Endurteil vom Oberlandesgericht München - 21 U 7238/19

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 22.11.2019, Az. 41 O 2378/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.433,86 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.02.2019 Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi A 4 mit der Fahrgestell - nummer …32 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Berufung des Klägers und der Beklagten zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben der Kläger 64% und die Beklagte 36%, von den Kosten des Rechtsstreits der zweiten Instanz haben der Kläger 70%, die Beklagte 30% zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines vom sog. Dieselabgasskandal betroffenen Fahrzeugs geltend.

Gemäß Auftragsbestätigung vom 14.02.2011, Anlage K 1, erwarb der Kläger den hier streitgegenständlichen Pkw Audi A 4 Ambition Avant 2.0 TDI quattro, mit 170 PS als Neuwagen mit einem km-Stand von 0 km zu einem Kaufpreis von 39.608,19 €. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger mit dem Fahrzeug 217.860 km zurückgelegt. Der Kläger hat den Kaufpreis des Fahrzeugs finanziert, wodurch Kreditkosten in Höhe von 3.748,32 € und ein weiterer Zinsaufwand von 3.845,82 € angefallen sind. Von dem mit dem Darlehen vereinbarten verbrieften Rückgaberecht des Fahrzeugs hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht.

Zum Zeitpunkt des Kaufs befand sich in dem Fahrzeug, das von der Beklagten hergestellt ist, ein von der V.-AG (V.-AG) entwickelter und produzierter Dieselmotor des Typs EA 189 (EU5) nebst einer Motorsteuerungssoftware, die erkennt, ob das Fahrzeug auf dem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus unterzogen wird. Es wird in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxidoptimierten Modus, geschaltet. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstandes schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Grundlage der Erteilung der Typgenehmigung sind die Abgasmessungen auf dem Prüfstand.

Die Beklagte, hatte, wie sie in der Berufung unbestritten vorgetragen hat, in den Jahren 2005/ 2006 durch ihr Produkt-Strategie-Komitee, welches sich aus Mitgliedern des Vorstands sowie Mitgliedern aus den Fachabteilungen zusammensetzte, beschlossen, dass der von VW entwickelte Motor in bestimmten Fahrzeugen der Beklagten serienmäßig eingebaut wird. Der erste Einsatz erfolgte im Jahr 2007. Die Beklagte erwarb den Motor samt Software als externes Produkt von der V.-AG zur Verwendung in ihren Fahrzeugen. Die Hardware der Motorsteuerungsgeräte erhielt die Beklagte von den Zulieferern B. oder C. Ohne Einflussmöglichkeit von Mitarbeitern der Beklagten wurde die auf das jeweilige Fahrzeug abgestimmte Software ab 2008 auf den automatisierten Fertigungslinien der Beklagten vom Konzernserver der V.-AG heruntergeladen. Die Software war dabei zur Vermeidung von Einflussnahme außerhalb der Entwicklungsverantwortung verriegelt.

Im Auftrag der Beklagten organisierte die Konzernmutter das EGTypgenehmigungsverfahren. Von Mitarbeitern der V.-AG wurden die entsprechenden Fahrzeuge der Beklagten dem Technischen Dienst vorgestellt, die Beklagte bekam lediglich die Rechnung und die Protokolle mit den für die Emissions-Typgenehmigungsverfahren erforderlichen Testergebnisse.

Die Verwendung der von der Beklagten als „Umschaltlogik“ bezeichneten Steuerungssoftware wurde dem Kraftfahrt-Bundesamt weder von der V.-AG noch von der Beklagten im Rahmen der Tests zur Erreichung der Typgenehmigung offengelegt. Erst am 22.09.2015 veröffentlichte die V.-AG eine Adhoc-Mitteilung, mit der Auffälligkeiten bei Fahrzeugen mit dem Motor vom Typ EA 189 eingeräumt wurden. Dem Kraftfahrt-Bundesamt war es mit den damals zur Verfügung stehenden Tests nicht möglich, die Umschaltlogik zu erkennen.

Nach Bekanntwerden der Softwareproblematik verpflichtete das Kraftfahrtbundesamt die Beklagte zur Entfernung der als unzulässige Abschalteinrichtung qualifizierten „Umschaltlogik“ und dazu, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen. Daraufhin wurde ein Software-Update entwickelt, welches im Jahr 2017 auf das Fahrzeug des Klägers aufgespielt worden ist.

Mit Anwaltsschreiben vom 15.12.2018 forderten die Prozessbevollmächtigte der Klagepartei die Beklagte vergeblich zur Rückzahlung des Kaufpreises, dort beziffert mit 39.608,19 €, abzüglich einer Nutzungsentschädigung (wobei der Kilometerstand des Fahrzeugs aber nicht mitgeteilt wurde), Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten bis zum 21.12.2018 auf. Die auf den 21.12.2018 datierte Klage ging am 22.12.2018 bei Gericht ein und wurde der Beklagten am 18.02.2019 zugestellt.

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass er von der Beklagten vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sei. Der im Fahrzeug verbaute Motor sei mit Wissen des Vorstands der Beklagten mit einer Betrugssoftware versehen worden, um die Behörden über die Einhaltung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte zu täuschen und auf diese Weise preiswerte und scheinbar saubere Dieselfahrzeuge in hoher Stückzahl veräußern zu können. Hierdurch hätten sich die Beklagte und die V.-AG gegenüber der Konkurrenz über den geringeren Preis einen entscheidenden Marktvorteil verschafft. Die Entwicklungsabteilung der V.-AG und der Beklagten hätten nicht ohne Kenntnis des Vorstandes entschieden, die sog. „B.-Software“ weiter zu entwickeln und serienmäßig in den Motorserien der konzernangehörigen Fahrzeuge einzubauen. Auch sei aufgrund von Überkreuzregelungen im Vorstand der Beklagten und der V.-AG, der arbeitsteiligen Kooperation, der komplexen Logistik und Anpassung der Technik an die Fahrzeuge sowie der bekannten Problematik der Einhaltung der Abgaswerte ohne Langzeitschäden an Motor und Partikelfilter von einer gemeinsamen und bewussten Entscheidung auf der Vorstandsebene der Beklagten und der V.-AG auszugehen, die Betrugssoftware trotz der Warnungen der Fa. B. in die Fahrzeuge zu implementieren. Auch aufgrund der Organisationsstruktur der Beklagten sei ausgeschlossen, dass die Bestellung, Implementierung, Adaption und Bezahlung der Betrugssoftware nicht auf der höchsten Ebene des Unternehmens veranlasst worden sei.

Der Kläger habe ein Fahrzeug erhalten, das wegen des überhöhten Schadstoffausstoßes nicht über eine gültige Genehmigung auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung verfüge. Damit habe die Gefahr bestanden, dass das Fahrzeug stillgelegt werden muss. Das Fahrzeug habe zudem einen erheblichen Wertverlust erlitten. Der Kläger hätte den Wagen nicht gekauft, wenn er von der Manipulation der Abgaswerte im Prüfverfahren und den dadurch drohenden Folgen gewusst hätte.

Die Beklagte hingegen hält Schadensersatzansprüche des Klägers nicht für gegeben. Sie meint, das Fahrzeug enthalte gar keine unzulässige Abschalteinrichtung und bestreitet, dass dem Kläger ein Schaden entstanden sei. Eine sittenwidrige Schädigung durch die Beklagte liege nicht vor, auch fehle es an der Kausalität zwischen angeblicher Täuschung und Schaden. Jedenfalls sei ein etwaiger Schaden durch das Aufspielen des Updates entfallen. Eine - unterstellt von der Beklagten verursachte - Fehlvorstellung des Klägers über die Schadstoffemission sei für dessen Kaufentscheidung nicht maßgeblich gewesen. Eine Haftung der Beklagten scheide auch deshalb aus, weil sie den Motor nicht entwickelt habe. Ihr seien weder Kenntnisse noch Entscheidungen der V.-AG zuzurechnen. Konkret verantwortliche Personen könne der Kläger nicht benennen, schon daran scheitere die Haftung, zumal die Beklagte nur für ihre Organe einzustehen habe. Eine sekundäre Darlegungslast treffe die Beklagte nicht. Abgesehen davon hätte die Beklagte nach dem Stand der Ermittlungen keine Erkenntnisse dazu, dass Vorstandsmitglieder im aktienrechtlichen Sinn die Entwicklung der Umschaltlogik für den Motor EA 189 in Auftrag gegeben oder gebilligt hätten.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 22.11.2019, berichtigt mit Beschluss vom 07.01.2020, im Wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich der klägerische Anspruch u.a. aus § 826 BGB ergebe. Die Beklagte habe durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs unter Verschweigen der gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung dem Kläger vorsätzlich und in gegen die guten Sitten verstoßender Weise einen Schaden zugefügt. Die schädigende Handlung sei der Beklagten zuzurechnen. Die jeweils verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten hätten vorsätzlich eine falsche Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug ausgestellt. Die Täuschungshandlung sei nur vorsätzlich denkbar, weil der Beklagten als etablierte Fahrzeugherstellerin unter arbeitsteiligem Einbau des von ihrem Mutterkonzern hergestellten Motors die Kenntnis der Programmierung ihrer eigenen Fahrzeuge sowie der für sie einschlägigen Rechtsnormen unterstellt werden könne. Im Übrigen sei die Beklagte auch der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. Welcher Repräsentant der Beklagten vorsätzlich gehandelt habe, müsse nicht konkret festgestellt werden. Das Verhalten der Beklagten verstoße gegen die guten Sitten, weil die Täuschung der Beklagten der Kostensenkung gedient habe und durch scheinbar umweltfreundliche Prüfstandwerte Wettbewerbsvorteile erzielt worden seien. Durch die Bindung an den nicht erwartungsgerechten Vertrag sei dem Kläger ein Schaden entstanden, der den Anspruch auf Rückabwicklung auslöse. Der Kläger müsse sich aber den Abzug von Gebrauchsvorteilen in Form einer Nutzungsentschädigung gefallen lassen. Der Anspruch sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger von seinem verbrieften Rückgaberecht keinen Gebrauch gemacht hat. Nach fruchtloser Mahnung sei der klägerische Anspruch zu verzinsen. Deliktische Zinsen könnten jedoch nicht verlangt werden, der Freistellungsanspruch für außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sei nur in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzusprechen. Ein Annahmeverzug der Beklagten wurde festgestellt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Gegen das landgerichtliche Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung teilweise, nämlich in Bezug auf die geltend gemachten deliktischen Zinsen, zurückgenommen (Schriftsatz vom 05.10.2020, Bl. 510 d.A.)

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen den Abzug einer Nutzungsentschädigung. Ein solcher Abzug dürfe hier nicht vorgenommen werden, weil der Kläger das Fahrzeug mangels fehlender EU-Typgenehmigung nicht hätte nutzen dürfen. Die Beklagte, die den Kläger getäuscht habe, dürfe nicht für jeden Kilometer Fahrt belohnt werden, das folge auch aus dem europarechtlichen Effektivitätsgrundsatz. Im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung des Klägers, Schriftsatz vom 30.01.2020, Bl. 327 ff. d.A., Bezug genommen.

Was die Berufung der Beklagten betrifft, so verteidigt der Kläger die erstinstanzliche Entscheidung und ist der Meinung, dass weder eine Verletzung von Verfahrensrecht noch eine Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht vorliege. Dem Kläger sei - wie das Landgericht zutreffend festgestellt habe - ein Schaden entstanden, weil der Kläger ein Fahrzeug erworben habe, das nicht seinen Vorstellungen entsprochen habe. Der Schaden sei auch nicht durch das Software-Update entfallen. Die Beweislastverteilung im Rahmen der Kausalität sei nicht verkannt worden. Auch die zugesprochenen Nebenentscheidungen seien nicht zu beanstanden. Im Einzelnen wird auf die Berufungserwiderung, Schriftsatz vom 28.08.2020, Bl. 494 ff. d.A., verwiesen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ingolstadt, Az. 41 O 2378/18, vom 22.11.2019 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 25.533,85 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.12.2018 zu zahlen.

Ferner beantragt er, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das am 22.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Ingolstadt, 41 O 2378/18 im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Landgericht der Klage rechtsfehlerhaft stattgegeben und zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch bejaht habe. In der Berufungsbegründung vom 27.02.2020 wiederholt die Beklage im Wesentlichen ihren bereits erstinstanzlich erfolgten Vortrag und stellt insbesondere darauf ab, dass die Beklagte nur Herstellerin des Fahrzeugs sei, den im Fahrzeug verbauten Motor des Typs EA 189 aber allein die V.-AG entwickelt habe. Bei dem vorliegend dem Kläger eingeräumten verbrieften Rückgaberecht im Rahmen der Finanzierung scheide auch ein kausaler Schaden des Klägers aus.

In den Schriftsätzen vom 13.08.2020, Bl. 408 ff. d.A., und vom 05.10.2020, Bl. 509 ff. d.A., vertieft die Beklagte ihren Vortrag und legt dar, weshalb ihrer Meinung nach die inzwischen ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Haftung der V.-AG auf vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen werden könne. Die Beklagte habe von der Programmierung keine Kenntnis gehabt, weil sie nicht an der Entwicklung des Motors beteiligt gewesen sei. Sie meint, sie habe der V.-AG vertrauen können und keine Verpflichtung gehabt, eigene Tests durchzuführen. Die Beklagte habe bis heute keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass Vorstandsmitglieder im aktienrechtlichen Sinne oder potentielle Repräsentanten bei Inverkehrbringen des Fahrzeugs oder bei Kaufvertragsabschluss Kenntnis von der „Umschaltlogik“ gehabt hätten. Die Haftung der Beklagten könne weder auf angebliche Sorgfaltspflichtverletzungen, noch auf vermeintliches Organisationsverschulden noch auf eine konzernweite Wissenszusammenrechnung gestützt werden. Insoweit verweist die Beklagte auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten von Prof. Dr. G. vom 21.09.2020.

Die Berufung des Klägers sei jedenfalls unbegründet. Soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat, sei dies zutreffend und verfahrenssowie rechtsfehlerfrei geschehen. Der Nutzungsersatz sei im Wege der Vorteilsanrechnung bei der Rückabwicklung in Abzug zu bringen. Der Verzicht auf eine Anrechnung hätte zur Folge, dass die Klagepartei besser stünde, als ohne das schädigende Ereignis, was gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot verstoße.

Im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründungen sowie die weiteren Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat über den Rechtsstreit am 19.10.2020 mündlich verhandelt. In diesem Termin wurde der Kläger informatorisch angehört. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll, Bl. 569 ff. d.A., verwiesen. Mit Beschluss vom 30.10.2020 hat der Senat die vom unterbevollmächtigten Klägervertreter in der Sitzung beantragte vorsorgliche Schriftsatzfrist auf den Schriftsatz der Beklagten vom 07.10.2020 abgelehnt, Bl. 573 ff. d.A..

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, die Berufung der Beklagten hat nur in soweit Erfolg, als sich die vom Kaufpreis in Abzug zu bringende Nutzungsentschädigung aufgrund der unstreitig erfolgten weiteren Nutzung des Fahrzeugs erhöht hat. Erfolg hat die Berufung weiter in Bezug auf vom Landgericht getroffene Nebenentscheidungen, nämlich den festgestellten Annahmeverzug, einen Teil der Zinsen sowie der Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Im Ergebnis hat das Landgericht aber zur Recht angenommen, dass die Beklagte der Klagepartei nach § 826 BGB haftet. Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV kommt hingegen nicht in Betracht, da die Normen der EG-FGV nicht das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht von einzelnen Käufern schützt, vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az. VI ZR 5/20.

A.

Berufung der Beklagten:

Das neue tatsächliche Vorbringen der Beklagten zur Organisationsstruktur, der Arbeitsorganisation, den damaligen internen Zuständigkeiten, den Berichtspflichten und den von ihr veranlassten Ermittlungen im Schriftsatz vom 05.10.2020 war der Entscheidung zugrunde zu legen, weil der Kläger dieses Vorbringen nicht bestritten hat und unstreitiges Vorbringen nicht verspätet ist. Wie im Beschluss des Senats vom 30.10.2020 ausgeführt, war dem Kläger die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorsorglich beantragte Schriftsatzfrist nicht zu gewähren, da keine sachlichen Gründe vorgetragen wurden, weswegen die Klagepartei sich nicht bis zum Termin zum Vorbringen der Beklagten hätte äußern können.

1. In weiten Teilen kann bezüglich der Haftung der Beklagten nach § 826 BGB auf die grundsätzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Bezug auf die Konzernmutter, die V.-AG, Bezug genommen werden, Urteil vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19. Die dort getroffenen Aussagen zur Frage der Täuschung, der Sittenwidrigkeit, des Vorliegens eines Schadens, der Kausalität, der Verpflichtung zu einer sekundären Darlegungslast und Teilen der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen können auch auf vorliegende Fallgestaltung übertragen werden. Gründe, die Sach- und Rechtslage vorliegend anders zu beurteilen, sind nicht ersichtlich.

Zentraler und höchstrichterlich noch nicht geklärter Streitpunkt des Verfahrens ist die Frage, ob für den unstreitigen Einsatz der „Umschaltlogik“ im Fahrzeug des Klägers auch die Beklagte deliktisch haftet oder nur die in diesem Verfahren nicht beteiligte V.-AG. Der Senat sieht eine Haftung der hiesigen Beklagten nach §§ 826, 31 BGB gegenüber der Klagepartei nicht allein aufgrund einer Zurechnung fremden Fehlverhaltens, sondern im Kern aufgrund eigenen deliktischen Handelns. Dies beruht auf dem von der Beklagten zu verantwortenden Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs, in dem ursprünglich eine unzulässige Abschalteinrichtung vorhanden war.

a) Das Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit einem Motor, der über eine nicht offen gelegte Abschalteinrichtung bzw. Umschaltlogik verfügt, stellt eine konkludente Täuschung der Klagepartei durch die Beklagte dar, weil die Käufer der bemakelten Fahrzeuge, gleichgültig, ob sie das Fahrzeug neu oder gebraucht erwarben, arglos davon ausgingen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Die Käufer durften darauf vertrauen, dass das erworbene Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden kann, über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt und die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren rechtmäßig durchlaufen worden sind. Tatsächlich enthielt der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs jedoch zum Zeitpunkt des Kaufs eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007, weil der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb gezielt durch den Einsatz einer entsprechenden Motorsteuerungssoftware reduziert worden ist. Die Technik war nicht nur zweifelsfrei unzulässig, sie diente vielmehr der gezielten Täuschung über die Einhaltung der zulässigen Abgaswerte. Dies hatte zur Folge, dass die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde bestand und ein weiterer Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr möglicherweise nicht (mehr) möglich war, vgl. BGH Urteil vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19.

b) Durch diese Täuschung entstand dem Kläger als Käufer eines vom sog. Dieselabgasskandal betroffenen Fahrzeugs ein Schaden, der in dem Abschluss des Kaufvertrags als ungewollte Verbindlichkeit zu sehen ist. Dieser Schaden ist auch nicht durch das später durchgeführte Software-Update entfallen, vgl. BGH aaO vom 25.05.20, Rn. 44 ff.

c) Der Schaden in Form des Kaufvertragsabschlusses wurde durch das Handeln der Beklagten verursacht. Die haftungsbegründende Kausalität zwischen schädigender Handlung der Beklagten und dem Eintritt des Schadens beim Kläger ist zu bejahen, weil bereits die allgemeine Lebenserfahrung die Annahme rechtfertigt, dass ein Käufer, der ein Fahrzeug zur eigenen Nutzung erwirbt, bei der bestehenden Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung von dem Erwerb des Fahrzeugs abgesehen hätte, vgl. BGH aaO Rn 51. Der Kläger wurde vom Senat im Termin vom 19.10.2020 informatorisch angehört, wonach sich keine Zweifel an der Kausalität ergaben. Der Kläger gab explizit an, dass er den Wagen nicht gekauft hätte, wenn er zum Zeitpunkt des Erwerbs im Jahr 2011 gewusst hätte, dass darin eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist. Befragt, ob er das Fahrzeug erworben hätte, wenn er gewusst hätte, dass gegebenenfalls auch eine Stilllegung des Fahrzeugs gedroht hätte, erklärte der Kläger: „Dann hätte ich das Fahrzeug garantiert nicht gekauft“. Der Kläger gab weiter auch nachvollziehbare Gründe dafür an, weshalb er von dem ihm eingeräumten vertraglichen Rückgaberecht keinen Gebrauch gemacht hat. Die Schlusszahlung habe nämlich nur noch 5.900 € betragen und der Wagen sei trotz der Betroffenheit vom Abgasskandal deutlich mehr wert gewesen.

d) Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig, auch wenn sie anders als die V.-AG den Motor EA 189 nicht entwickelt haben sollte.

Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft, vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann, ständige Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az. VI ZR 536/15, vom 07.05.2019, Az. VI ZR 512/17, zuletzt 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19.

Nicht nur das Verhalten der V.-AG, sondern auch der hiesigen Beklagten ist objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren, weil auch die beklagte A.-AG auf der Grundlage einer strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse Fahrzeuge in den Verkehr gebracht hat, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgaswerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. Damit ging eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden einher und es bestand die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder - untersagung der betroffenen Fahrzeuge. Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren, BGH aaO Rn. 16.

Auch die hier beklagte A.-AG hat nach Überzeugung des Senats das an sich erlaubte Ziel der Gewinnerhöhung ausschließlich dadurch erreicht, dass sie auf der Grundlage einer strategischen Unternehmensentscheidung die zuständige Typgenehmigungsbehörde und die für sie handelnden Technischen Dienste arglistig getäuscht hat. Die Einwände der Beklagten, dass das Zulassungsverfahren durch die V.-AG erfolgt ist und die Beklagte nur die Rechnungen und die für das Typgenehmigungsverfahren erforderlichen Testergebnisse erhalten hat, greifen aus nachfolgenden Gründen nicht durch.

aa) Verantwortlich für alle Belange des EG-Typgenehmigungsverfahrens und für die Übereinstimmung der Produktion bleibt die Beklagte als Herstellerin ihrer Fahrzeuge, vgl. Art. 5 der RL 2007/46/EG. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass allein die V.-AG Pflichten verletzt hätte, was ihr verborgen geblieben sei und ihr nicht zurechenbar sei, obwohl vorgetragen wird, dass die V.-AG im Auftrag der A.-AG gehandelt hat.

Fahrzeuge dürfen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nur zum Straßenverkehr zugelassen werden, wenn sie einer amtlichen Genehmigung entsprechen. Dabei ist für Personenkraftwaren die RL 2007/46/EG maßgeblich. Diese enthält eine Vielzahl von Einzelvorschriften für die verschiedenen technischen Systeme und Bauteile der Fahrzeuge. Die an die Abgasemissionen der Fahrzeuge zu stellenden Anforderungen regelt die VO (EG) 715/2007 und die dazu erlassene Durchführungsverordnung (EG) Nr. 692/2008. Die VO (EG) 715/2007 verpflichtet den Hersteller in Art. 5 Abs. 1, das Fahrzeug so auszurüsten, dass die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussenden Bauteile so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemeint sind damit die realen Betriebsbedingungen, die sich unter Umständen im Labor nicht vollständig nachbilden lassen. Ferner bestimmt Art. 5 Abs. 2, dass die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, grundsätzlich unzulässig ist.

Vor der Erteilung einer EG-Typgenehmigung ist das im Anhang II der (EG) Nr. 692/2008 geforderte Prüfverfahren durchzuführen, das näher in der UN-Regelung Nr. 83 beschrieben ist. Dabei prüft der Technische Dienst im Auftrag der Genehmigungsbehörde das Fahrzeug nach den Vorgaben der Vorschriften und erstellt über die ermittelten Ergebnisse einen Bericht. Obwohl Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007 zwar ein Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen deklariert, gab es aber damals kein Prüfverfahren, mit dem das Vorhandensein der hier verwendeten unzulässigen Abschalteinrichtung hätte ermittelt werden können. Das erleichterte die Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamtes.

Der Beklagten ist vorzuwerfen, dass sie mit der Abgabe der Beschreibungsunterlagen und ihrem Antrag auf Erteilung einer EG-Typgenehmigung eine eigene Erklärung gegenüber der Genehmigungsbehörde abgegeben hat, was die Verpflichtung einschloss, den Motor eigenständig auf Funktionsmäßigkeit und Gesetzesmäßigkeit zu überprüfen, weil mit dem Antrag auf Erteilung einer EG-Typgenehmigung zumindest konkludent erklärt wird, dass das Fahrzeug die gesetzlichen Vorschriften einhält und insbesondere über keine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt. Dem Anhang I der RL 2007/46/EG Ziffer 3 lässt sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch entnehmen, dass zur Antriebsmaschine eine Beschreibung des Systems zu erfolgen hat. Dass die V.-AG auch diese Beschreibungsunterlagen gefertigt und vorgelegt hat, wird von der Beklagten nicht vorgetragen, sondern nur, dass Mitarbeiter der Konzernmutter auch Fahrzeuge der Beklagten dem Technischen Dienst vorgestellt haben.

Im Übrigen hält der Senat aber auch die vollständige Übertragung des gesamten EG-Typgenehmigungsverfahrens auf die Konzernmutter nicht für zulässig und sieht darin ein Organisationsverschulden. Juristische Personen sind verpflichtet, den Gesamtbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass für alle wichtigen Aufgabengebiete, hier dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge, ein verfassungsmäßiger Vertreter zuständig sein muss, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft, vgl. BGH, Urteil vom 08.07.1980, Az. VI ZR 158/78. Die Beklagte kann sich ihrer haftungsrechtlichen Verantwortung nicht dadurch entziehen, dass sie einen so elementaren Teilbereich wie das EG-Typgenehmigungsverfahren der Konzernmutter überlässt.

Tut sie dies dennoch, dass muss sie sich auch das Wissen und die Absichten der V.-AG im Zusammenhang mit der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung nach § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Denn die Beklagte schildert selbst, dass die V.-AG in ihrem Auftrag tätig geworden ist, mithin eine rechtsgeschäftliche Handlung des Vertreters vorliegt. Wer sich im rechtsgeschäftlichen Verkehr bei der Abgabe von Willenserklärungen - hier dem Antrag auf Erteilung einer EG-Typgenehmigung - eines Vertreters bedient, muss es im schutzwürdigen Interesse des Adressaten hinnehmen, dass ihm die Kenntnis des Vertreters als eigene zugerechnet wird.

Oder anders ausgedrückt, wer sich zur Erledigung eigener Angelegenheiten Dritter bedient, muss sich deren Wissen zurechnen lassen, vgl. BeckOK, BGB Hau/ Poseck, 55. Edition, Stand 01.08.2020, Rn. 1 zu § 166 BGB.

bb) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass im Zulassungsverfahren die Emissionsgrenzwerte nur auf dem Rollenprüfstand geprüft werden und ihr es nicht möglich gewesen wäre, Prüfungen im realen Fahrbetrieb vorzunehmen. Unabhängig von den zur Verfügung stehenden Überprüfungsmöglichkeiten hätte die Beklagte jedenfalls bei der V.-AG nachfragen können, wie die Motorsteuerungssoftware programmiert ist, damit die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden können. Die Beklagte hätte sich auch ohne Weiteres von der Konzernmutter die entsprechenden Unterlagen geben lassen können. Insoweit wird nicht vorgetragen, dass man dies versucht hätte, aber von Seiten der Konzernmutter dies abgelehnt worden sei oder dass man solche Unterlagen bekommen hätte, die aber geschönt gewesen seien. Selbst das von der Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten von Prof. Dr. G. geht auf S. 23 davon aus, dass „die Möglichkeit der Aufdeckung der Abschalteinrichtung durch die A.-eigene Entwicklungsabteilung - vermittels einer grundlegenden Prüfung der Software bzw. einer Neuentwicklung von Testverfahren - nicht vollständig ausgeschlossen werden kann…“

cc) Hinzu kommen folgende Aspekte:

Zum Zeitpunkt der Entwicklung und des Einbaus des streitgegenständlichen Motors war das Spannungsverhältnis zwischen kostengünstiger Produktion und Begrenzung der Stickoxidemissionen allgemein bekannt. Die Beklagte ist ihrerseits Herstellerin von Dieselmotoren (nebst Steuerungstechnik), die serienmäßig bei Fahrzeugen des Konzerns zum Einsatz kommen. Dass sich kein Verantwortlicher bei der Beklagten dafür interessiert haben will, ob und wie die Konzernmutter bei dem Motor EA 189 diesen Konflikt gelöst haben könnte, erscheint nicht plausibel. Zudem hat zum damaligen Zeitpunkt der europäische Gesetzgeber das grundsätzliche Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen normiert, wodurch der oben beschriebene Zielkonflikt erneut Bedeutung gewann.

Letztlich ist aber sogar davon auszugehen, dass eine entsprechende Kenntnis von der Funktionsweise der Software bei der Beklagten vorhanden war. Die Beklagte hat nämlich den Vortrag der Klagepartei im Schriftsatz vom 05.10.2020, Seite 9 ff., Bl. 517 d.A., dahingehend, dass die hier streitgegenständliche Umschaltlogik eine Fortentwicklung der bei der Beklagten entwickelten „Akustikfunktion“ ist, nicht bestritten, so dass dieser Vortrag als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO. Im Hinblick auf den sehr konkreten Sachvortrag der Klagepartei kann ein Bestreiten der Beklagten nicht dem ansonsten erfolgten Vortrag entnommen werden. dd) Schließlich räumt die Beklagte auch ein, dass die grundsätzliche Entscheidung in Bezug auf die Verwendung des Motors EA 189 in den Jahren 2005/2006 von dem Produkt-Strategie-Komitee getroffen worden ist, dem auch Mitglieder des Vorstands angehörten. Dass das vorgenannte Komitee der Beklagten keine Kenntnis von den Details des Motors gehabt hat, dessen serienmäßiger Einsatz ab 2007 beschlossen worden ist, hält der Senat ebenfalls nicht für plausibel. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Einsatz des Motors in einer Vielzahl von Fahrzeugen angeordnet wird, die unstreitig beteiligten Vorstandsmitglieder sich aber bei dieser Entscheidung, die die Beklagte selbst wegen ihrer Bedeutung als „Meilenstein“ bezeichnet, nicht darüber informieren, welche Eigenschaften der Motor hat und wie es gelingt, das bekannte Problem der Einhaltung der Stickoxidwerte zu lösen. Die Beklagte trägt hier nicht einmal vor, welche Mitglieder des Vorstands diesem Komitee angehört haben, ob diese in Bezug auf ihren Kenntnisstand befragt worden sind und was gegebenenfalls die Antwort war. Der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast ist die Beklagte hier nicht in ausreichendem Maß nachgekommen.

Auch die Käufer von Fahrzeugen der hiesigen Beklagten vertrauten darauf, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und wurden darin arglistig getäuscht. Die Sittenwidrigkeit des Handelns ergibt sich aus dem nach Ausmaß und Vorgehen besonders verwerflichen Charakter der Täuschung von Kunden, der Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes unter Inkaufnahme nicht nur der Schädigung der Käufer, sondern auch der Umwelt allein im Profitinteresse.

e) Die subjektiven Voraussetzungen der Haftung nach § 826 BGB sind ebenfalls erfüllt. In subjektiver Hinsicht setzt § 826 BGB einen Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis der Kausalität des eigenen Verhaltens für den Eintritt des Schadens und der das Sittenwidrigkeitsurteil begründenden tatsächlichen Umstände voraus. Der Schädigungsvorsatz enthält ein Wissensund Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchsstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben und mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben, BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az. VI ZR 536/15.

Die Haftung einer juristischen Person nach § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB setzt zudem voraus, dass ihr „verfassungsmäßig berufender Vertreter“ den objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat. Die erforderlichen Wissens- und Wollenselemente müssen dabei kumuliert bei einem solchen Vertreter vorliegen, der auch den objektiven Tatbestand verwirklicht hat, eine mosaikartige Zusammensetzung der kognitiven Elemente bei verschiedenen Personen ist hingegen nicht zulässig, vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2019, Az. VI ZR 536/15. Darauf weist zutreffend auch das von der Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten hin, S. 15.

Der Senat geht nicht davon aus, dass eine Wissenszurechnung im Konzern die Haftung der Beklagten begründet. Der Umstand, dass die beteiligten Gesellschaften in einem Konzern verbunden sind, genügt nämlich für sich genommen nicht, um eine Wissenszurechnung zu begründen, vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1089, Az. IV a ZR 177/88, Rn. 14, OLG Stuttgart, Urteil vom 04.09.2019, Az. 13 U 136/18, MüKomm. BGB, 7. Auflage 2018, § 166 Rn. 61.

Die Haftung der Beklagten beruht vielmehr - wie schon ausgeführt - auf ihrem eigenen deliktischen Handeln, dem von ihr zu verantwortenden Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs.

Im Hinblick auf den neuen Vortrag im Schriftsatz vom 07.10.2020 ist die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast in größerem Umfang als bisher nachgekommen, weil sie zur Organisationsstruktur, der Arbeitsorganisation, den damaligen internen Zuständigkeiten, den Berichtspflichten und den von ihr veranlassten Ermittlungen näher vorgetragen hat. Diese neuen tatsächlichen Ausführungen, die von der Klagepartei nicht bestritten worden sind, legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde, weil unstreitiger Tatsachenvortrag nie verspätet ist. Die Beklagte argumentiert allerdings damit, dass schon keine belastbaren Anhaltspunkte für eine Kenntnis der Vorstandsmitglieder im aktienrechtlichen Sinn oder von potentiellen Repräsentanten bestünden, weshalb ein vertieftes Vorgehen nicht angezeigt sei und keine Verpflichtung zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen von Seiten des Aufsichtsrats bestehe. Dies teilt der Senat aus nachfolgenden Gründen nicht. Auch die subjektiven Voraussetzungen für eine Haftung nach § 826 BGB sind erfüllt.

aa) Zur Produktion erklärt die Beklagte nunmehr, dass bereits in den Jahren 2005/2006 vom Produkt-Strategie-Komitee, dem auch nicht namentlich benannte Mitglieder des Vorstands angehört haben, die grundsätzliche Entscheidung getroffen worden ist, dass in bestimmten Fahrzeugen der Beklagten der von der Konzernmutter entwickelte Motor vom Typ EA 189 eingebaut wird, was letztlich ab 2007 zu einem serienmäßigen Einsatz geführt hat. Die Beklagte behauptet dazu weiter, dass weder Organe noch Repräsentanten, nicht einmal Werksmitarbeiter der Beklagten Kenntnis von den Details des Motors, insbesondere der Software gehabt hätten, weil diese verriegelt war und so vom Konzernserver in der Fertigung aufgespielt worden ist. Dies hält der Senat - wie oben bereits ausgeführt - nicht für plausibel. Es ist nicht nachvollziehbar, dass das oben genannte Komitee, dem unstreitig auch Organe der Beklagten angehört haben, den Einsatz eines Motors in eigenen Fahrzeugen befürwortet, sich aber keine Gedanken darüber macht, wie der Motor funktioniert, welche Eigenschaften er hat und wie es gelingt, die entsprechenden Stickoxidgrenzwerte einzuhalten. Bei dem Motor handelt es sich um das Kernstück des Fahrzeugs und bei der Verwendung um eine grundlegende, eine Vielzahl von Fahrzeugen betreffende Strategieentscheidung, die mit erheblichen persönlichen Haftungsrisiken für die entscheidenden Personen verbunden ist. Da die Beklagte auch selbst Dieselmotoren entwickelt und die Frage, wie die gesetzlichen Grenzwerte technisch und wirtschaftlich kostengünstig eingehalten werden können unter Kfz-Herstellern zu der damaligen Zeit ein Hauptthema war, kann nicht nachvollzogen werden, dass die Beklagte kein Interesse daran hatte zu wissen, wie es der Mutterkonzern geschafft hat, die strengen Grenzwerte einzuhalten. Es scheint ausgeschlossen, dass die Beklagte den von der Konzernmutter entwickelten Motor ohne eigene Prüfung und Kenntnis der wesentlichen Merkmale „blind“ in ihre eigenen Fahrzeuge eingebaut hat. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass im Unternehmen der Beklagten mindestens ein handelnder Repräsentant an der Entscheidung über die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung beteiligt war. Dies folgt schon aus der Tragweite der Entscheidung., aber auch aus den gesamten Umständen.

Deshalb kann auch vorliegend - entgegen den Ausführungen im Rechtsgutachten Grigoleit, Seite 17 ff. - in Bezug auf die Frage der personalen Anknüpfung - wie es der BGH in dem Urteil vom 25.05.2020 getan hat - auf die bewusste Beteiligung mindestens eines Organmitglieds an der grundlegenden strategischen Entscheidung abgestellt werden.

bb) Die Beklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, dass sie den Motor samt Software nur als externes Produkt von der V.-AG zugekauft hat und dieser vertrauen durfte. Der Bundesgerichtshof hat in der von der Beklagten zitierten Entscheidung vom 03.06.1975, Az. VI ZR 192/73, ausgeführt, dass einem Unternehmer, der für die von ihm hergestellten Geräte vorgefertigte Einbauteile verwendet, grundsätzlich die Sorgfaltspflichten eines Herstellers obliegen. Davon kann es zwar Ausnahmen geben, wovon hier allerdings schon wegen der Bedeutung des Motors für das Fahrzeug keine Rede sein kann. Die Beklagte durfte sich vorliegend nicht allein auf die fachliche Betriebserfahrung ihrer Konzernmutter und deren durchgeführte Prüfungen verlassen. Sie hätte vielmehr die konkreten Eigenschaften bei der V.-AG erfragen müssen und sich selbst von der mangelfreien Beschaffenheit des Motors im Hinblick auf ihre eigene Verantwortlichkeit im EG-Typgenehmigungsverfahren überzeugen müssen. Der Auffassung von Prof. Dr. G. auf Seite 22 ff. des Gutachtens folgt der Senat aus den obigen Gründen nicht.

Was das Zulassungsverfahren betrifft, zu dem die Beklagte - von dem Kläger nicht bestritten - vorträgt, dass hier nur Mitarbeiter der V.-AG gehandelt hätten, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Die Beklagte hat gegenüber der EG-Typgenehmigungsbehörde eine eigene Erklärung abgegeben und zumindest konkludent erklärt, dass die dem Technischen Dienst von der V.-AG vorgestellten Fahrzeuge keine unzulässigen Abschalteinrichtungen enthalten und den Gesetzen entsprechen. Da dies tatsächlich nicht zutraf, ist das Verhalten der Beklagten als vorsätzlich zu bewerten, weil die Folgen des Handelns bewusst in Kauf genommen worden sind. Selbst wenn man dies nicht so sehen wollte, hält der Senat aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte die Durchführung des EG-Typengnehmigungsverfahrens vollständig und ohne weitere Kontrolle der Konzernmutter überlassen hat, eine Zurechnung des bei der V.-AG zweifelsfrei vorhandenen Täuschungs- und Schädigungsvorsatzes entsprechend § 31 BGB für gerechtfertigt.

f) Auf der Basis der getroffenen Feststellungen ist damit von einem Schädigungsvorsatz der handelnden Personen auszugehen, die von den sittenwidrigen, strategischen Unternehmensentscheidungen Kenntnis hatten. Nicht nur der objektive Tatbestand, sondern auch sämtliche für den Vorsatz nach § 826 BGB erforderlichen Wissens- und Wollenselemente sind damit bei den entsprechenden Entscheidungsträgern verwirklicht. Vorstandsmitglieder oder Repräsentanten, die in eigener oder zurechenbarer Kenntnis der Funktionsweise der Software ihren serienmäßigen Einsatz in Motoren anordnen oder nicht unterbinden, billigen ihn auch und sind sich der Schädigung der späteren Fahrzeugerwerber bewusst.

2. Die Beklagte hat deshalb gemäß §§ 826, 31, 249 ff. BGB dem Kläger sämtliche aus der sittenwidrigen Schädigung resultierende Schäden zu ersetzen.

Die Klagepartei kann damit den von ihr aufgewendeten Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des erlangten Fahrzeugs an die Beklagte zurückverlangen. Sie muss sich aber dasjenige anrechnen lassen, was ihr durch das schädigende Ereignis zugeflossen ist. Dass die Grundsätze der Vorteilsausgleichung auch bei einem Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB anzuwenden sind, hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19, ausdrücklich bestätigt, Rn. 66 ff. Er hat auch ausgeführt, dass dem keine europarechtlichen Normen entgegenstehen. Der Senat nimmt auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs Bezug, aaO, Rn. 73 ff.

Geklärt ist mit dieser Entscheidung weiter, dass die vom Landgericht vorgenommene Berechnungsweise nach der Formel Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer / Restlaufleistung keinen rechtlichen Bedenken unterliegt und die Höhe der gezogenen Vorteile nach § 287 ZPO geschätzt werden kann. Vorliegend hatte das Neufahrzeug beim Erwerb durch den Kläger einen Kilometerstand 0 km. Bis zum 19.10.2020 ist der Kläger mit dem Fahrzeug 217.860 km gefahren. Dies hat die Beklagte im Termin vor dem Senat unstreitig gestellt. Damit ergibt sich folgende Rechnung: Bruttokaufpreis von 39.608,19 € mal 217.860 km dividiert durch 300.000 km Gesamtlaufleistung. Damit ergibt sich eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer in Höhe von 28.763,47 €, die vom Kaufpreis abzuziehen ist, so dass 10.844,72 € verbleiben. Hinzu kommen noch die Finanzierungskosten in Höhe von insgesamt 7.594,48 €. Es verbleibt somit ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 18.433,86 €. Die zu erwartende Gesamtlaufleistung schätzt der Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens gemäß § 287 ZPO wie das Landgericht auf 300.000 km, da von einer durchschnittlichen Laufleistung des verbauten 2.0 l TDI Dieselmotors auszugehen ist. In der Entscheidung vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19 hat der Bundesgerichtshof bei einem VW Sharan mit einem 2.0 TDI Motor ebenfalls die Annahme von 300.000 km Gesamtfahrleistung gebilligt.

3. Dem Kläger stehen entgegen den Ausführungen des Landgerichts Zinsen nur ab Rechtshängigkeit zu, §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, mithin ab dem 19.02.2019. Die Beklagte befand sich nicht bereits vor der Zustellung der Klageschrift im Schuldnerverzug, § 286 BGB. Zwar hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers außergerichtlich gegenüber der Beklagten die Ansprüche mit Anwaltsschreiben vom 15.12.2018 angemeldet und eine Frist bis zum 21.12.2018 gesetzt. Jedoch ist dieses Schreiben nicht geeignet, einen Schuldnerverzug der Beklagten zu begründen, weil der Abzug einer Nutzungsentschädigung zwar angeboten, ein Kilometerstand aber nicht mitgeteilt worden ist, so dass von einer Zuvielforderung auszugehen ist. Die Beklagte wäre nur dann in Schuldnerverzug geraten, wenn seitens des Klägers die ihr obliegende Gegenleistung ordnungsgemäß angeboten worden wäre, vgl. BGH aaO, Rn. 85.

4. Der Antrag auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet, hätte ebenfalls nicht festgestellt werden dürfen. Der Feststellungsantrag zum Annahmeverzug ist zwar zulässig, vgl. §§ 756, 726 Abs. 1 ZPO, der Antrag ist aber unbegründet, weil die Voraussetzungen der §§ 293, 295 BGB vorliegend nicht erfüllt sind. Das außergerichtliche Anwaltsschreiben der Klagepartei war - wie oben ausgeführt - nicht geeignet, den Annahmeverzug zu begründen, weil der Kläger die Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs nicht zu den Bedingungen angeboten hat, von denen er diese hätte abhängig machen dürfen. Ein zur Begründung des Annahmeverzugs auf Seiten der Beklagten geeignetes Angebot ist unter diesen Umständen nicht gegeben. Der Kläger hat im Übrigen im Lauf des Rechtsstreits seine Meinung zum Abzug einer Nutzungsentschädigung geändert und verfolgt noch mit der Berufung das Ziel, dass keine Anrechnung vorgenommen wird.

5. Einen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bejaht der Senat, anders als das Landgericht, nicht. Grundsätzlich können zwar außergerichtliche Rechtsanwaltskosten Teil des Schadens nach § 826, 249 ff. BGB sein, vorliegend ist aber aufgrund der zeitlichen Abfolge zwischen außergerichtlichem Anspruchsschreiben und Klageeinreichung zum einen davon auszugehen, dass die Klagepartei bereits vorab einen unbedingten Klageauftrag erteilt hatte. Zum anderen fehlt es an der notwendigen Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit für die vorgerichtliche Tätigkeit. In dem außergerichtlichen Schreiben vom 15.12.2018 (Samstag) wurde eine äußerst kurze Frist, nämlich bis zum 21.12.2018 (Freitag) gesetzt. Noch vor Fristablauf und bereits unter diesem Datum wurde die Klage verfasst, die bereits am 22.12.2018 bei Gericht eingereicht wurde. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägervertreter ernsthaft angenommen haben, das Schreiben könne zu einer einvernehmlichen Streitbeilegung ohne gerichtliches Verfahren führen. Die Tätigkeit, die zum Anfall der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten geführt hat, kann bei dieser Sachlage nicht als zweckmäßig und notwendig angesehen werden.

B.

Berufung des Klägers:

1. Wie oben unter A. 2. bereits ausgeführt, hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass sich der Kläger im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen muss. Dies hat der BGH in dem Urteil vom 25.05.2020, aaO, Rdnr. 64 ff., ausdrücklich bestätigt und ausgeführt, dass der Geschädigte im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht besser gestellt werden darf, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Soweit der Kläger darauf abstellt, dass er das Fahrzeug gar nicht hätte nutzen dürfen, so dürfte dies im Hinblick auf die Reaktion des Kraftfahrt-Bundesamtes, das lediglich eine Nebenbestimmung zur Typgenehmigung erlassen hat, nicht zutreffen, es bleibt aber auch dabei, dass der Kläger das Fahrzeug unstreitig tatsächlich genutzt hat.

Der Bundesgerichtshof hat sich in der genannten Entscheidung auch mit der Problematik des Unionsrechts auseinander gesetzt und überzeugend begründet, weswegen der Abzug von 21 U 7238/19 - Seite 17 - Nutzungen nicht unionsrechtswidrig ist. Darauf nimmt der Senat Bezug, weil kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der höchstrichterlichen Entscheidung zu zweifeln. Die von der Klagepartei zitierten landgerichtlichen Entscheidungen sind im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Jahr 2020 überholt.

III.

Die Kostenquote entspricht dem jeweiligen Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien, §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, wobei in Bezug auf die vom Kläger geltend gemachten deliktischen Zinsen, 4% aus 47.202,33 € für den Zeitraum von 14.02.11 bis 21.12.2018 ein fiktiver Streitwert von gerundet 13.253 € anzusetzen war (nicht 16,713,56 €, die das Landgericht auf Seite 16 des Urteils errechnet hat), um der Zuvielforderung Rechnung zu tragen. Der fiktive Streitwert erster und zweiter Instanz beträgt damit 60.455,69 €. Die unterschiedliche Kostenquote für die erste und zweite Instanz ergibt sich aus der Höhe der abgezogenen Nutzungsentschädigung.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, Nr. 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Einige wesentliche Punkte sind zwar durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.05.2020 geklärt, offen ist jedoch die Frage, ob auch die Konzerntöchter der V.-AG, insbesondere die Beklagte, für die von ihnen hergestellten Fahrzeuge deliktisch haften. Diese Frage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten.

 Verkündet am 30.11.2020

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