Urteil vom Landgericht Bochum - 2 O 25/21
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.654,69 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.09.2020 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke W mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ### nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit bezüglich eines Anspruchs auf Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 316,47 Euro erledigt ist.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vorgenannten Zug-um-Zug-Leistung in Annahmeverzug befindet.
Es wird festgestellt, dass die vorgenannte Verurteilung zur Zahlung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der Verweisung trägt die Klägerin. Im Übrigen trägt die Kosten des Rechtsstreits die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwehren, sofern nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Pkw gerichteten Schadensersatzanspruch geltend.
3Am 18.01.2011 erwarb die Klägerin bei der Autohaus X GmbH in C ein Neufahrzeug der Marke W, ### zu einem Kaufpreis in Höhe von 30.955,01 Euro. Der Kilometerstand des Fahrzeuges belief sich am 23.06.2021 auf 7 km, zum Zeitpunkt der Klageerhebung auf 57.998 km. Am 21.06.2021 belief sich die Laufleistung auf 61.065 km.
4In dem Fahrzeug ist ein Motor mit der internen Bezeichnung B, Euro 5, verbaut. Der Motor verfügt über zwei verschiedene Betriebsmodi – im Betriebsmodus 1 kommt es zu einer höheren Rückführung von Abgasen, insbesondere von Stickoxiden (NOx). Hierdurch verringert sich der Ausstoß von Stickoxiden mit der Folge, dass die Anforderungen der Euro-5-Abgasnorm eingehalten werden. Im Betriebsmodus 0 erfolgt eine entsprechende Verringerung des Stickoxidausstoßes nicht. Mittels einer Software erkennt das Fahrzeug, wann es sich auf dem Rollenprüfstand des sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) befindet. In diesem Fall schaltet das Fahrzeug in den Betriebsmodus 1. Im normalen Straßenverkehr wird das Fahrzeug hingegen im Betriebsmodus 0 betrieben mit der Folge, dass sich der Stickoxidausstoß des Fahrzeuges erheblich erhöht.
5Am 22.09.2015 veröffentlichte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung darüber, dass in den von ihr hergestellten Dieselmotoren des Typs B mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund 11 Millionen Fahrzeugen eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei. Im Anschluss daran wurde medienübergreifend über die sog. „Dieselgate-Affäre“ umfangreich berichtet und in der Öffentlichkeit hierüber diskutiert.
6Das Kraftfahrbundesamt (KBA) qualifizierte die von der Beklagten entwickelte Software als unzulässige Abschalteinrichtung und ordnete am 15.10.2015 einen amtlichen Rückruf aller betroffenen Fahrzeuge an. Es forderte von der Beklagten, dass für Fahrzeuge mit Motoren des Typs B eine technische Lösung erarbeitet werde, die dafür sorge, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Hierzu verhält sich eine Pressemitteilung des KBA vom 16.10.2015.
7Sämtliche Fahrzeughalter/innen konnten sich in der Folge telefonisch, schriftlich per Brief oder E-Mail beim Volkswagen Kundenservice informieren, ob ihre Fahrzeuge mit der Software-Konfiguration ausgestattet waren. Im Oktober 2015 schaltete die Beklagte eine Applikation auf ihrer Website frei, mit Hilfe derer die Halter/innen der betroffenen Fahrzeuge durch Angabe der FIN überprüfen konnten, ob ihre Fahrzeuge betroffen waren. Im Februar 2016 unterrichtete die Beklagte die Halter/innen der betroffenen Fahrzeuge mit dem Motortyp B postalisch über das Update und den abgestimmten Zeit- und Maßnahmenplan. Sobald das jeweilige individuelle Update verfügbar war, wurden die Halter/innen postalisch erneut informiert und, sofern erforderlich, mehrfach zur Durchführung des Updates aufgefordert. Das von der Beklagten entwickelte Software-Update wurde auch auf das Fahrzeug der Klägerin aufgespielt.
8Mit Schreiben vom 18.08.2020 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung von einem Monat zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 30.955,01 Euro, ggf. verringert um eine Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs auf.
9Die Klägerin behauptet, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Die Beklagte habe sie daher über die Gesetzeskonformität des Fahrzeuges getäuscht. Hiervon hätten auch die gesellschaftsrechtlich bestellten Organe der Beklagten Kenntnis gehabt und diese gebilligt. Die Täuschung über die angebliche Einhaltung der gesetzlichen Abgaswerte durch die Beklagte diene allein dem Zweck der Kostensenkung. Den ihr hierdurch entstandenen Schaden, der in der Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit durch Abschluss des Kaufvertrages über das streitgegenständliche Fahrzeug liege, habe die Beklagte bewusst in Kauf genommen. Die schädigende Handlung müsse sich die Beklagte zurechnen lassen.
10Die Klägerin behauptet weiter, dass sie jedenfalls im Jahr 2015 noch keine Kenntnis erlangt haben konnte, dass in ihrem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Angesichts der unklaren Rechtslage bis zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25.05.2020 sei ihr unzumutbar gewesen, eine Klage gegen die Beklagte anzustrengen. Jedenfalls stehe ihr aber ein Anspruch aus § 852 BGB gegen die Beklagte zu. Der Anspruch sei der Höhe nach auf den ursprünglich bestehenden Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung abzüglich Nutzungsersatz Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gerichtet.
11Die Klägerin hat sich zunächst der Musterfeststellungsklage vor dem OLG Braunschweig – 4 MK 1/18 – angeschlossen. Nach Rücknahme der Anmeldung wurde die Klägerin zum 30.09.2019 aus dem Klageregister gelöscht. Mit Schriftsatz vom 16.09.2020 hat die Klägerin Klage vor dem Landgericht Essen erhoben. Mit Beschluss vom 18.01.2021 hat das Landgericht Essen das Verfahren auf Antrag der Klägerin an das Landgericht Bochum verwiesen.
12Die Klägerin hat mit dem Klageantrag zu 1) zunächst unter Berücksichtigung des aktuellen Kilometerstandes zum Zeitpunkt der Klageerhebung (57.998) abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe 5.983,85 Euro beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.971,16 Euro nebst Zinsen hieraus Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu bezahlen.
13Die Klägerin hat im Verhandlungstermin vom 23.06.2021 auf der Grundlage eines unstreitigen aktuellen Kilometerstands von 61.065 km unter Abzug einer angemessenen Nutzungsentschädigung noch die Zahlung des Restbetrages begehrt und den Rechtsstreit in Höhe des Differenzbetrages hinsichtlich der Nutzungsentschädigung für erledigt erklärt.
14Die Klägerin beantragt,
151. die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.971,16 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.09.2020 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke W vom Typ H mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ### nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief, mit der Maßgabe, dass der Berechnung der Nutzungsentschädigung der aktuellen Kilometerstand zugrunde liegt,
16hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus dem Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 durch die Beklagte in das Fahrzeug der Marke W vom Typ H mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ### resultieren,
173. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in vorgenannten Klageanträgen genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet,
184. festzustellen, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt,
195. die Beklagte zu verurteilen, sie von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.256,24 Euro freizustellen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Sie meint, dass die Klägerin aufgrund der umfangreichen Berichterstattung und der Pressemitteilungen bereits im Jahr 2015 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt habe, ihre Unkenntnis aber jedenfalls grob fahrlässig gewesen sei. Ein Anspruch aus § 852 BGB stehe der Klägerin schon aus rechtlichen Gründen nicht zu.
23Die Beklagte behauptet weiter, dass der NOx-Ausstoß von Fahrzeugen bei Erwerbsvorgängen vor September 2015 in der allgemeinen Wahrnehmung keine Rolle gespielt habe. Die Erwartungen der Klägerin seien daher nicht enttäuscht worden. Eine Beeinträchtigung des Fahrzeugs habe nicht vorgelegen. Eine Täuschung der Klägerin habe nicht stattgefunden. Der damalige Vorstand der Beklagten im aktienrechtlichen Sinne habe im maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses weder von der Programmierung noch von der Verwendung der Umschaltlogik in Fahrzeugen mit einer EG-Typgenehmigung Kenntnis gehabt und auch nicht die Vorstellung gehabt, Kunden zu schädigen. Eine sittenwidrige Schädigung der Klägerin sei nicht erfolgt.
24Entscheidungsgründe:
25I.
26Die zulässige Klage ist aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
271.
28Die Klägerin hat keinen Anspruch aus §§ 826 i.V.m. 31 analog BGB gegen die Beklagte. Dem entsprechenden Schadensersatzanspruch steht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen.
29Der Anspruch gem. § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB analog verjährt gem. §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nach drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entsteht und die Gläubigerin von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person der Schuldnerin Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
30a) Die Verjährungsfrist wurde vorliegend mit Ablauf des 31.12.2015 in Gang gesetzt.
31aa) Die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis liegt im Allgemeinen vor, wenn der Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage, risikobehaftet aber erfolgversprechend möglich ist (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13. Mai 2020 – 33 U 44/19).
32Eine erfolgsversprechende Klageerhebung war der Klägerin bereits Ende des Jahres 2015 möglich. Die Beklagte hat die Öffentlichkeit und damit auch die Besitzer/innen von Dieselfahrzeugen mit dem Motor B am 22.09.2015 informiert, dass diese Fahrzeuge mit einer Abschalteinrichtung versehen ist, die vom Kraftfahrtbundesamt als nicht ordnungsgemäß eingestuft wird und die nach dortiger Ansicht zu entfernen ist. An die Pressemitteilung schloss sich allgemeinbekannt eine Medienberichterstattung in den Printmedien, Online-Medien und im Fernsehen an. Im Oktober 2015 wurde weiter durch die Beklagte eine Website freigeschaltet, auf der mittels Fahrzeugidentifikationsnummer von der Manipulation betroffene Fahrzeuge gesucht werden konnten. Über die Freischaltung der Website wurde wiederum wiederholt in den Medien berichtet. Das Kraftfahrtbundesamt informierte mit Pressemitteilung vom 16.10.2015 über den Rückruf von 2,4 Millionen Fahrzeugen der Beklagten, weil es sich um Fahrzeuge mit einer verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung gehandelt habe. Die Pressemitteilung wurde wiederum medial begleitet.
33Hiervon ausgehend waren objektiv bereits im letzten Quartal des Jahres 2015 alle Umstände öffentlich bekannt, die der Klägerin die anspruchsbegründenden Umstände des § 826 BGB vermitteln konnten und eine Klageerhebung zumutbar machten. Der Berichterstattung war dabei insbesondere auch die Person der Schuldnerin zu entnehmen. Zudem legte der verbindliche Rückruf von mehreren Millionen Dieselfahrzeugen, die mit einer manipulativen Motorsteuerungssoftware ausgestattet waren, den Schluss nahe, dass der Einbau der Motorsteuerungssoftware, die nach ihrer Funktionsweise ersichtlich auf Täuschung der zuständigen Genehmigungsbehörde abzielte, auf einer am Kosten- und Gewinninteresse ausgerichteten Strategieentscheidung beruhte. Für die Zumutbarkeit der Klageerhebung bedurfte es wegen der sekundären Darlegungslast der Beklagten keiner näheren Kenntnis von den internen Verantwortlichkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2020 - VI ZR 739/20; OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2021 – 17 U 196/20).
34bb) Die von der Beklagten behauptete Kenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen ist aber jedenfalls gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen, weil die Klägerin ihrer sekundären Darlegungslast zu ihrer individuellen Kenntniserlangung nicht genügt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2018 - I ZR 150/15).
35Für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der Verjährungseinrede ist grundsätzlich diejenige Partei darlegungs- und beweisbelastet, die sich auf die Verjährung beruft, hier die Beklagte. Dieser Darlegungslast hat die Beklagte in der Weise genügt, dass sie die Kenntnis der Klägerin behauptet und die Möglichkeiten der Kenntniserlangung im Einzelnen dargelegt hat. Angesichts dieses konkreten Vortrags trifft die Klägerin eine sekundäre Darlegungslast für ihre individuelle Kenntniserlangung von den die Verjährung begründenden Umständen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.05.2020 – 33 U 44/19).
36Die Klägerin hat ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Eine den individuellen Umständen geschuldete verspätete Kenntnis hat die Klägerin weder hinreichend vorgetragen, noch ist sie ersichtlich. Soweit die Klägerin diesbezüglich pauschal vorgetragen hat, dass sie im Jahr 2015 keinesfalls so weitreichende Kenntnisse von den Geschehnissen und der konkreten Betroffenheit ihres Fahrzeugs gehabt habe, dass ihr die Erhebung einer Klage gegen die W AG auch nur ansatzweise möglich oder zumutbar gewesen wäre, so sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht Genüge getan. Die entsprechenden Angaben sind jedenfalls nicht geeignet, ihre Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen im Jahre 2015 darzulegen.
37b) Entsprechend des Verjährungsbeginns am 31.12.2015 wäre die Verjährungsfrist grundsätzlich am 31.12.2018 abgelaufen. Durch die Anmeldung der Ansprüche zu der am 01.11.2018 erhobenen Musterfeststellungsklage vor dem OLG Braunschweig war die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB ab diesem Zeitpunkt bis zur Löschung der Klägerin aus dem Klageregister am 30.09.2019 gehemmt. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Hemmung gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach der Löschung endete, trat die Verjährung des geltend gemachten Anspruches am 01.06.2020 ein. Die Erhebung der hiesigen Klage mit Schriftsatz vom 16.09.2020 vermochte eine erneute Hemmung nicht zu bewirken; der Anspruch ist verjährt.
382.
39Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 24.654,69 Euro gem. § 852 Satz 1 BGB. Danach ist die Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, wenn sie durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten der Verletzten etwas erlangt hat.
40a) Die Vorschrift ist in den Fällen des Erwerbs eines vom sog. Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs ohne weiteres anwendbar, auch wenn der Schaden lediglich in dem Eingehen einer so nicht gewollten Verbindlichkeit besteht. Dies gilt auch dann, wenn die Klagepartei das Fahrzeug nicht direkt von der Beklagten, sondern über einen Vertragshändler erworben hat (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.07.2021 – 13 U 123/21; OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2021 – 17 U 196/20).
41Soweit die Beklagte meint, dass der § 852 BGB in den Fällen, in denen die Verjährung durch die Anmeldung zur Musterfeststellungsklage hätte gehemmt werden können, teleologisch zu reduzieren sei, so ist dieser Auffassung nicht zu folgen. Für eine solche einschränkende Auslegung ergeben sich weder Anhaltspunkte aus dem Wortlaut der Vorschrift, noch ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber durch die Einführung der Musterfeststellungsklage den Anwendungsbereich des § 852 BGB einschränken wollte (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O. m.w.N.).
42b) Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 24.654,69 Euro gem. § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB analog zu.
43aa) Die Beklagte stellte das streitgegenständliche Fahrzeug einschließlich des darin verbauten Motors B, der unstreitig mit der oben beschriebenen sogenannten „Umschaltlogik“ ausgestattet ist, her und brachte das Fahrzeug in den Verkehr. Die von der Beklagten in dem Fahrzeug verbaute Motorsteuerungssoftware stellt eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 dar (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19).
44Das Inverkehrbringen des so ausgestatteten Fahrzeugs steht einer konkludenten Täuschung gleich (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19). Denn mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeugs gibt ein Hersteller konkludent die Erklärung ab, dass der Einsatz des Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist Dies war vorliegend nicht der Fall, weil die verwendete Umschaltlogik in der Motorsteuerungssoftware als verbotene Abschalteinrichtung zu ist.
45bb) Das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüsteten klägerischen Fahrzeugs ist als sittenwidrig einzuordnen.
46Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der oder die Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15). Dabei ist das gesamte Verhalten der Schädiger bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Danach handelt eine Automobilherstellerin sittenwidrig, wenn sie entsprechend einer grundlegenden strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse unter bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Erwerber/innen Fahrzeuge mit einem manipulierten Stickoxidausstoß in Verkehr bringt (vgl. BGH, Urteil vom 08.03.2021 – VI ZR 505/19).
47Als Beweggrund für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen klägerischen Fahrzeugs kommt vorliegend ausschließlich eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2021 – 17 U 196/20). Dies ist jedenfalls dann verwerflich, wenn es – wie hier – auf der Grundlage einer strategischen Unternehmensentscheidung durch arglistige Täuschung der zuständigen Typengenehmigungsbehörde erreicht worden soll und dies mit einer gleichgültigen Gesinnung gegenüber Schutzvorschriften und den möglichen Folgen für die einzelnen Käufer/innen verbunden ist (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19).
48Weiter hat die Beklagte bereits vor dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs die Typengenehmigungsbehörde getäuscht, um in gesetzeswidriger Weise eine ansonsten nicht zu erteilende Typengenehmigung zu erhalten. Sie hat sich damit beim Inverkehrbringen der mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeuge das Vertrauen der Käufer/innen in den ordnungsgemäßen Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens und damit auch in die Objektivität der staatlichen Behörde zunutze gemacht (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2019 - 13 U 149/18).
49cc) Durch diese sittenwidrige Täuschung der Beklagten hat die Klägerin einen Vermögensschaden erlitten, der in dem Abschluss des Kaufvertrages zu sehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19). Im Rahmen des § 826 BGB ist es ausreichend, dass die Klägerin durch das sittenwidrige Verhalten der Beklagten zum Abschluss eines Vertrages gebracht wurde, den sie sonst nicht geschlossen hätte, und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist. Dabei stellt sich der Zeitpunkt der Eingehung der ungewollten Verbindlichkeit - also der seinerzeitige Kaufvertragsabschluss - als maßgeblich dar. Später eingetretene Umstände können dies nicht ungeschehen machen, weswegen das von der Beklagten angebotene Software-Update auch lediglich als Versuch der Schadenswiedergutmachung angesehen werden kann (BGH, Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19).
50dd) Die Beklagte handelte auch vorsätzlich, so dass die subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB vorliegen. Bereits aus der Verheimlichung des Einsatzes der Software gegenüber den Genehmigungsbehörden, den beteiligten Stellen und potenziellen Erwerber/innen ergibt sich mit hinreichender Sicherheit, dass in der Vorstellung gehandelt wurde, dass der Einsatz der Software zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Typengenehmigung und der Betriebszulassung der so ausgestatteten Fahrzeuge führen könnte und dass potenzielle Erwerber/innen Fahrzeuge, die derart mit rechtlichen Unsicherheiten belastet waren, nicht ohne weiteres erwerben würden (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 16.12.2019 - 12 U 696/19).
51Diese Kenntnis ist der Beklagten auch gemäß § 31 BGB analog zuzurechnen.
52Die Beklagte erfüllt den subjektiven Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung. Ihr sind das Wissen und der Vorsatz der an der Softwaremanipulation und der Täuschung hierüber beteiligten Organmitglieder und sonstigen Mitarbeiter/innen zuzurechnen. Eine solche Zurechnung erfolgt bei einer juristischen Person wie der Beklagten nach den allgemeinen Regeln der §§ 831, 31 BGB. Grundsätzlich muss, damit eine Zurechnung erfolgen kann, das jeweilige Wissens- bzw. Vorsatzelement bei dem jeweiligen Organmitglied oder Mitarbeiter/innen festgestellt werden. Kann eine solche Feststellung nicht erfolgen, geht dies grundsätzlich zu Lasten der hier beweisbelasteten Klägerin. Vorliegend ist jedoch die Beklagte nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast darlegungspflichtig (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2019, 13 U 149/18). Dies folgt daraus, dass die Klägerin nicht mehr vortragen kann, als er vorliegend getan hat. Die Klägerin muss davon ausgehen, dass etwa der damalige Vorstandsvorsitzende Kenntnis von der Softwaremanipulation hatte oder diese sogar angewiesen hat. Es ist ihr aber nicht möglich, hierzu näher vorzutragen, da dies Kenntnis von den internen Strukturen und Abläufen sowie konkreter im Einflussbereich der Beklagten liegenden Geschehnisse voraussetzen würde. Insofern obliegt es der Beklagten, zu den Kenntnissen ihrer Organmitglieder und Mitarbeiter/innen vorzutragen, was ihr auch zumutbar ist. Dies hat sie jedoch versäumt. Dies geht zu ihren Lasten, weswegen von entsprechenden zurechenbaren Kenntnissen und dem daraus folgenden Vorsatz auszugehen ist.
53c) Die Klägerin ist demnach so zu stellen, wie sie ohne Täuschung und das sittenwidrige Vorgehen der Beklagten stehen würde. Insoweit ist das Gericht überzeugt, dass die Klägerin ohne die Täuschung und bei Kenntnis der Umstände den Vertrag über den Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht abgeschlossen hätte. Daher ist der Klägerin der gezahlte Kaufpreis zu erstatten. Sie muss sich jedoch das anrechnen lassen, was sie infolge des ungewollten Vertrages erlangt hat (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 78. Aufl. 2019, vor § 249 Rn. 94). Insoweit ist eine Nutzungsentschädigung vom zu erstattenden Kaufpreis in Abzug zu bringen. Das Fahrzeug wies zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung einen Kilometerstand von 61.065 Kilometern auf. Das Gericht schätzt die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs gem. § 287 ZPO auf 300.000 km. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Laufleistung ist nach den Grundsätzen der kilometeranteiligen linearen Wertminderung der Nutzungsersatz wie folgt zu berechnen:
54Bruttokaufpreis 30.955,01 € x gefahrene 61.058 km (61.065 km – 7 km bei Kauf) : die zu erwartende restliche Laufleistung von 299.993 km.
55Ausgehend davon ist die angemessene Nutzungsentschädigung mit einem Betrag in Höhe von 6.300,32 Euro in Ansatz zu bringen. Damit verbleibt ein zurückzuzahlender Kaufpreis in Höhe von 24.654,69 Euro. Der Anspruch besteht Zug-um-Zug gegen Herausgabe des Fahrzeuges.
56c) Der Anspruch aus §§ 826, 31 analog BGB ist verjährt (vgl. hierzu unter 1.).
57d) Der Anspruch der Klägerin aus § 852 BGB ist in Höhe von 24.654,69 Euro begründet. Die Vorschrift enthält eine Rechtsfolgenverweisung auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2015 - I ZR 148/13). Daher hat die Klägerin Anspruch auf Herausgabe desjenigen, was die Beklagte durch ihre unerlaubte Handlung auf Kosten der Klägerin erlangt hat.
58aa) Die Beklagte hat als Verkäuferin des Fahrzeugs den vollen Kaufpreis von 30.955,01 Euro vereinnahmt. Diesen Vorteil hat sie auf Kosten der Klägerin erlangt, da der Geldbetrag bei der Zahlung zugleich aus seinem Vermögen abfloss.
59bb) Der Anspruch gem. § 852 Satz 1 BGB ist jedoch durch die Höhe des aufgrund der Verjährung nicht durchsetzbaren Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB analog begrenzt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2021 – 17 U 196/20). Daher hat sich die Klägerin eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 6.300,32 Euro abziehen zu lassen.
60cc) Ein weiterer Abzug in Höhe einer etwaigen Provision, die die Beklagte ggf. den den Kauf vermittelnden Händler/innen gezahlt haben mag, kommt hingegen nicht in Betracht. Unabhängig davon, ob eine entsprechende Provision gezahlt worden ist, kann sich die Beklagte gem. §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 2 BGB nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen. Die Beklagte hat durch den Empfang der gegen die guten Sitten verstoßen, so dass sie vom Empfang des Kaufpreises an die verschärfte Haftung des § 818 Abs. 4 BGB trifft, sie sich mithin ab diesem Zeitpunkt nicht auf einen Wegfall der Bereicherung durch eine etwaige an die Händler/innen zu zahlende Provision berufen kann (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2021 – 17 U 19).
61e) Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Gem. § 852 Satz 2 tritt Verjährung zehn Jahre nach der Entstehung des Anspruchs ein. Da der Kauf des Fahrzeugs am 18.01.2011 stattfand, endet die Verjährungsfrist am 18.01.2021. Sie ist jedoch durch die Erhebung der Klage gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden.
623.
63Der Klägerin steht ein Anspruch auf Verzugszinsen gem. §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB aus 21.428,81 EUR in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu. Anders als von der Klägerin beantragt ist die Forderung aber erst seit dem 22.09.2020 zu verzinsen, da die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 18.08.2020 zur Zahlung innerhalb eines Monats ab Zugang aufgefordert hat. Das Gericht geht mangels anderweitiger Angaben hierzu von einer regelmäßigen Postlaufzeit von drei Tagen aus, so dass das Schreiben am 21.08.2020 zugegangen seien dürfte und sich die Beklagte mithin ab dem 22.09.2020 in Verzug befunden hat.
644.
65Über den hilfsweise gestellten Klageantrag zu 2) war nicht zu entscheiden, da die Klägerin bereits mit ihrem Hauptantrag durchdringt.
665.
67Soweit die Klägerin den Klageantrag zu 1. bezüglich eines weiteren Betrages in Höhe von 316,47 Euro im Hinblick auf eine zwischenzeitlich höhere Kilometerlaufleistung des Fahrzeugs und die sich hieraus ergebende höhere Nutzungsentschädigung für erledigt erklärt hat, ist der Klageantrag auf Feststellung der Erledigung begründet.
68Denn die Kilometerlaufleistung des Fahrzeugs der Klägerin betrug im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage 57.998 km. Hieraus errechnete sich eine abzuziehende Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.983,85 Euro und damit zu diesem Zeitpunkt ein durch die Beklagte zu zahlender Betrag in Höhe von 24.971,16 Euro. Die Klageforderung war im Zeitpunkt der Klageerhebung daher in dieser Höhe begründet. Soweit aufgrund der zwischenzeitlich höheren Laufleistung des Fahrzeugs auch eine höhere Nutzungsentschädigung anzusetzen ist, ist eine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten. Der Antrag der Klägerin war insoweit auch hinreichend bestimmt. Zwar hat sie die Höhe der Erledigung nicht betragsmäßig beziffert, indes war eine solche Bezifferung anhand der Berechnungsgrundlage in der Klageschrift (vgl. Bl. 88 d. eAkte) möglich.
696.
70Die Beklagte befindet sich seit dem 22.09.2020 in Annahmeverzug hinsichtlich der Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges. Die Klägerin hat die Beklagte – wie bereits dargelegt – mit Schreiben vom 18.08.2020 aufgefordert, den Kaufpreis binnen eines Monats zurückzuzahlen und ausdrücklich angeboten, das streitgegenständliche Fahrzeug Zug-um-Zug herauszugeben. Die Beklagte befand sich mithin mit Ablauf der gesetzten Frist am 22.09.2020 in Annahmeverzug gemäß § 293 BGB. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Anspruch ausdrücklich auf die zu diesem Zeitpunkt bereits verjährte deliktische Anspruchsgrundlagen stützte, da ihre Forderung zumindest im Hinblick auf § 852 BGB berechtigt gewesen ist und es sich bei dieser Vorschrift lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung handelt (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2015 - I ZR 148/13).
717.
72Gemäß § 256 ZPO war festzustellen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Forderung um eine solche aus einer unerlaubten Handlung handelt. Zwar ist eine entsprechende Feststellung nur dann zu treffen, wenn der Gläubigerin ein durchsetzbarer – insbesondere unverjährter – materiell-rechtlicher Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zusteht (vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2016 – IX ZB 33/14), wobei der Anspruch der Klägerin aus § 826 BGB vorliegend verjährt ist. Indes handelt es sich bei dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus § 852 BGB um eine Rechtsfolgenverweisung. Der Anspruch aus unerlaubter Handlung bleibt in diesem Rahmen erhalten und wird nur in seinem Umfang auf die ungerechtfertigte Bereicherung der Schuldnerin beschränkt. Hierfür spricht auch, dass die Verjährung eines Anspruchs nicht den Anspruch an sich vernichtet, sondern der Schuldnerin lediglich eine Einrede gewährt (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.1976 – IV ZR 232/74).
738.
74Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
75Der Schadensersatzanspruch gem. §§ 826 BGB i.V.m. § 31 BGB umfasst zwar auch notwendige Rechtsverfolgungskosten, er ist jedoch verjährt. Aus § 852 Satz 1 BGB kann die Klägerin keinen Anspruch auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten herleiten. § 852 Satz 1 BGB enthält lediglich eine Rechtsfolgenverweisung auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Die Beklagte hat jedoch keinen geldwerten Vorteil in Höhe der von der Klägerin geschuldeten vorgerichtlichen Anwaltskosten erlangt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2021 – 17 U 196/20).
76Der Anspruch ist auch nicht unter Verzugsgesichtspunkten gem. §§ 280, 286 BGB begründet. Die Klägerin hat keine Umstände vorgetragen, aufgrund derer die Beklagte bereits vor Einschaltung der Klägervertreter in Verzug geraten wäre.
77II.
78Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2, 281 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte ist im Rechtsstreit bis auf geringfügige Nebenforderungen auf Zahlung von Zinsen und der nicht streitwerterhöhenden Rechtsanwaltskosten unterlegen, so dass ihr die Kosten aufzuerlegen sind. Die Kosten der Verweisung hat die Klägerin zu tragen.
79Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708, 709, 711 ZPO.
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