Urteil vom Oberlandesgericht Rostock (2. Zivilsenat) - 2 U 6/17

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 30.12.2016 - Az.: 6 O 140/15 - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 4) richtet. Im Übrigen werden das vorbezeichnete Urteil und das zu Grunde liegende Verfahren, soweit sie nicht die gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Klage zum Gegenstand haben, unter Zurückverweisung an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung aufgehoben.

2. Die Klägerin trägt die im Berufungsrechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4); im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem weiteren Verfahren vor dem Landgericht vorbehalten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Soweit die vorläufige Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils von Sicherheitsleistung abhängig war, fällt dieser Vorbehalt weg. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

1. Im Verhältnis zum Beklagten zu 2) ist die Klägerin des Rechtsmittels der Berufung verlustig.

2. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren hinsichtlich der Gerichtsgebühren auf ... € festgesetzt.

Hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren der Parteien werden folgende Einzelwerte festgesetzt:

Klägerin: ...

Beklagte zu 1): ...

Beklagter zu 3): ...

Beklagter zu 4): ...

Beklagte zu 5): ...

Gründe

I.

1

Mit ihrer am 18.06.2015 beim Landgericht Stralsund eingegangenen negativen Feststellungsklage wehrt sich die Klägerin gegen vermeintliche Schadenersatzansprüche der Beklagten im Zusammenhang mit der Kündigung eines Händlervertrags und der anschließenden Einstellung des früheren Geschäftsführers der Beklagten zu 1), des Beklagten zu 4), als Arbeitnehmer durch die Klägerin.

2

Die Beklagten zu 2) und 3) gründeten 1994 die damals unter „K.“ firmierende Beklagte zu 1). Der Beklagte zu 4) war seit 1994 Angestellter und seit 1999 Geschäftsführer und Mitgesellschafter der nunmehrigen Beklagten zu 1). Die in G. ansässige Klägerin ist Hersteller von Sportbooten, u.a. auch von Segelyachten der Marke ....

3

Am 01.04.2010 schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1) einen Händlervertrag („Dealer Skeleton Contract“) für das Vertriebsgebiet Frankreich (Anlage K 1 = Bd. I Bl. 11 ff. d.A.). Nach § 22 des Vertrages sollte deutsches Recht Anwendung finden und G. ausschließlicher Gerichtstand sein. Wörtlich heißt es dort:

4

„a) This Dealer Contract and all Purchase Contracts closed herunder are governed by German law. [...]
b) The sole place of jurisdiction is Greifswald.“

5

In § 1 war bestimmt:

6

„This Dealer contract [...] shall apply to all legal and business relations between HanseYachts and the Dealer [...].“

7

Nach einem Zerwürfnis mit den Beklagten zu 2) und 3) wurde am 27.01.2012 der Beklagte zu 4) als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) abberufen. Am 07.02.2012 schloss er als „Verkäufer“ mit den Beklagten zu 1), 2) und 3) einen Aufhebungs- und Übertragungsvertrag, mit dem der Beklagte zu 4) seine Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1) auf die Beklagten zu 2) und 3) übertrug und der in Artikel 4 folgende Wettbewerbsklausel enthielt (vgl. u.a. Seiten 5 f. der Anlage K 5/2 = Bd. I Bl. 128 f. d.A.):

8

„Artikel 4 - Verpflichtungen des Verkäufers in Bezug auf Kunden und Partner der Gesellschaft

9

4.1. Der Verkäufer verpflichtet sich, bis zum 31. Dezember 2014 keine der 'Kunden' der Gesellschaft gemäß der nachfolgenden Definition abzuwerben, anzusprechen, Verhandlungen mit ihnen zu führen, einen Vertrag und/oder eine Vereinbarung über Dienstleistungen abzuschließen, direkt oder indirekt mit oder für einen der Kunden der Gesellschaft zu handeln oder zu arbeiten.

10

Für die Zwecke des vorliegenden Artikels gelten als 'Kunden' alle natürlichen oder juristischen Personen, mit denen die Gesellschaft innerhalb von vierundzwanzig Monaten vor dem Datum der vorliegenden Vereinbarung einen Vertrag geschlossen oder verlängert hat und/oder mit denen die Gesellschaft innerhalb von vierundzwanzig (24) Monaten vor dem Datum der vorliegenden Vereinbarung einen Vertrag ganz oder teilweise ausgeführt hat.

11

Ohne die Allgemeingültigkeit der vorhergehenden Aussage zu begrenzen, verpflichtet sich P. D. ausdrücklich, die in dem vorliegenden Artikel dargelegte Verpflichtung insbesondere gegenüber den Partnern ... und ... einzuhalten.

12

Unbeschadet der Verpflichtungen in den obigen Absätzen des vorliegenden Artikels kann P. D. jeder anderen Tätigkeit im Handel mit Booten frei nachgehen.

13

Die hierin niedergelegten Verpflichtungen wurden zwischen den Parteien einvernehmlich begrenzt, so dass P. D. nicht am Arbeiten gehindert wird, was P. D. ausdrücklich anerkennt. [...]“

14

Nachdem der Beklagte zu 4) seine Gesellschaftsanteile an der Beklagten zu 1) vereinbarungsgemäß auf die Beklagten zu 2) und 3) übertragen hatte, erwarb nachfolgend am 21.03.2012 die Beklagte zu 5) sämtliche Geschäftsanteile an der Beklagten zu 1).

15

Am 02.05.2012 kündigte die Klägerin den Händlervertrag mit der Beklagten zu 1) - gestützt auf die in dessen § 18 Abs. 2 enthaltene so genannte Change-of-Ownership-Klausel - zum 30.06.2012 mit der Begründung, dem neuen Gesellschafter und Geschäftsführer fehle es an der nötigen Erfahrung im Marketing und Verkauf. Am 10.05.2012 schloss die Klägerin einen Arbeitsvertrag mit dem Beklagten zu 4) und setzte ihn als Regionalverkaufsleiter für Italien, Spanien, Portugal und Frankreich für alle Marken der ... ein.

16

Die Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) reichten daraufhin - eine Zustellung an die Klägerin ist im Herbst 2015 erfolgt - bei dem Handelsgericht in Toulon Leistungsklage ein (Anlage K5/2 = Bd. I Bl. 125 ff. d.A.) mit den Anträgen, den Beklagten zu 4) und die Klägerin gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Beklagte zu 1) einen Betrag von 861.650,00 € zu zahlen, an die Beklagte zu 5) einen Betrag von 236.487,00 € sowie an die Beklagten zu 2) und 3) einen Betrag von 57.000,00 €. Für die konkreten Beträge und deren Berechnung wird ergänzend auf Seiten 16 ff. der vorbezeichneten Klageschrift Bezug genommen.

17

Zur Begründung führten die Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) gegenüber dem Handelsgericht aus, die Kündigung des Vertriebsvertrags habe zahlreiche Monate kaufmännischer Anstrengungen und finanzieller Investitionen zur Förderung der Marke brutal zunichte gemacht. Sie bedeute den Verlust eines erheblichen Teils des Umsatzes. Die neue Tätigkeit des Beklagten zu 4) stelle eine Verletzung der vertraglichen Wettbewerbsklausel dar. Zudem scheine klar zu sein, dass die abrupte Kündigung des Händlervertrags direkt mit der Einstellung des Beklagten zu 4) durch die Klägerin zusammenhänge. Der Beklagte zu 4) könne nur darauf hingewirkt haben, dass der Vertrag gekündigt werde. Mit Schreiben vom 19.11.2012 hätten die Beklagten zu 2) und 3) von dem Beklagten zu 4) die Einstellung der wettbewerbswidrigen Tätigkeit verlangt. Zugleich hätten sie die Klägerin informiert. Die Chronologie lasse keinen Zweifel daran, dass die Kündigung des Händlervertrags auf den Beklagten zu 4) zurückgehe. Nach französischem Recht hafte der Beklagte zu 4) den Beklagten zu 2) und 3) wegen Verletzung der Wettbewerbsklausel durch die Einstellung bei der Klägerin, der Beklagten zu 1), weil sie die Wettbewerbsklausel habe schützen sollen, und der Beklagten zu 5), weil der Veräußerer dem Erwerber garantieren müsse, dass er den Besitz nicht störe, hier eine Kette von Veräußerungen – zunächst Beklagter zu 4) an die Beklagten zu 2) und 3) und anschließend diese an die Beklagte zu 5) – vorliege und nach französischem Recht eine Durchgriffshaftung bestehe.

18

Die Klägerin habe sich der „Beihilfe“ - im Sinne eines kollusiven Zusammenwirkens mit dem Beklagten zu 4) zum Nachteil der übrigen Beklagten - schuldig gemacht, weil sie die Wettbewerbsklausel schon im März 2012, im Übrigen aber jedenfalls aufgrund des Schreibens vom 19.11.2012 gekannt habe. Der Beklagten zu 1) sei durch die Kündigung ein Verlust in Höhe des Umsatzes vom 01.11.2009 bis zum 31.10.2011 von 861.650,00 € entstanden. Der Beklagten zu 5) sei ein Schaden von 236.487,00 € entstanden, der dem Verhältnis des Umsatzverlustes der Beklagten zu 1) gegenüber dem Wert des Unternehmens bei Veräußerung von 485.000,00 € entspreche. Nach Art. 1145 Code Civil schulde derjenige, der gegen eine Unterlassungspflicht verstoße, allein deshalb und ohne Nachweis eines Schadens Schadensersatz. Im Übrigen seien durch die Kündigung und die Einstellung des Beklagten zu 4) bei der Klägerin die Beziehungen der Beklagten zu 2) und 3) zur Beklagten zu 5) konfliktbeladen. Sie verlangen deshalb 50 % des an den Beklagten zu 4) gezahlten Kaufpreises für die Geschäftsanteile, mithin 57.000,00 €.

19

Die vorliegende Klage ist am 18.06.2015 beim Landgericht eingegangen und den Beklagten zu 1), 3), 4) und 5) im Frühjahr 2016 zugestellt worden. Zum Zeitpunkt der Zustellung der in Frankreich erhobenen Klage verhält sich die durch den Senat mit Beschluss vom 29.11.2017 (Bd. III Bl. 451 / 451-Rs. d.A.) eingeholten Auskunft des Handelsgerichts in Toulon vom 31.01.2019 (Bd. IV Bl. 479 ff. / 542 ff. d.A.).

20

Die Klägerin hat ihre Klage auf Feststellung gerichtet, dass Ansprüche der Beklagten im Zusammenhang mit der Händlervertragskündigung vom 02.05.2012 und der Einstellung des Beklagten zu 4) vom 10.05.2012 nicht bestehen. Die Klägerin hat hierzu in tatsächlicher Hinsicht behauptet, der Beklagte zu 4) habe angekündigt, die Klägerin im Fall seiner Verurteilung in Toulon in Regress zu nehmen, weil die Klägerin den Schaden durch die Kündigung des Händlervertrags verursacht habe.

21

Die Klägerin hat die Klage für zulässig gehalten, weil eine Leistungsklage umgekehrten Rubrums zuständigkeitshalber bei dem Landgericht Stralsund zu erheben sei und anderweitige Rechtshängigkeit mangels Zustellung der französischen Klage nicht gegeben sei. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Stralsund ergebe sich aus Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Auch bei Wettbewerbsverstößen sei der Ort der tatsächlichen Handlung zuständigkeitsbegründend. Die der Klägerin durch die Beklagten vorgeworfenen Handlungen - die Kündigung des Händlervertrages mit der Beklagten zu 1) und die Einstellung des Beklagten zu 4) - seien in bzw. von Greifswald aus erfolgt. Außerdem folge die - ausschließliche - Zuständigkeit des Landgerichts Stralsund aus der Gerichtsstandsvereinbarung in dem gekündigten Händlervertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1). Für die näheren Einzelheiten des klägerischen Vorbringens hierzu wird auf die in erster Instanz zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen, insbesondere auf die Schriftsätze vom 05.07.2016 (Bd. II Bl. 212 ff. d.A.) und 18.10.2016 (Bd. II Bl. 269 ff. d.A.).

22

Die Klägerin ist davon ausgegangen, gegenüber den Beklagten nicht zu haften. Insbesondere sei ihr ein etwaiges Wettbewerbsverbot des Beklagten zu 4) gegenüber der Beklagten zu 1) nicht bekannt gewesen. Der Beklagte zu 4) habe auf ein solches Verbot nicht hingewiesen.

23

Erstinstanzlich hat die Klägerin vor dem Landgericht beantragt,

24

1. festzustellen, dass den Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) weder wegen der Einstellung des Beklagten zu 4) mit Vertrag vom 10.05.2012 noch aufgrund der Kündigung vom 02.05.2012 des Händlervertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) vom 01.04.2010 Ansprüche gegen die Klägerin zustehen;

25

2. festzustellen, dass dem Beklagten zu 4) keine Ansprüche gegen die Klägerin zustehen, soweit er wegen des Abschlusses des Arbeitsvertrags mit der Klägerin vom 10.05.2012 und der damit angeblich verbundenen Vertragsverletzung des zwischen ihm und den Beklagten zu 1), 2) und 3) am 07.02.2012 geschlossenen Aufhebungs- und Übertragungsvertrags und/oder wegen der Kündigung vom 02.05.2012 des Händlervertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) vom 01.04.2010 rechtskräftig verurteilt wird, der Beklagten zu 1) und/oder dem Beklagten zu 2) und oder dem Beklagten zu 3) und/oder der Beklagten zu 5) Schadenersatz aus vorgenannten Gründen zu leisten.

26

Die Beklagten zu 1), 3), 4) und 5) haben in erster Instanz beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Der Beklagte zu 2) hat keinen Antrag gestellt und auch sonst nicht auf die Klage reagiert. Eine Zustellung an den Beklagten zu 2) ist nicht dokumentiert. Es liegt aus erster Instanz lediglich die - von der Klägerin mit Nichtwissen bestrittene - Mitteilung der Beklagten zu 1), 3) und 5) vom 01.06.2016 (Bd. II Bl. 155 d.A.) vor, der Beklagte zu 2) sei verstorben.

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Die Beklagten zu 1), 3) und 5) haben das Landgericht für international unzuständig und die Klage aus diesem Grund für unzulässig gehalten.

30

Der Beklagte zu 4) hat sich diesbezüglich zuletzt der Auffassung der Klägerin angeschlossen und eine Zuständigkeit des Landgerichts auf der Grundlage des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO für gegeben erachtet. Er hat die Klage im Ergebnis gleichwohl für unzulässig gehalten, weil der Klägerin das notwendige Feststellungsinteresse fehle. Er - der Beklagte zu 4) - habe sich gegenüber der Klägerin keines (Regress-) Anspruches berühmt. Erstens sei es nicht richtig und werde bestritten, dass er - der Beklagte zu 4) - der Klägerin am 09.06.2015 per E-Mail mitgeteilt habe, dass ihm „keine andere Lösung zur Verfügung stehe, als die Klägerin in das Verfahren in Frankreich einzubeziehen“. Und zweitens stelle eine solche - als wahr unterstellte - Äußerung keine (Regress-) Anspruchsberühmung dar. Außerdem genüge die Klage, soweit sie sich gegen ihn - den Beklagten zu 4) - richte, nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; die beantragte Feststellung hänge von unzulässigen Bedingungen ab. Für die näheren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten zu 4) vom 04.10.2016 (Bd. II Bl. 260 ff. d.A.) Bezug genommen.

31

Die Beklagten zu 1), 3) und 5) haben behauptet, die Klägerin sei bereits im März 2012 über die Wettbewerbsklausel informiert gewesen. Dieser Darstellung hat sich der Beklagte zu 4) angeschlossen. Er hat vorgetragen, den klägerischen Verkaufsleiter T. bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrages mit der Klägerin auf das Wettbewerbsverbot mündlich hingewiesen zu haben. Diese Information sei gegenüber der Klägerin im Zuge einer E-Mail-Korrespondenz am 10.06.2012 bzw. 17.06.2012 (Anlagen B 4/2 und B 4/3 = Bd. II Bl. 196 ff. d.A.) noch einmal bestätigt worden. Für die näheren diesbezüglichen Einzelheiten wird auf den Sachvortrag auf Seiten 3 f. des Schriftsatzes des Beklagten zu 4) vom 21.06.2016 (Bd. II Bl. 185 f. d.A.) Bezug genommen.

32

Mit Beschluss vom 10.08.2016 (Bd. II Bl. 225 d.A.) hat das Landgericht gemäß § 280 Abs. 1 ZPO angeordnet, über die Zulässigkeit der Klage sei abgesondert zu verhandeln. Mit Urteil vom 30.12.2016 (Bd. II Bl. 290 ff. d.A.) hat es die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

33

Für die Klage gegen den Beklagten zu 4) sei der Rechtsweg gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG - ausschließlich - zu den Arbeitsgerichten eröffnet, weil sich der vermeintliche Regressanspruch des Beklagten zu 4) nur aus dem Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ergeben könne. Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, es gehe um eine vermeintliche Haftung aus dem „Innenverhältnis“ zwischen ihr und dem Beklagten zu 4), stelle gerade der Arbeitsvertrag mit dem Beklagten zu 4) dieses Innenverhältnis dar. Im Übrigen - also hinsichtlich der Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) - sei die internationale Zuständigkeit des Gerichts nicht gegeben. Nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO sei ein Gerichtstand in Frankreich gegeben, weil dort der Erfolgs- oder Handlungsort liege. Maßgebliche Handlung sei nämlich nicht die Anstellung des Beklagten zu 4), sondern die daraufhin zu erbringende Tätigkeit des Beklagten zu 4) als Vertriebsleiter in Frankreich. Die Gerichtstandsvereinbarung aus dem Vertrag vom 01.04.2010 in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 EuGVVO greife nicht, weil es sich bei den Ansprüchen nicht um solche aus dem Händlervertrag handele und dieser ohnehin nur im Verhältnis zur Beklagten zu 1) gelte.

34

Das Urteil ist allen Parteien mit Ausnahme des Beklagten zu 2) zugestellt worden, der Klägerin am 04.01.2017.

35

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 06.02.2017, einem Montag, hier eingegangenen Berufung, die mit Eingang hier am 17.02.2017 begründet worden ist. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge unverändert weiter, zuletzt allerdings - insoweit ist auf die Sitzungsniederschrift über den Senatstermin vom 09.09.2020 (Bd. IV Bl. 587 ff. d.A.) zu verweisen - beschränkt auf die Beklagten zu 1), 3), 4) und 5).

36

Der Ansatz des Landgerichts, für die Frage der internationalen Zuständigkeit auf die Vertriebstätigkeit des Beklagten zu 4) in Frankreich abzustellen, sei verfehlt. Maßgeblich seien die der vorliegenden negativen Feststellungsklage durch die Klägerin zu Grunde gelegten Begründungslinien der Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) im Rahmen der in Frankreich gegen die Klägerin und den Beklagten zu 4) erhobenen Leistungsklage, zumal die von der Klägerin vorliegend formulierten und streitstoffbestimmenden Klageanträge ausdrücklich und alleinig auf die Vertragskündigung und die Einstellung des Beklagten zu 4) durch die Klägerin abstellen würden, nicht auf das geschäftliche Agieren des Beklagten zu 4) in Frankreich. Die in Frankreich erhobene Klage hätten die Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) ausschließlich mit der Kündigung des Händlervertrages durch die Klägerin und der Einstellung des Beklagten zu 4) durch die Klägerin - und damit durch in bzw. von Deutschland aus erfolgte Handlungen - begründet. Dass die Beklagten zu 1), 3) und 5) im vorliegenden Verfahren gegenüber dem Landgericht andere Gründe - insbesondere die Vertriebstätigkeit des Beklagten zu 4) in Frankreich und eine daran angelehnte vermeintliche Annexhaftung der Klägerin wegen einer Verleitung des Beklagten zu 4) zum Vertragsbruch gegenüber den Beklagten zu 1), 2) und 3) - „nachgeschoben“ hätten, spiele für die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit keine Rolle. Es könne nur darauf ankommen, wie die mit der vorliegenden Feststellungsklage abzuwehrenden Ansprüche im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Feststellungsklage begründet worden seien. Im Übrigen sei eine Schädigung der Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) durch die Akquisetätigkeit des Beklagten zu 4) auf dem französischen Markt schon deshalb ausgeschlossen, weil sich die Marktfelder der Klägerin und der Beklagten zu 1) nicht überschneiden würden. Während nämlich die Klägerin ausschließlich an gewerbliche Händler veräußere, betreibe die Beklagte zu 1) ausschließlich Endkundengeschäft. Bezeichnenderweise hätten die Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) vor dem Handelsgericht in Toulon auch nicht zu konkreten Kundenabwerbungen durch den Beklagten zu 4) vorgetragen. Sie würden ihren Schaden vielmehr im Verlust der Vertragsbeziehung zur Klägerin - infolge der Kündigung des Händlervertrages - sehen.

37

Im Übrigen sei im Rahmen des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO für jeden einzelnen Beteiligten auf dessen jeweiligen eigenen Tatbeitrag abzustellen. Selbst wenn man von einer Beihilfehandlung der Klägerin ausgehe, spiele daher der Ort der vermeintlichen Haupttat des Beklagten zu 4) in Frankreich für die vorliegende Zuständigkeitsbestimmung keine Rolle.

38

Zudem folge die Zuständigkeit des Landgerichts schon aus der Gerichtsstandsvereinbarung in dem Vertrag vom 01.04.2010. Insbesondere dessen § 1 mache deutlich, dass die Regelung des § 22 b) umfassende Geltung für die gesamte Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) beanspruche. Hiernach sei das Landgericht für die vorliegende Klage jedenfalls insofern zuständig, wie diese sich gegen die Beklagte zu 1) richtet. Letztlich folge aus der Gerichtsstandsvereinbarung aber auch eine Zuständigkeit im Verhältnis zu den weiteren Beklagten, weil auch diese ihre angeblichen Ansprüche gegen die Klägerin aus einer vermeintlichen Verletzung des Vertrages vom 01.04.2010 ableiten würden und sich folgerichtig auch die Gerichtsstandsbestimmung aus diesem Vertrag entgegenhalten lassen müssten.

39

Für die Klage gegen den Beklagten zu 4) sei innerhalb der deutschen Gerichtsbarkeit auch der ordentliche Rechtsweg eröffnet. Eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bestehe nicht. Die vermeintliche Haftung der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 4) ergebe sich aus den Vorschriften über den gesamtschuldnerischen Innenausgleich gemäß §§ 840, 426 BGB und knüpfe an ein - vermeintlich schädigendes - Verhalten der Klägerin aus der Zeit vor Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Beklagten zu 4) an. Für eine Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG sei daher kein Raum.

40

Für die näheren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Klägerin wird ergänzend Bezug genommen auf die Berufungsbegründungsschrift vom 16.02.2017 (Bd. III Bl. 332 ff. d.A.) sowie den weiteren klägerischen Schriftsatz vom 12.05.2017 (Bd. III Bl. 439 ff. d.A.).

41

Die Klägerin beantragt - nach Rücknahme der Berufung gegenüber dem Beklagten zu 2) in der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2020 - nunmehr,

42

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Stralsund vom 30.12.2016 – Az.: 6 O 140/15

43

1. festzustellen, dass den Beklagten zu 1), 3) und 5) weder wegen der Einstellung des Beklagten zu 4) mit Vertrag vom 10.05.2012 noch aufgrund der Kündigung vom 02.05.2012 des Händlervertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) vom 01.04.2010 Ansprüche gegen die Klägerin zustehen;

44

2. festzustellen, dass dem Beklagten zu 4) keine Ansprüche gegen die Klägerin zustehen, soweit er wegen des Abschlusses des Arbeitsvertrags mit der Klägerin vom 10.05.2012 und der damit angeblich verbundenen Vertragsverletzung des zwischen ihm und den Beklagten zu 1), 2) und 3) am 07.02.2012 geschlossenen Aufhebungs- und Übertragungsvertrags und/oder der Kündigung vom 02.05.2012 des Händlervertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) vom 01.04.2010 rechtskräftig verurteilt wird, der Beklagten zu 1) und/oder dem Beklagten zu 2) und oder dem Beklagten zu 3) und/oder der Beklagten zu 5) Schadenersatz aus vorgenannten Gründen zu leisten.

45

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

46

die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Landgericht zurückzuverweisen.

47

Mit - nicht nachgelassenem - Schriftsatz vom 21.09.2020 (Bd. IV Bl. 601 f. d.A.) hat die Klägerin „die Berufung“ gegen den Beklagten zu 4) für erledigt erklärt und sich dem Beklagten zu 4) gegenüber auf die Einrede der Verjährung berufen. Infolge der Erklärung des Beklagten zu 4) in der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2020, er berühme sich keines Anspruches gegen die Klägerin, sei die Klägerin nunmehr ausreichend „gesichert“. Etwaige Ansprüche des Beklagten zu 4) gegen die Klägerin seien verjährt, weil eine bloße Anspruchsberühmung keine Verjährungshemmung auslöse.

48

Mit - wiederum nicht nachgelassenem - Schriftsatz vom 25.09.2020 (Bd. IV Bl. 605 ff. d.A.) hat die Klägerin sich näher zu der Frage einer Zurückverweisung und deren Voraussetzungen erklärt. Die Klägerin vertritt den Standpunkt, der Senat müsse in der Sache selbst erkennen.

49

Die Beklagten zu 1), 3), 4) und 5) beantragen,

50

die Berufung zurückzuweisen.

51

Der Beklagte zu 4) beantragt hilfsweise,

52

das Verfahren auszusetzen, bis über den Bestand der Schadenersatzforderung der Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) gegen den Beklagten zu 4) im Verfahren vor dem Handelsgericht Toulon – Az.: 12014176 – rechtskräftig entschieden ist.

53

Die Beklagten zu 1), 3), 4) und 5) verteidigen - im Ergebnis übereinstimmend - das angefochtene Urteil.

54

Die Beklagten zu 1), 3) und 5) - für deren zweitinstanzliches Vorbringen ergänzend auf die Schriftsätze vom 28.03.2017 (Bd. III Bl. 387 ff. d.A.), 28.08.2020 (Bd. IV Bl. 579 ff. d.A.) und 16.09.2020 (Bd. IV Bl. 593 ff. d.A.) Bezug genommen wird - machen in Anknüpfung an ihre erstinstanzliche Argumentation geltend, dass sich die Haftung der Klägerin nicht aus der Kündigung des Händlervertrages oder dem Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem Beklagten zu 4) ergebe, sondern - allein - aus einer Mitwirkung an dem geschäftlichen Auftreten des Beklagten zu 4) in Frankreich unter Verstoß gegen die Bestimmungen des durch den Beklagten zu 4) mit den Beklagten zu 1), 2) und 3) geschlossenen Vertrages. Das ergebe sich unmissverständlich sowohl aus der bereits in erster Instanz vorgelegten Klage an das Handelsgericht in Toulon als auch nochmals aus dem erstmals in zweiter Instanz in Auszügen als Anlage B 5/4 (Bd. III Bl. 397 ff. d.A.) vorgelegten weiteren Schriftsatz gegenüber dem Handelsgericht in Toulon. Weder die Kündigung des Händlervertrages noch die Einstellung des Beklagten zu 4) durch die Klägerin hätten gegen die zwischen dem Beklagten zu 4) und den Beklagten zu 1), 2) und 3) geschlossene Vereinbarung verstoßen bzw. den hier streitbegriffenen Schaden ausgelöst. Sofern die Klägerin tatsächlich auf Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen wegen der Vertragskündigung bzw. der Einstellung des Beklagten zu 4) durch die Klägerin antragen wolle, sei eine Klage dieses Inhalts gegenüber den Beklagten zu 1), 3) und 5) jedenfalls mangels Feststellungsinteresses unzulässig, denn solcher Ansprüche hätten sich jedenfalls die Beklagten zu 1), 3) und 5) zu keiner Zeit berühmt.

55

Der Beklagte zu 4) - für dessen zweitinstanzlichen Vortrag ergänzend auf die Schriftsätze vom 30.03.2017 (Bd. III Bl. 354 ff. d.A.) und 07.08.2020 (Bd. IV Bl. 575 ff. d.A.) Bezug genommen wird - ist unverändert der Auffassung, dass auch die gegen ihn erhobene Klage unzulässig sei, wobei er die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte weiterhin - abweichend von den Beklagten zu 1), 3) und 5) - nicht in Zweifel zieht. Wiederum abweichend von den Beklagten zu 1), 3) und 5) sieht der Beklagte zu 4) als vermeintlichen Anknüpfungspunkt für die mit der vorliegenden Klage abzuwehrende Haftung der Klägerin jedenfalls auch den Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen der Klägerin und ihm, dem Beklagten zu 4). Die vermeintliche Haftung knüpfe an diesen Vertragsschluss ebenso an wie an das darauffolgende geschäftliche Auftreten des Beklagten zu 4) in Frankreich. Beide Facetten seien derart miteinander verknüpft, dass die Sache insgesamt als arbeitsrechtliche Streitigkeit zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 4) i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG einzuordnen sei. Das angefochtene Urteil begegne daher insoweit keinen Bedenken. Zurecht habe das Landgericht den ordentlichen Rechtsweg im Verhältnis zum Beklagten zu 4) verneint. Im Übrigen fehle aus den bereits in erster Instanz ausgeführten Gründen aber jedenfalls auch das notwendige Feststellungsinteresse, weil der Beklagte zu 4) sich gegenüber der Klägerin keines Anspruches berühmt habe.

II.

56

Die Klage ist hinsichtlich der Beklagten zu 1), 3) und 5) zulässig und hinsichtlich des Beklagten zu 4) unzulässig, über die Klage gegen den Beklagten zu 2) hat der Senat wegen der teilweisen Berufungsrücknahme nicht mehr zu befinden. Offen kann bleiben, ob der Rechtsstreit dem Senat wegen der erstinstanzlich abgesonderten Verhandlung über die Zulässigkeit überhaupt nur hinsichtlich dieser Frage zur Entscheidung angefallen ist (und deshalb nach Entscheidung über die Zulässigkeit ohne Weiteres vom Landgericht weiter zu behandeln wäre) oder infolge der Klagabweisung durch Endurteil insgesamt, also auch hinsichtlich der Begründetheit (so OLG Dresden, Urteil vom 07.05.2009 – 10 U 1816/08, NJW-RR 2009, 1295 [Juris; Tz. 36 f.]; die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 03.03.1958 – III ZR 157/56, BGHZ 27, 15-29, und vom 23.05.1985 – III ZR 57/84 [Juris; Tz. 10, 28], betreffen Rechtsmittel gegen Zwischenurteile). Denn mit Blick auf die fehlende Entscheidungsreife in der Sache vor Beweiserhebung über das französische Recht erscheint dem Senat jedenfalls die Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO an das Landgericht geboten.

57

1. Im Verhältnis zu den Beklagten zu 1), 3) und 5) folgt die Zuständigkeit des Landgerichts aus Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Vor diesem Hintergrund konnte das klageabweisende Prozessurteil im Verhältnis zu den Beklagten zu 1), 3) und 5) keinen Bestand haben. Die Klage war gegenüber den Beklagten zu 1), 3) und 5) auch nicht aus einem anderen Grund unzulässig. Insbesondere fehlt der Klägerin gegenüber diesen drei Beklagten, die unmissverständlich und konkret in Gestalt der in Frankreich gegen die hiesige Klägerin erhobenen Leistungsklage Ansprüche geltend gemacht haben, nicht das notwendige Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO.

58

a) Die Zuständigkeit des Landgerichts folgt aus Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Keine Rolle spielt für die Frage der Zuständigkeit, ob für die Anspruchsprüfung in materieller Hinsicht deutsches oder französisches Recht Anwendung findet. Ein gesetzlicher Gleichlauf zwischen internationaler Zuständigkeit und anzuwendendem materiellem Recht findet nicht statt (BGH, Urteil vom 09.07.2009 – Xa ZR 19/08, NJW 2009, 3371 [Juris; Tz. 13]; Zöller/Geimer, ZPO, 33. Aufl. 2020, EuGVVO Art. 7 Rn. 62).

59

(1) Im Ergebnis der Erörterungen geht der Senat davon aus, dass eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts auf der Grundlage des § 22 b) des Händlervertrags vom 01.04.2010 in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 EuGVVO ausscheidet, weil es sich selbst bei einem im Ausgangspunkt weiten Verständnis von der Anwendbarkeit des Vertrages, wie dessen § 1 sie im Prinzip nahelegt, nicht um eine vertragliche Streitigkeit handelt. Der Streitgegenstand ist nicht vertraglicher Natur.

60

(a) Die von der Beklagten zu 1) reklamierte Haftung der Klägerin ist nicht vertraglicher Natur. Den Streitgegenstand bestimmt auch im Fall der negativen Feststellungsklage allein die klagende Partei mit ihren Anträgen und dem zur Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt (BGH, Urteil vom 29.01.2013 – KZR 8/10, GRUR-RR 2013, 228 [Juris; Tz. 14]). Danach ist der von der Klägerin vorgetragene Lebenssachverhalt zur Spezifizierung des Streitgegenstands der negativen Feststellungsklage heranzuziehen. Diese bezieht sich zur Begründung auf die in Frankreich anhängige Klage, so dass zunächst die dortige Anspruchsbegründung maßgeblich ist. Streitgegenstand ist dort ein vermeintlicher Anspruch wegen der am 02.05.2012 erfolgten Kündigung des Händlervertrags und der am 10.05.2012 erfolgten Anstellung des Beklagten zu 4) trotz vermeintlicher Kenntnis der Klägerin von der Wettbewerbsvereinbarung zwischen den Beklagten zu 1) und 4). Es handelt sich um einen einheitlichen Streitgegenstand. Zwar sind in den Anträgen zwei Handlungen der Klägerin als Anknüpfungspunkt für die (verneinte) Haftung genannt. Die Beklagte zu 1) macht indes einen einheitlichen Anspruch geltend, bei dem Kündigung und Anstellung nur Teilaspekte eines einheitlich geplanten und vollzogenen kollusiven Zusammenwirkens in Kenntnis der Wettbewerbsabrede darstellen. In diesem einheitlichen Streitgegenstand ist auch das vom Landgericht für die Zuständigkeitsfrage für maßgeblich erachtete zeitlich nachfolgende Auftreten des Beklagten zu 4) für die Klägerin auf dem französischen Markt enthalten. Unabhängig von der wörtlichen Formulierung der Klageanträge im hiesigen Verfahren einerseits und der Fassung der Leistungsanträge bzw. ihrer Begründung im französischen Verfahren andererseits lässt sich das geschäftliche Agieren des Beklagten zu 4) im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit für die Klägerin von der Einstellung, die zur Begründung eben dieses Arbeitsverhältnisses geführt hat und erkennbar von vornherein auf einen entsprechenden Einsatz auf dem französischen Markt gerichtet war, nicht trennen. Das deckt sich mit der im Verhandlungstermin vor dem Senat durch die Beklagten zu 1), 3) und 5) mündlich erfolgten Klarstellung, der Klägerin werde letztlich nicht die - ausdrücklich als rechtlich zulässig anerkannte - Kündigung des Händlervertrages mit der Beklagten zu 1) vorgeworfen, sondern die zurechenbare Beteiligung an dem Auftreten des Beklagten zu 4) auf dem französischen Markt. In dieses Bild fügt sich auch die Passage auf Seite 17 (a.E.) der französischen Leistungsklage, die den auf 861.650,00 € bezifferten vermeintlichen Schaden der Beklagten zu 1) - anders als die insoweit missverständlichen Ausführungen auf Seite 16 - nicht oder jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne auf die Kündigung des Vertriebsvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) zurückführt, sondern auf die nahezu gleichzeitige und aus Sicht der Beklagten funktional mit der Händlervertragskündigung zusammenhängende Einstellung des Beklagten zu 4) durch die Klägerin, womit erkennbar nicht die Einstellung als solche gemeint ist, aus der allein der Beklagtenseite naturgemäß kein Schaden entstehen konnte, sondern erst das auf Grundlage dieser Einstellung sodann entfaltete Tätigwerden des Beklagten zu 4) auf dem französischen Markt. Der eigentliche Anknüpfungspunkt für die beklagtenseits reklamierte Haftung der Klägerin liegt damit in einem Bereich, der mit der Kündigungsberechtigung – die äußerstenfalls noch als vertragliche Auseinandersetzung zu begreifen gewesen wäre – nichts mehr zu tun hat. Dann aber ist für ein Abstellen auf die vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung kein Raum.

61

Wollte man demgegenüber - anders als der Senat - das Vorbringen dahin verstehen, mit der Feststellungsklage abzuwehrende Ansprüche würden auf die Kündigung des Händlervertrags unabhängig von der Anstellung des Beklagten zu 4) und dessen Tätigkeit gestützt, wäre hierfür eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Stralsund zu bejahen. Zugleich wäre deutsches Haftungsrecht anzuwenden, auf dessen Grundlage Ansprüche nicht bestehen.

62

(b) Im Verhältnis zu den Beklagten zu 3) und 5) kann auf die vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung auch deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil die Beklagten zu 3) und 5) am Vertrag nicht beteiligt waren. Eine Drittwirkung der Prorogation käme allenfalls bei Zustimmung oder Rechtsnachfolge (EuGH, Urteil vom 07.02.2013 – C-543/10, EuZW 2013, 316 [Juris; Tz. 29 ff.]; OLG Stuttgart, Urteil vom 23.12.2003 – 3 U 147/03, TranspR 2004, 406 [Juris; Tz. 36 f.]; Zöller/Geimer, ZPO, 33. Aufl. 2020, EuGVVO Art. 25 Rn. 51 ff. m.w.N.) sowie gegen persönlich haftende Gesellschafter (vgl. BGH, Urteil vom 12.11.1990 – II ZR 249/89, MDR 1991, 737 [Juris; Tz. 8], für eine Schiedsvereinbarung; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 38 Rn. 13 m.w.N.) in Betracht. Keine dieser Fallgruppen ist hier einschlägig. Der von der Klägerin - ohne Norm- oder Fundstellenangabe - herangezogene Gedanke, wer sich für seine Ansprüche zumindest indirekt auf den Vertrag stütze, müsse sich konsequenterweise auch die dortige Gerichtsstandsvereinbarung entgegenhalten lassen, trägt nicht.

63

(2) Die Zuständigkeit des Landgerichts folgt indes aus Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Danach ist der besondere Gerichtstand der unerlaubten Handlung an dem Ort gegeben, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff der unerlaubten Handlung autonom und ohne Rückgriff auf das nationale Recht auszulegen. In diesem Gerichtsstand sind alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinn des Art. 7 Nr. 1 EuGVVO anknüpft (EuGH, Urteil vom 21.04.2016 – C-572/14, GRUR 2016, 927 [Juris; Tz. 32]; BGH, Urteil vom 29.01.2013 – KZR 8/10, GRUR-RR 2013, 228 [Juris; Tz. 12], zur alten Fassung in Art. 5 Brüssel-I-VO). Auch die negative Feststellungsklage fällt unter diese Regelung (EuGH, Urteil vom 25.10.2012 – C-133/11, NJW 2013, 287 [Juris; Tz. 36]; BGH, Urteil vom 29.01.2013 – KZR 8/10, GRUR-RR 2013, 228 [Juris; Tz. 14]). Mit der Wendung: „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, ist sowohl der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens (Handlungsort) gemeint, so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden kann (EuGH, Urteil vom 25.10.2011 – C-509/09, NJW 2012, 137 [Juris; Tz. 41]; EuGH, Urteil vom 16.06.2016 – C-12/15, NJW 2016, 2167 [Juris; Tz. 28]; BGH, Urteil vom 29.01.2013 – KZR 8/10 [aaO]). So ist etwa bei Ansprüchen wegen einer Kartellabsprache der Abspracheort maßgeblich, wenn das Kartell an einem bestimmten Ort geschlossen wurde (EuGH, Urteil vom 21. Mai 2015 – C-352/13 [Juris; Tz. 44]).

64

(a) Die streitgegenständlichen Ansprüche sind keine - den Anwendungsbereich des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ausschließenden - vertraglichen Ansprüche i.S.v. Art. 7 Nr. 1 EuGVVO, weil die Haftung an das Auftreten des Beklagten zu 4) auf dem französischen Markt und die Mitwirkung der Klägerin an diesem Auftreten - beginnend jedenfalls mit der Einstellung des Beklagten zu 4) zu eben diesem Zweck - anknüpft und diese Handlungen selbst bei einem tendenziell weiten Anwendungsverständnis nicht mehr mit einer etwaigen Verletzung von Pflichten aus dem Händlervertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) in Verbindung stehen. Auch ergibt sich eine vertragliche Natur der reklamierten Haftung nicht aus dem das Wettbewerbsverbot enthaltenden Vertrag des Beklagten zu 4) mit den Beklagten zu 2) und 3); die Klägerin nämlich war an diesem Vertrag nicht beteiligt. Ob die vorliegend nicht - jedenfalls nicht unmittelbar - streitbegriffene Haftung des Beklagten zu 4) gegenüber den übrigen Beklagten vertraglicher Natur ist, spielt keine Rolle.

65

(b) Der Handlungsort ist Greifswald und damit im Inland belegen. Die Klägerin schloss hier bzw. von hier aus den Arbeitsvertrag mit dem Beklagten zu 4) und entsandte ihn von dort aus als ihren Arbeitnehmer auf den französischen Markt. Unerheblich ist, ob der Erfolgsort in Frankreich angesiedelt und deshalb zugleich eine Zuständigkeit eines französischen Gerichts begründet ist. Ebenso wenig kommt es auf die von den Parteien diskutierte Frage an, ob der Ort der vermeintlich schadenstiftenden Handlung des Beklagten zu 4) der Klägerin als vermeintlicher Teilnehmerin (“Beihilfe“) in zuständigkeitsbegründender Weise zugerechnet werden kann (ablehnend EuGH, Urteil vom 16.05.2013 – C-228/11, NJW 2013, 2099 [Juris; Tz. 40 f.]; EuGH, Urteil vom 03.04.2014 – C-387/12, NJW 2014, 1793 [Juris; Tz. 40]; BGH, Urteil vom 18.10.2016 – VI ZR 618/15, WM 2017, 323 [Juris; Tz. 18]; Zöller/Geimer, ZPO, 33. Aufl. 2020, EuGVVO Art. 7 Rn. 56 m.w.N.).

66

(c) Ausgehend von der durch Art. 7 Nr. 2 EuGVVO begründeten Zuständigkeit des Landgerichts besteht weder Veranlassung noch Raum für eine weitere Zurückstellung einer prozessbeendenden Sachentscheidung in Abhängigkeit vom Fort- bzw. Ausgang des in Frankreich anhängigen Leistungsklageverfahrens. Insoweit war insbesondere für die durch den Beklagten zu 4) hilfsweise beantragte Aussetzung kein Raum, zumal der Beklagte zu 4) mit seinem vorrangigen Sachantrag obsiegt hat und der Eventualfall damit nicht eingetreten ist.

67

Zwar ist der hier - lediglich - gegebene deliktische Gerichtsstand des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO im Unterschied zu der nach Auffassung der Klägerin durch eine Gerichtsstandsvereinbarung begründeten Zuständigkeit nicht ausschließlich (vgl. Art. 31 Abs. 2 EuGVVO). Der „Kernpunkt“ des hiesigen und des in Frankreich anhängigen Verfahrens ist der Gleiche (zur autonomen Auslegung des Art. 29 EuGVVO und dem daraus folgenden „weiten Verfahrensgegenstandsbegriff“ siehe Zöller/Geimer, ZPO, 33. Aufl. 2020, EuGVVO Art. 29 Rn. 25 m.w.N.). Es stellt sich daher nach Maßgabe des Art. 29 Abs. 2 EuGVVO die Frage, wie sich der vorliegende Prozess zu dem Verfahren vor dem französischen Gericht verhält und ob ggf. von hiesiger Seite eine Unzuständigkeit auszusprechen ist (Art. 29 Abs. 3 EuGVVO). Diese Frage ist indes unter Berücksichtigung der durch den Senat mit Beschluss vom 29.11.2017 (Bd. III Bl. 451 / 451-Rs. d.A.) eingeholten Mitteilung des Handelsgerichts in Toulon vom 31.01.2019 (Bd. IV Bl. 479 ff. / 542 ff. d.A.) dahin zu beantworten, das dem französischen Verfahren kein Vorrang gebührt.

68

Da in Frankreich augenscheinlich bereits im Erkenntnisverfahren Parteibetrieb herrscht, die Klage also zunächst auf Veranlassung des Klägers durch den Gerichtsvollzieher an den Prozessgegner zuzustellen und erst dann bei Gericht einzureichen ist, ist für die Bestimmung der Priorität - bezogen auf das französische Verfahren - die Vorschrift des Art. 32 Abs. 1 Satz 1 lit. b) EuGVVO maßgeblich. Damit gilt das französische Gericht spätestens seit dem 02.11.2015 als angerufen, weil an diesem Tag das Amtsgericht Greifswald im Wege der Rechtshilfe (Art. 32 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO) die Zustellung an die Klägerin bewirkt hat (Bd. IV Bl. 537-Rs. d.A.), frühestens aber seit dem 01.10.2015 (Eingang der Klage bei dem Gerichtsvollzieher in Frankreich).

69

Hinsichtlich des vorliegenden inländischen Prozesses richtet sich die Priorität nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 lit. a) EuGVVO. Danach kommt es auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage - also den Eingang bei Gericht - an, wenn der Kläger in der Folge nicht versäumt, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, damit die Zustellung an den Beklagten bewirkt werden kann. Beim Landgericht ist die Klage am 18.06.2015 eingegangen. Die Kostenrechnung vom 23.06.2015 wurde indes erst nach Mahnung am 12.08.2015 beglichen. Angeforderte Abschriften und Übersetzungen lagen sodann offenbar bis Mitte September 2015 vor. Die Klage wurde sodann erst am 06.04.2016 zur Zustellung abgesandt und am 11.04.2016 den Beklagten zu 1) und 5) sowie zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt vor dem 27.05.2016 dem Beklagten zu 3) zugestellt. Die Bandbreite möglicher Zeitpunkte, zu bzw. ab denen das Landgericht im hier maßgeblichen Sinne als angerufen gilt, reicht mithin vom 18.06.2015 bis zum 11.04./27.05.2016.

70

Insoweit gilt zunächst, dass die offenbar allein auf Nachlässigkeit der Klägerin zurückzuführende Verspätung der Einzahlung des Kostenvorschusses - § 12 Abs. 1 GKG - jedenfalls eine Rückwirkung auf den Anhängigkeitszeitpunkt, also den 18.06.2015, hindert (MüKoZPO/Gottwald, ZPO, 05. Aufl. 2017, Brüssel-Ia-VO Art. 32 Rn. 2; Zöller/Geimer, ZPO, 33. Aufl. 2020, EuGVVO Art. 32 Rn. 2); nur Verzögerungen im Bereich des gerichtlichen Zustellungsbetriebs gehen - ähnlich den innerstaatlich zu § 167 ZPO entwickelten Grundsätzen - nicht zu Lasten der klagenden Partei (OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.03.2006 – 8 U 218/05 [Juris; Tz. 63]; Schlosser, in: Schlosser/Hess, EU-Zivilprozessrecht, 04. Aufl. 2015, EuGVVO Art. 32 Rn. 2). Es tritt aber eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt ein, in dem der Vorschuss bei Gericht eingegangen ist, mithin auf den 12.08.2015 und damit jedenfalls auf einen Zeitpunkt vor dem 01.10.2015. Ab dem 12.08.2015 nämlich hatte die Klägerin alles ihr für die Herbeiführung des Zustellererfolges nach der Prozessordnung Obliegende getan. Alles in der Folge zur Herbeiführung des Zustellererfolges noch zu Veranlassende, insbesondere die Fertigung von Übersetzungen, oblag von Amts wegen dem angerufenen Gericht und war für die Klägerin nicht weiter beeinflussbar (vgl. Schlosser, in: Schlosser/Hess, EU-Zivilprozessrecht, 04. Aufl. 2015, Brüssel-Ia-VO Art. 32 Rn. 2). Das Gericht muss hier mit der Behebung des Zustellhindernisses als angerufen gelten, und zwar mit der Behebung bereits und nur desjenigen Zustellhindernisses, das im Verantwortungsbereich der Klagepartei liegt. Soweit im Schrifttum für den Fall einer nachträglichen Behebung von Zustellerhindernissen vereinzelt die Auffassung vertreten wird, es komme auf die „endgültige Rechtshängigkeit“ nach nationalem Recht an (Prütting/Gehrlein/Pfeiffer, ZPO, 09. Aufl., Brüssel Ia-VO Art. 32 Rn. 5) oder auf den Zeitpunkt der Einlassung des Beklagten auf das Verfahren (Schlosser, in: Schlosser/Hess, EU-Zivilprozessrecht, 04. Aufl. 2015, EuGVVO Art. 32 Rn. 2), kann dem jedenfalls für die vorliegende Konstellation nicht beigetreten werden. Ein sachlich einleuchtender Grund, die Klägerin schlechter zu stellen als sie stünde, hätte sie die Klage - mit ausreichendem Kostenvorschuss - überhaupt erst am 12.08.2015 bei Gericht eingereicht, ist nicht ersichtlich (wie hier Gruber FamRZ 2000, 1129 [1133]; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl., EuGVVO Art. 32 Rn. 4; E. Peiffer/M. Peiffer, in: Geimer/Schütze Int. Rechtsverkehr, 58. EL Oktober 2019, VO (EG) 1215/2012 Art. 32 Rn. 12).

71

b) Aus den zur Frage der Relevanz der Zuständigkeitsvereinbarung ausgeführten Gründen kann auch für die Frage des materiell anzuwendenden Rechts nicht auf den gekündigten Händlervertrag und die dort getroffene Rechtswahl - zu Gunsten des deutschen Rechts - abgestellt werden. Insbesondere und zumal unter Berücksichtigung der jetzt gegenüber dem Senat erfolgten Klarstellungen von Seiten der Beklagten zu 1), 3) und 5) zeigen bereits die Begründungslinien der in Frankreich erhobenen Leistungsklage, dass der gegen die Klägerin gerichtete Vorwurf, den Händlervertrag gekündigt zu haben, nicht dahingehend zu verstehen ist, der Klägerin habe kein Kündigungsrecht zugestanden bzw. die Kündigung sei - gemessen am Pflichtenprogramm des gekündigten Vertrages - pflichtwidrig bzw. unzeitig erfolgt und die Klägerin hafte deshalb, also gerade wegen eines vertragswidrigen Verhaltens gegenüber der Beklagten zu 1), auf Schadensersatz. Vielmehr greifen die Beklagten zu 1), 3) und 5) die Kündigung des Händlervertrages nicht als solche, sondern allein aus dem Blickwinkel an, es handele sich dabei um ein Element der deliktischen Mitwirkung der Klägerin an dem vertragsbrüchigen Verhalten des Beklagten zu 4). Nur vor diesem Hintergrund erschließen sich insbesondere die Ausführungen der Beklagten zu 1), 3) und 5) gegenüber dem französischen Gericht, die Klägerin sei durch den Beklagten zu 4) zur Kündigung des Händlervertrages gedrängt worden. Dieses vermeintliche Drängen und der von Beklagtenseite angenommene funktionale Zusammenhang zwischen der Kündigung des Vertrages mit der Beklagten zu 1) und der Einstellung des Beklagten zu 4) wären haftungsrechtlich im Hinblick auf die Klägerin ohne Belang, würde die vermeintliche Haftung der Klägerin wegen der Vertragskündigung im Vertrag selbst - also in der bilateralen Rechtsbeziehung (nur) zwischen Klägerin und Beklagter zu 1) - wurzeln.

72

Vielmehr ergibt sich hier die Anwendung französischen materiellen Privatrechts kraft Gesetzes aus Art. 4 Abs. 1 der EG-Verordnung 864/2007 (“Rom II“). Danach ist das Recht desjenigen Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Für die materielle Rechtsanwendung sind damit andere Maßstäbe heranzuziehen als diejenigen des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Für das materiell anzuwendende Recht ist unabhängig von den in bzw. von Greifswald aus erfolgten Handlungen der Klägerin auf den Ort abzustellen, an dem sich für die Beklagten zu 1), 3) und 5) der - vermeintliche - Schaden realisiert hat. Das ist unstreitig Frankreich, in dessen Territorium die Beklagten zu 1), 3) und 5) ansässig sind und in dem sie in - vermeintliche - Konkurrenz zur Klägerin in Gestalt des dort für jene auftretenden Beklagten zu 4) getreten sind. Es geht gerade um geschäftliche Einbußen auf dem französischen Markt. Ort des Schadenseintrittes ist somit Frankreich.

73

c) Ob das in der Sache selbst zur Anwendung gelangende - und gemäß § 293 Satz 1 ZPO wie ein tatsächlicher Umstand zu behandelnde, insbesondere also dem Beweis zugängliche - französische Privatrecht im Ergebnis zu der reklamierten Schadensersatzhaftung der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1), 3) und 5) nach Grund und Höhe führt, kann der Senat aus eigener Sachkunde nicht beurteilen. Das gilt neben etwaigen Besonderheiten der Haftung nach Art. 1134 Code Civil insbesondere für die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang das französische Recht eine (wettbewerbsrechtliche) Haftung wegen bloßer - einfacher - Fahrlässigkeit vorsieht, wie auf Seite 14 der in Frankreich erhobenen Leistungsklage (Bd. I Bl. 137 d.A.) unter Rekurs auf hier nicht bekannte und ohne sachverständige Unterstützung nicht verifizierbare Rechtsprechung des französischen Kassationsgerichthofes ausgeführt, worauf es u.a. ankommen dürfte, nachdem die Klägerin eine Kenntnis von dem vermeintlichen Verstoß des Beklagten zu 4) gegen die Wettbewerbsabrede mit den übrigen Beklagten ausdrücklich bestritten hat (vgl. Seite 7 der Klageschrift vom 15.06.2015 = Bd. I Bl. 9 d.A. / Seite 3 des Schriftsatzes vom 05.07.2016 = Bd. II Bl. 213 d.A.) und die Beklagten diesbezüglich keine Beweisantritte unternommen haben. Die Beklagten haben zwar auf Darlegungsebene die Behauptung aufgestellt, der seinerzeitige klägerische Mitarbeiter R. T. sei durch den Beklagten zu 4) bereits im März 2012 mündlich über das Wettbewerbsverbot in Kenntnis gesetzt worden, hierfür aber weder Herrn T. als Zeugen benannt noch anderweitig Beweis angeboten. Soweit der Beklagte zu 4) sich für die Frage der Kenntniserlangung der Klägerin auf E-Mails vom 10.06.2012 und 17.06.2012 bezieht (vgl. Schriftsatz vom 21.06.2016, Seite 3 = Bd. II Bl. 185 d.A.), ist zwar richtig, dass in diesen - für sich genommen wohl unbestrittenen - E-Mails (Bd. II Bl. 196 ff. d.A.) auf das zwischen dem Beklagten zu 4) und den übrigen Beklagten vereinbarte Wettbewerbsverbot verwiesen wird. Allerdings stellt sich insoweit einerseits die Frage, ob allein hieraus - nach den insoweit einschlägigen Maßstäben des französischen Rechts - auf einen ggf. haftungsbegründenden Vorsatz geschlossen werden kann, denn in beiden E-Mails erwähnt der Beklagte zu 4) das Verbot zwar, ist der Klägerin gegenüber aber gleichzeitig darum bemüht, nachvollziehbar darzutun, dass seine Anstellung bei der Klägerin und die hieran anknüpfende Tätigkeit als Vertriebsleiter in Frankreich nicht in Widerspruch zu diesem Verbot stehen. Zudem kann ohne sachverständige Unterstützung absehbar nicht beurteilt werden, ob nach Maßgabe des französischen Rechts eine ihrem Inhalt nach unterstelltermaßen hinreichende Kenntniserlangung am 10.06.2012 bzw. 17.06.2012, also zeitlich erst nach Einstellung des Beklagten zu 4), unter chronologischen Gesichtspunkten haftungsbegründenden wirken konnte.

74

d) Der Senat sieht nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO von einer Selbstentscheidung in der Sache ab und verweist den Rechtsstreit an das Landgericht zurück, weil die materielle Beurteilung nach französischem Privatrecht zu erfolgen hat, das im Rahmen einer Beweisaufnahme festzustellen ist (§ 293 ZPO). Unabhängig davon, ob die Beklagten sich in Anbetracht der erstinstanzlich angeordneten abgesonderten Verhandlung über die Zulässigkeit hinreichend zu Begründetheitsaspekten äußern konnten und ggf. auch vor dem Senat hätten äußern können, erscheint eine Zurückverweisung angesichts des absehbaren Aufwandes und Umfanges der Beweisaufnahme auch bei gebotener Berücksichtigung der Beschleunigungsmaxime hier angezeigt. Mit der klägerseitig mit Schriftsatz vom 25.09.2020 (Bd. IV Bl. 605 ff. d.A.) aufgeworfenen Frage einer Ermessensreduzierung auf Null hat das nichts zu tun. Der für die Aufhebung und Zurückverweisung notwendige Antrag zumindest einer Partei ist - durch die Klägerin - gestellt. Dass die Klägerin ihren Zurückverweisungsantrag nur hilfsweise gestellt hat, ist dabei unschädlich (OLG Rostock, Urteil vom 28.07.2017 - 6 U 131/15, NJOZ 2018, 1972 [1975] = BeckRS 2017, 119622 [Tz. 39]; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 538 Rn. 4). Insbesondere beinhaltet der Schriftsatz vom 25.09.2020 zwar eine kritische Bewertung der - soweit ersichtlich einhelligen - Auffassung, eine Zurückverweisung könne sich auch auf einen nur hilfsweise gestellten Antrag stützen, aber keine Rücknahme dieses Eventualantrages. Dem Senat erschließt sich nicht, warum ein Zurückverweisungsantrag nicht unter die - nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen regelmäßig unbedenkliche - innerprozessuale Bedingung eines Absehens von der parteiseitig primär angestrebten „Durchentscheidung“ gestellt werden können soll.

75

2. Infolge der Berufungsrücknahme (§ 516 Abs. 1 ZPO) im Verhältnis zum Beklagten zu 2) hat der Senat insoweit keine Entscheidung in der Sache zu treffen. Er muss in diesem Zusammenhang auch nicht dazu Stellung beziehen, ob überhaupt – gegenüber dem Beklagten zu 2) – rechtlich wirksam geurteilt werden konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 31.05.2010 – II ZB 9/09, NJW 2010, 3100 [Juris; Tz. 11]; Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl. 2020, Vor § 300 Rn. 16), nachdem in Anbetracht des jedenfalls zuletzt nicht mehr beachtlich bestrittenen Versterbens des Beklagten zu 2) vor Klageerhebung im Verhältnis zum Beklagten zu 2) Rechtshängigkeit nicht eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.2002 – VIII ZR 187/01, NJW 2002, 3110 [Juris; Tz. 10]; Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, Vor § 50 Rn. 12).

76

3. Gegenüber dem Beklagten zu 4) ist die Klage durch das Landgericht im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen worden. Das angefochtene Urteil hat daher in diesem Punkt bestand.

77

a) Das folgt zwar nicht aus der vom Landgericht angenommenen Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte. Eine solche Zuständigkeit – ihr Vorliegen unterstellt – hätte den Erlass eines klageabweisende Prozessurteils nicht erlaubt. Insoweit hätte das Landgericht vielmehr – nach Abtrennung (§ 145 Abs. 1 Satz 1 ZPO) des Verfahrens gegen den Beklagten zu 4) – von Amts wegen Verweisungsbeschluss gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG erlassen müssen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 280 Rn. 6). Lediglich bei Annahme einer Zuständigkeit der französischen (Arbeits-) Gerichtsbarkeit – Art. 20 Abs. 1, 22 Abs. 1 EuGVVO – wäre eine Klageabweisung durch Urteil in Betracht gekommen, weil weder die EuGVVO noch das nationale Verfahrensrecht eine grenzüberschreitende Verweisung zulassen.

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b) Ob eine – ausschließliche (Art. 22 Abs. 1 EuGVVO: „nur ...“) – Zuständigkeit eines französischen (Arbeits-) Gerichts hier begründet ist und die Klage deswegen auf Zulässigkeitsebene erfolglos bleibt, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Zulässigkeit der gegen den Beklagten zu 4) erhobenen Klage jedenfalls am Erfordernis eines rechtlichen Feststellungsinteresses (§ 256 Abs. 1 ZPO) scheitert. Dieses Interesse hängt – wie stets bei negativen Feststellungsklagen – davon ab, ob sich das Verhalten des Beklagten zu 4) der Klägerin gegenüber als eine Anspruchsberühmung darstellt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2019, § 256 Rn. 7 m.w.N.). Das ist im Ergebnis zu verneinen.

79

Zwar ist nicht erforderlich, dass die beklagte Partei behauptet, bereits eine durchsetzbare Forderung gegenüber der klagenden Partei zu haben. Deren Rechtsstellung ist vielmehr schon dann schutzwürdig betroffen, wenn geltend gemacht wird, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen, deren Eintritt noch ungewiss ist, ein Anspruch gegen sie ergeben. Demgegenüber enthält die bloße Ankündigung, unter bestimmten Voraussetzungen in eine Prüfung einzutreten, ob ein Anspruch gegen die Klagepartei besteht, noch keinen ernsthaften hinreichend bestimmten Eingriff in dessen Rechtssphäre, der ein alsbaldiges Interesse an gerichtlicher Klärung eines Rechtsverhältnisses der Parteien begründen könnte (BGH, Urteil vom 10.10.1991 – IX ZR 38/91, NJW 1992, 436 = WM 1992, 276 [Juris; Tz. 14]; BGH, Urteil vom 12.07.2011 – X ZR 56/09, GRUR 2011, 995 [Juris; Tz. 15]). Das Verhalten bzw. Auftreten des Beklagten zu 4) gegenüber der Klägerin ist insoweit analog §§ 133, 157 BGB auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2011 – X ZR 56/09, GRUR 2011, 995 [Juris; Tz. 16]).

80

Ausgehend von diesen Maßstäben ist ein Feststellungsinteresse hier zu verneinen. Dabei kann offen bleiben, ob die Einschätzung des Beklagten zu 4) zutrifft, dass die bloße - angebliche - Äußerung des Beklagten zu 4) vom 09.06.2015 gegenüber der Klägerin, „dass ihm keine andere Lösung zur Verfügung stehe, als die Klägerin in das Verfahren in Frankreich einzubeziehen“ (vgl. Seite 5 der Replikschrift vom 05.07.2016 = Bd. II Bl. 215 d.A.), noch keine hinreichend konkrete Inanspruchnahme im Sinne einer Anspruchsgeltendmachung darstellt, sondern derart ambivalent erscheint, dass darin ohne Weiteres auch nur die Ankündigung liegen kann, mögliche (Regress-) Ansprüche zu prüfen bzw. gerichtlich prüfen zu lassen. Jedenfalls nämlich steht die bezeichnete angebliche Behauptung nicht fest. Der Beklagte zu 4) hat sie ausdrücklich bestritten und die Klägerin hat keine Beweisantritte unternommen, insbesondere die angebliche E-Mail vom 09.06.2015 nicht vorgelegt. Es liegt nicht einmal ein als solches gekennzeichnetes Wortlautzitat aus dieser - angeblichen - E-Mail vor. Zwar könnte diese Frage - weil die Zulässigkeitsebene betreffend - auch freibeweislich geklärt werden. Auch im Freibeweisverfahren gilt aber keine Amtsermittlung, sondern lediglich (analog § 56 Abs. 1 ZPO) Amtsprüfung (Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 56 Rn. 4 m.w.N.). Es wäre daher Sache der Klägerin gewesen, wenigstens die betreffende E-Mail vorzulegen (und ggf. auch deren Authentizität zu belegen). Das aber hat die Klägerin – auch auf wiederholten Hinweis des Beklagten zu 4) – nicht getan.

81

c) Soweit die Klägerin mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 21.09.2020 eine Erledigungserklärung im Hinblick auf den Beklagten zu 4) abgegeben hat, hatte dies auf den Prozessstoff und die durch den Senat zu treffende Entscheidung keinen Einfluss. Unabhängig davon, ob tatsächlich - wie wörtlich formuliert - das Rechtsmittel als solches Gegenstand der Erledigungserklärung sein soll oder nicht vielmehr die - im Rechtsmittelverfahren anhängige - Klage, wofür der Umstand spricht, dass das von der Klägerin benannte vermeintliche Erledigungsereignis den Klage- und nicht (bloß) den Rechtsmittelanlass betrifft und die ersichtliche Intention der Klägerin darin besteht, die Abweisung der Klage im Verhältnis zum Beklagten zu 4) gerade nicht in Rechtskraft erwachsen zu lassen, ist nach Schluss der mündlichen Verhandlung (§§ 296a Satz 1, 525 Satz 1 ZPO) und somit auch hier für neue Sachanträge, insbesondere auch für den mit einer Erledigungserklärung im Wege der Antragsumstellung herbeizuführenden Erledigungsfeststellungsantrag, kein Raum (Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 296a Rn. 2a, m.w.N.) Der Senat war insoweit auch nicht veranlasst, den Schriftsatz vom 21.09.2020 vor Urteilserlass den übrigen Parteien zu übermitteln, zumal selbst eine förmliche Zustellung an den Beklagten zu 4) nicht zu einer Rechtshängigkeit des in der Sache offenkundig angestrebten Erledigungsfeststellungsantrages geführt hätte (Greger, a.a.O.).

82

Abgesehen von Vorstehendem hätte ein Erledigungseintritt in der Sache letztlich auch nicht festgestellt werden können, weil aus den oben ausgeführten Gründen eine Anspruchsberühmung auch in der Zeit vor dem mündlichen Verhandlungstermin vor dem Senat nicht festgestellt werden kann und das notwendige Feststellungsinteresse insoweit bereits bei Klageerhebung gefehlt hat.

III.

83

Zu den prozessualen Nebenentscheidungen ist folgendes auszuführen:

84

1. Die tenorierte Verpflichtung der Klägerin, die zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4) zu erstatten, folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Im Übrigen war die Kostenentscheidung (§§ 91 ff. ZPO) in Anbetracht der Zurückverweisung dem weiteren Verfahren vor dem Landgericht vorzubehalten (OLG Rostock, Urteil vom 28.07.2017 – 6 U 131/15, NJOZ 2018, 1972 [1981]; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 538 Rn. 58 m.w.N.).

85

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Dabei war das Urteil auch hinsichtlich der Zurückverweisung betreffend das Prozessrechtsverhältnis der Klägerin zu den Beklagten zu 1), 3) und 5) – obgleich das Urteil selbst insofern keinen im eigentlichen Sinne vollstreckungsfähigen Inhalt aufweist – mit Rücksicht auf die rechtlichen Folgewirkungen gemäß § 775 f. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären (OLG Rostock, Urteil vom 28.07.2017 – 6 U 131/15, NJOZ 2018, 1972 [1981]; OLG München, Urteil vom 18.09.2002 – 27 U 1011/01, NZM 2002, 1032 [Juris; Tz. 75]; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 538 Rn. 59 m.w.N.).

86

3. Die Verlustigerklärung im Verhältnis zum Beklagten zu 2) folgt aus § 516 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

87

4. Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

88

5. Für die Streitwertfestsetzung (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG) war von den Nennbeträgen der abzuwehrenden vermeintlichen Forderungen der Beklagten zu 1) bis 5) gegen die Klägerin auszugehen.

89

a) Dabei kommt es, wie im hiesigen Beschluss vom 29.11.2017 (Az.: 2 W 12/17) bereits ausgeführt, für die Gerichtsgebühren zu einer Addition der von den verschiedenen Beklagten reklamierten bzw. vermeintlich reklamierten Ansprüche gemäß § 39 Abs. 1 GKG, soweit sie nicht der Sache nach identische Schadenspositionen zum Gegenstand haben (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 5 Rn. 3 m.w.N.). Für die Rechtsanwaltsgebühren der Parteien war der jeweilige Umfang der Prozessbeteiligung zu berücksichtigen, wobei von einer Wertfestsetzung betreffend den Beklagten zu 2) abzusehen war, weil im Verhältnis zum Beklagten zu 2) mangels wirksamer Klagezustellung ein Prozessrechtsverhältnis, aus dem sich für den Beklagten zu 2) bzw. dessen Erben potentiell Kostenerstattungsansprüche ergeben könnten, nicht zur Entstehung gelangt ist.

90

b) Im Einzelnen gilt folgendes:

91

Die Werte der vermeintlichen Forderungen der Beklagten zu 2), 3) und 5) sind in der vermeintlichen Forderung der Beklagten zu 1) enthalten, weil es bei der vermeintlichen Forderung der Beklagten zu 5) um eine ausdrücklich umsatzanteilige und damit rechnerisch auf eine Teilmenge des vermeintlichen Anspruches der Beklagten zu 1) beruhende Verlustberechnung und im Fall der Beklagten zu 2) und 3) zwar um betragsmäßig pauschalierten, gleichwohl aber prozentual an den Kaufpreis für die Anteile an der Beklagten zu 1) bezogenen Schadensersatz geht und damit letztlich wiederum um den in den Umsatzzahlen zum Ausdruck kommenden Unternehmenswert, so dass insoweit eine Addition ausscheidet. Davon ist auch die landgerichtliche Wertfestsetzung - stillschweigend - ausgegangen.

92

Die vermeintliche Forderung des Beklagten zu 4) stellt sich als Regress wegen einer möglichen (gesamtschuldnerischen Mit-) Haftung des Beklagten zu 4) gegenüber den Beklagten zu 1), 2), 3) und 5) dar, so dass mit Rücksicht auf den akzessorischen Charakter dieser Forderung der Wert nicht weiter gehen kann, sich also wiederum in dem Nennbetrag der vermeintlichen Forderung der Beklagten zu 1) gegen die Klägerin erschöpft.

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