Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (3. Berufungskammer) - 3 Sa 219/19

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 18.10.2019 sowie das Ergänzungsurteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 11.11.2019 jeweils zum Aktenzeichen 4 Ca 1405/18 teilweise abgeändert und der Tenor insoweit zur Klarstellung einheitlich wie folgt neu gefasst:

1. In teilweiser Abänderung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts Rostock vom 20.03.2019 – 4 Ca 1405/18 – wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 2.500,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2016 zu zahlen.

2. Im Übrigen bleibt das klageabweisende Versäumnisurteil vom 20.03.2019 aufrechterhalten.

3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtstreites trägt die Klägerin zu 94 % und die Beklagte zu 6 %.

III. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen von der Klägerin behaupteter Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Gesundheitsverletzungen durch Mobbinghandlungen insbesondere ihrer unmittelbaren Vorgesetzten bzw. wegen von der Klägerin behaupteter Verletzungen des AGG durch die Beklagte.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten von 1986 bis zum 30.11.2019 als Sachbearbeiterin im Amt für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Wirtschaft, Sachgebiet Sanierungsplanung und Stadtplanung mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von zuletzt 35 Stunden bei einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 beschäftigt. Seit dem 21.01.2003 ist die Klägerin einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. In der Zeit von 1975-1980 absolvierte die Klägerin an der TU D. das Architekturstudium.

3

Bereits im Mai 2007 kam es nach Darstellung der Klägerin zu Störungen im Arbeitsverhältnis. So wandte sie sich an den Schwerbehindertenvertreter und an den Personalrat und bat diese Gremien wegen des Verhaltens ihres damaligen Amtsleiters, Herrn W., um Unterstützung. Hintergrund war die Streitigkeit zur Frage der rechtzeitigen Abgabe einer Bescheinigung des Rentenversicherungsträgers zur Bewilligung einer stationären Kur für die Klägerin.

4

Mit den Schreiben vom 01.11.2010 und vom 16.11.2011 wandte sich die Klägerin an ihren nunmehrigen Amtsleiter, Herrn M. und an den Personalrat, die Schwerbehindertenvertretung und das Personalamt der Beklagten. Diesbezüglich erhob die Klägerin wiederholt den Vorwurf, ihre unmittelbare Vorgesetzte, Frau E., würde sich ihr gegenüber nicht korrekt verhalten. Infolge der angespannten Situation wurde mit der Klägerin und ihrer unmittelbaren Vorgesetzten am 06.10.2011 ein Mediationsverfahren durchgeführt. Sowohl nach Ansicht der Klägerin, als auch nach Auffassung der unmittelbaren Vorgesetzten, Frau E., führte das Mediationsverfahren im Ergebnis nicht zu einer Verbesserung der Situation.

5

Im Jahr 2010 fiel die Klägerin aufgrund Erkrankung an 154 Arbeitstagen aus. Im Jahr 2011 ergaben sich 13 krankheitsbedingte Ausfalltage, im Jahr 2012 93 Arbeitstage, im Jahr 2013 246 Arbeitstage, im Jahr 2014 158 Arbeitstage, im Jahr 2015 192 Arbeitstage, im Jahr 2016 58 Arbeitstage, im Jahr 2017 215 Arbeitstage, im Jahr 2018 90 Arbeitstage sowie im Jahr 2019 59 Arbeitstage wegen Arbeitsunfähigkeit. Es ergaben sich in diesem Zusammenhang fünf stationäre Behandlungen in der Zeit vom 06.04.2010 bis zum 18.05.2010, in der Zeit vom 02.07.2013 bis zum 20.08.2013, in der Zeit vom 01.08.2014 bis zum 05.09.2014, in der Zeit 10.02.2016 bis zum 02.03.2016 sowie in der Zeit vom 18.04.2017 bis zum 23.05.2017. Neben den stationären Aufenthalten wurde die Klägerin in der Zeit vom 31.03.2015 bis 28.05.2015 und vom 11.10.2017 bis zum 21.12.2017 in der Tagesklinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin R. als auch vom 14.01.2019 bis 08.02.2019 im Klinikum S. R. teilstationär behandelt.

6

Bei der Beklagten existiert eine Dienstvereinbarung zur Konfliktbewältigung und zum Schutz der Beschäftigten gegen Mobbing am Arbeitsplatz (künftig die DVK, Blatt 32 ff. Bd. 1 d. A.). Zudem existiert bei der Beklagten eine allgemeine Dienst-und Geschäftsanweisung (künftig die DGA, Blatt 4 ff. Bd.1 d. A.).

7

Zwischenzeitlich kam es zwischen den Parteien immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. In einem Verfahren ging es um die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit. Das Verfahren endete 2008 in der zweiten Instanz mit einem Vergleich mit dem Inhalt der Weiterbeschäftigung der Klägerin auf der Grundlage einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren aus dem Jahr 2015 verständigten sich die Parteien darauf, dass die Klägerin mit der stufenweisen Wiedereingliederung in das Arbeitsleben am 28.09.2015 beginnen konnte. In einem weiteren Verfahren aus dem Jahr 2016 zur Frage der rechtzeitigen Wiedereingliederung der Klägerin verständigten sich die Parteien auf eine Zahlung durch die Beklagte an die Klägerin in Höhe von 1200,00 Euro. Schließlich führte die Klägerin gegen die Beklagte im Ergebnis erfolglos einen Rechtsstreit zur Auszahlung von Leistungsentgelt in Höhe des Teilbudgets 2008-2013.

8

Mit dieser am 30.12.2016 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage machte die Klägerin zunächst einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 15.000,00 Euro sowie die Feststellung zur Ersatzpflichtigkeit weitergehender Schäden gegenüber der Beklagten geltend.

9

Mit Versäumnisurteil vom 20.03.2019 wies das Arbeitsgericht die Klage ab.

10

Gegen das am 24.03.2019 zugestellte Versäumnisurteil legte die Klägerin fristgemäß mit Schriftsatz vom 29.03.2019 (Gerichtseingang 29.03.2019) Einspruch ein. Mit Schriftsatz vom 05.04.2019 hat die Klägerin die Klage erweitert und erstinstanzlich beantragt, das Versäumnisurteil vom 20.03.2019 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen „Schmerzensgeldbetrag“ in Höhe von 30.000,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aufgrund der Mobbing-Übergriffe seit April 2009 erwachsen sind oder noch erwachsen werden.

11

Mit Urteil vom 18.10.2019 hatte das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil vom 20.03.2019 aufrechterhalten und zur Begründung im Ergebnis ausgeführt, schadensersatzbegründende Fehlverhalten durch die Beklagte seien bereits auf der Grundlage des weitgehend unsubstantiierten Vortrages der Klägerin nicht feststellbar. Auch eine Gesamtwürdigung des Sachverhaltes nach den Voraussetzungen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führe zu keinem anderen Ergebnis.

12

Gegen diese am 23.10.2019 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 25.11.2019 (Montag) bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Klägerin nebst der – nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung – rechtzeitig am 23.01.2020 eingegangenen Berufungsbegründung.

13

Da in dem Urteil des Arbeitsgerichts vom 18.10.2019 versehentlich die Klageabweisung im Übrigen unterblieben ist, hat sich das erstinstanzliche Gericht rechtlich verpflichtet gesehen, diesen Umstand im Wege des Ergänzungsurteils vom 11.11.2019 zu beheben.

14

Gegen das am 14.11.2019 zugestellte Ergänzungsurteil richtete sich die am 13.12.2019 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene weitere Berufung der Klägerin. Diesbezüglich hat die Klägerin fristgemäß die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.02.2020 beantragt. Die entsprechende Berufungsbegründung ist nach dem Eingangsstempel am 15.02.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen. Nach gerichtlichem Hinweis mit Verfügung vom 20.02.2020 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.03.2020 (Gerichtseingang 05.03.2020) diesbezüglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

15

Mit Beschluss vom 19.02.2020 hat das Landesarbeitsgericht die Berufungen verbunden und das ältere Verfahren 3 Sa 219/19 im Einvernehmen mit den Parteien zur führenden Akte bestimmt.

16

Die Klägerin hält an ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung fest und behauptet, die Beklagte habe sie über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren ehrverletzend behandelt und damit ihr Persönlichkeitsrecht verletzt und ihre Gesundheit sowie die Rechte nach dem AGG, weshalb die Beklagte gegenüber der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet sei. Zur besseren Übersicht und zum besseren Verständnis ist der Tatsachenvortrag der Klägerin zeitlich sowie inhaltlich blockweise gegliedert.

A.

17

Vorwürfe der Klägerin gegenüber der Beklagten in der Berufungsinstanz (teilweise erweitert gegenüber dem erstinstanzlichen Vortrag) bezüglich ihrer Person und Situation im Allgemeinen

I.

18

Block 1: Mai 2007 bis Oktober 2010

19

Für den genannten Zeitraum geht es im Wesentlichen um drei Lebenssachverhalte, die sich im Mai 2007 und 2009 nach dem Vortrag der Klägerin zugetragen haben sollen.

a.

20

Die Klägerin behauptet, der damalige Amtsleiter, Herr W., habe ihr im Mai 2007 zu Unrecht vorgeworfen, sie habe eine Bescheinigung des Rentenversicherungsträgers zur Bewilligung einer stationären Kur verspätet eingereicht. Die damalige Sachgebietsleiterin und unmittelbare Vorgesetzte, Frau E., habe die Klägerin diesbezüglich angeschwärzt. Durch den damaligen Amtsleiter R. seien hier folgende Vorwürfe zu Unrecht gemacht worden:

21

Mit der verspäteten Abgabe der Bescheinigung des Rentenversicherungsträgers habe sie eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt; sie sei verpflichtet gewesen, den Amtsleiter schon vorher über die Bescheinigung zu informieren; sie habe schon wieder etwas abgeschickt, ohne den Amtsleiter vorher zu informieren; die unmittelbare Vorgesetzte, Frau E., sei nicht informiert worden; sie sei verpflichtet gewesen, den Amtsleiter im Hinblick auf den Antrag auf Arbeitszeitveränderung vorher anzusprechen; entgegen dem ärztlichen Attest habe sie einen Antrag auf Vollbeschäftigung gestellt; in diesem Zusammenhang habe der Amtsleiter geäußert, er sei mit ihr fertig. Er verstehe gar nicht, wie es ihr Mann mit ihr aushalten könne.

b.

22

Im März/April 2009 habe die Klägerin eine vierseitige planungsrechtliche Stellungnahme gefertigt. Diese Stellungnahme sei der Sachgebietsleiterin inhaltlich nicht bekannt gewesen. Vor allen Kollegen habe die Sachgebietsleiterin, Frau E., der Klägerin das Manuskript aus der Hand gerissen, sich drohend vor ihr aufgebaut und sie mit dem Manuskript in der Hand wedelnd angeschrien, die Arbeit würde den Vorstellungen der Sachgebietsleiterin nicht entsprechen. Der Klägerin sei nicht mitgeteilt worden, weshalb die Arbeit nicht in Ordnung gewesen sein solle. Die Sachgebietsleiterin habe sich diesbezüglich an den – neuen - Amtsleiter M. gewandt. Kurz danach habe sie der Klägerin das Manuskript zukommen lassen mit Notizen, die nur gegen die Person der Klägerin gerichtet gewesen seien und die sinngemäß eine Auflistung enthalten habe, wann die Klägerin Vorhaben erledigt oder noch nicht erledigt habe.

23

Die Klägerin habe berechtigt den Eindruck, die Sachgebietsleiterin wolle sie absichtlich auflaufen lassen. Dies werde auch daran deutlich, dass die Sachgebietsleiterin sich nicht um eine Vertretung während der Erkrankung vom 19.02.2009 bis 27.02.2009 und vom 12 bis 27.03.2009 gekümmert habe.

c.

24

Während ihrer Erkrankung von März 2009 bis Juli 2010 habe es einen weiteren Vorfall gegeben. Anfang Oktober 2009 habe sie versehentlich die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit verspätet gemeldet. Dies sei – insoweit unstreitig – zum Anlass genommen worden, beim Personalamt eine schriftliche Auskunft anzufordern, wie mit einer verspäteten Krankmeldung umgegangen werden müsse. Das Antwortschreiben der Abteilung Personalmanagement an den Amtsleiter, welches nicht allgemein abgefasst gewesen sei, sondern in dem die Klägerin namentlich benannt gewesen sei und welches einen Verstoß gegen allgemeine Arbeitspflichten mit Hinweis auf mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen enthalten habe, sei dann – insoweit unstreitig – als „Tischinfo“ im Beratungsraum ausgelegt worden, was einem diffamierenden Aushang am „schwarzen Brett“ gleichzusetzen sei. Die Klägerin sei an den Pranger gestellt worden. Die „Schichtinformation“ an alle Kollegen mit den Namen der Klägerin habe die Klägerin – insoweit unstreitig – erst nach Rückkehr an den Arbeitsplatz in den Beratungsraum vorgefunden. Demzufolge habe sich die Information während der gesamten krankheitsbedingten Abwesenheit – insoweit unstreitig – mit Namen und Daten der Klägerin in dem Raum gefunden.

II.

25

Block 2: Juni 2010 bis August 2014

26

Nach eineinhalbjähriger Abwesenheit und Rückkehr an den Arbeitsplatz im Juni 2010 im Rahmen eines „Hamburger Modells“ und einem dazugehörigen Stufenplan über acht Wochen beginnend mit zwei Stunden in der ersten Woche sei die ehrverletzende Behandlung der Klägerin insbesondere durch die unmittelbare Vorgesetzte, Frau E., fortgesetzt worden. In der Zeit ihrer Abwesenheit sei keine Ablage vorgenommen worden. Ihr Schreibtisch sei mit erledigten Bauanträgen zugestellt gewesen. Eine Einarbeitung sei so nicht möglich gewesen. Ihre Vorgesetzte habe ihr eine Aufstellung der zu übernehmenden Arbeitsaufgaben während der Eingliederungsphase unabgestimmt übergeben. Während der ersten Arbeitsberatung habe die Vorgesetzte dann eine Übersicht an die Klägerin gegeben, in welchen Wochen der stufenweisen Wiedereingliederung welche Stadtteile an sie bezüglich der Bearbeitung von Bauanträgen, Anfragen etc zurückübertragen worden seien, verbunden mit dem Hinweis, dass diese Übersicht mit dem Amtsleiter abgestimmt sei und die Klägerin alles parallel abzuarbeiten habe. Diese Planung sei über den Kopf der Klägerin und ohne ihre Einbindung vorgegeben worden und ohne zu wissen, welche Anforderungen an die Klägerin hätten stufenweise gestellt werden können und dürfen. Die knappe Form der Übergabe und der bestimmende Tonfall habe jeweils deutlich gemacht, dass die Vorgesetzte keine Widerrede dulden würde. Der Ton der Vorgesetzten sei mit einem militärischen Befehlston zu vergleichen gewesen. Der Umfang der übertragenen Tätigkeiten sei nur durch eine Vollzeitarbeitskraft zu bewältigen gewesen. Keinesfalls sei es der Klägerin möglich gewesen, die übertragenen Aufgaben im Rahmen des Stufenplanes zur Wiedereingliederung zu bewältigen. Die diesbezüglichen Hinweise der Klägerin seien durch die Vorgesetzte nicht aufgegriffen worden. Auch ein persönliches Gespräch mit dem Amtsleiter habe keine Besserung gebracht. Aus dieser Vorgehensweise erkenne man die Angriffe gegen die Arbeitsleistung und das Leistungsvermögen der Klägerin durch die Anordnung von systematisch überfordernden Tätigkeiten, die Zuweisung von objektiv zu viel Arbeit, was einem „Zuschütten“ gleichkomme. Damit verbunden seien Angriffe gegen das Selbstwertgefühl der Klägerin durch eine weitere Demütigung, Erniedrigung, Häme und Abwertung gegeben gewesen, in dem die krankheitsbedingt persönlichen Schwächen publik gemacht worden seien.

27

Aufgrund einer Sondervereinbarung sei es der Klägerin möglich gewesen, montags, mittwochs und freitags die Arbeitszeit um 13:00 Uhr zu beenden. Als sich der Zeitraum dieser Arbeitszeitregelung dem Ende geneigt habe und die Klägerin sich noch nicht beim Amtsleiter um einen Termin für die geplante Auswertung und Verlängerung der Regelung bemüht habe, habe die Vorgesetzte die Möglichkeit genutzt, die Arbeitsberatung von Dienstagfrüh auf den Montag, den 01.11.2010, um 14:00 Uhr zu verlegen. Den Termin habe sie am 29.10.2010 (Freitag) um 14:00 Uhr verschickt, als die Klägerin bereits Feierabend gehabt habe, was der Vorgesetzten bekannt gewesen sei. Die Terminänderung habe sie deshalb erst am Montag zur Kenntnis nehmen können, so dass sie den Termin nicht habe wahrnehmen können, weil sie ihre Mutter habe pflegen müssen. Da noch nicht über das Beibehalten der Proberegelungen abschließend befunden worden sei, habe die Sonderregelung weiter gegolten, so dass die Vorgesetzte die Klägerin habe nicht anweisen dürfen, am Montag um 14:00 Uhr an der Beratung teilzunehmen. Es habe sich zweifelsohne um Angriffe gegen die Arbeitsleistung und das Leistungsvermögen der Klägerin einschließlich eines bewussten Überraschungsangriff (zum Beispiel plötzliche Änderung der Termine) in Kenntnis der sozialen Situation der Klägerin gehandelt.

28

Die Beklagte sei aufgrund der durchgeführten BEM-Gespräche schon früh über das krankmachende Mitarbeiter-Vorgesetzten-Verhältnis informiert gewesen. Es sei zwar bereits 2010 anlässlich eines solchen Gespräches über eine Umsetzung innerhalb des Amtes gesprochen worden. Dazu sei es jedoch nie gekommen. Über die entsprechenden Prüfungen durch das Amt sei die Klägerin nie informiert worden. Die Klägerin sei im Konfliktfeld, das von den Handlungen der Vorgesetzten geprägte gewesen sei, verblieben. Eine Besserung der Situation sei nicht eingetreten, obwohl der Amtsleiter ebenfalls informiert gewesen sei. Trotz persönlicher Unterstützungsanforderung sei auch durch den Amtsleiter eine Verbesserung der Situation nicht herbeigeführt worden. Die Klägerin habe sich zu Recht ohnmächtig und alleingelassen gefühlt. Es seien dann weitere BEM-Gespräche und ein Mediationsverfahren durchgeführt worden, die ohne Erfolg geblieben seien, wobei die Vorgesetzte auch nur unwillig an dem Mediationsverfahren teilgenommen habe.

29

Am 24.10.2012 habe die Klägerin von ihrer Vorgesetzten die Aufforderung erhalten, das Login und das Passwort für den E-Mail-Account für alle öffentlich einsehbar und zugänglich bei den Urlaubsscheinen abzulegen. Einziges Motiv sei das Herbeiführen einer absoluten Kontrolle gewesen. Die Klägerin habe daraufhin gegenüber dem Amtsleiter angekündigt, den Datenschutzbeauftragten einzuschalten. Eine Reaktion des Amtsleiters darauf sei nicht erfolgt. Am 03.12.2012 sei sie erneut erkrankt. Als sie nach vier Wochen an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sei, habe sie ihre an ihre Vorgesetzte gerichtete E-Mail mit den offenen Bauanträgen auf dem Tisch liegend vorgefunden, von denen einige wenige an andere Mitarbeiter übertragen worden seien, aber die meisten mit dem Vermerk „liegen lassen“ noch vorhanden gewesen seien. Deshalb seien in der Zwischenzeit die Bearbeitungszeiträume dieser Anträge überschritten worden, so dass die Klägerin schon am ersten Tag in Panik bezüglich des Aufgabenberges verfallen sei und nach fünf Tagen am Arbeitsplatz abermals erkrankt sei. Der Vermerk „liegen lassen“ habe nur den Sinn gehabt, dass die Sachen in die „Verfristung“ gehen und nach den zugrundeliegenden Normen jeweils die Zustimmungsfiktion zur Folge gehabt habe, um es der Klägerin anschließend wiederum vorzuhalten. Auch hier handele es sich um fortgesetzte Angriffe gegen das Selbstwertgefühl der Klägerin durch eine ruppige Redeweise mit ihr als Betroffene, die Unterstellung von Dummheit und Begriffsstutzigkeit, aber auch um Angriffe auf das Leistungsvermögen durch gezieltes „Liegenlassen“ von Vorgängen und damit verbunden um eine Zuweisung von objektiv zu viel Arbeit unter Verweigerung von Hilfe und Unterstützung.

30

Im Februar 2014 und im Juni 2014 seien zwei weitere BEM-Gespräche geführt worden. Inhalt dieser Gespräche sei wiederum die Konfliktsituation zwischen der Klägerin und insbesondere der vorgesetzten Sachgebietsleiterin gewesen. Es seien Möglichkeiten erörtert worden, die Klägerin in anderen Abteilungen zu beschäftigen. Außerdem habe die Klägerin im Februar 2014 selbst beantragt, auf die Stelle der Sachbearbeiterin verbindliche Planung/Bebauungsplan/Bauvorhaben versetzt zu werden. Alle diesbezüglichen Überlegungen seien ohne Erfolg geblieben. Dies lasse nur den Schluss zu, dass die Beklagte sehenden Auges die Klägerin dort belassen habe, wo sie den Anfeindungen ihrer Vorgesetzten ausgesetzt gewesen sei.

III.

31

Block 3: ab September 2014

32

Am 10.9.2014 sei die Klägerin im Rahmen einer vierwöchigen Wiedereingliederungsmaßnahme an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt. Die stufenweise Wiedereingliederung habe keinen erfolgversprechenden Verlauf genommen. Die Klägerin habe sich deshalb um eine Verlängerung der Wiedereingliederungsmaßnahme bemüht, was die Beklagte jedoch rechtsgrundlos abgelehnt habe. Die daraufhin vom Personalamt angeordnete amtsärztliche Untersuchung (Blatt 88, Bd. 1 d. A.) habe ergeben, dass ein Rückfall im Fall der Fortdauer des Konfliktes am Arbeitsplatz drohe. Trotz der umfassenden Kenntnisse über die Konfliktsituation mit der Vorgesetzten seien weiterhin Angriffe gegen die Klägerin gefahren und vom Amtsleiter geduldet worden. Das Selbstwertgefühl der Klägerin sei massiv beeinträchtigt worden. Die Umstände seien mit einer ruppigen Redeweise, Erniedrigung, Unterdrückung durch verbale Dominanz, Angriffe gegen das soziale Ansehen im Beruf und Demütigungen im Beisein Dritter verbunden gewesen. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um einen massiven Angriff durch Verhinderung der Verlängerung der Einarbeitungsphase im Rahmen des Hamburger Modells auf den Bestand des Beschäftigungsverhältnisses gehandelt habe und absichtlich eine schlechte berufliche Beurteilung mit der Behauptung von Schlechtleistung vorgenommen worden sei.

33

Am 24.10.2014 sei die Klägerin mit dem Entwurf einer „Vereinbarung zum Arbeitsantritt von Frau B, im Rahmen einer BEM“ überfallen worden. Es sei der Beklagten rechtsgrundlos und rechtswidrig ausschließlich darum gegangen, die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung und der geringeren Belastbarkeit in der Gehaltsgruppe herunterzustufen. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, dieses aufgezwungene Gespräch mit dem Ziel der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zu führen. Damit seien wieder Angriffe gegen die Arbeitsleistung und das Leistungsvermögen der Klägerin verbunden gewesen. Zum Ausdruck gekommen sei wiederum ein Zuschütten mit Arbeit, willkürlich erzeugter Zeitdruck, Überraschungsangriff, überraschendes Zurückziehen von verbindlich zugesagter Unterstützung und ein überraschendes Personalgespräch, welches rechtswidrig nur der ungerechtfertigten Verschlechterung der arbeitsvertraglichen Konditionen gedient habe.

34

Auch in der Folgezeit seien aus den Aufzeichnungen des von ihr geführten „Mobbingtagebuchs“ weitere Angriffe gegen die soziale Integration am Arbeitsplatz durch Unterdrückung von Meinungsäußerungen der Klägerin (z.B. Mund verbieten), durch das Führen von Gesprächen hinter dem Rücken (tuscheln) und folglich Angriffe gegen das Selbstwertgefühl (Unterdrückung durch verbale Dominanz) belegt. So sei ihr am 31.05.2015 unberechtigt der Vorwurf gemacht worden, sie habe die Fortdauer einer Erkrankung nicht rechtzeitig mitgeteilt. Zudem seien ihr im Zusammenhang mit der Arbeitszeiterfassung in der Sache ungerechtfertigt kleinliche Verstöße vorgeworfen worden. Auch hierdurch seien wiederum durch die Vorgesetzte Angriffe gegen den Bestand des Beschäftigungsverhältnisses gefahren worden, in dem die Vorgesetzte schlicht unwahr der Klägerin ein Fehlverhalten unterstellt habe.

35

Für die Bewertungszeiträume 2014 und 2015 im Rahmen der Auszahlung eines leistungsorientierten Entgeltes seien ihr negative Leistungseinschätzungen zu Unrecht erteilt worden.

36

Am 13.11.2015 sei sie ohne vorhergehende Informationen und ohne Hinweis auf eine geänderte Rechtslage beauftragt worden, den Bauantrag zur Umnutzung einer Schule in eine Gemeinschaftseinrichtung für Asylbewerber zu erarbeiten. Dieses Vorgehen verstoße gegen die „Allgemeine Dienst-und Geschäftsanweisung der Stadtverwaltung“, wo eine Informationsverpflichtung für Vorgesetzte gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter festgelegt sei.

37

Am 30.11.2015 sei für sie völlig überraschend durch die Beklagte die ab dem 28.09.2015 begonnene Wiedereingliederungsmaßnahme rechtswidrig abgebrochen worden. Hier sei der Klägerin endgültig bewusst geworden, dass sie auch von ihrem Amtsleiter keine Hilfe zu erwarten habe. Ihre Hoffnung auf Verständnis, Hilfe und Unterstützung seien nicht erfüllt, sondern vielmehr völlig zerstört worden. Sie habe erkennen müssen, dass eine „Front“ von Vorgesetzten gegen sie stehe und deren Interesse es lediglich sei, dass sie – die Klägerin – endgültig verschwinde.

38

Kurz vor Weihnachten 2015 habe sie sich erneut an ihren Amtsleiter gewandt, weil die unmittelbare Vorgesetzte den Urlaubsantrag der Klägerin“ bezüglich der Abgeltung des übertragenen Urlaubs aus dem Jahr 2015“ nicht abgezeichnet habe. Der Amtsleiter habe die Klägerin vertröstet. Ein Termin sei nicht zu Stande gekommen. Deshalb habe sie sich wiederum schriftlich an den Amtsleiter wenden müssen, um das Problem zu klären. Dies habe der Amtsleiter zum Anlass genommen, diese schriftliche Stellungnahme der Klägerin als unnötig zu kritisieren. Dabei sei es doch der Amtsleiter gewesen, der ihr den notwendigen Gesprächstermin sachgrundlos verweigert habe, was erneut die mangelnde Wertschätzung gegenüber der Klägerin belegt habe.

39

Auch im Jahr 2016 habe es dann wieder Probleme mit der Vorgesetzten im Hinblick auf die Urlaubsgewährung gegeben. Die Vorkommnisse habe sie dann wegen der fehlenden Unterstützung durch den Amtsleiter in der Vergangenheit nicht mehr weiterverfolgt, sondern lediglich noch in ihrem Mobbingtagebuch eingetragen.

40

Die Vorgesetzte der Klägerin habe sie nicht mehr gegrüßt und auch nicht zum Geburtstag gratuliert. Andere Kolleginnen und Kollegen seien von der Vorgesetzten besser behandelt worden. Am 14.03.2019 habe eine Kollegin Geburtstag gehabt und die Vorgesetzte sei zu Dienstbeginn hereingestürmt und habe der Kollegin gratuliert und ihr alles Gute für das neue Lebensjahr gewünscht.

B.

41

Vorwürfe der Klägerin gegenüber der Beklagten im Rahmen der Erledigung von Einzelarbeitsaufgaben (streitiger Sachvortrag im Wortlaut der Klägerin – soweit hier von Bedeutung – übernommen)

1.

42

Im Juli 2012 erhielt die Klägerin den Bauantrag zum EDEKA-Markt in der H.straße "Umnutzung der Gaststätte zur Erweiterung der Verkaufsfläche um einen Getränkebereich". Die Klägerin kann sich gut daran erinnern, dass ihre Kollegin, Frau B., die vor ihr die S.-Vorstadt bearbeitete, sehr viel Wert darauf gelegt hatte, dass dieser gemäß § 4 Baunutzungsverordnung im allgemeinen Wohngebiet zulässige "Laden zur Versorgung des Gebiets" nicht die Schwelle zur Großflächigkeit überschritt, da dieser sonst unzulässig gewesen wäre. So entstanden seinerzeit ein SPAR-Markt, eine TextilverkaufssteIle, eine Postfiliale, eine Reinigung und eine Gaststätte als selbstständige und voneinander unabhängige Läden und eine Schank- und Speisenwirtschaft für die Bewohner des Gebietes unter einem Dach. Der Textilshop war dann schon 2010 vom EDEKA-Markt "einverleibt" worden und jetzt sollten auch noch die übrigen Flächen wie Gaststätte, Reinigung, Blumenshop ungenutzt und mit in die Verkaufsfläche einbezogen werden, so dass hier von der Verkaufsfläche her ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb entstand, der im allgemeinen Wohngebiet aufgrund seiner Begleiterscheinungen (Zu- und Abfahrtverkehr, erforderliche Stellplatzanlage) und der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerwG unzulässig ist und auch eine negative Vorbildwirkung erzeugt und den Weg frei macht für eine Gebietsveränderung. Die Klägerin erarbeitete eine planungsrechtliche Stellungnahme, die sie nach Einbeziehung der Abt. Wirtschaft und in Zusammenarbeit mit dem Amtsleiter Herrn M. nochmals umformulierte. Diese planungsrechtliche Stellungnahme war ein Versagen des großflächigen Einzelhandels an dieser Stelle im allgemeinen Wohngebiet, und es sollte erst mit einem Gutachten nachgewiesen werden, dass die benachbarte Wohnnutzung und der Kindergarten durch den Zu- und Abgangsverkehr in diesem durch Einbahnstraßen geprägten Wohngebiet nicht unzulässigen Störungen und Belästigungen ausgesetzt werden. Als die Klägerin aus dem Sommerurlaub kam, lag in ihrer Ablage die rechtswidrige Zustimmung ihrer Vorgesetzten zum Vorhaben ohne die von der Klägerin mit dem Amtsleiter gemeinsam erarbeitete Stellungnahme und nur mit dem lapidaren Hinweis, dass das Amt für Umweltschutz doch prüfen möge, ob ein erhöhtes Verkehrsaufkommen zu erwarten sei und ob dieses zu Belastungen für die Anwohner führe; von einer Einzelfallregelung für den großflächigen Einzelhandel in einem allgemeinen Wohngebiet im Zusammenhang mit einem Gutachten keine Spur. Die Klägerin sprach den Amtsleiter daraufhin an, der über diese Vorgänge jedoch nicht informiert war.

2.

43

Der Vorgang, der zur letzten länger währenden Erkrankung der Klägerin führte, stand im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der Errichtung eines Doppelhauses auf dem D.platz in R.. Als die Klägerin Anfang des Jahres 2018 nach ihrer Erkrankung die Tätigkeit wieder aufnahm, fand sie in ihrem Posteingang die Aktennotiz ihrer Vorgesetzten vom 08.12.16 vor, und um innerlich bezüglich dieses Vorhabens abschließen zu können, äußerte sie sich dem Amtsleiter gegenüber am 23.03.2018 noch einmal abschließend zu diesem Vorgang vor ihrer Erkrankung in einem langen Schreiben hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Amt, ihrer Vorgehensweise bei der Bearbeitung von Bauanträgen und zur gezielten Missachtung ihrer Arbeitsleistung durch ihre Vorgesetzte am Beispiel dieses Vorhabens "Neubau eines Doppelhauses", D.platz, AZ.: 03427-16, welches die Klägerin der Anlage K 37 einschließlich des Bauantrages beigelegt hat. Da auf das Schreiben keine Reaktion erfolgte und aufgrund ihrer langwierigen Erkrankung schon wieder ein neues BEM-Verfahren eingeleitet worden war (Einladung vom 24.05.2018), welches diesmal wieder unter einer anderen Leitung stattfand, legte die Klägerin im Rahmen dieses BEM-Verfahrens der dafür zuständigen Mitarbeiterin des Hauptamtes, Frau S., mit dem Schreiben vom 14.08.2018 dieses Schreiben an den Amtsleiter zum D.platz vom 23.03.18 und auch noch einen aktuelleren Vorgang zur Errichtung zusätzlicher Stellplätze in der U.-v.-H.-Str. ebenfalls vor (Schreiben vom 23.08.18), um deutlich zu machen, was sie psychisch krank macht, wie sich das Mitarbeiter-Vorgesetzten-Verhältnis darstellt, wie zielgerichtet ihre Vorgesetzte ihre Tätigkeit in Erfüllung der Aufgaben nach § 1 BauGB (Grundsätze städtebaulicher Planung) untergräbt und dass der Amtsleiter als Nächstvorgesetzter darüber informiert ist, sich aber leider nicht dazu äußert. Von ihrer Vorgesetzten, Frau E., erhielt die Klägerin dann die im Anlagenkonvolut beigefügte E-Mail vom 09.08.18, in der sie die Klägerin aufforderte, dass sie sich Dritten gegenüber und sogar verwaltungsintern zu dem Vorgang D.platz bzw. zu Vorgängen allgemein, die sie nicht zu vertreten hat, nicht zu äußern habe - sie verbietet der Klägerin also, ihre Fachmeinung dem Amtsleiter und den Arbeitskollegen gegenüber zu vertreten bzw. im Rahmen des BEM an einem Beispiel in ihrem Verantwortungsbereich zu erläutern wie sich das krankmachende Mitarbeiter-Vorgesetzten-Verhältnis darstellt. Zusätzlich weist sie darauf hin, dass die Klägerin seit dem 01.07.2018 nicht mehr für den D.platz zuständig sei; anscheinend weiß ihre Vorgesetzte als abschließende Bearbeiterin des Bauantrages "Neubau eines Doppelhauses, AZ.: 03427-16" nicht einmal, wo der D.platz gelegen ist. Um Gewissheit zu haben bezüglich eventuell während ihrer Erkrankung geänderter Verantwortungsbereiche fragte sie bei ihrer Vorgesetzten per E-Mail nach und da diese Antwort-E-Mail auch noch die Aufforderung ihrer Vorgesetzten enthielt, Dritten gegenüber und verwaltungsintern ihren Mund zu halten, sandte die Klägerin es auch an den Nächstvorgesetzten, Herrn M., zur Kenntnisnahme. Eine Reaktion seinerseits erfolgte hierzu leider wieder einmal nicht; solche Umgangsformen scheinen wohl nicht der Rede wert zu sein. Als Frau E. der Klägerin dann einen weiteren Vorgang (Bauantrag "Neugestaltung der Außenanlagen/Parkplatzflächen", U.-v.-H.-Str., AZ.: 02211-18), nicht abzeichnete, wandte sich die Klägerin nochmals an den Nächstvorgesetzten, Herrn M., in einem längeren nächtlichen Schreiben, da sie wieder nicht in den Schlaf kam, und verfasste anschließend noch ein kurzes Mobbingtagebuchblatt zum 09.08.2018, dem sie dann nur das Schreiben an Herrn M. beifügte, weil es die wesentlichen Umstände wiedergibt.

3.

44

Eine Anfrage der W., in der U.-v.-H.-Straße in R., erdgeschossige Läden zum Wohnen umzunutzen, wie bereits in der E.-T.-Straße in dem ehemaligen "C. a. H." und auch im "B.", der ehemaligen Speisegaststätte, geschehen, versagte die Klägerin und begründete dieses auch bei einer Vorortbegehung sowie schriftlich aus planungsrechtlicher Sicht anhand des "Kommentars zum Baugesetzbuch" von Ernst, Zinkahn, Bielenberg, welches ihre Arbeitsgrundlage darstellt. Ihre Vorgesetzte unterstützte sie in ihren Bemühungen wie so oft leider nicht, sondern arbeitete bewusst dagegen, indem sie der W. eine Zustimmung in Aussicht stellte und außerdem einen zweiten Vororttermin vereinbarte, zu dem sie zu ihrer Verstärkung die Kollegin Frau J. mitbrachte, die die Klägerin, wenn sie abwesend war, in diesem Gebiet vertrat. Nun war die Klägerin jedoch gerade nicht abwesend und es gab keinen Vertretungsgrund. Daher hatte die Klägerin den Eindruck, dass ihre Vorgesetzte ihre berufliche Qualifikation und ihre Kompetenz in dieser Angelegenheit und auch im Zusammenhang mit der Anwendung der Gestaltungssatzung in diesem Gebiet wieder einmal in Frage stellte, was verständlicherweise als Verletzung aufgefasst wurde und die Klägerin mit den bekannten Begleiterscheinungen aufwühlte. Und als sie nur wenige Tage später in der Arbeitsberatung darüber informierte, dass sie eine "Gefährdungsbeurteilung unserer Arbeitsplätze" zu erstellen hätte und darüber lachte und sich gar nicht vorstellen konnte, wie die Mitarbeiter gefährdet sein könnten und sagte, dass die Mitarbeiter ihr ja mal Vorschläge unterbreiten könnten, welche Gefährdungen bestehen würden, nutzte die Klägerin die Gelegenheit, ihr bezüglich der psychischen Gefährdung am Arbeitsplatz unter ihrer Leitung ein E-Mail zu senden, welches sie dann auch dem Schwerbehindertenbeauftragten Herrn J. zur Kenntnis gab, der die Klägerin dann an den Arbeitsmediziner Herrn Jo. verwies und den die Klägerin dann bat, die "Checkliste Arbeitsplatz" im Intranet auch um die psychischen Belastungen/Gefährdungen zu erweitern.

4.

45

Auch den Amtsleiter hatte die Klägerin um Hilfe und Unterstützung gebeten hinsichtlich des Stoppens der fortschreitenden Verdrängung von Läden und Gaststätten zur Versorgung des Gebietes und der Veränderungen im Stadtbild durch Veränderungen der ehemaligen Schaufenster durch unterschiedliche Fensterteilungen und das Anbringen von Vorrichtungen zum Schutz gegen Einsichtnahme bei der nun in der Erdgeschosszone befindlichen Wohnnutzung. Auch hinsichtlich der Umnutzung der Gaststätte "Z. F." im ersten Hochhaus Rostocks in der E.-T.-Straße hatte die Klägerin sich an ihn gewandt und um Unterstützung gebeten. Leider alles umsonst: Er bestätigte die Weisung ihrer Vorgesetzten und half ihr nicht mit einem klärenden Gespräch mit der W. wie es früher mal sein Vorgänger, Herr W., getan hätte, um die Nahversorgung der Bürger sicherzustellen und ein lebendiges Ortsbild zu erhalten.

5.

46

Um das Thema "Ortsbild" ging es auch bei der Bearbeitung des Bauvorhabens innerhalb des Verantwortungsbereichs der Klägerin im Komponistenviertel in R. in der J.-H.-Str. . Sie bearbeitete das Bauvorhaben noch vor ihrem Urlaub, lehnte aber aufgrund des homogenen Ortsbildes in diesem Stadtteil die geplante Außenputzstruktur an diesem Viererreihenhaus mit Sichtmauerwerk, den dargestellten geplanten neuen straßenseitigen anstelle des vorhandenen rückwärtigen Hauszuganges, der mit einer zusätzlich zur geplanten Garagenzufahrt hohen Versiegelung des den Straßenzug prägenden Vorgartenbereiches (städtisch) einherging, und - aus Gründen des Rücksichtnahmegebotes - eine aufgeständerte Terrasse an der Grundstücksgrenze und eine Terrasse in der dritten Nutzungsebene rechtmäßig ab. Diese Stellungnahme zeichnete die Vorgesetzte nicht ab, weil sie der Meinung war, dass die Ausführungen zum Ortsbild gemäß dem Kommentar zum BauGB von Ernst, Zinkahn, Bielenberg nicht ausreichen würden, sie wollte zu genau solch einem Fall ein Urteil sehen. Als die Klägerin aus dem Urlaub kam, hatten zwischenzeitlich ihre Vorgesetzte, Frau E., und ihre Kollegin, Frau J., eine "Gestaltungsberatung" der Architektin durchgeführt und die Klägerin überarbeitete anhand der Aktennotiz ihre Stellungnahme, die jedoch wieder nicht unterschrieben wurde. Inzwischen war der Bauantrag schon 6 Wochen im Amt, und somit wandte sich die Klägerin mit einer Beschwerde wegen dieser Verschleppungstaktik an den Nächstvorgesetzten, Herrn M. Es erfolgte keine Reaktion durch ihn und ihre nächste, noch ausführlichere Stellungnahme gab sie auch den anderen Kollegen, die in der Zwischenzeit mit dem Vorhaben befasst gewesen waren, mit ihren Ausführungen zum Ortsbild zur Kenntnis. Jedoch wurde auch ihre dritte Stellungnahme nicht gegengezeichnet und als die Klägerin wegen eines verstauchten Knöchels 4 Tage nicht gehen konnte, nutzte Frau E. die Gunst der Stunde und schickte den Bauantrag mit einer Zustimmung an die Bauordnung zurück. Rechtmäßig war die Entscheidung nicht, aber Frau E. stellt die Meinung ihrer ehemaligen Studienfreundin immer über die der Klägerin, welches Letztere bezüglich der Nichtanerkennung ihrer beruflichen Qualifikation erniedrigte und sie die Klägerin in ihrem Zuständigkeitsbereich fachlich unberechtigt beschneidet. Da dem Prüfgegenstand "Ortsbild" als Bestandteil des § 34 BauGB bei diesem Vorhaben aus Sicht der Klägerin nicht genug Bedeutung beigemessen worden war und sie das Gefühl hatte, dass es ein grundsätzlich zu betrachtendes Problem ist, auch bezüglich der Zuständigkeiten hinsichtlich der Beurteilung des Ortsbildes, wandte sie sich nochmals an den Nächstvorgesetzten, Herrn M., mit einem "Sachverhalt, der regelungsbedürftig erscheint gemäß AGA I Pkt. 3.3 Abs. 3". Sie kann sich nicht erinnern, eine Reaktion des Amtsleiters auf dieses Schreiben erhalten zu haben. In ihrer langjährigen Tätigkeit im Amt für Stadtplanung wurde sich fachlich über Architektur und Städtebau, allgemein das "Orts- und Stadtbild" gemeinsam verständigt und die verschiedenen Auffassungen ausgetauscht. Leider hat Herr M. als der Nächstvorgesetzte nicht einmal ein Gespräch mit der Klägerin gesucht und die Angelegenheit einfach ausgesessen. Auch als sie eine weitere Beschwerde wegen weiterer Vorkommnisse (z. B. keine Rückmeldung zu abgelieferten Arbeitsergebnissen durch die Vorgesetzte, Urlaub und Urlaubsvertretung) an den Amtsleiter richtete, in der sie ebenfalls auf den Vorgang J.-H.-Str. hinwies und darauf, dass ihre Fachmeinung keine Anerkennung erfuhr, nutzte Herr M. nicht die Möglichkeit eines fachlichen und auch klärenden Gespräches. Vielmehr blendete er das Thema einfach aus. Und nicht nur das, sondern er nutzte das Gespräch auch dazu, Frau E. das Wort bezüglich der Arbeitsleistung der Klägerin zu erteilen, die dann irgendwelche Zahlen schnell herunterratterte und die deutlich machen sollten, dass sich ihre Erwartungshaltung nicht erfülle. Die Klägerin bat darum, diese Behauptung einer Minderleistung anhand der Aufstellung von Frau E. schriftlich zu bekommen, aber diese erhielt sie nicht, sodass es bei dem mündlichen Rufmord verblieb. Es war und blieb eine Behauptung ins Blaue hinein, und der Nächstvorgesetzte duldete es wortlos. Fast 3 Monate später verfasste Frau E. ein "Ergebnisprotokoll" dieses Gespräches, an dem auch Frau W. auf Bitten der Klägerin teilgenommen hatte. Die Klägerin fühlte sich veranlasst, anhand ihrer Aufzeichnungen dazu schriftlich bei Herrn M. Stellung zu beziehen, da dieses "Ergebnisprotokoll" wesentliche Punkte nicht enthielt. Auch darauf erhielt sie keine Reaktion, was schon einer Nicht- und Missachtung gleichkam.

6.

47

Auch beim Bauvorhaben S. Straße setzte sich Frau E. über die Entscheidung und Fachkompetenz der Klägerin hinweg, unterschlug arbeitsrelevante Informationen durch ein unklares Ergebnisprotokoll und stellte der Klägerin die erforderlichen Informationen auch selbst auf Nachfrage nicht zur Verfügung. Darüber hinaus stellte sie die Klägerin vor Dritten bloß und machte sie unglaubwürdig und lächerlich, gab sie dem Spott preis, indem sie vor Dritten (dem Architekten und somit auch Berufskollegen, dem Bauherren und dem Mitarbeiter der Bauordnung) die Entscheidung und Fachkompetenz öffentlich in Frage stellte und die Klägerin erniedrigte, indem sie deutlich machte, dass sie der Chef sei und dem Vorhaben zustimmen würde, welches die Klägerin rechtmäßig versagt hatte aufgrund des sich nicht einfügenden Überbauungsgrades (Maß der baulichen Nutzung) und der Art der baulichen Nutzung: Eigentumswohnungen gegenüber einer Tischlerei und Spielstätten und des damit verbundenen Heranrückens einer schutzbedürftigen Nutzung an die gewerbliche Nutzung. Am Folgetag dieses Vorkommnisses nahm die Klägerin einen Karenztag, aber es ging ihr gesundheitlich so schlecht, dass sie danach (am 23.02.2016) den Arzt aufsuchen und dem Arbeitsplatz über eine längere Zeit fernbleiben musste. Denn ihr Gesundheitszustand hatte sich erst nach mehreren Monaten wieder stabilisiert.

7.

48

Während der gesamten Zeit der Bearbeitung des Bauantrages über mehrere Monate gab es wieder mal kein klärendes Gespräch gemeinsam mit dem Nächstvorgesetzten, dem Amtsleiter Herrn M., obwohl er informiert war, da sich dann sogar die Amtsleiterin des Bauamtes, Frau G., einschaltete. Wie sich Herr M. später in einem Gespräch zur Arbeitsorganisation und zu dem Umgang mit Weisungen gemeinsam mit Frau W. vom Personalrat äußerte, stellte er sich hinter die Weisung der Frau E. nur aus dem Grund, "weil er die Sache vom Tisch haben wollte". Die Gesprächswünsche, Fragen und Hilfeersuchen der Klägerin ignorierte er wie schon so oft - es war für ihn der bequemste Weg.

49

Wiederum handelt es sich hierbei um Angriffe gegen die Arbeitsleistung und das Leistungsvermögen, indem Entscheidungen und/oder Kompetenzen permanent angezweifelt werden, Zuständigkeiten beschnitten werden, arbeitsrelevante Information vorenthalten oder verändert werden und Informationen von Besprechungen gezielte unterdrückt werden. Ferner um Angriffe gegen die soziale Integration am Arbeitsplatz durch Unterdrückung von Meinungsäußerungen des Betroffenen (Mund verbieten) aber auch um Angriffe gegen das soziale Ansehen im Beruf, indem die Klägerin in der betrieblichen Öffentlichkeit unglaubwürdig gemacht wurde, was mit einer Demütigung im Beisein Dritter einhergeht und Angriffe gegen die soziale Integration am Arbeitsplatz, idem Fragen ignoriert werden, Gesprächswünsche sowie Hilfeersuchen versagt werden.

8.

50

Es war offensichtlich für die Vorgesetzte, Frau E., ein Genuss und nachte ihr Spaß, die Klägerin bei der Bauordnung und beim Amtsleiter für blöd hinzustellen (zu blöd, ihren Auftrag zu erfüllen, zu blöd, einen Bauantrag abzuarbeiten etc.) und die Klägerin und ihre Arbeitsleistung anzuschwärzen. So gab sie mündlich Anweisungen, an denen sich die Klägerin orientiert, und später stritt Frau E. ab, eine mündliche Anweisung erteilt zu haben.

51

So etwa beim Bauvorhaben: Aufstellung von 4 Stück Containern für Lagerungszwecke auf dem Betriebshof des V., AZ.: 03022-12.

52

Es handelte sich um die erste planungsrechtliche Stellungnahme vom 16.11.2012 der Klägerin mit Korrekturen von Frau E. und ohne Zustimmung durch sie, die zweite planungsrechtliche Stellungnahme vom 28.11.2012, und wieder keine Unterschrift durch die Vorgesetzte, die E-Mail an die Bauordnung, Frau H., vom 29.11.2012, das Schreiben der Vorgesetzten, Frau E., an die Klägerin über den Amtsleiter, Herrn M., mit der Anweisung der Bearbeitung des Bauantrages vom 30.11.2012, das Schreiben der Klägerin an Herrn M. mit der Darstellung des Sachverhaltes vom 03.12.2012 wegen daraus resultierender Arbeitsunfähigkeit.

53

Auch hier erfolgte wieder eine destruktive Kritik durch ein Aufbauschen einzelner Vorfälle, Kritik von Fehlern, die durch Anweisungen von Frau E. provoziert wurden, ferner um Angriffe gegen das soziale Ansehen im Beruf, indem die Klägerin in der betrieblichen Öffentlichkeit absichtlich als unglaubwürdig dargestellt wurde, und zwar mit der damit einhergehenden Blamage und Lächerlichmachung, sowie einen gezielten Angriff gegen das Selbstwertgefühl der Klägerin.

9.

54

Im Sachgebiet unter der Leitung von Frau E. wurden vorrangig planungsrechtliche Stellungnahmen im Rahmen von Bauvoranfragen und Bauanträgen innerhalb Rostocks bearbeitet. Bei komplizierteren Vorgängen oder wenn man der Meinung war, dass auch die Kollegen ihre Meinung dazu äußern sollten, weil man nicht ganz sicher war, bat man in der wöchentlichen Arbeitsberatung um einen Termin für eine "Antragsrunde", bei der dann jeder einen oder mehrere Anträge vorstellen konnte. War es mal eilig oder nur ein Mitarbeiter hatte Bedarf, dann wurde der Antrag auch gleich im Anschluss an die Arbeitsberatung im Team besprochen und sich eine gemeinsame Meinung gebildet.

55

In Fall der Klägerin unterband Frau E. so eine hilfreiche gemeinsame Ergebnisfindung. Vielmehr isolierte sie die Klägerin und wollte nicht, dass sie vor den Kollegen die Vorhaben vorstellt und ihre Meinung/Sichtweise darlegt, was nur im Falle der Klägerin mit einer Hilfsverweigerung und Ausgrenzung einherging.

56

Anscheinend war sie sich bewusst, dass die Kollegen der Klägerin folgen würden, dass sie ihre Ansicht revidieren, eventuelle mündliche Zusagen dem Bauherren gegenüber zurücknehmen müsste. Eine andere Erklärung gibt es nicht, dass ausschließlich die Klägerin von der Vorstellung in den Runden ausgenommen wurde. Nur ihre Meinung zählt bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen ihr und der Klägerin, und die drückt sie durch. Meinungsäußerungen von Kollegen lässt sie in den Fällen der Klägerin also gar nicht erst zu, und wenn sie öffentlich darum in der Runde bittet, bricht Frau E. dies mit Ausflüchten ab, dass hierfür gerade keine Zeit vorhanden sei. Wie dargestellt, erfolgte dies so nur in Bezug auf die Klägerin.

57

In einem 4-Augen-Gespräch ohne Zeugen hatte sie schon mehrfach von der Klägerin verlangt, eine planungsrechtliche Stellungnahme entgegen ihrer Fachmeinung unter dem Namen der Klägerin entsprechend ihrer Sichtweise - nach Auffassung der Klägerin sogar contra legem - zu verfassen.

58

Dass sie laut wird und versucht die Klägerin einzuschüchtern, aufspringt und eine Abwehrhaltung einnimmt, kommt nur der Klägerin gegenüber vor und erzeugt bei Letzterer nachvollziehbar Angst und Schrecken. Die Luft blieb der Klägerin weg, Hitze stieg hoch, die Klägerin konnte dann nicht mehr klar denken und ist dann auch nicht mehr in der Lage, aufgrund dieses Gewaltszenarios irgendwas zu erwidern. So funktioniert Gewalt. Die Klägerin ist dann dieser körperlichen Reaktion hilflos ausgeliefert.

59

Auch hiermit gingen Angriffe gegen das Selbstwertgefühl der Klägerin einher, und zwar durch Unterdrückung mit verbaler Dominanz, ruppige Redeweise mit der Klägerin, gezieltes Attackieren und Ausnutzen von persönlichen Unsicherheiten sowie Angriffe gegen die soziale Integration am Arbeitsplatz durch Unterdrückung ihrer Meinungsäußerungen, das Ausschließen und die Ausgrenzung aus der Alltagskommunikation, die für die anderen Kollegen üblich war, das Ignorieren von Fragen, Gesprächswünschen und Hilfeersuchen mit der damit einhergehenden Isolation und dem Erzeugen von Angst und Schrecken einschließlich der damit einhergehenden Drohgebärden.

10.

60

Die Vorgesetzte der Klägerin, Frau E., nutzte jede sich ergebende Gelegenheit, um die Klägerin bei dem Nächstvorgesetzten anzuschwärzen und ihr ein Fehlverhalten anzudichten. In dem Fall der überschrittenen Bearbeitungszeit bezüglich der beantragten nachträglichen Baugenehmigung für einen Schwarzbau in der H.straße, leitete sie den abgearbeiteten Bauantrag, den die Klägerin zwischenzeitlich aufgrund ihrer Anweisung hin liegen lassen sollte, an den Amtsleiter Herrn M. weiter und heftete eine Notiz bezüglich der Überschreitung der Bearbeitungszeit an, so dass die Klägerin zu Unrecht angeschwärzt wurde. Dies veranlasste die Klägerin, sich mit einer Stellungnahme dem Amtsleiter gegenüber zu rechtfertigen.

61

In dieser Stellungnahme an Herrn M. gab die Klägerin ihm auch schriftlich zur Kenntnis, dass sie ausgelastet sei und dass es ihr nicht möglich sei, zusätzlich zu den laufend anfallenden Bauanträgen (pflichtige Aufgabe mit Fristsetzung) noch an einem Konzept für das Quartier des V. (freiwillige Aufgabe) zu arbeiten, nachdem sie es schon ihrer Vorgesetzten, Frau E., mitgeteilt hatte - sie es jedoch (wie immer) nicht akzeptieren wollte.

62

Mit diesem Anschwärzen und Niedermachen der Klägerin versuchte ihre Vorgesetzte nur davon abzulenken, dass es in ihrer Verantwortung lag, für Urlaubs- und Krankheitsvertretungen und für eine fristgerechte Erledigung der Arbeitsaufgaben im Sachgebiet zu sorgen. Es bereitete ihr offensichtlich auch in diesem Fall Freude und Genugtuung, der Klägerin unzutreffenderweise Fehlverhalten vorzuhalten, sie anzuschwärzen und die Klägerin mit Arbeit zu überfrachten und ihr dadurch Stress zu bereiten.

63

Dies stellen wiederum Angriffe gegen die Arbeitsleistung und das Leistungsvermögen der Klägerin dar, durch die Zuweisung von objektiv zu viel Arbeit und ferner Angriffe gegen den Bestand des Beschäftigungsverhältnisses durch das unwahre Behaupten von Fehlverhalten, die Behauptung von Schlechtleistung. Diese destruktive Kritik und das falsche Behaupten von Fehlern stützt sich auf Umstände, die von Frau E. als Mobberin erst geschaffen und provoziert wurden.

11.

64

Mit Datum vom 24.07.2012 richtete das Bauordnungsamt an das Amt die Bitte um eine planungsrechtliche Stellungnahme zum Bauvorhaben auf dem Baugrundstück F. in A-Stadt (Ausbau des Dachgeschosses und Errichtung eines Carports an der Stelle eines vorhandenen Garagenanbaues mit Verbreiterung der Zufahrt von 3 m auf 4 m) bis zum 28.08.2012.

65

Am 09.08.2012 ging die Anfrage des Liegenschaftsamtes zum beabsichtigten Verkauf einer als Vorgarten genutzten Fläche vor dem Wohn- und Baugrundstück F. mit der Bitte um Prüfung und Abgabe einer fachspezifischen Stellungnahme im Amt ein.

66

Als zuständige Bearbeiterin für die KTV erarbeitete die Klägerin die fachspezifische Stellungnahme und stimmte dem Verkauf unter der Auflage zu, dass die vorhandene, mit zu verkaufende Mauer zu erhalten sei und die nicht als Zuwegung genutzten Flächen (Hauszugang und die Garagenzufahrt in der derzeitigen Breite) weiterhin gärtnerisch als Vorgartenfläche zu nutzen sind.

67

Gleichzeitig informierte sie das Liegenschaftsamt darüber, dass im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens dem Abriss der Garage und der Errichtung einer erweiterten Stellplatzfläche als Carport mit Terrasse aus planungsrechtlicher Sicht zugestimmt werde, denn gleichzeitig bearbeitete die Klägerin den Bauantrag, dem sie aus planungsrechtlicher Sicht zustimmte mit einem Hinweis zur Farbgebung und der Auflage, die Zufahrt in der vorhandenen Breite und unter Erhalt der Mauer gemäß § 172 BauGB Erhaltungssatzung KTV und § 34 BauGB zu nutzen.

68

Während die fachspezifische Stellungnahme an das Liegenschaftsamt das Amt gemäß Ausgangsstempel am 23.08.2012 verließ, verweigerte die Vorgesetzte die Unterschrift unter dem positiv beschiedenen Bauantrag mit dem kurz und knapp handschriftlich verfassten Hinweis zur Farbgebung und der Auflage, die Zufahrt in der vorhandenen Breite zu nutzen (entsprechend der Zuarbeit an das Liegenschaftsamt).

69

Die Klägerin formulierte daraufhin eine ausführlichere einseitige planungsrechtliche Stellungnahme (vom 30.08.2012), in der sie dem Vorhaben ebenfalls zustimmte, jedoch unter der Bedingung, dass der Antragsteller den Vorgarten kauft, ihn weiterhin als Vorgarten nutzt, wie auch die vorhandene Zufahrt, bzw. eine Fahrspur anlegt, um den Eingriff in den Vorgartenbereich im Sinne des § 172 BauGB zu minimieren.

70

Aber auch diese Stellungnahme wurde von der Vorgesetzten, Frau E., nicht unterschrieben. Weil die Bearbeitungszeit bereits überschritten war und die Klägerin den Vorgang somit nicht fristgerecht an die Bauordnung zurückgeben konnte, wandte sie sich am 05.09.2012 an Herrn M. in der Hoffnung auf Beschleunigung, sandte ihm ihre Stellungnahme und bat um Abhilfe in der Annahme, dass Frau E. den Vorgang eventuell mit in die Leitungssitzung nimmt.

71

Und tatsächlich erhielt die Klägerin nach der Leitungssitzung am 10.09.2012 ihre Stellungnahme zurück mit 3 Punkten zur Bearbeitung:

72

1. planungsrechtlich zustimmen

73

2. Beschränkung der Zufahrtsbreite per Kaufvertrag

74

3. Beschränkung der „Bodenabsenkung" auf Bestand /3m

75

und die Anweisung, einen Nachtrag an das Liegenschaftsamt zu formulieren mit dem Inhalt, dass im Rahmen des Kaufantrages nicht nur die vorhandene Breite der Zufahrt, sondern auch die vorhandene Bordsteinabsenkung in der vorhandenen Breite von 3 m auf 3 m vertraglich zu beschränken sei.

76

Der Klägerin ist zwar nicht bekannt, dass der Straßenbordstein jemals mitverkauft wurde und eine Absenkung vertraglich mit dem Eigentümer eines Vorgartens gesichert wurde oder überhaupt gesichert werden kann, da die Straßenanlage in der Verantwortung des Amtes für Verkehrsanlagen liegt, aber "um des lieben Friedens willen" fertigte sie diesen Nachtrag und legte gleichzeitig ihre dritte Variante der planungsrechtlichen Stellungnahme zum Bauantrag vor, der nun endlich von Frau E. abgezeichnet wurde.

77

Inhaltlich hat sich zwar nichts geändert. Dennoch hat der Umgang mit der Klägerin sie Zeit, Kraft und Nerven gekostet.

78

Wo sie kann, sucht sie nach Unzulänglichkeiten. Es geht nicht um die Sache, sondern um die Person der Klägerin, der sie versucht eine Schlechtleistung am besten vor dem gesamten Leitungskollektiv nachzuweisen.

C.

79

Vorwürfe der Klägerin gegenüber der Beklagten im Rahmen der Bewerbung auf andere Arbeitsstellen

80

Die Klägerin habe sich – unstreitig - am 02.04.2014 auf die unbefristet ausgeschriebene Stelle „Verbindliche Planung/Bebauungsplanung/Bauvorhaben“ bewertet mit der Entgeltgruppe 11 beworben. Trotz ihrer Schwerbehinderung und trotz Kenntnis der Beklagten von der Konfliktsituation insbesondere mit ihrer unmittelbaren Vorgesetzten und der von der Klägerin diesbezüglich erhobenen Mobbingvorwürfe sei die Klägerin für diese Stelle – im Ergebnis unstreitig - nicht berücksichtigt worden. Dies sei auch deshalb völlig unverständlich, weil sie anlässlich des Vorstellungsgespräches eine Bescheinigung ihres behandelnden Arztes vom 20.05.2014 – insoweit unstreitig - vorgelegt habe, worin ein innerbetrieblicher Arbeitsplatzwechsel zur vollständigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin ausdrücklich befürwortet worden sei. Die ebenfalls 2014 ausgeschriebene und befristete „Vertretungsstelle“ als Sachbearbeiter „Sanierung, Stadtbild, Stadtgestaltung“ mit der Bewertung nach der Entgeltgruppe 11 sei der Klägerin – unstreitig - nicht angeboten worden. Im Jahr 2016 sei sie für die ausgeschriebene Stelle in der Abteilung „Planung/Bebauungsplanung/Bauvorhaben/Wohnen“ bewertet mit der Entgeltgruppe 11 – unstreitig - nicht berücksichtigt worden. Diesbezüglich sei sie auch zu einem Vorstellungsgespräch – unstreitig - nicht eingeladen worden. Im Hinblick auf die vorgenannten Stellenausschreibungen habe sie die fachliche und persönliche Eignung jeweils – unstreitig - inne gehabt.

81

Die Klägerin beantragt:

82

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 18.10.2019 sowie das Ergänzungsurteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 11.11.2019 jeweils zum Aktenzeichen 4 Ca 1405/18 werden abgeändert.

83

2. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 20.3.2019 zum Aktenzeichen 4 Ca 1405/18 wird aufgehoben.

84

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 30.000 €, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 15.000 € seit dem 30.12.2016 sowie auf weitere 15.000 € seit dem 5.4.2019 zu zahlen.

85

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aufgrund der Mobbing-Übergriffe seit April 2009 erwachsen sind oder noch erwachsen werden.

86

5. Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.

87

6. Vorsorglich beantragt die Klägerin im Hinblick auf die Berufungsbegründung vom 14.02 2020 bezüglich des Ergänzungsurteils vom 11.11.2020 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

88

Die Beklagte beantragt,

89

die Berufungen der Klägerin nebst des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückzuweisen

90

Die Beklagte bestreitet die durch die Klägerin erhobenen Vorwürfe im Einzelnen und in Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz. Der Vortrag der Klägerin sei im Wesentlichen derart pauschal und unsubstantiiert, sodass die Ausführungen für die Beklagte nicht einlassungsfähig seien. Soweit die Klägerin ganz überwiegend als Beweis die Parteivernehmung anbiete, sei dies unzulässig. Es stünden andere Beweismittel und Beweismöglichkeiten zur Verfügung. Die Voraussetzungen des § 448 ZPO seien nicht erfüllt.

91

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

92

Die Berufungen der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 18.10.2019 und das Ergänzungsurteil vom 11.11.2019 sind zulässig (I), jedoch nur teilweise begründet (II).

I.

93

Die Berufung ist auch im Hinblick auf das Ergänzungsurteil vom 11.11.2019 form- und fristgerecht begründet worden (1.) An der Zulässigkeit des Leistungsantrages und insbesondere auch des gestellten Feststellungsantrages bestehen keine rechtlichen Bedenken (2.)

1.

94

Die Zulässigkeit der Berufung im Hinblick auf das Ergänzungsurteil scheitert nicht an einer verfristet eingereichten Berufungsbegründung.

95

Zwar ist die Begründung der gesondert eingelegten Berufung gegen das Ergänzungsurteil des Arbeitsgerichts vom 11.11.2019 ausweislich des dokumentierten Posteinganges einen Tag nach Ablauf der – gerichtlich zuvor verlängerten – Berufungsbegründungsfrist eingegangen. Dieser Umstand führt vorliegend ausnahmsweise unter Berücksichtigung der besonderen Einzelfallumstände nicht zu einer Unzulässigkeit der insoweit eingelegten Berufung i. S. d. § 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 522 Abs. 1 ZPO.

96

Denn das Ergänzungsurteil des Arbeitsgerichts vom 11.11.2019 ist fristgerecht mit der Berufungseinlegung vom 13.12.2019 angegriffen worden. Zudem ist diesbezüglich auch von einer rechtzeitigen Berufungsbegründung auszugehen. Denn die fristgerecht eingegangene Berufungsbegründung vom 23.01.2020 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 18.10.2019 ist – soweit hier von Bedeutung – inhaltsidentisch mit der Berufungsbegründung vom 14.02.2020 gegen das Ergänzungsurteil vom 11.11.2019. Die inhaltlichen Einwendungen gegen das Urteil vom 18.10.2019 in der Fassung des Ergänzungsurteils vom 11.11.2019 sind bereits mit der – rechtzeitigen – Berufungsbegründung vom 23.01.2020 vollinhaltlich erhoben worden. Das heißt, das Ergänzungsurteil vom 11.11.2019 und die diesbezügliche Berufungsbegründung vom 14.02.2020 enthalten jeweils keine das Urteil vom 18.10.2019 nebst Berufungsbegründung vom 23.01.2020 ergänzenden tatsächlichen neuen bzw. entscheidungserheblich rechtlichen Erkenntnisse. Mithin deckt die Berufungsbegründung vom 23.01.2020 auch das mit rechtzeitiger Berufung angegriffene Ergänzungsurteil vom 11.11.2020 vollumfänglich ab. Aus den Ausführungen der Berufungsbegründung vom 23.01.2020 ergibt sich unzweifelhaft, dass sich die Berufungsführerin gegen die erstinstanzliche Entscheidung insgesamt wendet und nicht nur gegen bestimmbare Teilaspekte.

97

Vor diesem Hintergrund ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufungen der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 18.10.2019 und gegen das Ergänzungsurteil vom 11.11.2019 form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden sind.

98

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bleibt deshalb unentschieden.

2.

99

Die von der Klägerin gestellten Klageanträge sind im Hinblick auf den gestellten Leistungsantrag und bezüglich des Feststellungantrages zulässig.

100

Die Klägerin macht mit dem in der Berufungsinstanz gestellten Antrag zu Ziffer 3 den Ersatz eines immateriellen Schadens in Höhe von 30.000,00 € wegen einer Verletzung ihrer Gesundheit sowie wegen der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts und Verletzung ihrer Rechte aus dem AGG geltend. Mit dem in der Berufungsinstanz gestellten Klageantrag zu Ziffer 4 begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte ihr alle weiteren materiellen Schäden zu ersetzen hat, die ihr aufgrund des von ihr behaupteten „Mobbings“ durch die Beklagte an ihrer Gesundheit noch entstehen werden.

101

Nach diesem Verständnis sind die vorbenannten Klageanträge zulässig, insbesondere ist das für den Klageantrag zu 2.) erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) – entgegen der Auffassung der Beklagten – gegeben.

102

Wird – wie hier – Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger materieller Schäden erhoben, die aus der Verletzung eines absoluten Rechtsguts (hier insbesondere in Form der Verletzung der Gesundheit sowie der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin) resultieren, liegt ein Feststellungsinteresse vor, wenn zukünftige Schadensfolgen möglich, ihre Art und ihr Umfang und ihr Eintritt überhaupt noch ungewiss sind (BAG vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Juris, Rd.-Nr. 25). Es steht zwar nicht fest und ist nach dem Vortrag der Klägerin auch selbst nicht ersichtlich, ob und welche Kosten aufgrund der Behandlung der von der Klägerin behaupteten psychischen Erkrankung noch entstehen werden und ob und welche finanziellen Einbußen die Klägerin dauerhaft erleiden wird. Derartige künftige Schadenfolgen sind jedoch auch nicht von vornherein ausgeschlossen. Zudem besteht der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage der Zulässigkeit des Feststellungsantrages zu Ziffer 4 in der Berufungsinstanz auch nicht entgegen, wenn die Klage wegen eines Teils des sich entwickelnden Schadens schon bei Klageerhebung bzw. im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung hätte beziffert werden können. Eine Partei ist nicht gehalten, ihre Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn ein Teil des Schades schon entstanden und mit der Entstehung eines weiteren Schadens nach dem Vortrag der beantragenden Partei noch zu rechnen ist (BAG vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Juris, Rd.-Nr. 26).

II.

103

Die Berufung ist jedoch nur in dem austenorierten Umfang erfolgreich und im Übrigen unbegründet.

1.

104

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch lässt sich nicht auf § 15 AGG stützen (a.) Zudem ist ein vertraglicher Schadenersatzanspruch der Klägerin wegen Verletzung der Gesundheit durch die Beklagte gemäß §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 241 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB nicht gegeben (b.) Dagegen hat die Klägerin gegen die Beklagte im Rahmen des gestellten Leistungsantrages zu Ziffer 3.) einen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens in Höhe von 2.500,00 € gemäß §§ 823 Abs. 1, 831 BGB i. V. m. Art. 1 und 2 Abs. 1 GG (c.)

a)

105

Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich der von ihr geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht auf § 15 AGG stützen.

aa)

106

Insoweit die Klägerin pauschal vorträgt, die von ihr behaupteten Mobbinghandlungen seien auch vor dem Hintergrund ihrer Schwerbehinderung mit der Folge einer Verletzung ihrer Rechte aus § 3 Abs. 3 AGG erfolgt, so vermag das erkennende Gericht dem nicht zu folgen. Gemäß § 15 Abs. 1 und 2 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen bzw. der Arbeitnehmerin eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen. Eine Benachteiligung im vorgenannten Sinn kommt gemäß §§ 1, 3 Abs. 3 AGG beispielsweise dann in Betracht, wenn unerwünschte Verhaltensweisen mit der Behinderung einer Person in Zusammenhang stehen.

107

Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die diesbezüglich darlegungs- und beweispflichtige Klägerin geht lediglich pauschal und ohne konkreten Tatsachenvortrag von einem Zusammenhang der von ihr behaupteten Mobbinghandlungen mit ihrer Schwerbehinderung aus. Insoweit ist ihr Vortrag unschlüssig. Vielmehr ist die Kammer unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zu dem Ergebnis gelangt, dass ein derartiger Zusammenhang offensichtlich nicht besteht. Die Klägerin verrichtet jedenfalls ganz überwiegend eine geistig, sitzende Tätigkeit. Dagegen resultiert die Behinderung der Klägerin unstreitig aus einer Knieverletzung mit anschließend notwendigen Operationen. Die von der Klägerin behaupteten Mobbingvorwürfe bewegen sich ganz überwiegend im Bereich der Art und Weise der Erledigung der Arbeitsaufgaben bzw. im Bereich der Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis (z. B. rechtzeitige Anzeige einer fortdauernden Erkrankung, unterbliebene Einladung zum Bewerbungsgespräch). Der gesamte Vortrag der Klägerin lässt auch unter Berücksichtigung des von ihr angelegten „Mobbingtagebuches“ (Beiakte Leitz-Ordner) einen Zusammenhang zwischen den von ihr behaupteten Mobbinghandlungen und ihrer Schwerbehinderung nicht erkennen.

bb)

108

Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld gemäß § 15 Abs. 1 und 2 AGG i. V. m. mit § 165 Satz 3 SGB IX ist ebenfalls nicht gegeben. Gemäß § 165 Satz 3 SGB IX ist der öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, einen schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, der sich auf eine entsprechende Stellenausschreibung beworben hat. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass die vorgenannten Grundsätze auch für interne Stellenausschreibungen durch einen öffentlichen Arbeitgeber Anwendung finden, wenn tatsächlich Bewerbungsgespräche durchgeführt werden (LAG Berlin Brandenburg vom 01.11.2018 – 21 SA 1643/17 – juris Randnr. 141, 147).

109

Zwar sind die genannten Voraussetzungen vorliegend im Hinblick auf die Bewerbung der Klägerin aus Mai 2016 erfüllt. Denn die Klägerin hatte sich unstreitig um eine entsprechend intern ausgeschriebene Stelle beworben und war nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Gleichwohl kann sich die Klägerin auf einen Schadenersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG nicht erfolgreich berufen. Denn § 15 Abs. 4 AGG setzt die Geltendmachung eines Anspruchs innerhalb von zwei Monaten voraus. Gemäß § 61 b Abs. 1 ArbGG ist eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten nach schriftlicher Geltendmachung zu erheben. Die genannten Fristen sind hier offensichtlich durch die Klägerin nicht eingehalten worden. Denn der Vorwurf der Nichteinladung zum Bewerbungsgespräch ist erst mit Schriftsatz der Klägerin vom 21.08.2019 in den Prozess eingeführt worden. Eine außergerichtliche schriftliche Geltendmachung der Klägerin gegenüber der Beklagten zu einem früheren Zeitpunkt wird von der Klägerin nicht vorgetragen.

110

Im Ergebnis lässt sich mithin der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch insgesamt nicht auf § 15 Abs. 1 und 2 AGG stützen.

b)

111

Die Klägerin verfügt über keinen Schadenersatzanspruch auf Ersatz eines immateriellen Schades in Form von Schmerzensgeld wegen Verletzung der Gesundheit gegen die Beklagte gemäß §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 241 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB.

112

Soweit die Klägerin pauschal behauptet, die von ihr vorgebrachten Mobbinghandlungen seien unmittelbar für ihre psychischen Erkrankungen verantwortlich, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen.

113

Eine kausale Gesundheitsverletzung durch die Beklagte auf der Grundlage der von der Klägerin behaupteten Mobbinghandlungen lässt sich bereits nach dem Vortrag der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin nicht feststellen.

114

Grundsätzlich kann ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Mobbinghandlungen als vertraglicher Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommen, wonach der Gläubiger in dem Fall, dass der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen kann. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB bestehen für jede Vertragspartei aus dem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs- sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Danach ist der Arbeitgeber u. a. auch und insbesondere zum Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – juris Randnr. 31). Diesbezüglich haftet der Arbeitgeber dem geschädigten Arbeitnehmer gegenüber gemäß § 278 Abs. 1 BGB auch für das schädigende Verhalten von Erfüllungsgehilfen. Stützt die Arbeitnehmerin – wie hier – ihren Schadenersatzanspruch darauf, der Arbeitgeber habe sie durch „Mobbing“ an der Gesundheit geschädigt, so kann sie grundsätzlich nach § 253 Abs. 2 BGB auch eine billigende Entschädigung in Geld fordern.

115

Diesbezüglich liegt die Darlegungs- und Beweislast für den Zusammenhang zwischen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung und schädigenden Handlungen oder Unterlassungen durch den Arbeitgeber bei der Arbeitnehmerin, die sich auf den geltend gemachten Schadenersatzanspruch beruft. In diesem Zusammenhang gibt es keine Beweiserleichterungen, die allein mit der Art der schädigenden Handlungsweise (wie hier Mobbingverhalten) begründet ist. Allerdings hat die Rechtsprechung unabhängig von speziellen Beweisproblemen in Mobbingfällen schon immer anerkannt, dass beispielsweise ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Schädigungshandlung und dem Auftreten der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu einer Beweiserleichterung führen kann (BAG vom 16.05.2007 – 8 AZR 709/06 – NZA 2007, 1154).

116

Unter Berücksichtigung der genannten Voraussetzungen bleibt der von der Klägerin geltend gemachte Schadenersatzanspruch in Form der Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen der Verletzung der Gesundheit gegenüber der Beklagten erfolglos. Selbst wenn man diesbezüglich die durch die Klägerin erhobenen Vorwürfe als richtig unterstellt, so lässt sich auf der Grundlage des gegebenen Sach- und Streitstandes bereits bei ausschließlicher Berücksichtigung des klägerischen Vortrages nicht der erforderliche Schluss ziehen, dass die insoweit unstreitigen krankheitsbedingten Ausfallzeiten und gesundheitlichen Probleme der Klägerin auf eine unfaire Behandlung durch andere Beschäftigte der Beklagten zurückzuführen sind.

117

Der Vortrag der Klägerin bietet keine durchgreifenden Anhaltspunkte für die Bejahung der notwendigen Kausalität der von ihr behaupteten Mobbinghandlungen für ihre krankheitsbedingten Ausfallzeiten bzw. gesundheitlichen Probleme. Die Klägerin behauptet zwar pauschal eine entsprechende Kausalität, jedoch ist diese Behauptung nicht mit ausreichendem Tatsachenvortrag untersetzt. Lediglich der Hinweis der Klägerin, die krankheitsbedingten Ausfallzeiten seien auf ein psychisches Krankheitsbild zurück zu führen, reicht nicht aus. Die Klägerin hat die etwaige psychische Erkrankung nicht näher beschrieben und auch keine ärztlichen Untersuchungsergebnisse vorgetragen, sodass dem erkennenden Gericht jedwede Feststellungen unmöglich sind, welche konkreten Handlungen der Beklagten zu welchen konkreten Zeitpunkten, welche konkreten psychischen Erkrankungen verursacht haben sollen. Aus der lediglich teilweisen zeitlichen Nähe der von der Klägerin behaupteten Mobbinghandlungen zu den jeweiligen Erkrankungszeitpunkten ist es der Kammer nicht möglich, die notwendige Kausalität im vorgenannten Sinn auf der Grundlage einer gesicherten Tatsachengrundlage bejahen zu können. Im Gegenteil sprechen die von der Klägerin in Bezug genommenen ärztlichen Stellungnahmen vom 20.05.2014 (Bl. 236 Bd. II d. A.; Hausarzt) und vom 24.11.2014 (Bl. 88 Bd. I d. A.; Amtsarzt) eher dafür, dass die konkreten Gründe für die bis dahin aufgetretenen krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin im Ergebnis offen bleiben und nicht abschließend (geschweige denn monokausal) zugeordnet werden können. So heißt es in den vorgenannten ärztlichen Stellungnahmen, soweit hier von Bedeutung, wie folgt:

- 20.05.2014

118

„Für o. g. Patientin würde ich einen innerbetrieblichen Arbeitsplatzwechsel befürworten, um eine Stabilisierung im Befinden, eine vollständige Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zu erreichen und eine vorzeitige Berentung zu vermeiden.“

- 24.11.2014

119

„Die Untersuchung und Befunderhebung unter Miteinbeziehung der angeforderten Unterlagen erbrachte folgendes Ergebnis zur Beantwortung der im Gutachtenauftrag gestellten Fragen:

120

Frau B. leidet unter diversen Erkrankungen, die eine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit wie andauerndes Stehen und Gehen, Heben und Tragen von schweren Lasten sowie bei Arbeiten unter Zwangshaltungen und Lärmbelastung bedingen. Es besteht ein anerkannter G. d. B. von 40. Des Weiteren liegt erkrankungsbedingt eine reduzierte seelische Belastbarkeit mit Konzentrationseinschränkungen und Erschöpfung vor. Ein Arbeitsplatzkonflikt wird berichtet, der laut Frau B. zu einer Zunahme der Symptomatik führt. Aufgrund des Zusammenspiels der bestehenden Erkrankungen des zum Zeitpunkt der Vorstellung berichteten Konflikts am Arbeitsplatz ist die derzeit erreichte Stabilisierung gefährdet. Zum Zeitpunkt der Vorstellung bestand Dienstfähigkeit mit den oben aufgeführten Einschränkungen, bei Weiterbestehen des berichteten Konflikts am Arbeitsplatz droht ein Rückfall in die Erkrankung.“

121

Im Ergebnis ist es mithin spekulativ geblieben, ob die gesundheitlichen Probleme der Klägerin auf die von ihr behaupteten Mobbinghandlungen durch die Beklagte zurückzuführen sind. Dies geht zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin.

c)

122

Dem hingegen verfügt die Klägerin gegenüber der Beklagten dem Grunde nach über einen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts gemäß §§ 823 Abs. 1, 831 BGB i. V. m. Art. 1 und 2 Abs. 1 GG (aa.)

123

Der Höhe nach ist unter Berücksichtigung der Art und Schwere der festgestellten Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch die Beklagte zur Überzeugung der Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 € angemessen (bb.)

aa)

124

Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung des festgestellten Sachverhalts hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach wegen schwerwiegender Verletzung des Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Entschädigung (Schmerzensgeld) gemäß §§ 823 Abs. 1, 831 BGB i. V. m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG.

125

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht – ein „sonstiges Recht“ i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB – ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört nicht nur der sogenannte Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen gerichtet ist, sondern auch die Wahrung des sozialen Geltungsanspruches. Das Persönlichkeitsrecht umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG vom 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – Juris Randnr. 33, m. w. N.)

126

Ob das Persönlichkeitsrecht im Einzelfall verletzt ist, lässt sich allerdings nur aufgrund einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände beurteilen, da das Persönlichkeitsrecht ein sogenanntes offenes Recht ist. Die Rechtswidrigkeit muss durch Abwägung der betroffenen Interessen im Einzelfall erst positiv festgestellt werden. Dabei ist zu klären, ob der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers gegenüber steht und dann, ob das Persönlichkeitsrecht überwiegt (BAG vom 15.09.2016, a. a. O.)

127

Zu berücksichtigen ist dabei, dass sozial- oder rechtsadäquate Verhaltensweisen als Ansatzpunkt für die Feststellung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung ungeeignet sind. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, haben daher keine Bedeutung für die Feststellung einer rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Die kritischen Verhaltensweisen sind aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise und ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden der betroffenen Arbeitnehmerin zu bewerten. Dies gilt auch für das Verhältnis von Vorgesetzen zu Untergebenen (BAG vom 15.09.2016, a. a. O., Randnummer 36). Es liegt in der Natur der Sache, dass auch Personalvorgesetze im Rahmen der von ihnen wahrzunehmenden Personalführung nicht fehlerfrei arbeiten, sodass von Fehlern in der Führung des untergebenen Personals nicht ohne Weiteres auf eine feindliche Einstellung gegenüber der untergebenen Arbeitnehmerin geschlossen werden kann (LAG M-V vom 13.01.2009 – 5 Sa 112/08 – Juris Randnummer 68). Zur Abgrenzung ist vielmehr auf weitere Kriterien zurückzugreifen, die das Bundesarbeitsgericht beispielhaft für den Bereich arbeitgeberseitiger Weisungen aufgestellt hat.

128

Nach der diesbezüglichen Rechtsprechung des BAG kann in Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und bei denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lässt, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts gesehen werden. Weisungen, die den Rahmen des Direktionsrechts überschreiten, sind umgekehrt nicht von vornherein Anzeichen für Verletzungen des Persönlichkeitsrechts. Denn Weisungen, denen sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen, können auch dann, wenn der Arbeitgeber sein Weisungsrecht überschreitet, im Regelfall nicht als Ausdruck einer feindlichen Einstellung gewertet werden. An der notwendigen Systematik des Vorgehens kann es darüber hinaus fehlen, wenn ein Arbeitnehmer von verschiedenen Vorgesetzen, die nicht zusammenwirken und die zeitlich aufeinander folgen, in seiner Arbeitsleistung kritisiert oder schlecht beurteilt wird. Ebenfalls können Verhaltensweisen von Arbeitgebern oder Vorgesetzen nicht in die Prüfung einbezogen werden, die lediglich eine Reaktion auf Provokationen durch den vermeintlich in seinen Rechten verletzten Arbeitnehmer darstellen. Insoweit fehlt es an der notwendigen eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation (BAG vom 16.05.2007 a. a. O.)

(1)

129

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen bieten die von der Klägerin behaupteten ehrverletzenden Einzelfälle keine Rechtsgrundlage für die Bejahung einer schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Beklagte bzw. durch Mitarbeiter/innen der Beklagten zu Lasten der Klägerin. Diesbezüglich kann weitgehend auf die sehr ausführliche und ganz überwiegend rechtlich zutreffende Begründung des Arbeitsgerichts in der angegriffenen Entscheidung (dort Seite 28 Abs. 4 bis Seite 40 Abs. 4 der Entscheidung) Bezug genommen werden. Da sich die Klägerin inhaltlich mit den überwiegend rechtsfehlerfreien Ausführungen in der Berufungsinstanz inhaltlich weitgehend nicht auseinandersetzt, sondern lediglich den Sachverhalt und die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Rahmen der Entscheidungsgründe wiederholt, wird insoweit auf eine textliche Wiederholung verzichtet. Die weiteren Ausführungen beziehen sich deshalb auf den ergänzenden Sachvortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz (aa.), auf die allgemeinen Einwendungen der Klägerin gegen die erstinstanzliche Entscheidung (bb.) und auf eine abweichende rechtliche Bewertung eines Einzelfallvorwurfes (Auslegung Tisch-Info) des erkennenden Gerichts gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung wegen veränderter Tatsachenlage in der Berufungsinstanz (cc.)

(aa)

130

Der teilweise ergänzende Sachvortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz (Tatbestand unter A., I., a. bis c.) lässt die Feststellung rechtsverletzender Handlungen durch die Beklagte nicht zu.

131

Die von der Klägerin vorgetragenen Umstände um die Frage nach der rechtzeitigen Abgabe einer Bescheinigung des Rentenversicherungsträgers können sich in jedem Arbeitsverhältnis ergeben. Das Auftreten entsprechender Konfliktsituationen ist weder außergewöhnlich noch auffällig. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgetragenen – streitigen – Äußerungen ihres ehemaligen Abteilungsleiters W. hat sie nicht unter Beweis gestellt. Das Beweisangebot der Parteivernehmung reicht vorliegend nicht aus. Eine Parteivernehmung nach § 447 ZPO kommt nicht in Betracht, da es bereits am ausdrücklichen Einverständnis der Beklagten fehlt. Die Voraussetzungen des § 448 ZPO sind bereits deshalb nicht einschlägig, weil nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2020 die Kammer keine Veranlassung zur Durchführung einer entsprechenden prozessualen Maßnahme gesehen hat und im Übrigen der Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag die Benennung von Zeugen möglich gewesen wäre, sie sich mithin nicht in einer Beweisnot befunden hat.

(bb)

132

Soweit sich die Klägerin gegen die o. g. tragenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung (Seite 28 ab Abs. 4 bis Seite 40 bis Abs. 4) mit dem Argument wendet, die Klägerin habe sich in Beweisnot befunden, weshalb eine Parteivernehmung der Klägerin durch das erstinstanzliche Gericht gemäß § 448 ZPO erforderlich gewesen wäre, so vermag das erkennende Gericht dem nicht zu folgen. Die Klägerin verkennt offensichtlich, dass das Arbeitsgericht überwiegend – und nach Ansicht der Kammer rechtlich zutreffend – den klägerischen Vortrag als zu pauschal und damit unsubstantiiert bewertet, also eine Beweiserhebung von vornherein nicht in Betracht kommt. Gleiches gilt für den Umstand, dass das erstinstanzliche Gericht darüber hinaus im Hinblick auf einen Teil der von der Klägerin behaupteten Vorwürfe ausdrücklich zu dem Ergebnis gelangt, dass es entgegen der Auffassung der Klägerin gerade keine rechtswidrigen Handlungen der Beklagten gegeben sind. Auch diesbezüglich hat das Arbeitsgericht folgerichtig – und nach Auffassung der Kammer rechtsfehlerfrei – von der Durchführung einer Beweisaufnahme abgesehen. Lediglich die Ausführungen des Arbeitsgerichts zum Vortrag der Klägerin zu den Geschehnissen am 23.11.2015 (Seite 29 Abs. 2 des Urteils) verweisen die Klägerin bewertungserheblich auf die ihr obliegende Beweislast. Dieser Umstand ist jedoch rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden, denn – worauf das Arbeitsgericht zutreffend hinweist – die Voraussetzungen des § 448 ZPO sind offensichtlich nicht erfüllt, da sich die behaupteten Verhaltensweisen der unmittelbaren Vorgesetzten im Rahmen einer Arbeitsberatung zugetragen haben sollen an der - unstreitig – auch andere Mitarbeiterinnen der Beklagten teilgenommen haben, die damit als Zeuginnen zur Verfügung gestanden hätten.

133

Mithin gehen die Einwendungen der Klägerin gegen die erstinstanzliche Entscheidung im Rahmen des Hinweises auf § 448 ZPO rechtlich ins Leere. Der Umstand „Auslegung Tisch-Info“ bleibt dabei unberücksichtigt, da die diesbezüglichen Geschehensabläufe – soweit rechtserheblich – in der Berufungsinstanz durch die Beklagte unstreitig gestellt worden sind (dazu nachfolgenden (cc)).

(cc)

134

Im Rahmen der erstinstanzlichen Ausführungen und auf der Grundlage der teilweise veränderten Tatsachengrundlage in der Berufungsinstanz ergeben sich vier Sachverhalte, die dem Grunde nach als rechts- und arbeitsvertragwidrige Verhaltensweisen von Mitarbeiter/-innen der Beklagten eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung zu Lasten der Klägerin begründen könnten. Die Zurechnung dieser Verhaltensweise erfolgt dabei über § 831 Abs. 1 BGB.

135

(aaa)

136

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass über einen Zeitraum von ca. neun Monaten bis Juli 2010 während der Erkrankung der Klägerin im Beratungsraum und damit für andere Mitarbeiter/innen einsehbar eine so bezeichnete „Tisch-Info“ mit folgendem Inhalt – soweit hier von Bedeutung – ausgelegen hat:

137

Umgang mit Krankmeldungen

138

Mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 baten Sie um Information, wie mit verspäteten Krankmeldungen umgegangen werden muss.

139

140

Das bedeutet, dass umgehend am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit bei der Vorgesetzten eine Meldung über die Arbeitsunfähigkeit erfolgen muss. Dies kann telefonisch erfolgen.

141

142

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Wird, wie ggf. im Fall von Frau (namentliche Bezeichnung der Klägerin), aufgrund lang andauernder Krankheit keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr ausgestellt, bleibt aber weiterhin die Pflicht, dem Arbeitgeber die weitere Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen.

143

144

Erfolgt keine rechtzeitige Meldung, stellt dies einen Verstoß gegen die allgemeinen Arbeitspflichten (AGA I) und gegen das Entgeltfortzahlungsgesetz dar und kann arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

145

146

Frau (namentliche Bezeichnung der Klägerin) wird durch uns aufgefordert, zukünftig ihren Pflichten nachzukommen.“

147

Diese Vorgehensweise stellt zweifelsohne eine Verletzung der Datenschutzrechte der Klägerin dar und ist ebenfalls geeignet, die Klägerin gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen bloß zu stellen und ihre Person in ehrverletzender Art und Weise herabzuwürdigen.

148

Gleichwohl liegt isoliert betrachtet darin noch keine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Denn Vorfälle dieser Art haben sich unter Berücksichtigung des festgestellten Sach- und Streitstandes nicht wiederholt. Die Intensität der beschriebenen rechtsverletzenden Handlung durch die Beklagte zu Lasten der Klägerin hat für sich genommen nach Auffassung der Kammer nicht den Grad erreicht, der zur Realisierung der Genugtuungsfunktion eine Entschädigung in Geld erfordert.

149

(bbb)

150

Gleiches gilt im Hinblick auf die Aufforderung der Vorgesetzten an die Klägerin im Oktober 2012, dass Lock-In und das Passwort für den E-Mail-Account für andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsehbar und zugänglich bei den Urlaubsscheinen auszulegen, der die Klägerin zutreffend nicht nachgekommen ist. Die benannte Aufforderung ist ebenfalls geeignet, die Klägerin im Zusammenhang mit ihren krankheitsbedingten Ausfallzeiten vor ihren Kolleginnen und Kollegen bloß zu stellen und ihre Person in einer ehrverletzenden Art herabzuwürdigen. Gleichwohl resultiert aus diesem Umstand nicht die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderliche schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts, zumal diese vorgenannte Aufforderung letztendlich durch die Vorgesetzte nicht weiter vorangetrieben worden ist.

151

(ccc)

152

Die vorgenannten Erwägungen treffen auch für den Sachverhalt der Nichteinladung zum Bewerbungsgespräch bezüglich der Bewerbung der schwerbehinderten Klägerin auf eine innerbetriebliche Stellenausschreibung im Mai/Juni 2016 zu. Die Vorgehensweise der Beklagten stellt eine Verletzung der Rechte der Klägerin aus § 165 Satz 3 SGB IX dar.

153

Ob isoliert betrachtet daraus bereits eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin geschlossen werden kann, kann offen bleiben. Denn selbst wenn man dies zu Gunsten der Klägerin bejaht, so folgt daraus jedenfalls keine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin.

154

(ddd)

155

Schließlich geht die Kammer im Ergebnis auch von einem Organisationsverschulden der Beklagten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB aus, welches dem Grunde nach eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin beinhaltet.

156

Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Aus der vorgenannten Norm erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, ihn vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, zu schützen und ihn keinem Verhalten auszusetzen, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und eine von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. In diesem Zusammenhang ist der Arbeitgeber insbesondere zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG vom 15.09.2016, a. a. O., Randnummer 31).

157

Die genannten gesetzlichen Vorgaben hat die Beklagte über Jahr hinweg zu Lasten der Klägerin nicht hinreichend berücksichtigt. Spätestens seit dem gescheiterten Mediationsversuch im November 2011 zwischen der Klägerin und ihrer Vorgesetzten Frau E., welchen sowohl die Klägerin und auch Frau E. als erfolglos einstuften, hatten die personalverantwortlichen Personen auf Seiten der Beklagten Kenntnis von der entsprechenden Konfliktsituation. Die Fortdauer der Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und Frau E. ist den personalverantwortlichen Personen ebenfalls bekannt gewesen denn die Klägerin hat darauf in mehreren BEM-Gesprächen, im Rahmen der Einschaltung beispielsweise des Personalrates, der Gleichstellungsbeauftragten, der Schwerbehindertenvertretung, des Personalamtes der Beklagten und des Amtsleiters immer wieder hingewiesen.

158

Trotz der Verpflichtungen aus der Dienstvereinbarung zur Konfliktlösung und zum Schutz der Beschäftigten gegen Mobbing am Arbeitsplatz (DVK) und Kenntnis der beiden bereits erwähnten ärztlichen Stellungnahmen haben die personalverantwortlichen Personen auf Seiten der Beklagten bis Mitte 2019 keinerlei Versuche unternommen, die Konfliktsituation zwischen der Klägerin und Frau E. zu entschärfen.

159

Die DVK lautet – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:

160

Dienstvereinbarung zur Konfliktbewältigung und zum Schutz der Beschäftigten gegen Mobbing am Arbeitsplatz

161

162

Ziffer 3 Grundsätze

163

Von allen Beschäftigten sind die allgemeinen sozialen Umgangsformen zu wahren. Dies beinhaltet, dass alle Beschäftigten andere so behandeln, wie sie selbst behandelt werden möchten.

164

Anlässe für Konflikte am Arbeitsplatz sind direkt zwischen den Beteiligten anzusprechen. Mögliche Wege zur Lösung von Konflikten sind gemeinsam zu suchen und zu bestreiten. Verhaltensweisen, die geeignet sind andere zu verletzen bzw. in ihrem Ansehen herabzusetzen, sind zu unterlasen. Die Persönlichkeit einer sowie eines jeden ist zu respektieren, zu schützen und zu fördern.

165

166

Ziffer 7 Verantwortung der Vorgesetzten

167

168

Ziffer 7. 2

169

Die jeweiligen Vorgesetzten sind die betrieblichen Ansprechpartner für von Mobbing betroffene Beschäftigte. Die Vorgesetzten tragen die Verantwortung dafür, dass Hinweisen auf Mobbing in ihrem Arbeitsbereich unverzüglich nachgegangen wird. Bei Verdacht und Bekanntwerden einer solchen Handlungsweise müssen die Vorgesetzten handeln und Konfliktlösungen erarbeiten.

170

171

Ziffer 10 Verfahren der Beschwerdebehandlung

172

173

6. SCHRITT:

174

Scheitert auch dieser Einigungsversuch, so sind zu diesem Zeitpunkt die personalaktenführenden Stellen einzuschalten. Die eingeschalteten Stellen prüfen mögliche personelle und/oder arbeits- bzw. dienstrechtliche Maßnahmen bzw. erarbeiten organisatorische oder personalwirtschaftliche Lösungen und setzen diese um. Der zuständige Personalrat ins entsprechend zu beteiligen.“

175

Obwohl sich die Klägerin fast alle in Ziffer 8 DVK genannten Personen und Institutionen mit der Bitte um Hilfe und Unterstützung eingeschaltet hat, ist ein Verfahren i. S. v. Ziffer 10 DVK nicht eingeleitet worden. Insbesondere sind entgegen Ziffer 10 6. Schritt unstreitig jeweils organisatorische und personelle Maßnahmen zur Konfliktlösung durch die personalverantwortlichen Personen auf Seiten der Geklagten bis Mitte 2019 nicht unternommen worden. Den wiederholten Überlegungen aus den geführten BEM-Gesprächen zu einer jedenfalls zeitlichen begrenzten Umsetzung der Klägerin als Mittel der Entschärfung des Konfliktes mit Frau E. ist die Beklagte ebenfalls nicht nähergetreten. Die entsprechenden hausärztlichen und amtsärztlichen Empfehlungen sind durch die Beklagte ebenfalls unberücksichtigt geblieben.

176

Dabei hätte es bereits nach dem in Berufungsinstanz diesbezüglich unstreitigen Tatsachenvortrag der Parteien in der Zeit zwischen 2014 und 2016 drei Möglichkeiten gegeben, die arbeitsplatzbezogene Konfliktsituation zwischen der Klägerin und Frau E. durch jedenfalls eine zeitlich befristete Umsetzung der Klägerin zu entzerren. Die Klägerin hatte sich in dem genannten Zeitraum auf zwei interne Stellenausschreibungen beworben, wobei sie die fachlichen Voraussetzungen der ausgeschriebenen E 11-Stellen unstreitig erfüllte. Zudem war im Jahr 2014 eine auf ein Jahr befristete E 11-Stelle zu besetzen. Auch diesbezüglich erfüllte die Klägerin die fachlichen Voraussetzungen. Mithin wäre es für die Beklagte möglich gewesen, durch Vornahme entsprechender – gegebenenfalls zeitlich befristeter - organisatorischer Maßnahmen der Konfliktsituation zwischen der Klägerin und Frau E. entgegenzuwirken.

177

Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die personalverantwortlichen Personen auf Seiten der Beklagten in Kenntnis der beschriebenen Konfliktsituation und in Kenntnis der vorerwähnten ärztlichen Stellungnahmen und Hinweisen insbesondere aus den BEM-Gesprächen Möglichkeiten zur Konfliktentzerrung nicht genutzt und damit eine mögliche schwere Belastungssituation bis hin zu denkbaren Gesundheitsgefährdungen für die Klägerin billigend in Kauf genommen haben. Vielmehr hat die Beklagte die Konfliktsituation zwischen der Klägerin und Frau E. einfach auszublenden versucht und damit nicht nur die Klägerin mit der empfundenen Belastungssituation, sondern zur Überzeugung der Kammer auch Frau E. entgegen den arbeitgeberseitigen Fürsorgeverpflichtungen aus § 241 Abs. 2 BGB allein gelassen.

178

Gleichwohl ergibt sich auch insoweit bei isolierter Betrachtung keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung zu Lasten der Klägerin. Das Unterlassen von möglichen Organisationsmaßnahmen zur Konfliktbewältigung durch den Arbeitgeber allein lässt nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht auf eine zielgerichtete Herabwürdigung bzw. auf eine gezielte ehrverletzende Intention auf Seiten des Arbeitgebers schließen. Lediglich das „Verschließen der Augen“ bzw. das „Wegschieben“ von Problemen als unbequem – wie nach Auffassung der Kammer hier gegeben – beinhaltete keine Intensität der schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung.

(2)

179

Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung des Sachverhalts ergibt sich nach Ansicht des erkennenden Gerichts schon eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung zu Lasten der Klägerin.

180

Ob eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung tatsächlich vorliegt, ist nach einheitlicher arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung nicht ausschließlich anhand der jeweils festgestellten Rechtsverletzungen zu beurteilen. Vielmehr ist im Rahmen einer sorgfältigen Einzelfallprüfung festzustellen, ob das sich nach dem Sach- und Streitstand ergebende Gesamtbild ein Gesamtverhalten begründet, welches geeignet ist, einen rechtswidrigen und schwerwiegenden Eingriff ist das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers zu belegen (BAG vom 16.05.2007 – 8 AZR 709/06 – NZA 2007, Seite 1154).

181

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung zu Lasten der Klägerin – wenn auch im Grenzbereich – bereits zu bejahen.

182

Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt dieser Umstand jedoch nicht aus einem feststellbaren Fehlverhalten der Frau E. Diesbezüglich folgt die Kammer dem Ergebnis der angegriffenen Entscheidung. Denn die insoweit von der Klägerin gegen Frau E. erhobenen Vorwürfe sind größtenteils – wie bereits erörtert – unsubstantiiert und mithin nicht einlassungsfähig und teilweise schlicht unzutreffend.

183

Das sich aus den unter II., 1.), c), aa), (1), (cc) festgestellten rechtswidrigen Verhaltensweisen insbesondere im Bereich der führungsverantwortlichen Personen auf Seiten der Beklagten ergebende Gesamtbild belegt im Ergebnis eine systematische Verletzung der Rechte der Klägerin aus § 241 Abs. 2 BGB über Jahre hinweg und mithin eine Nichtachtung ihrer Persönlichkeitsrechte bzw. ihrer Interessen an der Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen. Die wissentliche Duldung der allgemein zugänglichen Auslegung der „Tisch-Info“ über Monate hinweg im Beratungsraum im Arbeitsbereich der Klägerin, die reaktionslos gebliebene Aufforderung an die Klägerin, das Log-In und das Passwort für den E-Mail-Account für andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsehbar und zugänglich auszulegen sowie die Nichteinladung zum Bewerbungsgespräch deuten bereits in diese Richtung. Ausschlaggebend ist für das erkennende Gericht unter Bezugnahme auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen aber der Umstand, dass die personalverantwortlichen Personen auf Seiten der Beklagten in Kenntnis der Situation die Klägerin über Jahre hinweg in der sich aus der Konfliktsituation mit Frau E. resultierenden Belastungssituation belassen haben. Auch bei ausschließlicher Berücksichtigung des Vortrages der Beklagten i. V. m. dem unstreitigen Sachverhalt sind insbesondere auch entgegen den ausdrücklichen Vorgaben in der DVK keinerlei Versuche seitens der Beklagten unternommen worden, um entsprechend den gesetzlichen Verpflichtungen aus § 241 Abs. 2 BGB Verbesserungsstrategien im Hinblick auf die geschilderte Belastungssituation der Klägerin im Rahmen der Konfliktsituation mit Frau E. zu entwickeln.

184

Im Ergebnis begründet daher die vorzunehmende Gesamtwürdigung des Sachverhalts, dass vorliegend die Grenze zur schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung nach den Vorgaben der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung – wenn auch nur geringfügig – bereits überschritten ist.

bb)

185

Auf der Grundlage der eben festgestellten schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin im Grenzbereich ist als Entschädigung nach Auffassung des erkennenden Gerichts ein Betrag in Höhe von 2.500,00 € angemessen. Die von der Klägerin geforderte Mindestentschädigung in Höhe von 30.000,00 € kommt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.

186

Die Entschädigung im Zusammenhang mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts stellt einen Wiedergutmachungsversuch dar, wobei neben der Intensität der Schmerzen im geistigen Bereich, dem Maß der Schuld und dem Anlass und der Begleitumstände der Verletzungshandlung, auch deren Dauer und Nachwirkung sowie etwaige Wirkungen über das Arbeitsverhältnis hinaus zu berücksichtigen sind (LAG Berlin-Brandenburg vom 24.10.2019 – 10 Sa 704/19 – Juris Randnummer 103).

187

Unter Berücksichtigung der genannten Umstände ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Entschädigung in Höhe von 2.500,00 € angemessen ist. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass – wie bereits erörtert – lediglich die geringfügige Überschreitung der Grenze zur schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt. Das heißt, dass eine ausgeprägte Intensität auf Seiten der Beklagten zur Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Klägerin nicht gegeben ist. Das der Beklagten vorwerfbare Verhalten liegt überwiegend im Bereich der interessenlosen Unterlassung von Maßnahmen zur Verbesserung der bekannten Belastungssituation der Klägerin auf der Grundlage der Konflikte mit ihrer unmittelbaren Vorgesetzten.

2.

188

Der Feststellungsantrag der Klägerin zu Ziffer 4 aus der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2020 ist unbegründet.

189

Aus den Ausführungen zu II., 1., b.) der Entscheidungsgründe ergibt sich, dass bereits nach ihrem eignen Vortrag eine Verletzung der Gesundheit der Klägerin als kausale Folge eines Fehlverhaltens auf Seiten der Beklagten nicht festgestellt werden kann. Daraus folgt zwangsläufig, dass die von der Klägerin begehrte Feststellung der Verpflichtung der Beklagten auf Ersatz zukünftiger materieller Schäden wegen einer Verletzung der Gesundheit der Erfolg zu versagen ist.

III.

190

Die Zinsentscheidung beruht auf § 291 BGB.

IV.

191

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

V.

192

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

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