Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Zivilsenat) - 2 U 67/14

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 18. Juli 2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil im Kostenpunkt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz sowie den Kosten des Berufungsverfahrens 12 U 79/07 haben die Klägerin 72 % und die Beklagte 28 % zu tragen.

Die weitergehende Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 79 % und die Beklagte zu 21 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat

und beschlossen:

Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Berufungsverfahren 2 U 67/14 wird auf eine Gebührenstufe bis zu 950.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Prozessparteien streiten um Schadenersatz-, Einspeisevergütungs- und Kostenerstattungsansprüche im Zusammenhang mit dem Anschluss eines Windparks an ein Stromverteilungsnetz. Beide Parteien greifen außerdem die erstinstanzliche Kostenentscheidung an, soweit sie nach § 91a ZPO ergangen ist.

2

Die Klägerin ist ein Unternehmen der ...-Unternehmensgruppe, welche seit 1999 Windenergieanlagen (WEA) entwickelt, errichtet und betreibt. Sie schloss am 31.10.2003 mit der ... S. GmbH & Co. KG (künftig: KG) einen Projektübernahmevertrag hinsichtlich der Errichtung und des Betriebs eines Windenergieparks (WEP) in L., einem Ortsteil der Stadt La. in B. Die Beklagte ist die Betreiberin des vorgelagerten Stromverteilungsnetzes.

3

Der WEP L. sollte sieben WEA umfassen, welche an das Mittelspannungsnetz der Beklagten angeschlossen werden sollten. Hierüber verhandelte die KG mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der E. GmbH, ab dem Frühjahr 2005. Am 26.07.2005 erteilte das Land B. der Klägerin die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des WEP L. Mit Schreiben vom 29.07.2005 konkretisierte die KG gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten ihr Netzanschlussbegehren für einen Netzanschluss am Umspannwerk Bg. (künftig: UW Bg.) und forderte die Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Netzausbau auf. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten teilte der KG mit Schreiben vom 17.08.2005 das Ergebnis ihrer Netzverträglichkeitsprüfung mit, wonach für einen Anschluss des WEP L. am 20 kV-Netz derzeit der technisch und wirtschaftlich günstigste Netzanschlusspunkt das im Umspannwerk Bg. sei. Grundlage dieser Anschlussbewertung sei der Anschluss von insgesamt sieben WEA mit einer installierten Gesamtleistung von 14.007 kVA mit einem kundeneigenen Kabelnetz von ca. 13.000 Metern Länge, welches galvanisch vom Verteilnetz getrennt betrieben werde. Um die Voraussetzungen für den Anschluss zu schaffen, sei von der KG eine kundeneigene Übergabestation in unmittelbarer Nähe des benannten Netzanschlusspunktes zu errichten. Auf dieser Grundlage beauftragte die KG die Rechtsvorgängerin der Beklagten am 25.08.2005 mit der Anschlussprojektierung.

4

Am 05.09.2005 wandte sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten an die KG mit der Anfrage um Zustimmung zu einer Aufteilung des Netzanschlusses und der Einspeiseleistung; lediglich sechs WEA sollten mit einem neu zu verlegenden Kabel an das UW Bg. angeschlossen werden, eine WEA sollte über den bereits vorhandenen Anschluss der Übergabestation „WKA-Ü M." angeschlossen werden. In M. betrieb die WEP M. Betriebs GbR seit 2004 drei WEA, welche über eine kundeneigene Übergabestation an das UW Bg. angeschlossen waren und sich in räumlicher Nähe zum WEP L. befanden.

5

Die Klägerin erteilte der A. Energietechnik GmbH (künftig: A.) am 13.09.2005 den Auftrag zur Errichtung einer Übergabestation für den WEP L.; der Auftrag wurde am 21.11.2005 ergänzt.

6

Am 05.12.2005 unterbreitete die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin ein Angebot zum Anschluss von sechs WEA des WEP L. an ihr Mittelspannungsnetz im Schaltfeld J09 des UW Bg. Bestandteil des Angebots war das Verlangen des Abschlusses der Verträge zum Netzanschluss, zur Anschlussnutzung und zur Einspeisung einschließlich der von der Beklagten gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen; hierzu wurden die entsprechenden Vertragsformulare beigefügt. Die Klägerin nahm das Anschlussangebot vom 14.11.2005 an und benannte die A. als Ansprechpartner für die Herstellung, Lieferung und Inbetriebnahme der Übergabestation. Hinsichtlich des Angebots auf Abschluss von Verträgen über den Netzanschluss, die Anschlussnutzung und die Stromeinspeisung äußerte sie Befremden und bat um Prüfung, ob sie gesetzlich zu einer Teilnahme am Einspeisemanagement der Beklagten verpflichtet sei.

7

Mit Schreiben vom 28.12.2005 forderte die Klägerin die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf, bis zum 30.12.2005 den Netzanschluss des WEP L. herzustellen, und kündigte für den Fall des erfolglosen Verstreichens dieser Frist die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes an. Sie äußerte zudem Änderungswünsche im Hinblick auf die Gestaltung der Verträge zum Netzanschluss, zur Anschlussnutzung und zur Einspeisung. Hierauf antwortete die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 29.12.2005, dass sie kein Interesse an einer Verweigerung oder Verzögerung des Netzanschlusses des WEP L. habe, dass einem Netzanschluss derzeit jedoch schon das Fehlen der sog. „Kuppelstation" entgegen stehe. Zudem seien noch nicht alle WEA errichtet und noch nicht alle Kabel zum Umspannwerk endmontiert. Nach den Angaben der A. seien die WEA bis zum 31.12.2005 nicht betriebsbereit. Sie wies weiter darauf hin, dass ein Direktanschluss des WEP L. am Umspannwerk derzeit aus Kapazitätsgründen nicht möglich sei. Im Übrigen verteidigte sie die von ihr vorgegebene Vertragsgestaltung als notwendig im Hinblick auf netztechnische Erfordernisse des eigenen und des vorgelagerten Stromnetzes der Übertragungsnetzbetreiberin und erläuterte diese.

8

Die sieben WEA der Klägerin wurden im Zeitraum vom 31.01.2006 bis zum 15.02.2006 in Betrieb genommen. Eine dieser sieben WEA (WEA Nr. 5) wurde über den WEP M. an das Netz der Rechtsvorgängerin der Beklagten angeschlossen.

9

Am 10.03.2006 reichte die Klägerin die den vorliegenden Rechtsstreit einleitende Klageschrift beim Landgericht Halle ein; diese wurde der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 17.03.2006 zugestellt. Mit dem Klageantrag zu Ziffer 1) begehrte sie die Verpflichtung der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum vorrangigen Anschluss von sieben WEA und zur Abnahme und Vergütung des dort erzeugten Stroms mit 8,36 Ct./kWh netto; der Klageantrag zu Ziffer 2) war auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Netzanschluss der Anlagen des WEP L. ohne galvanische Trennung zum Verteilnetz der Beklagten gerichtet, hilfsweise auf die Feststellung, dass die Herstellung der galvanischen Trennung eine Maßnahme des Netzausbaus sei. Sie stützte ihre ursprüngliche Klage u.a. darauf, dass die Beklagte ihr den Netzanschluss verweigere, weil sie auf dem Abschluss von Verträgen über den Netzanschluss, die Anschlussnutzung und die Stromeinspeisung bestehe, weil sie die Übernahme von Kosten fordere, welche dem Netzausbau zuzuordnen seien, insbesondere die Errichtung einer Übergabe-Koppler-Station zur galvanischen Trennung; schließlich, weil die Beklagte die Teilnahme der Klägerin an ihrem Einspeisemanagement verlange.

10

Am 29.03.2006 nahm die Klägerin die Leistungen der A. zur Errichtung einer Übergabe-Koppler-Station in Bg. ab; hierüber erteilte die A. der Klägerin am 02.05.2006 eine Schlussrechnung in Höhe von 213.370,00 € netto.

11

Mit Schreiben vom 10.04.2006 erkundigte sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei der Betreiberin des WEP M. nach einer unangemeldeten Erhöhung der monatlichen Einspeiseleistung um ca. 1.600 kVA; hierauf antwortete die Klägerin mit Schreiben vom 16.05.2006, dass es sich um die Einspeiseleistung der WEA Nr. 5 des WEP L. handele und die Anzeige der Inbetriebnahme versäumt worden sei.

12

Am 06.05.2006 wurden die WEA des WEP L. förmlich als Einspeiseanlagen in Betrieb gesetzt.

13

Mit Wirkung zum 01.06.2006 veräußerte die Klägerin den WEP L. mit sechs WEA an die R. GmbH und trat dieser alle zum Betrieb erforderlichen Rechte ab. Die R. GmbH wurde zugleich Mitgesellschafterin der W. M. GbR, welche fortan den gesamten in L. erzeugten Strom kaufte und an die Beklagte weiterveräußerte.

14

Die neue Anlagenbetreiberin, die R. GmbH, ermächtigte die Klägerin mit Erklärung vom 06.12.2006 zur fortgesetzten Prozessführung.

15

Mit Schriftsatz vom 21.08.2006 hat die Klägerin statt des Klageantrags zu Ziffer 2) die Zahlung von 243.524,03 € brutto als Kosten der Errichtung der Übergabe-Koppler-Station geltend gemacht. Mit Klageänderung im Termin der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2006 hat die Klägerin den Antrag zu Ziffer 1) auf einen Anschluss zugunsten der neuen Anlagenbetreiberin umgestellt.

16

Das Landgericht hat am 17.04.2007 unter dem Az.: 5 O 111/06 ein Teilurteil erlassen, mit welchem dem Klageantrag zu Ziffer 1) in der Fassung vom 08.12.2006 Zug um Zug gegen Inbetriebnahme einer Einrichtung zur Einspeisereduzierung stattgegeben worden ist. In dem von der Rechtsvorgängerin der Beklagten betriebenen Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Naumburg (Gz.: 12 U 79/07) hat das Oberlandesgericht Naumburg mit seinem am 16.01.2008 verkündeten Urteil das Teilurteil des Landgerichts wegen Unzulässigkeit aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

17

Am 19.10.2009 schlossen die C. GmbH als Rechtsnachfolgerin der R. GmbH (künftig: C.) und die Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Anschlussnutzungsvertrag zu den von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgegebenen Bedingungen. Die C. erklärte zugleich mit Schreiben an die Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 19.10.2009, dass die Unterzeichnung des Anschlussnutzungsvertrages zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Zukunft erfolge. Die Vertragsunterzeichnung stehe unter dem Vorbehalt der Angemessenheit und Rechtmäßigkeit der einzelnen Bedingungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vorbehaltsschreibens (Anlage K 30) Bezug genommen.

18

Am 18.01.2011 hat die Klägerin den Klageantrag zu Ziffer 1) auf Leistung zugunsten der C. umgestellt. Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2011 haben beide Prozessparteien den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich des Klageantrags zu Ziffer 1) übereinstimmend für erledigt erklärt.

19

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (Beweisbeschluss vom 04.03.2011, ergänzt durch Beschluss vom 26.05.2011) und eines Ergänzenden Gutachtens (Beweisbeschluss vom 11.01.2013); schließlich hat es den gerichtlichen Sachverständigen Prof. ein. Dr.-Ing. E. H. im Termin der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2014 auch angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens vom 07.12.2011 (künftig: GA 2011), des Ergänzenden Gutachtens vom 18.05.2013 (künftig: EGA 2013) und des Sitzungsprotokolls vom 12.06.2014 (künftig: Prot. 2014) Bezug genommen.

20

Mit seinem am 18.07.2014 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zu 2/5 und der Beklagten zu 3/5 auferlegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Urteils Bezug genommen.

21

Die Klägerin hat gegen das ihr am 24.07.2014 zugestellte Urteil mit einem am 18.08.2014 beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel innerhalb der ihr insgesamt bis zum 08.12.2014 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch begründet.

22

Mit ihrer Berufung verfolgt sie den Anspruch auf Zahlung der Kosten für die Errichtung der Übergabe-Koppler-Station weiter; sie meint insoweit, dass das Landgericht aufgrund eines technischen Missverständnisses über die Funktionsweise einer Erdschlusskompensation (sog. Resonanzsternpunkterdung) zur fehlerhaften Zuordnung dieser Maßnahme zum Bereich des Netzanschlusses gekommen sei. Die Maßnahme diene nicht ausschließlich dem Schutz des Verteilnetzes vor Leitungsstörungen im Anschlusskabel. Der gerichtliche Sachverständige und - ihm folgend - das Landgericht hätten unberücksichtigt gelassen, dass das sog. Windparknetz ohne die Errichtung einer Übergabe-Koppler-Station Bestandteil des allgemeinen Netzes der Beklagten geworden wäre und kein separates Netz, so dass die technische Sicherheit der Anschlussleitungen durch die zentrale Erdschlusskompensation der Beklagten als Netzbetreiberin zu gewährleisten gewesen sei.

23

Der Sachverständige sei unzutreffend davon ausgegangen, dass ein Netzanschluss des Windparks direkt im Umspannwerk ohne Übergabestation mit den Sicherheitserfordernissen der Beklagten nicht vereinbar gewesen sei. Dies sei im Ergebnis der Anhörung am 12.06.2014 sowie mit Verweis auf die Praxis von O. ab 2012 ausgeräumt geworden. Die Praxis der O. sei auch auf das Netz der Beklagten im Jahr 2005 übertragbar wegen der Kontinuität der technischen Anschlussbedingungen. Die Entscheidungsgründe des Landgerichts seien teilweise widersprüchlich; es sei unerheblich, ob die Komplettabschaltung im Notfall durch Tast- oder funkferngesteuerten Schalter erfolge. Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestehe in § 13 Abs. 1 S. 3 EEG 2004 keine Regelungslücke; es gehe bei der Herstellung der „technischen Sicherheit" nur um rein technische Aspekte, nicht um organisatorische Aspekte.

24

Hilfsweise beruft sich die Klägerin darauf, dass selbst dann, wenn es sich bei der Errichtung der Übergabe-Koppler-Station um Netzanschlusskosten handelte, sich die Pflicht zur Kostentragung nur auf die erforderlichen Kosten beschränke; ein Kostenvergleich zwischen den geforderten Maßnahmen (ca. 243.000 €) und den Kosten für den Ausbau der Erdschlusskompensation (50.000 €) sowie für die zusätzliche Errichtung eines exklusiven Schaltfeldes (100.000 €) - letzteres nur, soweit kein Anschluss frei gewesen sei - zeige, dass die von der Beklagten geforderte Variante zu teuer gewesen sei.

25

Die Klägerin wendet sich gegen die Kostenentscheidung, soweit sie nach § 91a ZPO getroffen worden sei. Der Klageantrag zu Ziffer 1) sei nicht auf eine bestimmte Vergütung für den insgesamt im Förderzeitraum erzeugten Stroms gerichtet gewesen, sondern auf einen Netzanschluss ohne Vertragszwang. Soweit das Landgericht in seiner Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin eine künftige Vergütungskürzung berücksichtigt habe, habe es das rechtliche Gehör der Kläger verletzt. Eine dauerhafte Vergütung in gleicher Höhe sei von der Beklagten im Übrigen schon nicht bestritten worden; jedenfalls sei es unzulässig gewesen, dass sich das Landgericht auf eine vermeintliche Unschlüssigkeit der Klageforderung gestützt habe, ohne zuvor einen Hinweis auf den vermeintlich fehlenden Sachvortrag zu geben. Im Rahmen der gebotenen Anhörung hätte die Klägerin vorgetragen, dass bereits mit dem Gutachten von W. vom 12.10.2005 der Wirkungsgrad der zehn WEA nachgewiesen worden sei, woraus eine um 14 bis 19 Jahre verlängerte Zahlung der Zusatzvergütung nach den ersten 5 Jahren resultiere. Das Landgericht habe den Umfang der Kostentragung durch die Klägerin in Höhe von 2/5 im LGU nicht begründet. Jedenfalls habe die Vergütungsdauer von 20 Jahren keinen Einfluss auf den Kostenstreitwert, weil nach § 9 ZPO ohnehin nur auf den 3 1/2 - fachen Jahresbetrag abzustellen sei. Diese Kostenprivilegierung müsse auch in der Kostenquote Berücksichtigung finden.

26

Die Beklagte hat nach Zustellung der Berufungsbegründung der Klägerin am 18.12.2014 und innerhalb der insgesamt bis zum 31.03.2015 bewilligten Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist Anschlussberufung eingelegt, mit der sie eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung zu ihren Gunsten verfolgt.

27

Die Klägerin beantragt,

28

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

29

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 243.524,03 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 08.12.2006 zu zahlen,

30

1.1. hilfsweise zu Ziffer 1), die Beklagte zu verurteilen, an sie 210.824,03 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 08.12.2006 zu zahlen,

31

1.2. äußerst hilfsweise zu Ziffer 1), die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.519,09 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 08.12.2006 zu zahlen,

32

2. die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens 12 U 79/07 der Beklagten aufzuerlegen, sowie

33

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

34

Die Beklagte beantragt,

35

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen sowie

36

unter teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung

37

die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen vollständig der Klägerin aufzuerlegen.

38

Der Senat hat am 02.12.2015 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tage Bezug genommen.

B.

39

Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten sind zulässig, insbesondere sind sie jeweils form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg, die Anschlussberufung der Beklagten ist nur teilweise begründet.

40

I. Berufungsantrag der Klägerin zu Ziffer 1)

41

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach keinen Anspruch auf Zahlung der Kosten der Klägerin für die Errichtung der Übergabestation einschließlich eines Trenntransformators hat, und zwar weder als Anspruch auf Schadenersatz wegen der Verletzung von Rücksichtnahmepflichten der Beklagten im Rahmen der Ausgestaltung des gesetzlichen Schuldverhältnisses Netzanschluss nach §§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 und 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB noch nach den (verschuldensunabhängigen) bereicherungsrechtlichen Maßstäben des § 812 Abs. 1 S. 2 BGB.

42

1. Allerdings hat die Klägerin eine Leistung i.S. von § 812 Abs. 1 BGB erbracht durch die (vorläufige) Übernahme aller Kosten zur Errichtung der Übergabestation nach den technischen Vorgaben der Beklagten. Die Leistungserbringung erfolgte im Rahmen des im Jahr 2006 im Wesentlichen noch nicht vertraglich vereinbarten, aber gesetzlich begründeten Netzanschlussverhältnisses. Sie erfolgte unter dem Vorbehalt der Rechtmäßigkeit und Angemessenheit, welcher auch anlässlich des Vertragsschlusses vom 19.10.2009 ausdrücklich aufrechterhalten wurde.

43

2. Die Leistung wurde trotz fehlender vertraglicher Vereinbarungen nicht ohne Rechtsgrund erbracht, sondern aufgrund einer Kostenzuweisung kraft Gesetzes.

44

a) Maßgeblich sind die Vorschriften des EnWG und des EEG und in zeitlicher Hinsicht nach §§ 9, 100 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2014, §§ 6, 11, 66 Abs. 1 Nr. 5 EEG 2012, §§ 6, 11, 66 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 in der Fassung bis zum 31.12.2010 die Vorschriften des EEG 2004; bei Altanlagen mussten die technischen und betrieblichen Vorgaben des Netzbetreibers nach § 6 Nr. 1 EEG 2009 erst ab dem 01.01.2011 eingehalten werden. Sowohl das Anschlussverlangen der Klägerin als auch das Vertragsabschlussverlangen der Beklagten datierten vor dem o.g. Stichtag.

45

aa) Nach § 13 Abs. 1 S. 1 EEG in der ab dem 13.07.2005 geltenden Fassung (künftig: EEG 2004-2) hat der Anlagenbetreiber „die notwendigen Kosten des Anschlusses von Anlagen ... sowie der notwendigen Messeinrichtungen zur Erfassung der gelieferten und der bezogenen elektrischen Arbeit" zu tragen. In Satz 3 ist normiert, dass die Ausführung des Anschlusses und die übrigen für die Sicherheit des Netzes notwendigen Einrichtungen den im Einzelfall notwendigen technischen Anforderungen des Netzbetreibers und § 49 EnWG entsprechen müssen. § 49 Abs. 1 EnWG in der seit dem 13.07.2005 geltenden Fassung (künftig: EnWG 2005) schreibt vor, dass Energieanlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass die „technische Sicherheit" gewährleistet ist. Dabei sind - vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften - die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Für die hier streitgegenständlichen Fragen war das insbesondere die Richtlinie des VDN im VDEW „Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz", 2. Ausgabe 1998.

46

bb) Nach § 13 Abs. 1 EEG 2004-2 ist die Prüfung der Kostenzuordnung in zwei Schritten vorzunehmen: Zunächst ist zu prüfen, ob es sich bei der konkreten Maßnahme um eine solche zum Anschluss der Anlage an das Netz (Netzanschlusskosten) handelt in Abgrenzung zu den Maßnahmen, welche nur infolge neu anzuschließender Anlagen einen Ausbau des Netzes i.S. von § 4 Abs. 2 EEG 2004 erforderlich machen, § 13 Abs. 2 EEG 2004-2. Soweit es sich um Netzanschlusskosten handelt, besteht eine Kostentragungspflicht des Anlagenbetreibers nur in den Grenzen ihrer Notwendigkeit; aus § 13 Abs. 1 S. 3 EEG 2004-2 ist darauf zu schließen, dass es für die „Notwendigkeit" auf die Erfüllung der technischen Anforderungen des Netzbetreibers sowie der gesetzlichen Anforderungen des § 49 Abs. 1 EnWG 2005 ankommt (vgl. Salje, EEG, 4. Aufl. 2007, § 13 Rn. 11 „alle zwangsläufig erforderlichen Aufwendungen, die der Verbindung der Stromerzeugungsanlage mit dem zur Einspeisung technisch geeigneten Netz dienen ..., insbesondere die Kosten für die Verbindungsleitung, die Anschlusssicherung, die Messeinrichtungen, die Baukosten (z. Bsp. Erdarbeiten) sowie die Kosten der Inbetriebnahme des Anschlusses.", Rn. 29: „Ein Petitum der Literatur, diese Anforderungen ausschließlich an § 49 EnWG zu orientieren, hat sich nicht durchsetzen lassen. Neben den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen sind auch im Einzelfall erforderliche spezielle Anforderungen des Netzbetreibers in Bezug genommen worden.").

47

b) Zwischen den Prozessparteien besteht Einigkeit darüber, dass der Anschluss des WEP L. an das Mittelspannungsnetz der Beklagten am Umspannwerk Bg. erfolgen sollte, d.h. dass dort der technisch und wirtschaftlich günstigste Netzverknüpfungspunkt i.S. von § 4 EEG 2004 vorlag. Alle weiteren Betrachtungen haben sich daher an den konkreten Bedingungen im UW Bg. auszurichten.

48

c) Die Prozessparteien gehen ebenfalls übereinstimmend und zutreffend davon aus, dass die Kosten der Errichtung der Verbindungs- bzw. Anschlussleitungen, hier insgesamt ca. 13 km Erdkabel, von der Klägerin zu tragende Netzanschlusskosten sind; sie dienen unmittelbar nur dem Anschluss der nach Anschluss der WEA Nr. 5 über den WEP M. verbliebenen sechs WEA an das Mittelspannungsnetz der Beklagten zur Stromeinspeisung und verbleiben auch im Eigentum des (jeweiligen) Anlagenbetreibers (vgl. dazu BGH, Urteil v. 01.10.2008, VIII ZR 21/07, RdE 2009, 146; für die Rechtslage vor dem EEG ebenfalls BGH, Urteil v. 07.02.2007, VIII ZR 225/05, RdE 2007, 267; ebenso für das EEG 2009 LG Frankenthal, Urteil v. 22.03.2011, 7 O 303/10, zitiert nach juris). Gleiches gilt grundsätzlich für die Kosten einer Kopplung von Anschlussleitungen an das Netz, selbst dann, wenn die Kopplung mittels eines Transformators erfolgt. Für den Fall, dass die Errichtung einer Transformationsstation im Hinblick auf eine Umspannung technisch erforderlich ist, ist das bereits höchstrichterlich entschieden (vgl. BGH, Urteil v. 28.11.2007, VIII ZR 306/04, RdE 2008, 178 für die Umspannung von Strom aus einer Biogasanlage in Niederspannung zur Einspeisung in ein Mittelspannungsnetz, an welchem sich der technisch und wirtschaftlich günstigste Netzverknüpfungspunkt befindet). Allerdings hatte die Klägerin in erster Instanz auf mehrere Gerichtsentscheidungen verwiesen, wonach eine Stichleitung u.U. auch als Bestandteil des Verteilnetzes und deren Verlegung als Maßnahme des Netzausbaus anzusehen sei (vgl. OLG Nürnberg, Urteil v. 28.05.2002, 3 U 4066/01, ZNER 2002, 225 für das EEG 2000, Urteil v. 19.12.2006, 3 U 1426/06, RdE 2007, 177 für das EEG 2004, in Abgrenzung dazu Urteil v. 07.03.2007, 4 U 398/06, RdE 2007, 235; auch OLG Stuttgart, Urteil v. 26.06.2003, 2 U 43/03, RdE 2004, 23; vgl. auch BGH, Urteil v. 10.11.2004, VIII ZR 391/03, RdE 2005, 79). Diese Rechtsprechung ist hier aber jedenfalls nicht einschlägig, weil in den dort jeweils zugrunde liegenden Fällen eine abweichende tatsächliche Ausgangsposition bestand. Die EEG-Anlage (Biogas- oder Fotovoltaikanlage) war jeweils auf einem Hof errichtet worden, der bereits über einen Netzanschluss verfügte, und die Errichtung einer neuen Anschlussleitung diente jeweils der Vermeidung des (wirtschaftlich aufwendigeren) Ausbaus des bestehenden Netzes am Ort des bisherigen Netzverknüpfungspunktes. Das ist mit der hier erforderlich gewordenen Neuerrichtung einer Anschlussleitung für einen WEP, der im netztechnisch nicht erschlossenen Bereich errichtet worden war, nicht vergleichbar. Im Streit steht lediglich die konkrete Erforderlichkeit eines sog. Trenntransformators, wie er hier von der Beklagten gefordert worden war (so bereits OLG Naumburg, Urteil v. 16.01.2008, 12 U 79/07, UA S. 10).

49

d) Die Verbindung zwischen dem Stromkreis im Verteilnetz der Beklagten und dem Stromkreis vom Netzverknüpfungspunkt (Schaltfeld J06 im UW Bg.) bis zu den sechs WEA der Klägerin wurde durch den Einbau eines Transformators hergestellt, dessen Hauptfunktion hier jedoch nach den Vorgaben der Beklagten nicht die bloße Kopplung, sondern vor allem die Kopplung unter Herstellung einer galvanischen Trennung der beiden Stromkreise sein sollte. In der Technik wird ein solcher Kopplungstransformator zur Schutztrennung auch Trenntransformator genannt.

50

aa) Ein Trenntransformator ist technisch erforderlich, wenn Stromkreise mit unterschiedlicher Betriebsart verbunden werden sollen. Das war hier der Fall: Es sollte eine Kopplung des im kompensierten Betrieb geführten Verteilnetzes der Beklagten und des sog. isolierten Anlagen"netzes" der Klägerin erfolgen (vgl. GA 2011, S. 8 u. 13 f. und EGA 2013, S. 3 unter Verweis auf die in den maßgeblichen Punkten inhaltsgleiche Richtlinie des Forum Netztechnik / Netzbetrieb im BDEW von 2011, sowie S. 11 f., S. 20 unter 2b); EGA 2013, S. 2 f.). Ohne eine galvanische Trennung dieser beiden Stromkreise könnten Fehlerströme aus einem Stromkreis in den jeweils anderen Stromkreis abfließen, d.h. dass auch Fehlerströme des Verteilnetzes der Beklagten in das Anlagen"netz" der Klägerin eintreten könnten.

51

bb) Da das aus den Anschlussleitungen bestehende Anlagen"netz" der Klägerin zu den Energieerzeugungsanlagen i.S. von § 3 Nr. 15 EnWG 2005 gehört, ist der Anlagenbetreiber, hier die Klägerin, nach § 49 Abs. 1 EnWG 2005 auch für dessen technische Sicherheit verantwortlich. Die Gewährleistung der technischen Sicherheit schließt Maßnahmen zum Schutz vor von außen einfließenden Fehlerströmen ein, d.h. hier die galvanische Trennung von anderen Stromkreisen. Die Klägerin hatte in ihrem Anlagen-"netz" keine adäquate andere Sicherung vor diesen Gefahren eingebaut. Insoweit können die vorzitierten Regelungen als spezielle Ausgestaltungen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer gefahrenträchtigen Anlage verstanden werden.

52

(1) Im Rahmen ihrer „kompensierten Betriebsführung" schützte die Beklagte ihr Verteilnetz vor Gefahren für Mensch, Tier und Sachen durch Fehlerströme dadurch, dass sie eine Erdschluss-Kompensationsanlage (künftig: ESKA, eine sog. Petersenspule) in den Stromkreis eingebunden hatte. Im Falle eines Erdschlusses - d.h. einer unbeabsichtigten Zerstörung des Stromkreises, z. Bsp. durch Trennung einer Hochleitung (Sturm, Baumschlag, Schneelast) oder durch Trennung eines Erdkabels (bei Tiefbauarbeiten) oder durch Berührung der stromführenden Leiter durch einen Menschen bzw. ein Tier mit der Folge eines Kurzschlusses - entsteht ein sog. Fehlerstrom, d.h. ein Strom, welcher nicht mehr im Stromkreis, sondern auf dem „bequemsten" Weg abfließt. Dieser Strom wird zur ESKA geleitet und fließt dort kontrolliert ab; damit wird der Erdschluss ausgeglichen, ohne dass extrem hohe Strommengen an der Schadstelle durch Mensch, Tier oder Maschine fließen. Die Vorhaltung einer ESKA durch die Beklagte führte weiter dazu, dass im Erdschlussfall lediglich die Kompensation stattfindet und nicht etwa eine Abschaltung des kompletten Netzes erforderlich wurde.

53

(2) Im Anlagen"netz" der Klägerin existierte hingegen keine derartige Kompensationsanlage. Der isolierte Netzbetrieb bedeutete, dass im Falle eines Erdschlusses zur Gefahrenbeherrschung eine Netzabschaltung durchgeführt werden musste, Aus den vorgenannten Erwägungen war die Klägerin als Anlagenbetreiberin im Rahmen der Errichtung und des Betriebs eines technisch sicheren Anlagen"netzes" verpflichtet, Maßnahmen zur Reaktion auf Erdschlüsse vorzusehen und zu finanzieren.

54

(3) Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, dass eine galvanische Trennung nicht nötig gewesen sei, weil alle Fehlerströme in ihrem Netz ohne eine galvanische Trennung in das Verteilnetz der Beklagten hätten abgeleitet und dort über deren ESKA „gelöscht" werden konnten (so z. Bsp. bei Nutzung eines exklusiven Schaltfeldes direkt im UW Bg., vom Sachverständigen als Alternative C2 bezeichnet, vgl. GA 2011, S. 10), beschreibt sie zwar eine physikalisch-technisch zutreffende Alternative. Da aber die Klägerin aus Rechtsgründen selbst die Verantwortung dafür trägt, dass von ihrer Anlage (einschließlich des Anlagen"netzes") keine Gefahren für Mensch, Tier und Sachen ausgehen können (so auch GA 2011, S. 19), müsste sie die Mitbenutzung der ESKA der Beklagten gewährleisten; mit einem bloßen Hoffen auf eine ausreichende Wirkungsweise der ESKA der Beklagten über die Grenzen des eigenen Verteilnetzes in das Anlagen"netz" der Beklagten hinaus würde sie dieser Verantwortung nicht gerecht werden. Die geldwerte Mitbenutzung der ESKA der Beklagten wäre daher von einem entsprechenden Vertragsabschluss mit der Beklagten abhängig. Diesen Vertrag wollte die Beklagte hier aber gerade nicht schließen. Sie musste es auch nicht. Neben anderen Gründen existierten hier auch technische Gründe. Die Kapazität der vorhandenen ESKA der Beklagten im Bereich des UW Bg. war im Jahr 2005 unstreitig ausgeschöpft (GA 2011, S. 20). Eine Erweiterung der ESKA der Beklagten wäre kosten- und insbesondere zeitaufwendig gewesen (50.000 €, vgl. Prot. 2014, S. 5; ein Jahr Anschlussverzögerung, vgl. Prot. 2014, S. 6); eine Verzögerung der Ersteinspeisung um mindestens ein Jahr hätte dem als dringlich vorgebrachten Anschlussbegehren der Klägerin widersprochen (ebenso LG Halle, Urteil v. 31.03.2011, 5 O 1342/10, ZNER 2011, 652 mit fehlerhaftem redaktionellen Leitsatz, rechtskräftig geworden durch Rücknahme der Berufung im Rechtsstreit 2 U 68/11 OLG Naumburg nach entsprechenden gerichtlichen Hinweisen; a.A. LG Mainz, Urteil v. 13.11. 2006, 4 O 286/05, RdE 2007, 246; LG Duisburg, Urteil v. 15.08.2011, 2 O 461/10, ZNER 2011, 651 ohne eigene Begründung).

55

cc) Die Notwendigkeit der Errichtung eines Trenntransformators erfasst im vorliegenden Fall alle von der Klägerin aufgeführten Kosten. Zwar zählen bei einer galvanischen Trennung zweier Stromkreise nur bestimmte Komponenten einer Übergabestation, die der Reaktion auf Erdschlüsse innerhalb der isolierten Betriebsführung des Anlagen"netzes" dienen, zu den notwendigen Anlagen des Netzanschlusses, so beispielsweise eine Erdschlusserfassung, d.h. eine technische Einrichtung, welche das Auftreten von Erdschlüssen im Anlagen"netz" erfasst und im Erdschlussfall das Abschalten des Netzes auslöst, oder Einrichtungen zur Überwachung der Spannungs- und Frequenzhaltung (vgl. Clearingstelle EEG, Votum 2008/33 v. 06.12.2011: Aufteilung der Übergabestation in neun differenziert betrachtete Komponenten). Die Klägerin hat aber die Kosten der Einzelkomponenten der Übergabestation trotz des gerichtlichen Hinweises hierauf vom 27.12.2013 nicht gesondert ausgewiesen.

56

e) Neben den Kosten für die Errichtung des Trenntransformators hat die Klägerin auch die Kosten der Errichtung der Übergabestation im Sinne eines schlüsselfertigen Gebäudes (hier ca. 65 m vom UW Bg. entfernt und mit diesem durch ein Kabel verbunden) mit diversen technischen Einrichtungen des Anlagen"netzes", ohne die separat behandelten Einrichtungen zur galvanischen Trennung und zur Reaktion auf Erdschlüsse, zu tragen.

57

aa) Eine Übergabestation ist grundsätzlich und so auch hier als eine Einrichtung zum Netzanschluss anzusehen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 09.12.2009, VI-2 (Kart) 10/06, RdE 2010, 341). Hierfür sprechen bereits ihre örtliche Lage - im Hinblick auf den Netzverknüpfungspunkt anlagenseitig - und die Eigentümerstellung der Klägerin als Anlagenbetreiberin. Der Streit der Prozessparteien betrifft allein die Notwendigkeit der „Auslagerung" des Netzanschlusses aus dem UW Bg. in ein separates Gebäude der Klägerin.

58

bb) Für die Notwendigkeit der „Auslagerung" sprechen bereits die technischen Vorschriften. Nach Ziffer 2.1 der Richtlinie „Eigenerzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz" des VWEW, 2. Ausgabe 1998, erfolgt der Anschluss von Eigenerzeugungsanlagen über „eine dem Personal des EVU jederzeit zugängliche Schaltstelle mit Trennfunktion, die Übergabeschalteinrichtung." „Diese befindet sich in der Regel in der Übergabestation."

59

cc) Der gerichtliche Sachverständige hat hier bereits aus technischen Gründen eine Erforderlichkeit bejaht, weil im UW Bg. im Jahr 2005 kein vollständig freies Einspeisefeld existierte, an dem etwa ein exklusiver Anschluss des WEP L. ohne Nutzung der weiteren bis zu drei möglichen Abgänge eines Schaltfeldes eröffnet gewesen wäre (GA 2011, S. 20; EGA 2013, S. 4 f; Prot. 2014, S. 4 und S. 8 f.). Ein Netzausbau durch eine Erweiterung des UW Bg. wäre kosten- und zeitaufwendig gewesen (100.000 €, Prot. 2014, S. 5); auch insoweit hätte eine Verzögerung von mehr als einem Jahr dem Anschlussbegehren der Klägerin widersprochen. Zudem hätte ein Trenntransformator, wie er zur Interoperabilität erforderlich gewesen wäre, im Schaltfeld nicht eingebaut werden können (Prot. S.10). Diese Ausführungen macht sich der Senat zu Eigen.

60

dd) Der gerichtliche Sachverständige hat weiter betriebliche und rechtliche Gründe für die Notwendigkeit der konkreten Vorgaben der Beklagten bejaht: Ein Direktanschluss des WEP L. im UW Bg. hätte es erforderlich gemacht, der jeweiligen Anlagenbetreiberin bzw. dem von ihr beauftragten Unternehmen Zugang zum UW und eine Schaltberechtigung zu erteilen. Dies war mit den Sicherheitsvorstellungen der Beklagten zur Gewährleistung der von ihr mitzutragenden Systemverantwortung für die Netzstabilität nachvollziehbar nicht zu vereinbaren (GA 2011, S. 5 f., Prot. 2014, S. 7f.). Auch insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Sachverständigen.

61

3. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadenersatz ist aus keinem Gesichtspunkt gegeben.

62

a) Nach dem Vorausgeführten ist eine Verletzung von Rücksichtnahmepflichten im Hinblick auf die technischen Vorgaben nicht festzustellen, welche Voraussetzung für die Begründung eines Schadenersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte wäre.

63

b) Soweit die Klägerin daneben eine Verletzung von Informations-, Aufklärungs- oder Beratungspflichten der Beklagten behauptet hat, bleibt das Vorbringen unschlüssig. Zwischen den Prozessparteien haben unstreitig Gespräche über die Anschlussbedingungen stattgefunden; die Beklagte hat der Klägerin unmissverständlich, transparent und diskriminierungsfrei ihre technischen und betrieblichen Vorgaben übermittelt, auch schriftlich. Aufgrund des Verhaltens der Klägerin - Eingehen auf die technischen Vorgaben, Beanstandung der gewünschten Vertragsgestaltung - hatte die Beklagte keine Veranlassung für weiter gehende Beratungen hinsichtlich etwaig bestehender oder aus technischen und betrieblichen Gründen nicht bestehender Modifikationen der technischen Vorgaben. Die Anschlusspraxis anderer Netzbetreiber ist insoweit unerheblich. Für die Frage der Anschlussbedingungen kommt es u.a. auch auf die technischen Gegebenheiten am ausgewählten Netzverknüpfungspunkt und die betrieblichen Abläufe der Beklagten an.

64

II. Berufungsanträge zu Ziffern 1.1 und 1.2

65

Aus den Vorausführungen ergibt sich, dass ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Kostenerstattung weder in voller noch in reduzierter Höhe besteht, weil die Herstellung einer galvanischen Trennung zwischen dem Anlagen"netz" der Klägerin und dem Verteilnetz der Beklagten einschließlich der Errichtung einer Übergabestation notwendig war.

66

III. Berufungsantrag zu Ziffer 2) und Anschlussberufung

67

1. Soweit das Landgericht darauf erkannt hat, dass diejenigen Kosten des Rechtsstreits, die sich auf den übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten Klageantrag zu Ziffer 1) beziehen, im Verhältnis von zwei Fünfteln zu Lasten der Klägerin und drei Fünfteln zu Lasten der Beklagten aufzuteilen sind, ist die Entscheidung nicht frei von Ermessensfehlern. Der Senat erachtet im Ergebnis insoweit eine Kostenquote von 71,4 % zu Lasten der Klägerin und 28,6 % zu Lasten der Beklagten für angemessen.

68

a) Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist eine sog. gemischte Kostenentscheidung; sie besteht aus einer Kostenentscheidung bezüglich des streitig entschiedenen Klageantrags zu Ziffer 2) und einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO bezüglich des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Klageantrags zu Ziffer 1); beide Teilkostenentscheidungen sind nur wegen des Grundsatzes der einheitlichen Kostenentscheidung zusammengefasst worden. Die Teilkostenentscheidung nach § 91a ZPO ist hier von beiden Prozessparteien in zulässiger Weise mit der Berufung angegriffen worden.

69

b) Zunächst ist festzustellen, dass sich die Unbegründetheit des Klageantrags zu Ziffer 2) nicht auf die Entscheidung über die Kostenlast bezüglich des Klageantrags zu Ziffer 1) auswirkt. Der Klageantrag zu Ziffer 1) ist auf die Durchsetzung des gesetzlichen Anspruchs des jeweiligen Anlagenbetreibers der WEA des WEP L. auf Netzzugang (Netzanschluss, Abnahme des im WEP erzeugten Stroms und Vergütung des in das Netz der Beklagten eingespeisten Stroms nach dem EEG) ohne einen Vertragsabschlusszwang gerichtet gewesen, nicht etwa auf einen Anschluss unter veränderten technischen Voraussetzungen.

70

aa) Obwohl der Klageantrag zu Ziffer 1) in seinem Wortlaut mehrfach geändert worden ist, hat die Klägerin mit diesem Antrag ein in kostenrechtlicher Hinsicht einheitliches Klageziel verfolgt; die Änderungen haben sich allein auf die sich ändernde Person des jeweiligen Anlagenbetreibers bezogen.

71

bb) Klageziel ist letztlich die Vermeidung der Begründung eines Vertragsverhältnisses zu den besonderen Anschlussbedingungen der Beklagten gewesen. Denn der geltend gemachte Anspruch ist ausschließlich mit dem ultimativen Verlangen der Beklagten begründet worden, den Netzzugang nach Maßgabe ihrer besonderen Anschlussbedingungen zu vereinbaren. Der zwischen den Prozessparteien bestehende Streit um die technischen Vorgaben der Beklagten für den Anschluss selbst ist Gegenstand des Klageantrags zu Ziffer 2), erst als Feststellungs-, später als Leistungsklage, gewesen, und zwar lediglich hinsichtlich der Frage, wer die Kosten der jeweiligen Maßnahmen zu tragen hat. Dies zeigt sich auch darin, dass die KG bereits am 25.08.2006 die Anschlussprojektierung durch die Beklagte nach Abschluss der Netzverträglichkeitsprüfung und auf deren Grundlage beauftragt sowie am 13.09.2005 bei der A. die Errichtung der Übergabestation nach den technischen Vorgaben der Beklagten in Auftrag gegeben hatte und diese die Übergabestation für die KG spätestens am 29.03.2006, dem Tag der Abnahme, und mithin im zeitlichen Umfeld der Klageerhebung fertig gestellt hatte.

72

cc) Dies zeigt sich auch darin, dass die Annahme des Anschlussangebots v. 14.11.2005 am 09.12.2005 mit Änderungswünschen im Hinblick auf die Gestaltung der Vertragsverhältnisse, d.h. mit den vertraglichen Bedingungen des ihr gewährten Netzzugangs, verbunden worden ist und dass die Klägerin nach dem Abschluss des Vertrags vom 19.10.2009 durch die nachfolgende Anlagenbetreiberin trotz des zugleich erklärten Vorbehalts den Klageantrag zu Ziffer 1) in der Hauptsache nicht mehr weiterverfolgt hat.

73

dd) Letztlich besteht der maßgebliche Unterschied zwischen den Rechtspositionen der Klägerin und der Beklagten im Rechtsstreit bezüglich des Klageantrags zu Ziffer 1) darin, dass die Klägerin mit dem Anspruch auf Netzzugang aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis den Anschluss zu den gesetzlich vorgesehenen Bedingungen eines sog. Erzeugermanagements erreichen wollte, während die Beklagte mit ihren vertraglichen Regelungen und insbesondere mit ihrem Verlangen auf Teilnahme am sog. Netzsicherheitsmanagement ein über die gesetzlichen Bestimmungen des EEG 2004 hinausgehendes Einspeisemanagement etablieren wollte, welches der Gesetzgeber aber erst im EEG 2009 eingeführt hat.

74

c) Das Landgericht hat für seine Kostenentscheidung zu Unrecht darauf abgestellt, dass die Einspeisevergütung der Klägerin nach Ablauf von fünf Jahren u.U. abgesenkt werden könnte; dies ist im Hinblick auf das Klageziel sachwidrig gewesen.

75

Schon seinem Wortlaut nach ist der Klageantrag zu Ziffer 1) auf den Netzzugang im o.g. Sinn, d.h. auf einen Netzzugang ohne Vertragsabschlusszwang, gerichtet gewesen. Bei verständiger Auslegung ist die Bezifferung der Vergütung lediglich ein Instrument zur vollständigen Beschreibung des Inhalts des gesetzlich begründeten Netznutzungsverhältnisses gewesen. Der Klägerin ist es mit der angestrebten antragsgemäßen Verurteilung nicht unmittelbar um die Zahlung einer bestimmten Vergütungssumme, erst recht nicht um die Verpflichtung zur dauerhaften Zahlung einer Vergütung in gleichbleibender Höhe gegangen. Hinsichtlich der Vergütung der bereits abgenommenen Strommengen hätte im Übrigen ein bezifferter Antrag formuliert werden können und müssen. Die Beklagte hat das Klageziel der Klägerin in gleicher Weise aufgefasst; über die Dauer der Vergütungszahlungen und deren etwaige zeitliche Staffelung ist nicht gestritten worden.

76

d) Das Landgericht ist im Übrigen zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Ermessensentscheidung nach § 91a ZPO unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung der Prozessparteien zu treffen war; die Erfolgsaussichten beurteilt der Senat jedoch dahin, dass die Klägerin allenfalls eine Verurteilung der Beklagten Zug um Zug gegen die Verpflichtung zur Teilnahme am Netzsicherheitsmanagement der Beklagten hätte erreichen können.

77

aa) Das Landgericht hat allerdings zu Recht die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Prozessführungsbefugnis der Klägerin bejaht. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Beklagten sind unbegründet. Der Senat macht sich insoweit zunächst die Erwägungen im Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 12.03.2008 (12 U 79/07) zu Eigen (OLGU S. 6). Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass die Klägerin nach §§ 265 Abs. 1 u. 3, 325 Abs. 1 ZPO analog prozessführungsbefugt ist, weil der Wechsel der Stellung der Anlagenbetreiberin in einem Prozess um Ansprüche aus dieser Rechtsstellung gegenüber dem Netzbetreiber aus dem EEG vergleichbar ist mit dem Wechsel der Eigentümerstellung in einem Prozess um dingliche Ansprüche aus dem Eigentum. Sowohl der Wechsel der Rechtsstellung als Anlagenbetreiberin von der Klägerin zur E. R. GmbH mit Wirkung zum 01.06.2006 als auch der im Jahre 2009 vollzogene Wechsel von dieser zur C sind nach Eintritt der Rechtshängigkeit am 17.03.2006 erfolgt. Darüber hinaus liegt auch eine wirksame gewillkürte Prozessstandschaft der Klägerin für die jeweilige aktuelle Anlagenbetreiberin vor: Die Klägerin hat mit der Prozessführung auch ein berechtigtes eigenes Interesse verfolgt, weil es in Betracht kam, dass sie gegenüber der jeweiligen aktuellen Anlagenbetreiberin u.U. auch schadenersatzpflichtig nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 und 311 Abs. 2 BGB sein könnte.

78

bb) Das Landgericht hat bei seiner Kostenentscheidung zu Recht berücksichtigt, dass der Klageantrag zu Ziffer 1) hinsichtlich einer von sieben WEA, der WEA Nr. 5, von Anfang an unbegründet war, weil diese Anlage bei Eintritt der Rechtshängigkeit am 17.03.2006 bereits entsprechend den technischen Vorgaben der Rechtsvorgängerin der Beklagten über die WKA-Übergabestation M. an das UW Bg. angeschlossen war und seit Anfang März 2006 Strom in das Mittelspannungsnetz der Rechtsvorgängerin der Beklagten einspeiste. Die Rechtsvorgängerin hatte insoweit Verhandlungen mit der Betreiberin des WEP M. aufgenommen (vgl. Vertragsangebot vom 21.11.2005) und erfolgreich abgeschlossen; dem entsprechend hatte sie die Vertragsverhandlungen mit der Klägerin auf den Anschluss von sechs WEA beschränkt (vgl. Vertragsangebot vom 14.11.2005). Jedenfalls war die Klägerin auch für die WEP M. Betriebs GbR zu keiner Zeit prozessführungsbefugt.

79

cc) Das Landgericht hat auch zu Recht darauf abgestellt, dass die Beklagte die Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach § 4 Abs. 1 EEG 2004-2, d.h. auf Gewährung des Netzzugangs, grundsätzlich nicht von einem Vertragsschluss hierüber abhängig machen durfte. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 12 Abs. 1 EEG 2004-2. Zwar war es trotz dieser Rechtsvorschrift üblich und wurde in der Praxis als ratsam angesehen, das Schuldverhältnis auf eine konkrete vertragliche Grundlage zu stellen (vgl. Salje, a.a.O., § 4 Rn. 75). Verhandlungen über einen vertraglich geregelten Netzanschluss durfte sie also führen. Der Umstand des Verhandelns selbst konnte daher der Klägerin noch keinen Anlass zur Klageerhebung geben. Die Beklagte hat aber spätestens im vorliegenden Rechtsstreit darüber hinaus einen Netzzugang für den WEP L. ohne einen Vertragsabschluss ernsthaft und endgültig abgelehnt.

80

dd) Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Netzanschluss und Anschlussnutzung ohne Abschluss von Verträgen, welche dieses Rechtsverhältnis näher ausgestalten, war hier jedoch eingeschränkt durch die Verpflichtung der Klägerin zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der Beklagten nach § 241 Abs. 2 BGB und durch die Verpflichtung zur konstruktiven Kooperation mit der Beklagten als Netzbetreiberin nach § 242 BGB.

81

(1) Nach dem Vorausgeführten wurde zwischen den Prozessparteien mit dem Anschlussbegehren der Klägerin gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein gesetzliches Netzanschlussverhältnis begründet. Im Rahmen dieses gesetzlichen Netzanschlussverhältnisses nahm die Beklagte den Netzanschluss des WEP L. vor, ermöglichte die Einspeisung des im WEP erzeugten Stroms und zahlte Abschlagsvergütungen an die Klägerin.

82

(2) Die Beklagte hatte gegen die Klägerin im Jahr 2005 und bis zum Inkrafttreten der Neuregelungen im EEG 2009 keinen unmittelbaren Anspruch kraft Gesetzes auf eine Mitwirkung an der Gewährleistung von Netzsicherheit und Netzstabilität. Nach den Regelungen des EEG 2004 war den Betreibern von EEG-Anlagen grundsätzlich keine Mitverantwortung für die Systemstabilität der Stromnetze zugeordnet (so auch OLG Naumburg, Urteil v. 24.10.2008, 10 U 93/07, nachfolgend BGH, Beschluss v. 15.09.2009, VIII ZR 311/08). Die sich unmittelbar aus dem § 4 Abs. 1 EEG 2004 ergebende Anschluss-, Abnahme- und Vergütungspflicht der Beklagten war nach § 4 Abs. 3 S. 2 EEG 2004 nur beschränkt, ,,... soweit das Netz oder der Netzbereich nicht durch Strom aus zeitlich vor diesen Anlagen angeschlossenen Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien ... vollständig ausgelastet ist; ...". Nach dieser Regelung war der Netzbetreiber zum Anschluss bis zur 100 %-igen Auslastung seines Netzes mit EEG-Strom verpflichtet; danach waren die ältesten Anlagen privilegiert, neuere Anlagen, wie die der Klägerin, in der Gefahr, gar nicht angeschlossen zu werden, und konventionelle Energieerzeuger einer erheblichen Gefahr der häufigen vorübergehenden vollständigen Abschaltung ausgesetzt (sog. Erzeugermanagement). Die Anschlussverpflichtung des Netzbetreibers bestand sogar dann, wenn das Netz zeitweise vollständig durch Strom aus Erneuerbaren Energien ausgelastet war, § 4 Abs. 3 S. 1 EEG 2004. Der Anlagenbetreiber war nach § 4 Abs. 3 S. 1 EEG 2004 lediglich verpflichtet, seine Anlage mit einer technischen Einrichtung zur Reduzierung der Einspeiseleistung bei Netzüberlastung auszustatten, damit bei Vorliegen der Voraussetzungen der vorgenannten Norm eine vollständige Abschaltung seiner Anlage vorgenommen werden konnte.

83

(3) Die Beklagte hatte jedoch als Verteilnetzbetreiberin ein berechtigtes Interesse an einer Mitwirkung der Klägerin bei der Gewährleistung der Netzstabilität.

84

(a) Mit dem mit Wirkung ab dem 13.07.2005 in Kraft getretenen Energiewirtschaftsgesetz, konkret mit § 13 EnWG 2005, ordnete der Gesetzgeber die Systemverantwortung für die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit primär den Übertragungsnetzbetreibern zu. Hierzu wurde den Übertragungsnetzbetreibern eine umfassende Berechtigung zur Durchsetzung von Anpassungen der Stromeinspeisungen, Stromtransite und Stromabnahmen eingeräumt (§ 13 Abs. 2 EnWG 2005). Nach § 13 Abs. 4 S. 2 EnWG 2005 waren, soweit die Anpassungsmaßnahmen objektiv auf eine Gefährdungssituation zurückzuführen waren, sogar Haftungsansprüche der von Gefahrenabwehrmaßnahmen Betroffenen für Vermögensschäden ausgeschlossen. Nach der Gesetzesentwurfsbegründung war von den Übertragungsnetzbetreibern gleichwohl der Vorrang der EEG-Regelungen zu wahren (vgl. BTDrs. 15/3917, S. 57: „Sind Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems in der jeweiligen Regelzone gefährdet oder gestört, so sind Betreiber von Übertragungsnetzen nach Absatz 1 in einer ersten Stufe berechtigt und verpflichtet, vorrangig netzbezogene Maßnahmen und sodann marktbezogene Maßnahmen, wie etwa den Einsatz von Regelenergie oder die Nutzung vertraglich vereinbarter Optionen zur Abschaltung von Lasten, zur Erhaltung der Versorgung einzusetzen. Bei den netzbezogenen Maßnahmen ist der Vorrang des EEG zu wahren."). Zwischen diesen Pflichten bestand bereits auf der Ebene der Übertragungsnetzbetreiber eine Konfliktlage.

85

(b) Nach § 14 Abs. 3 EnWG 2005 waren Verteilnetzbetreiber, wie die Beklagte, verpflichtet, den Anordnungen der Übertragungsnetzbetreiber Folge zu leisten. Zwar sah § 14 Abs. 1 EnWG vor, dass die Bestimmungen des § 13 EnWG für Verteilnetzbetreiber „entsprechend (gelten), soweit diese für die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Elektrizitätsversorgung in ihrem Netz verantwortlich sind" ein solcher Fall der sog. isolierten Systemverantwortung lag hier aber für die Beklagte nicht vor. Die Reichweite der vorgenannten Vorschrift war und ist umstritten. In der Fachliteratur wurde von Anfang an und mit gewichtigen Argumenten kritisiert, dass eine Einbeziehung aller am Netz befindlichen Erzeugeranlagen in ein Einspeisemanagement gemäß § 13 Abs. 2 EnWG auch auf der Ebene der Verteilnetzbetreiber für die betriebliche Praxis besser geeignet gewesen wäre (vgl. nur Bln. Komm. z. EnWG, 2010, § 13 EnWG Rn. 15). Das für die Ebene der Verteilnetzbetreiber eingeführte Erzeugermanagement wurde in der Literatur als praxisuntauglich kritisiert.

86

(c) Dieser Konflikt zwischen der Mitverantwortung der Verteilnetzbetreiber für die Netzstabilität und deren Einbeziehung in das Einspeisemanagement der Übertragungsnetzbetreiber einerseits sowie der nicht normierten Mitverantwortung der Betreiber von EEG-Erzeugungsanlagen andererseits wirkte sich im Netzgebiet der Beklagten in besonderer Weise aus, weil eine überdurchschnittliche Vielzahl von dezentralen Energieerzeugungsanlagen existierte, welche den Regelungen des EEG unterfielen, die Stromabnahme aber verhältnismäßig gering war wegen des geringen Anteils von stromintensiven Verbrauchern im Netzgebiet.

87

(d) Der Gesetzgeber reagierte hierauf erst mit der Neufassung des EEG im Jahre 2009 (vgl. auch BT-Drs. 10/08, S. 106), bei dem über die §§ 6, 11, 16 Abs. 6 EEG 2009 eine Mitverantwortung der Anlagenbetreiber für die Netzstabilität begründet wurde. Für Altanlagen sah § 66 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 jedoch vor, dass sie erst ab dem 01.01.2011 am Einspeisemanagement teilnehmen mussten. Für einige Fälle der Einspeisereduzierung sah das Gesetz in § 12 Abs. 1 EEG 2009, anders als die Anschlussbedingungen der Beklagten, Entschädigungsansprüche der Anlagenbetreiber vor.

88

(e) Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, hatte die Beklagte bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen des Energiewirtschaftsgesetzes im Jahre 2005 und im Hinblick auf die ihr zugeordnete Mitverantwortung für die Netzstabilität ein diskriminierungsfreies Konzept entwickelt, wonach die Betreiber von EEG-Anlagen jeweils auf bilateraler vertraglicher Basis zur Mitwirkung an der Aufrechterhaltung der Netzstabilität verpflichtet wurden. Die hierfür von ihr, der Beklagten, für erforderlich erachteten Anschlussbedingungen waren Gegenstand ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Abschluss von Netzanschluss-, Anschlussnutzungs- und Stromeinspeiseverträgen. Danach wurden bei einer Netzüberlastung alle Energieerzeuger anteilig in ihrer Einspeiseleistung reduziert, niemand wurde vollständig abgeschaltet. Mit anderen Worten: Es wurde ein Solidarprinzip statt des Prinzips der zeitlichen Priorität eingeführt. Dieses Solidarprinzip, welches in wesentlichen Bestandteilen das im Jahre 2009 gesetzlich eingeführte Einspeisemanagement vorwegnahm, beruhte auf einer Teilnahme aller Anlagenbetreiber an diesem Netzsicherheitssystem und erforderte auch eine Teilnahme der Klägerin.

89

(4) Angesichts dieser Situation war die Klägerin nach § 241 Abs. 2 BGB im Rahmen des bereits bestehenden gesetzlichen Netzanschluss- und Anschlussnutzungsverhältnisses verpflichtet, auf die berechtigten Interessen der Beklagten Rücksicht zu nehmen. Während der Laufzeit des gesetzlichen Schuldverhältnisses war die Klägerin nach § 242 BGB zunächst zu einer konstruktiven Kooperation verpflichtet (vgl. zur Kooperationspflicht der Partner einer VOB/B-Vertrages betreffend die Anpassung und Durchführung des Vertrages in Anbetracht geänderter Umstände BGH, Urteil v. 28.10.1999, VII ZR 393/98, BGHZ 143, 89, in juris Tz. 28 ff.). Diese Kooperationspflicht umfasste, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung mindestens einer Partei des gesetzlichen Schuldverhältnisses die gesetzlich vorgesehene Durchführung an die besonderen tatsächlichen Rahmenbedingungen angepasst werden musste, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt wurden. Bei angemessener Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der Beklagten hätte eine einvernehmliche Problemlösung nur darin bestehen können und dürfen, dass die Klägerin jedenfalls am Einspeisemanagementsystem der Beklagten teilnimmt.

90

(5) Mit der Annahme des Anschlussangebots der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 14.11.2005 durch die Klägerin unter gleichzeitiger Ablehnung des Abschlusses von Verträgen zum Netzanschluss, zur Anschlussnutzung und zur Einspeisung vor der Inbetriebnahme des Netzanschlusses am 09.12.2005, mit dem allein auf den gesetzlichen Anspruch gestützten Anschlussbegehren der Klägerin vom 28.12.2005 sowie mit der Erhebung der vorliegenden Klage, dort des Klageantrags zu Ziffer 1), verletzte die Klägerin ihre Kooperationspflichten im Netzanschlussverhältnis. Die Klägerin war nicht bereit, auf das im Interesse aller Netznutzer geäußerte Anliegen der Beklagten, eine Teilnahme der Klägerin am Einspeisemanagement betreffend, einzugehen und weigerte sich zunächst sogar, der berechtigten Forderung der Beklagten nach dem Einbau einer Einrichtung zur Fernabschaltung vor dem Anschluss ihrer WEA Folge zu leisten.

91

(6) Dem gegenüber ist das Prozessverhalten der Beklagten, insbesondere auch die weitere Rechtsverteidigung im vorliegenden Rechtsstreit nach dem Einbau der Einrichtung zur Fernabschaltung der WEA, nicht als eine Verletzung der - wechselseitig bestehenden - Kooperationspflicht zu qualifizieren, sondern als eine Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen und auch der Interessen der Allgemeinheit an einer vertraglichen Regelung der Modalitäten des Netzanschlusses, der Anschlussnutzung und der Stromeinspeisung. Die Alternative zu einer in diesem Rechtsstreit herbeizuführenden generellen Klärung der Frage, ob die Klägerin zur Teilnahme am Einspeisemanagement verpflichtet war oder nicht, hätte darin bestanden, bei Gefährdungen der Netzstabilität die Einrichtung zur Fernabschaltung in Einzelfällen zu nutzen und die Einspeisung des Stroms aus den WEA der Klägerin vollständig abzuschalten und sodann nachträglich, ggf. jeweils gerichtlich, zu klären, ob die Nutzung der Abschalteinrichtung nach §§ 13, 14 EnWG 2005 berechtigt war oder nicht. Eine derartige Vorgehensweise hätte für beide Partner des gesetzlichen Netzanschluss- und Anschlussnutzungsverhältnisses zu höheren Belastungen geführt und für die Beklagte die zusätzliche Gefahr beinhaltet, dass sie von ihrer Übertragungsnetzbetreiberin zur Anpassung der Stromeinspeisung aufgefordert werden durfte und dem Verlangen entschädigungslos nachzugeben hatte, während sie ohne vertragliche Regelung mit dem jeweiligen Anlagenbetreiber Gefahr lief, sich in allen Fällen schadenersatzpflichtig wegen Nichtabnahme des in EEG-Anlagen erzeugten Stroms zu machen.

92

ee) Unter der Berücksichtigung der Vorausführungen hätte der Klageantrag zu Ziffer 1) ohne die auf ihn bezogene übereinstimmende Erledigungserklärung allenfalls mit der Einschränkung Erfolg gehabt, dass der Anschluss des WEP L. nur Zug um Zug gegen eine Teilnahme der Klägerin am Einspeisemanagementsystem der Beklagten vorzunehmen war. Die Beklagte ihrerseits hätte den Klageantrag mit dieser Maßgabe anerkennen müssen und nicht eine vollständige Klageabweisung beantragen dürfen.

93

e) Im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung über die Kosten des Klageantrags zu Ziffer 1) ist ein Rückgriff auf die verhältnismäßige Teilung der Kosten im Falle einer Zug-um-Zug-Verurteilung sachgerecht; der Senat setzt hierfür eine Kostenquote von zwei Dritteln zu Lasten der Klägerin und einem Drittel zu Lasten der Beklagten fest.

94

f) Zusammengefasst ergibt sich für die Kostenverteilung nach § 91a ZPO eine Kostentragung durch die Klägerin im Umfang von 71,4 % und durch die Beklagte im Umfang von 28,6 %. Dem liegt zugrunde, dass das Landgericht den Einzelwert des Klageantrags zu Ziffer 1) zutreffend nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Einspeisevergütung mit 9.368.681,00 € bewertet hat, die Klägerin hiervon vorab wegen der teilweisen Unzulässigkeit und Unbegründetheit des Klageantrags zu Ziffer 1) hinsichtlich der WEA Nr. 5 die Kosten für einen Anteil von einem Siebtel hiervon (entspricht 1.338.383,00 €) zu tragen hat und die verbleibenden 8.030.298,00 € zu zwei Drittel (entspricht 5.353.532,00 €) der Klägerin und zu einem Drittel (entspricht 2.676.766,00 €) der Beklagten zur Last fallen. Aus dem Verhältnis der Anteile des Unterliegens (1.338.383,00 € + 5.353.532,00 €= 6.691.915,00 € zu 2.676.766,00 €) ergibt sich die o.g. Kostenquote.

95

2. Das Landgericht hat im Rahmen seiner einheitlichen Kostenentscheidung weiter versäumt, eine zusammenfassende Kostenentscheidung unter Berücksichtigung des Prozessausgangs hinsichtlich aller rechtshängigen Anträge zu treffen und in diese Kostenentscheidung weiter die Kostenentscheidung hinsichtlich des ersten Berufungsverfahrens einzubeziehen. Im Ergebnis sind die Kosten der ersten Instanz einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens 12 U 79/07 zu 72 % der Klägerin und zu 28 % der Beklagten aufzuerlegen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen.

96

a) aa) Das Landgericht hat den Kostenwert des erstinstanzlichen Verfahrens im Urteil zutreffend und von den Prozessparteien nicht angegriffen bis zum 19.01.2011 auf einen Betrag in Höhe 9.612.205,03 € und für die Zeit danach auf einen jedenfalls geringeren Wert festgesetzt. Diese Wertfestsetzung beruht auf einer Bewertung des Klageantrags zu Ziffer 1) nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Einspeisevergütung mit 9.368.681,00 €, was einem Anteil am Gesamtkostenwert bis zum 19.01.2011 in Höhe von 97,5 % entsprach.

97

bb) Da im Rahmen der einheitlichen Kostenentscheidung zu berücksichtigen ist, dass hinsichtlich eines Anteils von 9.368.681,00 € am Gesamtkostenwert die Kosten zwischen der Klägerin und der Beklagten im Verhältnis von 71,4 % (entspricht einem fiktiven Anteil von 6.691.915,00 €) zu 28,6 % (entspricht einem fiktiven Anteil von 2.676.766,00 €) zu verteilen sind, und hinsichtlich des restlichen, streitig entschiedenen Teils die Klägerin wegen des Unterliegens mit dem Klageantrag zu Ziffer 2) einen weiteren fiktiven Anteil in Höhe von 243.524,03 € zu tragen hat, ergibt sich insgesamt ein Unterliegen der Klägerin im Verhältnis von 6.935.439,03 € zu 2.676.766,00 €; das sind annähernd 72,2 %.

98

b) Für das Berufungsverfahren 12 U 79/07 ist von einem Gesamtstreitwert in Höhe von 9.368.681,00 € auszugehen. Gegenstand des Berufungsverfahrens war nur der Klageantrag zu Ziffer 1). Insoweit verbleibt es bei der o.g. Kostenquote von 71,4 % zu Lasten der Klägerin und 28,6 % zu Lasten der Beklagten.

99

c) Insgesamt ist es nach dem Vorausgeführten sachgerecht, die Kosten des Verfahrens in erster Instanz und diejenigen des Berufungsverfahrens 12 U 79/07 einheitlich zu 72 % der Klägerin und zu 28 % der Beklagten aufzuerlegen.

C.

100

I. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO.

101

1. Der Kostenwert des Berufungsverfahrens 2 U 67/14 beträgt insgesamt 934.604,03 € und setzt sich aus dem Kostenwert des bezifferten Klageantrags zu Ziffer 2) in Höhe von 243.524,03 €- den hierzu hilfsweise gestellten Zahlungsanträgen kommt kein eigenständiger Kostenwert zu - und dem Kostenwert der wechselseitigen Anträge auf Änderung der Kostenentscheidung zusammen, den der Senat mit 691.080,00 € festsetzt. Dies ergibt sich im Einzelnen aus einer Berechnung der Gesamtkosten, welche durch die angegriffene Kostenentscheidung verteilt werden.

102

a) Jedenfalls dann, wenn mit dem Rechtsmittel der Berufung bzw. der Anschlussberufung eine gemischte Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Gerichts und insbesondere derjenige Teil dieser Kostenentscheidung angefochten wird, welcher sich auf einen selbständigen, insgesamt übereinstimmend für erledigt erklärten Antrag bezieht - hier den Klageantrag zu Ziffer 1) -, ist neben dem Kostenwert der verbliebenen Hauptsacheanträge - hier des Klageantrags zu Ziffer 2) - auch das Kosteninteresse der Prozessparteien an der Abänderung der Kostenentscheidung zu berücksichtigen (vgl. Lackmann in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 91a Rn. 53, 55, dort 1. Fallgruppe). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erhöhen zwar die anteiligen Prozesskosten nach übereinstimmender Teilerledigungserklärung weder den Streitwert noch die Beschwer, solange auch nur der geringste Teil der Hauptsache noch im Streit ist (vgl. nur BGH, Beschluss v. 31.03.2011, V ZB 236/10, MDR 2011, 781, in juris Tz. 7 m.w.N.; a.A. Lindacher in: MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 91a Rn. 123 m.w.N.). Der Bundesgerichtshof stützt seine Auffassung darauf, dass der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten, auch soweit diese durch den in der Hauptsache teilweise erledigten Teil begründet worden sind, als eine Nebenforderung geltend gemacht werde. Sobald jedoch die Hauptforderung, hier der selbständige und nur durch objektive Klagehäufung mit den weiteren Klageanträgen bzw. dem Widerklageantrag im selben Rechtsstreit anhängige Klageantrag zu Ziffer 1), nicht mehr Prozessgegenstand ist, weil, wie hier, hinsichtlich dieses Antrags von beiden Prozessparteien eine umfassende übereinstimmende Erledigungserklärung abgegeben worden ist, wird der Prozesserstattungsanspruch zur Hauptforderung. Insoweit ist auch das seinen Wert bestimmende Kosteninteresse beider Prozessparteien zu berücksichtigen.

103

b) Da jede der Prozessparteien mit ihrem Berufungsantrag jeweils eine vollständige Auferlegung aller Prozesskosten in erster Instanz auf die jeweils andere Prozesspartei begehrt, sind die gesamten - geschätzten - Prozesskosten in Ansatz zu bringen. Für die Gerichtskosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat der Senat zunächst 109.428,00 € angesetzt, das entspricht einer 3,0-fachen Gebühr nach KV Nr. 1210 (keine Reduzierung nach KV Nr. 1211) zu einem Gegenstandswert von 9.612.205,03 €. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens 12 U 79/07 hat der Senat mit 118.624,00 € berücksichtigt, was einer 4,0-fachen Gebühr nach KV Nr. 1220 (ohne Reduzierung nach KV Nr. 1221) zu einem Gegenstandswert von 9.368.681,00 € entspricht. Hieraus ergibt sich zuzüglich der Auslagen, insbesondere der Aufwendungen für die Tätigkeit des Sachverständigen in Höhe von nahezu 21.000,00 €, ein Betrag von ca. 250.000,00 €.

104

c) Jeder Prozesspartei sind Rechtsanwaltskosten zu denselben Gegenstandswerten je Instanz zuzüglich Telekommunikationspauschale und Mehrwertsteuer sowie Reisekosten und Abwesenheitsgeld für die Terminswahrnehmung entstanden. Der Senat hat für das Verfahren in erster Instanz bis zum Teilurteil vom 17.04.2007 jeweils 91.400,00 € angesetzt (auf der Basis einer 1,3-fachen Gebühr nach RVG VV Nr. 3100 sowie einer 1,2-fachen Gebühr nach RVG VV Nr. 3104), für das Berufungsverfahren 12 U 79/07 jeweils 100.000,00 € (auf der Basis einer 1,6-fachen Gebühr nach RVG VV Nr. 3200 und einer 1,2-fachen Gebühr nach RVG VV Nr. 3202) sowie für das erstinstanzliche Verfahren nach Zurückverweisung gemäß § 21 Abs. 1 RVG jeweils 38.000,00 € (auf der Basis einer 1,2-fachen Gebühr nach RVG VV Nr. 3104 i.V.m. Vorbemerkung 3 Abs. 6), insgesamt also 229.400,00 €.

105

d) Auf die Gesamtkosten in Höhe von ca. 708.800,00 € (250.000,00 €+ 229.400,00 €+ 229.400,00 €) entfallen 97,5 % (das entspricht 691.080,00 €) auf denjenigen Teil des Rechtsstreits, welcher durch die teilweise übereinstimmenden Prozesserklärungen von Klägerin und Beklagter in der Hauptsache erledigt worden sind und auf den sich der Berufungsantrag der Klägerin zu Ziffer 2) und die Anschlussberufung der Beklagten beziehen.

106

2. Die Klägerin unterliegt im Berufungsverfahren 2 U 67/14 hinsichtlich des Klageantrags zu Ziffer 2) mit einem Wertanteil von 243.524,03 € und hinsichtlich ihres Berufungsantrags zu Ziffer 2) mit einem Wertanteil von 497.577,60 € (72 % von 691.080,00 €); hieraus ergibt sich ein Gesamtunterliegen in Höhe von 741.101,63 € von 934.604,03 € bzw. ca. 79 %. Die Beklagte unterliegt hinsichtlich ihrer Anschlussberufung mit einem Wertanteil von 193.502,40 € bzw. ca. 21 %.

107

II. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

108

III. Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

109

IV. Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwerts für die Gebührenberechnung wird auf die Vorausführungen Bezug genommen.

110

gez. Dr. Engel          gez. Manshausen          gez. Wiedemann


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen