Urteil vom Landgericht Köln - 30 O 94/19
Tenor
Es wird festgestellt, dass die primären Leistungspflichten des Klägers aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 25.04.2015 über 26.096,54 € zur Zahlung der Zinsen in Höhe von 5,83% p.a. sowie zur Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs seit dem 11.12.2018 erloschen sind.
Die Beklagte wird verurteilt, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer WXXXXXXXXX an die Klagepartei 21.470,40 € zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer WXXXXXXX in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.029,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2019 freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf den Widerklageantrag zu 1.) wird der Kläger verurteilt, der Beklagten den Pkw der Marke Audi A6 mit der FIN WXXXXXXXX herauszugeben.
Auf den Widerklageantrag zu 2.) wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des Pkw der Marke Audi A6 mit der FIN WXXXXXXX zu leisten, der seit dem 25.04.2015 bis zur Übergabe des Fahrzeugs an die Beklagte, eingetreten ist oder noch eintreten wird und auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 87 % und der Kläger zu 13 %.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Darlehens zur Finanzierung eines Kfz aufgrund einer Widerrufserklärung des Klägers.
3Der Kläger erwarb bei der B Köln GmbH einen gebrauchten PKW Audi A6, Fahrgestellnummer WXXXXXXXX zu einem Kaufpreis von 21.890,00 €. Den Kaufpreis finanzierte der Kläger bei der Beklagten, weshalb die Parteien zu diesem Zweck am 25.04.2015 einen Darlehensvertrag mit einer Laufzeit von 96 Monaten schlossen. Der Gesamtkreditbetrag ist zwischen den Parteien streitig, der Nominalzins betrug 5,83% p.a. Der Darlehensvertrag enthält eine Widerrufsinformation. Hinsichtlich des Inhalts und der Gestaltung des Vertrages und insbesondere der Widerrufsinformation wird auf Anlage K1 Bezug genommen.
4Die Beklagte zahlte das Darlehen am 05.05.2015 an das Autohaus aus.
5Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 11.12.2018 den Widerruf in Bezug auf den Widerruf des Darlehens und bot die Herausgabe des Kfz gegen die Rückzahlung der Zins- und Tilgungsraten an. Weitere Zahlungen auf das streitgegenständliche Darlehen stellte er dabei unter den Vorbehalt der Rückforderung.
6Die Beklagte reagierte darauf nicht.
7Die Prozessbevollmächtigten des Klägers forderten die Beklagten mit Schreiben vom 01.02.2019 erneut zur Rückzahlung auf. Die Beklagte reagierte darauf ebenfalls nicht.
8Der Kläger behauptet, der Darlehensvertrag sei über einen Nennbetrag in Höhe von 32.716,80 € geschlossen worden. Ferner behauptet er, er habe seinen Prozessbevollmächtigten nach dem Widerruf vom 11.12.2018 mandatiert und ihm seien Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.809,75 € entstanden.
9Er ist der Ansicht, der Darlehensvertrag sei aufgrund des erklärten Widerrufs unwirksam, weshalb sowohl der Darlehensvertrag als auch der Kfz-Kauf rückabzuwickeln seien. Die Widerrufsinformation sei nicht ordnungsgemäß gewesen, sodass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.
10Der Kläger beantragt,
111. festzustellen, dass die primären Leistungspflichten des Klägers aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 25.04.2015 über 32.716,80 € zur Zahlung der Zinsen in Höhe von 5,83% p.a. sowie zur Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs seit dem 11.12.2018 erloschen sind.
122. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der jeweiligen Zahlung zurück zu gewähren, die er zwischen dem 11.12.2018 und der Rechtskraft dieses Urteils auf den unter Ziff. 1 genannten Darlehensvertrag geleistet hat.
133. die Beklagte zu verurteilen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer WXXXXXXX an die Klagepartei 21.470,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
144. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer WXXXXXXXX in Annahmeverzug befindet.
155. die Beklagte zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.809,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Hilfswiderklagend beantragt sie,
191. den Kläger zu verurteilen, den PKW der Marke Audi A6 mit der FIN WXXXXXXX an sie herauszugeben.
202. festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr Wertersatz für den Wertverlust des Pkw der Marke Audi A6 mit der FIN WXXXXXX zu leisten, der seit dem 25.04.2015 bis zur Übergabe des Fahrzeugs an die Beklagte, eingetreten ist oder noch eintreten wird und auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
21Der Kläger beantragt,
22die Hilfswiderklage abzuweisen.
23Die Beklagte behauptet, einen Darlehensvertrag vom 25.04.2015 gebe es zwar, nicht jedoch über einen Betrag von 32.716,80 €. Zudem sei der Kläger nicht in der Lage das Fahrzeug herauszugeben, da er in Rheinbach arbeite und in Köln wohne. Sie ist der Ansicht, es sei nicht nachvollziehbar, dass die angegebene Fahrgestellnummer zum finanzierten Fahrzeug gehöre, weshalb der Vortrag diesbezüglich unschlüssig sei. Der Klageantrag zu 2.) sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Der Klageantrag zu 3.) sei unbegründet, da der Kläger vorleistungspflichtig sei und eine Zug-um-Zug Verurteilung daher ausscheide. Aus demselben Grund sei kein den Annahmeverzug begründendes Angebot erfolgt. Daher käme es auf eine Wirksamkeit des Widerrufs nicht an.
24Widerklagend begehrt die Beklagte die Herausgabe des streitgegenständlichen Pkw sowie Wertersatz für den Wertverlust des Pkw.
25Sie meint, eine Wertersatzpflicht hänge nicht davon ab, ob über eine solche belehrt wurde. Zudem sei dies ohnehin erfolgt.
26Die Klage ist der Beklagten am 01.04.2019 zugestellt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Klage ist überwiegend zulässig und überwiegend begründet. Die Hilfswiderklage ist zulässig und begründet.
29I.
30Die Klageanträge 1., 3., 4. und 5. sind zulässig. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG. Der Streitwert übersteigt 5.000 €.
31Das Landgericht Köln ist zudem gemäß § 29 ZPO örtlich zuständig. Es ist der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO gegeben. Das OLG Köln (Beschluss vom 14.04.2020, 12 U 46/20) hat in einer neueren Entscheidung klargestellt, dass der Wohnsitz des Klägers, an dem sich die finanzierte Sache vertragsgemäß befindet, der einheitliche Erfüllungsort für die Erbringung der Leistungen zur Rückabwicklung bei einem widerrufenen verbundenen Kauf- und Darlehensvertrag ist. Dem schließt sich die Kammer an. Das finanzierte Kfz befand sich hier beim Kläger in Köln.
32Für die negative Feststellungsklage (Klageantrag zu 1.)) ist das Landgericht Köln ebenfalls zuständig. Es ist das Gericht zuständig, das für die Leistungsklage umgekehrten Rubrums zuständig wäre (sog. „Spiegelbildformel“). So ist beispielsweise das Gericht am Wohnsitz des Darlehensnehmers für seine negative Feststellungsklage gegen die Kredit gewährende Bank zuständig (Zöller/Schultzky, 32. Auflage 2018, § 29 ZPO, Rn. 25). Da es beim Klageantrag zu 1.) um (geleugnete) Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger geht, ist eine Zuständigkeit des Landgerichts am Wohnsitz des Klägers, des Verbrauchers, gegeben.
33Die Anwendung der Spiegelbildformel entspricht der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.11.2019, 31 U 114/18; OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Juli 2019, 6 U 312/18; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.12.2017, 17 U 107/17; OLG München, Beschluss vom 18. August 2009, 31 AR 355/09; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. Juni 2017, I-17 U 144/16; in diese Richtung auch: OLG Köln, Beschluss vom 27.06.2019, 24 U 149/18).
34Das Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage ist ebenfalls gegeben. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist in der Regel gegeben, wenn der Beklagte sich eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte behauptet, bereits jetzt eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu besitzen. Die Rechtsstellung des Klägers ist schutzwürdig betroffen, wenn der Beklagte geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen den Kläger ergeben. Da die Beklagte die Wirksamkeit des Widerrufs bestreitet, zielt ihre Bestandsbehauptung auf das Fortbestehen vertraglicher Erfüllungsansprüche gegen den Kläger aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 16.05.2017, XI ZR 586/15).
35Das Feststellungsinteresse für den Klageantrag zu 4.) ist ebenfalls gegeben. Es handelt sich bei der Feststellung des Annahmeverzuges zwar nicht um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO, sondern um ein einzelnes, unselbstständiges Element oder eine Vorfrage eines Anspruchs. Eine ausnahmsweise Zulässigkeit des Antrages folgt jedoch aus den besonderen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen gemäß §§ 756, 765 ZPO bei einer Zug um Zug Verurteilung.
36Der Klageantrag zu 2. ist mangels Feststellungsinteresse unzulässig. Der Klageantrag zu 1. beinhaltet bereits die Feststellung, ob derzeitig und auch zukünftig Ansprüche aus dem Vertrag geltend gemacht werden können. Der Klageantrag zu 3. beinhaltet die Rückzahlung bereits geleisteter Zahlungen. Eine Feststellung, dass die Leistungen zurück zu gewähren sind, ist demnach nicht notwendig.
37II.
38Die Klage ist überwiegend begründet.
393.
40Der Feststellungsantrag zu 1.) ist begründet.
41Der Antrag ist gem. §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass der Kläger die Feststellung beantragt, dass die Pflicht zu Zins- und Tilgungszahlungen aus dem Darlehensvertrag vom 25.04.2015 über 26.096,54 € erloschen ist. Der Kläger gibt als Gesamtkreditbetrag 32.716,80 € an. Dies ist jedoch der Gesamtkreditbetrag inklusive der Zinsen. Gemeint ist hier derselbe Darlehensvertrag, lediglich der Gesamtkreditbetrag wurde falsch angegeben. Die Beklagte dringt demnach mit dem Vortrag, dass es den vom Kläger benannten Darlehensvertrag nicht gebe, nicht durch.
42Die Klagepartei hat einen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da sie ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Erklärung wirksam widerrufen hat.
43Der Klagepartei stand auch im Jahr 2018 im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag noch ein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB zu. Die Widerrufsfrist war bei Abgabe der Willenserklärung nicht verstrichen. Die der Klagepartei erteilten Informationen waren inhaltlich zu beanstanden und haben die zweiwöchige Widerrufsfrist mit Vertragsschluss nicht in Gang gesetzt.
44Die Widerrufsfrist beginnt nur dann nicht zu laufen, wenn der Darlehensnehmer zum einen nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde und der Darlehensgeber sich zum anderen nicht auf den Schutz des gesetzlichen Musters der Anlage 7 zu Art. 247 EGBGB berufen kann. Außerdem beginnt die Frist nicht zu laufen, wenn bevor dem Darlehensnehmer im Darlehensvertrag alle weiteren Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 247, §§ 6-13 EGBGB mitgeteilt worden sind.
45Der Einwand des Klägers, dass die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erforderliche Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde fehlt, greift durch. Tatsächlich findet sich in dem von beiden Parteien vorgelegten Vertragstext kein Hinweis auf die Aufsichtsbehörde. Die Beklagte geht auf diesen Einwand auch nicht ein und nennt keine Fundstelle dazu im Vertragstext.
46Ebenfalls erhebt der Kläger erfolgreich den Einwand, dass kein Hinweis nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB auf den Anspruch auf einen Tilgungsplan erfolgt ist. Ein solcher ist im Vertragstext ebenfalls nicht aufzufinden, wiederum nennt die Beklagte keine Fundstelle.
47Ferner fehlt ein ordnungsgemäßer Hinweis auf den Verzugszins gem. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Nr. 11 EGBGB. Ziff. 10 der AKB enthält lediglich den Hinweis, dass die Bank im Falle des Zahlungsverzuges Sollzinsen in gesetzlicher Höhe berechnet. Dies ist nicht ausreichend. Es fehlen Angaben zur Art und Weise der etwaigen Anpassung des Verzugszinssatzes. Beispielsweise entspricht die Angabe des Verzugszinses im Wege der Formulierung wie in § 288 Abs. 1 BGB den gesetzlichen Anforderungen (vgl. BGH XI ZR 650/18, Urteil vom 05.11.2019, TZ 52). Dies ist jedoch als Mindestmaß anzusehen. Die Angabe der Beklagten enthält keinerlei Bezifferung. Für den durchschnittlichen Verbraucher ist die Angabe nicht ausreichend um nachvollziehen zu können, welche Zinsen für ihn anfallen.
484.
49Der Klageantrag zu 3. ist überwiegend begründet.
50Der Kläger hat gem. §§ 357 Abs. 1, 358 Abs. 4 BGB einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 15.676,80 € Zug-um-Zug gegen Rückgewähr des Kfz.
51Die Rechtsfolgen des Widerrufs richten sich nach §§ 357 ff. BGB, da der Vertrag nach dem 13.06.2014 geschlossen wurde.
52Gem. §§ 357 Abs. 4, 358 Abs. 4 BGB ist der Verbraucher bei der Rückgewähr vorleistungspflichtig, sodass die Beklagte grundsätzlich die Leistung verweigern kann bis sie das Kfz zurückerhalten hat. Die Rückgewährpflichten sind grundsätzlich nicht mehr Zug-um-Zug zu erfüllen (Palandt/Grüneberg, § 357 BGB, Rn. 5).
53Davon wird jedoch gem. § 357 Abs. 4 S. 2 BGB eine Ausnahme gemacht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Ware abzuholen. In der Widerrufsbelehrung hat die Beklagte angegeben, dass nicht paketversandfähige Sachen beim Kreditnehmer abgeholt werden. Dies ist als Angebot, die Ware abzuholen, zu werten. Die Beklagte muss sich an der von ihr erteilten und zum Vertragsbestandteil gewordenen Widerrufsbelehrung festhalten lassen. Danach ist zwischen den Parteien vereinbart, dass die Ware im Falle eines Widerrufs von der Beklagten abgeholt wird. Bei Greifen der Ausnahme nach § 357 Abs. 4 S. 2 BGB erfolgt die Rückgewähr Zug-um-Zug (Palandt/Grüneberg, § 357 BGB, Rn. 5).
54Der Kläger hat Anspruch auf eine Rückzahlung in Höhe von 21.470,40 €. Der entscheidungserhebliche Zeitpunkt ist für den Kläger aufgrund des Schriftsatznachlasses der 10.09.2020. Seit Vertragsschluss im Mai 2015 sind bis zu diesem Zeitpunkt 63 Monate vergangen. Es wurden 63 Raten in Höhe von 340,80 € gezahlt, insgesamt also 21.470,40 €.
55Ein Zinsanspruch aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB besteht nicht, da Verzug Einredefreiheit voraussetzt und diese bei einer Zug-um-Zug Leistung nicht besteht.
565.
57Der Antrag zu 4.) ist ebenfalls begründet. Der Kläger hat die Rückgewähr des Kfz mit Widerrufsschreiben vom 11.12.2018 ausdrücklich angeboten. Auch wenn der Kläger in Rheinbach arbeitet und in Köln wohnt, hindert dies nicht seine Herausgabebereitschaft.
586.
59Der Klageantrag zu 5.) ist nur teilweise begründet. Der Kläger hat gem. §§ 286 Abs. 1, 288 BGB einen Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 €.
60Die Beklagte bestreitet unzulässigerweise mit Nichtwissen, dass dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten entstanden sind. Die vorgerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten wurde qualifiziert dargelegt und ergibt sich allein aus der Darlegung, dass der Prozessbevollmächtigte die Beklagte außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert hat. Das Schreiben vom 01.02.2019 ist ausreichender Beweis für die Tätigkeit. Da eine Freistellung beantragt ist, muss nicht dargelegt werden, dass der Kläger eine etwaige Rechnung bereits beglichen hat.
61Die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren ist jedoch geringer als vom Kläger angegeben. Der Kläger geht von einer 1,6 Geschäftsgebühr nach Nr. 2003 VV RVG aus, wobei vermutlich Nr. 2300 gemeint ist. Die Mittelgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist jedoch 1,3. Eine besondere Schwierigkeit und Bedeutung ist der Sache hier nicht beizumessen. Es handelt sich um einen typischen Darlehenswiderruf.
62Zudem wurde nicht der korrekte Streitwert zugrunde gelegt. Dieser ergibt sich bei Feststellungsbegehren aus der Summe der Zins- und Tilgungsleistungen bis zum Widerruf (vgl. BGH, Beschluss vom 10.01.2017, XI ZB 17/16; Beschluss vom 04.03.2016, XI ZR 39/15; Beschluss vom 12.01.2016, XI ZR 366/15). Die Zins- und Tilgungsleistungen bis zum Widerruf belaufen sich auf 14.313,60 € (Mai 2015 – Dezember 2018). Der klägerische Rechtsanwalt hat zusätzlich ein Zahlungsbegehren geltend gemacht, sodass der Streitwert auf den Wert des Zahlungsbegehrens, 15.336,00 €, zu erhöhen war.
63Daraus ergibt sich eine außergerichtliche Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 1.029,35 € (845,00 € + 20 € Auslagenpauschale + 0,19% Umsatzsteuer).
64Der Zinsanspruch für diesen Betrag ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
65III.
66Die Bedingung unter die die Erhebung der Hilfswiderklage gestellt wurde, die Stattgabe der Klage, ist eingetreten.
67Die Hilfswiderklage ist zulässig.
68Das Landgericht Köln ist auch für die Hilfswiderklage örtlich zuständig, gem. §§ 12, 13 ZPO. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 33 ZPO, wonach Klage und Widerklage unabhängig vom Streitwert miteinander verbunden werden können. Die Hilfswiderklage ist auch konnex. Es besteht ein innerlich zusammengehöriges, einheitliches Lebensverhältnis. Die Ansprüche sind auf ein gemeinsames Rechtsverhältnis, den verbundenen Vertrag, zurückzuführen. Der Umstand, dass die Widerklage unter einer Bedingung erhoben worden ist, begegnet keinen Bedenken, da es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt und der Eintritt lediglich von der Entscheidung des Gerichts abhängt.
69Das nach § 256 Abs. 1 ZPO für den Klageantrag zu 2.) erforderliche Feststellungsinteresse ist ebenfalls gegeben. Ein vorrangiger Leistungsantrag konnte seitens der Beklagten nicht gestellt werden, da sich der Pkw noch im Besitz des Klägers befindet. Der Kläger hat etwaige Wertersatzansprüche nicht im Vorhinein von seiner Klageforderung abgezogen und den Hilfswiderklageantrag zu 2.) auch nicht anerkannt, sodass von einem Leugnen des Anspruchs auszugehen ist.
70IV.
71Die Hilfswiderklage ist auch begründet.
72Der Hilfswiderklageantrag zu 1.) ist begründet. Aufgrund des wirksamen Widerrufs hat die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe des Pkw aus § 355 Abs. 3 i.V.m. § 358 Abs. 4 S. 1, S. 5 BGB.
73Dass der Kläger seinen Zahlungsanspruch lediglich Zug-um-Zug geltend macht und der Beklagte bei Geltendmachung des Zahlungsanspruches durch den Kläger den Pkw zurück erhält, steht dem nicht im Wege. Die Beklagte hat einen Herausgabeanspruch, den sie unabhängig vom Zahlungsanspruch des Klägers selbstständig geltend machen kann. Dieser Herausgabeanspruch besteht auch nicht nur Zug-um-Zug, da das Widerrufsrecht nicht mehr auf das Rücktrittsrecht verweist. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB sieht keine Zug-um-Zug Leistung mehr vor (MüKo/Fritsche, § 355 BGB, Rn. 66).
74Der Hilfswiderklageantrag zu 2.) ist begründet. Die Beklagte hat einen Anspruch auf Wertersatz gem. § 358 Abs. 4 S. 1 BGB i.V.m. § 357 Abs. 7 BGB.
75Danach ist vom Verbraucher Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn der Wertverlust zum einen auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war und zum anderen nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 des EGBGB über das Widerrufsrecht belehrt wurde.
76Der Kläger hat den Pkw auf Dauer genutzt, sodass der Umgang mit dem streitgegenständlichen Pkw über die bloße Prüfung hinausging.
77Die Beklagte hat auch über das Widerrufsrecht des Klägers belehrt.
78Eine gänzlich ordnungsgemäße und nicht zu beanstandende Widerrufsbelehrung ist für die Belehrung nach Nr. 2 nicht erforderlich, solange sie nicht gänzlich unbrauchbar ist (Nordholtz/Bleckwenn, NJW 2017, 2497, 2498 ff.). In den Fällen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung fängt bereits die Widerrufsfrist nicht an zu laufen. Dass die Wertersatzpflicht des Verbrauchers auch noch von einer einwandfreien Belehrung abhängen soll, war vom Gesetzgeber nicht gewollt (Herresthal, ZIP 2019, 49, 52).
79Teilweise wird angenommen, dass die Pflicht zum Wertersatz schon beim kleinsten Belehrungsmangel entfällt (AG Dülmen, Urteil vom 13.03.2018, 3 C 282/17; MüKo/Fritsche, § 357 BGB, Rn. 35). Dem ist jedoch insbesondere bei verbundenen Geschäften, bei denen § 357 Abs. 7 über § 358 Abs. 4 S. 1 BGB zur Anwendung kommt, nicht zu folgen (BeckOGK/Mörsdorf, § 357 BGB, Rn. 74; MüKo/Fritsche, § 357 BGB, Rn. 35, der auf Nordholtz/Bleckwenn, NJW 2017, 2497, 2498 ff. verweist).
80Dahinstehen kann, ob die Belehrung nach § 357 Abs. 7 BGB einen Hinweis auf die Wertersatzpflicht des Verbrauchers erfordert. Hier hat die Beklagte in ihrer Widerrufsinformation unter Spiegelstrich 3 der „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ darauf hingewiesen, dass wenn der Kreditnehmer die aufgrund des verbundenen Vertrags überlassene Sache nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren kann, er insoweit ggf. Wertersatz zu leisten hat. Diese Formulierung entspricht dem Gestaltungshinweis 6c der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Musterwiderrufsbelehrung. Es wurde lediglich der Zusatz „ggf.“ hinzugefügt, was unschädlich ist. Dieser Zusatz stellt noch einmal klar, dass Wertersatz nur zu leisten ist, wenn der Gegenstand tatsächlich an Wert verloren hat. Verwendet der Unternehmer den Text des Gestaltungshinweises, genügt die Belehrung den gesetzlichen Anforderungen (Palandt/Grüneberg, 79. Auflage 2020, § 357 BGB, Rn. 10).
81V.
82Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
83Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
84Der Streitwert wird auf 24.470,40 EUR festgesetzt.
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