Urteil vom Landgericht Kiel (2. Zivilkammer) - 2 O 56/08

Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 199.900,00 € nebst Zinsen in Höhe von jährlich 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26. März 2008 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.417.177,55 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt Darlehensrückzahlung. Im Wege der Widerklage haben die Beklagten u. a. Vollstreckungsgegenklage erhoben.

2

Zur Umschuldung eines im Jahr 1994 begonnenen Immobilienprojekts schlossen die Beklagten mit der Rechtsvorgängerin der Sparkasse xxx, der Kreissparkasse xxx, im Jahr 1996 zwei Darlehensverträge über einen Nennbetrag von jeweils 1.000.000,00 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 und K 2 Bezug genommen. Die Darlehen waren durch Grundschulden in Höhe von 1.850.000,00 DM (Anlage B 9) und 300.000,00 DM (Anlage B 10) besichert worden. Die Beklagten hatten sich in den Grundschuldbestellungsurkunden außerdem der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen.

3

Im Jahr 1998 änderten sich die Darlehensrückzahlungsmodalitäten. Ausweislich der Anlage K 3 sollten die Darlehen künftig nicht mehr regelmäßig mit 1 % p. a., sondern durch eine bei der xxx abgeschlossene Kapitallebensversicherung über 300.000,00 DM Versicherungssumme getilgt werden. Die Darlehensverträge wurden außerdem fortan unter den Nummern 611 183 453 und 652 135 587 geführt (Anlage K 3).

4

Mit Schreiben vom 6. August 2004 kündigte die Sparkasse xxx beide Darlehensverträge. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 4 und K 5 Bezug genommen. Hierauf antwortete die Beklagte zu 1) mit dem aus der Anlage K 6 ersichtlichen Schreiben, woraufhin die darlehensgebende Bank mit dem Schreiben gemäß Anlage K 7 erwiderte. In diesem Schreiben, das auf den 23. August 2004 datiert, bestätigte die Sparkasse xxx ein mündlich getroffenes Stillhalteabkommen mit einer Laufzeit bis zum 30. November 2004 unter bestimmten, in dem Schreiben näher beschriebenen Bedingungen. Darüber hinaus wurde über eine Ablösung des Kredits verhandelt. Zu einer Einigung kam es nicht.

5

Ausweislich der Anlage K 9 trat die darlehensgebende Bank am 11. Dezember 2006 die streitgegenständlichen Forderungen nebst Sicherheiten an die Klägerin ab. Die - von den Beklagten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bestrittene - Abtretung erfolgte anlässlich der Veräußerung eines Kreditportfolios von 67 Sparkassenkunden im Wert von 123.000.000,00 € an ein Unternehmen des xxx Fonds.

6

Die Klägerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus den Grundschuldbestellungsurkunden. Durch Beschlüsse vom 11. September 2007 ordnete das Amtsgericht Bad Segeberg die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung an (Anlagen B 13 und B 14).

7

Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage Teilforderungen aus beiden Darlehensverträgen in Höhe von jeweils 99.950,00 € geltend und behauptet, die offenen Hauptforderungen, aus denen sie klage, würden sich auf 553.689,40 € (Nr. 611 183 453) und auf 535.946,11 € (Nr. 652 135 587) belaufen.

8

Die Klägerin beantragt,

9

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 199.900,00 € nebst Zinsen in Höhe von jährlich 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Die Beklagten beantragen,

11

die Klage abzuweisen.

12

Widerklagend beantragen die Beklagten,

13

1. die Zwangsvollstreckung aus den vollstreckbaren Urkunden UR-Nr. 356/1994 vom 4. Juli 1994 und UR-Nr. 326/1996 vom 28. Juni 1996 des Notars xxx in xxx für unzulässig zu erklären,

14

2. die Klägerin zu verurteilen, die vollsteckbaren Ausfertigungen der genannten Urkunden an sie herauszugeben,
3. die Klägerin bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu verpflichten, es zu unterlassen, die von ihnen an die Sparkasse xxx zur Sicherung der Darlehen Nummer 611 151 853 und 642 071 953 abgetretene Kapitallebensversicherung bei der xxx Nummer 02728621 zu kündigen und den Rückkaufswert mit den Forderungen aus den vorstehend genannten Darlehen zu verrechnen,
4. die Beschlüsse des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 11. September 2007 zu den Aktenzeichen 14 L 37/07 bis 14 L 47/07 über die Anordnung der Zwangsverwaltung der Grundstücke Grundbuch von xxx Blatt 0090, Blatt 103 und Blatt 348 bis Blatt 356 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufzuheben,
5. die Klägerin zu verurteilen, ihnen über den Zeitraum der Zwangsverwaltung zu den Geschäftszeichen des Amtsgerichts Bad Segeberg 14 L 37/07 bis 14 L 47/07 zur einstweiligen Aufhebung der Zwangsverwaltung Rechnung zu legen,
6. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, ihnen sämtliche durch die Zwangsvollstreckung aus den Urkunden UR-Nr. 356/1994 vom 4. Juli 1994 und UR-Nr. 326/1996 vom 28. Juni 1996 des Notars xxx in xxx entstandenen und zukünftig entstehenden Schäden zu ersetzen.

15

Die Klägerin beantragt,

16

die Widerklage abzuweisen.

17

Die Beklagten bestreiten, dass die Abtretung tatsächlich stattgefunden habe und dass vertretungsberechtigte Personen beider Seiten die Vereinbarung unterzeichnet hätten. Sie bestreiten weiterhin, dass die Klägerin bei unterstellter Wirksamkeit der Abtretung noch Forderungsinhaberin sei. Die Beklagten meinen, die Abtretung der Darlehen nebst Sicherheiten an die Klägerin sei unwirksam, weil die Abtretung gegen das Bankgeheimnis, das Willkürverbot, den Betrugs- und Untreuetatbestand verstoße. Außerdem scheitere sie an § 399 BGB.

18

Zur Forderungshöhe behaupten die Beklagten, dass sie unzutreffend ermittelt sei, insbesondere deshalb, weil die Zinsberechnung aufgrund eines Verstoßes gegen das VerbrKG unrichtig sei, was auch Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kündigungen habe. Darüber hinaus sind die Beklagten der Auffassung, dass die Abtretung der Grundschulden eine Verwertungshandlung sei, so dass der von der Sparkasse xxx erzielte Erlös auf die streitgegenständlichen Forderungen anzurechnen sei. Zudem stünde der Geltendmachung der Klageforderung die mit der Darlehensgeberin getroffene Stillhaltevereinbarung entgegen. Hierzu behaupten die Beklagten, die Vereinbarung sei einvernehmlich auf unbestimmte Zeit verlängert worden. Schließlich sind die Beklagten der Ansicht, der mit der Klage geltend gemachte Rückzahlungsanspruch stünde der Klägerin ohnehin nur Zug um Zug gegen Herausgabe der anteiligen Sicherungsgrundschulden bzw. gegen Neuberechnung der Zinsansprüche zu.

19

Die Beklagten meinen, die Zwangsvollstreckung sei unzulässig und die Vollstreckungsgegenklage begründet, weil die Abtretung der Sicherheiten - wie oben erörtert - unwirksam sei. Des Weiteren rügen die Beklagten Mängel bei der Zustellung der Grundschuldbestellungsurkunden. Außerdem fehle es nach Ansicht der Beklagten an einem wirksamen Titel, weil die von ihnen abgegebene Erklärung der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 307 BGB unwirksam sei.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit allen Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Klage ist auch begründet. Dagegen hat die Widerklage keinen Erfolg.

22

I. Klage

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Die Klägerin hat gegen die Beklagten aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Darlehensrückzahlung.

24

Die Klägerin ist Inhaberin der streitgegenständlichen Darlehensforderungen geworden. Das folgt aus dem Abtretungsvertrag vom 11. Dezember 2006 gemäß Anlage K 9. Die hiergegen von den Beklagten vorgebrachten Einwendungen sind ohne Erfolg.

25

1. Existenz einer Abtretungsvereinbarung

26

Die Abtretungsvereinbarung ist durch Vorlage der Anlage K 9, zu der im Termin vom 8. August 2008 eine beglaubigte Kopie überreicht worden ist, hinreichend belegt. Völlig ohne Substanz ist der Vortrag der Beklagten, dass die Personen, die die Urkunde unterzeichnet haben, nicht vertretungsberechtigt seien, dies schon deshalb, weil die Klägerin eine entsprechende Vollmacht (Anlage K 12) beigebracht hat, ebenfalls im Termin vom 8. August 2008 als beglaubigte Kopie. Da substantiierte Einwendungen gegen die Echtheit der Urkunden nicht vorgetragen sind, geht auch der weitere Einwand ins Leere, wonach der in den Urkunden niedergelegte Vorgang tatsächlich gar nicht stattgefunden habe. Gegen die Richtigkeit dieser - ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellten - Behauptung streitet bereits die Vorschrift des § 416 ZPO.

27

2. Wirksamkeit der Abtretung

28

Die Abtretung ist auch wirksam. Ihr stand weder ein Abtretungsverbot nach § 399 BGB, noch ein solches nach § 134 BGB entgegen.

29

a) Kein Verstoß gegen das Bankgeheimnis

30

Entgegen der Auffassung der Beklagten stand das Bankgeheimnis der wirksamen Abtretung der Darlehensforderungen nicht entgegen. Dass dies generell so ist, hat bereits der Bundesgerichtshof in seiner am 27. Februar 2007 verkündeten Entscheidung festgestellt, wobei in dem dort zu entscheidenden Fall ein Verstoß gegen § 134 BGB i. V. m. § 203 Abs. 1 StGB von vornherein ausschied, weil für die Verletzung des Bankgeheimnisses durch Vorstandsmitglieder oder Angestellte eines privaten Kreditinstituts oder einer Genossenschaftsbank das Strafgesetzbuch keine Sanktion vorsieht (BGH NJW 2007, 2106). Zwar kommen im vorliegenden Fall die Vorstandmitglieder der Sparkasse xxx als potentielle Täter einer Straftat nach § 203 Abs. 1 StGB in Betracht, sofern sie - wie hier - bei der Ausreichung von Krediten im Wettbewerb mit privaten Banken stehen. Dies ändert jedoch am Ergebnis nichts. Ein Verstoß gegen das Bankgeheimnis ist nicht dargetan. Aus der Entscheidung des 2. Strafsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 6. Mai 2008, die als Anlage B 50 eingereicht worden ist, folgt nichts anderes. Dort hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht ausgeführt, dass eine Straftat in aller Regel nicht verwirklicht sei, weil sich aus § 402 BGB die grundsätzliche Befugnis zur Weitergabe notwendiger Informationen an den Zessionar ergebe. Darüber hinaus sei die Verwertung und Abtretung unrentabler Kredite ein wichtiges und legitimes Institut der Refinanzierung. Vor diesem Hintergrund sei allenfalls die Offenbarung von Informationen, die über das Ausmaß der zur Verwaltung und Einziehung der abgetretenen Forderungen benötigten Informationen hinausgingen und damit nicht durch § 402 BGB gedeckt seien, unter dem Aspekt des § 203 StGB strafrechtlich relevant. Diese Fragestellung hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht jedoch im Ergebnis offen gelassen, weil die Weitergabe derartiger „überschießender“ Informationen von den Beklagten nicht ausreichend konkret vorgetragen sei. Daran hat sich nichts verändert. Auch im vorliegenden Verfahren liegt substantiierter Vortrag zum Vorliegen „überschießender“ Informationen nicht vor. Das Vorbringen der hierfür darlegungspflichtigen Beklagten erschöpft sich in der Behauptung, die Klägerin sei in den Besitz von Daten über das Altenwohnheim-Projekt, in den Besitz des Bauvorbescheides und der Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 18 KWG gelangt. Dieser Vortrag ist jedoch so vage, dass sich nicht beurteilen lässt, ob die Sparkasse xxx im vorliegenden Fall mehr Daten als zum Forderungseinzug benötigt weitergegeben hat. Dass die Weitergabe von Informationen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners Gegenstand der Auskunftspflicht nach § 402 BGB sein kann, ist auch nichts Ungewöhnliches (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl. 2008, § 402 Rn. 2).

31

b) Kein Verstoß gegen das Willkürverbot

32

Auch der von den Beklagten erkannte Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 GG) liegt nicht vor, so dass unter diesem Gesichtspunkt ebenfalls kein Abtretungsverbot, insbesondere keines nach § 134 BGB begründet ist. Das von den Beklagten als Anlage B 51 vorgelegte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. März 2003, in dem es um eine gegenüber einer politischen Partei ohne sachgerechten Grund erklärte Kündigung eines Girovertrages ging, gibt für den vorliegenden Fall wenig her. Hier geht es um einen völlig anderen Sachverhalt. Die Beklagten beanstanden, dass die Sparkasse xxx in dem Fall eines Parallelkunden auf 50 % der Kreditforderungen verzichtet und sich mit diesem auf eine Ablösung des gekündigten Darlehens geeinigt habe. Dies verletze nach ihrer Auffassung den für Sparkassen geltenden Gleichheitsgrundsatz, da sie der Sparkasse xxx 90 % der Kreditforderungen angeboten hätten. Darauf hätte sich die Sparkasse einlassen müssen. Da sie dies nicht getan habe, sei ein Gleichheitsverstoß verwirklicht.

33

Dem kann sich die Kammer aber nicht anschließen. Ein Gleichheitsverstoß kommt nur da in Betracht, wo nahezu identische Sachverhalte gegeben sind. Da aber solche Vertragsverhältnisse, um die es hier geht, kaum dem anderen gleichen, kommt ein Verstoß gegen Art. 3 GG nur in seltenen Ausnahmefällen in Frage.

34

Auch im vorliegenden Fall ist ein Gleichheitsverstoß nicht erkennbar, dies schon deshalb, weil die Beklagten weder „Ross“ noch „Reiter“ nennen, sondern ganz allgemein von einem namentlich nicht erwähnten Vergleichs- bzw. Parallelkunden sprechen, ohne Einzelheiten des Vertragsverhältnisses mitzuteilen. Mangels Substantiierung lässt sich daher nicht sagen, ob hier tatsächlich Gleiches ungleich behandelt worden ist. Die Benennung nur eines Vergleichsfalls hat ohnehin keine Aussagekraft mit Blick auf den gerügten Gleichheitsverstoß.

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c) Kein Verstoß gegen den Betrugs- und Untreuetatbestand

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Auch ein solcher Verstoß (§§ 263, 266 StGB) ist von den Beklagten nicht substantiiert dargelegt worden. Irgendein zur Subsumtion unter die vorgenannten Vorschriften tauglicher Vortrag liegt nicht vor.

37

Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang auf die Anlage B 55 verweisen und sich den Inhalt dieser Anlage zu Eigen machen, ist dies unter rechtlichen Gesichtspunkten unbeachtlich. Denn die Anlage B 55 enthält einen insgesamt 29-seitigen Auszug (!) aus einem Rechtsgutachten. Die Bezugnahme der Beklagten ist so pauschal, dass nicht einmal ansatzweise beurteilt werden kann, was ganz genau Gegenstand der Bezugnahme sein soll. In einem dem Beibringungsgrundsatz unterliegenden Verfahren ist es aber Sache der Parteien, genau vorzutragen und im Fall der Bezugnahme den Gegenstand konkret zu benennen. Es ist jedenfalls nicht Aufgabe des Gerichts, sich aus umfangreichen Schriftstücken dasjenige herauszusuchen, was die jeweilige Partei zur erfolgreichen Gestaltung des Prozesses benötigt.

38

d) Kein Abtretungsverbot wegen Inhaltsänderung (§ 399 1. Alt. BGB)

39

Auch dieser Einwand der Beklagten ist unberechtigt. Ein Abtretungsverbot nach § 399 1. Alt. BGB liegt nicht vor. Die vorliegenden Kreditverhältnisse können nicht als solche betrachtet werden, die bei einer Abtretung den Inhalt verändern. Aus den Darlehensverträgen gemäß Anlagen K 1 und K 2 ist eine ausdrückliche Bindung nur an die Kreissparkasse xxx bzw. Sparkasse xxx nicht zu entnehmen. Es handelt sich um einen ganz gewöhnlichen Finanzierungskredit, wenn auch in einem beträchtlichen Umfang. Somit ist § 399 1. Alt. BGB nicht einschlägig. Hiergegen spricht auch nicht, dass die Klägerin als neue Gläubigerin keine Bank ist. Die Beklagten räumen selbst ein, dass der Erwerb von Forderungen, insbesondere auch der Erwerb von Darlehensforderungen, kein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft darstellt (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG). Dass sich durch die Abtretung die Qualität der Beziehungen zwischen den Vertragsparteien verändern kann, begründet ebenfalls kein Abtretungsverbot nach § 399 1. Alt BGB. Weil an dem Schuldverhältnis infolge der Zession ein anderer Gläubiger beteiligt ist, sind solche Veränderungen der Abtretung in aller Regel immanent.

40

e) Ergebnis zur Wirksamkeit der Abtretung

41

Somit ist die Klägerin Inhaberin der Darlehensforderungen geworden. Dafür, dass sie die Forderungen zu einem späteren Zeitpunkt wieder verloren haben könnte, sind hinreichende Anhaltspunkte nicht vorhanden.

42

3. Fälligkeit der Darlehensforderungen

43

Die Ansprüche aus den Darlehensverträgen sind auch zur Rückzahlung fällig. Die Darlehen sind wegen nicht unerheblicher Zahlungsrückstände gekündigt worden. Darüber bestand auch Einvernehmen zwischen den Parteien. Ausweislich der Anlage K 6 hat die Beklagte zu 1) die Kündigung akzeptiert bzw. bestätigt, dass es eine Vereinbarung hierüber mit der Sparkasse xxx gab. Das wird zwar nunmehr in Abrede gestellt, was aber letztlich nicht entscheidend ist, weil die Wirksamkeit einer Kündigung kein Einvernehmen zwischen den Vertragspartnern voraussetzt, sondern ein einseitig ausübbares Gestaltungsrecht einer Vertragspartei darstellt, hier der darlehensgebenden Bank. Vorliegend war die Sparkasse xxx zur Kündigung berechtigt. Denn die Beklagten befanden sich schon längere Zeit im Zahlungsverzug, was durch den vorgelegten Schriftverkehr hinreichend dokumentiert ist. Längerfristiger Zahlungsverzug ist als außerordentlicher Kündigungsgrund ausreichend (vgl. § 498 BGB).

44

Die durch die Anlagen K 4 und K 5 belegten Kreditkündigungen waren auch nicht wegen einer angeblichen Falschberechnung der Zinsen unwirksam. Hierzu tragen die Beklagten vor, dass die im Oktober 1998 durch die Anlage K 3 vorgenommene Vertragsänderung in Ermangelung ihrer Mitwirkung und wegen eines Verstoßes gegen das VerbrKrG unwirksam sei. Daraus resultiere eine Falschberechnung der Zinsen, was im Ergebnis zur Unwirksamkeit der Kündigungen führe.

45

Das ist aber nicht richtig. Ausweislich der Anlage K 3 haben sich die Beklagten mit den Änderungen der Rückzahlungsmodalitäten ausdrücklich einverstanden erklärt. Durch ihre Unterschrift haben sie aktiv an dem Zustandekommen der getroffenen Vereinbarung mitgewirkt. Auch ein Verstoß gegen das VerbrKrG, insbesondere gegen § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 b) VerbrKrG liegt nicht vor. Eine Angabe des Gesamtbetrages aller vom Verbraucher zur Tilgung des Kredits sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen ist nur dann erforderlich, wenn der Gesamtbetrag bei Abschluss des Kreditvertrages für die gesamte Laufzeit der Höhe nach feststeht. Das war hier aber nicht der Fall. Denn für den Restbetrag der Darlehen waren nach Fälligkeit der Lebensversicherung, aus der vereinbarungsgemäß nunmehr das Darlehen getilgt werden sollte, neue Rückzahlungsvereinbarungen zu treffen. Das ist ausdrücklich in dem Schreiben der Kreissparkasse xxx vom 8. Oktober 1998, das die Beklagten unterschrieben haben, vereinbart worden (Bl. 25 d. A.). Über den Gesamtbetrag ließ sich also zum damaligen Zeitpunkt überhaupt keine Aussage treffen. Daher bestehen gegen die Wirksamkeit der Kündigungen keine Bedenken.

46

Der Annahme der Fälligkeit steht auch nicht das mit Schreiben vom 23. August 2004 (Anlage K 7) dokumentierte Stillhalteabkommen entgegen. Nach seinem ausdrücklichen Wortlaut war dieses bis zum 30. November 2004 befristet. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien das Abkommen zumindest stillschweigend verlängert haben könnten, liegen nicht vor. Hierfür haben die behauptungsbelasteten Beklagten keine dem Beweis zugänglichen Tatsachen vorgetragen. Vielmehr war auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten das Stillhalteabkommen spätestens mit der Einstellung der Mietzahlungen im November 2006 beendet. Es ist jedenfalls nicht vorgetragen, dass die Beklagten die Bedingungen des seinerzeitigen Stillhalteabkommens aktuell noch erfüllen würden.

47

4. Höhe der Darlehensforderungen

48

Auch der Höhe nach ist die Klage gerechtfertigt. Insoweit sind ebenfalls keine sub-stantiierten Einwände vorgetragen worden.

49

Da die Kapitallebensversicherung bei der xxx noch nicht verwertet worden ist, kann ein Erlös nicht in Abzug gebracht werden, weil es diesen noch nicht gibt. Der bei dem an die Klägerin erfolgten Forderungsverkauf erzielte Erlös ist ebenso wenig in Abzug zu bringen. Der Kaufpreis ist nicht auf die Darlehen anzurechnen. Dieser ist Gegenleistung für die Übertragung der verkauften Forderungen. Er schmälert nicht den Umfang der Darlehensforderungen. Diese Forderungen stehen der neuen Gläubigerin im vollen Umfang zu, wie auch die Klägerin zutreffend in ihrem Schriftsatz vom 28. Mai 2008 ausgeführt hat.

50

Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 14. April 2008 das Inrechnungstellen einer Vorfälligkeitsentschädigung monieren, ist auch dieser Einwand nicht erheblich, da der Teilzahlungsanspruch nur aus den Hauptforderungen, nicht aber aus etwaigen Vorfälligkeitsentschädigungen hergeleitet wird. Nach allen Forderungsaufstellungen - auch nach der zuletzt als Anlage B 57 von den Beklagten vorgelegten - ist eine Hauptforderung in Höhe eines Betrages gegeben, der den Klagebetrag erheblich übersteigt.

51

5. Kein Zurückbehaltungsrecht

52

Der Zahlungsanspruch ist schließlich auch nicht durch ein Zurückbehaltungsrecht eingeschränkt. Dass ein (Teil-) Freigabeanspruch bezüglich der gewährten Sicherheiten nicht besteht, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Mai 2008 überzeugend dargelegt. Hierauf wird Bezug genommen (Bl. 70 d. A.).

53

Ein Zurückbehaltungsrecht besteht daher nicht, ebenso wenig wegen einer angeblich fehlerhaften Zinsberechnung, weil Anhaltspunkte dafür, dass die Zinsberechnung falsch sein könnte, nicht vorliegen, was bereits erörtert worden ist. Das gilt auch, soweit die Beklagten monieren, der „in Ansatz gebrachte Verzugszinssatz sei unzutreffend“. Insoweit wird auf § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB Bezug genommen. Dieser Zinssatz liegt sowohl der Zinsforderungen als Nebenforderung zum Klageanspruch als auch den Forderungsaufstellungen der Klägerin gemäß Anlagen K 8 und B 57 zugrunde.

54

Schadensersatzansprüche können vorliegend ebenso wenig ein Zurückbehaltungsrecht zu Gunsten der Beklagten begründen, da Schadensersatzforderungen der Beklagten nicht ersichtlich sind.

55

5. Ergebnis zur Klage

56

Folglich ist die Klage begründet.

57

II. Widerklage

58

Die Widerklage ist dagegen abzuweisen.

59

1. Zulässigkeit

60

Der Antrag zu Ziffer 4., mit dem die Aufhebung der Zwangsverwaltung „bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache“ begehrt wird, ist bereits unzulässig. Wie die Beklagten selbst vortragen, ist gegen die genannten Beschlüsse, mit denen die Zwangsverwaltung angeordnet worden ist, ein Erinnerungsverfahren anhängig, das noch nicht abgeschlossen ist. Da die Kammer mit dieser Sache nicht befasst ist, kann sie sich auch nicht in das Erinnerungsverfahren „einmischen“. Das ist allein Sache des damit befassten und somit zuständigen Vollstreckungsgerichts. Auch nur dieses ist befugt, vor einer Entscheidung in der Hauptsache einstweilige Anordnungen zu treffen (vgl. §§ 766 Abs. 1 Satz 2, 732 Abs. 2 ZPO).

61

2. Begründetheit

62

Die zulässige Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO), die Gegenstand des Antrags zu Ziffer 1. ist, ist unbegründet.

63

Dass die von den Beklagten gerügten Verstöße gegen das Bankgeheimnis, das Willkürverbot, den Betrugs- und Untreuetatbestand nicht vorliegen, ist bereits ausgeführt worden. Ebenfalls ist bereits erörtert worden, dass ein Abtretungsverbot nach § 399 1. Alt. BGB nicht gegeben ist.

64

Die von den Beklagten behaupteten Zustellungsmängel sowie die weiteren formellen Mängel bei der Anordnung der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Vollstreckungsabwehrklage. Diese Einwände „gehören“ in das Erinnerungsverfahren (§ 766 ZPO), weil sie keine materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den vollstreckbaren Anspruch darstellen. Nur solche sind im Rahmen der Klage nach § 767 ZPO zu prüfen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 766 Rn. 4).

65

Soweit die Beklagten mit Blick auf die vorformulierte Unterwerfungserklärung einen Verstoß gegen § 307 BGB rügen, also einen Einwand erheben, der analog § 767 BGB zu beachten ist (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1718), geht auch dies ins Leere. Denn es entspricht jahrzehntelanger Praxis, dass sich der mit dem persönlichen Kreditschuldner identische Grundschuldbesteller bei Bankdarlehen regelmäßig der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwerfen muss. Eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners liegt darin nicht (vgl. BGH NJW-RR 2006, 490). Das ist ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, die der Bundesgerichtshof - soweit ersichtlich - bislang auch nicht aufgegeben hat, so dass sich das erkennende Gericht hieran gebunden sieht. Zu einer Änderung dieser Rechtsprechung besteht nach Auffassung der Kammer aber ohnehin kein Bedürfnis, auch nicht in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden. Zunächst erscheint die von den Beklagten befürwortete Nichtigkeitsfolge schon nicht besonders praktikabel. Da solche vorformulierten Klauseln im Rahmen einer Bankkreditgewährung - wie erwähnt - üblich sind, wäre von der Nichtigkeitsfolge beinahe jedes Kreditverhältnis betroffen. Das würde bedeuten, dass kaum noch eine Bank aus einem solchen Titel vollstrecken könnte und zwar nicht einmal die Bank, die den notleidend gewordenen Kredit gewährt hat. Denn die Klausel wäre von vornherein unwirksam und nicht erst im Falle der Abtretung, die die Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages ohnehin nicht im Blick hatten. Die darlehensgebende Bank könnte erst dann aus dem Titel vollstrecken, wenn sie ihren Darlehensnehmer zu einer nachträglichen Vereinbarung eines Abtretungsverbotes „motiviert“ hätte, obwohl die Abtretung von ihr nicht erwogen wird und daher überhaupt keine Rolle spielt. Dass dies einseitig die darlehensgebende Bank benachteiligen würde, dürfte auf der Hand liegen. Zudem stellt sich die Frage, wie eine solche „Motivation“ zur nachträglichen Vereinbarung des geforderten Abtretungsausschlusses überhaupt aussehen soll. Hinzu kommt, dass Darlehensnehmer, die sich - wie hier - in Zahlungsverzug befinden, auch nicht schutzwürdig sind. Die anderen können sich erfolgreich nach §§ 767, 769 ZPO gegen die Vollstreckung zur Wehr setzen.

66

Da die Vollstreckungsgegenklage somit unbegründet ist, hat auch der Antrag zu Ziffer 2. der Widerklage in der Sache keinen Erfolg, da er das rechtliche Schicksal der Klage nach § 767 ZPO teilt.

67

Der Antrag zu Ziffer 3. der Widerklage ist ebenfalls unbegründet, weil nach alledem keine Gründe ersichtlich sind, die die Klägerin daran hindern könnten, die Kapitallebensversicherung bei der xxx zu kündigen und auf das Darlehen zu verrechnen.

68

Unschlüssig ist auch der Antrag zu Ziffer 5. der Widerklage. Für die verlangte Auskunft ist schon eine Rechtsgrundlage nicht zu erkennen. § 154 Satz 2 ZVG kommt jedenfalls nicht in Betracht, weil sich das Auskunftsbegehren nach dieser Vorschrift gegen den Verwalter, nicht aber - wie hier beantragt - gegen den Gläubiger zu richten hat.

69

Auch der Antrag zu Ziffer 6. geht ins Leere, da Schadensersatzansprüche, die den Beklagten aufgrund der Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin zustehen könnten, nicht zu erkennen sind. Ein der Subsumtion zugängliches Vorbringen der Beklagten ist nicht vorhanden.

70

III. Schriftsatz der Beklagten vom 21. August 2008

71

Das neue tatsächliche Vorbringen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 21. August 2008 ist gemäß § 296 a Satz 1 ZPO unbeachtlich. Dem Antrag, nach § 156 ZPO zu verfahren und die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, konnte ebenfalls nicht entsprochen werden. Es fällt allein in den Risikobereich der Beklagten, dass aus ihrer Sicht relevante Tatsachen erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestand auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung mit Blick auf den Vortrag der Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 22. August 2008 wiederzueröffnen. Dass der Klägerin Schriftsatznachlass zu gewähren war, ist allein darauf zurückzuführen, dass die Beklagten etwa eine Woche vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. August 2008 einen über vierzigseitigen (Widerklage-) Schriftsatz eingereicht haben, den die Klägerin unmöglich rechtzeitig vor dem Termin beantworten konnte. Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin enthält nach Auffassung des Gerichts keinen Sachvortrag, zu dem den Beklagten vor einer Entscheidung nochmals rechtliches Gehör gewährt werden müsste.

72

IV. Nebenentscheidungen

73

Die Zinsentscheidung bezüglich der Klage resultiert aus § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB.

74

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

75

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Für die Wertfestsetzung der Vollstreckungsgegenklage war der Wert des Nennbetrages des vollstreckbaren Anspruchs maßgebend (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 767 Rn. 32). Im Übrigen ergibt sich die Wertfestsetzung aus den nicht zu beanstandenden Angaben des Beklagtenvertreters im Termin vom 8. August 2008.


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