Urteil vom Landgericht Stuttgart - 26 O 178/12

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 16.000,00 Euro nebst 8,5 % Zinsen p.a. aus 6.000,00 Euro ab dem 01.08.2008 und 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - höchstens jedoch 8,5 % Zinsen - p.a. aus 10.000,00 Euro - ab dem 28.12.2010 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 26.112,92 Euro festgesetzt.

Tatbestand

 
Die Kläger machen gegen den Beklagten die Rückzahlung von mehreren Darlehen geltend.
Die Parteien waren untereinander eng befreundet. Das freundschaftliche Band wurde zunächst zwischen dem Kläger Ziff. 2 und dem Beklagten geknüpft. Der Kläger Ziff. 2 war auch der Steuerberater des Beklagten.
Mit Beschluss vom 15.11.2005 wurde über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet, was den Klägern bekannt war. Beim Beklagten bestand ein Grad der Behinderung von 50 %. Die Ehefrau des Beklagten, die Zeugin Angelika O., betrieb eine …-Vertretung mit mehr als fünf Mitarbeitern. Der Beklagte arbeitete im Betrieb mit, wobei dessen Rolle und der Umfang der Tätigkeit zwischen den Parteien streitig sind. Ausbezahlt wurden dem Beklagten maximal 400,00 Euro pro Monat. Im November 2005 erwarb die Ehefrau des Beklagten eine Immobilie, um darauf fremdfinanziert ein Wohnhaus zu errichten. Der Beklagte und seine Ehefrau leben im Güterstand der Gütertrennung.
Im Jahr 2007 verspürte der Beklagte mit seiner Ehefrau einen finanziellen Engpass. Deshalb sprach er zunächst mit dem Kläger Ziff. 2 über die Aufnahme eines Darlehens. Da sich der Kläger Ziff. 2 nicht dazu in der Lage sah, ein Darlehen zu gewähren, wurde die Klägerin Ziff. 1 in die Gespräche einbezogen. Sie war bereit, ihren Kontokorrent-Kredit bei der Bank entsprechend zu erweitern.
Mit schriftlichem Vertrag vom 19.01.2007 gaben die Kläger dem Beklagten und dessen Ehefrau ein Darlehen über 8.000,00 Euro zu einem Zinssatz von 8,5 % Jahreszinsen. Das Darlehen wurde ausbezahlt. In dem Darlehensvertrag wurde vereinbart, dass das Darlehen zunächst bis zum 31.12.2008 gewährt wird und die Kündigung beidseitig mit einer Frist von vier Wochen zum jeweiligen darauf folgenden Monatsende erfolgen kann (Anlage K1).
Von Mai bis Juli 2007 erfolgten Zahlungen in Höhe von insgesamt 5.000,00 Euro. Im August 2007 wurde ein weiterer Darlehensbetrag in Höhe von 3.000,00 Euro ausbezahlt. Unter Verrechnung dieser Beträge valutierte das Darlehen noch in Höhe von 6.000,00 Euro. Hierüber haben die Parteien am 19.08.2007 einen ersten schriftlichen Nachtrag verfasst (Anlage K 2). Weitere Zahlungen wurden darauf nicht entrichtet.
Im Jahr 2009 übernahmen die Kläger gegenüber der V-Bank eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 10.000,00 Euro zur Sicherung eines Darlehens, welches der Ehefrau des Beklagten - nach Vermittlung durch den Kläger Ziff. 2 - gewährt wurde. Bezüglich dieses Vorgangs wurde in einem weiteren - dem zweiten - Nachtrag vom 19.10.2009 zum Darlehensvertrag vom 19.01.2007 (Anlage K3) vereinbart:
„Zum 19.10.2009 wurde ein weiteres Darlehen i.F. einer Bürgschaft gegenüber der V-Bank gewährt. Die Darlehensbedingungen ergeben sich aus o.g. Darlehensvertrag. Solange keine Inanspruchnahme aus o.g. Bürgschaft erfolgt, ist insoweit keine Verzinsung anzusetzen. Des weiteren verringert sich das Darlehen um den Bürgschaftsbetrag bei Rückgewähr der Bürgschaft durch die V-Bank. Der Bürgschaftsbetrag beläuft sich auf EUR 10.000,-.“
Der Darlehensvertrag und die beiden Nachträge wurden jeweils von den Klägern, dem Beklagten und dessen Ehefrau unterzeichnet.
10 
Die Kläger wurden aus dem Bürgschaftsvertrag von der V-Bank in Höhe von 10.000,00 Euro in Anspruch genommen. Die Zahlung erfolgte zum 28.12.2010 (Anlage K4). Auf die geltend gemachten Regressansprüche erfolgte keine Leistung.
11 
Die Kläger beantragen,
12 
den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 16.000,00 Euro nebst 8,5 % Zinsen p.a. aus 6.000,00 Euro ab dem 01.08.2008 und 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. aus 10.000,00 Euro - ab dem 28.12.2010 zu bezahlen.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Der Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, die abgeschlossenen Verträge seien wegen Sittenwidrigkeit nichtig und behauptet,
16 
die Darlehen seien ausschließlich für den finanziellen Bedarf seiner Ehefrau gewährt worden. Sie hätten dazu gedient, ihre Steuerschulden auszugleichen und einen Betriebsmittelkredit abzusichern. Den Klägern seien die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages bekannt gewesen. Daher sei ihnen bewusst gewesen, dass er auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein werde, die Darlehen zurückzahlen zu können. Auf die Frage, warum er mitunterzeichnen solle, habe der Beklagte vom Kläger Ziff. 2 bei Abschluss der Darlehensverträge zur Antwort erhalten, er solle mitunterschreiben, damit er sich nicht deplatziert vorkomme.
17 
Weiter rechnet der Beklagte hilfsweise mit einer Gegenforderung auf, die sich daraus ergebe, dass seine Ehefrau dem Kläger Ziff. 2 im Jahr 1998 einen Betrag in Höhe von 10.000,00 DM und im Jahre 2006 einen weiteren Geldbetrag in Höhe von 5.000,00 Euro für eine Geldanlage in Marokko übergeben habe. Das Geld sei ordnungsgemäß weitergeleitet worden, aber die Ehefrau des Beklagten habe trotzdem keine Gegenleistung zu erhalten. Die Geldanlage sei durch den Kläger Ziff. 2 vermittelt worden, dieser habe dort ebenfalls Geld angelegt. Das Geld sei nur wegen des starken Vertrauensverhältnisses investiert worden. Die Forderung auf Rückzahlung des Geldes habe die Zeugin O. an den Beklagten abgetreten.
18 
Die Kläger behaupten,
19 
das erste Darlehen sei gewährt worden, um die Finanzierung des Hausbaus zu ermöglichen. Die Schwerbehinderung des Beklagten sei den Klägern nicht bekannt gewesen. Die Geschäfte der …-Vertretung seien faktisch vom Beklagten geführt worden. Wegen des Insolvenzverfahrens sei die Konstruktion so gewählt worden, dass die Ehefrau des Beklagten als Inhaberin auftrat. Ferner bestreiten die Kläger, von der Zeugin O. Geld für eine Geldanlage in Marokko entgegengenommen zu haben.
20 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Angelika O.. Die Parteien wurden, soweit sie erschienen waren, in der mündlichen Verhandlung formlos zur Sache angehört.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die zulässige Klage ist begründet.
22 
I. Anspruch auf Zahlung aus dem Nachtrag 1 in Verbindung mit dem Darlehensvertrag vom 19. Januar 2007
23 
1. Die Kläger haben einen Anspruch auf Zahlung von 6.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8,5 % ab dem 01.08.2008 gegen den Beklagten aus § 488 Absatz 1 Satz 2 BGB. Der Darlehensvertrag wurde zwischen den Parteien durch den Nachtrag 1 vom 19.08.2007 (Anlage K 2) in Verbindung mit dem Vertrag vom 19.01.2007 geschlossen.
24 
Der Beklagte ist durch Unterzeichnung des Vertrages „echter Mitdarlehensnehmer“ geworden und nicht bloß Mithaftender (unter 2.). Als Darlehensschuldner kann er nicht den Einwand der Sittenwidrigkeit erheben, der im Übrigen auch nicht durchgreifen würde (unter 3.).
25 
2. Die Qualifizierung der Verpflichtung als Darlehensschuld oder aber als Beitrittsschuld ist davon abhängig, ob der Beklagte als gleichberechtigter Vertragspartner neben seiner Ehefrau einen Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta haben und deshalb gleichgründig zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein sollte, oder aber ob er aus dem Darlehensvertrag keine Rechte haben, sondern den Klägern nur zu Sicherungszwecken in Höhe des offenen Darlehensbetrages haften sollte. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen der Verpflichtung als Mitdarlehensnehmer und der Haftung als Beitretender ist die von den Vertragsparteien tatsächlich gewollte Rechtsfolge (BGH, Urteil vom 23.03.2004, Az. XI ZR 114/03). Der Wille der Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ausgangspunkt ist der Vertragswortlaut sowie die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner (BGH, Urteil vom 23.03.2004, Az. XI ZR 114/03).
26 
Der Wortlaut des Vertrages indiziert den Beklagten als Darlehensnehmer. Für die Stellung des Beklagten als Darlehensnehmer spricht auch sein persönliches Interesse an der Darlehensaufnahme: Dieses hat sich hat sich in seinem Einsatz ausgedrückt, der zur Aufnahme und zum erfolgreichen Abschluss der Gespräche über den Darlehensvertrag führte. Sein Mitwirken war für das Rechtsgeschäft kausal. Wie die Klägerin Ziff. 2 in ihrer persönlichen Anhörung glaubhaft versicherte, hätte sie das Darlehen nicht alleine an die Ehefrau des Beklagten gegeben. Der Beklagte hat somit bei der Darlehensaufnahme eine entscheidende Rolle eingenommen und den Abschluss des Vertrags ermöglicht. Seine Freundschaft zum Kläger Ziff. 2 war für die Kläger ausschlaggebendes Motiv für das Darlehen.
27 
Unter diesen Umständen ist nicht erheblich, ob seine streitige Behauptung zutrifft, dass das Darlehen für die Zwecke seiner Ehefrau dienen sollte. Zwar kann für die Frage, ob der Beklagte ein echter Mitdarlehensnehmer ist, auch ein Gesichtspunkt sein, inwieweit er als im Wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden durfte. Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschließlich nach den Verhältnissen aufseiten der Mitdarlehensnehmer (BGH, Urteil vom 04.12.2001, Az. XI ZR 56/01). Diese Umstände müssen allerdings dem Vertragspartner erkennbar gewesen sein (§§ 133, 157 BGB). Durch seine prägende Rolle in der Vertragsanbahnung, durch sein persönliches Interesse an dem Darlehen und durch den freundschaftlichen Zweck des Darlehens war demgegenüber dem Beklagten selbst erkennbar, dass die Kläger ihn als gleichwertigen Vertragspartner ansehen würden. Hinzu kommt, dass die Kläger den Beklagten und seine Ehefrau offenbar als wirtschaftliche Einheit betrachtet haben, auch wenn die Vermögen juristisch getrennt waren. Demzufolge blieb die Frage, ob das Darlehen ausschließlich dem Vermögen der Ehefrau diente, in den Vertragsverhandlungen von untergeordneter Bedeutung.
28 
3. a) Der Beklagte kann gegen die Forderung nicht einwenden, dass der Darlehensvertrag nichtig sei, weil er gegen die guten Sitten verstoße.
29 
Ausgehend von der Qualifizierung des Beklagten als Mitdarlehensnehmer kommt ein Verstoß des Darlehensvertrages gegen die guten Sitten wegen krasser finanzieller Überforderung von vornherein nicht in Betracht. Aufgrund der Vertragsfreiheit ist es grundsätzlich jedem Volljährigen unbenommen, in eigener Verantwortung Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die ihn finanziell überfordern und von ihm notfalls nur unter dauernder Inanspruchnahme auch des pfändungsfreien Einkommens erbracht werden können (BGH, Urteil vom 23.03.2004, Az. XI ZR 114/03).
30 
b) Das Rechtsgeschäft wäre aber selbst dann nicht sittenwidrig nichtig, wenn der Beklagte nicht als echter Darlehensnehmer, sondern als Mithaftender anzusehen wäre.
31 
c) Ein Rechtsgeschäft ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Die Norm schützt den Schwächeren davor, unter dem Zwang der Verhältnisse rechtliche Bindungen einzugehen, die er unter normalen Umständen nicht eingegangen wäre (Nassall in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 138 BGB Rn. 7). Bei der Würdigung der Umstände sind nicht nur der objektive Inhalt des Geschäfts, sondern auch die Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben, und die von den Parteien verfolgten Absichten und Beweggründe zusammenfassend zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 10.10.1997, Az. V ZR 74/96). Das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit und eine Schädigungsabsicht sind nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt (BGH, Urteil vom 27.01.1988, Az. VIII ZR 155/87).
32 
d) Jedoch macht der Umstand allein, dass der Ehepartner eine Mithaftung eingegangen ist, die ihn finanziell überfordert, das Rechtsgeschäft nicht sittenwidrig. Vielmehr müssen Umstände hinzukommen, durch die ein unerträgliches Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern hervorgerufen wird, welches die Verpflichtung des Mithaftenden auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Gläubigers rechtlich nicht mehr hinnehmbar erscheinen lässt. Entsprechende Voraussetzungen sind insbesondere dann gegeben, wenn die Entscheidungsfreiheit des Mithaftenden in rechtlich anstößiger Weise beeinträchtigt wurde und der Gläubiger sich dies zurechnen lassen muss (BGH, Urteil vom 18.09.1997, Az. IX ZR 283/96). Eine sittenwidrig krasse Überforderung ist zu vermuten, wenn der Mithaftende voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass der dem Hauptschuldner persönlich nahestehende Mithaftende die für ihn ruinöse Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (BGH, Urteil vom 28.05.2002, Az. XI ZR 205/01). Eine Sittenwidrigkeit kann auch dadurch begründet sein, dass das Haftungsrisiko des Ehegatten verharmlost wird (BGH, Urteil vom 28.05.2002, Az. XI ZR 199/01).
33 
e) Der Beklagte trägt vor, er sei bekanntermaßen in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt gewesen und wegen seines Geringverdienstes von 400,00 Euro im Monat auf unabsehbare Zeit nicht in der Lage, wenigstens die Zinsen des Darlehens zu bezahlen. Zudem sei er zur Mitunterzeichnung aufgefordert worden, damit er sich nicht deplatziert vorkomme. Ob dieser - bestrittene - Vortrag zutrifft, kann dahinstehen.
34 
f) Denn auch wenn unter bestimmten Voraussetzungen zu vermuten wäre, dass der Ehegatte sich auf die Verpflichtung nur aufgrund emotionaler Bindung an den Hauptschuldner eingelassen und der Gläubiger das in verwerflicher Weise ausgenutzt hat, so betrifft dies jedenfalls nicht die Fälle, in denen das Mithaftungsbegehren auf einer die Interessen beider Vertragsteile hinreichend berücksichtigenden Abwägung beruht (BGH, Urteil vom 06.10.1998, Az. XI ZR 244/97). So liegt der Fall hier:
35 
aa) Die Kläger haben nicht im gewerblichen Bereich gehandelt, sondern das Darlehen aus freundschaftlicher Verbundenheit gewährt. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall von den Fällen, die in der Rechtsprechung zur Entwicklung der Grundsätze zur Sittenwidrigkeit der Mithaftung von Ehegatten geführt haben. In jenen Fällen wurden die Darlehen durch Kreditinstitute ausgegeben, die rein geschäftliche Interessen verfolgen.
36 
bb) Das Darlehen wurde insbesondere auf Grund der Freundschaft des Klägers Ziff. 1 zum Beklagten gewährt. Der Beklagte hat den Abschluss des Darlehensvertrages entscheidend unterstützt, indem er zunächst mit dem Kläger Ziff. 2 und anschließend mit der Klägerin Ziff. 1 Gespräche geführt hat. Dies ergaben die übereinstimmenden Angaben der Parteien in ihrer persönlichen Anhörung sowie die Angaben der Zeugin O..
37 
Im vorliegenden Fall musste die Klägerin Ziff. 2 die erforderlichen Mittel erst durch eine Erweiterung ihres Bankkredits beschaffen. Bei einer Fremdfinanzierung sind die Folgen eines Zahlungsausfalls besonders schwerwiegend. Wie die Anhörung der Klägerin Ziff. 2 in der mündlichen Verhandlung ergab, sollte die Hilfe gewährt werden, weil die Kläger den Beklagten in Not sahen. Sie hatten Kenntnis von dem über sein Vermögen eröffneten Insolvenzverfahren. Zudem haben sie offenbar den Beklagten und dessen Ehefrau als wirtschaftliche Einheit betrachtet, auch wenn die Vermögen juristisch getrennt waren. Denn die Klägerin Ziff. 2 versicherte glaubhaft, dass sie das Darlehen der Zeugin O. alleine nicht gewährt hätte.
38 
Durch diese Umstände hat der Beklagte die Kläger bewegt, das Darlehen zu gewähren. Unter diesen Gesichtspunkten ist es aber auch nicht verwerflich, wenn die Kläger den Beklagten zur Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages auffordern.
39 
Sittenwidriges Handeln ist schon begrifflich ausgeschlossen, wenn - wie hier - ein Darlehen an ein befreundetes Ehepaar gewährt wird, um diesem Ehepaar in einer von beiden als bedrückend empfundenen finanziellen Notlage zu helfen. Jede andere Wertung würde dazu führen, dass Darlehensgeber selbst bei größter freundschaftlicher Verbundenheit von einer finanziellen Hilfe in Form eines Darlehens Abstand nehmen würden, da eine Rückzahlung des Darlehens wegen des Einwands der Sittenwidrigkeit nicht durchgesetzt werden könnte.
40 
4. Das Darlehen wurde auch ausbezahlt. Aus Ziffer 2 des Darlehensvertrags vom 19.01.2007 ergibt sich die Pflicht zur Verzinsung des Darlehens in Höhe von 8,5 %. Aus Ziffer 5 folgt die bereits eingetretene Fälligkeit der Rückzahlung seit 31.12.2008.
41 
II. Anspruch auf Zahlung von 10.000,00 Euro aus dem Nachtrag 2 zum Darlehensvertrag
42 
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen weiteren Anspruch in Höhe von 10.000,00 Euro aus § 675 BGB in Verbindung mit § 670 BGB und dem zweiten Nachtrag vom 19.10.2009 (Anlage K 3) zum Darlehensvertrag vom 19.01.2007.
43 
Der Beklagte hat gemeinsam mit seiner Ehefrau den Klägern den unentgeltlichen Auftrag gegeben, gegenüber der V-Bank eine Bürgschaftserklärung zur Absicherung eines Kredits seiner Ehefrau über 10.000,00 Euro abzugeben. Dieses Vertragsverhältnis ist als entgeltliche Geschäftsbesorgung im Sinne von § 675 BGB zu qualifizieren. Die Sicherung des Darlehens durch eine Bürgschaft stellt eine Geschäftsbesorgung dar. Als Entgelt wurde zwischen den Parteien eine Verzinsung ab dem Zeitpunkt der Leistung auf die Bürgschaft vereinbart. An der Qualifizierung als entgeltliche Geschäftsbesorgung ändert sich nichts durch die Bezeichnung der Parteien als „Darlehen“ in der Anlage K3. Hier wurde kein Darlehen im Sinne von § 488 BGB gewährt, da dies vorausgesetzt hätte, dass dem Darlehensnehmer unmittelbar der Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird.
44 
Ungeachtet dessen, dass die Bürgschaft nicht zur Absicherung eines eigenen Kredits diente, ist der Beklagte als Auftraggeber anzusehen. Dies dokumentiert seine prägende Rolle beim Zustandekommen des Auftrags sowie seine Unterschrift unter den Nachtrag 2 zum Darlehensvertrag. Für die Annahme einer sittenwidrigen Mithaftung des Beklagten ist kein Raum. Auf die Ausführungen unter I. 2 und I. 3 wird verwiesen.
45 
Gemäß § 670 BGB, auf den § 675 BGB verweist, ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet, wenn der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen macht, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf. Nachdem der Kredit notleidend wurde, zahlten die Kläger aufgrund ihrer Bürgschaftsverpflichtung am 28.12.2010 einen Betrag von 10.000,00 Euro an die V-Bank als Gläubigerin der Hauptforderung. Dies stellt eine Aufwendung dar, die nach § 670 BGB ersatzfähig ist.
46 
Der zugesprochene Zinsanspruch folgt aus dem zweiten Nachtrag vom 19.10.2009 (Anlage K 3). Danach sollte bis zur Zahlung auf die Bürgschaft kein Zins bezahlt werden und ab der Zahlung - dem 28.12.2010 - der in dem Darlehensvertrag vom 19.01.2007 benannte Zinssatz, also 8,5 % (Anlage K 1, Ziffer 2). Die Kläger haben einen Zins in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beantragt. Der Basiszinssatz lag, dies ist eine offenkundige Tatsache, seit dem 28.12.2010 zwischen 0,12 % und 0,37 %. Das Gericht ist gemäß § 308 Absatz 1 Satz 2 ZPO an den Antrag gebunden ist, andererseits - für den Fall, dass der Basiszinssatz über 3,5 % ansteigt - war der zugesprochene Zins im Höchstwert auf die vertragliche Vereinbarung zu begrenzen.
47 
III. Hilfsaufrechnung
48 
Der Beklagte hat einen Anspruch gegen den Kläger Ziff. 2 auf Rückzahlung von 10.000,00 DM (5.112,92 Euro) und weiteren 5.000,00 Euro hilfsweise zur Aufrechnung gestellt, wobei die Erfüllungswirkung gemäß §§ 428, 429 Absatz 3, § 422 Absatz 1 Satz 2 BGB auch im Verhältnis zur Klägerin Ziff. 1 eintreten würde.
49 
1. Dabei kann offenbleiben, ob die streitigen Behauptungen des Beklagten zutreffen, die die angeblich an ihn abgetretenen Ansprüche seiner Ehefrau begründen sollen. Diese Ansprüche sind nicht schlüssig.
50 
2. Ein Anspruch gegen den Kläger Ziff. 2 könnte sich allenfalls als Haftung aus § 311 Absatz 3 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 280 Absatz 1 BGB und § 241 Absatz 2 BGB ergeben.
51 
§ 311 Absatz 3 Satz 2 BGB setzt für ein Schuldverhältnis zu einem Dritten voraus, dass dieser in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Das Vertrauen muss über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehen, das bei Anbahnung von Geschäftsbeziehungen immer gegeben ist oder gegeben sein sollte. Nur dann, wenn der Vertreter dem Verhandlungspartner eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für den Bestand und die Erfüllung des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäfts geboten hat, die für die Willensentscheidung des anderen Teils bedeutsam war, ist es gerechtfertigt, eine persönliche Vertrauenshaftung des Vertreters anzunehmen (BGH, Urteil vom 11.10.1988, Az. X ZR 57/87). Die von der Rechtsprechung herausgebildeten Fallgruppen verbindet, dass der Vertreter für den Verhandlungspartner in besonderem Maße Sachkunde und Zuverlässigkeit verkörpert, und der Verhandlungspartner auf das Vertrauen darauf angewiesen ist, weil er nicht über ausreichende eigene Sachkunde verfügt und den eigentlichen Geschäftsherrn nicht kennt oder jedenfalls nicht mit ihm in Berührung kommt (BGH a.a.O.). Setzt der Vertretene bei der Anbahnung von Verträgen einen Erfüllungsgehilfen ein, gilt folgendes: Die Annahme, der Erfüllungsgehilfe habe Vertrauen für sich und nicht für seinen Geschäftsherrn in Anspruch genommen, lässt sich grundsätzlich nur rechtfertigen, wenn jener nicht nur auf seine besondere Sachkunde verweist, sondern dem Kunden zusätzlich in zurechenbarer Weise den Eindruck vermittelt, er werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn der Kunde dem Geschäftsherrn nicht oder nur wenig vertraut oder sein Verhandlungsvertrauen sich als nicht gerechtfertigt erweist (BGH, Urteil vom 03.10.1989, Az. XI ZR 157/88).
52 
3. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass zwischen der Ehefrau des Beklagten, der Zeugin O., und dem Kläger Ziff. 2 eine enge persönliche Vertrauensbeziehung - auch in Bezug auf finanzielle Angelegenheiten - bestand. So sie tatsächlich im Jahr 1998 einen Betrag von 10.000 DM und im Jahr 2006 einen weiteren Betrag von 5.000 Euro angelegt haben sollte - was dahingestellt bleiben kann - wäre dies auf Empfehlung und Vermittlung durch den Kläger Ziff. 2 erfolgt. Zudem gab die Zeugin O. an, dass der Kläger Ziff. 2 selbst in die Hotelanlage investiert hat, die von einem Dritten, Herrn H., erstellt werden sollte. Diesem habe der Kläger Ziff. 2 abredegemäß das Geld weitergeleitet. Die Hotelanlage sei aber bis heute noch nicht im Bau.
53 
4. Die von der Zeugin bekundeten Umstände begründen keine Haftung gemäß § 311 Absatz 3 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 280 Absatz 1, § 241 Absatz 2 BGB.
54 
Zum einen ist nicht erkennbar, dass der Kläger Ziff. 2 den Eindruck vermittelt haben könnte, er werde mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn das Vertrauen in den Geschäftspartner - Herrn H. - enttäuscht würde. Ein solches Vertrauen könnte nicht schon dadurch begründet werden, dass die Geldanlage empfohlen, der Kontakt vermittelt und Geld weitergeleitet wird. Daran ändert auch nichts, wenn der Kläger Ziff. 2 selbst Geld bei Herrn H. angelegt haben sollte. Es ist nämlich nicht ersichtlich, weshalb der Kläger Ziff. 2 eine bessere Kenntnis über die Erfolgsaussichten der Geldanlage gehabt haben soll als die Zeugin O. selbst. Wie sie selbst bekundete, sind sowohl der Beklagte als auch sie selbst nach Marokko gefahren, um Bekanntschaft mit Herrn H. zu schließen und sich näher über die Geldanlage zu informieren.
55 
IV. Nebenentscheidungen
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO in Verbindung mit § 92 Absatz 2 Nummer 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und Satz 2. Der Streitwert wird gemäß § 3 ZPO festgesetzt, dabei wirkt die zur Aufrechnung gestellte Forderung, insgesamt 10.112,92 Euro, streitwerterhöhend (§ 45 Absatz 1 Satz 2 GKG).

Gründe

 
21 
Die zulässige Klage ist begründet.
22 
I. Anspruch auf Zahlung aus dem Nachtrag 1 in Verbindung mit dem Darlehensvertrag vom 19. Januar 2007
23 
1. Die Kläger haben einen Anspruch auf Zahlung von 6.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8,5 % ab dem 01.08.2008 gegen den Beklagten aus § 488 Absatz 1 Satz 2 BGB. Der Darlehensvertrag wurde zwischen den Parteien durch den Nachtrag 1 vom 19.08.2007 (Anlage K 2) in Verbindung mit dem Vertrag vom 19.01.2007 geschlossen.
24 
Der Beklagte ist durch Unterzeichnung des Vertrages „echter Mitdarlehensnehmer“ geworden und nicht bloß Mithaftender (unter 2.). Als Darlehensschuldner kann er nicht den Einwand der Sittenwidrigkeit erheben, der im Übrigen auch nicht durchgreifen würde (unter 3.).
25 
2. Die Qualifizierung der Verpflichtung als Darlehensschuld oder aber als Beitrittsschuld ist davon abhängig, ob der Beklagte als gleichberechtigter Vertragspartner neben seiner Ehefrau einen Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta haben und deshalb gleichgründig zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein sollte, oder aber ob er aus dem Darlehensvertrag keine Rechte haben, sondern den Klägern nur zu Sicherungszwecken in Höhe des offenen Darlehensbetrages haften sollte. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen der Verpflichtung als Mitdarlehensnehmer und der Haftung als Beitretender ist die von den Vertragsparteien tatsächlich gewollte Rechtsfolge (BGH, Urteil vom 23.03.2004, Az. XI ZR 114/03). Der Wille der Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ausgangspunkt ist der Vertragswortlaut sowie die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner (BGH, Urteil vom 23.03.2004, Az. XI ZR 114/03).
26 
Der Wortlaut des Vertrages indiziert den Beklagten als Darlehensnehmer. Für die Stellung des Beklagten als Darlehensnehmer spricht auch sein persönliches Interesse an der Darlehensaufnahme: Dieses hat sich hat sich in seinem Einsatz ausgedrückt, der zur Aufnahme und zum erfolgreichen Abschluss der Gespräche über den Darlehensvertrag führte. Sein Mitwirken war für das Rechtsgeschäft kausal. Wie die Klägerin Ziff. 2 in ihrer persönlichen Anhörung glaubhaft versicherte, hätte sie das Darlehen nicht alleine an die Ehefrau des Beklagten gegeben. Der Beklagte hat somit bei der Darlehensaufnahme eine entscheidende Rolle eingenommen und den Abschluss des Vertrags ermöglicht. Seine Freundschaft zum Kläger Ziff. 2 war für die Kläger ausschlaggebendes Motiv für das Darlehen.
27 
Unter diesen Umständen ist nicht erheblich, ob seine streitige Behauptung zutrifft, dass das Darlehen für die Zwecke seiner Ehefrau dienen sollte. Zwar kann für die Frage, ob der Beklagte ein echter Mitdarlehensnehmer ist, auch ein Gesichtspunkt sein, inwieweit er als im Wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden durfte. Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschließlich nach den Verhältnissen aufseiten der Mitdarlehensnehmer (BGH, Urteil vom 04.12.2001, Az. XI ZR 56/01). Diese Umstände müssen allerdings dem Vertragspartner erkennbar gewesen sein (§§ 133, 157 BGB). Durch seine prägende Rolle in der Vertragsanbahnung, durch sein persönliches Interesse an dem Darlehen und durch den freundschaftlichen Zweck des Darlehens war demgegenüber dem Beklagten selbst erkennbar, dass die Kläger ihn als gleichwertigen Vertragspartner ansehen würden. Hinzu kommt, dass die Kläger den Beklagten und seine Ehefrau offenbar als wirtschaftliche Einheit betrachtet haben, auch wenn die Vermögen juristisch getrennt waren. Demzufolge blieb die Frage, ob das Darlehen ausschließlich dem Vermögen der Ehefrau diente, in den Vertragsverhandlungen von untergeordneter Bedeutung.
28 
3. a) Der Beklagte kann gegen die Forderung nicht einwenden, dass der Darlehensvertrag nichtig sei, weil er gegen die guten Sitten verstoße.
29 
Ausgehend von der Qualifizierung des Beklagten als Mitdarlehensnehmer kommt ein Verstoß des Darlehensvertrages gegen die guten Sitten wegen krasser finanzieller Überforderung von vornherein nicht in Betracht. Aufgrund der Vertragsfreiheit ist es grundsätzlich jedem Volljährigen unbenommen, in eigener Verantwortung Geschäfte abzuschließen und sich zu Leistungen zu verpflichten, die ihn finanziell überfordern und von ihm notfalls nur unter dauernder Inanspruchnahme auch des pfändungsfreien Einkommens erbracht werden können (BGH, Urteil vom 23.03.2004, Az. XI ZR 114/03).
30 
b) Das Rechtsgeschäft wäre aber selbst dann nicht sittenwidrig nichtig, wenn der Beklagte nicht als echter Darlehensnehmer, sondern als Mithaftender anzusehen wäre.
31 
c) Ein Rechtsgeschäft ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Die Norm schützt den Schwächeren davor, unter dem Zwang der Verhältnisse rechtliche Bindungen einzugehen, die er unter normalen Umständen nicht eingegangen wäre (Nassall in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 138 BGB Rn. 7). Bei der Würdigung der Umstände sind nicht nur der objektive Inhalt des Geschäfts, sondern auch die Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben, und die von den Parteien verfolgten Absichten und Beweggründe zusammenfassend zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 10.10.1997, Az. V ZR 74/96). Das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit und eine Schädigungsabsicht sind nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt (BGH, Urteil vom 27.01.1988, Az. VIII ZR 155/87).
32 
d) Jedoch macht der Umstand allein, dass der Ehepartner eine Mithaftung eingegangen ist, die ihn finanziell überfordert, das Rechtsgeschäft nicht sittenwidrig. Vielmehr müssen Umstände hinzukommen, durch die ein unerträgliches Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern hervorgerufen wird, welches die Verpflichtung des Mithaftenden auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Gläubigers rechtlich nicht mehr hinnehmbar erscheinen lässt. Entsprechende Voraussetzungen sind insbesondere dann gegeben, wenn die Entscheidungsfreiheit des Mithaftenden in rechtlich anstößiger Weise beeinträchtigt wurde und der Gläubiger sich dies zurechnen lassen muss (BGH, Urteil vom 18.09.1997, Az. IX ZR 283/96). Eine sittenwidrig krasse Überforderung ist zu vermuten, wenn der Mithaftende voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass der dem Hauptschuldner persönlich nahestehende Mithaftende die für ihn ruinöse Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (BGH, Urteil vom 28.05.2002, Az. XI ZR 205/01). Eine Sittenwidrigkeit kann auch dadurch begründet sein, dass das Haftungsrisiko des Ehegatten verharmlost wird (BGH, Urteil vom 28.05.2002, Az. XI ZR 199/01).
33 
e) Der Beklagte trägt vor, er sei bekanntermaßen in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt gewesen und wegen seines Geringverdienstes von 400,00 Euro im Monat auf unabsehbare Zeit nicht in der Lage, wenigstens die Zinsen des Darlehens zu bezahlen. Zudem sei er zur Mitunterzeichnung aufgefordert worden, damit er sich nicht deplatziert vorkomme. Ob dieser - bestrittene - Vortrag zutrifft, kann dahinstehen.
34 
f) Denn auch wenn unter bestimmten Voraussetzungen zu vermuten wäre, dass der Ehegatte sich auf die Verpflichtung nur aufgrund emotionaler Bindung an den Hauptschuldner eingelassen und der Gläubiger das in verwerflicher Weise ausgenutzt hat, so betrifft dies jedenfalls nicht die Fälle, in denen das Mithaftungsbegehren auf einer die Interessen beider Vertragsteile hinreichend berücksichtigenden Abwägung beruht (BGH, Urteil vom 06.10.1998, Az. XI ZR 244/97). So liegt der Fall hier:
35 
aa) Die Kläger haben nicht im gewerblichen Bereich gehandelt, sondern das Darlehen aus freundschaftlicher Verbundenheit gewährt. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall von den Fällen, die in der Rechtsprechung zur Entwicklung der Grundsätze zur Sittenwidrigkeit der Mithaftung von Ehegatten geführt haben. In jenen Fällen wurden die Darlehen durch Kreditinstitute ausgegeben, die rein geschäftliche Interessen verfolgen.
36 
bb) Das Darlehen wurde insbesondere auf Grund der Freundschaft des Klägers Ziff. 1 zum Beklagten gewährt. Der Beklagte hat den Abschluss des Darlehensvertrages entscheidend unterstützt, indem er zunächst mit dem Kläger Ziff. 2 und anschließend mit der Klägerin Ziff. 1 Gespräche geführt hat. Dies ergaben die übereinstimmenden Angaben der Parteien in ihrer persönlichen Anhörung sowie die Angaben der Zeugin O..
37 
Im vorliegenden Fall musste die Klägerin Ziff. 2 die erforderlichen Mittel erst durch eine Erweiterung ihres Bankkredits beschaffen. Bei einer Fremdfinanzierung sind die Folgen eines Zahlungsausfalls besonders schwerwiegend. Wie die Anhörung der Klägerin Ziff. 2 in der mündlichen Verhandlung ergab, sollte die Hilfe gewährt werden, weil die Kläger den Beklagten in Not sahen. Sie hatten Kenntnis von dem über sein Vermögen eröffneten Insolvenzverfahren. Zudem haben sie offenbar den Beklagten und dessen Ehefrau als wirtschaftliche Einheit betrachtet, auch wenn die Vermögen juristisch getrennt waren. Denn die Klägerin Ziff. 2 versicherte glaubhaft, dass sie das Darlehen der Zeugin O. alleine nicht gewährt hätte.
38 
Durch diese Umstände hat der Beklagte die Kläger bewegt, das Darlehen zu gewähren. Unter diesen Gesichtspunkten ist es aber auch nicht verwerflich, wenn die Kläger den Beklagten zur Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages auffordern.
39 
Sittenwidriges Handeln ist schon begrifflich ausgeschlossen, wenn - wie hier - ein Darlehen an ein befreundetes Ehepaar gewährt wird, um diesem Ehepaar in einer von beiden als bedrückend empfundenen finanziellen Notlage zu helfen. Jede andere Wertung würde dazu führen, dass Darlehensgeber selbst bei größter freundschaftlicher Verbundenheit von einer finanziellen Hilfe in Form eines Darlehens Abstand nehmen würden, da eine Rückzahlung des Darlehens wegen des Einwands der Sittenwidrigkeit nicht durchgesetzt werden könnte.
40 
4. Das Darlehen wurde auch ausbezahlt. Aus Ziffer 2 des Darlehensvertrags vom 19.01.2007 ergibt sich die Pflicht zur Verzinsung des Darlehens in Höhe von 8,5 %. Aus Ziffer 5 folgt die bereits eingetretene Fälligkeit der Rückzahlung seit 31.12.2008.
41 
II. Anspruch auf Zahlung von 10.000,00 Euro aus dem Nachtrag 2 zum Darlehensvertrag
42 
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen weiteren Anspruch in Höhe von 10.000,00 Euro aus § 675 BGB in Verbindung mit § 670 BGB und dem zweiten Nachtrag vom 19.10.2009 (Anlage K 3) zum Darlehensvertrag vom 19.01.2007.
43 
Der Beklagte hat gemeinsam mit seiner Ehefrau den Klägern den unentgeltlichen Auftrag gegeben, gegenüber der V-Bank eine Bürgschaftserklärung zur Absicherung eines Kredits seiner Ehefrau über 10.000,00 Euro abzugeben. Dieses Vertragsverhältnis ist als entgeltliche Geschäftsbesorgung im Sinne von § 675 BGB zu qualifizieren. Die Sicherung des Darlehens durch eine Bürgschaft stellt eine Geschäftsbesorgung dar. Als Entgelt wurde zwischen den Parteien eine Verzinsung ab dem Zeitpunkt der Leistung auf die Bürgschaft vereinbart. An der Qualifizierung als entgeltliche Geschäftsbesorgung ändert sich nichts durch die Bezeichnung der Parteien als „Darlehen“ in der Anlage K3. Hier wurde kein Darlehen im Sinne von § 488 BGB gewährt, da dies vorausgesetzt hätte, dass dem Darlehensnehmer unmittelbar der Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird.
44 
Ungeachtet dessen, dass die Bürgschaft nicht zur Absicherung eines eigenen Kredits diente, ist der Beklagte als Auftraggeber anzusehen. Dies dokumentiert seine prägende Rolle beim Zustandekommen des Auftrags sowie seine Unterschrift unter den Nachtrag 2 zum Darlehensvertrag. Für die Annahme einer sittenwidrigen Mithaftung des Beklagten ist kein Raum. Auf die Ausführungen unter I. 2 und I. 3 wird verwiesen.
45 
Gemäß § 670 BGB, auf den § 675 BGB verweist, ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet, wenn der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen macht, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf. Nachdem der Kredit notleidend wurde, zahlten die Kläger aufgrund ihrer Bürgschaftsverpflichtung am 28.12.2010 einen Betrag von 10.000,00 Euro an die V-Bank als Gläubigerin der Hauptforderung. Dies stellt eine Aufwendung dar, die nach § 670 BGB ersatzfähig ist.
46 
Der zugesprochene Zinsanspruch folgt aus dem zweiten Nachtrag vom 19.10.2009 (Anlage K 3). Danach sollte bis zur Zahlung auf die Bürgschaft kein Zins bezahlt werden und ab der Zahlung - dem 28.12.2010 - der in dem Darlehensvertrag vom 19.01.2007 benannte Zinssatz, also 8,5 % (Anlage K 1, Ziffer 2). Die Kläger haben einen Zins in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beantragt. Der Basiszinssatz lag, dies ist eine offenkundige Tatsache, seit dem 28.12.2010 zwischen 0,12 % und 0,37 %. Das Gericht ist gemäß § 308 Absatz 1 Satz 2 ZPO an den Antrag gebunden ist, andererseits - für den Fall, dass der Basiszinssatz über 3,5 % ansteigt - war der zugesprochene Zins im Höchstwert auf die vertragliche Vereinbarung zu begrenzen.
47 
III. Hilfsaufrechnung
48 
Der Beklagte hat einen Anspruch gegen den Kläger Ziff. 2 auf Rückzahlung von 10.000,00 DM (5.112,92 Euro) und weiteren 5.000,00 Euro hilfsweise zur Aufrechnung gestellt, wobei die Erfüllungswirkung gemäß §§ 428, 429 Absatz 3, § 422 Absatz 1 Satz 2 BGB auch im Verhältnis zur Klägerin Ziff. 1 eintreten würde.
49 
1. Dabei kann offenbleiben, ob die streitigen Behauptungen des Beklagten zutreffen, die die angeblich an ihn abgetretenen Ansprüche seiner Ehefrau begründen sollen. Diese Ansprüche sind nicht schlüssig.
50 
2. Ein Anspruch gegen den Kläger Ziff. 2 könnte sich allenfalls als Haftung aus § 311 Absatz 3 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 280 Absatz 1 BGB und § 241 Absatz 2 BGB ergeben.
51 
§ 311 Absatz 3 Satz 2 BGB setzt für ein Schuldverhältnis zu einem Dritten voraus, dass dieser in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Das Vertrauen muss über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehen, das bei Anbahnung von Geschäftsbeziehungen immer gegeben ist oder gegeben sein sollte. Nur dann, wenn der Vertreter dem Verhandlungspartner eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für den Bestand und die Erfüllung des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäfts geboten hat, die für die Willensentscheidung des anderen Teils bedeutsam war, ist es gerechtfertigt, eine persönliche Vertrauenshaftung des Vertreters anzunehmen (BGH, Urteil vom 11.10.1988, Az. X ZR 57/87). Die von der Rechtsprechung herausgebildeten Fallgruppen verbindet, dass der Vertreter für den Verhandlungspartner in besonderem Maße Sachkunde und Zuverlässigkeit verkörpert, und der Verhandlungspartner auf das Vertrauen darauf angewiesen ist, weil er nicht über ausreichende eigene Sachkunde verfügt und den eigentlichen Geschäftsherrn nicht kennt oder jedenfalls nicht mit ihm in Berührung kommt (BGH a.a.O.). Setzt der Vertretene bei der Anbahnung von Verträgen einen Erfüllungsgehilfen ein, gilt folgendes: Die Annahme, der Erfüllungsgehilfe habe Vertrauen für sich und nicht für seinen Geschäftsherrn in Anspruch genommen, lässt sich grundsätzlich nur rechtfertigen, wenn jener nicht nur auf seine besondere Sachkunde verweist, sondern dem Kunden zusätzlich in zurechenbarer Weise den Eindruck vermittelt, er werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn der Kunde dem Geschäftsherrn nicht oder nur wenig vertraut oder sein Verhandlungsvertrauen sich als nicht gerechtfertigt erweist (BGH, Urteil vom 03.10.1989, Az. XI ZR 157/88).
52 
3. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass zwischen der Ehefrau des Beklagten, der Zeugin O., und dem Kläger Ziff. 2 eine enge persönliche Vertrauensbeziehung - auch in Bezug auf finanzielle Angelegenheiten - bestand. So sie tatsächlich im Jahr 1998 einen Betrag von 10.000 DM und im Jahr 2006 einen weiteren Betrag von 5.000 Euro angelegt haben sollte - was dahingestellt bleiben kann - wäre dies auf Empfehlung und Vermittlung durch den Kläger Ziff. 2 erfolgt. Zudem gab die Zeugin O. an, dass der Kläger Ziff. 2 selbst in die Hotelanlage investiert hat, die von einem Dritten, Herrn H., erstellt werden sollte. Diesem habe der Kläger Ziff. 2 abredegemäß das Geld weitergeleitet. Die Hotelanlage sei aber bis heute noch nicht im Bau.
53 
4. Die von der Zeugin bekundeten Umstände begründen keine Haftung gemäß § 311 Absatz 3 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 280 Absatz 1, § 241 Absatz 2 BGB.
54 
Zum einen ist nicht erkennbar, dass der Kläger Ziff. 2 den Eindruck vermittelt haben könnte, er werde mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn das Vertrauen in den Geschäftspartner - Herrn H. - enttäuscht würde. Ein solches Vertrauen könnte nicht schon dadurch begründet werden, dass die Geldanlage empfohlen, der Kontakt vermittelt und Geld weitergeleitet wird. Daran ändert auch nichts, wenn der Kläger Ziff. 2 selbst Geld bei Herrn H. angelegt haben sollte. Es ist nämlich nicht ersichtlich, weshalb der Kläger Ziff. 2 eine bessere Kenntnis über die Erfolgsaussichten der Geldanlage gehabt haben soll als die Zeugin O. selbst. Wie sie selbst bekundete, sind sowohl der Beklagte als auch sie selbst nach Marokko gefahren, um Bekanntschaft mit Herrn H. zu schließen und sich näher über die Geldanlage zu informieren.
55 
IV. Nebenentscheidungen
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO in Verbindung mit § 92 Absatz 2 Nummer 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und Satz 2. Der Streitwert wird gemäß § 3 ZPO festgesetzt, dabei wirkt die zur Aufrechnung gestellte Forderung, insgesamt 10.112,92 Euro, streitwerterhöhend (§ 45 Absatz 1 Satz 2 GKG).

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