Beschluss vom Amtsgericht Münster - 74 IN 65/14
Tenor
wird die Vergütung des vorläufigen Sachwalters wie folgt festgesetzt:
0,85 (85 %) der Regelvergütung entsprechend §§ 2 Abs. 1 InsVV, 63 Abs. 3 InsO (auf den Regelwert von 531.792 EUR) |
452.023,20 EUR |
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer in Höhe von 452.023,20 EUR |
85.884,41 EUR |
___________________________________________________________________
Endbetrag |
537.907,61 EUR. |
Der Endbetrag kann der Insolvenzmasse entnommen werden. Soweit der Antrag des vorläufigen Sachwalters vom 9.6.2015 über den festgesetzten Betrag hinausgeht, erfolgt Zurückweisung.
1
Gründe:
2I. Vorbemerkungen:
3Mit Schriftsatz vom 16.12.2014 beantragte der organschaftliche Vertreter der Schuldnerin die Anordnung der Eigenverwaltung gem. § 270a InsO. Gleichzeitig wurde beantragt, die Antragstellerin zu ermächtigen, Masseverbindlichkeiten zu Lasten der späteren Insolvenzmasse unter dem Vorbehalt der Zustimmung des vorläufigen Sachwalters in Höhe von maximal 24.000.000,00 EUR begründen zu können. Gem. § 22a Abs. 1 InsO sollte ein vorläufiger Gläubigerausschuss für das Eigenverwaltungseröffnungsverfahren bestellt werden. Ebenfalls weist die Antragstellerin darauf hin, dass sie sich während des gerichtlichen Verfahrens verfahrensrechtlich durch eine Anwaltskanzlei aus dem Fachbereich Insolvenzrecht vertreten lässt und überdies mit Wirkung vom 15.12.2014 ein Fachanwalt des Insolvenzrechts als Generalbevollmächtigter der Schuldnerin bestellt wird.
4Bei der Schuldnerin handelt es sich dabei um eine Krankenhausgesellschaft mit mehreren Standorten (insbesondere drei ehemals selbstständige Krankenhausstandorte), welche eine Konzernstruktur aufweist und bis zu 1.202 Arbeitnehmern beschäftigt.
5Zum Zeitpunkt der Antragstellung wird der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin nebst auch der übrigen Konzernbetriebe uneingeschränkt fortgeführt.
6Noch am 16.12.2014 beschließt das Insolvenzgericht, die vorläufige Anordnung der Sachwaltung gem. § 270a InsO. Gleichzeitig wird die Ermächtigung zugunsten der Schuldnerin gem. §§ 21 Abs. 1, 55 Abs. 2 InsO ausgesprochen, im Rahmen der Unternehmensfortführung des schuldnerischen Unternehmens Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten, Dienstleistungsunternehmen und sonstigen Vertragspartnern bis zur beantragten Höhe zu begründen und diese aus der Masse zu bezahlen.
7Als vorläufiger Sachwalter wird Rechtsanwalt Dr. L bestellt. Neben den üblichen Anordnungen im Sinne von §§ 21 Abs. 2 Nr. 3, 22 Abs. 1, Nr. 3, Abs. 2 InsO wird bei der Übersendung des Bestellungsbeschlusses an die Verfahrensbeteiligten u.a. darauf hingewiesen:
8Nach § 275 Abs. 1 InsO sollen Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters eingegangen werden. Auch Verbindlichkeiten, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, sollen nicht eingegangen werden, wenn der vorläufige Sachwalter widerspricht. Der vorläufige Sachwalter kann verlangen, dass alle eingehenden Gelder nur von ihm entgegengenommen und Zahlungen nur von ihm geleistet werden (§ 275 Abs. 2 InsO). Für diesen Fall wird zur Auflage gemacht, Gelder, Wertpapiere und sonstige Kostbarkeiten auf ein für dieses Insolvenzverfahren gesondert einzurichtendes Anderkonto einzuzahlen bzw. zu hinterlegen.
9Ferner beschließt das Gericht noch am 16.12.2014, einen vorläufigen Gläubigerausschuss im Eröffnungsverfahren einzusetzen.
10Bereits am 23.12.2014 kommt der vorläufige Gläubigerausschuss u.a. im Beisein auch des Generalbevollmächtigten der Schuldnerin sowie des vorläufigen Sachwalters zusammen. Wie sich aus dem Protokoll über das Zusammentreffen u.a. ergibt, werden von Seiten der organschaftlichen Vertretung der eigenverwalteten Schuldnerin und des vorläufigen Sachwalters erste Informationen über den operativen und finanzwirtschaftlichen Status quo des Unternehmens und der bisherigen Maßnahmen (Mitarbeiterinformationen, Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes, Liquiditätsplanungen etc.) ausgetauscht und präsentiert. Im Hinblick auf etwaige Inventarisierungsarbeiten in Bezug auf das zu bewertende Anlage- und Umlaufvermögen erfolgt eine Beschlussfassung zwecks Beauftragung eines institutionellen Dritten, nämlich des Auktionshauses E GmbH in I.
11Auch präsentiert der Generalbevollmächtigte den Mitgliedern des vorläufigen Gläubigerausschusses die grundsätzlichen Sanierungsmöglichkeiten, insbesondere auch eines möglichen Insolvenzplanverfahrens mit entsprechenden theoretischen Zeitmodellen.
12Mit Beschluss vom 5.1.2015 wird sodann auf Antrag der vorläufige Gläubigerausschuss um ein weiteres Mitglied auf fünf Personen erweitert.
13Wie der Sachverwalter sodann mit Schreiben vom 12.1.2015 zu den Gerichtsakten berichtet, fand bereits am Tag der Verfahrenseinleitung eine Betriebsversammlung für sämtliche Mitarbeiter der von der Schuldnerin betriebenen Krankenhäuser in F, T und H statt.
14Weiter heißt es im dem Bericht: "In dieser Versammlung wurden die Mitarbeiter von der Geschäftsführung, dem Generalbevollmächtigten und dem Unterzeichner über die aktuelle Situation informiert." Gleichzeitig hat der vorläufige Sachwalter auf bestimmte weitere insolvenzrechtliche Aspekte hingewiesen.
15Zusätzlich wurden die insolvenzrechtlichen Besonderheiten nochmals auf einer gesonderten Veranstaltung mit den leitenden Ärzten besprochen, um eine Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes sicherzustellen.
16Der vorläufige Sachwalter hat ferner zunächst darauf verzichtet, die Kassenführung an sich zu ziehen (§ 275 Abs. 2 InsO). Stattdessen wurde mit der Eigenverwaltung ein umfangreiches Informations- und Überwachungssystem implementiert. Dieses sieht vor, dass jeder Vorgang, der zu einer Auszahlung bei der Schuldnerin führt, zuvor dem Unterzeichner und seinen Mitarbeitern zur Überprüfung und Genehmigung vorgelegt wird. Darüber hinaus wurde sichergestellt, dass keine sogenannten Altforderungen bedient werden.
17Kunden und Lieferanten sind durch die Geschäftsführung in Absprache mit dem Unterzeichner informiert worden. Wegen des öffentlichen Interesses erfolgte auch eine Information der Medien. Die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes war bereits veranlasst. Löhne und Gehälter konnten somit bereits für Dezember 2014 zur Auszahlung gebracht werden.
18Hinsichtlich der Sanierungsabsichten wurde im vorerwähnten Bericht dargestellt, dass die Geschäftsführung mit den Beratern einen Insolvenzplan vorbereiten. Gleichzeitig werden von der Schuldnerin unter Einbindung der vorläufigen Sachwaltung Gespräche mit potentiellen Investoren geführt. Hier bleiben allerdings die weiteren Entwicklungen abzuwarten.
19Weiter berichtete der Sachwalter mit Schreiben vom 5.2.2015, dass der Geschäftsbetrieb unverändert an allen drei Standorten fortgeführt wird.
20"Das mit der Eigenverwaltung abgestimmte Informations -und Überwachungssystem werde weiterhin praktiziert. Wesentliche Beanstandungen habe es nicht gegeben. Darüber hinaus werden dem vorläufigen Sachwalter durch die Eigenverwaltung wöchenlich Liquiditätsplanungen auf Grundlage eines Ist-Soll-Vergleichs zur Verfügung gestellt.
21Von der Schuldnerin werden darüber hinaus weiterhin - unter Einbindung der vorläufigen Sachwaltung - Gespräche mit potentiellen Investoren geführt. Diesen wurde auch eine Frist zur Vorlage konkreter Angebote gesetzt. Mehrere Interessenten prüfen hierbei auch die Abgabe gemeinschaftlicher Angebote, wobei die zu koordinierenden Interessen hier zudem auch auf ihre öffentlich-rechtliche Genehmigungsfähigkeit hin abzustimmen sind, was zusätzliche Komplexität nach sich zieht. Gleichzeitig kristallisieren sich aber auch verschiedene Konzepte heraus, nach denen es auch möglich erscheint, die drei Standorte auf mehrere Investoren aufzuteilen und so vollständig zu erhalten. Parallel arbeite die Schuldnerin mit den Beratern weiterhin an einer Insolvenzplanlösung. Mit der Vorlage sei jedoch nicht im Eröffnungsverfahren zu rechnen.".
22Mit Schreiben vom 25.2.2015 reicht der vorläufige Sachwalter sodann sein Sachverständigengutachten zu den Gerichtsakten ein mit der Empfehlung, das Verfahren als Eigenverwaltungsverfahren zum 1.3.2015 zu eröffnen und den eingesetzten vor-vorläufigen Gläubigerausschuss auch über das Eröffnungsverfahren hinaus im eröffneten Verfahren einzusetzen.
23Das Eröffnungsverfahren endet sodann mit der gerichtlichen Beschlussfassung vom 1.3.2015, mit der antragsgemäß die Eröffnung des Verfahrens als Eigenverwaltungsverfahren angeordnet wird. Die Schuldnerin ist damit berechtigt, unter Aufsicht des nunmehrigen Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen. Der vorläufige Sachwalter wird nunmehr zum Sachwalter bestellt.
24II. Antrag auf Festsetzung der vorläufigen Sachwaltervergütung
25Mit Schreiben vom 9.6.2015 beantragt der vorläufige Sachwalter für die Zeit seiner Tätigkeit vom 16.12.2014 bis 28.2.2015 die Festsetzung der Vergütung in Höhe von brutto insgesamt 727.090,00 EUR.
26Bei der Berechnung der Vergütung geht der vorläufige Sachwalter in seinem Antrag von einer Berechnungsgrundlage in Höhe von 25.404.200,00 EUR.
27Ferner setzt sich die beantragte Vergütung wie folgt zusammen:
28a) Basisbruchteil der Vergütung des vorläufigen Sachwalters in Höhe von 25 % der Regelvergütung des endgültigen Sachwalters; hier also 15 % der sich aus § 2 Abs. 1 InsVV ergebenden Regelvergütung
29hier also: 15 %
30b) Zuschläge - wie nachfolgend aufgeführt - für:
31aa) für die aufwändige Einbindung des vorläufigen Sachwalters und seiner Mitarbeiter in die Betriebsfortführung, in deren Rahmen Umsätze in Millionenhöhe getätigt wurden
32hier: 55 %
33bb) für die umfangreiche Einbindung in "sämtliche wesentliche verfahrensleitende Gespräche und Entscheidungen des Generalbevollmächtigten mit der Geschäftsführung der Schuldnerin, dem C1 und potentiellen Übernahmeinteressenten"
34hier: 15 %
35cc) für die permanente Information und Einbindung des Gläubigerausschusses
36hier: 10 %
37dd) für den gesamten arbeitsrechtlichen Themenkomplex wie Insolvenzvorfinanzierung der Löhne und Gehälter von knapp 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; Mitarbeiterinformationsveranstaltungen; Erörterung kollektivarbeitsrechtlicher Fragestellungen (parallel hierzu Abgrenzung auch zu arbeitsrechtlichen Themen im Parallelverfahren einer zum Krankenhauskonzern gehörenden Dienstleistungsgesellschaft, in welcher der vorläufige Sachwalter zum vorläufigen Verwalter und endgültigen Verwalter bestellt worden war). Anzumerken ist, dass in Bezug auf die arbeitsrechtliche Themenstellung auch der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt G, involviert war. Der vorläufige Sachwalter macht für den arbeitsrechtlichen Bereich einen Zuschlag in Höhe von 20 % geltend.
38Insgesamt werden somit als Vergütung des vorläufigen Sachwalters geltend gemacht:
39a) 115 % der Regelvergütung, hier also entsprechend §§ 2 Abs. 1 InsVV, 63 Abs. 3 InsO (auf den Regelwert von 531.792,00 EUR) = 611.560,80 EUR
40b) Umsatzsteuer 19 % = 116.090,00 EUR
41Summe: 727.090,00 EUR.
42III. Entscheidungsgründe
431. Aufgaben des vorläufigen Sachwalters:
44Das Verfahren der Eigenverwaltung ist am Modell der früheren Vergleichsordnung orientiert, bei dem der Vergleichsverwalter ebenfalls nicht das volle Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das Vermögen des Vergleichsschuldners übertragen bekam. Allerdings wird das Verfahren vielmehr geprägt durch das Verfahren des debtor in possession nach Chapter 11 des United States Bankruptcy Code, das im US-amerikanischen Insolvenzrecht eine Alternative zur Liquidation des schuldnerischen Geschäftsbetriebes darstellt.
45Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der Eigenverwaltung sich auch von maßgeblichen Überlegungen leiten lassen, wie z.B.:
46- Der Schuldner kann seine Kenntnisse besser einbringen, über die er in seinem Geschäftsbereich verfügt -
47- Die Einarbeitungszeit des Verwalters wird vermieden -
48- Das Verfahren ist billiger -
49- Der Anreiz für eine frühzeitige Insolvenzantragstellung ist höher (siehe hierzu auch KPB/Pape, InsO, § 270 Rz. 1 ff.).
50Nach den ursprünglichen Überlegungen sollte das Eigenverwaltungsverfahren unter Aufsicht des Sachwalters auf Fälle zugeschnitten sein, in denen kein oder nur ein kleiner Geschäftsbetrieb vorhanden ist, wobei vor allem an Arbeitnehmer- und Verbraucherinsolvenzen gedacht war. Auch sollte diese Verfahrensart in Fällen der Abwicklung freiberuflicher Tätigkeiten unter Einsetzung eines Sachwalters eine maßgebliche Rolle spielen. Letztlich wurde dieser Weg jedoch nur eingeschränkt auch vom Gesetzgeber beschritten; so wurde beispielsweise über § 312 Abs. 2 InsO ausdrücklich in Verbraucherinsolvenzverfahren die Anwendung des Eigenverwaltungsverfahrens ausgeschlossen.
51Mit dem am 1.3.2012 in Kraft getretenen ESUG sind dann weitere Zwecke des Eigenverwaltungsverfahrens hinzugekommen:
52- Die Verbesserung der Sanierungsaussichten von Unternehmen -
53- Der Schutz des Schuldners vor einer Störung eines Sanierungsversuchs durch Änderungen des Eröffnungsverfahrens und Einführung eines besonderen "Schutzschirmverfahrens"
54- Die Erhöhung von Anreizen für eine frühzeitigere Antragstellung -
55- Die Ausweitung der Möglichkeiten der Durchführung des Verfahrens ohne Fremdverwaltung -
56- Die unmittelbare Einbeziehung der Gläubiger in die Entscheidung über die Eigenverwaltung.
57Auch wenn § 312 Abs. 2 InsO zwischenzeitlich aufgehoben worden ist, so hat der Gesetzgeber doch daran festgehalten, dass das Eigenverwaltungsverfahren unter Einsetzung eines Sachwalters gesetzlich ausgeschlossen ist; vgl. § 270 Abs. 1 S. 3 InsO.
58Die bisherige Rechtspraxis zeigt, dass die Verfahrensart der Eigenverwaltung nicht in allen Bereichen Vorteile verspricht und nur einige Ziele des Gesetzgebers erreicht werden können. Auch findet die Eigenverwaltung in der bisherigen Praxis vorrangig in sogenannten "Großverfahren" Anwendung; diese zeichnen sich zumeist dadurch aus, dass sie sehr massehaltig sind, in sachlicher und rechtlicher Hinsicht zumeist eher als schwierig und umfangreich einzustufen sind und auch ein Gläubigerausschuss zu bestellen ist. Die bereits auf Schuldnerseite vorhandenen Kenntnisse und Kompetenzen werden in der Regel noch durch zusätzliche fachliche Kompetenzen in insolvenzrechtlicher Hinsicht unterstützt und professionalisiert.
59Die vom Gesetzgeber angedachten Entwicklungen, aber auch die in der Rechtspraxis sich etablierte bisherige Handhabung hat eine Reihe von neuen Fragestellungen in Bezug auf die insolvenzrechtliche Abwicklung, aber auch in Bezug auf Aufgaben und Pflichten des Sachwalters und in vergütungsrechtlicher Hinsicht aufgeworfen.
60Mit der Einführung des ESUG zum 1.3.2012 hat der Gesetzgeber gem. § 270a Abs. 1 S. 2 InsO das Institut des vorläufigen Sachwalters geschaffen. Dieser wird bereits - ähnlich wie der vorläufige Insolvenzverwalter - im Eigenverwaltungseröffnungsverfahren tätig. Hinsichtlich der Rechtsstellung und der Aufgaben des vorläufigen Sachwalters wird auf §§ 274, 275 InsO verwiesen. Hinsichtlich der Haftung des vorläufigen Sachwalters gelten die §§ 60, 62 InsO entsprechend.
61Den vorläufigen Sachwalter treffen zunächst weitreichende Überprüfungs- und Unterrichtungspflichten (§ 274 Abs. 2, 3 InsO). Stellt der vorläufige Sachwalter Aspekte fest, welche durch die Eigenverwaltung Nachteile für die Gläubiger bringen, so ist ein vorläufiger Gläubigerausschuss und das Insolvenzgericht hierüber unverzüglich zu unterrichten. Ferner hat er weitgehende Zutritts- Einsichts- und Auskunftsrechte (§§ 274 Abs. 2, S. 2, 270a Abs. 1, S. 2, § 274 Abs. 2, S. 22 Abs. 3 InsO).
62Wesentlich ist auch, dass der eigenverwaltende Schuldner weiterhin verwaltungs- und verfügungsbefugt ist und etwaige Ermächtigungen gem. § 55 InsO diesen betreffen und nicht den vorläufigen Sachwalter. Als Korrektiv hierzu ergibt sich aus § 275 InsO wiederum, dass der Sachwalter bei der Eingehung von Verbindlichkeiten durch den Schuldner - soweit diese zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, oder nicht - widersprechen kann oder ausdrücklich zuzustimmen hat.
63Als stärkste Form der Mitwirkung des vorläufigen Sachwalters kommt die Übernahme des Zahlungsverkehrs gem. § 275 Abs. 2 InsO in Betracht. Der vorläufige Sachwalter kann vom Schuldner insoweit verlangen, dass alle eingehenden Gelder nur vom Sachwalter entgegengenommen und Zahlungen nur vom Sachwalter geleistet werden. Kommt es zu einer solchen Anordnung, so beinhaltet dies zugleich auch die Pflicht, über die übernommenen Aufgabe der Kassenführung Rechnung zu legen.
64Wie bereits unter Ziffer I des Beschlusses ausgeführt, hatte der vorläufige Sachwalter darauf verzichtet, die Kassenführung an sich zu ziehen (§ 275 Abs. 2 InsO). Stattdessen wurde mit der Eigenverwaltung ein umfangreiches Informations- und Überwachungssystem implementiert. Jeder Vorgang, der zu einer Auszahlung bei der Schuldnerin führt, war zuvor dem Unterzeichner und seinen Mitarbeitern zur Überprüfung und Genehmigung vorzulegen; sogenannte Altforderungen wurden dabei nicht bedient. Dies musste sichergestellt werden.
65So lassen sich die im Gesetz beschriebenen Aufgaben des (vorläufigen) Sachwalters grob in drei Gruppen einteilen:
66- der Sachwalter hat gem. § 274 Abs. 2 InsO die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung zu überwachen. Er prüft, kontrolliert und überwacht insoweit den Schuldner, der die Verwaltungs -und Verfügungsbefugnis behält (Überwachungsaufgabe);
67- im Rahmen der § 275 Abs. 1 InsO (Verbindlichkeiten außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs), § 276a InsO (Veränderungen in der Zusammensetzung der Geschäftsleitung), § 277 InsO (Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit), § 279 InsO (gegenseitige Verträge), § 282 Abs. 2 InsO (Verwertung von Absonderungsgut) und § 284 Abs. 1 S. 2 InsO (Beratung bei der Erstellung eines Insolvenzplans im Auftrag der Gläubigerversammlung) hat der Sachwalter klar definierte Mitwirkungs- und Zustimmungspflichten;
68- eigene Befugnisse hat der Sachwalter nur im Rahmen der § 275 Abs. 2 InsO (Übernahme der Kassenführung), § 280 InsO (Geltendmachung der Haftung nach §§ 92, 93 InsO sowie der Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO) und § 285 InsO (Feststellung und Anzeige der Masseunzulänglichkeit).
69Trotz dieser gesetzlichen Regelungen über die Aufgaben des vorläufigen Sachwalters in § 270a Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. §§ 274, 275 InsO bestehen in der Rechtspraxis offenbar teils erhebliche "Unsicherheiten" bzw. "unterschiedliche Auffassungen" in Bezug auf den Aufgabenkreis des Sachwalters bzw. der Intensität der wahrzunehmenden Prüfungs-, Überwachungs- und Kontrollfunktion.
70So schreibt beispielsweise die Kommentierung in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage, Rdn. 17 zum Aufgabenkreis gem. § 274 InsO: "Nach § 274 Abs. 2 S. 1. hat der Sachwalter die wirtschaftliche Lage des Schuldners bzw. Schuldnerunternehmens zu prüfen. Hierbei handelt es sich um eine permanente Prüfungspflicht, ... ". An anderer Stelle heißt es: "Inwieweit der Sachwalter verpflichtet ist, Aussagen zu Planrechnungen und zur Liquiditätsplanung des Schuldners, zu einer erforderlichen Umstrukturierung des Schuldnerunternehmens und den sich daraus ergebenden Kosten, zu erwartender Wettbewerbsfähigkeit, zu den Chancen einer übertragenden Sanierung etc. zu machen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Richtig ist allerdings, dass der Sachwalter nur imstande ist, seiner Anzeigepflicht nach § 274 Abs. 3 InsO nachzukommen, bei Rechtshandlungen des Schuldners sachgerecht mitzuwirken und gegebenenfalls auch nach § 285 die Masseunzulänglichkeit anzuzeigen, wenn er während der gesamten Dauer des Verfahrens den vollen Überblick über die Vermögenslage des Schuldners hat und die Auswirkungen jeder einzelnen Rechtshandlung beurteilen kann (so wörtlich KS-Pape S. 911 Rn 24; K/P/B/Pape § 274 Rn. 50; MüKo-Wittig/Tetzlaff § 274 Rn. 25; FK-Foltis § 274 Rn. 49, 50).".
71Weiter heißt es: "Aufsichts- und Überwachungspflichten. Der Sachwalter ist gem. § 274 Abs. 2 S. 1 verpflichtet, die wirtschaftliche Lage des Schuldners bzw. Schuldnerunternehmens nicht nur zu prüfen; vielmehr hat er die Geschäftsführung sowie die Ausgaben für die Lebensführung des Schuldners zu überwachen. Zur Erfüllung seiner Prüfungs- und Überwachungspflichten stehen dem Sachwalter gem. § 274 Abs. 2 S. 2 die in § 22 Abs. 3 normierten Befugnisse eines vorläufigen Insolvenzverwalters zu.".
72Die gerichtliche Praxis bezieht den vorläufigen Sachwalter in dieser Funktion im Eigenverwaltungseröffnungsverfahren bei der Ausübung der gerichtlichen Überwachungsaufgabe häufig sehr intensiv bei aufkommenden Fragestellungen ein. Betont insoweit also die Prüfungs- und Überwachungsfunktion in erheblichem Maße und nutzt diese auch.
73Auch für die Person des vorläufigen Sachwalters und insbesondere auch für die beteiligten Gläubiger, Kreditgeber und mögliche Investoren scheint die Aufgabenabgrenzung zum Amt als vorläufiger Insolvenzverwalter oder aber zur eigenverwaltenden Schuldnerin offenbar nur auf den ersten Blick klar und eindeutig.
74Vereinzelt findet sich diese Problematik insofern auch in der Literatur und den einzelnen Entscheidungen zu Fragen der Vergütung des vorläufigen Sachwalters wieder. Aus Sicht des Gerichts liegt die Problematik der Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Sachwalters also nicht nur in ggf. fehlenden vergütungsrechtlichen Vorschriften zum vorläufigen Sachwalters, sondern insbesondere darin begründet, dass teils unterschiedliche Auffassungen zur Frage des Umfangs und der Tiefe der wahrzunehmenden Aufgaben bestehen.
75Dies wird deutlich bei der Frage, welcher Bruchteil der Regelvergütung eines endgültigen Insolvenzverwalters als angemessene Vergütung des vorläufigen Sachwalters in der Regel zu unterstellen ist. Ob unter Anwendung von § 11 Abs. 1 S. 2 InsVV Absonderungsrechte bei der vergütungsrechtlichen Teilungsmasse zu berücksichtigen oder inwieweit auch im Falle des vorläufigen Sachwalters Zuschläge im Sinne von § 3 InsVV auf die Basisvergütung zu gewähren sind.
76So wird beispielsweise in dem Aufsatz von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Dr. Frank Zimmer zum Thema „Probleme des Vergütungsrechts vor und nach ESUG (ZinsO 2012, 1658 ff., hier S. 1662 und 1663) " auf Folgendes hingewiesen: "Bei enger Auslegung ließe sich auch vertreten, Aus- und Absonderungsrechte dürften bei der vergütungsrechtlichen Teilungsmasse nicht berücksichtigt werden."; "Insgesamt spricht eine weite Auslegung zwar für eine Anwendung von § 11 Abs. 1 S. 4, 5 InsVV (entspricht § 11 Abs. 1 S. 2, 3 InsVV-RegE)...".
77Das LG Dessau-Roßlau stellt in seinem Beschluss vom 29.1.2015 - 8 T 94/14 - fest, "das, anders als bei einer vorläufigen Insolvenzverwaltung, die Schuldnerin selbst im Rahmen der Eigenverwaltung die Insolvenzmasse verwaltet und über sie verfügt. Auch in diesem Zusammenhang obliegt dem vorläufigen Sachwalter nur die Aufsicht über diese Selbstverwaltung. Das hat zur Folge, dass er sich mit dem Aus- und Absonderungsrechten behafteten Vermögen jedenfalls nicht in erheblichem Umfang gem. § 11 Abs. 1 S. 4 InsVV (entspricht § 11 Abs. 1 S. 2 InsVV) zu befassen hat. Dieses Vermögen, an dem Aus- und Absonderungsrecht bestehen, bleibt bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage außer Betracht (so auch z.B. Haarmeyer/Mock, § 12 Rn. 21; Mock, ZInsO 2014, 69). Erfolgt dennoch eine Beschäftigung des vorläufigen Sachwalters mit diesen Vermögensgegenständen, kann das bei der Bestimmung der Berechnungsgrundlage keine Beachtung finden, weil es nicht dem entspricht, wofür der vorläufige Sachwalter eingesetzt war.".
78Prof. Wolfgang Schur kommt in seinen Ausführungen zum Thema "Die Vergütung des vorläufigen Sachwalters - Regelvergütung, Berechnungsgrundlage, Zuschläge", ZInsO 2014, 757 ff.,763, unter anderem zu folgenden Ergebnis: "Im Ergebnis muss man daher die Vorstellung korrigieren, infolge einer "vorläufigen Eigenverwaltung" durch den Schuldner verbleibe für den vorläufigen Sachwalter nur noch ein geringerer Aufgabenbereich. Schon im Hinblick auf den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt hat der BGH, B. v. 13.4.2006, IX ZB 158/05 (ZIP 2006, 1008, 1009, Rz. 7) zu Recht hervorgehoben, dessen "Begleitung" der Unternehmensfortführung könne ähnlich aufwendig sein, wie wenn er diese selbst übernommen hätte. Etwas anderes gilt auch nicht für den vorläufigen Sachwalter: Die Begleitung der Unternehmensfortführung und sämtlicher damit zusammenhängender Aufgaben wird nicht einfacher dadurch, dass der Schuldner selbst - wie übrigens grundsätzlich auch im Rahmen vorläufiger Insolvenzverwaltung - eine eigene Pflicht zur Sicherung der künftigen Masse hat. Letztlich ist dabei die Überwachung zumeist genauso aufwändig wie die Geschäftsführung selbst. Man kann sagen, dass dies auf eine Verdopplung der zentralen Aufgaben im Eröffnungsverfahren hinausläuft. Tatsächlich würde diese Verdopplung schon im Rahmen der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt erfolgen. wenn dieser nicht trotz seiner fehlenden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis regelmäßig sämtliche Sicherungsmaßnahmen ergreifen würde. Zu einer tatsächlichen Verdopplung der Aufgaben kommt es daher regelmäßig in der Tat erst im Rahmen des Eröffnungsverfahrens gem. § 270a oder 270b InsO, weil diese Verfahren gerade darauf zielen, dass der Schuldner selbst die Kontrolle über sein Unternehmen behält, während diese im Rahmen vorläufiger Insolvenzverwaltung zumindest faktisch zumeist doch verloren geht. Nur um den Preis der Aufgabenverdopplung ist dann aber auch beides zu haben: einerseits die Aufrechterhaltung der Kontrolle des Schuldners über sein Unternehmen, andererseits die Überwachung des Schuldners zur Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens im Interesse der Gläubiger. Aus diesem gedanklichen Ansatz erklärt sich schließlich auch, dass der vorläufige Sachwalter sich ggf. in erheblichem Umfang auch mit Gegenständen befassen muss, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen.". Umfang und Tiefe der Prüfungs- und Überwachungspflicht werden insoweit unter Hinweis auch auf § 274 Abs. 3 InsO damit begründet, dass dies zum Schutze durch Rechtshandlungen des Schuldners zu Lasten der Gläubiger notwendig ist. So heißt es auf Seite 760 "Er kann weder selbst Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über das Vermögen des Schuldners ausüben noch Verfügungen des Schuldners seine Zustimmung versagen, aber er kann und muss entsprechend § 274 Abs. 3 S. 1 InsO Umstände, die erwarten lassen, dass die Fortsetzung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, anzeigen und zwar grundsätzlich dem vorläufigen Gläubigerausschuss und dem Insolvenzgericht. Insoweit tritt die Anzeigebefugnis und -pflicht konstruktiv gewissermaßen an die Stelle des Zustimmungsvorbehalts oder die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit der ein vorläufiger Insolvenzverwalter seine Sicherungsbefugnis wahrnimmt.".
79Diese Darstellung ist nicht abschließend und dürfte an dieser Stelle auch nicht abschließend geklärt werden. Stattdessen sollen die Ausführungen dazu dienlich sein, auf den teils auch unterschiedlichen und konträren Meinungsstand hinzuweisen.
802. Bemessung des Basissatzes der Regelvergütung als Vergütung für die Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters
81Wie bereits ausgeführt, hat der Gesetzgeber im Rahmen des Inkrafttretens des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (kurz ESUG) zum 1.3.2012 mit der gesetzlichen Regelung in § 270a InsO auch das Institut des vorläufigen Sachwalters geschaffen. Der vorläufige Sachwalter wird im Eigenverwaltungseröffnungsverfahren tätig und weist insoweit Parallelen zum vorläufigen Insolvenzverwalter im Regelinsolvenzverfahren auf.
82Durch die Verweisung aus § 270a Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 274 Abs. 1 InsO auf die Vorschriften §§ 63 bis 65 InsO hat der Gesetzgeber auch insoweit geregelt, dass dem vorläufigen Sachwalter eine angemessene Vergütung und Auslagenerstattung zusteht und diese vom Gericht festzusetzen ist.
83In § 12 InsVV ergab sich schon vorher die Bestimmung eines Regelsatzes über die Vergütung des "endgültigen" Sachwalters im eröffneten Eigenverwaltungsverfahren; diese beläuft sich in der Regel auf 60 % der Regelvergütung eines "endgültigen" Insolvenzverwalters.
84Vieles dürfte dafürsprechen, dass der Gesetzgeber es mit der Änderung zur Insolvenzordnung zum 1.3.2012 und der Einführung von § 270a InsO versehentlich unterlassen hat, auch eine Regelung über die Vergütung des vorläufigen Sachwalters gesetzlich zu normieren.
85Fakt ist, dass eine parallele Regelung zur Basisvergütung des vorläufigen Sachwalters, wie sie das Gesetz beim vorläufigen Insolvenzverwalter in § 63 Abs. 3 InsO vorsieht, fehlt.
86Zwischenzeitlich haben sich aus Literatur und Rechtssprechung verschiedene Verfahrensweisen entwickelt, um den Basissatz bzgl. einer "angemessenen" Vergütung eines vorläufigen Sachwalters zu bestimmen. So wird beispielsweise von einem Teil der Rechtssprechung in analoger Anwendung des § 12 Abs. 1 InsVV auch der Regelsatz für die Vergütung des vorläufigen Sachwalters in Höhe von 60 % der Regelvergütung eines Insolvenzverwalters angenommen (vgl. AG I, B. v. 20.12.2013 - 67g IN 419/12; ZInsO 2014, 569; AG Göttingen, B. v. 28.11.2012 - 74 IN 160/12; ZInsO 2012, 2413).
87Daneben wird es auch als richtig angenommen, den sich aus § 63 Abs. 3 S. 2 InsO ergebenden Basissatz des vorläufigen Insolvenzverwalters unverändert auf den vorläufigen Sachwalter anzuwenden (vgl. so beispielsweise auch Pape, ZInsO 2013, 2129, 2135; Zimmer, ZInsO 2013, 2305; Schur, ZIP 2014, 757; Lorenz/Klanke, InsVV, 2. aufl. 2014, § 12 Rdn. 27). Dies bedeutet letztlich, die Basisgrundvergütung des vorläufigen Sachwalters - ebenso wie die des vorläufigen Insolvenzverwalters - aus dem Gesichtspunkt des § 63 Abs. 3 S. 2 InsO heraus auf 25 % der Regelvergütung eines endgültigen Verwalters heraus im Falle eines "normalen durchschnittlichen Regelfalles" festzusetzen.
88Überwiegend wird in Literatur und Rechtssprechung derzeit die Auffassung vertreten, die Basisvergütung des vorläufigen Sachwalters in Höhe eines Bruchteils von 15 % der Vergütung des Insolvenzverwalters als angemessen einzuordnen. Insoweit ergibt sich diese Lösung aus der Anwendung der Vorschriften §§ 270a, 274 Abs. 1, 63 Abs. 3 InsO i.V.m. § 12 InsVV. Demnach sind dem vorläufigen Sachwalter als Basisvergütung 25 % der Vergütung eines Sachwalters (hier 60 % der Vergütung eines Insolvenzverwalters) in der Regel zuzubilligen (so auch LG Bonn, NZI 2014, 123; AG Essen, NZI 2014, 271; AG Köln, NZI 2013, 97; AG X, NZI 2015, 541; Graeber/Graeber, InsVV, § 12 Rdn. 11; Graf-Schlicker, InsO-Kommentar, 4. Auflage, § 270a Rdn. 12; Haarmeyer-Mock, InsVV, § 12 Rdn. 21; Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 57. EL 2014; § 270a Rdn. 9, 26; Plathner, NZI 2014, 124; a.A. AG Göttingen, ZInsO 2012, 2413 und AG I, ZIP 2014, 237 (60 % der Regelvergütung des Insolvenzverwalters)).
89Maßgeblich für die Bestimmung des Basissatzes der Vergütung des vorläufigen Sachwalters ist auch hier die Beantwortung der Frage sein, welche Vergütung im Sinne von §§ 270a, 274 Abs. 1, 63 Abs. 1 InsO als angemessen anzusehen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit dem Basissatz das "normale durchschnittliche Eigenverwaltungsverfahren mit vorläufigem Sachwalter im Eröffnungsstadium" abzugelten ist.
90Die Einordnung eines Eigenverwaltungseröffnungsverfahrens als durchschnittlich scheint aus vielerlei Hinsicht schwierig. Hilfestellend werden Parallelen zum Regelinsolvenzverfahren und der Art und Umfang der Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt gebildet.
91Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller in seinem Antrag vom 9.6.2015 die Höhe der Basisgrundvergütung des vorläufigen Sachwalters auf 15 % der Regelvergütung des Insolvenzverwalters festgelegt.
92Die Festlegung der Basisvergütung auf 15 % der Regelvergütung des Insolvenzverwalters ist sicherlich rechtsdogmatisch nachvollziehbar und insoweit überzeugend, da es das Verhältnis zwischen Regelvergütungsfall des vorläufigen Verwalters (25 %) und des endgültigen Verwalters (100 %) unmittelbar auf den vorläufigen und endgültigen Sachwalters, nämlich 15 % und 60 % überträgt.
93Wie auch bereits unter Ziffer III.1. dargestellt, ist es richtig, dass das Eigenverwaltungsverfahren nach gesetzgeberischer Absicht nicht nur auf Verfahren Anwendung finden sollte, die eine Betriebsfortführung beinhalteten oder aber ein sogenanntes Großverfahren darstellen. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die Vorschrift § 270a InsO und damit die Grundlage für die Einsetzung eines vorläufigen Sachwalters im Eigenverwaltungseröffnungsverfahren erst im Zusammenhang mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) zum 1.3.2012 geschaffen worden ist. Hieraus wird nach Dafürhalten des Gerichts schon erkennbar, dass der Gesetzgeber mit dem vorläufigen Sachwalter eine Funktion geschaffen hat, die eher in Verfahren mit Fortführungsabsicht in Bezug auf eine unternehmerische Tätigkeit, einzusetzen ist. Die gerichtliche Praxis zeigt überdies, dass der gesetzgeberische Zweck, das Instrument der Eigenverwaltung und damit die Kenntnisse des Schuldners bzw. des organschaftlichen Vertreters zu nutzen, gerade in den Fällen verfolgt wird, in denen es sich um Unternehmen handelt und mit Hilfe von externen insolvenzrechtlich spezialisierten Schuldnerberatern Sanierungsabsichten umgesetzt werden sollen.
94Dass der Zweck der Eigenverwaltung, eine kostengünstigere Verfahrensart darzustellen, in der Praxis immer erreicht wird, muss an dieser Stelle zumindest angezweifelt werden. Immerhin zeigt die Praxis auch, dass in den meisten Fällen bereits zwingend Gläubigerausschüsse zu bilden sind und dass auch auf Schuldnerseite das entsprechende teils fehlende "Sanierungs-Know-how" durch externe Spezialisten "eingekauft" wird. Auch diese Aspekte dürften zu teils nicht unerheblichen Kostenpunkten führen und somit bereits dem gesetzgeberischen Ziel der Eigenverwaltung entgegenstehen.
95Die Festlegung des Basisvergütungsregelsatzes für den vorläufigen Sachwalter auf im Durchschnitt 25 % der Vergütung des Insolvenzverwalters dürfte insoweit der Anordnung der Eigenverwaltung aus Kostengesichtspunkten heraus nicht wesentlich entgegen stehen. Der vorläufige Sachwalter ist kraft Gesetzes angemessen zu vergüten (vgl. insoweit auch die Intention aus BGH, B. v. 18.12.2003 - IX ZB 50/03; danach ist auch bei Masseunzulänglichkeit den Gläubigern gegenüber zuzumuten, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter für seine Tätigkeit angemessen vergütet wird und Zuschläge erhält).
96Wesentlich ist nach dem Dafürhalten des Gerichts auch, dass der als angemessen geltende Bruchteil der Regelvergütung des Verwalters als durchschnittliche Vergütung des vorläufigen Sachwalters wie auch des vorläufigen Insolvenzverwalters die Tätigkeiten in der Regel, also dem Durchschnittsfall, abgelten soll. Die Festlegung eines zu niedrig bemessenen Basissatzes könnte dabei letztlich zu einer Art „Mindestvergütungssatz“ führen, was zu vermeiden wäre. Der als Bruchteil der Regelvergütung festzulegende Basissatz sollte hingegen auch Spielraum für etwaige Abschläge bieten, wenn im Einzelfall ein - im Vergleich zu anderen Verfahren - unterdurchschnittlicher Fall zu beurteilen ist, um den Vergütungsanspruch des vorläufigen Sachwalters den Grundsätzen der Angemessenheit entsprechend festlegen zu können.
97Auch darf eine "zu niedrig angesetzte Höhe des Bruchteils" nicht dazu führen, dass eine Art vergütungsrechtliche Notwendigkeit besteht, Zuschlagstatbestände zu formulieren, um den Grundsätzen der Angemessenheit zu folgen.
98Der Gesetzgeber hat dem vorläufigen Sachwalter im Vergleich zum vorläufigen Insolvenzverwalter nur einen Teil der im Eröffnungsverfahren möglichen Aufgabenstellungen zugewiesen. Insbesondere verbleibt die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis beim Schuldner bzw. schuldnerischen Unternehmen. Schwerpunkt der Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters sind vornehmlich Prüfungs- und Überwachungsaufgaben. Im Hinblick auf die Überwachungsaufgaben scheinen zumindest Parallelen zu den Aufgaben eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt zu bestehen.
99Auch der mit den Aufgaben in der Regel einhergehende Aufwand sowie
100die Haftungsrisiken eines vorläufigen Sachwalters bleiben nach der Vorstellung
101des Gesetzgebers hinter denjenigen eines vorläufigen Insolvenzverwalters
102zurück. Diesem begrenzten Aufgabenbereich muss vergütungsrechtlich insoweit
103Rechnung getragen werden, als die Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters
104höher zu bewerten ist.
105Das Gericht schließt sich insoweit letztlich der Auffassung an, dass die Regeltätigkeit des vorläufigen Sachwalters mit dem Bruchteil der Regelvergütung des Insolvenzverwalters in Höhe von 15 % angemessen bewertet ist. Dies entspricht im Übrigen auch dem Ansinnen des vorläufigen Verwalters, welcher in seinem Antrag vom 9.6.015 die Basisvergütung des vorläufigen Sachwalters mit 15 % der Regelvergütung eines Insolvenzverwalters beziffert.
1063. Berechnungsgrundlage der Vergütung des vorläufigen Sachwalters
107Die Berechnungsgrundlage der Vergütung des vorläufigen Sachwalters ist in gleicher Weise zu ermitteln, wie bei einem vorläufigen Insolvenzverwalter. Einzubeziehen ist entsprechend § 11 Abs. 1 S. 2 InsVV das Vermögen der Insolvenzschuldnerin, auf das sich die Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters während des Eröffnungsverfahrens, hier also vom 16.12.2014 bis 28.2.2015, erstreD hat. Vgl. insoweit §§ 270a Abs. 1 S. 2, 274 Abs. 1, 63 Abs. 1 S. 2 InsO.
108Da der vorläufige Sachwalter nur erheblich beschränkte Möglichkeiten hat, das maßgebliche Vermögen des Insolvenzschuldners festzustellen und dessen Wert zu bestimmen, ist der vorläufige Sachwalter als berechtigt anzusehen, von der Insolvenzschuldnerin hierzu Auskunft zu verlangen; im Übrigen kann er auch auf die Berichte der eigenverwaltenden Insolvenzschuldnerin im eröffneten Insolvenzverfahren zurückgreifen. Sollte beides nicht möglich oder erfolgreich sein, kann eine Schätzung auf der Basis der vorhandenen Angaben der Insolvenzschuldnerin und der Ermittlungsergebnisse des vorläufigen Sachwalters zulässig sein.
109Im vorliegenden Fall nimmt der vorläufige Sachwalter auf das von der Schuldnerin in der Anlage zum Bericht zur Gläubigerversammlung vom 29.4.2015 (Bl. 624 d.A.) eingereichte Vermögensverzeichnis gem. § 153 InsO Bezug. Daraus ergibt sich eine Vermögensmasse unter Fortführungsaspekten in Höhe von 29.289.502,02 EUR. Der vorläufige Sachwalter selbst hatte in seinem Eröffnungsgutachten vom 25.2.2015 in der Insolvenzbilanz lediglich einen Wert von 26.454.200,00 EUR ermittelt. Für die Beantragung der vorläufigen Sachwaltervergütung unterstellte der Antragsteller sodann den geringeren Wert von 26.454.200,00 EUR.
110Ansprüche, die sich erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeben (z.B. aus Insolvenzanfechtung) sind nicht in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung im Eröffnungsverfahren einzubeziehen (BGH NZI 2011, 73). Insofern ist ein Abzug in Höhe von 1.050.000,00 EUR vorzunehmen; hier also letztlich eine Minderung der Berechnungsgrundlage auf 25.404.200,00 EUR.
111Auch sind nach Darstellung der Schuldnerin im Vermögensverzeichnis Aus- und Absonderungsrechte (Fortführungsrechte) in Höhe von insgesamt 11.463.770,00 EUR gegeben. Der vorläufige Sachwalter führt in seinem Vergütungsantrag dazu aus, dass er bezüglich der mit Aus- und Absonderungsrechten belasteten Gegenständen umfangreiche Tätigkeiten entfaltet hat. "In enger Abstimmung zwischen Schuldnerin, deren Beratern und dem vorläufigen Sachwalter erfolgte nach Inventarisierung und Bewertung die rechtliche Behandlung des besicherten Vermögens, hier insbesondere des Grundvermögens. Parallel waren diverse Sachverhalte bezüglich der Eigentumsvorbehaltsrechte von Lieferanten etc. zu klären. Eine Reduzierung bezüglich der Aus- und Absonderungsrechte hat daher nicht zu erfolgen.".
112In Bezug auf die Angaben zu den Vermögensgegenständen im Vergütungsantrag des Antragstellers bestehen von gerichtlicher Seite keine Bedenken. Diese beziehen sich teils auf die Ausführungen der eigenverwaltenden Schuldnerin in den Verzeichnissen gem. §§ 151, 153 InsO unmittelbar nach Eröffnung des Verfahrens bzw. sind teils aufgrund eigener Berechnungen des vorläufigen Sachwalters geringer bemessen.
113Fraglich ist jedoch, ob in die vom vorläufigen Sachwalter errechnete Bemessungsgrundlage auch die mit Aus- und Absonderungsrechten belasteten Vermögensgegenstände entsprechend § 11 Abs. 1 S. 2 InsVV miteinbezogen werden können, da eine Berücksichtigung nur bei einer Befassung in erheblichem Umfang in Frage kommt. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, wird teils bereits unter Hinweis auf den beschränkten Aufgabenbereich des vorläufigen Sachwalters eine Einbeziehung dieser Vermögensgegenstände nicht in Betracht gezogen.
114Selbst dann aber, wenn sich der vorläufige Sachwalter im Rahmen seiner Überwachungspflicht auch mit den mit Absonderungsrechten belasteten Vermögensgegenständen auseinander zu setzen hatte, ist weiterhin notwendig, dass dies auch über das gebotene Maß hinaus, also in einem erheblichen Umfange, erfolgt ist.
115Das Gericht hat den vorläufigen Sachwalter mit gerichtlicher Verfügung vom 7.1.2016 auch insoweit unter Hinweis auf die Kommentierung in Haarmeyer, InsVV, 5. Auflage, Rdn. 21 zu § 12 InsVV auf seine Bedenken in Bezug auf die Mitberücksichtigung dieser Werte bei der Berechnungsgrundlage hingewiesen.
116Unter Hinweis auf das von der Schuldnerin eingereichte Vermögensverzeichnis gem. § 153 InsO und der Angaben des vorläufigen Sachwalters in Bezug auf die eigenen Berechnungen der Vermögensmasse im Antrag vom 9.6.2015, würde sich eine Berechnungsmasse wie folgt ergeben:
117„Nach Angaben des vorläufigen Sachwalters ergibt sich unter Fortführungsgesichtspunkten eine Vermögensmasse von 26.454.200,00 EUR. Hierin sind 1.050.000,00 EUR an Anfechtungsansprüchen enthalten, die unstreitig für die Bemessung der vorläufigen Sachwaltervergütung in Abzug zu bringen sind. Ausgehend von dem verbleibenden Restbetrag in Höhe von 25.404.200,00 EUR hat der vorläufige Sachwalter seine Vergütungsansprüche berechnet. Mitenthalten in der Berechnungsmasse sind Vermögensgegenstände, an denen Absonderungsrechte in Höhe von 11.463.770,00 EUR bestehen.
118Würde der vorgenannte Betrag in Abzug gebracht, dann würde sich die Berechnungsmasse auf einen Betrag von 13.940.430,00 EUR belaufen.“.
119Der vorläufige Sachwalter hat mit Schriftsatz vom 12.1.2016 nochmals zu der aufgeworfenen Fragestellung Stellung genommen. Letztlich wird in Bezug auf den Vergütungsantrag vom 9.6.2015 an der errechneten Berechnungsgrundlage in Höhe von 25.404.200,00 EUR festgehalten.
120Auch stellt der vorläufige Sachwalter in seinem Schriftsatz dar, dass seiner Auffassung nach die mit Absonderungsrechten belasteten Vermögensgegenstände in einem eigenverwalteten Verfahren nicht grundsätzlich unberücksichtigt zu lassen sind, sondern nach der herrschenden Meinung gerade wie auch bei einem vorläufigen Insolvenzverwalter entsprechend § 11 Abs. 1 S. 4 InsVV (jetzt § 11 Abs. 1 S. 2 InsVV) bei einer Befassung hiermit zu berücksichtigen seien (so auch Graeber/Graeber, InsVV, § 12 Rn. 14 InsVV). Letztlich allenfalls die tatbestandliche Erfüllung der Voraussetzungen einer "erheblichen Befassung" mit den mit Aus- und Absonderungsrechten belasteten Vermögensgegenständen strittig sei.
121Der vorläufige Sachwalter führt insoweit aus:
122"Wie schon in dem Vergütungsantrag vom 9.6.2015 unter Ziffer 3. ausgeführt, hat der Unterzeichner bezüglich der mit Aus- und Absonderungsrechten belasteten Gegenstände umfangreiche Tätigkeiten entfaltet. In enger Abstimmung mit der Schuldnerin und ihren Beratern erfolgte nach Inventarisierung und Bewertung die rechtliche Einordnung des besicherten Vermögens sowie die weitere Abstimmung mit den berechtigten Aus- und Absonderungsgläubigern. Parallel waren dabei eine große Zahl von Sachverhalten bezüglich der Eigentumsvorbehaltsrechte von Lieferanten sowie insbesondere die Rechte der Grundpfandgläubigerin und deren Behandlung sowie diverse Dauerschuldverhältnisse (Miet- und Leasingverhältnisse) zu klären. Insgesamt gingen diese Tätigkeiten ganz erheblich über das Maß einer normalen vorläufigen Sachwaltung hinaus. Hierzu im Einzelnen:
123a)
124Eine erhebliche Befassung liegt nach der Rechtsprechung des BGH dann vor, wenn eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Inanspruchnahme erfolgt. Die bloße Inbesitznahme der schuldnerischen Vermögensmasse sowie ihre Sicherung gegenüber dem Zugriff Dritter ist hierfür zwar regelmäßig allein noch nicht ausreichend. Als Anhaltspunkte werden hierüber aber anzusehen sein die Abwehr möglicher Vollstreckungs- oder Einziehungsmaßnahmen von Sicherungsgläubigern, der Erhalt der Werthaltigkeit der Vermögenswerte und die Aufrechterhaltung eines laufenden Geschäftsbetriebes bzw. der Sanierungsfähigkeit des schuldnerischen Unternehmens. Allgemein wird angenommen, dass eine erhebliche Befassung vorliegt, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit einem Grundpfandgläubiger in Kontakt tritt, um die Anordnung einer Zwangsversteigerung oder eine sonstige Vereitelung der eigenen Verwertungsmöglichkeit im eröffneten Verfahren zu verhindern. Die erhebliche Befassung mit Aus- oder Absonderungsrechten kann sich bei einer Betriebsfortführung aus der Sorgetragung um die Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie das Zubehör ergeben. Darüber hinaus ist anerkannt, dass der vorläufige Insolvenzverwalter seine Berechtigung im Verhältnis zu anderen Sicherungsnehmern und die verträgliche Modalitäten genau zu prüfen und zu wahren hat. Schließlich wird damit auch die vertiefte Prüfung von fremden Rechten als erhebliche Befassung angesehen. Typischer Anwendungsfall einer erheblichen Befassung mit Aus- oder Absonderungsrechten sind auch notwendige Abstimmungsmaßnahmen mit Fremdgläubigern sowie damit verbundene rechtliche Prüfungen von Fremdrechten (vgl. zum Ganzen, Schur, a.a.0., S. 761 f.).
125All diese Aufgaben und Maßnahmen wurden vorliegend durch die Schuldnerin durchgeführt. Hier ist insbesondere hervorzuheben
126- 127
die grundsätzliche Abstimmung mit der E eG als maßgeblicher Grundpfandgläubigerin, mit der eine Abrede dahingehend getroffen werden konnte, dass eine Vollstreckung aus diversen Grundpfandrechten zunächst nicht erfolgen würde
- 128
die umfassende Analyse und Koordination der Behandlung der diversen Eigentumsvorbehaltsrechte von Lieferanten, was insbesondere den Warenbestand an Medikamenten und medizinischen Verbrauchsmaterial betrifft
- 129
die rechtliche Prüfung und weitere Koordination der Zusammenarbeit mit Vermieterin und Leasinggebern von betriebsnotwendigen Gerätschaften.
Ohne die außerordentliche umfangreiche und aufwendige Befassung mit all diesen Sachverhalten - einerseits die Aufarbeitung der juristischen Ausgangslage sowie die Ausgestaltung einer entsprechenden Behandlung dieser Rechte im Rahmen der Betriebsfortführung andererseits - wäre eine solche Betriebsfortführung bereits nicht möglich gewesen. Zudem wäre damit die Sanierungsfähigkeit der Schuldnerin bzw. ihrer Teilbetriebe bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren nicht mehr gegeben gewesen.".
131Als Zwischenergebnis wird vom vorläufigen Sachwalter festgehalten, dass eine erhebliche Befassung mit den Aus- und Absonderungsrechten i.S.d. Vorschrift durch die Schuldnerin stattgefunden hat.
132Weiter führt er in seiner Stellungnahme aus:
133"Ausgehend davon, dass jedenfalls eine erhebliche Befassung seitens der Schuldnerin bzw. ihrer Berater anzunehmen ist, ergibt sich eine entsprechende Befassung auch des Unterzeichners in seiner Eigenschaft als vorläufiger Sachwalter wiederum bereits zwingend aus der Aufgabenverteilung zwischen Schuldner und (vorläufigem) Sachwalter.
134Zu dem Umstand, dass der Schuldner das Unternehmen selbst fortführt und dabei auch Aufgaben der Sicherung der künftigen Masse hat, kommt nämlich hinzu, dass der vorläufige Sachwalter ihn bei all diesen Tätigkeiten zu überwachen hat. Dies ist vergleichbar mit der Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters gegenüber dem Schuldner ohne Anordnung einer (vorläufigen) Eigenverwaltung. Denn auch hier geht nach dem gesetzlichen Leitbild eine Initiative stets vom Schuldner aus, die der vorläufige Insolvenzverwalter jeweils zu prüfen und zu bewerten hat, bevor er eine entsprechende Genehmigung erteilt oder verweigert. Nicht anders verhält es sich vorliegend im Verhältnis zwischen eigenverwalteter Schuldnerin und vorläufigem Sachwalter. Auch dieser hat letztlich sämtliche Prüfungen und Maßnahmen der Schuldnerin nachzuvollziehen und zu bewerten. Dies erfolgt bereits aus der Verpflichtung zur Überwachung der Geschäftsführung gem. § 270a Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 274 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 InsO. Daher muss der vorläufige Sachwalter die laufenden betrieblich bedingten Rechtsgeschäfte und Verfügungen des Schuldners daraufhin prüfen, ob sie für die künftige Masse nicht nachteilig und ggf. mitteilungspflichtig sind. Diese Prüfungen wird der vorläufige Sachwalter nur dadurch erfüllen können, dass er die erforderlichen Prüfungen (auch) auch selbst durchführt (vgl. Zimmer, ZInsO 2012, S. 1658, 1662).
135Im Ergebnis bedeutet dies aber, dass der vorläufige Sachwalter die von der Schuldnerin durchgeführte erhebliche Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten immer auch entsprechend nachvollzieht bzw. parallel hierzu selbst nochmals durchführt (vgl. zum Ganzen, Schur, a.a.O., S. 762 f.).
136Im vorliegenden Fall ist dies in der Praxis auch entsprechend erfolgt, insbesondere ist der Unterzeichner bei wesentlichen Verhandlungen und Abstimmungsterminen auch persönlich beteiligt oder zugegen gewesen. Sachverhalte von geringerer Bedeutung wurden durch Mitarbeiter seines Büros begleitet und nach entsprechender Prüfung gegenüber der Schuldnerin bewertet, hier z.B. in Fällen der Ablösung von besicherten Lieferantenforderungen.
137Die Aus- und Absonderungsrechte laut Vermögensverzeichnis der Schuldnerin sind bei der Berechnungsgrundlage somit im Ergebnis nicht in Abzug zu bringen.".
138Das Gericht hat letztlich nach Neubeurteilung der Rechtsfrage in Bezug auf die Mitberücksichtigung von mit Aus- und Absonderungsrechten belasteten Vermögenswerten von einem Abzug abgesehen und ist dem vorläufigen Sachwalter in Bezug auf die Berechnung der Berechnungsmasse in Höhe von 25.404.200,00 EUR nunmehr gefolgt.
139Das Gericht bezieht sich hinsichtlich der Aufgaben des vorläufigen Sachwalters weitgehend auf die bereits unter Ziffer III.1. gemachten Ausführungen. Unter Anwendung der Vorschriften §§ 274, 275 InsO i.V.m. § 270a Abs. 2 InsO treffen den vorläufigen Sachwalter erhebliche Prüfungs- und Überwachungspflichten. Es folgt damit u.a. der Ansicht von Schur (siehe im Ganzen, ZIP 2014, 757 ff.), dass der Gesetzgeber im Rahmen der Eigenverwaltung dem Schuldner bzw. den organschaftlichen Vertretern und ggf. dessen Beratern ein Institut, nämlich den vorläufigen Sachwalter als Sicherungsmaßnahme im Sinne von § 270a Abs. 2 InsO i.V.m. § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO gegenüberstellt, um ein rechtsstaatliches und geordneten Verfahren unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten zu gewährleisten. Bei Nutzung und Erhalt möglichst weitreichender Kompetenzen auf schuldnerischer Seite muss gleichzeitig gewährleistet sein, dass diese insolvenzrechtliche besondere Verfahrensart nicht zu Nachteilen der Gläubigerschaft führt (§ 274 Abs. 3 InsO). Die von Schur als "Aufgabendoppelung" bezeichnete Konsequenz aus der Prüfungs- und Überwachungstätigkeit verdeutlicht nochmals, dass der vorläufige Sachwalter im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufgaben letztlich sämtliche Handlungen des Schuldners bzw. des schuldnerischen Unternehmens zu begleiten, nachzuvollziehen und zu prüfen hat.
140So führt Schur in seinen Ausführungen an: "Für die Vergleichbarkeit der Rechtsstellung von vorläufigem Insolvenzverwalter und vorläufigem Sachwalter spricht zunächst einmal, dass auch der vorläufige Sachwalter nur bei entsprechendem Sicherungsbedarf bestellt wird und dann gem. § 270a Abs. 1 S. 2 InsO an die Stelle des vorläufigen Insolvenzverwalters tritt. Insoweit hat also auch der vorläufige Sachwalter i.S.v. § 21 Abs. 1 S. 1 InsO eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern. Diese allgemeine Aufgabe wird durch § 274 Abs. 2 S. 1 InsO (i.V.m. § 270a Abs. 1 S. 2 InsO) konkretisiert, indem ihm die Aufgabe zugewiesen wird, die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung sowie die Ausgaben für die Lebensführung zu überwachen. Insoweit konkretisiert also bereits das Gesetz (ähnlich wie § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO für den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis) den Überwachungsauftrag des vorläufigen Sachwalters. Dabei unterscheidet sich (im Vergleich zum vorläufigen Insolvenzverwalter) nur das Handlungsinstrumentarium, das ihm dabei zur Verfügung steht. Er kann weder selbst Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über das Vermögen des Schuldners ausüben noch Verfügungen des Schuldners seine Zustimmung versagen, aber er kann und muss entsprechend § 274 Abs. 3 S. 1 InsO Umstände, die erwarten lassen, dass die Fortsetzung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, anzeigen und zwar grundsätzlich dem vorläufigen Gläubigerausschuss und dem Insolvenzgericht. Insoweit tritt die Anzeigebefugnis und -pflicht konstruktiv gewissermaßen an die Stelle des Zustimmungsvorbehalts oder die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, mit der ein vorläufiger Insolvenzverwalter seine Sicherungsbefugnisse wahrnimmt.".
141Muss sich das schuldnerische Unternehmen wie hier bereits im Eigenverwaltungseröffnungsverfahren mit Absonderungsrechten befassen, so wird letztlich der vorläufige Sachwalter hiermit auch im Rahmen seiner Überprüfungstätigkeit befasst.
142Das Gericht folgt insoweit letztlich auch der vom vorläufigen Sachwalter im Schriftsatz vom 12.1.2016 ausgeführten Auffassung, dass § 11 Abs. 1 S. 2 InsVV auch auf das Eigenverwaltungsverfahren Anwendung findet, soweit hier ein Befasstsein in erheblichem Umfange zu bejahen ist. Es stimmt insoweit auch Zimmer (ZInsO 2012, 1658 ff., 1663) zu der insoweit für eine weite Auslegung von § 11 Abs. 1 S. 4, 5 InsVV (jetzt § 11 Abs. 1 S. 2 InsVV) plädiert.
143Lt. Eröffnungsgutachten bestehen bezüglich der von der Schuldnerin genutzten Bauten und Räumlichkeiten in erheblichem Umfang Erbbaurechte. Weiterhin sind in einem Umfang von jährlich rund 800.000 EUR weitere Gebäude und Räumlichkeiten angemietet. Die Mietverträge sind sowohl mit kirchlichen Einrichtungen als auch mit privaten Investoren geschlossen. In letztgenannte Kategorie fällt insbesondere die Anmietung des Ärztehauses in F zu einem jährlichen Mietzins von rund 192.000 EUR. Auch steht die Schuldnerin in engem Austausch mit anderen Gesellschaften des D-Konzerns. Insbesondere werden wechselseitig Waren und Dienstleistungen in erheblichem Umfang ausgetauscht. Insbesondere wird ein erheblicher Teil des Bedarfs an medizinischen Verbrauchsmaterial und Gerätschaften über die D-Dienstleistungs-GmbH beschafft. Des Weiteren wird über diese ein ganz wesentlicher Teil der Versorgung aller Patienten mit Mahlzeiten gewährleistet. Schließlich sind einige Verträge auch bei anderen Konzerngesellschaften angesiedelt, soweit dies z.B. die Versorgung mit Energie, Wasser pp. betrifft. Die entsprechenden Kosten werden dann konzernintern umgelegt. Entsprechend sind die tatsächlichen Abläufe teilweise zentralisiert, andererseits resultieren die Strukturen auch noch aus der Unternehmenshistorie (Verschmelzung der einzelnen Krankenhausgesellschaften im Jahr 2013).
144Auch ist dem Eröffnungsgutachten zu entnehmen, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Eröffnung nicht (mehr) in der Lage ist, die fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen oder sich durch neue Fremdmittel zu refinanzieren. Der Fortbetrieb der Krankenhausgesellschaft war im Eröffnungsverfahren sicherzustellen; gleichzeitig wurden intensive Gespräche und Vorbereitungen im Hinblick auf Sanierungsmöglichkeiten durch Insolvenzplan oder durch Sanierungsübertragung geführt bzw. durchgeführt.
145Die sachliche und rechtliche Auseinandersetzung mit den Sicherungsrechten stellte bereits im Eröffnungsverfahren eine wesentliche Aufgabe für das eigenverwaltende schuldnerische Unternehmen und deren Berater dar. Im Rahmen der Überwachungspflichten und der sog. "Aufgabendoppelung" hatte sich auch der vorläufige Sachwalter hiermit zu diesem Zeitpunkt in erheblichem Umfange auseinanderzusetzen und diesen Prozess zu begleiten.
146Dies rechtfertigt letztlich nach Auffassung des Gerichts die Einschätzung, dass sich auch der vorläufige Sachwalter hier in erheblichem Umfange im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 2 InsVV im Rahmen seiner Überwachungspflichten mit den Vermögensgegenständen befassen musste, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen.
1474. Gewährung von Zuschlägen im Eigenverwaltungseröffnungsverfahren
148Aus den Vorschriften §§ 270a, 274 Abs. 1 InsO i.V.m. § 63 Abs. 1 InsO ergibt sich auch für den vorläufigen Sachwalter der Anspruch auf eine angemessene Vergütungs- und Auslagenerstattung. Dem Wortlaut der Regelungen der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) entsprechend, geltend für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Sachwalters und des Insolvenzverwalters im Verbraucherinsolvenzverfahren gem. § 10 InsVV die Vorschriften des Ersten Abschnitts der InsVV (§§ 1-9 InsVV) entsprechend, soweit in den §§ 11 bis 13 nichts anders bestimmt ist.
149Auch insoweit bleibt festzustellen, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Instituts des vorläufigen Sachwalters am 1.3.2012 die InsVV und hier § 10 InsVV nicht um diese Funktion ergänzt hat. Rückschluss daraus kann nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht sein, dass eine den Regelsatz übersteigende Vergütung, nicht festgesetzt werden kann. Vielmehr muss es auch hier, dem Grundsatz der Angemessenheit folgend, möglich sein, Zu- und Abschläge von der Regelvergütung vornehmen zu können.
150Entsprechend der Beschlussfassung des Bundesgerichtshofes vom 12.1.2006 - IX ZB 127/04 ist es im Rahmen der konkret gegebenen rechtserheblichen Umstände grundsätzlich allein Aufgabe des Tatrichters, die Vergütungszuschläge oder -abschläge unter Berücksichtigung von Art, Dauer und Umfang der jeweils entfalteten Tätigkeit zu bemessen (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460; v. 8. Mai 2003 - IX ZB 445/02, ZIP 2003, 1260; v. 8. Juli 2004 - IX ZB 589/02, WM 2004, 1783, 1785).
151Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist grundsätzlich in der Weise zu
152berechnen, dass besondere Umstände, welche die Tätigkeit erleichtern oder erschweren, unmittelbar den für den vorläufigen Insolvenzverwalter maßgeblichen
153Bruchteil verringern oder erhöhen; vergl. BGH, B. vom 18. Dezember 2003 - IX ZB 50/03. Dies gilt auch für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Sachwalters.
154Letztlich ist die angemessene Vergütung für einen vorläufigen Sachwalter aber nicht durch Addition und Subtraktion einzelner Zu- und Abschläge, sondern im Rahmen einer Gesamtschau zu finden, die die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Dabei sind alle für die Vergütungsbemessung relevanten Gründe einheitlich zu betrachten. Eine isolierte Entscheidung über jeden in Frage kommenden Tatbestand, der einen Zu- oder Abschlag rechtfertigt, ist hingegen nicht angezeigt (BGH, B. v. 12.10.2016, IX ZB 127/04; abgedruD in ZInsO 2006, 257, 258). Dies sollte unabhängig davon, ob als Regelvergütung für einen vorläufigen Sachwalter von 15, 25 oder 60% der Regelvergütung eines Insolvenzverwalters ausgegangen wird, im Idealfall letztlich zur gleichen Vergütungshöhe führen.
155Im vorliegenden Fall beantragt der vorläufige Sachwalter für seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens Zuschläge im Umfange von 100 % der Regelvergütung eines Insolvenzverwalters.
156Mit Schreiben vom 19.8.2015 wurde der vorläufige Sachwalter vom Gericht auf etwaige Problemstellungen in Bezug auf die Festsetzung der vorläufigen Sachverwaltervergütung hingewiesen. Das Gericht hatte insoweit insbesondere auf die teils strittigen Fragestellungen in Bezug der Möglichkeit der Zuschlagsgewährung insgesamt sowie auch auf Art und Höhe von Zuschlägen im Speziellen hingewiesen. Dies auch unter Erwähnung der bisher bereits veröffentlichten Rechtssprechung des AG Essen vom 27.3.2015 - 163 IN 170/14 und des LG Bonn vom 11.10.2013 - 6 T 184/13.
157Der vorläufige Sachwalter nahm zu dem gerichtlichen Schreiben vom 2.9.2015 nochmals ausführlich Stellung. Sodann wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin mit Schreiben vom 9.9.2015 zu dem Vergütungsantrag sowie auch unter Beifügung des gerichtlichen Schreibens vom 19.8.2015 und der weiteren Stellungnahme des vorläufigen Sachwalters vom 2.9.2015 rechtliches Gehör und gleichzeitig die Gelegenheit zur Stellungnahme unter Fristsetzung gewährt.
158Eine Stellungnahme der Schuldnerseite wurde nicht abgegeben.
159Wegen des Umfanges des vorerwähnten Schriftverkehrs wird auf die ausführliche Wiedergabe des Inhalts der Schreiben an dieser Stelle verzichtet. Mit gerichtlicher Verfügung vom 7.1.2015 wurden dem vorläufigen Sachwalter überdies die rechtlichen Bedenken in Bezug auf die Berechnungsmasse mitgeteilt. Hierzu hat der Sachwalter mit Schreiben vom 12.1.2016 ausführlich Stellung genommen.
160Vorauszuschicken ist, dass es sich bei der Schuldnerin um einen wesentlichen Teil des von der Krankenhaus-Träger-GmbH gehaltenen Konzerns handelt. Die Schuldnerin betreibt jeweils ein Krankenhaus in F, T und H. Die Antragstellerin ist die umsatzstärkste Gesellschaft des Konzerns. Die Schuldnerin beschäftigte im Zeitraum des Eröffnungsverfahrens etwa 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Laut vorläufigem Jahresabschluss aus 2013 belaufen sich die Umsätze auf ca. 85.000.000,00 EUR. Darüber hinaus ist über das Vermögen zweier zum Konzern gehörenden Gesellschaften (100 % Töchter der Schuldnerin), nämlich der D-Dienstleistungsgesellschaft mbH und der K Klinik GmbH, ebenfalls das Insolvenzverfahren, hier als Regelinsolvenzverfahren, eröffnet worden. Der vorläufige Sachwalter ist in diesen beiden angeführten Verfahren als Insolvenzverwalter bzw. teils auch vorläufiger Insolvenzverwalter tätig geworden. Zudem stellte der Erhalt der einzelnen Krankenhausstandorte im Rahmen der übertragenden Sanierung bzw. durch Insolvenzplanlösung, aber auch die Übernahme der Arbeitnehmer bzw. die evtl. mit der Schließung von Standorten verbundenen arbeitsrechtlichen Fragestellungen, Aspekte dar, die von der eigenverwaltenden Schuldnerin im laufenden Eröffnungsverfahren zu erörtern und vorzubereiten waren. Auch ist das Verfahren von Beginn an medienwirksam begleitet worden. Aufgrund kirchlicher Trägerschaften sowie unterschiedlicher Beteiligung politischer Ebenen waren überdies zahlreiche Gespräche mit Shareholdern (Anteilseigner) und Stakeholdern (Interessengruppen) zu führen.
161Die Bewilligung etwaiger Zuschläge erfolgt hier im vorliegenden Fall im Rahmen der Gesamtbetrachtung. Gleichwohl geht das Gericht an dieser Stelle im Einzelnen auf die geltend gemachten Erhöhungsfaktoren wie folgt ein:
162aa) für die aufwändige Einbindung des vorläufigen Sachwalters und seiner Mitarbeiter in die Betriebsfortführung, in deren Rahmen Umsätze in Millionenhöhe getätigt wurden
163hier: 55 %
164Soweit teils die Auffassung vertreten wird, dass für eine bloße Betriebsfortführung kein gesonderter Zuschlag gewährt werden kann, da es sich dabei um eine Regelaufgabe des Sachwalters handelt (vgl. beispielsweise Haarmeyer/Mock; InsVV, 5. Auflage, Rdn. 22 zu § 12 InsVV, LG Bonn vom 11.10.2013 - 6 T 184/13 (juris) folgt das Gericht dem nicht. Vielmehr schließt sich das Gericht der Entscheidung des Amtsgerichts Essen vom 27.3.2015 - 163 IN 17014 (juris) insoweit an, als das die Gewährung eines Zuschlags für die Betriebsfortführung im Eigenverwaltungseröffnungsverfahren nicht generell ausgeschlossen ist, sondern einzelfallbezogen eine Bewertung der notwendigen Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters vorzunehmen ist.
165Zwar schließt sich das Gericht der Meinung an, dass eine bloße Betriebsfortführung nicht generell eine Erhöhung der Basisvergütung des vorläufigen Sachwalters rechtfertigt. Allerdings kann der damit einhergehende Aufwand des vorläufigen Sachwalters nur insoweit von der Basisvergütung abgedeckt sein, als dass dieser - im Verhältnis zu anderen Verfahren - als "normal" also dem Durchschnitt entsprechend - einzustufen ist.
166Das Gericht kann im vorliegenden Fall nicht erkennen, und soweit erfolgt auch kein Einwand von Seiten der Schuldnerin, dass der vorläufige Sachwalter über die Berechnungsmasse und einer Massemehrung im laufenden Eröffnungsverfahren durch Betriebsfortführung profitiert, arg. e § 3 Abs. 1 lit b) InsVV.
167Darüber hinaus ergibt sich für das Gericht aus Kenntnis der Verfahrensakte und dem bisherigen Verfahrensverlauf, aber auch aus dem Antrag des vorläufigen Sachwalters vom 9.6.2015 und dem ausführlichen weiteren Sachvortrag im Schriftsatz vom 2.9.2015, dass das Verfahren auch bzgl. des Eröffnungsverfahrens bereits - als über dem Durchschnitt liegend - einzustufen ist.
168Bei der Bemessung des Zuschlags ist aber auch § 270a Abs. 1 S. 1. InsO beachtlich. Ist der Antrag auf Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos, so soll das Gericht im Eröffnungsverfahren davon absehen, dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot aufzuerlegen oder anzuordnen, dass alle Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Dies ist auch im vorliegenden Fall erfolgt. Die eigenverwaltende Schuldnerin hat insoweit die Betriebsfortführung selbst vorzunehmen. Wie ausgeführt, treffen den vorläufigen Sachwalter insoweit in erster Linie Prüfungs- und Überwachungsaufgaben, die sich aus § 274 Abs. 2 und Abs. 3 InsO und § 275 InsO in Bezug auf die Betriebsfortführung ergeben. Aufgrund der Konzernstruktur und der sich aus Art und Größe des Unternehmens mit verschiedenen Standorten ergebenden Umfangs der notwendigen Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters hält das Gericht insoweit eine angemessene Erhöhung der Vergütung für angezeigt. Allerdings ist auch zu berücksichtigten, dass die Schuldnerin bereits mit Antragstellung durch einen versierten Rechtsanwalt, nämlich Herrn Dr. C aus X, als Generalbevollmächtigten bei der Betriebsfortführung und den Sanierungszielen unterstützt wird, welcher selbst seit vielen Jahren als Insolvenzverwalter von Gerichten auch in größeren Verfahren bestellt wird. Auch ist im vorliegenden Verfahren ein vorläufiger Gläubigerausschuss bereits unmittelbar nach Antragstellung eingesetzt worden, welcher ebenfalls im Sinne von §§ 21 Abs. 2 Nr. 1a i.V.m. 69 InsO den vorläufigen Sachwalter bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben unterstützen soll.
169Weiter ist anzuführen, dass unmittelbar nach Antragstellung des Eigenverwaltungsverfahrens durch das Gericht mit Beschluss vom 16.12.2014 unter entsprechender Anwendung von § 21 Abs. 1, § 55 Abs. 2 InsO eine Ermächtigung der Schuldnerin ausgesprochen worden ist, Verbindlichkeiten bis zu einer Höhe von maximal 24.000.000,00 EUR zu begründen und diese aus der Masse zu bezahlen.
170Das Kassenprüfungsrecht im Sinne von § 270a Abs. 2 InsO i.V.m. § 275 Abs. 2 InsO hat sich der vorläufiger Sachwalter nicht vorbehalten. Vom vorläufigen Sachwalter wurde nach eigenem Vortrag allerdings ein eng abgestimmtes Informations- und Freigabeverfahren installiert. Entsprechend der Entscheidung des AG Essen vom 27.3.2015 - Az.: 163 IN 170/14 - stellt die Initiierung eines Informations- und Freigabeverfahren ohne Ausübung des Kassenprüfungsrechtes im Sinne von § 275 Abs. 2 InsO keinen selbstständigen Zuschlagstatbestand dar.
171Das Gericht schließt sich letztlich der Auffassung an, dass zumindest in kleineren Eigenverwaltungsverfahren mit Betriebsfortführung grundsätzlich kein Zuschlagstatbestand gegeben ist und die Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters im Sinne von §§ 274, 275 InsO i.V.m. § 270a Abs. 2 InsO hier über die Basisvergütung als Bruchteil der Regelvergütung eines endgültigen Insolvenzverwalters abzugelten ist. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich hierbei jedoch um ein Eigenverwaltungsverfahren, welches als überdurchschnittlich von Art und Umfang her, einzustufen ist. Insoweit geht auch die Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters im Rahmen seiner Aufgabenzuweisung über das normale Maß hinaus und ist daher insoweit zuschlagsfähig.
172Das Gericht hält hier jedoch im Hinblick auf die Gesamtbetrachtung und unter dem Aspekt der Höhe der Berechnungsmasse unter Einbeziehung der Vermögenswerte, die mit Aus- und Absonderungsrechten belegt sind, aufgrund der Dauer des Eröffnungsverfahrens von knapp 2 1/2 Monaten und der Tatsache, dass auch auf schuldnerischer Seite ein Insolvenzrechtler als Generalbevollmächtigter der Schuldnerin tätig ist, einen Zuschlag von 50 % für angemessen.
173bb) für die umfangreiche Einbindung in "sämtliche wesentliche verfahrensleitende Gespräche und Entscheidungen des Generalbevollmächtigten mit der Geschäftsführung der Schuldnerin, dem C1 und potentiellen Übernahmeinteressenten"
174hier: 15 %
175cc) für die permanente Information und Einbindung des Gläubigerausschusses
176hier: 10 %
177Bezüglich der beantragten Zuschläge zu bb) und cc) ist anzuführen, dass auch die Zuschlagsgewährung insoweit nur dann erfolgen kann, wenn es sich um originäre Tätigkeiten eines vorläufigen Sachwalters handelt und die vorgenommenen Handlungen nicht bereits durch die Basisgrundvergütung abgegolten sind, sondern aufgrund eines erheblichen Tätigwerdens durch einen gesonderten Zuschlag abzugelten sind. Wesentlich ist auch hier, dass die Schuldnerin weiterhin über die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis verfügt und insoweit auch gegenüber C1 und potentiellen Übernahmeinteressenten im Rahmen von Finanzierungsfragen aber auch in Bezug auf Sanierungsaspekte selbstständig und eigenverantwortlich agiert. Bei der Abstimmung zwischen vorläufigem Sachwalter und dem Generalbevollmächtigten der Schuldnerin sowie der Geschäftsführung der eigenverwaltenden Schuldnerin ist zu berücksichtigten, dass es sich hier auf allen Seiten um professionelle Teilnehmer handelt. Dies dürfte die Abstimmung untereinander erheblich erleichtern. Der damit verbundene Aufwand des vorläufigen Sachwalters stellt nach gerichtlicher Auffassung keinen eigenen Zuschlagstatbestand dar, sondern ist über die Basisgrundvergütung abgedecht. Wie bereits an anderer Stelle betont, sind jedoch bereits im Eröffnungsverfahren zur Aufrechterhaltung des schuldnerischen Betriebes aber auch zur Vorbereitung etwaiger Sanierungslösungen eine Reihe von Gesprächen mit Vertretern der kirchlichen Trägerschaften und etwaigen möglichen Investoren erforderlich gewesen. Die geeignete Einbindung des vorläufigen Sachwalters kann hier nach Auffassung des Gerichts unter die Vorschriften des §§ 274, 275 InsO subsumiert werden. In Bezug auf die Information des Gläubigerausschusses ist auszuführen, dass es sich hierbei ebenfalls um eine originäre Aufgabe des vorläufigen Sachwalters handelt (vgl. beispielsweise Rückschluss aus § 274 Abs. 3 InsO) und mit der Basisvergütung abgegolten ist, wenn es sich um ein normales Verfahren handelt.
178Im vorliegenden Fall ist jedoch nachvollziehbar, dass der Gläubigerausschuss in diesem besonderen Verfahren während des Zeitraumes des Eröffnungsverfahrens über den Verfahrensverlauf und etwaige Gespräche mit Investoren über das gebotene Maß hinaus informiert werden musste. Wie aus einem Antrag auf Vorschussgewährung des Gläubigerausschussmitgliedes T1 ersichtlich, haben am 15.12.2014 (17-19 Uhr), 23.12.2014 (11-13 Uhr), 23.2.2015 (15-18 Uhr) und am 26.2.2015 (16-18.45 Uhr) Gläubigerausschusssitzungen stattgefunden. Wie der vorläufige Sachwalter in seinem Antrag vom 9.6.2015 auch ausführt, fanden permanent Gläubigerausschusssitzungen statt - entweder als Präsenzsitzungen oder als Telefonkonferenz. Darüber hinaus habe er noch die Protokollführung in einer Vielzahl von Sitzungen übernommen.
179Aus gerichtlicher Sicht ist hier die Tätigkeit des Sachwalters in Bezug auf den Informationsaustausch des Gläubigerausschusses zwar im Rahmen seiner Tätigkeit als vorläufiger Sachwalter erfolgt (die Übernahme der Tätigkeit als Protokollführer gehört nicht dazu); allerdings ist die Tätigkeit als solches als nennenswert nicht aber als erheblich im Sinne der Zuschlagsgewährung gem. § 3 InsVV zu sehen. Insoweit gilt der Aufwand des vorläufigen Sachwalters mit der Basisvergütung als abgegolten.
180Für den Teilbereich unter bb) wird ein Zuschlag in Höhe von 10 % der Regelvergütung als angemessen angesehen.
181dd) für den gesamten arbeitsrechtlichen Themenkomplex wie Insolvenzvorfinanzierung der Löhne und Gehälter von knapp 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; Mitarbeiterinformationsveranstaltungen; Erörterung kollektivarbeitsrechtlicher Fragestellungen (parallel hierzu Abgrenzung auch zu arbeitsrechtlichen Themen im Parallelverfahren einer zum Krankenhauskonzern gehörenden Dienstleistungsgesellschaft, in welcher der vorläufige Sachwalter zum vorläufigen Verwalter und endgültigen Verwalter bestellt worden war). Anzumerken ist, dass in Bezug auf die arbeitsrechtliche Themenstellung auch der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt G, involviert war. Der vorläufige Sachwalter macht für den arbeitsrechtlichen Bereich einen Zuschlag in Höhe von 20 % geltend.
182Nach dem Dafürhalten des Gerichts stellt die Insolvenzgeldvorfinanzierung der Löhne und Gehälter, die Mitarbeiterinformation, aber auch die Klärung arbeitsrechtlicher Fragestellungen eine Grundaufgabe der eigenverwaltenden Schuldnerin dar. Soweit sich Fragestellungen auf das Parallelverfahren über das Vermögen der Dienstleistungsgesellschaft erstrecken, muss der vorläufige Sachwalter diesen Aufwand ggf. im Rahmen seiner Tätigkeit als vorläufiger oder endgültiger Insolvenzverwalter dort vergütungsrechtlich zuordnen. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, wird der vorläufige Sachwalter hier lediglich überwachend tätig (vgl. hierzu auch LG Dessau-Roßlau, B. v. 29.1.2015 - 8 T 94/14; Ablehnung eines Zuschlags für anfallende Arbeitnehmerangelegenheiten; Zuschlagsmöglichkeit im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes).
183Im Übrigen kann nicht außer Acht gelassen werden, dass in arbeitsrechtlichen Themen neben dem vorläufigen Sachwalter auch der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt G, involviert war.
184Gleichzeitig sieht das Gericht jedoch im vorliegenden Fall auch erhebliche Informationsnotwendigkeiten gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des schuldnerischen Unternehmens gegeben. So war auch bereits zu Beginn des Verfahrens aufgrund zahlreicher Medienberichte eine große Verunsicherung auf Seiten der Mitarbeiter, insbesondere am Standort F, gegeben. Auch die Tatsache, dass sich die knapp 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf 3 Standorte verteilten und es sich hierbei um ein Krankenhausbetrieb handelt (insbesondere musste zum Fortbetrieb des Unternehmens verhindert werden, dass Fachpersonal zumindest unkontrolliert und in größerer Anzahl gingen und somit die medizinische Versorgung ggf. gefährdet wurde) darf allerdings nicht unberücksichtigt bleiben.
185Das Gericht hält insoweit hier für den erheblichen Mehraufwand bezogen auf den Themenkomplex Mitarbeiterinformation und Überwachung der Insolvenzgeldvorfinanzierung der Löhne und Gehälter einen Zuschlag von 10 % für gerechtfertigt und angemessen.
186Abschließend bleibt festzuhalten, dass das Gericht bei der Vergütungsfestsetzung - errechnet von einer Berechnungsmasse von 25.404.200,00 EUR - und einem sich daraus gem. § 2 InsVV zu berechnenden einfachen Regelwert von 531.792,00 EUR, ausgeht.
187Soweit der Antragsteller in seinem Antrag vom 9.6.2015 bei der Regelvergütung von dem 1,15 fachen Betrag des einfachen Regelwertes, hier also 611.560,80 EUR netto, ausgeht, folgt das Gericht nicht vollumfänglich den Ausführungen des vorläufigen Sachwalters.
188Antragsteller und Gericht stimmen danach überein, dass die Basisvergütung des vorläufigen Sachwalters sich im Normalfall auf einen Betrag des 0,15 fachen Anteils (15 %) des einfachen Regelwertes beläuft.
189Soweit vom vorläufigen Sachwalter allerdings ein Zuschlag in Höhe des einfachen Regelwertes (Zuschlag von 100 %) beantragt wird, folgt das Gericht dem gestellten Antrage nicht vollumfänglich.
190Das Gericht sieht hier Zuschläge in Höhe des 0,70 fachen Betrages des Regelwertes (Zuschläge von 70 %) als angemessen an. Hierbei hat das Gericht versucht, die Zuschläge auch im Verhältnis zu der derzeit nach herrschender Auffassung zuzubilligenden Basisvergütung für den vorläufigen Sachwalter abzuwägen. Soweit der Antragsteller in seiner Stellungnahme vom 12.1.2016 auf Seite 7 unter Ziffer 3 auch vorträgt, dass der Generalbevollmächtigte für seine Tätigkeit im Eröffnungsverfahren insgesamt 758.336,36 EUR netto abgerechnet hat, wird dies vom Gericht unkommentiert zu Kenntnis genommen. Das Gericht hat insoweit nicht über den vergütungsrechtlichen Anspruch des Generalbevollmächtigten zu bescheiden. Inwieweit hier die Aufgaben und Tätigkeiten des Generalbevollmächtigten mit den Aufgaben des vorläufigen Sachwalters im Eröffnungsverfahren vergleichbar sind, ist an dieser Stelle nicht weiter auszuführen.
191Das Gericht hat im Rahmen der Entscheidung über die Zuschläge nicht über jeden einzelnen Zuschlagsfaktor zu bescheiden; vielmehr erfolgt letztlich eine Gesamtbewertung der Tätigkeiten des vorläufigen Sachwalters im Rahmen der Gesamtschau. Soweit das Gericht den Zuschlägen in Höhe des gestellten Antrages nicht vollumfänglich gefolgt ist, ergibt sich hieraus keine "Leistungsbewertung". Vielmehr hat das Gericht versucht, die Tätigkeiten nach Art und Umfang zu erfassen und in Bezug auf die Fragestellung des Aufgabengebietes des vorläufigen Sachwalters abzugrenzen. Soweit die Tätigkeit dem Aufgabengebiet des vorläufigen Sachwalters zuzuordnen ist, bestand die weitere Fragestellung darin, ob hier ggf. eine nennenswerte aber nicht erhebliche Befassung des vorläufigen Sachwalters vorlag.
192Nach Auffassung des Gerichts stellt sich in eigenverwaltenden Verfahren im Rahmen der Gesamtschau auch die Frage, welchen Einfluss ggf. die Bestellung eines schuldnerischen Beraters mit insolvenzrechtlichen Kenntnissen und Fähigkeiten auf die Tätigkeit und die Vergütung des vorläufigen Sachwalters hat.
193Wie bereits aufgezeigt, führt die Prüfungs- und Überwachungsaufgabe des vorläufigen Sachwalters, soweit man der Auffassung von Schur folgt, zu einer Art „Aufgabendoppelung“. Der eigenverwaltende Schuldner behält die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und überwiegend seine Selbstständigkeit und seine Kompetenzen. Gleichzeitig wird ihm im Falle der Zubilligung des Sicherungsbedarfs gem. § 270a Abs. 1 S. 2 InsO in der Person eines vorläufigen Sachwalters jemand beiseite gestellt, der beratende und überwachende Funktion übernimmt. Soweit die eigenverwaltende Schuldnerin - wie im vorliegenden Falle - insolvenzrechtliche Kompetenzen "einkauft" und dieser das Verfahren letztlich tagtäglich begleitet, dürfte dieses zumindest die Durchführung des Eigenverwaltungsverfahrens auch für den vorläufigen Sachwalter erleichtern, zumindest im Bereich der beratenden Funktion und der Betreuung des Schuldners bzw. des schuldnerischen Unternehmens in insolvenzspezifischen Angelegenheiten. Dabei wird nicht übersehen, dass der vorläufige Sachwalter trotz der weiteren insolvenzrechtlichen Kompetenz auf Seiten des Schuldners seine Aufgaben im Sinne von §§ 274, 275 InsO i.V.m. § 270a Abs. 1 S. 2 InsO gewissenhaft wahrzunehmen hat.
194Ferner hat das Gericht auch die nicht gänzlich unbestrittene Einbeziehung der Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen und somit die Höhe der Berechnungsmasse unter Gesichtspunkten der Angemessenheit in seine Entscheidung über die weiter zu gewährenden Zuschläge einfließen lassen.
195Insgesamt hält das Gericht die Vergütung des vorläufigen Sachwalters im vorliegenden Verfahren wie folgt für angemessen:
1961. Basisvergütung des vorläufigen Sachwalters als Bruchteil der Regelvergütung des Sachwalters §§ 11, 12 InsVV i.V.m. §§ 270a Abs. 1 S. 2, 274 Abs. 1, 63-65 InsO
19715 % des einfachen Regelwertes von 531.792,00 EUR gem. § 2 InsVV (ausgehend von der Berechnungsmasse 25.404.200,00 EUR)
198nebst weiteren 70 % des einfachen Regelwertes von 531.792,00 EUR als Zuschlagsfaktoren im Sinne von § 3 InsVV
199insgesamt somit Vergütung in Höhe des 0,85 fachen Betrages des einfachen Regelwertes (85 %) = 452.023,20 EUR
2002) Umsatzsteuer 19 % von 452.023,20 EUR 85.884,41 EUR
201Summe: 537.907,61 EUR.
202Soweit der Antrag des vorläufigen Sachwalters auf Festsetzung über den vorgenannten Gesamtbetrag hinausgeht, war dieser zurückzuweisen.
203Rechtsmittelbelehrung:
204Gegen die Vergütungsfestsetzung ist die sofortige Beschwerde gem. § 64 Abs. 3 InsO; § 567 Abs. 2 ZPO an das Amtsgericht Münster statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Sie steht, soweit beschwert, der Verwalterin/dem Verwalter und der Schuldnerin/dem Schuldner zu.
205Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Münster, Gerichtsstr. 2-6 schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes erklärt werden.
206Die sofortige Beschwerde muss innerhalb von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Münster eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde.
207Die Frist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung. Zum Nachweis der Zustellung genügt auch die öffentliche Bekanntmachung. Diese gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der unter www.insolvenzbekanntmachungen.de erfolgten Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Maßgeblich für den Beginn der Beschwerdefrist ist der frühere Zeitpunkt.
208Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie soll begründet werden.
209Münster, 18.01.2016
210Amtsgericht
211Unterschrift
212Rechtspfleger
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