Urteil vom Landgericht Kiel (7. Zivilkammer) - 7 S 72/08

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Plön vom 25.06.2008 (1 C 853/07) abgeändert:

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

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Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Verurteilung des Beklagten durch das Amtsgericht beruhte auf einer Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO, denn die Klage ist bereits unzulässig.

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Dies ergibt sich daraus, dass vor Klagerhebung ein Schlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LSchliG hätte durchgeführt werden müssen. Die streitgegenständlichen Ansprüche waren schlichtungsbedürftig (I.) und das unterbliebene Schlichtungsverfahren war auch in der Berufungsinstanz beachtlich (II.).

I.

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Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LSchliG ist, wenn es sich um eine Streitigkeit über Ansprüche wegen einer nicht in Presse oder Rundfunk begangenen Verletzung der persönlichen Ehre handelt, die Erhebung einer Klage erst zulässig, nachdem von einer Gütestelle nach § 3 LSchliG versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen.

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Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Streitgegenständlich sind Ansprüche des Klägers wegen einer nicht in Presse oder Rundfunk begangenen Verletzung der persönlichen Ehre. Der Einwand des Klägers, durch die streitgegenständlichen Behauptungen des Beklagten sei allein seine berufliche Ehre tangiert, so dass es des obligatorischen Schlichtungsverfahrens nicht bedurft hätte, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

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Im Hinblick auf den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LSchliG ist eine Differenzierung nach der Art der Ehre weder geboten noch überhaupt möglich. Zwar sollen nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nur Streitigkeiten, die aus der Verletzung der persönlichen Ehre resultieren, schlichtungsbedürftig sein. Die Ehre eines Menschen kann jedoch nicht in eine persönliche und eine berufliche Ehre aufgeteilt werden. Der Ehrbegriff hat sich an den strafrechtlichen Bestimmungen der §§ 185 ff. StGB zu orientieren (Heßler in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 15a EGZPO Rn. 6). Dies zeigt die Gesetzesbegründung, die auf den Bereich persönlicher Beziehungen und auf das Sühneverfahren nach § 380 StPO als Parallelregelung Bezug nimmt (BT-Drucks. 14/980, S. 6). Demnach ist der Ehrbegriff normativ zu verstehen. Schutzobjekt der Ehre ist der auf die Personenwürde gegründete, einem Menschen berechtigterweise zustehende Geltungswert bzw. der daraus folgende Anspruch, nicht unverdient herabgesetzt zu werden (Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, Vorb. zu § 185 Rn. 1). Im Rahmen der persönlichen Ehre mag zwischen dem sittlichen, personalen und sozialen Geltungswert differenziert werden, wobei der soziale Geltungswert berührt sein soll, wenn dem Betroffenen ganz oder teilweise die Fähigkeit aberkannt wird, seinen Beruf ordnungsgemäß wahrzunehmen (Lenckner in Schönke/Schröder, Vorb. zu § 185 StGB Rn. 1 und § 185 StGB Rn. 2). Deshalb mag sich der Kläger vorliegend auch nur in seiner sog. Berufsehre, von der mitunter auch in gerichtlichen Entscheidungen die Rede ist (vgl. BGH NJW-RR 1990, 1276 - 1277), verletzt sehen. Dies ändert aber nichts daran, dass unabhängig davon, welche Sphäre und welcher Geltungswert im Einzelfall betroffen ist, immer zugleich auch die persönliche Ehre betroffen ist, denn sie vereint den sittlichen, personalen und sozialen Geltungswert in sich. Demnach ist, wenn einer Person ihre beruflichen Fähigkeiten abgesprochen wird, gerade auch ihre persönliche Ehre berührt (vgl. AG Kiel, Urteil vom 06.09.2006, Az.: 109 C 215/06, n.v.; LG Kiel, Beschluss vom 16.11.2006, Az.: 1 S 168/06, n.v.).

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Eine Differenzierung zwischen einer persönlichen und einer beruflichen Ehre ist demnach nicht nur nicht möglich, sie ist auch aufgrund teleologischer Erwägungen nicht geboten. Gesetzgeberisches Motiv bei Schaffung des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LSchliG war es, dass es sich "bei Ehrverletzungen im privaten Bereich ohne presserechtlichen Bezug ... in aller Regel um in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht einfache Konflikte [handelt], die durch eine persönliche Erörterung mit den Parteien beigelegt werden können" (BT-Drucks. 14/980, S. 6). Ihre Einbeziehung schien dem Gesetzgeber "auch deshalb sachgerecht, weil für die strafrechtliche Verfolgung ebenfalls ein Sühneverfahren vorgeschaltet ist (§ 380 StPO) und damit eine gewisse Gleichwertigkeit des zivil- und strafprozessualen Vorgehens erreicht wird" (BT-Drucks. 14/980, S. 6). Dass bestimmte Geltungswerte im Rahmen der persönlichen Ehre nicht schlichtungsbedürftig sein sollten, kann der Gesetzesbegründung dagegen nicht entnommen werden. Vielmehr stünde dies der angestrebten Gleichwertigkeit des zivil- und strafprozessualen Verfahrens entgegen, denn im Rahmen des § 380 StPO wird lediglich auf den Tatbestand der Beleidigung Bezug genommen, nicht aber zwischen den einzelnen Geltungswerten der Ehre differenziert (vgl. AG Kiel a.a.O.; LG Kiel a.a.O.). Wenn der Gesetzgeber gleichwohl in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LSchliG wie auch in § 15a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EGZPO den Begriff der persönlichen Ehre statt nur den der Ehre gewählt hat, bedeutet dies keine Unterscheidung nach den einzelnen Geltungswerten. Vielmehr kann hierin die Klarstellung gesehen werden, dass zum Katalog schlichtungsbedürftiger Streitigkeiten nur Streitigkeiten über Ansprüche wegen der Verletzung der Ehre einer natürlichen Person gehören (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl. 2008, § 15a EGZPO Rn. 3). Diese Klarstellung erscheint auch geboten. Schließlich hält das Gesetz, wie sich aus § 194 Abs. 3 und 4 StGB ergibt, auch bestimmte Institutionen für beleidigungsfähig, womit es zu erkennen gibt, dass auch diesen und nicht nur ihren Mitgliedern eine eigene Ehre zukommt, die unabhängig davon betroffen sein kann, ob auch einzelne Personen beleidigt sind (Lenckner in Schönke/Schröder, Vorb. zu § 185 StGB Rn. 1).

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Nach dem Vorbringen des Klägers macht dieser Ansprüche wegen der Verletzung seiner persönlichen Ehre geltend. Dies gilt zunächst für die Klaganträge zu 1) und 2). Das behauptete Aufstellen und / oder Verbreiten der Behauptung, der Kläger verwende in seinem Stall mangelhaftes, insbesondere schimmelbehaftetes Futter und Stroh und der Kläger habe die Erkrankung des Pferdes des Beklagten verursacht oder verschlimmert, zumal er nicht rechtzeitig einen Tierarzt gerufen habe, verletzt den Kläger in dem sozialen Geltungswert seiner persönlichen Ehre. Verletzungen der persönlichen Ehre liegen vor, wenn der einzelne beschimpft, verächtlich gemacht oder herabgewürdigt wird, wenn ihm Eigenschaften zugesprochen werden, die andere als tadelnswert betrachten. Solche Herabsetzungen erfolgen beispielsweise, wenn der Betroffene eines strafrechtlichen sanktionierten oder eines moralisch verwerflichen Verhaltens bezichtigt wird oder wenn ihm menschliche oder berufliche Unzulänglichkeiten vorgeworfen werden. Dazu genügt zwar nicht jede negative Kritik an Eigenschaften oder Leistungen, solange sie nicht einen darüber hinausgehenden Vorwurf enthält (Rixecker in Münchener Kommentar, 5. Aufl. 2000, Anhang zu § 12 BGB Rn. 74). In diesen Fällen kann die bloß herabsetzende Kritik an gewerblichen Leistungen, wenn unwahre Tatsachen behauptet werden oder rechtswidrige Wertungen erfolgen, Ansprüche aus § 824 BGB oder aus § 823 Abs. 1 BGB lediglich unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auslösen (Rixecker a.a.O.). Im Einzelfall kann jedoch auch die persönliche Ehre des Gewerbetreibenden berührt sein, wenn die Äußerungen nach Form oder Gewicht nicht nur qualitative Mängel des Erzeugnisses oder der Leistungen betreffen, sondern wenn darüber hinaus individuelle Unzulänglichkeiten ihres Herstellers oder Anbieters ausdrücklich oder konkludent geltend gemacht werden. Demnach soll eine Verletzung der persönlichen Ehre vorliegen, wenn das Gebaren eines Finanzmaklers mit seiner Bezeichnung als "Kredithai" oder "Geldmafioso" kommentiert wird, einem Rundfunkunternehmen mangelnde Seriosität in der Nachrichtenauswahl oder -präsentation entgegengehalten wird oder wenn einem Maschinenbauer vorgeworfen wird, er sei allein bestrebt, möglichst billigen Schmarren herzustellen; dagegen soll für eine Verletzung der persönlichen Ehre nicht genügen, wenn einem Gastronomen lediglich nachlassende Leistungen attestiert werden (Rixecker a.a.O. m.w.N.). Mit den streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen wird nicht nur die Qualität der gewerblichen Leistungen des Klägers infrage gestellt. Vielmehr wird er eines moralisch verwerflichen Verhaltens bezichtigt und es werden ihm berufliche wie menschliche Unzulänglichkeiten vorgeworfen. Der Vorwurf, Pferden mangelhaftes, insbesondere verschimmeltes Futter zu geben, verschimmeltes Stroh als Einstreu zu benutzen und die Erkrankung eines Pferdes verursacht und verschlimmert zu haben, insbesondere nicht rechtzeitig einen Tierarzt verständigt zu haben, bedeutet nämlich im Ergebnis, dem Kläger einen rücksichtslosen Umgang mit ihm anvertrauten Tieren vorzuwerfen. Dies wiederum wirft ein negatives Licht auf die Persönlichkeit des Klägers, so dass gerade nicht nur gewerbliche Leistungen in Rede stehen, sondern auch die Persönlichkeit des Klägers als solche. Soweit diese Äußerungen zugleich geschäftsschädigend gewesen sein sollten und negative wirtschaftliche Folgen für den Kläger gehabt haben sollten, handelt es sich hierbei lediglich um Folgen der Ehrverletzung, die die Schlichtungsbedürftigkeit nicht entfallen lassen.

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Auch bei den weiteren Klaganträgen zu 3) und 4) handelt es sich um Streitigkeiten infolge der Verletzung der persönlichen Ehre. Dies bedarf im Hinblick auf den Antrag, dem Beklagten gemäß § 890 Abs. 2 ZPO Ordnungsmittel für den Fall der Zuwiderhandlung anzudrohen, keiner weitergehenden Erläuterung. Aber auch soweit der Kläger mit dem Klagantrag zu 4) Ersatz seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt, ist der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 LSchliG eröffnet. Unter Streitigkeiten im Sinne dieser Vorschrift fallen nämlich nicht nur Unterlassungs- und Widerrufsansprüche, sondern auch Schadensersatzansprüche (Hüßtege in Thomas/Putzo, § 15a EGZPO Rn. 3).

II.

11

Die Klage ist aufgrund des nicht durchgeführten Schlichtungsverfahrens auch noch im Berufungsverfahren als unzulässig abzuweisen, auch wenn die erstinstanzliche Entscheidung zu Unrecht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen ist.

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Zwar wird teilweise vertreten, dass sich die Nichtdurchführung eines vorgeschriebenen Schlichtungsverfahrens in der Berufungsinstanz nicht mehr auswirkt, wenn das Gericht erster Instanz die Klage als zulässig angesehen hat und eine Entscheidung in der Sache getroffen hat (vgl. LG Marburg NJW 2005, 2866 - 2867; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, § 513 ZPO Rn. 5; Bausch, JR 2007, 444 - 446). Dabei wird darauf abgestellt, dass anderenfalls die vom erstinstanzlichen Gericht geleistete Sacharbeit aus einem bloß formalen Gesichtspunkt hinfällig würde und es der Prozessökonomie widerspräche, wenn die Gerichte nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens erneut mit derselben Sache belastet würden. Um dies zu vermeiden, sei der Rechtsgedanke des § 513 Abs. 2 ZPO entsprechend heranzuziehen. Schließlich habe das nicht durchgeführte Schlichtungsverfahren ebenso wie die Missachtung von Zuständigkeitsvorschriften keinen Einfluss auf die Entscheidung in der Sache gehabt.

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Dieser Auffassung vermag sich die Kammer - wie auch die wohl herrschende Meinung (OLGR Frankfurt 2008, 814 - 816; OLG Saarbrücken NJW 2007, 1292, 1293; Heßler in Zöller, § 15a EGZPO Rn. 25; Hüßtege in Thomas/Putzo, § 15a EGZPO Rn. 2; Rimmelspacher/Arnold, NJW 2006, 17 - 19) - nicht anzuschließen.

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§ 513 Abs. 2 ZPO stellt eine Ausnahmevorschrift dar, der keine allgemeinen Schlussfolgerungen auf andere Zulässigkeitsvoraussetzungen zu entnehmen sind. So hat der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 22.10.2004 (NJW-RR 2005, 501 - 504) ausgeführt, dass § 513 Abs. 2 ZPO die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung nur einschränke, soweit allein der Festlegung des zuständigen Gerichts dienende Vorschriften in Rede stehen. Die Anwendung sonstiger Normen, die einen anderen Zweck verfolgen, sei dagegen nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen (BGH NJW-RR 2005, 501, 502). Als eine solche sonstige Norm hat der Bundesgerichtshof in der besagten Entscheidung § 1 Abs. 1 S. 1 BadWürttSchlG angesehen, der § 1 Abs. 1 S. 1 LSchliG im Wesentlichen entspricht. Hiermit ist bereits klargestellt, dass weder eine unmittelbare oder analoge Anwendung des § 513 Abs. 2 ZPO noch eine Übertragung des Rechtsgedankens dieser Vorschrift in Betracht kommt. Die Durchführung des Schlichtungsverfahrens vor Klageerhebung ist vielmehr eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende, unverzichtbare besondere Prozessvoraussetzung (vgl. OLG Saarbrücken NJW 2007, 1292, 1293).

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Diese Sichtweise wird auch durch die Vorschrift des § 532 ZPO bestätigt. Hiernach sind verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen - namentlich die Zulässigkeitsrügen der fehlenden Ausländersicherheit (§§ 110 ff. ZPO), der fehlenden Kostenerstattung (§ 269 Abs. 6 ZPO) und der Schiedsklausel (§ 1032 ZPO) - in der Berufung nur in engen Grenzen überprüfbar. Im Wege des Umkehrschlusses ergibt sich, dass unverzichtbare Zulässigkeitsvoraussetzungen wie die des vorgeschalteten obligatorischen Schlichtungsverfahrens grundsätzlich vollumfänglich zu prüfen sind (Rimmelspacher/Arnold, NJW 2006, 17, 18). Die Erforderlichkeit des Schlichtungsverfahrens zeigt auch keine Parallelität zu den verzichtbaren Zulässigkeitsrügen auf. Letztere betreffen nämlich Zulässigkeitsvoraussetzungen, die ausschließlich Parteiinteressen dienen. Darin liegt die innere Rechtfertigung für die Obliegenheit der Parteien, im eigenen Interesse die Beachtung der jeweiligen Zulässigkeitsvoraussetzung durch rechtzeitige Rüge zu erzwingen. Das obligatorische Schlichtungsverfahren verfolgt dagegen gerade auch ein öffentliches Anliegen, nämlich die Entlastung der Justiz durch die Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung (vgl. BT-Drucks. 14/980, S. 5; BGH NJW-RR 2005, 501, 503; Rimmelspacher/Arnold a.a.O.).

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Dieses Ziel ließe sich, folgte man der Gegenansicht, nicht verwirklichen. Die fehlende Kontrolle in den Rechtsmittelinstanzen würde nämlich nicht dazu beitragen, dass sich das obligatorische Schlichtungsverfahren als dem gerichtlichen Verfahren zwingend vorgeschaltete Institution im Bewusstsein sowohl der erstinstanzlich tätigen Gerichte als auch der Rechtsuchenden und der Anwaltschaft verankert.

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Dass eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der Klage als unzulässig im Einzelfall wie hier dazu führen mag, dass sich eine insgesamt längere Verfahrensdauer und höhere Verfahrenskosten ergeben, ist hinzunehmen. Prozessökonomische Überlegungen dürfen sich zum einen nicht nur auf den Einzelfall beziehen, sondern müssen die vom Gesetzgeber gewollte Regelung des Verfahrensgangs unter Einschluss des obligatorischen Schlichtungsverfahrens berücksichtigen (BGH NJW 2005, 437, 439; LG Kiel SchlHA 2006, 359, 360). Zum anderen kann durch die aufgrund der uneingeschränkten Kontrolle in den Rechtsmittelinstanzen gewährleistete Förderung der Etablierung der obligatorischen Streitschlichtung dem gesetzgeberischen Ziel des § 15a EGZPO und darauf basierend des § 1 LSchliG gedient werden, indem bewirkt wird, dass in Zukunft in vielen anderen Verfahren Kosten gespart und Gerichte entlastet werden (vgl. Rimmelspacher/Arnold a.a.O.).

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Es kann auch nicht zwangsläufig angenommen werden, dass infolge der Nichtanwendung des Rechtsgedankens des § 513 Abs. 2 ZPO die vom erstinstanzlichen Gericht geleistete Sacharbeit hinfällig wäre. Diese kann nämlich durchaus auch Auswirkungen auf ein Güteverfahren haben (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.). Deshalb kann derzeit auch nicht prognostiziert werden, ob die Parteien im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens nicht doch zu einer gütlichen Beilegung ihrer Streitigkeit gelangen. Im Übrigen kommt es auf die Erfolgsaussichten eines entsprechenden Verfahrens für die Frage, ob eine Klage, die ohne ein vorheriges Schlichtungsverfahren erhoben worden ist, zulässig ist, nicht an (vgl. BGH NJW 2005, 437, 438).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.


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