Endurteil vom Oberlandesgericht München - 21 U 7307/19

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 22.11.2019, Az. 41 O 2463/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.058,66 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.02.2019 Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi A 5 Sportback 2.0 TDI mit der Fahrgestellnummer …81 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Kläger 45% und die Beklagte 55%, von den Kosten des Rechtsstreits zweiten Instanz hat der Kläger 48% und die Beklagte 52% zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb eines vom sog. Dieselabgasskandal betroffenen Fahrzeugs geltend.

Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 03./11.11.2014 (Anlage K 1) den hier streitgegenständlichen gebrauchten Pkw Audi A 5 Sportback 2.0 TDI mit einem km-Stand von 27.500 km zu einem Kaufpreis von 29.970,00 €. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger mit dem Fahrzeug 135.803 km zurückgelegt.

Zum Zeitpunkt des Kaufs befand sich in dem Fahrzeug, das von der Beklagten hergestellt ist, ein von der V. AG (VW-AG) entwickelter und produzierter Dieselmotor des Typs EA 189 (EU5) nebst einer Motorsteuerungssoftware, die erkennt, ob das Fahrzeug auf dem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus unterzogen wird. Es wird in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxidoptimierten Modus, geschaltet. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstandes schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Grundlage der Erteilung der Typgenehmigung sind die Abgasmessungen auf dem Prüfstand.

Die Beklagte hatte, wie sie in der Berufung unbestritten vorgetragen hat, in den Jahren 2005/ 2006 durch ihr Produkt-Strategie-Komitee, welches sich aus Mitgliedern des Vorstands sowie Mitgliedern aus den Fachabteilungen zusammensetzte, beschlossen, dass der von VW entwickelte Motor in bestimmten Fahrzeugen der Beklagten serienmäßig eingebaut wird. Der erste Einsatz erfolgte im Jahr 2007. Die Beklagte erwarb den Motor samt Software als externes Produkt von der VW-AG zur Verwendung in ihren Fahrzeugen. Die Hardware der Motorsteuerungsgeräte erhielt die Beklagte von den Zulieferern B. oder C. Ohne Einflussmöglichkeit von Mitarbeitern der Beklagten wurde die auf das jeweilige Fahrzeug abgestimmte Software ab 2008 auf den automatisierten Fertigungslinien der Beklagten vom Konzernserver der VW-AG heruntergeladen. Die Software war zur Vermeidung von Einflussnahme außerhalb der Entwicklungsverantwortung verriegelt.

Im Auftrag der Beklagten organisierte die Konzernmutter das EG-Typengenehmigungsverfahren. Von Mitarbeitern der VW-AG wurden die entsprechenden Fahrzeuge der Beklagten dem Technischen Dienst vorgestellt. Die Beklagte bekam lediglich die Rechnung und die Protokolle mit den für die Emissions-Typgenehmigungsverfahren erforderlichen Testergebnissen.

Die Verwendung der von der Beklagten als „Umschaltlogik“ bezeichneten Steuerungsoftware wurde dem Kraftfahrt-Bundesamt weder von der VW-AG noch von der Beklagten im Rahmen der Tests zur Erreichung der Typgenehmigung offengelegt. Erst am 22.09.2015 veröffentlichte die VW-AG eine Ad-hoc-Mitteilung, mit der Auffälligkeiten bei Fahrzeugen mit dem Motor vom Typ EA 189 eingeräumt wurden. Dem Kraftfahrtbundesamt war es mit den damals zur Verfügung stehenden Tests nicht möglich, die Umschaltlogik zu erkennen.

Nach Bekanntwerden der Softwareproblematik verpflichtete das Kraftfahrtbundesamt die Beklagte zur Entfernung der als unzulässige Abschalteinrichtung qualifizierten „Umschaltlogik“ und dazu, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen. Daraufhin wurde ein Software-Update entwickelt, welches am 18.07.2016 auf das Fahrzeug des Klägers aufgespielt worden ist.

Mit Anwaltsschreiben vom 14.12.2018 forderten die Prozessbevollmächtigte der Klagepartei die Beklagte vergeblich zur Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung auf (wobei der Kilometerstand des Fahrzeugs allerdings nicht mitgeteilt wurde), Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten bis zum 20.12.2018 auf. Die auf den 21.12.2018 datierte Klage ging am 22.12.2018 bei Gericht ein und wurde der Beklagten am 18.02.2019 zugestellt.

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass er von der Beklagten vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sei. Der im Fahrzeug verbaute Motor sei mit Wissen des Vorstands der Beklagten mit einer Betrugssoftware versehen worden, um die Behörden über die Einhaltung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte zu täuschen und auf diese Weise preiswerte und scheinbar saubere Dieselfahrzeuge in hoher Stückzahl veräußern zu können. Hierdurch hätten sich die Beklagte und die VW-AG gegenüber der Konkurrenz über den geringeren Preis einen entscheidenden Marktvorteil verschafft. Die Entwicklungsabteilung der VW-AG und der Beklagten hätten nicht ohne Kenntnis des Vorstandes entschieden, die sog. „Bosch-Software“ weiter zu entwickeln und serienmäßig in den Motorserien der konzernangehörigen Fahrzeuge einzubauen. Auch sei aufgrund von Überkreuzregelungen im Vorstand der Beklagten und der VW-AG, der arbeitsteiligen Kooperation, der komplexen Logistik und Anpassung der Technik an die Fahrzeuge sowie der bekannten Problematik der Einhaltung der Abgaswerte ohne Langzeitschäden an Motor und Partikelfilter von einer gemeinsamen und bewussten Entscheidung auf der Vorstandsebene der Beklagten und der VW-AG auszugehen, die Betrugssoftware trotz der Warnungen der Fa. B. in die Fahrzeuge zu implementieren. Auch aufgrund der Organisationsstruktur der Beklagten sei ausgeschlossen, dass die Bestellung, Implementierung, Adaption und Bezahlung der Betrugssoftware nicht auf der höchsten Ebene des Unternehmens veranlasst worden sei.

Der Kläger habe dadurch ein Fahrzeug erhalten, das wegen des überhöhten Schadstoffausstoßes nicht über eine gültige Genehmigung auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung verfüge. Es habe die Gefahr bestanden, dass das Fahrzeug stillgelegt werden muss. Das Fahrzeug habe zudem einen erheblichen Wertverlust erlitten. Der Kläger hätte den Wagen nicht gekauft, wenn er von der Manipulation der Abgaswerte im Prüfverfahren und der dadurch drohenden Folgen gewusst hätte.

Die Beklagte hingegen hält Schadensersatzansprüche des Klägers nicht für gegeben. Sie meint, das Fahrzeug enthalte gar keine unzulässige Abschalteinrichtung und bestreitet, dass dem Kläger ein Schaden entstanden sei. Eine sittenwidrige Schädigung durch die Beklagte liege nicht vor, auch fehle es an der Kausalität zwischen angeblicher Täuschung und Schaden. Jedenfalls sei ein etwaiger Schaden durch das Aufspielen des Updates entfallen. Eine - unterstellt von der Beklagten verursachte - Fehlvorstellung des Klägers über die Schadstoffemission sei für deren Kaufentscheidung nicht maßgeblich gewesen. Eine Haftung der Beklagten scheide auch deshalb aus, weil sie den Motor nicht entwickelt habe. Ihr seien weder Kenntnisse noch Entscheidungen der VW-AG zuzurechnen. Konkret verantwortliche Personen könne der Kläger nicht benennen, schon daran scheitere die Haftung, zumal die Beklagte nur für ihre Organe einzustehen habe. Eine sekundäre Darlegungslast treffe die Beklagte nicht. Abgesehen davon hätte die Beklagte nach dem Stand der Ermittlungen keine Erkenntnisse dazu, dass Vorstandsmitglieder im aktienrechtlichen Sinn die Entwicklung der Umschaltlogik für den Motor EA 189 in Auftrag gegeben oder gebilligt hätten.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 22.11.2019 im Wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich der klägerischer Anspruch u.a. aus § 826 BGB ergebe. Die Beklagte habe durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs unter Verschweigen der gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung dem Kläger vorsätzlich und in gegen die guten Sitten verstoßender Weise einen Schaden zugefügt. Die schädigende Handlung sei der Beklagten zuzurechnen. Ein eigenmächtiges Handeln von Mitarbeitern, die nicht als Repräsentanten anzusehen sind, sei zur Überzeugung des Gerichts nicht vorstellbar. Die Programmierung der in Rede stehenden Software setze eine aktive und ergebnisorientierte präzise Programmierung der Motorsteuersoftware voraus. Die Annahme einer fahrlässigen Herbeiführung sei ausgeschlossen. Das Verhalten der Beklagten verstoße gegen die guten Sitten, weil die Täuschung der Beklagten der Kostensenkung gedient habe und durch scheinbar umweltfreundliche Prüfstandwerte Wettbewerbsvorteile erzielt worden seien. Durch die Bindung an den nicht erwartungsgerechten Vertrag sei dem Kläger ein Schaden entstanden, der den Anspruch auf Rückabwicklung auslöse. Der Kläger müsse sich aber den Abzug von Gebrauchsvorteilen in Form einer Nutzungsentschädigung gefallen lassen. Die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs könne auf 300.000 km geschätzt werden.

Nach fruchtloser Mahnung sei der klägerische Anspruch zu verzinsen. Deliktische Zinsen könnten jedoch nicht verlangt werden, der Freistellungsanspruch für außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sei nur in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzusprechen. Ein Annahmeverzug der Beklagten wurde festgestellt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Gegen das Urteil wenden sich beide Parteien mit ihrer Berufung.

Der Kläger hat die Berufung teilweise mit Schriftsatz vom 09.10.2020 (Bl. 460 f) zurückgenommen.

Er verfolgt mit der Berufung nur noch das Ziel eines geringen Abzugs für gezogene Nutzungen. Er meint, das Landgericht hätte eine Gesamtlaufleistung von mindestens 350.000 km zugrunde legen müssen. Die Beklagte habe erstinstanzlich weder in ihren Schreiben, noch in der mündlichen Verhandlung eine Berechnungsgrundlage für die Nutzungsentschädigung vorgetragen, damit hätte die vom Kläger vorgetragene Gesamtlaufleistung zugrunde gelegt werden müssen. Eine Schätzung sei nicht möglich, weil es an einem tatsächlichen Vortrag der Beklagten fehle und die Höhe der Gesamtlaufleistung nicht streitig gewesen sei. Bei einem entsprechenden gerichtlichen Hinweis hätte der Kläger Auszüge aktueller Angebote aus dem Internet präsentiert, wonach Fahrzeuge mit einer Laufleistung weit jenseits der 300.000 km noch zum Verkauf angeboten werden würden. Auch hätte ein Sachverständigengutachten erholt werden müssen. Dem angefochtenen Urteil sei nicht zu entnehmen, worauf die Sachkunde des Gerichts beruhe. Die Gesamtlaufleistung zu beurteilen sei eine technisch schwierige Fragestellung, die nicht allgemein vom Gericht geschätzt werden könne.

Was die Berufung der Beklagten betrifft, so verteidigt der Kläger die erstinstanzliche Entscheidung und ist der Meinung, dass weder eine Verletzung von Verfahrensrecht noch eine Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht vorliege. Zu Recht habe das Landgericht - wie auch der erkennende Senat im Urteil vom 08.06.2020, Az. 21 U 4760/19 - eine Haftung der Beklagten bejaht. Die Beklagte sei für die implementierte unzulässige Abschalteinrichtung in Form einer Umschaltlogik verantwortlich, die ursprünglich von der Beklagten als sog. „Akustikfunktion“ entwickelt und in ihren Fahrzeugen eingesetzt wurde. Dem Kläger sei - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend festgestellt habe - ein Schaden entstanden, weil er ein Fahrzeug erworben habe, das nicht seinen Vorstellungen entsprochen habe. Der Schaden sei auch nicht durch das Software-Update entfallen. Auch bei der Frage der Kausalität lägen keine Verfahrensfehler vor. Die zugesprochenen Nebenentscheidungen seien ebenfalls nicht zu beanstanden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ingolstadt, Az. 41 O 2463/18, verkündet am 22.11.2019 und zugestellt am 02.12.2019, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.650,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2018 zu zahlen und im Übrigen die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das am 22.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Ingolstadt, 41 O 2463/18 im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Landgericht der Klage rechtsfehlerhaft stattgegeben und zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch bejaht habe. In der Berufungsbegründung vom 28.02.2020 wiederholt die Beklage im Wesentlichen ihren bereits erstinstanzlich erfolgten Vortrag und stellt insbesondere darauf ab, dass die Beklagte nur Herstellerin des Fahrzeugs sei, den im Fahrzeug verbauten Motor des Typs EA 189 aber nicht entwickelt habe.

Mit Schriftsätzen vom 04.09.2020, Bl. 419 ff d.A., und 13.10.2020, Bl. 460 ff d.A., hat die Beklagte ihren diesbezüglichen Vortrag noch vertieft und ergänzt. Sie legt dar, weswegen aus ihrer Sicht die inzwischen ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Haftung der VW-AG auf vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen werden könne. Sie meint, sie habe keinen Anlass gehabt, die von der VW-AG entwickelten Motoren im Rahmen oder in Vorbereitung des Typgenehmigungsverfahrens eigenständig zu überprüfen. Die Beklagte habe - wie im Bereich der Zulieferung von Produkten durch externe Firmen - der VW-AG vertrauen können und keine Verpflichtung gehabt, eigene Tests durchzuführen. Die Beklagte habe bis heute keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass Vorstandsmitglieder im aktienrechtlichen Sinne oder potentielle Repräsentanten bei Inverkehrbringen des Fahrzeugs oder bei Kaufvertragsabschluss Kenntnis von der „Umschaltlogik“ gehabt hätten. Die Haftung der Beklagten könne weder auf angebliche Sorgfaltspflichtverletzungen, noch auf vermeintliches Organisationsverschulden noch auf eine konzernweite Wissenszusammenrechnung gestützt werden. Insoweit verweist die Beklagte auf ein von ihr in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten von Prof. Dr. G. vom 21.09.2020.

Die Berufung des Klägers sei unbegründet. Der Nutzungsersatz sei der Höhe nach zutreffend ausgeurteilt worden und die vom Landgericht vorgenommene Schätzung nicht zu beanstanden. Eine exakte Berechnung könne schon deshalb nicht vorgenommen werden, weil die Gesamtlaufleistung eines konkreten Fahrzeugs u.a. von der individuellen Nutzung und weiteren Einzelfaktoren, wie regelmäßige Wartung und fachgerechte Ausführung von Reparaturen, abhänge. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Ermittlung der individuellen Gesamtlaufleistung stehe vorliegend zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis.

Im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründungen der Parteien sowie die weiteren in der Berufung eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat über den Rechtsstreit am 02.11.2020 mündlich verhandelt. In diesem Termin erklärte die Beklagte, ihren Antrag auf Parteieinvernahme des Klägers nicht mehr aufrechtzuerhalten. Im Einzelnen wird auf das Sitzungsprotokoll, Bl. 518 ff. d.A., verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, die Berufung der Beklagten hat nur in soweit Erfolg, als sich die vom Kaufpreis in Abzug zu bringende Nutzungsentschädigung aufgrund der unstreitig erfolgten weiteren Nutzung des Fahrzeugs erhöht hat. Erfolg hat die Berufung der Beklagten weiter in Bezug auf vom Landgericht getroffene Nebenentscheidungen, nämlich den festgestellten Annahmeverzug, einen Teil der Zinsen sowie der Verurteilung zur Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Im Ergebnis hat das Landgericht aber zur Recht angenommen, dass die Beklagte der Klagepartei nach § 826 BGB haftet. Auch unter Berücksichtigung des neuen tatsächlichen Vorbringens der Beklagten zur Organisationsstruktur, der Arbeitsorganisation, den damaligen internen Zuständigkeiten, den Berichtspflichten und den von ihr veranlassten Ermittlungen im Schriftsatz vom 13.10.2020, das der Kläger nicht weiter bestritten hat, sieht der Senat die Voraussetzungen für eine Haftung als erfüllt an.

Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV kommt hingegen nicht in Betracht, da die Normen der EG-FGV nicht das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht von einzelnen Käufern schützt, vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az. VI ZR 5/20.

A.

Berufung der Beklagten:

1. In weiten Teilen kann bezüglich der Haftung der Beklagten nach § 826 BGB auf die grundsätzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Bezug auf die Konzernmutter, die VW-AG, Bezug genommen werden, Urteil vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19. Die dort getroffenen Aussagen zur Frage der Täuschung, der Sittenwidrigkeit, des Vorliegens eines Schadens, der Kausalität, der Verpflichtung zu einer sekundären Darlegungslast und Teilen der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen können auch auf vorliegende Fallgestaltung übertragen werden. Gründe, die Sach- und Rechtslage vorliegend anders zu beurteilen, sind nicht ersichtlich.

Zentraler und höchstrichterlich noch nicht geklärter Streitpunkt des Verfahrens ist die Frage, ob für den unstreitigen Einsatz der „Umschaltlogik“ im Fahrzeug des Klägers auch die Beklagte deliktisch haftet oder nur die in diesem Verfahren nicht beteiligte VW-AG. Der Senat sieht eine Haftung der hiesigen Beklagten nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Kläger nicht allein aufgrund einer Zurechnung fremden Fehlverhaltens, sondern im Kern aufgrund eigenen deliktischen Handelns. Dies beruht auf dem von der Beklagten zu verantwortenden Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit einer manipulativen, auf Täuschung ausgerichteten unzulässigen Abschalteinrichtung.

a) Das Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit einem Motor, der über eine nicht offen gelegte Abschalteinrichtung bzw. Umschaltlogik verfügt, stellt eine konkludente Täuschung der Klagepartei durch die Beklagte dar, weil die Käufer der bemakelten Fahrzeuge, gleichgültig, ob sie das Fahrzeug neu oder gebraucht erwarben, arglos davon ausgingen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Die Käufer durften darauf vertrauen, dass das erworbene Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden kann, über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt und die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren rechtmäßig durchlaufen worden sind. Tatsächlich enthielt der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs jedoch zum Zeitpunkt des Kaufs eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007, weil der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb gezielt durch den Einsatz einer entsprechenden Motorsteuerungssoftware reduziert worden ist. Die Technik war nicht nur zweifelsfrei unzulässig, sie diente vielmehr der gezielten Täuschung über die Einhaltung der zulässigen Abgaswerte. Dies hatte zur Folge, dass die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde bestand und ein weiterer Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr möglicherweise nicht (mehr) möglich war, vgl. BGH Urteil vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19.

b) Durch diese Täuschung entstand dem Kläger als Käufer eines vom sog. Dieselabgasskandal betroffenen Fahrzeugs ein Schaden, der in dem Abschluss des Kaufvertrags als ungewollte Verbindlichkeit zu sehen ist. Dieser Schaden ist auch nicht durch das später durchgeführte Software-Update entfallen, vgl. BGH aaO vom 25.05.20, Rn. 44 ff.

c) Der Schaden in Form des Kaufvertragsabschlusses wurde durch das Handeln der Beklagten verursacht. Die haftungsbegründende Kausalität zwischen schädigender Handlung der Beklagten und dem Eintritt des Schadens beim Kläger ist zu bejahen, weil bereits die allgemeine Lebenserfahrung die Annahme rechtfertigt, dass ein Käufer, der ein Fahrzeug zur eigenen Nutzung erwirbt, bei der bestehenden Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung von dem Erwerb des Fahrzeugs abgesehen hätte, vgl. BGH aaO Rn 51. Im Hinblick darauf bestand die Beklagte auch nicht weiter auf einer Parteieinvernahme des Klägers, zumal dieser in 1. Instanz auch angehört worden ist und dort dargelegt hat, dass er aufgrund persönlicher Umstände auf ein umweltfreundliches, sauberes Fahrzeug Wert gelegt habe.

d) Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig, auch wenn sie - wie sie vorträgt - den Motor EA 189 nicht entwickelt haben sollte.

Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft, vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann, ständige Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az. VI ZR 536/15, vom 07.05.2019, Az. VI ZR 512/17, zuletzt 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19.

Nicht nur das Verhalten der VW-AG, sondern auch der hiesigen Beklagten ist objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren, weil auch die beklagte A. AG auf der Grundlage einer strategischen Entscheidung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse Fahrzeuge in den Verkehr gebracht hat, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgaswerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. Damit ging eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden einher und es bestand die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder - untersagung der betroffenen Fahrzeuge. Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren, BGH aaO Rn. 16.

Auch die hier beklagte A. AG hat nach Überzeugung des Senats das an sich erlaubte Ziel der Gewinnerhöhung ausschließlich dadurch erreicht, dass sie auf der Grundlage einer strategischen Unternehmensentscheidung die zuständige Typgenehmigungsbehörde und die für sie handelnden Technischen Dienste arglistig getäuscht hat. Die Einwände der Beklagten, dass das Zulassungsverfahren durch die VW-AG erfolgt ist und die Beklagte nur die Rechnungen und die für das Typgenehmigungsverfahren erforderlichen Testergebnisse erhalten hat, greifen aus nachfolgenden Gründen nicht durch.

aa) Verantwortlich für alle Belange des EG-Typgenehmigungsverfahrens und für die Übereinstimmung der Produktion bleibt die Beklagte als Herstellerin ihrer Fahrzeuge, vgl. Art. 5 der RL 2007/46/EG. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass allein die VW-AG Pflichten verletzt hätte, was ihr verborgen geblieben sei und ihr nicht zurechenbar sei, obwohl vorgetragen wird, dass die VW-AG im Auftrag der A. AG gehandelt hat.

Fahrzeuge dürfen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nur zum Straßenverkehr zugelassen werden, wenn sie einer amtlichen Genehmigung entsprechen. Dabei ist für Personenkraftwaren die RL 2007/46/EG maßgeblich. Diese enthält eine Vielzahl von Einzelvorschriften für die verschiedenen technischen Systeme und Bauteile der Fahrzeuge. Die an die Abgasemissionen der Fahrzeuge zu stellenden Anforderungen regelt die VO (EG) 715/2007 und die dazu erlassene Durchführungsverordnung (EG) Nr. 692/2008. Die VO (EG) 715/2007 verpflichtet den Hersteller in Art. 5 Abs. 1, das Fahrzeug so auszurüsten, dass die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussenden Bauteile so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemeint sind damit die realen Betriebsbedingungen, die sich unter Umständen im Labor nicht vollständig nachbilden lassen. Ferner bestimmt Art. 5 Abs. 2, dass die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, grundsätzlich unzulässig ist.

Vor der Erteilung einer EG-Typgenehmigung ist das im Anhang II der (EG) Nr. 692/2008 geforderte Prüfverfahren durchzuführen, das näher in der UN-Regelung Nr. 83 beschrieben ist. Dabei prüft der Technische Dienst im Auftrag der Genehmigungsbehörde das Fahrzeug nach den Vorgaben der Vorschriften und erstellt über die ermittelten Ergebnisse einen Bericht. Obwohl Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007 zwar ein Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen deklariert, gab es aber damals kein Prüfverfahren, mit dem das Vorhandensein der vorliegenden unzulässigen Abschalteinrichtungen hätte ermittelt werden können. Das erleichterte die Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamtes.

Der Beklagten ist vorzuwerfen, dass sie mit der Abgabe der Beschreibungsunterlagen und ihrem Antrag auf Erteilung einer EG-Typgenehmigung eine eigene Erklärung gegenüber der Genehmigungsbehörde abgegeben hat, was die Verpflichtung einschloss, den Motor eigenständig auf Funktionsmäßigkeit und Gesetzesmäßigkeit zu überprüfen, weil mit dem Antrag auf Erteilung einer EG-Typgenehmigung zumindest konkludent erklärt wird, dass das Fahrzeug die gesetzlichen Vorschriften einhält und insbesondere über keine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt. Dem Anhang I der RL 2007/46/EG Ziffer 3 lässt sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch entnehmen, dass zur Antriebsmaschine eine Beschreibung des Systems zu erfolgen hat. Dass die VW-AG auch diese Beschreibungsunterlagen gefertigt und vorgelegt hat, wird von der Beklagten nicht vorgetragen, sondern nur, dass Mitarbeiter der Konzernmutter auch Fahrzeuge der Beklagten dem Technischen Dienst vorgestellt haben.

Im Übrigen hält der Senat aber auch die vollständige Übertragung des gesamten EG-Typgenehmigungsverfahrens auf die Konzernmutter nicht für zulässig und sieht darin ein Organisationsverschulden. Juristische Personen sind verpflichtet, den Gesamtbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass für alle wichtigen Aufgabengebiete, hier dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge, ein verfassungsmäßiger Vertreter zuständig sein muss, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft, vgl. BGH, Urteil vom 08.07.1980, Az. VI ZR 158/78. Die Beklagte kann sich ihrer haftungsrechtlichen Verantwortung nicht dadurch entziehen, dass sie einen so elementaren Teilbereich wie das EG-Typgenehmigungsverfahren der Konzernmutter überlässt.

Tut sie dies dennoch, dann muss sie sich auch das Wissen der VW-AG von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung (von dem vorliegend auszugehen ist) entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Denn die Beklagte schildert selbst, dass die VW-AG in ihrem Auftrag im behördlichen Verfahren tätig geworden ist, mithin eine rechtsgeschäftliche Handlung des Vertreters vorliegt. Wer sich im rechtsgeschäftlichen Verkehr bei der Abgabe von Willenserklärungen - hier dem Antrag auf Erteilung einer EG-Typgenehmigung - eines Vertreters bedient, muss es im schutzwürdigen Interesse des Adressaten hinnehmen, dass ihm die Kenntnis des Vertreters als eigene zugerechnet wird.

Oder anders ausgedrückt, wer sich zur Erledigung eigener Angelegenheiten Dritter bedient, muss sich deren Wissen zurechnen lassen, vgl. BeckOK, BGB Hau/ Poseck, 55. Edition, Stand 01.08.2020, Rn. 1 zu § 166 BGB.

bb) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass im Zulassungsverfahren die Emissionsgrenzwerte nur auf dem Rollenprüfstand geprüft werden und ihr es nicht möglich gewesen wäre, Prüfungen im realen Fahrbetrieb vorzunehmen. Unabhängig von den zur Verfügung stehenden Überprüfungsmöglichkeiten hätte die Beklagte jedenfalls bei der VW-AG nachfragen können, wie die Motorsteuerungssoftware programmiert ist, damit die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden können. Die Beklagte hätte sich auch ohne Weiteres von der Konzernmutter die entsprechenden Unterlagen geben lassen können. Insoweit wird nicht vorgetragen, dass man es versucht hätte, aber von Seiten der Konzernmutter dies abgelehnt worden sei oder dass man solche Unterlagen bekommen hätte, die aber geschönt gewesen seien. Selbst das von der Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten von Prof. Dr. G. geht auf S. 23 davon aus, dass „die Möglichkeit der Aufdeckung der Abschalteinrichtung durch die AUDIeigene Entwicklungsabteilung - vermittels einer grundlegenden Prüfung der Software bzw. einer Neuentwicklung von Testverfahren - nicht vollständig ausgeschlossen werden kann…“

cc) Hinzu kommen folgende Aspekte:

Zum Zeitpunkt der Entwicklung und des Einbaus des streitgegenständlichen Motors war das Spannungsverhältnis zwischen kostengünstiger Produktion und Begrenzung der Stickoxidemissionen allgemein bekannt. Die Beklagte ist ihrerseits Herstellerin von Dieselmotoren (nebst Steuerungstechnik), die serienmäßig bei Fahrzeugen des Konzerns zum Einsatz kommen. Dass sich kein Verantwortlicher bei der Beklagten dafür interessiert haben will, ob und wie der Konzernmutter bei dem Motor EA 189 diesen Konflikt gelöst haben könnte, erscheint nicht plausibel. Zudem hat zum damaligen Zeitpunkt der europäische Gesetzgeber das grundsätzliche Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen normiert, wodurch der oben beschrieben Zielkonflikt erneut Bedeutung gewann.

Letztlich ist aber sogar davon auszugehen, dass eine entsprechende Kenntnis von der Funktionsweise der Software bei der Beklagten vorhanden war. Die Beklagte hat nämlich den Vortrag der Klagepartei im Schriftsatz vom 09.10.2020, Seite 4 ff., Bl. 463 ff. d.A., dahingehend, dass die hier streitgegenständliche Umschaltlogik eine Fortentwicklung der bei der Beklagten entwickelten „Akustikfunktion“ ist, nicht bestritten, so dass dieser Vortrag als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO. Im Hinblick auf den sehr konkreten Sachvortrag der Klagepartei kann ein Bestreiten der Beklagten nicht dem ansonsten erfolgten Vortrag entnommen werden.

dd) Schließlich räumt die Beklagte sogar ein, dass die grundsätzliche Entscheidung in Bezug auf die Verwendung des Motors EA 189 in den Jahren 2005/2006 und der Einsatz in die jeweiligen Fahrzeugmodelle von dem Produkt-Strategie-Komitee getroffen worden ist, welches sich aus Mitgliedern des Vorstands sowie aus Mitgliedern aus den Fachabteilungen zusammengesetzt habe. Dass das vorgenannte Komitee der Beklagten keine Kenntnis von den Details des Motors gehabt hat, dessen serienmäßiger Einsatz ab 2007 beschlossen worden ist und für den es für jedes Fahrzeugmodell sogar nochmals einen gesonderten Beschluss gab (Bl. 485 d.A.), hält der Senat ebenfalls nicht für plausibel. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Einsatz des Motors in einer Vielzahl von Fahrzeugen angeordnet wird, die unstreitig beteiligten Vorstandsmitglieder sich aber nicht darüber informieren, welche Eigenschaften der Motor hat und wie es gelingt, die entsprechenden Stickoxidwerte einzuhalten. Die Beklagte trägt hier nicht einmal vor, welcher Mitglieder des Vorstands diesem Komitee angehört haben, ob diese in Bezug auf seinen Kenntnisstand befragt worden ist und was gegebenenfalls die Antwort war. Der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast ist die Beklagte hier nicht in ausreichendem Maß nachgekommen.

Auch die Käufer von Fahrzeugen der hiesigen Beklagten vertrauten darauf, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und wurden darin arglistig getäuscht. Die Sittenwidrigkeit des Handelns ergibt sich aus dem nach Ausmaß und Vorgehen besonders verwerflichen Charakter der Täuschung von Kunden, der Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes unter Inkaufnahme nicht nur der Schädigung der Käufer, sondern auch der Umwelt allein im Profitinteresse.

e) Die subjektiven Voraussetzungen der Haftung nach § 826 BGB sind ebenfalls erfüllt. In subjektiver Hinsicht setzt § 826 BGB einen Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis der Kausalität des eigenen Verhaltens für den Eintritt des Schadens und der das Sittenwidrigkeitsurteil begründenden tatsächlichen Umstände voraus. Der Schädigungsvorsatz enthält ein Wissens- und Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchsstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben und mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben, BGH, Urteil vom 28.06.2016, Az. VI ZR 536/15.

Die Haftung einer juristischen Person nach § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB setzt zudem voraus, dass ihr „verfassungsmäßig berufender Vertreter“ den objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat. Die erforderlichen Wissens- und Wollenselemente müssen dabei kumuliert bei einem solchen Vertreter vorliegen, der auch den objektiven Tatbestand verwirklicht hat, eine mosaikartige Zusammensetzung der kognitiven Elemente bei verschiedenen Personen ist hingegen nicht zulässig, vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2019, Az. VI ZR 536/15. Darauf weist zutreffend auch das von der Beklagten vorgelegte Rechtsgutachten hin, S. 15.

Der Senat geht nicht davon aus, dass eine Wissenszurechnung im Konzern die Haftung der Beklagten begründet. Der Umstand, dass die beteiligten Gesellschaften in einem Konzern verbunden sind, genügt nämlich für sich genommen nicht, um eine Wissenszurechnung zu begründen, vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1089, Az. IV a ZR 177/88, Rn. 14, OLG Stuttgart, Urteil vom 04.09.2019, Az. 13 U 136/18, Mükomm. BGB, 7. Auflage 2018, § 166 Rn. 61.

Die Haftung der Beklagten beruht vielmehr - wie schon ausgeführt - auf ihrem eigenen deliktischen Handeln, dem von ihr zu verantwortenden Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs.

Im Hinblick auf den neuen Vortrag im Schriftsatz vom 13.10.2020 ist die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast in größerem Umfang als bisher nachgekommen, weil sie zur Organisationsstruktur, der Arbeitsorganisation, den damaligen internen Zuständigkeiten, den Berichtspflichten und den von ihr veranlassten Ermittlungen näher vorgetragen hat. Diese neuen tatsächlichen Ausführungen, die von der Klagepartei nicht bestritten worden sind, legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde, weil unstreitiger Tatsachenvortrag nie verspätet ist. Die Beklagte argumentiert allerdings damit, dass schon keine belastbaren Anhaltspunkte für eine Kenntnis der Vorstandsmitglieder im aktienrechtlichen Sinn oder von potentiellen Repräsentanten bestünden, weshalb ein vertieftes Vorgehen nicht angezeigt sei und keine Verpflichtung zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen von Seiten des Aufsichtsrats bestehe. Dies teilt der Senat in Bezug auf die Mitglieder des Vorstands, die in dem Produkt-Strategie-Komitee mitgewirkt haben, nicht. Auch die subjektiven Voraussetzungen für eine Haftung nach § 826 BGB sind erfüllt.

aa) Zur Produktion erklärt die Beklagte nunmehr, dass bereits in den Jahren 2005/2006 vom Produkt-Strategie-Komitee, dem auch nicht namentlich benannte Mitglieder des Vorstands angehört haben, die grundsätzliche Entscheidung getroffen worden ist, dass in bestimmten Fahrzeugen der Beklagten der von der Konzernmutter entwickelte Motor vom Typ EA 189 eingebaut wird, was letztlich ab 2007 zu einem serienmäßigen Einsatz geführt hat. Die Beklagte behauptet dazu weiter, dass weder Organe noch Repräsentanten, nicht einmal Werksmitarbeiter der Beklagten Kenntnis von den Details des Motors, insbesondere der Software gehabt hätten, weil diese verriegelt war und so vom Konzernserver in der Fertigung aufgespielt worden ist. Dies hält der Senat - wie oben bereits ausgeführt - nicht für plausibel. Es ist nicht nachvollziehbar, dass das oben genannte Komitee, dem unstreitig auch Organe der Beklagten angehört haben, den Einsatz eines Motors in eigenen Fahrzeugen befürwortet, sich aber keine Gedanken darüber macht, wie der Motor funktioniert, welche Eigenschaften er hat und wie es gelingt, die entsprechenden Stickoxidgrenzwerte einzuhalten. Bei dem Motor handelt es sich um das Kernstück des Fahrzeugs und bei der Verwendung um eine grundlegende, eine Vielzahl von Fahrzeugen betreffende Strategieentscheidung, die mit erheblichen persönlichen Haftungsrisiken für die entscheidenden Personen verbunden ist. Da die Beklagte auch selbst Dieselmotoren entwickelt und die Frage, wie die gesetzlichen Grenzwerte technisch und wirtschaftlich kostengünstig eingehalten werden können unter Kfz-Herstellern zu der damaligen Zeit ein Hauptthema war, kann nicht nachvollzogen werden, dass die Beklagte kein Interesse daran hatte zu wissen, wie es der Mutterkonzern geschafft hat, die strengen Grenzwerte einzuhalten. Es scheint ausgeschlossen, dass die Beklagte den von der Konzernmutter entwickelten Motor ohne eigene Prüfung und Kenntnis der wesentlichen Merkmale „blind“ in ihre eigenen Fahrzeuge eingebaut hat. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass im Unternehmen der Beklagten mindestens ein handelnder Repräsentant an der Entscheidung über die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung beteiligt war. Dies folgt schon aus der Tragweite der Entscheidung, aber auch aus den Umständen.

Deshalb kann auch vorliegend - entgegen den Ausführungen im Rechtsgutachten G., Seite 17 ff. - in Bezug auf die Frage der personalen Anknüpfung - wie es der BGH in dem Urteil vom 25.05.2020 getan hat - auf die bewusste Beteiligung mindestens eines Organmitglieds an der grundlegenden strategischen Entscheidung abgestellt werden.

bb) Die Beklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, dass sie den Motor samt Software nur als externes Produkt von der VW-AG zugekauft hat und dieser vertrauen durfte. Der Bundesgerichtshof hat in der von der Beklagten zitierten Entscheidung vom 03.06.1975, Az. VI ZR 192/73, ausgeführt, dass einem Unternehmer, der für die von ihm hergestellten Geräte vorgefertigte Einbauteile verwendet, grundsätzlich die Sorgfaltspflichten eines Herstellers obliegen. Davon kann es zwar Ausnahmen geben, wovon hier allerdings schon wegen der Bedeutung des Motors für das Fahrzeug keine Rede sein kann. Die Beklagte durfte sich vorliegend nicht allein auf die fachliche Betriebserfahrung ihrer Konzernmutter und deren durchgeführte Prüfungen verlassen. Sie hätte vielmehr die konkreten Eigenschaften bei der VW-AG erfragen müssen und sich selbst von der mangelfreien Beschaffenheit des Motors im Hinblick auf ihre eigene Verantwortlichkeit im EG-Typgenehmigungsverfahren überzeugen müssen. Der Auffassung von Prof. Dr. G. auf Seite 22 ff. des Gutachtens folgt der Senat aus den obigen Gründen nicht.

Was das Zulassungsverfahren betrifft, zu dem die Beklagte - von dem Kläger nicht bestritten - vorträgt, dass hier nur Mitarbeiter der VW-AG gehandelt hätten, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Die Beklagte hat gegenüber der EG-Typgenehmigungsbehörde eine eigene Erklärung abgegeben und zumindest konkludent erklärt, dass die dem Technischen Dienst von der VW-AG vorgestellten Fahrzeuge keine unzulässigen Abschalteinrichtungen enthalten und den Gesetzen entsprechen. Da dies tatsächlich nicht zutraf, ist das Verhalten der Beklagten als vorsätzlich zu bewerten, weil die Folgen des Handelns bewusst in Kauf genommen worden sind. Selbst wenn man dies nicht so sehen wollte, hält der Senat aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte die Durchführung des EG-Typengnehmigungsverfahrens vollständig und ohne weitere Kontrolle der Konzernmutter überlassen hat, eine Zurechnung des bei der VW-AG zweifelsfrei vorhandenen Täuschungs- und Schädigungsvorsatzes entsprechend § 31 BGB für gerechtfertigt.

f) Auf der Basis der getroffenen Feststellungen ist damit von einem Schädigungsvorsatz der handelnden Personen auszugehen, die von den sittenwidrigen, strategischen Unternehmensentscheidungen Kenntnis hatten. Nicht nur der objektive Tatbestand, sondern auch sämtliche für den Vorsatz nach § 826 BGB erforderlichen Wissens- und Wollenselemente sind damit bei den entsprechenden Entscheidungsträgern verwirklicht. Vorstandsmitglieder oder Repräsentanten, die in eigener oder zurechenbarer Kenntnis der Funktionsweise der Software ihren serienmäßigen Einsatz in Motoren anordnen oder nicht unterbinden, billigen ihn auch und sind sich der Schädigung der späteren Fahrzeugerwerber bewusst.

2. Die Beklagte hat deshalb gemäß §§ 826, 31, 249 ff. BGB dem Kläger sämtliche aus der sittenwidrigen Schädigung resultierende Schäden zu ersetzen.

Die Klagepartei kann damit den von ihr aufgewendeten Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des erlangten Fahrzeugs an die Beklagte zurückverlangen. Sie muss sich aber dasjenige anrechnen lassen, was ihr durch das schädigende Ereignis zugeflossen ist. Dass die Grundsätze der Vorteilsausgleichung auch bei einem Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB anzuwenden sind, hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19, ausdrücklich bestätigt, Rn. 66 ff. Er hat auch ausgeführt, dass dem keine europarechtlichen Normen entgegenstehen. Der Senat nimmt auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs Bezug, aaO, Rn. 73 ff.

Geklärt ist mit dieser Entscheidung weiter, dass die vom Landgericht vorgenommene Berechnungsweise nach der Formel Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer / Restlaufleistung keinen rechtlichen Bedenken unterliegt und die Höhe der gezogenen Vorteile nach § 287 ZPO geschätzt werden kann. Vorliegend hatte das Fahrzeug beim Erwerb durch den Kläger einen Kilometerstand 27.500 km. Bis zum 02.11.2020 ist der Kläger mit dem Fahrzeug 135.803 km gefahren, damit hat das Fahrzeug insgesamt für 108.303 km genutzt. Den aktuellen Kilometerstand hat die Beklagte im Termin vor dem Senat unstreitig gestellt. Damit ergibt sich folgende Rechnung: Bruttokaufpreis von 29.970 € mal 108.303 km dividiert durch 272.500 km Restlaufleistung. Es ergibt sich somit eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer in Höhe von 11.911,34 €, die vom Kaufpreis abzuziehen ist, so dass 18.058,66 € verbleiben. Die zu erwartende Gesamtlaufleistung schätzt der Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens gemäß § 287 ZPO wie das Landgericht auf 300.000 km, da von einer durchschnittlichen Laufleistung des verbauten 2.0 l TDI Dieselmotors auszugehen ist. In der Entscheidung vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19 hat der Bundesgerichtshof bei einem VW Sharan mit einem 2.0 TDI Motor ebenfalls die Annahme von 300.000 km Gesamtfahrleistung gebilligt.

3. Dem Kläger stehen entgegen den Ausführungen des Landgerichts Zinsen nur aufgrund der Rechtshängigkeit zu, §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, mithin ab dem 19.02.2019. Die Beklagte befand sich nicht bereits vor der Zustellung der Klageschrift im Schuldnerverzug, § 286 BGB. Zwar hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers außergerichtlich gegenüber der Beklagten die Ansprüche mit Anwaltsschreiben vom 14.12.2018 angemeldet und eine Frist bis zum 20.12.2018 gesetzt. Jedoch ist dieses Schreiben nicht geeignet, einen Schuldnerverzug der Beklagten zu begründen, weil der Abzug einer Nutzungsentschädigung zwar angeboten, ein Kilometerstand aber nicht mitgeteilt worden ist, so dass von einer Zuvielforderung auszugehen ist. Die Beklagte wäre nur dann in Schuldnerverzug geraten, wenn seitens des Klägers die ihm obliegende Gegenleistung ordnungsgemäß angeboten worden wäre, vgl. BGH aaO, Rn. 85.

4. Der Antrag auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet, hätte ebenfalls nicht festgestellt werden dürfen. Der Feststellungsantrag zum Annahmeverzug ist zwar zulässig, vgl. §§ 756, 726 Abs. 1 ZPO, der Antrag ist aber unbegründet, weil die Voraussetzungen der §§ 293, 295 BGB vorliegend nicht erfüllt sind. Das außergerichtliche Anwaltsschreiben der Klagepartei war - wie oben ausgeführt - nicht geeignet, den Annahmeverzug zu begründen, weil der Kläger die Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs nicht zu den Bedingungen angeboten hat, von denen er diese hätte abhängig machen dürfen. Ein zur Begründung von Annahmeverzug auf Seiten der Beklagten geeignetes Angebot ist unter diesen Umständen nicht gegeben.

5. Einen Anspruch auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bejaht der Senat, anders als das Landgericht, nicht. Grundsätzlich können zwar außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten Teil des Schadens nach § 826, 249 ff. BGB sein, vorliegend ist aber aufgrund der zeitlichen Abfolge zwischen außergerichtlichen Anspruchsschreiben und Klageeinreichung davon auszugehen, dass die Klagepartei bereits einen unbedingten Klageauftrag erteilt hatte. In dem außergerichtlichen Schreiben wurde eine Frist bis zum 20.12.2018 gesetzt und bereits ein Tag später die Klage verfasst, die am 22.12.2018 bei Gericht eingegangen ist. Dass der Kläger hier tatsächlich mit einer gütlichen Einigung gerechnet hat, so dass der Anfall außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten als zweckmäßig und notwendig angesehen werden könnte, kann bei dieser Sachlage nicht angenommen.

B.

Berufung des Klägers:

1. Wie oben unter A. 2. bereits ausgeführt, hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass sich der Kläger im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen muss. Dies hat der BGH in dem Urteil vom 25.05.2020, aaO, Rdnr. 64 ff., ausdrücklich bestätigt und ausgeführt, dass der Geschädigte im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht besser gestellt werden darf, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Durch die teilweise Rücknahme der Berufung hat der Kläger zu erkennen gegeben, dass er die Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs nunmehr akzeptiert.

2. Was die Bemessung der Höhe des abzuziehenden Vorteilsausgleichs betrifft, sind Fehler im erstinstanzlichen Urteil nicht zu erkennen.

a) Die Frage der Höhe der abzuziehenden Nutzungsentschädigung ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Wie bereits ausgeführt, hat der Bundesgerichtshof bei einem VW Sharan 2.0 TDI eine Gesamtlaufleistung von 300.000 km nicht beanstandet, wobei berücksichtigt wurde, dass der dortige Van auf eine umfangreiche und robuste Nutzung ausgelegt ist. In anderen Entscheidungen nahm der Bundesgerichtshof Schätzungen zur Gesamtlaufleistung in Höhe von 250.000 km (Urteil vom 30.06.2020, Az. VI ZR 354/19) oder sogar nur von 200.000 km (Urteil vom 20.07.2020, Az. VI ZR 397/19) im Rahmen der tatrichterlichen Schätzung nach § 287 ZPO hin.

b) Dass die Beklagte den Vortrag des Klägers zu der erwartenden Gesamtlaufleistung hingenommen und nicht bestritten hätte, ist nicht zutreffend. Insoweit wird auf die Klageerwiderung, Seite 74, verwiesen. Dort führte die Beklagte für das hier betroffene Fahrzeug der Mittel-Klasse-Diesel-Personenkraftwaren aus, dass die Gesamtlaufleistung mit 200.000 bis 250.000 km zu berechnen sei.

c) Die vom Landgericht vorgenommene Schätzung auf 300.000 km Gesamtlaufleistung ist unter Berücksichtigung der oben zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Bandbreite zwischen 200.000 km und 300.000 km) nicht zu beanstanden. Die tatsächlichen Grundlagen der Schätzung lassen sich dem Urteil entnehmen, weil bereits im unstreitigen Tatbestand mitgeteilt wird, um welches Fahrzeug es sich handelt. Die genaue Angabe der im Einzelnen leitenden Gründe war nicht erforderlich, vgl. Thomas, Putzo, ZPO, 40. Auflage 2019, Rdnr. 11 zu § 287. Grundsätzlich falsche oder unrichtige Erwägungen wurden nicht angestellt und auch das Parteivorbringen nicht unberücksichtigt gelassen. Es ist nicht ersichtlich, dass unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt worden wären oder die Schätzung völlig abstrakt erfolgt wäre. Der Senat würde die Gesamtlaufleistung ebenfalls auf 300.000 km schätzen, weil auch das hiesige Fahrzeug über einen 2.0 l Motor verfügt wie der VW Sharan, in dem vom BGH entschiedenen Fall.

d) Die exakte Berechnung der Gesamtlaufleistung eines bestimmten Fahrzeugs mag eine schwierige, technische Fragestellung sein und nur durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu lösen sein. Der Gesetzgeber hat sich aber mit der Vorschrift des § 287 ZPO dafür entschieden, auf das Erfordernis des Strengbeweises bei der Feststellung der Schadenshöhe zu verzichten und hat dem Tatrichter erlaubt, Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen anzustellen und zu Schätzungen zu greifen. Dabei wird in Kauf genommen, dass die richterliche Schätzung mit der Wirklichkeit nicht exakt übereinstimmt. Eine ausreichende Schätzgrundlage war vorliegend gegeben, weil der Fahrzeugtyp und die Motorisierung bekannt ist.

III.

Die Kostenquote entspricht dem jeweiligen Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien, §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, wobei in Bezug auf die vom Kläger geltend gemachten deliktischen Zinsen, 4% aus 29.970 € für den Zeitraum von 04.11.2014 bis 20.12.2018 ein fiktiver Streitwert von gerundet 4.950 € anzusetzen war (nicht 6.151,64 €, die das Landgericht auf Seite 14 des Urteils errechnet hat), um der Zuvielforderung Rechnung zu tragen. Der fiktive Streitwert erster und zweiter Instanz beträgt damit 34.920 €. Die unterschiedliche Kostenquote für die erste und zweite Instanz ergibt sich aus der Höhe der abgezogenen Nutzungsentschädigung.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, Nr. 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Einige wesentliche Punkte sind zwar durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.05.2020 geklärt, offen ist jedoch die Frage, ob auch die Konzerntöchter der VW-AG, insbesondere die Beklagte, für die von ihnen hergestellten, mit einem EA 189 (nebst unzulässiger Abschalttechnik) ausgestatteten Fahrzeuge deliktisch haften. Diese Frage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten.

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