Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 4 U 154/19

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13.3.2019 (8 O 364/18) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil des Senats wie auch das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 18.326,60 EUR.

Tatbestand

 
I.
Die Parteien streiten um deliktische Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte vor dem Hintergrund des so genannten VW-Diesel-Abgasskandals.
Der Kläger erwarb am 11.11.2016 ein Gebrauchtfahrzeug VW Sharan mit einem Dieselmotor der Reihe EA 189, der von dem so genannten Dieselabgasskandal betroffen ist, für 17.500,- EUR und mit einem Kilometerstand von 83.000 km. Das Fahrzeug war erstmals im Jahr 2010 zugelassen worden.
Das Kraftfahrtbundesamt erkannte in der im Motor eingebauten Software, die bewirkte, dass die vorgegebenen NOX-Grenzwerte nur im Testlauf, nicht aber im normalen Straßenbetrieb eingehalten werden, eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art 5 Abs. 2, Art 3 Ziffer 10 der VO (EG) 715/2007.
Der Kläger hat das streitgegenständliche Fahrzeug in Kenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware erworben und ließ das am 20.12.2016 schließlich auch für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp vom Kraftfahrtbundesamt freigegebene Update am 17.2.2017 aufspielen.
Er habe auf die Mangelfreiheit des Software-Updates vertraut und sieht sich hierin von der Beklagten – auch sittenwidrig – getäuscht, weil das Update von der Beklagten nicht offenbarte negative Auswirkungen auf den Motor habe. Bei Kenntnis der Untauglichkeit des Software-Updates hätte er das Fahrzeug nicht erworben.
Der Kläger hat seinen Anspruch auf Schadensersatz auf § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB sowie auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 16 UWG gestützt, zusätzlich Zinsen nach § 849 BGB seit dem Erwerb des Fahrzeugs und Ersatz von Kosten für Reparaturen am NOx-Sensor und am Turbolader verlangt, die er auf das mangelhafte Software-Update zurückführt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, es fehle sowohl im Blick auf die ursprünglich eingebaute als auch im Blick auf die Software nach dem Update an einem vorsätzlichen und sittenwidrigen Handeln der Beklagten, das für den Kaufvertragsabschluss kausal geworden sein könnte. Wegen der Freigabe des Updates durch das Kraftfahrtbundesamt fehle es selbst an einem fahrlässigen Verhalten der Beklagten, sodass auch die geltend gemachten Reparaturkosten am NOx-Sensor und am Turbolader nicht ersetzt verlangt werden könnten.
Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.
Gegen dieses richtet sich die Berufung des Klägers, der zusammen gefasst geltend macht, dass
10 
- die im erfolgten Software-Update enthaltene Abschalteinrichtung in Form des so genannten Thermofensters unzulässig und rechtswidrig sei,
- das Landgericht verkannt habe, dass die Beklagte aktiv getäuscht habe, und zwar auch in Bezug auf die vorgebliche Mangelfreiheit des Software-Updates,
- das Software-Update zu Folgeschäden am hiervon betroffenen Fahrzeug führe in Form von erhöhter Rußbildung, erhöhtem Kraftstoffverbrauch und reduzierter Leistung,
- Fahrzeuge mit der ursprünglich eingebauten Abschalteinrichtung einen enormen Wertverlust erlitten hätten,
- woraus sich ergebe, dass der Kläger einen Anspruch auf (Rück)Erstattung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsersatz und Zinsen habe, der sich nicht nur aus § 823 BGB in Verbindung mit § 263 StGB, aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 und § 16 UWG, sondern auch aus § 826 BGB ergebe, weil der in das Fahrzeug eingebaute Motor mit einer Betrugssoftware versehen gewesen sei und das von der Beklagten angebotene und installierte Software-Update nicht zur Mangelfreiheit des Fahrzeugs geführt habe.
11 
Der Kläger beantragt daher (unter wohl versehentlicher Außerachtlassung der mit Schriftsatz vom 28.1.2020 im Blick auf die weitere Nutzung des Fahrzeugs erfolgten geringfügigen Reduzierung des geltend gemachten Hauptsachebetrages),
12 
das am 13.3.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 8 O 364/18 wie folgt abzuändern:
13 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.326,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 1.573,85 EUR sowie weiteren Zinsen aus 20.141,04 EUR in Höhe von 4 Prozent pro Jahr seit dem 17.1.2019 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Volkswagen Sharan 2.0 TDI mit der FIN ... zu zahlen.
14 
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs seit dem 26.9.2018 in Annahmeverzug befindet.
15 
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.514,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
19 
Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
II.
20 
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
21 
Das Landgericht hat die zulässige Klage mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung zu Recht als unbegründet abgewiesen.
22 
Der Senat macht sich die sehr sorgfältige und alle rechtlichen Gesichtspunkte umfassend abhandelnden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in vollem Umfang zu Eigen und nimmt auf diese Bezug.
23 
Die Berufungsbegründung des Klägers erfordert lediglich folgende ergänzende Ausführungen:
1.
24 
Dem Kläger gelingt es auch in der Berufungsbegründung nicht, zureichend zwischen dem von ihm behaupteten deliktischen Vorgehen der Beklagten im Zusammenhang mit der ursprünglich im Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs eingebauten und vom Kraftfahrtbundesamt als unzulässig beanstandeten Abschalteinrichtung und der am 17.2.2017 aufgespielten Software zu differenzieren.
25 
Dies vorangestellt kann der Senat weder im Blick auf die ursprünglich installiert gewesene Software (s.u. 2.) noch im Blick auf das Software-Update (s.u. 3.) eine rechtliche Grundlage für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche, die in der Berufungsbegründung ausdrücklich (vgl. Blatt 260) auf Rückerstattung des Kaufpreises gerichtet reklamiert werden, erkennen.
2.
26 
Wegen der ursprünglich eingebaut gewesenen Abschalteinrichtung kann der Kläger Ansprüche nicht mit Erfolg geltend machen.
a)
27 
Zum einen hat er schon in erster Instanz eingeräumt, von der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware gewusst zu haben. Dies steht schon auf Grund der Beweiskraft des Tatbestands des angefochtenen Urteils (vgl. § 314 ZPO) fest, in dem angeführt ist, der Kläger „habe das Fahrzeug ... in Kenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware erworben“ (vgl. LGU S. 3, Beginn des 4. Absatzes).
28 
Vor diesem Hintergrund kann der Kläger weder im Sinne von § 263 StGB getäuscht noch im Sinne von § 826 BGB arglistig geschädigt worden sein. Etwaige – hier nur unterstellte - vorsätzliche Verstöße der Beklagten gegen die vom Kläger in erster Instanz angeführte europarechtlichen Vorschriften (§§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, Art 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 oder gegen § 16 UWG sind für den Kaufentschluss des Klägers und damit für einen etwaigen Schaden jedenfalls nicht kausal geworden.
b)
29 
Nach wohl überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat ausdrücklich anschließt, ist durch die Informationen der Beklagten ab September 2015 der in Gang gesetzte Handlungsablauf abgebrochen mit der Folge, dass wegen fehlenden Zurechnungszusammenhangs ein gegebenenfalls ursprünglich gegebener Vorsatz der Beklagten, gerichtet auf eine (sittenwidrige) Täuschung auch des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs, zu verneinen ist.
aa)
30 
Nach allgemeiner Meinung haftet der Schädiger nicht für alle im naturwissenschaftlichen Sinn (condicio sine qua non) durch das schadensbegründende Ereignis verursachten Folgen (äquivalente Kausalität). Vielmehr ist die Verantwortlichkeit des Schädigers durch weitere Zurechnungskriterien einzuschränken, um eine unerträgliche Ausweitung der Schadensersatzpflicht zu verhindern (BGH, Urt. v. 11.09.1999, III ZR 98/99, NJW 2000, 947 m. w. Nachw.; Urt. v. 06.06.2013, IX ZR 204/12, NJW 2013, 2345, 2346 Rn. 20 ff.). Eine Haftung scheidet aus, wenn der durch das Verhalten des Schädigers in Gang gesetzte Kausalverlauf bei wertender Betrachtung durch später hinzu getretene Umstände unterbrochen wurde, weil diese im Hinblick auf den eingetretenen Schaden so stark in den Vordergrund treten, dass die Erstursache vollständig verdrängt wird bzw. der geltend gemachte Schaden nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage steht, denn ein äußerlicher, gleichsam zufälliger Zusammenhang genügt nicht (BGH, Urt. v. 09.04.2019, VI ZR 89/18, NJW-RR 2019, 1187, 1189 Rn. 18; Urt. v. 22.09.2016, VII ZR 14/16, NJW 2016, 3715, 3716 Rn. 14 ff.; Oetker in Münchener Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 142 ff. Grüneberg in Palandt, BGB, 79. Auf. 2020, vor § 249 BGB Rn. 24 ff. m. w. Nachw.; vgl. zu vorigem auch OLG Frankfurt, Urt. v. 27.11.2019, 17 U 313/18, BeckRS 2019, 30840 Rn. 18 ff.).
bb)
31 
Für die Bewertung der vorwerfbaren Handlung der Beklagten als sittenwidrig ist nicht nur auf den Zeitpunkt der Handlung abzustellen, also das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die Beklagte. Das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit muss vielmehr auch die Veranlassung des Geschädigten zur Vornahme einer ihn schädigenden eigenen Handlung treffen und damit auch im Zeitpunkt des Kaufs am 11.11.2016 noch vorliegen. Zu diesem Zeitpunkt war eine besondere Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten jedoch nicht mehr gegeben.
32 
Macht der Geschädigte geltend, er sei durch die sittenwidrige Handlung des Täters zu schädlichen Vermögensdispositionen veranlasst worden, dann genügt es nicht, dass der Täter die Möglichkeit eines solchen Kausalverlaufs erkannt und gebilligt hat. Vielmehr trifft ihn der haftungsbegründende Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung nur dann, wenn der Geschädigte die ihn schädigende Handlung gerade deshalb vorgenommen hat, weil er dazu sittenwidrig veranlasst worden ist. Anderenfalls hat sich das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit bei der Schädigung nicht verwirklicht (BGH, Urt. v. 07.05.2019, VI ZR 512/17, NJW 2019, 2164 Rn. 8 und insbesondere Urt. v. 20.02.1979, VI ZR 189/78, NJW 1979, 1599, 1600; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; BeckRS 2019, 29977; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981). Zutreffenderweise ist in diesen Fällen deshalb für die Beurteilung des Verhaltens als sittenwidrig auf den Zeitpunkt der Schadensherbeiführung, hier: des Abschlusses des Kaufvertrags, abzustellen (BGH, Urt. v. 04.06.2013, VI ZR 288/12, NJW-RR 2013, 1448, 1450 Rn. 14, 23; OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2019, 7 U 156/19; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; Beschl. v. 29.04.2019, 7 U 159/19; OLG Köln, Urt. v. 06.06.2019, 24 U 5/19, BeckRS 2019, 13405, Rn. 38; OLG Koblenz, Urt. v. 02.12.2019, 12 U 1044/19, BeckRS 2019, 32689; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981).
33 
Weit vorher liegende Umstände können nicht mehr kausal für den Vorsatz des Täuschenden sein, wenn der einmal in Gang gesetzte Handlungsablauf unterbrochen worden ist (OLG Koblenz, Urt. v. 04.07.2019, 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289).
cc)
34 
Die Beklagte hat seit 22.09.2015 Versuche unternommen, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass (wenn zwar nicht sie selbst, so doch) die maßgeblichen Behörden von einer unzulässigen Abschalteinrichtung in der Abgassteuerung von Millionen von Dieselmotoren der Baureihe EA 189 ausgehen. Dass die erste Information vom 22.09.2015 in Form einer Ad hoc-Mitteilung erging und damit formal an Kapitalanleger gerichtet war, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Veröffentlichungen großer Kapitalgesellschaften zur Information ihrer Anleger ein allgemeines Presseecho nach sich ziehen. Im vorliegenden Fall war bei einer ausdrücklich als solcher bezeichneten Gewinnwarnung eines großen deutschen Automobilherstellers, der ankündigt, für notwendige Servicemaßnahmen an weltweit rund elf Millionen betroffenen Motoren ca. 6,5 Milliarden Euro zurückzustellen, ein größeres Presseecho zu erwarten, wie es in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang in Presse- und Fernsehnachrichten über einen längeren Zeitraum hin erfolgt ist.
35 
Zudem hat die Beklagte am 22.09.2015 eine Pressemitteilung herausgegeben, wonach Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen auffällig seien, weil bei ihnen eine Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei.
36 
Anfang Oktober 2015 hat die Beklagte eine Webseite freigeschaltet, auf der durch Eingabe der Fahrzeug-Identifikationsnummer überprüft werden konnte, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Abschalteinrichtung versehen ist bzw. bereits eine „technische Maßnahme“ durchgeführt worden ist, was ebenfalls Gegenstand der Presseberichterstattung gewesen ist.
37 
Darüber hinaus hat die Beklagte ihre Vertragshändler und Servicepartner über die Problematik informiert.
38 
Am 15.10.2015 informierte das Kraftfahrtbundesamt, später auch die Beklagte, in einer Pressemitteilung über eine Anordnung über den Rückruf von 2,4 Millionen Kraftfahrzeugen mit Euro 5 Dieselmotoren mit einem Hubraum von 1,2 l, 1,6 l und 2,0 l. Diese seien mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen und es müssten geeignete Maßnahmen getroffen werden, um einen vorschriftsmäßigen Zustand herzustellen. Die betroffenen Halter würden durch den Hersteller zeitlich gestaffelt angeschrieben und aufgefordert, ihr Fahrzeug in einer Werkstatt vorzuführen (hierzu auch OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975).
39 
Die sich aus diesen Informationsquellen ergebenden Kenntnisse in der breiten Öffentlichkeit sind bei der Beurteilung, welche Anstrengungen von der Beklagten zu unternehmen waren, um den aufgrund des Inverkehrbringens der mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehenen Fahrzeuge fortdauernden Sittenwidrigkeitsvorwurf zu beseitigen, zu berücksichtigen. Bei der in diesem Sinne gebotenen Gesamtbetrachtung kann jedenfalls ab Mitte Oktober 2015 nicht mehr von einer weiterhin als sittenwidrig anzusehenden Veranlassung der Schädigung von Käufern durch das ursprünglich sittenwidrige Inverkehrbringen der Fahrzeuge ausgegangen werden. Vielmehr hat die Beklagte Maßnahmen getroffen, um die Öffentlichkeit und die Besitzer betroffener Dieselfahrzeuge über das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu informieren und dadurch die weiteren Auswirkungen ihres – unterstellt – ursprünglich sittenwidrigen Verhaltens einzudämmen. Unter Berücksichtigung der Berichterstattung in der Presse und die damit verbundene Unterrichtung der Öffentlichkeit waren die Informationen geeignet, das Fortwirken des Sittenwidrigkeitsverdikts zu verhindern (OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2019, 7 U 156/19; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Celle, Beschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; OLG Koblenz, Urt. v. 02.12.2019, 12 U 1044/19, BeckRS 2019, 32689; Urt. v. 25.10.2019, 3 U 348/19, BeckRS 2019, 31003; Urt. v. 04.07.2019, 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289; OLG Köln, Urt. v. 06.06.2019, 24 U 5/19, BeckRS 2019, 13405; OLG München, Urt. v. 20.01.2020, 21 U 5072/19, BeckRS 2020, 197; Urt. v. 16.12.2019, 21 U 2850/19, BeckRS 2019, 34379; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 27.11.2019, 117 U 313/18, BeckRS 2019, 30840; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
40 
Die Beklagte hat damit das ihr subjektiv und objektiv Mögliche getan, um etwaige im Rahmen eines Weiterverkaufs betroffener Gebrauchtwagen entstehende Schäden zu vermeiden. Da der ursprüngliche Sittenwidrigkeitsvorwurf gegenüber der Beklagten gerade darauf gründet, dass mit der Herstellung und dem Inverkehrbringen des in Rede stehenden Motortyps konkludent die – tatsächlich nicht zutreffende – öffentliche Erklärung gegenüber einem potentiellen Erwerberkreis verbunden war, sein Einsatz sei uneingeschränkt zulässig, spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob die Beklagte mit ihren Aufklärungsmaßnahmen tatsächlich alle Gebrauchtwagenkunden erreicht hat. Der Sittenwidrigkeitsvorwurf entfällt bereits dann, wenn sie – gleichsam in Rückgängigmachung ihrer ursprünglichen Täuschungshandlung – gleichwertige, an die Öffentlichkeit gerichtete Maßnahmen mit demselben Wirkungsgrad ergriffen hat, um den potentiellen Erwerberkreis über die ursprüngliche Täuschung aufzuklären. Maßstab ist deshalb nicht, dass sämtliche Kaufinteressenten hiervon hätten Kenntnis nehmen müssen (unter ablehnendem Zitat OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, 13 U 149/18, Rn. 53). Angesichts des Umstandes, dass der potentielle Erwerberkreis gerade nicht feststeht und damit notwendigerweise auch dessen konkrete Informationsgewohnheiten der Beklagten nicht bekannt sind, reicht das Ergreifen solcher Aufklärungsmaßnahmen aus, von denen sämtliche potentielle Kaufinteressenten mit üblichen Informationsgewohnheiten hätten Kenntnis nehmen können. Hiervon ist aufgrund der zahlreichen Pressemitteilungen der Beklagten, der Internetseite und der Information der Vertragshändler auszugehen (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981 Rn. 29 f.).
41 
Die Beklagte durfte davon ausgehen, dass die von ihr informierten Halter im Falle des Verkaufs des Fahrzeugs auf die erhaltene Information hinweisen. Der Zurechnungszusammenhang in Bezug auf Schäden wegen danach verkaufter Fahrzeuge wurde auf diese Weise unterbrochen (OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2019, 7 U 156/19; Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326).
42 
Nicht maßgeblich für die Beurteilung einer sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagte ist somit von vornherein, ob der Kläger – wie hier aber der Fall, s.o. - als Gebrauchtwagenkäufer Kenntnis von der Betroffenheit des Gebrauchtwagens vom sog. „Dieselskandal“ gehabt hat. Entscheidend für das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit ist wie dargelegt das Verhalten der Beklagten.
43 
Aufgrund dieser Umstände stehen dem Kläger gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche aus §§ 826, 31 BGB zu.
44 
Der hiervon abweichenden Meinung des OLG Hamm im Urteil vom 10.09.2019 (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, 13 U 149/18, NJW-RR 2019, 1428) und des 19. Zivilsenats des OLG Köln im Urteil v. 04.10.2019 (19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559) kann der Senat aus den dargestellten Gründen nicht folgen.
dd)
45 
Aus den genannten Gründen scheidet ein Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB ebenfalls aus.
46 
Von einer fortbestehenden vorsätzlichen Täuschung als Voraussetzung eines Betrugs im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs durch den Kläger ist unter den gegebenen und dargestellten Umständen nicht auszugehen. Die Gründe, die zur Verneinung einer sittenwidrigen Veranlassung des Erwerbes des Kraftfahrzeugs führen, gelten hier entsprechend. Eine Unkenntnis des Klägers ginge nicht auf eine bis in das Jahr 2016 fortwirkende Täuschungshandlung der Beklagten zurück, sondern beruht (unabhängig von der hier ohnehin vorliegenden Kenntnis des Klägers) darauf, dass sich dieser nicht mit dem öffentlich breit diskutierten „Dieselskandal“ befasst hätte. Die bis zum Herbst 2015 fortwirkende Täuschungshandlung der Beklagten dahingehend, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß die EG-Typgenehmigung erhalten habe und diesbezüglich keine Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 FZV drohe, hat durch die anschließende Offenlegung des „Dieselskandals“ sein Ende gefunden, so dass eine etwaige – hier aber gar nicht vorliegende - Fehlvorstellung des Klägers, dass mit dem von ihm gekauften Wagen alles in Ordnung sei, nicht mehr dem früheren Handeln der Beklagten zurechenbar wäre.
c)
47 
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nach verbreiteter obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat ebenfalls anschließt, auch weder aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 S. 1 EG-FGV noch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007.
aa)
48 
Nach § 6 Abs. 1 S. 1 EG-FGV hat der Inhaber der EG-Typgenehmigung für jedes dem genehmigten Typ entsprechende Fahrzeug eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 18 i. V. m. Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG auszustellen und dem Fahrzeug beizufügen. Nach der Definition in Art. 3 Nr. 36 der Richtlinie 2007/46/EG ist eine Übereinstimmungsbescheinigung „das in Anhang IX wiedergegebene, vom Hersteller ausgestellte Dokument, mit dem bescheinigt wird, dass ein Fahrzeug aus der Baureihe eines nach dieser Richtlinie genehmigten Typs zum Zeitpunkt seiner Herstellung allen Rechtsakten entspricht“. Nach § 27 Abs. 1 S. 1 EG-FGV dürfen neue Fahrzeuge, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung vorgeschrieben ist, im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind.
49 
Hinsichtlich der Übereinstimmungsbescheinigung ist von einem formellen Gültigkeitsbegriff auszugehen. Danach ist die Bescheinigung dann gültig, wenn der Hersteller sie unter Verwendung des vorgeschriebenen Formulars ausgestellt hat und wenn sie fälschungssicher sowie vollständig ist. Ein tatbestandlicher Verstoß gegen die §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV ist damit im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Darauf, ob ein Fahrzeug bei Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung dem genehmigten Typ entspricht, kommt es danach nicht an (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981; OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019, 7 U 134/17, ZIP 2019, 837 Rn. 112), zumal keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine Abweichung des streitgegenständlichen Fahrzeugs vom genehmigten Typ gegeben ist (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2019, 7 U 156/19). Spätestens dadurch, dass das Kraftfahrtbundesamt die Typgenehmigung nicht gem. § 25 Abs. 3 EG-FGV widerrufen, sondern nach § 25 Abs. 2 EG-FGV eine Nebenbestimmung dahin erlassen hat, dass die Abschalteinrichtung zu entfernen ist, sind rechtliche Probleme der Typgenehmigung und Übereinstimmungsbescheinigung beseitigt (OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
50 
Im vorliegenden Fall kann die streitige Frage, ob §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV als Schutzgesetze. S. v. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sind (ablehnend etwa OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; OLG Koblenz, Urt. v. 02.12.2019, 12 U 1044/19, BeckRS 2019, 32689; OLG München, Urt. v. 20.01.2020, 21 U 5072/19, BeckRS 2020, 197), deshalb dahinstehen.
51 
Auch ein Anspruch aus § 831 BGB, wonach das deliktische Handeln eines etwaigen Verrichtungsgehilfen der Beklagten zuzurechnen wäre, kommt aus den genannten Gründen nicht in Betracht (OLG Stuttgart, Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326, OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
d)
52 
An einem Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB fehlt es, da zwischen den Parteien kein (vor-)vertragliches Schuldverhältnis zustande gekommen ist.
53 
Zwar kann ausnahmsweise die Haftung eines Dritten auch dann in Betracht kommen, wenn er an einem Vertragsschluss ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse hat oder wenn er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst hat (Grüneberg in Palandt, 79. Aufl. 2020, § 311 BGB Rn. 60 m. w. Nachw.). Von einem besonderen wirtschaftlichen Interesse der am streitgegenständlichen Kaufvertrag nicht beteiligten Beklagten ist jedoch nicht auszugehen, ein besonderes persönliches Vertrauen nicht ersichtlich. Das Ausstellen einer Übereinstimmungserklärung, der lediglich öffentlich-rechtliche Wirkung zukommt, genügt hierfür nicht (OLG Stuttgart, Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019, 7 U 134/17, ZIP 2019, 837 Rn. 87 ff.; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981). Darüber hinaus hat die Beklagte im vorliegenden Fall kein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch den Vertragsabschluss des Klägers mit dem verkaufenden Autohaus erheblich beeinflusst.
3.
54 
Eine sittenwidrige Täuschung im Hinblick auf eine Kenntnis der Beklagten von erheblichen Nachteilen des Software-Updates ist nicht ersichtlich (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, Beschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
55 
Daher kann dahin gestellt bleiben, ob das vom Kläger monierte „Thermofenster“ oder auch die weiteren behaupteten Mängel (Abgaswerte, Motorleistung, erhöhter Kraftstoffverbrauch, reduzierte Haltbarkeit) nach dem Aufspielen des Software-Updates zu Mängeln des streitgegenständlichen Fahrzeugs geführt haben. Die Beklagte konnte sich – schon mangels anderweitigen Vortrags des Klägers – darauf verlassen, dass nach dem vom Kraftfahrtbundesamt genehmigten Software-Update alles seine gute Ordnung habe.
4.
56 
Gleiches gilt schließlich im Blick auf den vom Kläger weiterverfolgten Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB iVm 16 UWG. Der vom Kläger reklamierte Anschein eines besonders günstigen Angebots kann sich allenfalls auf den Kaufzeitpunkt bezogen haben, nicht aber auf den des Aufspielens des Software-Updates, weil es zu letzterem an gar jedem Vortrag des Klägers fehlt. Da der Kläger aber zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs von der Betroffenheit des gekauften Fahrzeugs vom Dieselabgasskandal wusste, fehlt es jedenfalls auch insoweit an einem für den Kaufentschluss kausalen Verstoß der Beklagten gegen die genannte Schutzvorschrift.
5.
57 
Die Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil dazu, warum ein sich allenfalls aus § 823 (wohl Abs. 1) BGB rechtfertigender Anspruch wegen der Beschädigung des NOx-Sensors und des Turboladers infolge des Software-Updates nicht besteht (LGU S. 7 unten/8) hat der Kläger, der ausweislich seiner Berufungsbegründung ausdrücklich auch nur den „Anspruch auf (Rück)Erstattung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsersatz und zuzüglich Zinsen“ weiter verfolgt (vgl. Berufungsbegründung vom 20.5.2019, S. 2, Blatt 260 d.A.), mit der Berufung nicht angegriffen. Die Feststellungen des Landgerichts sind daher für den Senat bindend (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
III.
58 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revisionszulassung ist schon wegen der zitierten teilweise abweichenden Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte geboten (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

Gründe

 
II.
20 
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
21 
Das Landgericht hat die zulässige Klage mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung zu Recht als unbegründet abgewiesen.
22 
Der Senat macht sich die sehr sorgfältige und alle rechtlichen Gesichtspunkte umfassend abhandelnden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in vollem Umfang zu Eigen und nimmt auf diese Bezug.
23 
Die Berufungsbegründung des Klägers erfordert lediglich folgende ergänzende Ausführungen:
1.
24 
Dem Kläger gelingt es auch in der Berufungsbegründung nicht, zureichend zwischen dem von ihm behaupteten deliktischen Vorgehen der Beklagten im Zusammenhang mit der ursprünglich im Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs eingebauten und vom Kraftfahrtbundesamt als unzulässig beanstandeten Abschalteinrichtung und der am 17.2.2017 aufgespielten Software zu differenzieren.
25 
Dies vorangestellt kann der Senat weder im Blick auf die ursprünglich installiert gewesene Software (s.u. 2.) noch im Blick auf das Software-Update (s.u. 3.) eine rechtliche Grundlage für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche, die in der Berufungsbegründung ausdrücklich (vgl. Blatt 260) auf Rückerstattung des Kaufpreises gerichtet reklamiert werden, erkennen.
2.
26 
Wegen der ursprünglich eingebaut gewesenen Abschalteinrichtung kann der Kläger Ansprüche nicht mit Erfolg geltend machen.
a)
27 
Zum einen hat er schon in erster Instanz eingeräumt, von der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware gewusst zu haben. Dies steht schon auf Grund der Beweiskraft des Tatbestands des angefochtenen Urteils (vgl. § 314 ZPO) fest, in dem angeführt ist, der Kläger „habe das Fahrzeug ... in Kenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware erworben“ (vgl. LGU S. 3, Beginn des 4. Absatzes).
28 
Vor diesem Hintergrund kann der Kläger weder im Sinne von § 263 StGB getäuscht noch im Sinne von § 826 BGB arglistig geschädigt worden sein. Etwaige – hier nur unterstellte - vorsätzliche Verstöße der Beklagten gegen die vom Kläger in erster Instanz angeführte europarechtlichen Vorschriften (§§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, Art 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 oder gegen § 16 UWG sind für den Kaufentschluss des Klägers und damit für einen etwaigen Schaden jedenfalls nicht kausal geworden.
b)
29 
Nach wohl überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat ausdrücklich anschließt, ist durch die Informationen der Beklagten ab September 2015 der in Gang gesetzte Handlungsablauf abgebrochen mit der Folge, dass wegen fehlenden Zurechnungszusammenhangs ein gegebenenfalls ursprünglich gegebener Vorsatz der Beklagten, gerichtet auf eine (sittenwidrige) Täuschung auch des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs, zu verneinen ist.
aa)
30 
Nach allgemeiner Meinung haftet der Schädiger nicht für alle im naturwissenschaftlichen Sinn (condicio sine qua non) durch das schadensbegründende Ereignis verursachten Folgen (äquivalente Kausalität). Vielmehr ist die Verantwortlichkeit des Schädigers durch weitere Zurechnungskriterien einzuschränken, um eine unerträgliche Ausweitung der Schadensersatzpflicht zu verhindern (BGH, Urt. v. 11.09.1999, III ZR 98/99, NJW 2000, 947 m. w. Nachw.; Urt. v. 06.06.2013, IX ZR 204/12, NJW 2013, 2345, 2346 Rn. 20 ff.). Eine Haftung scheidet aus, wenn der durch das Verhalten des Schädigers in Gang gesetzte Kausalverlauf bei wertender Betrachtung durch später hinzu getretene Umstände unterbrochen wurde, weil diese im Hinblick auf den eingetretenen Schaden so stark in den Vordergrund treten, dass die Erstursache vollständig verdrängt wird bzw. der geltend gemachte Schaden nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage steht, denn ein äußerlicher, gleichsam zufälliger Zusammenhang genügt nicht (BGH, Urt. v. 09.04.2019, VI ZR 89/18, NJW-RR 2019, 1187, 1189 Rn. 18; Urt. v. 22.09.2016, VII ZR 14/16, NJW 2016, 3715, 3716 Rn. 14 ff.; Oetker in Münchener Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 142 ff. Grüneberg in Palandt, BGB, 79. Auf. 2020, vor § 249 BGB Rn. 24 ff. m. w. Nachw.; vgl. zu vorigem auch OLG Frankfurt, Urt. v. 27.11.2019, 17 U 313/18, BeckRS 2019, 30840 Rn. 18 ff.).
bb)
31 
Für die Bewertung der vorwerfbaren Handlung der Beklagten als sittenwidrig ist nicht nur auf den Zeitpunkt der Handlung abzustellen, also das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die Beklagte. Das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit muss vielmehr auch die Veranlassung des Geschädigten zur Vornahme einer ihn schädigenden eigenen Handlung treffen und damit auch im Zeitpunkt des Kaufs am 11.11.2016 noch vorliegen. Zu diesem Zeitpunkt war eine besondere Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten jedoch nicht mehr gegeben.
32 
Macht der Geschädigte geltend, er sei durch die sittenwidrige Handlung des Täters zu schädlichen Vermögensdispositionen veranlasst worden, dann genügt es nicht, dass der Täter die Möglichkeit eines solchen Kausalverlaufs erkannt und gebilligt hat. Vielmehr trifft ihn der haftungsbegründende Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung nur dann, wenn der Geschädigte die ihn schädigende Handlung gerade deshalb vorgenommen hat, weil er dazu sittenwidrig veranlasst worden ist. Anderenfalls hat sich das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit bei der Schädigung nicht verwirklicht (BGH, Urt. v. 07.05.2019, VI ZR 512/17, NJW 2019, 2164 Rn. 8 und insbesondere Urt. v. 20.02.1979, VI ZR 189/78, NJW 1979, 1599, 1600; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; BeckRS 2019, 29977; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981). Zutreffenderweise ist in diesen Fällen deshalb für die Beurteilung des Verhaltens als sittenwidrig auf den Zeitpunkt der Schadensherbeiführung, hier: des Abschlusses des Kaufvertrags, abzustellen (BGH, Urt. v. 04.06.2013, VI ZR 288/12, NJW-RR 2013, 1448, 1450 Rn. 14, 23; OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2019, 7 U 156/19; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; Beschl. v. 29.04.2019, 7 U 159/19; OLG Köln, Urt. v. 06.06.2019, 24 U 5/19, BeckRS 2019, 13405, Rn. 38; OLG Koblenz, Urt. v. 02.12.2019, 12 U 1044/19, BeckRS 2019, 32689; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981).
33 
Weit vorher liegende Umstände können nicht mehr kausal für den Vorsatz des Täuschenden sein, wenn der einmal in Gang gesetzte Handlungsablauf unterbrochen worden ist (OLG Koblenz, Urt. v. 04.07.2019, 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289).
cc)
34 
Die Beklagte hat seit 22.09.2015 Versuche unternommen, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass (wenn zwar nicht sie selbst, so doch) die maßgeblichen Behörden von einer unzulässigen Abschalteinrichtung in der Abgassteuerung von Millionen von Dieselmotoren der Baureihe EA 189 ausgehen. Dass die erste Information vom 22.09.2015 in Form einer Ad hoc-Mitteilung erging und damit formal an Kapitalanleger gerichtet war, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Veröffentlichungen großer Kapitalgesellschaften zur Information ihrer Anleger ein allgemeines Presseecho nach sich ziehen. Im vorliegenden Fall war bei einer ausdrücklich als solcher bezeichneten Gewinnwarnung eines großen deutschen Automobilherstellers, der ankündigt, für notwendige Servicemaßnahmen an weltweit rund elf Millionen betroffenen Motoren ca. 6,5 Milliarden Euro zurückzustellen, ein größeres Presseecho zu erwarten, wie es in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang in Presse- und Fernsehnachrichten über einen längeren Zeitraum hin erfolgt ist.
35 
Zudem hat die Beklagte am 22.09.2015 eine Pressemitteilung herausgegeben, wonach Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen auffällig seien, weil bei ihnen eine Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei.
36 
Anfang Oktober 2015 hat die Beklagte eine Webseite freigeschaltet, auf der durch Eingabe der Fahrzeug-Identifikationsnummer überprüft werden konnte, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Abschalteinrichtung versehen ist bzw. bereits eine „technische Maßnahme“ durchgeführt worden ist, was ebenfalls Gegenstand der Presseberichterstattung gewesen ist.
37 
Darüber hinaus hat die Beklagte ihre Vertragshändler und Servicepartner über die Problematik informiert.
38 
Am 15.10.2015 informierte das Kraftfahrtbundesamt, später auch die Beklagte, in einer Pressemitteilung über eine Anordnung über den Rückruf von 2,4 Millionen Kraftfahrzeugen mit Euro 5 Dieselmotoren mit einem Hubraum von 1,2 l, 1,6 l und 2,0 l. Diese seien mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen und es müssten geeignete Maßnahmen getroffen werden, um einen vorschriftsmäßigen Zustand herzustellen. Die betroffenen Halter würden durch den Hersteller zeitlich gestaffelt angeschrieben und aufgefordert, ihr Fahrzeug in einer Werkstatt vorzuführen (hierzu auch OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975).
39 
Die sich aus diesen Informationsquellen ergebenden Kenntnisse in der breiten Öffentlichkeit sind bei der Beurteilung, welche Anstrengungen von der Beklagten zu unternehmen waren, um den aufgrund des Inverkehrbringens der mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehenen Fahrzeuge fortdauernden Sittenwidrigkeitsvorwurf zu beseitigen, zu berücksichtigen. Bei der in diesem Sinne gebotenen Gesamtbetrachtung kann jedenfalls ab Mitte Oktober 2015 nicht mehr von einer weiterhin als sittenwidrig anzusehenden Veranlassung der Schädigung von Käufern durch das ursprünglich sittenwidrige Inverkehrbringen der Fahrzeuge ausgegangen werden. Vielmehr hat die Beklagte Maßnahmen getroffen, um die Öffentlichkeit und die Besitzer betroffener Dieselfahrzeuge über das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu informieren und dadurch die weiteren Auswirkungen ihres – unterstellt – ursprünglich sittenwidrigen Verhaltens einzudämmen. Unter Berücksichtigung der Berichterstattung in der Presse und die damit verbundene Unterrichtung der Öffentlichkeit waren die Informationen geeignet, das Fortwirken des Sittenwidrigkeitsverdikts zu verhindern (OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2019, 7 U 156/19; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Celle, Beschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; OLG Koblenz, Urt. v. 02.12.2019, 12 U 1044/19, BeckRS 2019, 32689; Urt. v. 25.10.2019, 3 U 348/19, BeckRS 2019, 31003; Urt. v. 04.07.2019, 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289; OLG Köln, Urt. v. 06.06.2019, 24 U 5/19, BeckRS 2019, 13405; OLG München, Urt. v. 20.01.2020, 21 U 5072/19, BeckRS 2020, 197; Urt. v. 16.12.2019, 21 U 2850/19, BeckRS 2019, 34379; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 27.11.2019, 117 U 313/18, BeckRS 2019, 30840; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
40 
Die Beklagte hat damit das ihr subjektiv und objektiv Mögliche getan, um etwaige im Rahmen eines Weiterverkaufs betroffener Gebrauchtwagen entstehende Schäden zu vermeiden. Da der ursprüngliche Sittenwidrigkeitsvorwurf gegenüber der Beklagten gerade darauf gründet, dass mit der Herstellung und dem Inverkehrbringen des in Rede stehenden Motortyps konkludent die – tatsächlich nicht zutreffende – öffentliche Erklärung gegenüber einem potentiellen Erwerberkreis verbunden war, sein Einsatz sei uneingeschränkt zulässig, spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob die Beklagte mit ihren Aufklärungsmaßnahmen tatsächlich alle Gebrauchtwagenkunden erreicht hat. Der Sittenwidrigkeitsvorwurf entfällt bereits dann, wenn sie – gleichsam in Rückgängigmachung ihrer ursprünglichen Täuschungshandlung – gleichwertige, an die Öffentlichkeit gerichtete Maßnahmen mit demselben Wirkungsgrad ergriffen hat, um den potentiellen Erwerberkreis über die ursprüngliche Täuschung aufzuklären. Maßstab ist deshalb nicht, dass sämtliche Kaufinteressenten hiervon hätten Kenntnis nehmen müssen (unter ablehnendem Zitat OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, 13 U 149/18, Rn. 53). Angesichts des Umstandes, dass der potentielle Erwerberkreis gerade nicht feststeht und damit notwendigerweise auch dessen konkrete Informationsgewohnheiten der Beklagten nicht bekannt sind, reicht das Ergreifen solcher Aufklärungsmaßnahmen aus, von denen sämtliche potentielle Kaufinteressenten mit üblichen Informationsgewohnheiten hätten Kenntnis nehmen können. Hiervon ist aufgrund der zahlreichen Pressemitteilungen der Beklagten, der Internetseite und der Information der Vertragshändler auszugehen (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981 Rn. 29 f.).
41 
Die Beklagte durfte davon ausgehen, dass die von ihr informierten Halter im Falle des Verkaufs des Fahrzeugs auf die erhaltene Information hinweisen. Der Zurechnungszusammenhang in Bezug auf Schäden wegen danach verkaufter Fahrzeuge wurde auf diese Weise unterbrochen (OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2019, 7 U 156/19; Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326).
42 
Nicht maßgeblich für die Beurteilung einer sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagte ist somit von vornherein, ob der Kläger – wie hier aber der Fall, s.o. - als Gebrauchtwagenkäufer Kenntnis von der Betroffenheit des Gebrauchtwagens vom sog. „Dieselskandal“ gehabt hat. Entscheidend für das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit ist wie dargelegt das Verhalten der Beklagten.
43 
Aufgrund dieser Umstände stehen dem Kläger gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche aus §§ 826, 31 BGB zu.
44 
Der hiervon abweichenden Meinung des OLG Hamm im Urteil vom 10.09.2019 (OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, 13 U 149/18, NJW-RR 2019, 1428) und des 19. Zivilsenats des OLG Köln im Urteil v. 04.10.2019 (19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559) kann der Senat aus den dargestellten Gründen nicht folgen.
dd)
45 
Aus den genannten Gründen scheidet ein Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB ebenfalls aus.
46 
Von einer fortbestehenden vorsätzlichen Täuschung als Voraussetzung eines Betrugs im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs durch den Kläger ist unter den gegebenen und dargestellten Umständen nicht auszugehen. Die Gründe, die zur Verneinung einer sittenwidrigen Veranlassung des Erwerbes des Kraftfahrzeugs führen, gelten hier entsprechend. Eine Unkenntnis des Klägers ginge nicht auf eine bis in das Jahr 2016 fortwirkende Täuschungshandlung der Beklagten zurück, sondern beruht (unabhängig von der hier ohnehin vorliegenden Kenntnis des Klägers) darauf, dass sich dieser nicht mit dem öffentlich breit diskutierten „Dieselskandal“ befasst hätte. Die bis zum Herbst 2015 fortwirkende Täuschungshandlung der Beklagten dahingehend, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß die EG-Typgenehmigung erhalten habe und diesbezüglich keine Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 FZV drohe, hat durch die anschließende Offenlegung des „Dieselskandals“ sein Ende gefunden, so dass eine etwaige – hier aber gar nicht vorliegende - Fehlvorstellung des Klägers, dass mit dem von ihm gekauften Wagen alles in Ordnung sei, nicht mehr dem früheren Handeln der Beklagten zurechenbar wäre.
c)
47 
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nach verbreiteter obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat ebenfalls anschließt, auch weder aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 S. 1 EG-FGV noch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007.
aa)
48 
Nach § 6 Abs. 1 S. 1 EG-FGV hat der Inhaber der EG-Typgenehmigung für jedes dem genehmigten Typ entsprechende Fahrzeug eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 18 i. V. m. Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG auszustellen und dem Fahrzeug beizufügen. Nach der Definition in Art. 3 Nr. 36 der Richtlinie 2007/46/EG ist eine Übereinstimmungsbescheinigung „das in Anhang IX wiedergegebene, vom Hersteller ausgestellte Dokument, mit dem bescheinigt wird, dass ein Fahrzeug aus der Baureihe eines nach dieser Richtlinie genehmigten Typs zum Zeitpunkt seiner Herstellung allen Rechtsakten entspricht“. Nach § 27 Abs. 1 S. 1 EG-FGV dürfen neue Fahrzeuge, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung vorgeschrieben ist, im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind.
49 
Hinsichtlich der Übereinstimmungsbescheinigung ist von einem formellen Gültigkeitsbegriff auszugehen. Danach ist die Bescheinigung dann gültig, wenn der Hersteller sie unter Verwendung des vorgeschriebenen Formulars ausgestellt hat und wenn sie fälschungssicher sowie vollständig ist. Ein tatbestandlicher Verstoß gegen die §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV ist damit im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Darauf, ob ein Fahrzeug bei Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung dem genehmigten Typ entspricht, kommt es danach nicht an (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981; OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019, 7 U 134/17, ZIP 2019, 837 Rn. 112), zumal keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine Abweichung des streitgegenständlichen Fahrzeugs vom genehmigten Typ gegeben ist (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2019, 7 U 156/19). Spätestens dadurch, dass das Kraftfahrtbundesamt die Typgenehmigung nicht gem. § 25 Abs. 3 EG-FGV widerrufen, sondern nach § 25 Abs. 2 EG-FGV eine Nebenbestimmung dahin erlassen hat, dass die Abschalteinrichtung zu entfernen ist, sind rechtliche Probleme der Typgenehmigung und Übereinstimmungsbescheinigung beseitigt (OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
50 
Im vorliegenden Fall kann die streitige Frage, ob §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV als Schutzgesetze. S. v. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sind (ablehnend etwa OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; OLG Koblenz, Urt. v. 02.12.2019, 12 U 1044/19, BeckRS 2019, 32689; OLG München, Urt. v. 20.01.2020, 21 U 5072/19, BeckRS 2020, 197), deshalb dahinstehen.
51 
Auch ein Anspruch aus § 831 BGB, wonach das deliktische Handeln eines etwaigen Verrichtungsgehilfen der Beklagten zuzurechnen wäre, kommt aus den genannten Gründen nicht in Betracht (OLG Stuttgart, Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326, OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
d)
52 
An einem Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB fehlt es, da zwischen den Parteien kein (vor-)vertragliches Schuldverhältnis zustande gekommen ist.
53 
Zwar kann ausnahmsweise die Haftung eines Dritten auch dann in Betracht kommen, wenn er an einem Vertragsschluss ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse hat oder wenn er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst hat (Grüneberg in Palandt, 79. Aufl. 2020, § 311 BGB Rn. 60 m. w. Nachw.). Von einem besonderen wirtschaftlichen Interesse der am streitgegenständlichen Kaufvertrag nicht beteiligten Beklagten ist jedoch nicht auszugehen, ein besonderes persönliches Vertrauen nicht ersichtlich. Das Ausstellen einer Übereinstimmungserklärung, der lediglich öffentlich-rechtliche Wirkung zukommt, genügt hierfür nicht (OLG Stuttgart, Urt. v. 07.08.2019, 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019, 7 U 134/17, ZIP 2019, 837 Rn. 87 ff.; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.11.2019, 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981). Darüber hinaus hat die Beklagte im vorliegenden Fall kein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch den Vertragsabschluss des Klägers mit dem verkaufenden Autohaus erheblich beeinflusst.
3.
54 
Eine sittenwidrige Täuschung im Hinblick auf eine Kenntnis der Beklagten von erheblichen Nachteilen des Software-Updates ist nicht ersichtlich (OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2019, 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urt. v. 26.11.2019, 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 27.05.2019, 7 U 335/18, Beschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2019, 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
55 
Daher kann dahin gestellt bleiben, ob das vom Kläger monierte „Thermofenster“ oder auch die weiteren behaupteten Mängel (Abgaswerte, Motorleistung, erhöhter Kraftstoffverbrauch, reduzierte Haltbarkeit) nach dem Aufspielen des Software-Updates zu Mängeln des streitgegenständlichen Fahrzeugs geführt haben. Die Beklagte konnte sich – schon mangels anderweitigen Vortrags des Klägers – darauf verlassen, dass nach dem vom Kraftfahrtbundesamt genehmigten Software-Update alles seine gute Ordnung habe.
4.
56 
Gleiches gilt schließlich im Blick auf den vom Kläger weiterverfolgten Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB iVm 16 UWG. Der vom Kläger reklamierte Anschein eines besonders günstigen Angebots kann sich allenfalls auf den Kaufzeitpunkt bezogen haben, nicht aber auf den des Aufspielens des Software-Updates, weil es zu letzterem an gar jedem Vortrag des Klägers fehlt. Da der Kläger aber zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs von der Betroffenheit des gekauften Fahrzeugs vom Dieselabgasskandal wusste, fehlt es jedenfalls auch insoweit an einem für den Kaufentschluss kausalen Verstoß der Beklagten gegen die genannte Schutzvorschrift.
5.
57 
Die Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil dazu, warum ein sich allenfalls aus § 823 (wohl Abs. 1) BGB rechtfertigender Anspruch wegen der Beschädigung des NOx-Sensors und des Turboladers infolge des Software-Updates nicht besteht (LGU S. 7 unten/8) hat der Kläger, der ausweislich seiner Berufungsbegründung ausdrücklich auch nur den „Anspruch auf (Rück)Erstattung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsersatz und zuzüglich Zinsen“ weiter verfolgt (vgl. Berufungsbegründung vom 20.5.2019, S. 2, Blatt 260 d.A.), mit der Berufung nicht angegriffen. Die Feststellungen des Landgerichts sind daher für den Senat bindend (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
III.
58 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revisionszulassung ist schon wegen der zitierten teilweise abweichenden Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte geboten (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

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