wie der Nahversorgungsfunktionen, der Identität der Innenstadt, aber auch die Sicherung von Gewerbegebieten für Handwerker und produzierendes Gewerbe. |
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| Angesichts der über Jahrzehnte entstandenen komplexen Lage, die der Antragsgegnerin bekannt war (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), wäre es erforderlich gewesen, Ermittlungen anzustellen, die sowohl den Ist-Zustand vor der beabsichtigten Erweiterung des Breuningerlands als auch den anvisierten Zustand (Erweiterung von Gastronomie- und Dienstleistungsflächen, Erhöhung der Anzahl der Stellplätze) im Hinblick auf städtebauliche Belange, hier insbesondere auch den bestehenden und durch die Erweiterung zu erwartenden weiteren Kaufkraftabfluss von den zentralen Versorgungsbereichen der Antragstellerinnen, in den Blick genommen hätten. Steht dem Plangeber insoweit keine eigene (hinreichende) Fachkenntnis zur Verfügung, kann hierzu das Einholen (weiterer) Gutachten erforderlich sein. Ein geeignetes Mittel, um den durch die Verwirklichung eines Einzelhandelsvorhabens zu erwartenden Kaufkraftabfluss an anderer Stelle anhand von branchenspezifischen Erfahrungswerten zu prognostizieren und um mithin mögliche städtebauliche Auswirkungen eines entsprechenden Vorhabens als Basis für eine fehlerfreie Abwägung sachgerecht am Maßstab von § 2 Abs. 3 BauGB zu ermitteln und bewerten zu können, stellt insbesondere ein Marktgutachten dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.12.2021 - 4 B 12.21 -, juris Rn. 5; Beschl. v. 03.08.2011 - 4 BN 15.11 -, juris Rn. 7; Urt. v. 17.12.2009 - 4 C 2.08 -, juris Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.2020 - 3 S 559/19 -, juris Rn. 73; Bayerischer VGH, Urt. v. 17.12.2018 - 15 N 16.2373 -, juris Rn. 56). Nicht ausreichend ist aber, zwar verschiedene Gutachten einzuholen, diese dann aber im Ergebnis zu verwerfen und gänzlich ohne die eigentlich erforderlichen Ermittlungen zu entscheiden. Dies geschieht aber, wenn die Antragsgegnerin in der Begründung ausführt, sie habe sich angesichts der widersprüchlichen Aussagen in den Gutachten aus „städtebaulichen Überlegungen heraus“ dazu „entschieden“, die nach ihrer Auffassung „notwendigen“ Festsetzungen zum Schutz der Innenstadt als Einzelhandelsstandort im Rahmen ihrer Planungshoheit zu treffen. Es kann dahinstehen, ob dies vor dem Hintergrund gerechtfertigt sein mag, dass die eingeholten Gutachten noch – wie ursprünglich geplant – von erheblich größeren Verkaufsflächenerweiterungen (mindestens 8.500 m²) ausgegangen sind und die Antragsgegnerin ihre Planungshoheit dahingehend ausgeübt hat, diese beträchtlichen Verkaufsflächenerweiterungen zum Schutz ihrer Innenstadt auszuschließen. Allerdings ändert dies nichts daran, dass im Hinblick auf die Belange der Antragstellerinnen belastbare Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Planung auf deren Innenstädte fehlen. Die Antragsgegnerin hat insoweit ihrem Interesse an der Attraktivitätssteigerung des Einkaufszentrums in ihrem Stadtgebiet ohne hinreichende tatsächliche Grundlagen den Vorrang eingeräumt. Sie legt auch nicht dar, von welchen „städtebaulichen Überlegungen“ sie ausgeht, warum welche Festsetzungen „notwendig“ sind und mit welchen Methoden (abgesehen von den sie nicht überzeugenden Gutachten) sie zu diesen Festsetzungen gelangt ist. Überdies ist – wie ausgeführt – die Beschränkung der städtebaulichen Überlegungen auf den Schutz der eigenen Innenstadt defizitär. |
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| Die Begründung zum Bebauungsplan und die Abwägungssynopse sind weiterhin in mehrfacher Hinsicht widersprüchlich. So werden hinsichtlich der Frage, ob es hier um eine Bestandssicherung oder um die Ermöglichung einer Erweiterung geht, Behauptungen aufgestellt, die nicht in Einklang zu bringen sind. So wird auf Seite 12 der Begründung dargelegt, der Betreiber habe im Rahmen einer Bauvoranfrage nachvollziehbar dargelegt, dass eine Erweiterung der Gastronomieflächen um 1.800 m² und der Dienstleistungsflächen um 700 m² für den weiteren erfolgreichen Betrieb des Einkaufszentrums erforderlich seien. Auf Seite 14 wird von einem nachvollziehbar dargestellten Erweiterungsbedarf des Betreibers hinsichtlich der Gastronomiefläche gesprochen, gleiches wird auf Seite 15 für die Dienstleistungsfläche angenommen. Andererseits wird auf Seite 21 ausgeführt, dass es sich um eine „den Bestand sichernde Planung“ handele, die nicht mit baulichen Veränderungen einhergehe. Eine weitere Widersprüchlichkeit, die auch die Antragstellerinnen geltend gemacht haben, ist, dass sich die Antragsgegnerin - wie aufgezeigt - an wesentlichen Stellen (zum Beispiel Seite 19 f. der Planbegründung) von eingeholten Gutachten distanziert und sie ausdrücklich nicht zum Inhalt ihrer Abwägung macht. Andererseits werden an anderen Stellen, insbesondere in der Abwägungssynopse, Gutachten, deren Inhalt aber nicht eingeführt und auch nicht bekannt ist, positiv in Bezug genommen. So wird zum Beispiel auf Seite 7 der Abwägungssynopse vom 08.11.2018 (Verfahrensakte 16.1) ausgeführt, dass auf der Grundlage der im Rahmen des Bebauungsplans erstellten „Einzelhandelsgutachten“ der Gemeinderat die Erkenntnis habe gewinnen können, dass sich die regionale Ausstrahlung des Einkaufszentrums nicht erhöhe, weil die Verkaufsfläche unverändert bleibe. Diese Aussage wird dann auf Seite 25 nochmals wiederholt. |
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| Vor diesem Hintergrund kann von einer ordnungsgemäßen Ermittlung der Belange der Antragstellerinnen hinsichtlich der Auswirkungen des Bebauungsplans auf die Erhaltung und die Entwicklung ihrer zentralen Versorgungsbereiche nicht ausgegangen werden. Dem kann entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht entgegengehalten werden, dass die Untersuchungstiefe im Hinblick darauf, dass sich die bauplanungsrechtliche Situation für die Antragstellerinnen in der Sache verbessert, reduziert ist. Wie ausgeführt, hat die Antragsgegnerin über die Zulässigkeit eines großen Einkaufszentrums in der Nachbarschaft der Antragstellerinnen neu entschieden, wobei sowohl Sortimentsbeschränkungen als auch der Ausschluss von Folgenutzungen in Betracht gekommen wären. Zudem ermöglicht der Bebauungsplan eine nicht unerhebliche Erweiterung des genehmigten Bestands. |
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| cc) Dieser Fehler im Abwägungsvorgang (§ 2 Abs. 3 BauGB) stellt sich als offensichtlicher Mangel im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB dar, da sich das Unterlassen der erforderlichen Ermittlungen ohne weiteres aus dem äußeren Ablauf des Bauleitverfahrens ergibt und es auf diesbezügliche innere Motive der Ratsmitglieder zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Bebauungsplan nicht ankommt (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 - 4 C 57/80 -, juris Rn. 23 ff. zu § 155b Abs. 2 Satz 2 BBauG; BeckOK BauGB/Uechtritz, 54. Ed. 01.01.2022, BauGB § 214 Rn. 25 ff.). Außerdem hat der Mangel auch auf das Ergebnis Einfluss genommen, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Erforderlich aber auch ausreichend ist insoweit, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 -, juris Rn. 27; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.04.2022 - 8 A 1575/19 -, juris Rn. 96; Senatsurt. v. 24.03.2016 - 3 S 1256/15 -, juris Rn. 67 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Auf der Basis der hier für erforderlich gehaltenen Ermittlungen hätte die Antragsgegnerin insbesondere eine fundierte Entscheidung darüber treffen können, ob zum Beispiel strengere Flächenfestsetzungen und/oder Sortimentsbeschränkungen hätten festgesetzt werden müssen. Der beachtliche Fehler ist schließlich auch nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden, da die Antragstellerinnen den Belang der Erhaltung und der Entwicklung ihrer zentralen Versorgungsbereiche mit Schreiben vom 23.12.2019 (einem Montag) geltend gemacht haben. Dieses Schreiben ist am selben Tag bei der Antragsgegnerin per Fax eingegangen (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 17.11.2021, AS 459). Die Jahresfrist ab Bekanntgabe des Bebauungsplans ist somit gewahrt. |
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| b) Überdies hat die Antragsgegnerin die möglichen Auswirkungen des Bebauungsplans hinsichtlich der verkehrlichen Belange nach § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB, insbesondere auch die von der Antragstellerin zu 1 geltend gemachten Rügen, nicht hinreichend ermittelt und bewertet, § 2 Abs. 3 BauGB. Denn die Antragsgegnerin überprüft zum einen lediglich die Frage, ob das das Einkaufszentrum erschließende Verkehrsnetz etwaige zusätzliche Belastungen im Hinblick auf die geplante Erweiterung desselben bewältigen kann. Zum anderen werden weitere sich aufdrängende Fragen, etwa hinsichtlich der bestehenden und möglicherweise zu erwartenden zusätzlichen Immissionen durch den Verkehr, nicht geprüft (vgl. Senatsurt. v. 24.02.2016 - 3 S 1256/15 -, juris Rn. 60 m.w.N.). |
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| aa) Die Antragsgegnerin stützt sich hinsichtlich ihrer Bewertung zu den verkehrlichen Auswirkungen des Bebauungsplans auf die „Verkehrsuntersuchung zum B-Plan Heinkelstraße-Nord im Gewerbegebiet Ludwigsburg-Nord“ vom August 2011 der ......, ergänzt durch die Stellungnahme derselben vom 14.05.2018, in der auf die durch die Antragstellerin zu 1 mit Schreiben vom 12.02.2018 eingebrachten Einwendungen der ......... vom 29.01.2018 eingegangen wird (vgl. die Begründung zum Bebauungsplan, insbesondere Seite 20). Danach habe sich ergeben, dass sich die Knotenpunkte im Umfeld des Gewerbegebiets Nord bei einer bestandsorientierten Weiterentwicklung der Nutzungsstrukturen langfristig nahezu ihrer Leistungsgrenze nähern würden und nur noch geringe Leistungsreserven aufwiesen. Maßnahmen seien zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht erforderlich. Obwohl das Gutachten aus dem Jahr 2011 stamme, werde eine Aktualisierung nicht für erforderlich angesehen, da in dem Gutachten sämtliche Entwicklungsperspektiven in Ludwigsburg-Nord bis zum Jahr 2025 Eingang gefunden hätten. Noch offene Fragen, die im Rahmen der förmlichen Beteiligung von den Nachbarkommunen Tamm und Bietigheim-Bissingen d.h. den Antragstellerinnen, aufgeworfen worden seien, seien im Rahmen der gutachterlichen Stellungnahme des Büros ...-...... vom 14.05.2018 ergänzend beantwortet worden. |
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| bb) Damit ist die Antragsgegnerin ihren aus § 2 Abs. 3 BauGB folgenden Ermittlungspflichten hinsichtlich der verkehrlichen Auswirkungen des Bebauungsplans nicht ausreichend nachgekommen. Bereits im Ansatz problematisch ist, dass sich das zugrunde gelegte Gutachten der ...... zu möglichen Auswirkungen des hier streitgegenständlichen Bebauungsplans gar nicht äußern konnte. Denn zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens im August 2011 gab es vom streitgegenständlichen Bebauungsplan noch nicht einmal einen Entwurf. Möglicherweise lag den ...... der vom Gemeinderat im Oktober 2011 beschlossene Entwurf (Vorl.-Nr. 372/11, vgl. unter 8.1 der Verfahrensakten) vor. Dieser enthält andere Festsetzungen. In den dortigen textlichen Festsetzungen werden insbesondere andere Obergrenzen hinsichtlich der Flächen festgesetzt (Verkaufsfläche: 41.000,00 m², Gastronomiefläche: 2.500,00 m², Dienstleistungsfläche 2.500,00 m²). Auch die Stellungnahme der ...... vom 14.05.2018 nimmt keinen konkreten Bezug auf den aktualisierten Bebauungsplanentwurf. Überdies weist das Gutachten auch keinen erkennbaren Bezug zum Entwurf aus dem Jahr 2011 auf. Es wird lediglich festgestellt, dass, gehe man von der bestehenden Verkehrsverteilung der Breuningerkunden und den vorliegenden Leistungsberechnungen aus, man zu dem Ergebnis komme, dass ein zusätzliches Verkehrsaufkommen von jeweils 400 Zu- und Ausfahrten/h, in der Summe also 800 Fahrten/h noch leistungsfähig abgewickelt werden könnten (siehe Seite 18 des Gutachtens). |
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| Abgesehen davon konnte das im August 2011 erstellte Gutachten keine hinreichend aktuelle Grundlage für die Entscheidung des Gemeinderats vom 04.12.2018 sein. Ausweislich des Gutachtens stützt sich die (Ist-)Analyse der Verkehrsbelastungen auf Verkehrserhebungen aus dem Jahr „2010“ (vgl. Tabelle 01, Seite 5 des Gutachtens) an einem Normalwerktag und an einem Samstag. Dies ist für sich genommen schon nicht nachvollziehbar, da die Verkehrserhebung für den Normalwerktag am 22.10.2009 vorgenommen wurde (vgl. Seite 4 des Gutachtens und die in der Anlage des Gutachtens befindlichen Pläne). Aber auch wenn man davon absieht und insoweit von einer Erhebung im Jahr 2010 ausgeht, stellt dies keine hinreichend aktuelle Grundlage für eine Entscheidung im Jahr 2018 dar. Ausweislich des Schreibens der ...... vom 14.05.2018 haben diese im Auftrag der Firma Breuninger als auch im Auftrag der Antragsgegnerin in den Jahren 2009, 2011, 2014 und 2017 Verkehrsuntersuchungen zum „Breuningerland Ludwigsburg“ erstellt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin nicht zumindest die Untersuchung aus dem Jahr 2017 in ihre Abwägung eingestellt hat; jedenfalls ist letzteres anhand der Verfahrensakten nicht hinreichend erkennbar, auch wenn die ......-... im erwähnten Schreiben ausführen, dass „diese Untersuchungen“ (= die Untersuchungen aus den Jahren 2009, 2011, 2014 und 2017) „Eingang in das B-Plan-Verfahren zur Erweiterung des Centers gefunden“ hätten. Ob auch der Prognosehorizont (2025) angesichts des Umstands, dass die Satzung im Dezember 2018 beschlossen wurde, möglicherweise zu kurz bemessen wurde, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen. |
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| Weiter ist die von der Antragstellerin zu 1 erhobene Rüge, dass die verkehrlichen Auswirkungen auf ihr Gebiet nicht hinreichend berücksichtigt worden seien, berechtigt. Tatsächlich werden in dem zugrunde gelegten Gutachten vom August 2011 keine diesbezüglichen Ermittlungen angestellt; vielmehr erstreckt sich die Analyse weitgehend auf Ludwigsburg-Nord. Dieses Defizit wird auch nicht durch die Stellungnahme der ...... vom 11.05.2018 behoben. Die dortigen Ausführungen haben insoweit schon keinen hinreichenden Bezug zum Gutachten aus dem Jahr 2011. Vielmehr wird dort unter der Überschrift „Fehlende Aussagen (Verkehrskenndaten/Leistungsfähigkeitnachweise) zum Hauptanschlussknotenpunkt KP 101 (L 1133/Porschestraße)“ dargelegt, dass die in den Jahren 2014 und 2017 von der Firma Breuninger in Auftrag gegebenen Untersuchungen sich in der Tat auf die Betrachtung des internen Verkehrsablaufs und der internen Erschließung beschränkt hätten. Weiter wird ausgeführt, dass der Quell- und Zielverkehr aus und in Richtung Tamm dem Plan 5731-5 der Untersuchung aus dem Jahr 2017 entnommen werden könne. Vergleiche man die auf Tamm bezogenen Verkehrsdaten mit dem im Plan 4895-08 Prognose 2025 (ohne Erweiterung Breuningerland) der Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2011 dargestellten Werten, so könne die Verkehrszunahme durch die Erweiterung des Breuningerlandes abgelesen werden. Danach erhöhe sich das Verkehrsaufkommen in der maßgebenden Spitzenstunde am Samstag im Querschnitt Ludwigsburger Straße West um ca. 223 Pkw-E/h (ca. 12,7 %). Diese Ausführungen (mit ihren zahlreichen Bezugnahmen) sind auf der Basis der vorhandenen, in den Verfahrensakten zum Bebauungsplan befindlichen Unterlagen nicht nachvollziehbar. |
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| Zudem hat die Antragsgegnerin auch keine Ermittlungen zu dem durch den Straßenverkehr aktuell verursachten und durch die Erweiterung möglicherweise ermöglichten zusätzlichen Lärm vorgenommen. Das eingeholte Verkehrsgutachten bezieht sich ausschließlich auf die Funktionsfähigkeit der Verkehrsströme in Ludwigsburg Nord, nicht aber auf weitere schädliche Auswirkungen des bestehenden und des infolge der Erweiterung möglicherweise zunehmenden Verkehrs, insbesondere im Hinblick auf die Antragstellerin zu 1. Die in der Stellungnahme der ...... vom 14.05.2018 zur Verlärmung gemachten Ausführungen dahingehend, dass das Rathaus von Tamm 2,5 km vom Breuningerland entfernt liege und daher davon auszugehen sei, dass eine spürbare Verlärmung im Sinne einer Zunahme um 3 db(A) nicht gegeben seien, stellen dafür keine ausreichende Grundlage dar. |
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| cc) Der dargestellte Ermittlungsfehler ist offensichtlich im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Es ist auch von der konkreten Möglichkeit auszugehen, dass der Mangel auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist. Auf der Basis einer hinreichenden Datengrundlage hätte die Antragsgegnerin zum Beispiel zu einer Festsetzung von Sortimentsbeschränkungen, zu anderen Flächenfestsetzungen oder zu anderen Stellplatzzahlen kommen können. Der Mangel ist auch nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden, da die verkehrlichen Belange der Antragstellerin zu 1 mit dem Schreiben vom 23.12.2019 geltend gemacht worden sind. |
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| c) Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der Bebauungsplan an weiteren formellen Mängeln (zum Beispiel die von den Antragstellerinnen geltend gemachten Mängel der Bekanntmachung der Auslegung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB und hinsichtlich der Dauer der Auslegung des Bebauungsplans gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB) leidet. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die in der Auslegungsbekanntmachung vom 02.12.2017 befindliche umweltbezogene Information über „mögliche Auswirkungen einer Vergrößerung der Verkaufsflächen“ zu unbestimmt sein dürfte. Denn § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB verlangt Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind. Dies setzt eine Ordnung nach Themenblöcken und eine schlagwortartige Charakterisierung der Umweltinformationen voraus (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2013 - 4 CN 3.12 -, juris Rn. 23). Mit der Angabe, es gebe umweltbezogene Informationen über mögliche Auswirkungen einer Vergrößerung der Verkaufsfläche, ist eine hinreichende Charakterisierung der Umweltinformation nicht erreicht. |
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| 4. Der Bebauungsplan leidet auch an materiell-rechtlichen Fehlern Denn die Antragsgegnerin hat in die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans eine unzulässige Beschränkung der Zahl der zulässigen Vorhaben aufgenommen (a). Die Unwirksamkeit der nummerischen Beschränkung führt zu einer unzulässigen gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung, die die Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans nach sich zieht (b). |
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| a) aa) Nach § 11 Abs. 1 BauNVO sind als sonstige Sondergebiete solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO sind für sonstige Sondergebiete die Zweckbestimmung und die Art der baulichen Nutzung darzustellen und festzusetzen. Auf diese Vorschrift kann eine nummerische Beschränkung auf ein Einkaufszentrum nicht gestützt werden. Denn die Zahl von Vorhaben bestimmt weder den Zweck, dem das Sondergebiet dient, noch setzt die nummerische Beschränkung die Art der baulichen Nutzung fest. Sie qualifiziert nicht einen Anlagentyp, sondern quantifiziert Nutzungsoptionen. Andere Rechtsgrundlagen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.2022 - 4 CN 5.20 -, juris Rn. 14; Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, juris Rn. 12 ff.; Bayerischer VGH, Urt. v. 03.03 2021 - 15 B 20.2075 -, juris Rn. 53; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.08.2020 - 3 S 1113/20 -, juris Rn. 17; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 01.07.2020 - 8 C 11841/19 -, juris Rn. 30 f.). |
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| bb) Nach diesen Maßstäben ist hier von einer rechtswidrigen Beschränkung der Zahl der zulässigen Vorhaben auszugehen. Zwar legt der Bebauungsplan im zeichnerischen Teil ein „Sondergebiet Einkaufszentrum“ ohne Zahlenbeschränkung fest. Dies wird in den textlichen Festsetzungen zunächst entsprechend aufgenommen. Danach wird nach Nr. A.1.1 ein sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Einkaufszentrum“ festgesetzt. Sodann wird in Satz 2 aber bestimmt: „Zulässig ist ein Einkaufszentrum […].“ Diese Festsetzung ist als zahlenmäßige Beschränkung, nicht nur als unbestimmter Artikel zu bewerten. Die Antragsgegnerin wollte ersichtlich das bestehende Einkaufszentrum überplanen und hat zusätzliche weitere Einkaufszentren im Plangebiet nicht in den Blick genommen. Verstärkt wird dieser Eindruck, wenn man den Normtext weiterliest und zur Kenntnis nimmt, dass dieses „eine“ Einkaufzentrum „eine“ Verkaufsfläche von maximal 42.000 m² haben darf. |
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| b) Die Unwirksamkeit der nummerischen Beschränkung führt vorliegend zu einer unzulässigen gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung (aa) und in der Folge zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt (bb). |
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| aa) (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es den Gemeinden grundsätzlich erlaubt, in einem Bebauungsplan, in dem sie Sondergebiete für die in § 11 Abs. 2 Satz 2 BauNVO ebenfalls genannten großflächigen Einzelhandelsbetriebe ausweisen, nach Quadratmetergrenzen bestimmte Regelungen über die höchstzulässige Verkaufsfläche zu treffen. Solche Regelungen sind Vorschriften über die Art der baulichen Nutzung. Diese Rechtsprechung ist auch auf Einkaufzentren übertragbar. Neben der Festsetzung von Höchstverkaufsflächen kann auch die Festsetzung einer Mindestverkaufsfläche oder von Mindestverkaufsflächen für bestimmte Sortimente zulässig sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.2022 - 4 CN 5.20 -, juris Rn. 18; Beschl. v. 15.12.2021 - 4 B 12.21 -, juris Rn. 4; Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, juris Rn. 33; Urt. v. 03.04.2008 - 4 CN 3.07 -, juris Rn. 16; Urt. v. 27.04.1990 - 4 C 36.87 -, juris Rn. 29). |
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| (2) Unzulässig ist aber die durch Bebauungsplan erfolgte Festsetzung einer baugebietsbezogenen, vorhabenunabhängigen Verkaufsflächenobergrenze. Eine vorhabenunabhängige Kontingentierung von Nutzungsoptionen ist der Baunutzungsverordnung grundsätzlich fremd. Dort, wo die Verordnung die Festlegung von Nutzungsanteilen (Quoten) oder die Quantifizierung einer Nutzungsart zulässt, wie in § 4a Abs. 4 Nr. 2 und § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO und in Gestalt der Beschränkung freiberuflicher Berufsausübung auf „Räume“ in den Baugebieten der §§ 2 bis 4 BauNVO (vgl. § 13 BauNVO), wird dies - im Gegensatz zur hiesigen Konstellation - ausdrücklich geregelt. Eine Kontingentierung der Verkaufsflächen, die auf das Sondergebiet insgesamt bezogen ist, öffnet das Tor für sogenannte „Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen sind. Dieses Ergebnis widerspricht dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9 BauNVO) zugrunde liegenden Regelungsansatz, demzufolge im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Grunde jedes Baugrundstück für jede nach dem Nutzungskatalog der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung soll in Betracht kommen können. Ausnahmsweise zulässig ist eine gebietsbezogene Verkaufsflächenbegrenzung aber dann, wenn das Plangebiet nur aus einem vorhabengeeigneten Baugrundstück besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.12.2021 - 4 B 12.21 -, juris Rn. 7; Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, juris Rn. 34; Beschl. v. 06.08.2013 - 4 BN 24.13 -, juris Rn. 4; Urt. v. 24.03.2010 - 4 CN 3.09 -, juris Rn. 23 f.; Beschl. v. 11.11.2009 - 4 BN 63.09 -, juris Rn. 2 f.; Urt. v. 03.04.2008 - 4 CN 3.07 -, juris Rn. 14 ff.; Bayerischer VGH, Urt. v. 03.03.2021 - 15 B 20.2075 -, juris Rn. 50 ff.; Beschl. v. 15.09.2020 - 15 ZB 19.2405 -, juris Rn. 9 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.08.2020 - 3 S 1113/20 -, juris Rn. 18 ff; Urt. v. 11.02.2016 - 5 S 1389/14 -, juris Rn. 62 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 25.04.2018 - 8 C 10812/17 -, juris Rn. 60; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16.10.2017 - 2 D 61/16.NE -, juris Rn. 51 ff.). |
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| (3) Vor dem Hintergrund dieser Maßstäbe und der obigen Feststellung, dass die nummerische Beschränkung auf „ein“ Einkaufszentrum unwirksam ist, ist hier von einer unzulässigen baugebietsbezogenen und vorhabenunabhängigen Verkaufsflächenobergrenze auszugehen. Denkt man sich die nummerische Beschränkung weg, bleibt eine vorhabenunabhängige Verkaufsflächenbeschränkung für das gesamte Plangebiet. Diese gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung ist nicht gerechtfertigt. Insbesondere besteht das Plangebiet nicht nur aus einem grundsätzlich vorhabengeeigneten Baugrundstück. Nicht nur auf dem Flurstück Nr. ..., sondern zum Beispiel auch auf dem Flurstück Nr. ... wäre jeweils ein Einkaufszentrum denkbar (auf dem Flurstück Nr. ... möglicherweise auch zwei kleinere Einkaufzentren), weil der Bebauungsplan keine Mindestverkaufsfläche festsetzt. |
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| Die Baulast (aa) und der Umstand, dass das Einkaufszentrum weitestgehend ein Bestandobjekt ist, dass das Plangebiet nahezu vollständig ausfüllt (bb), führen nicht zu einer ausnahmsweisen Zulässigkeit der Festsetzung. |
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| (aa) Die Antragsgegnerin hat hinsichtlich der Baulast vorgetragen - und durch Vorlage eines Auszugs aus dem Baulastenverzeichnis belegt -, dass im Plangebiet eine Vereinigungsbaulast dahingehend besteht, dass die Flurstücke Nrn. ..., ..., ... und ... in baurechtlicher Hinsicht als ein Grundstück zu betrachten sind. Sie ist der Auffassung, dass durch diese Baulast die vier Grundstücke einem einheitlichen Grundstück gleichgestellt seien, weshalb die Voraussetzungen des Bundesverwaltungsgerichts für die Zulässigkeit einer gebietsbezogenen Festsetzung erfüllt seien. Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Verstünde man die Vereinigungsbaulast wie die Antragsgegnerin, erhielte sie eine die rechtlichen Grenzen des Bauplanungsrechts sprengende Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Baulast planungsrechtliche Vorgaben zwar absichern. Sie ist aber kein Mittel, planungsrechtliche Vorgaben oder Festsetzungen zu verdrängen, aufzuheben oder zu verändern. Baulasten mit bebauungsplanersetzender Wirkung unter Umgehung der planungsrechtlichen Verfahrensvorschriften zur Öffentlichkeitsbeteiligung sind unwirksam (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 02.09.2009 - 3 S 1773/07 -, juris Rn. 45 ff. m.w.N.). Verstünde man die vorliegende Baulast wie die Antragsgegnerin, würde sie eine an sich unzulässige gebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung legalisieren und zugleich dem Plangeber (also hier der Antragsgegnerin) verunmöglichen, bauplanungsrechtlich gerechtfertigte Verkaufsflächenbeschränkungen zu normieren. Dies würde den zulässigen Inhalt einer Baulast überschreiten. |
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| (bb) Die baugebietsbezogene Verkaufsflächenbeschränkung ist zudem auch nicht vor dem Hintergrund zu rechtfertigen, dass das Einkaufszentrum weitgehend verwirklicht ist und es angesichts der Größe und des Umfangs dieses Objekts kaum vorstellbar ist, dass im Plangebiet ein weiteres Einkaufzentrum errichtet werden könnte. Ein „Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller, wie es sich das Bundesverwaltungsgericht im negativen Sinne vorstellt, ist hier kurz- und mittelfristig nicht ohne weiteres absehbar. Eine allein hierauf abstellende Argumentation geht indes fehl. Denn das Kernargument hinsichtlich der Unzulässigkeit einer baugebietsbezogenen, vorhabenunabhängigen Verkaufsflächenbeschränkung ist nicht die Gefahr eines „Windhundrennens“, sondern der Umstand, dass es für eine diesbezügliche Festsetzung im Sondergebiet keine Rechtsgrundlage gibt (siehe BVerwG, Urt. v. 03. 04.2008 - 4 CN 3.07 -, juris LS 1; so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.10.2020 - 10 D 43/17.NE -, juris Rn. 79). |
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| bb) Die somit festgestellte unzulässige baugebietsbezogene Verkaufsflächenobergrenze führt hier zur Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans. Die Ungültigkeit eines Teils eines Bebauungsplans führt nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit, wenn die Restbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt und nach dem mutmaßlichen Willen des Normgebers mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.2022 - 4 CN 5.20 -, juris Rn. 16; Urt. v. 11.09.2014 - 4 CN 3.14 -, juris Rn. 26 f.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.02.2022 - 5 S 2207/20 -, juris Rn. 48, Bayerischer VGH, Beschl. v. 06.12.2021 - 1 CS 21.2191 -, juris Rn. 11). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar mag der Bebauungsplan auch ohne die Verkaufsflächenbeschränkung nicht gänzlich seines Sinns beraubt sein. Es ist aber nach dem mutmaßlichen Willen des Normgebers nicht mit Sicherheit anzunehmen, dass der Bebauungsplan auch ohne Verkaufsflächenbeschränkung erlassen worden wäre. Im Gegenteil: Die Festsetzung der Verkaufsfläche auf den verwirklichten Ist-Bestand war ein wesentliches Motiv der Antragsgegnerin, in das Bauleitverfahren einzutreten. Im Übrigen leidet der Bebauungsplan bereits an den oben genannten formellen Fehlern. |
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| c) Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die von den Antragstellerinnen weiter geltend gemachten materiell-rechtlichen Mängel, insbesondere ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot und das interkommunale Abstimmungsgebot (§ 2 Abs. 2 BauGB), die mangelnde Bestimmtheit einzelner Festsetzungen, ein Verstoß gegen die Ziele der Raumordnung (§ 1 Abs. 4 BauGB) und gegen Vorschriften über das Maß der baulichen Nutzung vorliegen. |
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| Beschluss vom 25. April 2022 |
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| Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.8.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 120.000,- EUR festgesetzt. |
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| Dieser Beschluss ist unanfechtbar. |
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