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| Der Senat entscheidet durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG). Die Einverständnisse der Beteiligten zu diesem Verfahren wirken fort, auch wenn nach ihrer Erteilung noch der Schriftsatz der Klägerin vom 17. Mai 2021 eingegangen ist. Aus diesen Unterlagen ergeben sich keine neuen Umstände, die erörtert werden müssten. Darauf sind die Beteiligten rechtzeitig hingewiesen worden. |
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| 1. Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässig. |
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| a) Dabei entscheidet der Senat über alle Anträge der Klägerin im Rahmen ihrer Berufung. Dies gilt auch für den Feststellungsantrag wegen der Verjährung. Zwar hat die Klägerin diesen Antrag ausdrücklich erstmals in der Berufungsinstanz formuliert. Gleichwohl ist er kein neuer Antrag, der unter Umständen den Voraussetzungen einer Klageänderung (§ 99 Abs. 1, Abs. 2 SGG) genügen müsste und über den der Senat nur „auf Klage“ entscheiden könnte (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 18. Februar 2021 - B 8 SO 63/20 B -, Rn. 7, juris; vgl. zu der dann folgenden Frage der Zulässigkeit der geänderten Klage, insbesondere der instanziellen Zuständigkeit eines LSG für neue Klageanträge: Schreiber in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 29 SGG, Rn. 7). |
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| aa) Der Senat legt die Prozesserklärungen der Klägerin vor dem SG dahin aus, dass sie bereits in erster Instanz konkludent die Verjährungseinrede erhoben und Antrag auf Feststellung der Verjährung gestellt hat. |
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| Ausdrücklich hatte die Klägerin dort zwar - nur - die Überprüfung und die Zurücknahme des Bescheids vom 1. April 2008 nach § 44 Abs. 1 SGB X begehrt. Insoweit hat sie sich in der Sache auf eine anfängliche Rechtswidrigkeit dieses Bescheids wegen Verstößen gegen das DPSVA, das FRG und gegen Europarecht, evtl. auch gegen § 1629a BGB, berufen. Daneben hat sie aber, schon in ihrer Klagebegründung vom 30. August 2018 (S. 6), auch „Verwirkung“ der Erstattungsforderung eingewandt. Zur Begründung dafür hat sie sich auf Umstände berufen, die nach Erlass des Erstattungsbescheids entstanden waren, insbesondere darauf, dass die Beklagte die festgesetzte Erstattungsforderung „so viele Jahre“ lang nicht geltend gemacht habe, obwohl die Möglichkeit der Vollstreckung bestanden habe. |
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| Mit diesem Vortrag hat die Klägerin - bei sachgerechter Auslegung - in der Sache auch Verjährung (§§ 194, 214 Abs. 1 BGB) eingewandt. An die Geltendmachung der Verjährung sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss der Schuldner nicht ausdrücklich das Wort „Verjährung“ benutzen. Zu fordern ist nur, dass er deutlich macht, dass die Verweigerung der Leistung auf dem Zeitablauf beruht, damit sich der Gläubiger gegen diesen Einwand adäquat verteidigen kann (Lakkis in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 214 BGB [Stand: 1. Mai 2020], Rn. 8). In jedem Fall reicht es für die Geltendmachung (auch) einer Verjährung aus, wenn sich der Schuldner auf lange Untätigkeit und „Verwirkung“ eines Anspruchs beruft (BGH, Urteil vom 3. April 1996 - XII ZR 86/95 -, Rn. 12, juris). Dies beruht auch darauf, dass eine Verjährung weniger strenge Voraussetzungen hat als eine Verwirkung nach § 242 BGB, insbesondere kein Umstandsmoment verlangt (vgl. auch BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R -, SozR 4-2400 § 24 Nr 5, Rn. 33, juris). |
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| Auch prozessrechtlich war dieses Vorbringen der Klägerin dahin auszulegen, dass ein Antrag auf Feststellung der Verjährung (oder ggfs. der Verwirkung) der Erstattungsforderung gestellt werden sollte. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Klageanträge sind daher nach dem Meistbegünstigungsprinzip unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens und der Auslegungsregel des § 133 BGB so auszulegen, dass das klägerische Begehren möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Auszugehen ist von dem Antrag, den ein Kläger nach seinem Vorbringen, ggfs. bei entsprechender Beratung durch das Gericht (§ 112 Abs. 2 Satz 2 SGG), stellen würde, wenn keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen. Dabei muss das erkennbare gesamte Vorbringen einschließlich der Verwaltungsvorgänge herangezogen werden (BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 119/10 R -, Rn. 29, juris). Nach diesen Maßstäben konnte der Vortrag der Klägerin zu der langjährigen Untätigkeit der Beklagten prozessual nur als Feststellungsantrag aufgefasst werden, weil dies der einzige sachgerechte Antrag war. Das Vorbringen konnte sich nicht auf die Rücknahme des Erstattungsbescheids beziehen, weil ein Bescheid nicht im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB X von Anfang an rechtswidrig ist und auch nicht mit Rückwirkung ex tunc (vgl. zu einer solchen nachträglichen Rechtswidrigkeit von Anfang an: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2017 - L 11 KR 763/17 -, Rn. 23, juris) rechtswidrig wird, wenn die Erstattungsansprüche, die er festsetzt, später verjähren oder verwirkt werden (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. September 2018 - L 1 AL 88/17 -, Rn. 22, juris). Diesen Punkt hat das SG auch gesehen, indem es (S. 9 Urteil) ausgeführt hat, dass solche späteren Veränderungen die Rechtmäßigkeit des ursprünglichen Bescheids nicht berührten. Es lag daher auf der Hand, dass das Vorbringen der Klägerin zu diesem Punkt einen Feststellungsantrag darstellte. |
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| bb) Der Senat lässt an dieser Stelle offen, ob das SG zumindest konkludent auch über den Antrag auf Feststellung der Verjährung (bzw. der Verwirkung) entschieden hat und die Klägerin insoweit beschwert ist. |
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| Dem klagabweisenden Tenor des Urteils vom 22. Juli 2020 lassen sich dazu keine Erkenntnisse entnehmen. Allerdings hat sich das SG in den Entscheidungsgründe, aus denen sich die Reichweite der Entscheidung ergibt, mit dem Verwirkungseinwand beschäftigt (S. 9) und dabei ausdrücklich auf die Verjährungsfrage hingewiesen. Jedoch sind seine Ausführungen, die Klägerin könne „sich hier nicht (darauf) berufen“, nicht eindeutig. Möglicherweise bezog sich dieser Punkt nur darauf, dass Verjährung und Verwirkung für die Rechtmäßigkeit des Erstattungsbescheids unerheblich seien. Eventuell wollte das SG aber auch über diese Punkte entscheiden. Darauf deutet der Hinweis hin, die Klägerin sei durch die Verjährung ausreichend geschützt. |
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| Sofern das SG konkludent einen Feststellungsantrag wegen der Verjährung abgelehnt hat, ist dieser ohne Weiteres zulässiger Gegenstand des Berufungsverfahrens. |
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| Wenn dies nicht der Fall ist, so kann der Senat diesen „Prozessrest“ in das Berufungsverfahren übernehmen. Ein solches „Heraufholen“ ist möglich, wenn das Erstgericht - aus der Sicht des Berufungsgerichts - über einen geltend gemachten Anspruch versehentlich nicht entschieden hat (BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 - B 7 AL 49/07 R -, BSGE 104, 76-83, SozR 4-4300 § 22 Nr 2, Rn. 19, juris; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 12). Hierzu sind grundsätzlich die Zustimmungen aller Beteiligter notwendig (BSG, Beschluss vom 18. September 2019 - B 14 AS 317/18 B -, Rn. 6, juris). Diese Zustimmung kann aber auch konkludent erfolgen (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R -, BSGE 97, 217-230, SozR 4-4200 § 22 Nr 1, Rn. 27). Zum Teil wird auch verlangt, dass die Voraussetzungen einer Klageänderung vorliegen, wenn die beschwerte Partei im Berufungsverfahren (erneut) Prozessreste aus der ersten Instanz geltend macht (vgl. zu den Nachweisen Schmidt, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier aber vor. Die Beklagte hat bereits in dem Erörterungstermin am 12. April 2021 - nur - Zurückweisung der Berufung beantragt, sich also rügelos auf den Feststellungsantrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 12. März 2021 eingelassen (vgl. auch § 99 Abs. 2 SGG). Darin ist auch eine Zustimmung zu sehen, in der Sache über die Verjährungsfrage zu entscheiden. Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 19. Mai 2021 darüber unterrichtet, wie er die beiderseitigen Prozesserklärungen versteht. |
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| b) Die übrigen Voraussetzungen einer zulässigen Berufung liegen vor. Insbesondere hat die Klägerin ihre Berufung form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. |
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| 2. Die Berufung ist auch mit dem Hauptantrag begründet. Es war festzustellen, dass die Erstattungsforderung der Beklagten aus dem Bescheid vom 1. April 2008 verjährt ist. Der entsprechende Klageantrag ist zulässig und begründet. |
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| Das BSG hat bereits mit seinem Urteil vom 9. Februar 1995 (7 RAr 78/93, SozR 3-4427 § 5 Nr 1, SozR 3-1500 § 55 Nr 21, Rn. 26, juris) entschieden, dass ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne dieser Norm auch dann besteht, wenn der Schuldner eines (ggfs. bestandskräftig) festgesetzten Erstattungsanspruchs einwendet, der Anspruch sei wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar, also nicht mehr verrechnungsfähig bzw. vollstreckbar. In diesen Fällen erreicht er sein Ziel schon mit der bloßen Feststellung des Verjährungseintritts (BSG, a.a.O., Rn. 27). Er muss nicht die Feststellung begehren, die verjährte Forderung sei erloschen oder sie sei - nur - dauerhaft nicht mehr durchsetzbar (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2020 - L 8 AL 3185/19 -, Rn. 38, juris, unter Hinweis auf die abweichenden Regelungen in §§ 228, 232 AO). Diese Rechtsprechung hat das BSG in seinem - noch nicht im Volltext veröffentlichten - Urteil vom 4. März 2021 bestätigt (B 11 AL 5/20 R, Terminbericht des BSG Nr. 7/21, Nr. 2, juris). Diese Feststellung muss nicht mit einer Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG verbunden werden (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. September 2018 - L 1 AL 88/17 -, Rn. 20, juris). Zwar ist in Über- und Unterordnungsverhältnissen zwischen Leistungsträger und Bürger auch im Streit über eine bloße Feststellung zu fordern, dass ein Verwaltungsakt zum strittigen Rechtsverhältnis ergangen ist, ggfs. mit einer negativen Feststellung. Hiervon besteht jedoch eine Ausnahme, wenn der Leistungsträger konkreten Anlass zur Erhebung der konkreten Feststellungsklage gegeben (BSG, Urteil vom 22. Mai 1985 - 12 RK 30/84 -, BSGE 58, 150-154, SozR 1500 § 55 Nr. 27, Rn. 8, juris; Urteil vom 9. Februar 1995 - 7 RAr 78/93 -, SozR 3-4427 § 5 Nr 1, SozR 3-1500 § 55 Nr 21, Rn. 30, juris). So ist es hier. Die Beklagte hat in ihren Schreiben an die Klägerin und ihren Bevollmächtigten vom 9. August, vom 27. September 2016 und vor allem in der Mahnung vom 9. Dezember 2016 deutlich gemacht, dass sie trotz des Zeitablaufs seit der Titulierung der Erstattungsforderung (nunmehr) eine Zwangsvollstreckung beabsichtige. An dieser Ansicht hat sie auch im laufenden gerichtlichen Verfahren festgehalten, nachdem die Klägerin - ausdrücklich zunächst Verwirkung, aber in der Sache auch - Verjährung eingewandt hatte. |
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| Das Feststellungsinteresse des Klägers scheitert nicht an dem Nachrang der Feststellungsklage gegenüber Gestaltungs- und Leistungsklagen bzw. ihren Sonderformen, nämlich den Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen. Hiernach kann die Klägerin zunächst nicht darauf verwiesen werden, sich im Vollstreckungsverfahren zur Wehr zu setzen, ggfs. durch eine Vollstreckungsgegenklage analog § 767 Abs. 2 ZPO, die ebenfalls eine Gestaltungsklage wäre. Nach ganz überwiegender Ansicht ist diese Klageart im sozialgerichtlichen Verfahren nicht statthaft, soweit ein bundesunmittelbarer Sozialleistungsträger nach den bundesrechtlichen Vollstreckungsvorschriften (§ 5 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 249 ff. AO) vollstreckt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. November 2020 - L 14 AL 4/20 -, Rn. 53 f. juris, unter Verweis auf BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 - B 14 AS 38/14 R -, BSGE 119, 170-180, SozR 4-1300 § 63 Nr 23, Rn. 13, juris). Ebenso besteht hier kein Vorrang der Verpflichtungsklage. Der Subsidiaritätsgrundsatz greift nur ein, wenn im Rahmen der anderen Klagearten über jene Sach- und Rechtsfrage zu entscheiden ist, die der begehrten Feststellung zugrunde liegt. Eine solche Fallgestaltung ist im anhängigen Verfahren nicht gegeben (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BSG, Urteil vom 9. Februar 1995, a.a.O., Rn. 34 f.). Mit ihrem nunmehrigen Hilfsantrag begehrt die Klägerin die Zurücknahme des Bescheids vom 1. April 2008. Auf dieser Ebene aber kann sie - wie schon zur Auslegung ihrer Anträge in erster Instanz ausgeführt - mit dem Verjährungseinwand keinen Erfolg haben. |
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| b) Die Erstattungsforderung der Beklagten aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 1. April 2008 ist verjährt. |
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| aa) Die Verjährungsfrist lief am 31. Dezember 2015 ab. |
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| Erstattungsforderungen nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X verjähren nach § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X binnen vier Jahren, beginnend mit Ablauf des Jahres, in dem der Bescheid, der sie feststellt, bestandskräftig (§ 77 SGG) wird (vgl. im Einzelnen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2020 - L 8 AL 3185/19 -, Rn. 31, juris, bestätigt durch das Urteil des BSG vom 4. März 2021, a.a.O.). Offenkundig bezieht sich § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X auf solche Erstattungen, die nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X durch Verwaltungsakt festgesetzt werden. Hierbei handelt es sich zumindest um Erstattungsforderungen nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, die aus der (rückwirkenden) Aufhebung oder Rücknahme eines Leistungsbescheids folgen. Um einen solche Forderung handelt es sich hier: die Klägerin war nach der rückwirkenden Aufhebung der Waisenrentenbewilligung (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X) verpflichtet, die erhaltenen Rentenzahlbeträge zurückzuzahlen. |
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| Die Verjährung begann am 1. Januar 2012. Dieser Tag war der Beginn des Kalenderjahrs nach dem Jahr, in dem der Erstattungsbescheid bestandskräftig geworden war. Die Klägerin hatte den Bescheid vom 1. April 2008 mit Widerspruch und Klage angefochten. Dadurch wurde die Bestandskraft aufgeschoben. Diese trat erst Anfang 2011 ein, als das SG Dortmund die Klage abwies und die Klägerin keine Rechtsmittel einlegte. |
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| Die Verjährungsfrist wurde nicht nach § 52 Abs. 2 SGB X auf dreißig Jahre verlängert. |
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| Der Senat schließt sich bei der rechtlichen Abgrenzung der Verjährungsfristen aus § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X und § 52 Abs. 2 SGB X den Ausführungen des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 26. Juni 2020 (L 8 AL 3185/19 -, Rn. 32, juris) an, die das BSG in dem genannten Urteil vom 4. März 2021 bestätigt hat. Danach ist von einem Vorrang der Verjährungsregelung in § 50 Abs. 4 SGB X auszugehen. Diese Norm trifft eine Sonderregelung für die Feststellung des Erstattungsanspruchs durch Verwaltungsakt. Erst wenn zusätzliche Verwaltungsakte zur Durchsetzung des Anspruchs ergehen, unterfallen diese aufgrund der Verweisung in § 50 Abs. 4 Satz 3 SGB X der 30-jährigen Verjährungsfrist in § 52 Abs. 2 SGB X (so auch Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 50 SGB X [Stand: 25.02.2020], Rn. 126 ff.; Merten in: Hauck/Noftz, SGB, 08/16, § 50 SGB X Rn. 95; Lang in Diering/Timme/Stähler, SGB X, 5. Aufl. 2019, § 50 Rn. 61; Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 50 Rn. 32; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Dezember 2018 - L 34 AS 2224/18 B ER -, Rn. 16, juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.09.2018 - L 1 AL 88/17 -, in juris). Für einen Vorrang von § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X spricht zum einen, dass es sich nach Systematik, aber auch nach dem Wortlaut, um die speziellere Vorschrift handelt. Zum anderen verbliebe bei einem anderen Verständnis die Regelung in § 50 Abs. 4 SGB X ohne jeden Anwendungsbereich, da ein Erstattungsbescheid im Sinne des § 50 Abs. 4 S. 1 SGB X zugleich auch die Voraussetzung des § 52 Abs. 1 S. 1 SGB X erfüllt und somit die vierjährige Verjährungsfrist nie zur Anwendung käme. Dies beruht nicht auf einem Redaktionsversehen (vgl. im Einzelnen LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 17, juris). Vielmehr hat der Gesetzgeber den Behörden über die Verweisung in § 50 Abs. 4 Satz 3 SGB X auf § 52 Abs. 2 SGB X auch für Erstattungsansprüche die Möglichkeit eingeräumt, sich selbständig zu einer längeren Verjährungsfrist zu verhelfen, indem sie einen Verwaltungsakt zur Durchsetzung im Sinne von § 52 Abs. 1 SGB X erlassen. |
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| Zum einen ist es ein Grundsatz des Sozialrechts, dass Ansprüche eines Leistungsträgers gegen einen Versicherten (oder einen Dritten) in vier Jahren verjähren und dass Verjährungsfristen mit der Entstehung und ggfs. der Fälligkeit des Anspruchs beginnen. Dies gilt z.B. für Beitragsansprüche (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), aber auch für spezielle Erstattungsansprüche, z.B. bei einer Rentenzahlung nach dem Tode des Rentners gegen die Bank oder einen anderen Empfänger (§ 118 Abs. 4a Satz 1 SGB VI). In diesen Fällen entstehen die genannten Ansprüche aber kraft Gesetzes, also allein durch materiell-rechtliche Umstände. Das Gleiche gilt für ihre Fälligkeit. Diese Ansprüche selbst setzen nicht den Erlass eines Zahlungs- oder Erstattungsbescheids voraus, auch wenn ein solcher für ihre Durchsetzung bzw. Vollstreckung möglich oder vorgeschrieben ist (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, § 118 Abs. 4 Satz 2 SGB VI) ist. In solchen Fällen ließe sich § 52 Abs. 2 Satz 1 SGB X dahin auslegen, dass bereits ein solcher Zahlungs- oder Erstattungsbescheid die dreißigjährige Verjährungsfrist auslöst, weil er nur noch der „Durchsetzung“ des schon bestehenden Anspruchs dient. Dies ist bei Erstattungsforderungen nach § 50 Abs. 3, Abs. 4 SGB X anders, zumindest in den Fällen des § 50 Abs. 1 SGB X. Sie entstehen auch materiell-rechtlich erst mit der Aufhebung oder Rücknahme des Bewilligungsbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit, denn dieser bildet, solange er wirksam ist, einen „Behaltensgrund“ für die bewilligten Leistungen. Wenn, wie üblich und in § 50 Abs. 3 Satz 2 SGB X für den Regelfall vorgeschrieben, die Aufhebung und die Erstattung gleichzeitig festgesetzt werden, entsteht der Erstattungsanspruch daher erst mit seiner Titulierung. In diesen Fällen kann sich § 52 Abs. 1 SGB X nur auf weitere Bescheide beziehen, die nach Erlass des Erstattungsbescheids ergehen. |
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| Zum anderen liegt auch eine inhaltliche Erwägung dafür vor, dass Erstattungsforderungen nach § 50 Abs. 3, Abs. 4 SGB X, wenn keine Bescheide zur Durchsetzung nach § 52 Abs. 1 SGB X ergehen, deutlich schneller verjähren als sonstige titulierte Ansprüche eines Leistungsträgers gegen einen Versicherten. Bereits bei der rückwirkenden Aufhebung oder Zurücknahme einer Leistungsbewilligung besteht ein starker Vertrauensschutz des Empfängers, der sich nicht nur materiell (vgl. § 45 Abs. 2, 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X), sondern auch in engen Fristen für den Leistungsträger äußert (§ 45 Abs. 4 Satz 2, § 48 Abs. 4 SGB X). Es ist nachvollziehbar, dass der Leistungsträger dann auch bei der Durchsetzung des Anspruchs an engere Fristen gebunden ist als üblich, weil längere Untätigkeit - erneut - Vertrauen bei dem Leistungsempfänger begründen kann, er werde nicht mehr in Anspruch genommen. |
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| Ob für Erstattungsansprüche nach § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X etwas Anderes gilt, ist an dieser Stelle nicht zu entscheiden. Auch dort besteht aber ein erhöhter Vertrauensschutz (§ 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X), der möglicherweise ebenfalls dazu führt, für einen entsprechenden Erstattungsbescheid eine nur vierjährige Verjährungsfrist anzunehmen. |
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| Ein weiterer Bescheid im Sinne des § 52 Abs. 1 SGB X zur „Durchsetzung“ des Erstattungsanspruchs gegen die Klägerin ist nicht ergangen. Während der gesamten laufenden Verjährungsfrist finden sich in den Akten nur interne Vermerke, wonach eine Vollstreckung beabsichtigt sei, später wurde die Vollstreckung sogar ausdrücklich (allerdings weiterhin intern) zurückgestellt. Die Schreiben an die Klägerin bzw. ihren Bevollmächtigten vom 9. August 2016 und 27. September 2016, aber auch die „Mahnung“ am 9. Dezember 2016, stellten weder nach ihrem äußeren Erscheinungsbild noch nach ihrem Inhalt Verwaltungsakte zur Durchsetzung der Erstattungsforderung dar (vgl. zu derartigen Mahnschreiben LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2020 - L 8 AL 3185/19 -, Rn. 35, juris, ebenfalls bestätigt durch das Urteil des BSG vom 4. März 2021, a.a.O.). Zur Auslösung der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 52 Abs. 2 SGB X wäre z.B. ein Pfändungsbescheid oder ein Aufrechnungsbescheid nötig gewesen, wie er z.B. am 17. April 2008 gegenüber der Mutter der Klägerin, bezogen auf ihre Witwenrente, ergangen ist. Im Falle der Klägerin kommt hinzu, dass die genannten Schreiben und die Mahnung nicht in unverjährter Zeit zugegangen sind. Eine bereits abgelaufene Verjährungsfrist kann aber nicht mehr gehemmt werden, neu beginnen oder durch eine neue, längere Verjährungsfrist ersetzt werden. |
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| Die gleichen Erwägungen betreffen andere Vollstreckungshandlungen der Beklagten, also z.B. ein Pfändungsversuch nach dem VwVG, die nach § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB X i.V.m. § 212 BGB zu einer Hemmung hätten führen können. Solche Vollstreckungshandlungen wurden intern erwogen, aber zurückgestellt und am Ende nicht durchgeführt. |
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| bb) Die Verjährungseinrede ist erhoben. Es schadet nicht, dass dies erstmals Ende 2018 geschah, als sich die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren auf „Verwirkung“ bzw. allgemein den langen Zeitablauf seit Titulierung der Erstattungsforderung berief. Die Verjährungseinrede kann sinnvollerweise erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erhoben werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Erhebung der Einrede wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf Seiten der Klägerin verwirkt sein könnte, liegen nicht vor. Zu keinem Zeitpunkt hat die Klägerin auf diese Einrede verzichtet oder sonst den Eindruck erweckt, sie werde sich nicht mehr auf sie berufen. |
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| 3. Da die Klägerin mit ihrem Hauptantrag Erfolg hat, war über den hilfsweise gestellten Antrag auf Rücknahme des Erstattungsbescheids nicht mehr zu entscheiden, weder stattgebend noch durch Zurückweisung der Berufung. Vielmehr war das Urteil des SG Freiburg, soweit es über den Überprüfungsantrag der Klägerin entschieden hat, für gegenstandslos zu erklären. Der Senat muss sich daher nicht zu der Frage verhalten, ob bei Erlass des Aufhebungs- und Rücknahmebescheids vom 1. April 2008 die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vorlagen und ob die Beklagte in diesem Rahmen die Minderjährigenhaftungsbeschränkung aus § 1629a BGB hätte beachten müssen (vgl. dazu grundsätzlich BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 - B 14 AS 153/10 R -, BSGE 108, 289-299, SozR 4-4200 § 31 Nr. 2, Rn. 41, juris). |
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| 4. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Da - wie ausgeführt - nach Ansicht des Senats die Verjährungseinrede schon Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war, kam keine Kostenquote in Betracht. |
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| 5. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Daher war der entsprechende Hilfsantrag der Beklagten abzulehnen. Insbesondere weicht der Senat mit seiner Rechtsprechung nicht von Entscheidungen des BSG ab (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Hinsichtlich der Verjährungsfrage folgt er vielmehr dem Urteil des BSG vom 4. März 2021. Auch kommt der Verjährungsfrage keine Grundsatzbedeutung zu, es handelt sich um Rechtanwendung im Einzelfall. Ob hinsichtlich der übrigen Rechtsfragen, die im Verfahren erörtert worden sind, insbesondere hinsichtlich der Minderjährigenhaftungsbeschränkung, die Revision zuzulassen wäre, kann offen bleiben. Über diese Punkte hat der Senat nicht entschieden. |
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