Urteil vom Landgericht Bonn - 17 O 197/15
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 04./07.09.2015 geschlossene Darlehensvertrag durch die Widerrufserklärung der Kläger vom 14.10.2014 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.338,57 Euro zuzüglich 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2015 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 74 % und die Beklagte 26%.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Kläger machen Ansprüche aufgrund des von ihnen erklärten Widerrufs ihrer auf Abschluss zweier Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen geltend.
3Die Kläger schlossen mit der Beklagten im Antragsverfahren am 08.08.2008 einen Darlehensvertrag über einen Nennbetrag in Höhe von 170.000,00 Euro zu einem Nominalzinssatz in Höhe von 5,65% p.a. und einer Festzinsperiode bis zum 30.09.2028. Die Widerrufsbelehrung zu dem Darlehensvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
4„ Beginn der Widerrufsfrist
5Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
6 ein Exemplar dieser Belehrung
7 eine Urkunde oder eine Abschrift des
8Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift – mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen
9 und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§§ 312 c BGB, § 1 BGB-InfoV)
10erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses.“
11Für die Einzelheiten des Vertrages und des Wortlauts der Widerrufsbelehrung wird auf den Darlehensvertrag (Anlage K 1, Bl. # ff. d.A.) verwiesen. Die Kläger unterzeichneten ebenfalls am 08.08.2008, dass sie das Dokument „Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher vollständig vor Vertragsschluss erhalten zu haben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Informations- und Merkblatt (Anlage B 1) Bezug genommen.
12Die Kläger schlossen mit der Beklagten im Angebotsverfahren am 04./07.09.2008 einen weiteren Darlehensvertrag über einen Nennbetrag in Höhe von 60.000,00 Euro zu einem Nominalzinssatz in Höhe von 5,15% p.a. und einer Festzinsperiode bis zum 30.09.2023. Die Widerrufsbelehrung zu dem Darlehensvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
13„ Beginn der Widerrufsfrist
14Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer
15 ein Exemplar dieser Belehrung
16 und eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift – sowie die Finanzierungsbedingungen
17erhalten hat.“
18Zudem heißt es auf Seite 7 des Darlehensantrags:
19„Verbindlichkeit dieses Antrages/Bindungsfrist
20Durch Unterzeichnung dieser Erklärung gibt der Darlehensnehmer ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages ab.
21Der Darlehensnehmer bindet sich mit seiner Unterschrift für einen Monat an seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung. Die Frist beginnt mit Unterzeichnung dieses Vertragsangebotes durch den Darlehensnehmer“.
22Für die Einzelheiten des Vertrages und des Wortlauts der Widerrufsbelehrung wird auf den Darlehensvertrag (Anlage K 3, Bl. ## ff. d.A.) verwiesen.
23Die Darlehen wurden in der Folgezeit an die Kläger ausgezahlt.
24Mit Schreiben vom 14.10.2014 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen.
25Die Kläger sind der Auffassung, dass sie ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen haben, da sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden seien. Der Fristbeginn sei in der Widerrufsbelehrung zu dem Darlehensvertrag über einen Nennbetrag in Höhe von 170.000,00 Euro unzutreffend beschrieben. Der Hinweis auf die Verbindlichkeit des Angebots sei verwirrend. Die Belehrung über verbundene Geschäfte in der Widerrufsbelehrung zu dem Darlehensvertrag über 60.000,00 Euro sei ebenfalls verwirrend. Auch fehle der Hinweis auf § 312d Abs. 2 und 5 BGB a.F.
26Die Kläger behaupten, die Informationen zu Fernabsatzverträgen seien ihnen nicht übersandt bzw. ausgehändigt worden, sondern nur als ein Exemplar vorgelegt worden und im Zuge des Vertragsschlusses wieder zu den Unterlagen der Beklagten genommen worden.
27Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 28.10.2015 die Aufrechnung mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kreditraten gegen die Rückzahlungsansprüche der Beklagten erklärt.
28Die Kläger haben ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 100.573,25 Euro zu zahlen Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 281.337,60 Euro abzüglich 15.052,92 Euro abzüglich weiterer monatlicher geleisteter 942,08 Euro sowie vierteljährlich 936,99 Euro.
29Die Kläger beantragen nunmehr,
301. festzustellen, dass sie aus den Darlehensverträgen vom 08.08.2008 (K 1) und vom 04.09.2008 (K 3) aufgrund ihrer Widerrufserklärungen vom 14.10.2014 nur noch die Zahlung eines Betrages von € 165.711,43 abzügl. weiterer, seit dem 31.10.2015 geleisteter monatlicher Zahlungen in Höhe von € 942,08 und viertelj. Zahlungen in Höhe von € 936,99 schulden,
312. hilfsweise festzustellen, dass die zwischen den Parteien am 08.08.2008 und am 04.09.2008 geschlossenen Darlehensverträge (K 1 und K 3) durch ihre Widerrufserklärungen vom 14.10.2014, zugegangen am 17.10.2014 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurden.
323. festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Rückabwicklung der unter Ziffer 1 angegebenen Verträge im Verzug der Annahme befindet,
334. die Beklagte zu verurteilen, € 3.006,41 zuzügl. 5 % Zinsen über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit an die Kläger zu zahlen.
34Die Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, jedenfalls unbegründet. Zum einen sei der Widerruf verfristet, da die verwendete Widerrufsbelehrung sowohl den gesetzlichen Vorgaben entspreche als auch der Schutzwirkung der Musterbelehrung unterfalle. Zum anderen sei die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger rechtsmissbräuchlich und verwirkt.
37Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30.09.2015 die Aufrechnung gegen die Rückzahlungsansprüche der Kläger mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung der Valuta einschließlich vertraglich vereinbarter Sollzinsen erklärt.
38Mit Beschluss vom 16.11.2015 hat das Gericht den Übergang ins schriftliche Verfahren angeordnet und eine Schriftsatzfrist bis zum 07.12.2015 gesetzt.
39Mit Schriftsatz vom 22.11.2015 haben die Kläger ihre Zustimmung zum Übergang ins schriftliche Verfahren widerrufen.
40Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2015 (Bl. ### ff. d.A.) Bezug genommen.
41Die Klage ist der Beklagten am 30.07.2015 zugestellt worden.
42Entscheidungsgründe
43Das Gericht konnte im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO entscheiden. In der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2015 haben sich die Parteien mit dem Übergang in das schriftliche Verfahren einverstanden erklärt. Die Kläger konnten ihre Zustimmung zum Übergang in das schriftliche Verfahren nicht mit Schriftsatz vom 22.11.2015 widerrufen. Die Zustimmung ist nach § 128 Abs. 1 S. 1 ZPO nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich. Eine solche wesentliche Änderung ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Entgegen der Auffassung der Kläger ist für den Übergang ins schriftliche Verfahren nicht erforderlich, dass Sachanträge in der mündlichen Verhandlung gestellt werden. Vielmehr sind die Sachanträge aus den Schriftsätzen maßgeblich, da Entscheidungsgrundlage das Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der gesamte Akteninhalt ist.
44Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
45I. Der Klageantrag zu 1) ist unbegründet. Die Kläger schulden der Beklagten nicht nur einen Betrag in Höhe von 165.711,43 Euro.
461. Der Darlehensvertrag über einen Nennbetrag in Höhe von 170.000,00 Euro hat sich nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt. Der Widerruf der Kläger war verfristet.
47Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB (in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung) beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutliche Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Voraussetzung für eine wirksame Widerrufsbelehrung ist, dass der Verbraucher umfassend, unmissverständlich und in für ihn eindeutiger Form über seine Rechte belehrt wird. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Hierfür bedarf es einer eindeutigen Information über den Beginn der Widerrufsfrist (BGH, Urt. v. 13.01.2009, XI ZR 118/08; OLG Hamm, Beschl. v. 25.08.2014, 31 U 79/14).
48Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung ist gemessen daran nicht zu beanstanden.
49Zwar ist den Klägern zuzugeben, dass die Widerrufsbelehrung nicht der Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung gem. Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der maßgeblichen Fassung unterfällt, da sie von dieser inhaltlich abweicht.
50Indes ist dies nicht relevant. Es bestand für die Beklagte keine Verpflichtung, die Musterbelehrung zu verwenden. Die Verwendung einer Musterbelehrung ist nur fakultativ. Es genügt vielmehr, dass die Belehrung den gesetzlichen Vorgaben der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. entspricht, was hier der Fall ist.
51Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung macht die Rechte eines Verbrauchers im Zusammenhang mit dem ihm zustehenden Widerrufsrecht hinreichend deutlich (vgl. § 355 Abs. 2 BGB a.F.).
52Insbesondere entspricht die Formulierung den Vorgaben des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB (in der Fassung vom 08.12.2004 – 10.06.2010) sowie § 312c BGB (in der Fassung 2004-2010) i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 BGB-InfoV (in der Fassung 2004 – 2010). Letztlich erfordert § 355 Abs. 1 und Abs. 3 BGB (in der Fassung 2004-2010) keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Hinweis auf § 187 BGB nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert (BGH, Urteil v. 05.11.1997 – VIII ZR 351/96, BGHZ 137, 115 ff. zum damaligen VerbrKrG), was hier geschehen ist (vgl. LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014, 3 O 278/14; Urt. v. 13.07.2015, 3 O 209/14; OLG Köln, Hinweis v. 23.03.2015 und Urteil v. 22.04.2015, 13 U 168/14; Beschl. v. 30.09.2015, 13 W 33/15, BeckRS 2015, 18325).
53Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die von den Klägern beanstandete Belehrung über die Folgen eines Widerrufs. Entgegen der Auffassung der Kläger, die Belehrung sei unvollständig und missverständlich, genügt die erteilte Belehrung den gesetzlichen Anforderungen. Sie ist zutreffend, hinreichend vollständig und aus Verbrauchersicht nicht irreführend (vgl. LG Bonn, Urt. v. 05.11.2014, 3 O 278/14; Urt. v. 13.07.2015, 3 O 209/14). Aus der Widerrufsbelehrung lässt sich eindeutig und unzweifelhaft entnehmen, dass beide Seiten – Darlehensnehmer und Darlehensgeber – zur Rückgewährung der empfangenen Leistungen verpflichtet sind und zudem ggf. gezogene Nutzungen herauszugeben haben. Dies ist ausreichend, um den Anforderungen der § 355 Abs. 2 BGB sowie § 312c Abs. 1 BGB a.F. und § 1 Abs. 1 Nr. 10 Info-V in der Fassung bis 10.06.2010 zu entsprechen (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 30.09.2015, 13 W 33/15; LG Bonn, a.a.O.; LG Bielefeld, Urt. v. 22.08.2014, 1 O 268/13, Rn. 82, zitiert nach juris).
54Es ist entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht zu beanstanden, dass die Widerrufsbelehrung Angaben für verbundene Geschäfte beinhaltet, obwohl ein verbundenes Geschäft hier unstreitig nicht vorlag. Aufgrund der ausführlichen Erläuterungen dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegen, ist die Belehrung hinreichend transparent und nicht geeignet, bei einem Verbraucher einen Irrtum über den Umfang und die Folgen seines Widerrufsrechts hervorzurufen. Die Textpassage suggeriert auch nicht, dass ein verbundenes Geschäft vorliegt. Durch den vorstehenden und mittels Fettdruck besonders hervorgehobenen Hinweis „Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt“ wird unmissverständlich deutlich gemacht, dass diese Textpassage lediglich musterhaft eingefügt ist und keinen Bezug zu den konkret vorliegenden Vertragsumständen darstellt. Dass der Darlehensnehmer selbst prüfen muss, ob diese Ausführungen gelten, ist unschädlich, solange sie – wie vorliegend – so transparent sind, dass die Gefahr eines Irrtums über den Umfang und die Folgen des Widerrufsrechts nicht besteht (OLG Köln Beschluss v. 23.03.2015, 13 U 168/14, BeckRS 2015, 08374, Rz. 7). Unzulässig sind lediglich verwirrende oder ablenkende Zusätze (vgl. BGH, Urteil v. 04.07.2002, I ZR 55/00), die vorliegend jedoch nicht festzustellen sind.
55Auch der Hinweis zur Verbindlichkeit des Antrags war aus der Sicht des Gerichts nicht geeignet, die Kläger von der Ausübung ihres Widerrufsrechts abzuhalten, da es für den verständigen Leser nicht zweifelhaft sein kann, dass die Regelung zur Verbindlichkeit des Antrags einen anderen Zeitraum betrifft als denjenigen, für den das Widerrufsrecht besteht (OLG Köln, Beschl. v. 30.09.2015, 13 W 33/15).
56Soweit die Kläger rügen, dass sie die Informationen zu Fernabsatzverträgen nicht erhalten haben, dringen sie mit diesem Einwand nicht durch. Die Kläger haben durch ihre Unterschrift bestätigt, das Informations- und Merkblatt vor Vertragsschluss vollständig erhalten haben. Dass ihnen angeblich kein eigenes Exemplar überlassen worden ist, ist unerheblich. Es reicht aus, dass ihnen das Informationsblatt vor Vertragsschluss zur Durchsicht überlassen worden ist, da ihnen alle fristauslösenden Unterlagen vorlagen. Es liegt dann im Verantwortungsbereich der Kläger, sich eigene Kopien oder ähnliches anzufertigen (vgl. auch LG Bonn, Urt. v. 13.07.2015, 3 O 209/14).
57Entgegen der Auffassung der Kläger ist sehr wohl ersichtlich, dass das Informations- und Merkblatt die „Informationen zu Fernabsatzverträgen“ beinhaltet, da dies im ersten Satz der Vorbemerkung auf Seite 1 des Merkblatts ausdrücklich klargestellt wird.
582. Der Darlehensvertrag über einen Nennbetrag in Höhe von 60.000,00 Euro hat sich zwar in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt.
59Der von Klägerseite erklärte Widerruf war wirksam, da das gem. §§ 495 Abs.1, 355 Abs. 1 BGB a.F. bestehende Widerrufsrecht mangels ordnungsgemäßer Belehrung gem. § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. nicht erloschen ist.
60Die in der Vertragsurkunde enthaltene Widerrufsbelehrung genügte nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Danach beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Voraussetzung für eine wirksame Widerrufsbelehrung ist demnach, dass der Verbraucher umfassend, unmissverständlich und in für ihn eindeutiger Form über seine Rechte belehrt wird. Diesbezüglich soll der Verbraucher nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (vgl. BGH Urt. v. 13.01.2009, XI ZR 118/08). Er ist deshalb gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren.
61Deren Lauf hängt bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist (§ 492 BGB a.F.), davon ab, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.). Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrages also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltene Urkunde ist. Nur wenn der Verbraucher eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt, wenn sich also die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht, kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH Urt. v. 10.03.2009, XI ZR 33/08 = NJW 2009, 3572, 3573 m.w.N.).
62Gemessen an diesem Maßstab war die im Angebotsverfahren verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft. Sie belehrt den Verbraucher nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, da sie das unrichtige Verständnis nahelegt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebot der Beklagten zu laufen. Durch die Formulierung, die Widerrufsfrist beginne zu dem Zeitpunkt zu dem der Darlehensnehmer - gemäß der Aufzählung hinter dem zweiten Spiegelstrich – eine „Abschrift des Darlehensvertrages“ erhalten hat, entsteht aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist, der Eindruck, diese Voraussetzung sei bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt, d.h. der Lauf der Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers (s. BGH a.a.O.). Dieser unrichtige Eindruck wird vorliegend insbesondere deshalb erweckt, da das Darlehensangebot der Beklagten als „Darlehensvertrag“ überschrieben ist. Angesichts des im Angebotsverfahren möglichen Fehlverständnisses in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist genügt die streitgegenständliche Belehrung nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB.
63Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung des LG Köln im Urteil v. 05.08.2010, 15 O 601/09 (BeckRS 2012, 09516); bestätigt durch das OLG Köln im Beschluss v. 17.12.2010, 13 U 176/10 (BeckRS 2014, 0112). Zwar lag dem dort entschiedenen Fall eine hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist wortgleich formulierte Belehrung zugrunde. Indes ist die Belehrung nicht – wie vorliegend - in einem als „Darlehensvertrag“ bezeichneten Darlehensangebot der Bank verwendet worden, sondern es lag ein Vertragsschluss im Antragsverfahren vor. Bei dieser Form des Vertragsschlusses gibt der Darlehensnehmer – vor der Bank - eine eigene Vertragserklärung zeitgleich mit der Belehrung ab und verfügt damit - gem. der Aufzählung unter dem zweiten Spiegelstrich der Belehrung - über ein „Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält“. In einer solchen Fallgestaltung kann – auch nach Ansicht der Kammer – das oben aufgezeigte Fehlverständnis in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist nicht entstehen.
64Die Beklagte kann sich vorliegend auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV berufen, weil sie die Musterwiderrufsbelehrung nicht vollständig übernommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2012, III ZR 83/11).
65Die Beklagte hat gegenüber der Klägerseite in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung keine Formulierung verwendet, die dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB InfoV in der hier maßgeblichen Fassung vom 01.04.2008 (BGBl I 2008, 292, 293) vollständig entspricht. Dass die Beklagte die von ihr verwendete Belehrung an dieses Muster angelehnt hat, genügt für ein Berufen auf dessen Schutzwirkung nicht. Wie der BGH wiederholt ausgeführt hat, kann ein Unternehmer sich auf die Schutzwirkung der BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urt. v. 28.06.2011, XI ZR 349/10; Urt. v. 01.03.2012, III ZR 83/11). Entscheidend ist allein, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift er in den gestellten Mustertext ein, kann er sich schon deshalb auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderung, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll (BGH, a.a.O.).
66Dabei kommt es auch nicht auf die Frage an, ob sich die Abweichung zulasten des Verbrauchers auswirkt, etwa das Verständnis des Verbrauchers durch diese erschwert werden kann (vgl. OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013, 13 U 69/12- BeckRS 2013, 04235).
67Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspricht nicht in jeder Hinsicht dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung. Sie weicht vielmehr an verschiedenen Stellen inhaltlich und gestalterisch vom Muster ab.
68Beispielsweise hat die Beklagte die Kriterien für den Beginn der Widerrufsfrist frei und abweichend vom Gestaltungshinweis 3a der Musterbelehrung formuliert. Ferner hat sie am Ende der Passage zu den Widerrufsfolgen die in der Musterbelehrung enthaltenen letzten beiden Sätze zur beiderseitigen Erstattungspflicht binnen 30 Tagen zu einem Satz zusammengefasst und nur in Bezug auf den Darlehensnehmer über die Erstattungspflicht binnen 30 Tagen belehrt.
69Auch die Passage zu verbundenen Geschäften enthält eigenständige und von der Musterbelehrung abweichende Formulierungen. So wird im ersten Teil der Belehrung ab dem Satz 3 frei und inhaltlich abweichend von der Musterbelehrung formuliert. Den letzten Satz im ersten Absatz der Musterbelehrung „Wenn ihrem Vertragspartner das Darlehen bei Wirksamwerden des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist […]“ hat die Beklagte in ihrer Belehrung zum einen inhaltlich umformuliert und zum anderen abweichend vom Muster an das Ende der Belehrung zu verbundenen Geschäften gestellt. Der Satz der Musterbelehrung „Wollen Sie eine vertragliche Bindung so weit wie möglich vermeiden, widerrufen Sie beide Vertragserklärungen gesondert“ fehlt in der streitgegenständlichen Belehrung vollständig.
70Die vorgenannten Abweichungen haben insgesamt nicht nur formellen oder sprachlich klarstellenden, unerheblichen Charakter, sondern stellen eine inhaltliche Bearbeitung dar und lassen nach Ansicht der Kammer die Schutzwirkung der Musterwiderrufsbelehrung für die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung entfallen.
71Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger ist weder rechtsmissbräuchlich noch war es im Oktober 2014 verwirkt.
72Insbesondere begründen die etwaigen Motive der Klägerseite für den Widerruf keinen Rechtsmissbrauch. Die Kammer folgt insofern nicht der zum Teil in der Rechtsprechung und Literatur vertretenen abweichenden Ansicht, wonach u.a. die Motivation des Widerrufenden den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung rechtfertigen kann. Nach Auffassung der Kammer haben die Motive für eine Widerrufserklärung keinen Einfluss auf deren Wirksamkeit (vgl. zur Unbeachtlichkeit der Motivlage: BGH NJW 1986, 1679, 1681; Habersack/Schürnbrand ZIP 2014, 749, 756 m.w.N.). Vielmehr trägt das Risiko, dass bei unzureichender Belehrung auch auf eine lange Laufzeit angelegte Verträge widerrufen werden können, wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung für den Verbraucher nachteilig darstellt, nach der Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen der Unternehmer (OLG Oldenburg, Urt. v. 28.05.2009, 14 U 60/08- Rz. 51 – zitiert nach juris; Habersack/Schürnbrand ZIP 2014, 749, 756). Dieser wird durch die anzuwendenden Rückabwicklungsvorschriften vor unbilligen Nachteilen geschützt (vgl. LG Stuttgart, Urt. v. 09.04.2014, 12 O 293/14 Rz. 82 - zitiert nach juris).
73Auch die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Widerrufsrechts sind vorliegend nach Ansicht der Kammer nicht gegeben.
74Die Verwirkung eines Rechts tritt ein, wenn es vom Berechtigten über längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist und der andere Teil sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einstellen durfte und sich auch tatsächlich darauf eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGH, Urt. v. 23.01.2014, VII ZR 177/13; Urt. v. 14.06. 2004, II ZR 395/01). Ob das notwendige Zeitmoment angesichts der Zeitspanne zwischen Abschluss des Darlehensvertrags und der Widerrufserklärung vorliegend zu bejahen ist, kann offen bleiben, da es jedenfalls am Umstandsmoment fehlt. Der Vertrauenstatbestand kann nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (BGH, Urt. v. 09.10.2013, XII ZR 59/12). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen zu dem reinen Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGH a.a.O.). Hierzu bot das Verhalten der Klägerseite indes keinen Anlass. Nach Ansicht der Kammer kann ein Umstandsmoment nicht darin gesehen werden, dass die Klägerseite ihre Pflichten aus dem Darlehensvertrag erfüllt und vereinbarungsgemäß die Darlehensraten gezahlt hat. Sonstige Umstände, die ein besonderes schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten darauf begründet haben könnten, dass die Kläger an dem Vertrag festhalten wollen, liegen nicht vor.
75Allerdings haben die Kläger die Rückabwicklungsansprüche der Beklagten nicht richtig berechnet. Die Beklagte hat gem. §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. einen Anspruch auf Wertersatz für den Gebrauchsvorteil des gewährten Darlehens in Höhe des vertraglich vereinbarten Darlehenszinses. Soweit dem Darlehensnehmer gem. § 346 S. 2 2.HS BGB a.F. die Möglichkeit eingeräumt ist, nachzuweisen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils geringer war, haben die Kläger diesen Nachweis nicht erbracht.
76Gemäß der Zinsreihe BBK01.SUD 119 (Effektivzinssätze für Banken DE/Neugeschäft/Wohnungsbaukredite an private Haushalte, anfängliche Zinsbindung über zehn Jahre) der Deutschen Bundesbank lag der marktübliche effektive Zinssatz im September 2008, dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, bei 5,21 % p.a., während der vertraglich vereinbarte Zinssatz effektiv bei 5,25% p.a. lag. Diese geringfügige Abweichung von dem statistisch für den Monat September 2008 ermittelten marktüblichen Zinssatz gibt aus Sicht der Kammer keinen Anlass dazu, die Marktüblichkeit des vertraglich vereinbarten Effektiv-Zinssatzes in Frage zu stellen. Dies gilt nicht nur unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die statistischen Ermittlungen des im jeweiligen Monat durchschnittlich marktüblichen Zinssatzes tageweisen Schwankungen unterliegen und der konkrete Wert mithin nur als Ausgangspunkt herangezogen werden kann. Bei der Frage der Marktüblichkeit sind zudem weitere individuelle Parameter zu berücksichtigen, etwa Bonitätserwägungen und die Laufzeit eines Darlehensvertrages, wobei die hier vereinbarte Laufzeit von 15 Jahren deutlich über der der Statistik zugrunde liegenden Laufzeit von Darlehen „über 10 Jahren“ liegt.
77Im Rahmen der Rückabwicklung ist allein der Zinssatz zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Eine monatliche Anpassung, wie sie die Kläger begehren, erfolgt hingegen nicht (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 14.07.2010, 4 U 141/09, Rn. 62 – juris; OLG Schleswig, Urt. v. 17.03.2010, 5 U 2/10, Rn. 11 – juris). Der in der Literatur teilweise vertretenen Ansicht, es bedürfe einer zeitabschnittsweisen Berechnung des marktüblichen Zinses bei entsprechender monatlicher Anpassung des Zinssatzes (vgl. Servais, NJW 2014, 3748, 3749 f.), tritt das Gericht insofern nicht bei. Dies führt weder zu Wertungswidersprüchen noch zu einem unbilligen Festhaltenmüssen an vereinbarten Entgeltkonditionen, sondern entspricht vielmehr dem Gesetzeswortlaut und der Intention des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach die im Vertrag bestimmte Gegenleistung bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen ist, Grundlage der Rückabwicklung also der Vertrag ist und es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.01.2013, 6 U 64/12, Rn. 25 – juris; LG Bonn, Urt. v. 24.07.2015, 3 O 227/14). Im Rahmen der Rückabwicklung soll grundsätzlich das vertragliche Äquivalenzgefüge gewahrt werden, so dass spätere Wertentwicklungen unberücksichtigt bleiben müssen (LG Ulm Urt. v. 25.4.2014- 4 O 343/13, BeckRS 2014, 15991). Dass der Darlehensnehmer über § 346 Abs. 2 2.HS. BGB vom Absinken des allgemeinen Zinsniveaus profitieren können soll, wäre im Verhältnis zum Darlehensgeber nicht zu rechtfertigen. Ansonsten wären die Chancen und Risiken durch die Änderung des Zinsniveaus völlig asymmetrisch verteilt, weil der Anspruch des Darlehensgebers durch die ursprüngliche Zinsvereinbarung nach oben gedeckelt ist (vertiefend: Piekenbrock/Rodi WM 2015, 1085,1090 ff m.w.N. ).
78Da der Anspruch bereits aus diesem Grunde fehlerhaft berechnet ist, kann dahingestellt bleiben, ob die Kläger einen Anspruch auf Nutzungsersatz für die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen haben.
79Eine Umdeutung des Klageantrags zu 1) dahingehend, dass die Kläger – als Minus – nicht bloß die Feststellung begehren, dass lediglich der in dem Klageantrag zu 1) bezifferte Betrag geschuldet ist, sondern generell die Abrechnungsparameter im Rückgewährschuldverhältnis festgestellt werden sollen, scheidet angesichts des Hilfsantrags zu 2) aus, da nicht sonst nicht ersichtlich ist, unter welche Bedingung der Hilfsantrag gestellt ist.
80Die Aufrechnungserklärung der Beklagten geht hingegen ins Leere, da keine Hauptforderung der Kläger mehr besteht, nachdem die Kläger den Zahlungsanspruch in einen Feststellungsanspruch umgestellt haben und ihre Rückgewähransprüche in dem geltend gemachten Betrag mit dem Anspruch der Beklagten auf Rückgewähr der Darlehensvaluta nebst Verzinsung saldiert haben.
81II. Der Hilfsantrag ist nur teilweise begründet.
82Die Kläger haben gegen die Beklagte nur einen Anspruch auf Feststellung, dass der zwischen den Parteien am 04./07.09.2015 geschlossene Darlehensvertrag durch die Widerrufserklärung der Kläger vom 14.10.2014 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde.
83Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken. Der Antrag zielt ausdrücklich auf die Klärung eines zwischen den Parteien geführten Streits über ein Rechtsverhältnis. Mit der Feststellung, dass sich das Darlehensverhältnis durch den Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, begehren die Kläger Feststellungen zum (Nicht-) Bestehen eines Rechtsverhältnisses und nicht nur die Klärung bezüglich einer Vorfrage. Das Feststellungsinteresse der Kläger entfällt auch nicht im Hinblick auf den Vorrang einer Leistungsklage. Auf eine solche Leistungsklage sind die Kläger nicht zu verweisen, denn im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses wird sich bei einer Aufrechnung der wechselseitigen Zahlungsansprüche aufgrund der Höhe der von Klägerseite zu erstattenden Darlehensvaluta im Ergebnis ein negativer Saldo zu Lasten der Kläger ergeben. Auch ist zu erwarten, dass die Beklagte als Bankinstitut im Falle eines zusprechenden Urteils der tenorierten Feststellung bei der Darlehensabwicklung Rechnung tragen wird.
84Wie bereits ausgeführt ist jedoch nur der Widerruf zu dem Darlehensvertrag über einen Nennbetrag in Höhe von 60.000,00 Euro wirksam. Der Widerruf zu dem Darlehensvertrag über einen Nennbetrag in Höhe von 170.000,00 Euro ist hingegen verfristet.
85III. Der Klageantrag zu 3) ist unbegründet.
86Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung der Darlehensverträge in Annahmeverzug befindet. Es fehlt an einem ordnungsgemäßen Angebot der Kläger gemäß § 295 BGB.
87IV. Der Klageantrag zu 4) ist nur teilweise begründet.
88Die Kläger haben einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.338,57 Euro aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB, da sie den Widerruf selbst erklärt haben und die Beklagte nach § 357 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. i.V.m. § 286 Abs. 3 BGB in Verzug geraten ist. Dabei war aber nur ein Gegenstandswert in Höhe von 45.019,96 Euro statt 184.000,00 Euro anzusetzen. Der Zinsanspruch – in korrigierender Auslegung des Klageantrag in Höhe von 5%-Punkten – folgt aus §§ 291, 288 BGB, beginnend mit dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag in analoger Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB (BGH, Urt. v. 24.01.1990, VIII ZR 296/88).
89Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 709 S. 1 und 2 ZPO.
90Der Streitwert wird auf 171.805,77 Euro festgesetzt.
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