Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 4 U 87/18

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 15. März 2018 (4 O 75/15) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Senats und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 12.896,00 EUR

Gründe

 
I.
1. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche des Klägers nach einem Verkehrsunfall, nach welchem bei diesem eine hypoxische Hirnschädigung (eine durch Sauerstoffmangel verursachte schwere Hirnschädigung) eintrat, wobei die Unfallursächlichkeit streitig ist.
Der Kläger war angegurteter Beifahrer im Fahrzeug des Beklagten Ziffer 1, versichert bei der Beklagten Ziffer 2, als das vom Beklagten Ziffer 1 gesteuerte Fahrzeug BMW X1 auf der Kreisstraße 6738 von Trochtelfingen nach Gammertingen bei Kilometer 1,200 in einer langgezogenen Linkskurve auf den Grünstreifen gelangte und nach 60 Metern auf einen Baum aufprallte.
Der Kläger hat folgenden Schaden geltend gemacht:
 Bezeichnung
 Betrag
 Pflegeheimkosten 08.10.2013 – 28.02.2014
 9.414,87 EUR
 Teilzahlung der Beklagten
 - 4.765,05 EUR
                 
 Pflegemittel
 339,82 EUR
 Haushaltsführungsschaden 74 Wochen x 17,26 Stunden x 14,0 EUR
 17.881,36 EUR
 Unfallkostenpauschale
 25,00 EUR
 Vorschuss der Beklagten
 - 10.000,00 EUR
                 
 Zwischensumme Forderung
 27.661,05 EUR
 Zwischensumme Zahlungen
 14.765,05 EUR
 Klagforderung
 12.896,00 EUR
Zwischen den Parteien besteht Streit,
- wodurch es zu dem Unfall gekommen ist (gesundheitliche Gründe beim Beklagten Ziffer 1),
- ob die klägerseits erlittene hypoxische Hirnschädigung durch den Unfall verursacht wurde (Aspiration [= Eindringen von Material in die Atemwege] eines Fremdkörpers vor oder infolge des Unfalls),
- ob die Beklagten eine Haftung anerkannt haben.
2. Das Landgericht hat die Klage nach der Vernehmung von Zeugen und der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Der Kläger habe nicht den ihm obliegenden Nachweis geführt, dass der Unfall für die Aspiration des Fremdkörpers und den hierdurch bedingten Hirnschaden ursächlich war.
Es gehe nicht um den Nachweis eines hypothetischen Kausalverlaufs, denn die Beklagten hätten keinen Eintritt des Schadens aufgrund anderer Ursachen vorgetragen, sondern bestritten, dass die Aspiration Folge des Unfalls gewesen sei.
Der Kläger könne sich nicht auf einen Anscheinsbeweis berufen, denn nach dem eingeholten Sachverständigengutachten liege kein typischer Geschehensablauf vor. Der Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, dass derartige Fälle sehr selten seien, weshalb kein typischer Geschehensablauf dahingehend festzustellen sei, dass eine Aspiration regelmäßig durch den Aufprall verursacht werde.
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Die zunächst erfolgte Übernahme der Pflegeheimkosten sei kein Anerkenntnis, da die Zahlung allenfalls die Pflicht erfasse, diese Kosten zu tragen und eine Zahlung regelmäßig keine Aussage enthalte, den Bestand der erfüllten Forderung außer Streit zu stellen.
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Auch mit dem zugunsten des Klägers zugrunde gelegten Beweismaßstab des § 287 ZPO sei ihm nicht der Nachweis geglückt, dass eine unfallbedingte Entstehung des Hirnschadens überwiegend wahrscheinlich sei. Die Beweisaufnahme habe zwar ergeben, dass die im Arztbericht vom 07.10.2013 dokumentierte Aussage (der Kläger habe sich an einem Stück Wurst verschluckt, keine Luft mehr bekommen und mit den Armen rudernd im Auto gesessen) nie erfolgte, weshalb sie ohne Belang für die Beweiswürdigung sei. Der Kläger und der Beklagte Ziffer 1 könnten nicht befragt werden, der feststehende Rahmensachverhalt des Unfallgeschehens genüge nicht für eine Überzeugungsbildung.
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Hinsichtlich des Unfallgeschehens stehe fest, dass der Beklagte Ziffer 1 in einer lang gezogenen übersichtlichen und leicht ansteigenden Linkskurve von der Fahrbahn abgekommen sei, in gerader Linie ohne sichtbare Bremsspuren oder Lenkbewegungen auf dem rechten Grünstreifen neben der Fahrbahn weitergefahren sei und das Fahrzeug schließlich nach etwa 60 Metern gegen einen Baum geprallt sei. Weiter stehe fest, dass der Kläger einen Fremdkörper aspiriert habe, es hierdurch zu einem Bolus und in dessen Folge zu einer Sauerstoffunterversorgung des Gehirns und zu einer hypoxischen Hirnschädigung gekommen sei. Weitere Feststellungen ließen sich nicht sicher treffen. Es spreche vieles dafür, dass der Kläger im Auto gegessen habe, der Bolus könne aber auch anders verursacht sein. Es sei möglich, dass der aspirierte Gegenstand von oben gekommen sei dies sei vom Sachverständigen als hochwahrscheinlich eingeordnet worden. Insbesondere aus sachverständiger Sicht sei kein Nachweis zu erbringen, dass die Aspiration unfallbedingt gewesen sei. Es sei zwar möglich, dass die Aspiration Folge des Aufpralls gewesen sei; es bestehe jedoch eine gleich große Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger unfallunabhängig aspiriert habe.
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3. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und zu den Feststellungen des Landgerichts wird auf das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 26. April 2018 (Az. 4 O 75/15) Bezug genommen (Blatt 365 – 380; § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
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4. Die Berufung des Klägers will weiter eine Verurteilung im erstinstanzlich beantragten Umfang erreichen.
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a. Das Landgericht hätte den Vortrag des Beklagten Ziffer 1 entweder als unerheblich zurückweisen müssen oder diesen als unstreitig zugrunde legen müssen (Blatt 425). Der Beklagte Ziffer 1 habe vorgetragen (Blatt 424 f.), dass
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- der Kläger wohl ein Stück Wurst gevespert habe, sich dabei verschluckt habe, wodurch ein größeres Stück Nahrungsmittel in die Lunge gelangt sei (Blatt 52, 143),
- der Beklagte Ziffer 1 sei sich sicher, dass der Kläger während der Fahrt nichts gegessen habe (Blatt 173),
- es sei medizinisch auszuschließen, dass der Kläger den Fremdkörper bei Fahrtantritt in der Lunge hatte, weil dem Beklagten während der Fahrt nicht aufgefallen sei, dass der Kläger husten musste (Blatt 81),
- er an einer retrograden Amnesie leide (Blatt 79).
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Das Landgericht habe insoweit übersehen, dass der Vortrag (wegen der behaupteten, aber klägerseits bestrittenen Amnesie) lediglich auf Vermutungen beruhe, weshalb ein Verstoß gegen § 138 Abs. 1 ZPO vorliege, der Vortrag deshalb unerheblich sei. Das Landgericht habe dies nicht in seine Kausalitätsüberlegungen einbeziehen dürfen.
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Soweit das Landgericht nicht von einer Amnesie ausgegangen sei, habe es den Vortrag zugrunde legen müssen, wonach er nichts gegessen habe, der auch durch die polizeilichen Ermittlungen gestützt werde, wonach kein Essen im Fahrzeug gefunden worden sei.
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b. Wegen der unterlassenen Beweiserhebung zur Frage des Vorliegens einer retrograden Amnesie leide das Urteil an einer Gehörsverletzung und einem wesentlichen Mangel nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Aufklärungsbedürftig seien auch die von ihm behaupteten Verletzungen (Blatt 426). Das Gericht hätte zur Amnesie ein neurologisches Gutachten einholen müssen. Weiter sei von Amts wegen die Einholung eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens erforderlich (Blatt 426, 510).
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Wenn das Gutachten zur Amnesie eingeholt worden wäre, hätte das Landgericht festgestellt, dass er vor dem Unfall nichts gegessen hatte, deshalb keine Möglichkeit einer unfallunabhängigen Aspiration bestanden habe (Blatt 427), weil dann der Vortrag des Beklagten Ziffer 1 zum fehlenden Essen als unstreitig zu bewerten sei.
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Wenn das Landgericht den medizinischen Sachverhalt „vernünftig ausermittelt“ und die geforderten Gutachten eingeholt hätte, wäre es zum Ergebnis gekommen, dass der Hirnschaden allein unfallbedingt sei (Blatt 437).
22 
c. Das Landgericht habe die obergerichtliche Rechtsprechung zum Merkmal „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ nicht in den Griff bekommen. Da das Merkmal beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs nur voraussetze, dass sich die von einem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr realisiert und das Schadensgeschehen hierdurch mitgeprägt werde, sei ein Essen vor dem Unfall und die Aspiration kurz vor dem Aufprall hiervon erfasst (Blatt 427 f.). Ein Mitverschulden komme insoweit nicht in Betracht.
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Das Landgericht habe auch die Beweislast bei der Kausalität analog § 254 BGB prüfen müssen. Danach könne nur ein Verhalten des Klägers maßgebend sein, das sich als Gefahrenmoment ursächlich in dem Unfall niedergeschlagen habe. Da es hierfür keine Anhaltspunkte gebe, sei analog der Überlegungen zu § 254 BGB die Kausalität zwischen dem Unfall und dem Aspirieren zu bejahen (Blatt 428 f.).
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d. Das Landgericht habe durch Übergehen von Sachvortrag und die Nichteinholung von Gutachten gegen §§ 286, 287 ZPO und Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen.
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Aus seinem vom Zeugen L... geschilderten Stöhnen (Blatt 213) sei zu folgern, dass die Atemwege zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig verlegt waren (Blatt 430). Eine komplette Atemwegsblockade und der dramatische Erstickungsvorgang sei auch für einen Laien nicht zu übersehen; dies hätten die Ersthelfer jedoch nicht wahrgenommen (Blatt 431). Die Spekulationen des Landgerichts, wonach vieles dafür spreche, dass er sich vor dem Unfall verschluckt habe, seien ohne die Einholung eines Gutachtens nicht haltbar (Blatt 431). Da allein die Verlegung des rechten Oberlappenbronchus nicht Ursache für den massiven Sauerstoffmangel sein könne und die Zeugin Dr. W... bei der Intubation keinen Fremdkörper wahrgenommen habe, ergebe sich als zwangsläufige Schlussfolgerung, dass der Fremdkörper bereits vorher in die unter dem Kehlkopf liegenden Atemwege gelangt sei (durch die Larynxmaske oder Laryngoskopspitze; Blatt 432). Da die Zeugin Dr. W... nach der Intubation eine bessere Beatmung geschildert habe, müsse der Fremdkörper durch das Vorschieben des Tubus aus der Luftröhre über die Bifurkation in den rechten Oberlappenbronchus gelangt sein (Blatt 433). Angesichts der später festgestellten Größe des Fremdkörpers sei es unwahrscheinlich, dass er passiv durch die enge Stimmritze in die Luftröhre geglitten sei; vielmehr sei davon auszugehen, dass er beim Einführen der Larynxmaske durch die Stimmritze vorgeschoben worden sei (Blatt 433). Diese – auch behandlungsfehlerhaften – Maßnahmen seien den Beklagten zuzurechnen (Blatt 433).
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Die dislozierte Orbitabodenfraktur, die dislozierte Mandibula-Fraktur und die Rippenbrüche seien nicht reanimationsbedingt, sondern durch den Airbag ausgelöst worden (Blatt 433 f.).
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Damit sei auch die These des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M... widerlegt, es sei unwahrscheinlich, dass beim Aufprall ein einzelnes Stück hervorgewürgt worden sei (Blatt 434). Mit dem vom Aufprall ausgelösten Straffen beziehungsweise Anrucken des Gurtes und dem Auslösen der Airbags würden erhebliche Kräfte auf den Thoraxbereich einwirken, wodurch auch Speisereste aus der Speiseröhre in den unteren Rachenraum gedrückt werden könnten, die dort die Atemwege verlegen könnten (Blatt 434 f.). Die Frage der Aspiration von Magensaft sei nach den CT-Befunden denkbar (Blatt 435).
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Bei einer Blockade der Atemwege nach Verzehr im Auto hätte er nicht mehr die Autotür öffnen und aussteigen können (Blatt 435 f.).
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Nach der Privatbegutachtung durch Prof. Dr. L... sei von folgenden Ergebnissen auszugehen:
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- die hypoxische Hirnschädigung sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch ein Bolusgeschehen hervorgerufen worden,
- dieses sei durch den Unfall ausgelöst worden,
- entweder sei der Bolus durch den Aufprall aus dem Magen hochgedrückt worden oder aber durch ein Erbrechen,
- der Bolus sei durch das Einführen der Larynxmaske in die Luftröhre gelangt, diese erst dann nahezu vollständig verlegt worden,
- beim Vorschieben des Endotrachealtubus sei der Bolus dann in das Bronchialsystem gelangt (Blatt 436).
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Hätte die Kammer den medizinischen Sachverhalt „vernünftig ausermittelt“ und die geforderten Gutachten eingeholt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass der hypoxische Hirnschaden allein unfallbedingt sei (Blatt 437).
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e. Die Kammer habe zu Unrecht ein Anerkenntnis verneint. Aus der Erklärung vom 08.10.2013 zur Übernahme der Pflegekosten ergebe sich ein konstitutives, zumindest deklaratorisches Anerkenntnis (Blatt 437 f.). Dies ergebe sich auch aus der Feststellung im unstreitigen Teil des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils (Blatt 438).
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5. Der Kläger beantragt (Blatt 432, 424, 495):
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Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 15. März 2018 (4 O 75/15) wird abgeändert:
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Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 12.896,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.02.2014 zu bezahlen.
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Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.272,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Die Beklagten beantragen (Blatt 415, 495):
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Die Berufung wird zurückgewiesen.
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6. Die Berufungserwiderung der Beklagten verteidigt das landgerichtliche Urteil.
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a. Es treffe nicht zu, dass sie gegen ihre Pflicht zum wahrheitsgemäßen Vortrag verstoßen hätten. Das Bestreiten einer unfallbedingten Aspiration widerspreche nicht besserem Wissen und sei daher legitim.
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Es stehe unstreitig fest, dass das Fahrzeug des Beklagten zu 1 von der Fahrbahn abgekommen, in gerader Linie ohne sichtbare Bremsspuren oder Lenkbewegungen auf dem rechten Grünstreifen neben der Fahrbahn weitergefahren und nach ca. 60 m frontal gegen einen Baum geprallt sei. Weiter stehe fest, dass der Kläger bei seinem späteren Auffinden außerhalb des Fahrzeugs einen Bolus aspiriert hatte, der die Luftröhre zumindest weitgehend blockiert habe, was letztlich zu dem Herz-Kreislauf-Stillstand geführt habe. Alles Weitere stehe nicht fest. Die zentrale Frage, wann und weshalb sich der Kläger verschluckt habe, wie es zum Verschlucken gekommen sei, könne (von beiden Parteien) nur mit Mutmaßungen begründet werden (Blatt 477 f.).
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Sie hätten bereits in der Klageerwiderung nur Mutmaßungen geäußert, sich lediglich auf die Anlage K 1 bezogen; was hieran wahrheitswidriger Vortrag sein solle, sei nicht nachvollziehbar (Blatt 478).
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Soweit der Beklagte Ziffer 1 in seiner mündlichen Anhörung angegeben habe, dass er sich sicher sei, dass der Kläger während der Fahrt nichts gegessen habe, sei zu beachten, dass er für den Zeitraum ab Passieren des Feldweges an der Grüngutsammelstelle bis zum Erwachen nach dem Unfallgeschehen keine Erinnerung habe, was er auch angegeben habe (Blatt 479).
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b. Es sei nicht entscheidungserheblich, ob der Beklagte Ziffer 1 an einer retrograden Amnesie leide. Denn die Beantwortung der zentralen Frage, ob der Kläger sich unfallbedingt oder unfallunabhängig verschluckt habe, was dieser zu beweisen habe, sei unabhängig von der Frage des Vorliegens einer Amnesie. Der Beklagte Ziffer 1 habe sich unmittelbar nach dem Unfallereignis entsprechend geäußert, diese Angaben hätten auch die Zeugen bestätigt (Blatt 479 f.).
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Ein unfallanalytisches Gutachten habe nicht eingeholt werden müssen, da der äußere Unfallhergang unstreitig gewesen und in der Klageerwiderung unstreitig gestellt worden sei. Ein unfallanalytisches Gutachten führe nicht weiter (Blatt 480).
46 
Soweit sich der Kläger unter Ziffer 3.2 seiner Berufungsbegründung auf eine Entscheidung des OLG München berufen habe, könne diese nicht als „allgemeines Kochrezept“ für die Abarbeitung eines Personenschadens herangezogen werden. Dort sei es um die Abklärung von Verletzungsfolgen gegangen; im vorliegenden Fall seien nicht die Unfallfolgen abzuklären, sondern die Unfallkausalität des Primärschadens – die Aspiration des Bolus (Blatt 481).
47 
c. Es treffe zu, dass das haftungsbegründende Merkmal „beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ voraussetze, dass sich in dem jeweiligen Unfallgeschehen eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr realisiert habe und das Schadensgeschehen dadurch insgesamt mitgeprägt worden sei. Es müsse unbedingt eine Kausalität zwischen dem Betrieb des Kraftfahrzeugs einerseits und dem Unfallereignis andererseits bestehen (Blatt 480).
48 
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall bedeute, dass der Kläger den Nachweis führen müsse, dass zwischen dem Abhandenkommen von der Fahrbahn und dem anschließenden Aufprall auf dem Baum einerseits und dem Verschlucken des Klägers andererseits ein Kausalzusammenhang bestehe. Insoweit gelte § 286 ZPO, da es vorliegend um die Frage der haftungsbegründenden Kausalität für das Verschlucken als Primärverletzung gehe (Blatt 480, 481).
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Ausführungen zu einem eventuellen Mitverschulden seien nicht angezeigt, da sie kein Mitverschulden geltend gemacht hätten (Blatt 481).
50 
d. Soweit sich der Kläger auf das Privatgutachten Prof. Dr. L... berufen habe, gehe dieses Gutachten von Prämissen aus, die für den vorliegenden Fall gerade nicht sicher festgestellt werden könnten. Die Ergebnisse von Prof. Dr. L... seien zu bestreiten (Blatt 484).
51 
Soweit sich die Berufungsbegründung in diesem Zusammenhang auf die Aussage des Zeugen L... berufe, habe dieser lediglich ein Stöhnen bestätigt, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich der Bolus zu diesem Zeitpunkt im Kehlkopfeingangsbereich befunden habe. Der weitere Vortrag, die Ausführungen des Gerichts zur nicht gegebenen Nachweisbarkeit dahingehend, dass der Kläger durch den Aufprall aspiriert habe, seien medizinisch unhaltbar, sei nicht zielführend. Die dortigen Ausführungen würden nur einen Geschehensablauf nach der Aspiration beschreiben, jedoch nicht erklären, ab wann und aufgrund welcher Umstände der Kläger als solches aspiriert habe. Die dortigen Ausführungen gingen an der Fragestellung vorbei (Blatt 481, 482).
52 
Insoweit gehe es auch nicht um die Frage, ob den Ersthelfern oder der Notärztin ein Behandlungsfehler vorzuwerfen sei, der den Beklagten zuzurechnen sei. Dies sei erst der Fall, wenn der „in den falschen Hals“ gelangte Bolus aufgrund eines den Beklagten zurechenbaren Grundes dorthin gelangt sei (Blatt 482).
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Die Ausführungen in der Berufungsbegründung zu den weiteren Verletzungen (Orbitabodenfraktur, Mandibulafraktur, Rippenbrüche) seien nicht entscheidungserheblich. Soweit der Kläger vortrage, der Bolus sei durch die beim Aufprall einwirkenden Kräfte hochgedrückt worden, handle es sich um nicht erwiesene Mutmaßungen, die bestritten würden. Der Sachverständige Dr. M... habe dies als sehr unwahrscheinlich angesehen (Blatt 482).
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Auch die Berufung auf das Thorax-CT vom 04.09.2013 (dorsobasale subpleurale streifige Verdichtungen) führe nicht zum Erfolg. Zum einen bleibe offen, ob diese Verdichtungen traumabedingt oder toxisch bedingt seien, zum anderen habe der Sachverständige ausgeführt, dass es auch durch das Beatmen zu einem Erbrechen habe kommen können. Ein Hochdrücken des Bolus sei auch aus anatomischen Gründen kaum vorstellbar, weil der Beckengurt hierfür zu tief liege, insoweit kein Druck auf den im Oberbauch liegenden Magen ausgeübt werde (Blatt 483, 484).
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Das Gutachten von Professor Dr. L... gehe ohne feststehende Anknüpfungstatsachen aufgrund von Spekulationen davon aus, dass der Kläger unfallbedingt zeitweise bewusstlos gewesen sei (Blatt 484).
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e. Aus dem Schreiben vom 08.10.2013 lasse sich kein Anerkenntnis herleiten. Der Unfall habe sich am 04.09.2013 ereignet. Die Beklagte zu 2 habe bereits am 23.09.2013 einen frei verrechenbaren Vorschuss von 10.000,00 EUR unter Rückforderungsvorbehalt bezahlt. Die Pflegekosten seien insoweit ebenfalls unter Rückforderungsvorbehalt übernommen worden, dies ergebe sich aus dem Schreiben der Beklagten Ziffer 2 vom 19.12.2013 und der Formulierung im Schreiben vom 08.10.2013 „bis auf weiteres.“ Alleine die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung lasse ohne weitere äußere Umstände nicht die Annahme eines deklaratorischen oder tatsächlichen Anerkenntnisses zu (Blatt 484, 485).
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7. Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den dazu vorgelegten Anlagen Bezug genommen. Hinsichtlich des Vortrags in der mündlichen Verhandlung, der Ausführungen des Sachverständigen Dr. M..., der Aussagen der vom Senat nochmals vernommenen Zeugen und der Angaben des Beklagten Ziffer 1 wird außerdem auf die Protokolle der Sitzungen vom 7. November 2018 (Blatt 494 – 505) und 9. November 2020 (Blatt 721 – 734) verwiesen.
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Mit seiner nachgelassenen Stellungnahme zur Beweisaufnahme vom 22.12.2020 macht der Kläger – zum Teil wiederholend – geltend, dass gemäß § 412 ZPO ein weiteres anästhesistisches Sachverständigengutachten und ein rechtsmedizinisches Gutachten einzuholen seien (Blatt 740, 741), weil
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- das Privatgutachten von Prof. Dr. L... die Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. M... in allen wesentlichen Punkten widerlegt habe (Blatt 741),
- insbesondere die Aussage des Zeugen L... (Reaktion des Klägers auf seine Ansprache, Stöhnen) belege, dass zu diesem Zeitpunkt die Atemwege noch nicht vollständig verlegt sein konnten (Blatt 741, 742),
- ein Erstickender sich nicht von selbst in die von den Zeugen geschilderte stabile Seitenlage positionieren könne (hierzu soll ein rechtsmedizinisches Gutachten eingeholt werden; Blatt 742, 743),
- zum Hochdrücken des Bolus die Beweisanträge 2, 3, 4, 5, 6, und 8 aus dem Schriftsatz vom 02.09.2019 zu wiederholen seien (Blatt 743),
- nach den von der Notärztin Dr. W... dokumentierten Verletzungen von einem Schädelhirntrauma mit nachfolgender Bewusstlosigkeit auszugehen sei, weshalb die Feststellungen des medizinischen Sachverständigen auch im Hinblick auf die retrograde Amnesie des Beklagten Ziffer 1 widersprüchlich seien (Blatt 743, 744)
- die schadensursächliche Gefahrenlage auch bei einem Verschlucken kurz vor dem Unfall unmittelbar durch den Unfall geschaffen worden sei, weshalb eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG begründet sei (Blatt 744, 745),
- es keinen Beweis für ein Verschlucken vor dem Unfall gebe (Blatt 745),
- der Beklagte Ziffer 1 noch zu einer ersten Hilfe in der Lage gewesen sei (Blatt 745, 746).
II.
60 
Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie wurde insbesondere innerhalb der vorgegebenen Fristen ordnungsgemäß eingelegt und begründet. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg. Der Kläger kann nicht den ihm obliegenden Nachweis führen, dass die Blockade der Atemwege als maßgebliche Primärverletzung durch den Unfall verursacht worden ist. Auch die weiteren Berufungsangriffe führen nicht zu einer anderen Bewertung. Insbesondere liegen weder die Voraussetzungen für eine weitere Begutachtung noch die für eine ergänzende Begutachtung nicht vor.
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1. Soweit die Berufung geltend macht, der Vortrag des Beklagten Ziffer 1 zur Aspiration sei als unerheblich zurückzuweisen, weil dieser nur auf Vermutungen beruhe, die als solche nicht kenntlich gemacht wurden, kann dem der Senat nicht folgen.
62 
a. Der Kläger hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass das Oberlandesgericht Hamm ausgeführt hat, dass die Pflicht zu wahrheitsgemäßem Vortrag verlangt, dass bloße Vermutungen als solche kenntlich gemacht werden (OLG Hamm NJW-RR 2017, 281 Rn. 23). Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist insoweit großzügiger und differenzierter (vergleiche z.B. die instruktive Zusammenfassung von MüKo/Fritsche, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 138 Rn. 8, 9). Danach ist die darlegungspflichtige Partei berechtigt, zu Vorgängen außerhalb der unmittelbaren Wahrnehmung Vermutungen aufzustellen (a.a.O. Rn. 8); verboten ist allein das wissentlich unwahre Vorbringen (a.a.O. Rn. 9). Die Partei darf keinen Vortrag halten, der nach ihrer eigenen Kenntnis und Überzeugung nicht den Tatsachen entspricht (Kern in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 138 Rn. 4). Das bedeutet jedoch nicht, dass nur solche Behauptungen zulässig sind, die die Partei als wahr kennt (BGH WM 1985, 736 [737]; BGH NJW 1968, 1233 [1234]; Kern in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 138 Rn. 4). Eine Partei darf Tatsachen vortragen, über die sie keine Kenntnis hat, die sie aber nach den Umständen für wahrscheinlich oder möglich hält (BGH NJW-RR 2009, 1236 Rn. 11; BGH NJW 2004, 2096 [2097]; BGH NJW-RR 2002, 1419 [1420]; Kern in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 138 Rn. 4). Danach durfte die Beklagtenseite sich auf bloße Vermutungen berufen. Wie noch auszuführen sein wird, ist dies im Übrigen auch beim Kläger der Fall, was schlicht darauf beruht, dass bis auf den äußeren Ablauf des Unfalls zu der streitentscheidenden Ursächlichkeit der Aspiration des Bolus keine sicheren Feststellungen möglich sind.
63 
b. Die Beklagten haben eindeutig offengelegt, dass ihr diesbezüglicher Vortrag nur auf Vermutungen beruht, nachdem unter Bezug auf die Anlagen K 1 und K 18 vorgetragen wird, dass der Kläger wohl ein Stück Wurst gevespert habe (Blatt 52 unten, 143). Die Vermutung ergibt sich auch aus der Verwendung des Begriffs dürfte, denn die Verwendung des Konjunktivs drückt auch Zweifel an bestimmten Sachverhalten aus (vergleiche nur https://de.wikipedia.org/wiki/Konjunktiv unter dem Stichwort Irrealis).
64 
Eine Widersprüchlichkeit wird auch nicht durch die Aussage des Beklagten Ziffer 1 begründet, der auf die Nachfrage, ob er eine Erklärung dafür habe, weshalb möglicherweise der Kläger im Zusammenhang mit dem Unfall ein Stück Wurst verschluckt habe, ausgeführt hat (Blatt 173):
65 
Ich bin mir sicher, dass der Kläger während der Fahrt nichts gegessen hat. ... Ich kann mich nicht erinnern, dass der Kläger etwas zu Essen dabei hatte.
66 
Diese Angaben hat der Beklagte Ziffer 1 vor dem Senat wiederholt (Blatt 503):
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Ich kann mich noch erinnern, dass ich an der Grüngutsammelstelle vorbeigefahren bin, dann ist es aus. Bis zu dem Moment, zu dem ich mich eben noch erinnern kann, also dem Vorbeifahren an der Grüngutsammelstelle, kann ich guten Gewissens sagen, dass Herr V... da nichts gegessen hat. Ich kann mich auch ansonsten nicht daran erinnern, dass er irgendetwas Essbares dabei gehabt hätte. Er saß ganz friedlich neben mir.
68 
Zum einen hat der Beklagte Ziffer 1 sich insoweit nur zu einer Möglichkeit geäußert; zum anderen und vor allem kann von ihm als Naturpartei nicht verlangt werden, dass er im Rahmen seiner Angaben vor Gericht zwischen bloßen Vermutungen und feststehenden Tatsachen differenziert. Zudem hat die Berufungserwiderung insoweit zutreffend ausgeführt, dass sich die Aussage des Beklagten nur auf die Zeit bis zum Passieren der Grüngutsammelstelle bezieht, weil er sich an das daran anschließende Geschehen nicht mehr erinnern kann (Blatt 479). Dies ergibt sich auch aus der eigenen Erklärung des Beklagten Ziffer 1, in der er sein Erinnerungszeitfenster auf die Zeit bis zum Vorbeifahren an der Grüngutsammelstelle und nach dem Aufwachen nach dem Unfall beschränkt hat (Blatt 171 und Blatt 503).
69 
c. Schon von Anfang an haben die Beklagten eindeutig bestritten, dass die Aspiration unfallursächlich war, indem vorgetragen wurde:
70 
- Weshalb es zu dem Unfallgeschehen gekommen ist, liegt völlig im Dunkeln (Blatt 51).
71 
- Während der streitgegenständlichen Fahrt des Beklagten zu 1 saß der Kläger auf dem Beifahrersitz und hat dort wohl ein Stück Wurst gevespert. Anlässlich dieses Essvorgangs hat sich der Kläger verschluckt, wodurch ein größeres Stück Nahrungsmittel in die rechte Lunge gelangt ist (Blatt 52).
72 
- Es wird bestritten, dass das Verschlucken dieses größeren Stücks Nahrungsmittel, das in die Lunge des Klägers gelangt ist, auf den Unfall und hier insbesondere auf den Baumaufprall zurückzuführen ist. Das Aspirieren eines Stücks Nahrung ist auch jederzeit ohne traumatisches Ereignis möglich (Blatt 53).
73 
2. Die Berufung macht ohne Erfolg geltend, dass das Vorliegen einer retrograden Amnesie nicht (weiter) aufgeklärt worden ist.
74 
a. Beweis zu erheben ist nur über beweisbedürftige Tatsachen, das sind die streitigen entscheidungserheblichen Tatsachen, die unmittelbar oder (als Indiztatsachen) mittelbar die Voraussetzungen einer streitentscheidenden Norm ausfüllen, wobei der Beweis nicht unzulässig sein darf (BVerfG, Beschluss vom 09.10.2002, 1 BvR 1611/96, Rn. 59: „...sind die Gerichte deshalb grundsätzlich gehalten, von den Parteien angebotene Beweismittel zu berücksichtigen, wenn und soweit eine Tatsachenbehauptung erheblich und beweisbedürftig ist. Dies gebieten auch der in § 286 ZPO niedergelegte Grundsatz der freien Beweiswürdigung sowie das grundrechtsähnliche Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG“). Die Anordnung einer Begutachtung kann gegebenenfalls auch bei unstreitigem Vortrag erfolgen, wenn dies erforderlich ist, damit das Gericht die erforderlichen technischen Zusammenhänge zuverlässig bewerten kann, es zum Beispiel auf eine dem unmittelbaren Beweis nicht zugängliche Sicht eines Fachmanns ankommt (BGH GRUR 2010, 314 [317 Rn. 28]).
75 
Tatsachen, mit denen ein Gegenbeweis geführt werden soll, sind schon nach der sogenannten relationstechnischen Logik her nicht beweisbedürftig, solange nicht der Hauptbeweis geführt ist.
76 
b. Der Kläger muss den Nachweis führen, dass der Unfall bzw. der Betrieb des Fahrzeugs des Beklagten Ziffer 1 für den Gesundheitsschaden ursächlich war. Bei dem Vortrag des Beklagten, er leide an einer retrograden Amnesie handelt es sich jedoch um Gegenvortrag im Rahmen des Bestreitens beziehungsweise die Erläuterung für eine fehlende (ausführliche) Erklärung des Beklagten Ziffer 1 zu den tatsächlichen Vorgängen im Rahmen von § 138 ZPO, welches allenfalls und erst dann klärungsbedürftig wäre, wenn der Kläger den ihm obliegenden Hauptbeweis geführt hat – das ist nicht der Fall.
77 
Die vom Beklagten vorgetragene retrograde Amnesie kann auch nicht dazu führen, den Vortrag des Klägers zur fehlenden Nahrungsaufnahme während der Fahrt als unstreitig zu behandeln, weil der Beklagte Ziffer 1 sich hierzu nicht ausreichend erklärt hat. Die Beklagten haben in zulässiger Weise primär die Unfallursächlichkeit der Aspiration bestritten, die geltend gemachte Amnesie ist insoweit nur erläuternder Hilfsvortrag.
78 
Zudem ist der angebotene Sachverständigenbeweis insoweit nicht das geeignete Beweismittel, denn die maßgebliche Ursprungstatsache, wann der Kläger gegebenenfalls etwas gegessen beziehungsweise sich verschluckt hat, ist primär durch eine Anhörung von Parteien und die Vernehmung von dazu benannten Zeugen zu klären.
79 
c. Eine Beweisaufnahme von Amts wegen ist insoweit nicht geboten, denn das würde darauf hinauslaufen, dem Kläger weitere Beweismittel an die Hand zu geben, würde also die von der Dispositionsmaxime gesetzten Grenzen sprengen, indem eine Ausforschung von Amts wegen betrieben würde.
80 
3. Dem Kläger ist nicht der Nachweis gelungen, dass die eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen infolge der Aspiration des Bolus auf den Betrieb des Fahrzeugs des Beklagten Ziffer 1 zurückzuführen sind, also hierdurch verursacht worden sind.
81 
a. Weil insoweit auf den nach dem Unfall festgestellten Fremdkörper im rechten Lungenflügel abzustellen ist (dieser war unstreitig Ursache für die Atemwegsblockade), kommt eine Haftung nur in Betracht, wenn die (vorherige) Atemwegsblockade durch den Kraftfahrzeugunfall (mit) verursacht worden ist, sich also insoweit Gefahren aus dem Betrieb des Kraftfahrzeugs verwirklicht haben. Insoweit sind grundsätzlich folgende Szenarien denkbar:
82 
- ein Hochdrücken des Fremdkörpers infolge der beim Aufprall auf den Magen wirkenden Kräfte (Gurt, Airbag etc.),
- ein Verschlucken nach einem Erbrechen infolge eines bei dem Unfall erlittenen Schädelhirntraumas,
- ein Verschlucken infolge des Unfallgeschehens,
- ein unfallunabhängiges Verschlucken vor dem Unfall (z.B. während der Fahrt), jedoch nicht infolge des Unfalls.
83 
Der Kläger muss beweisen, dass ein Hochdrücken oder Verschlucken infolge des Unfalls vorliegt beziehungsweise beweisen, dass er sich nicht vor dem Unfall verschluckt hat. Das ist ihm nach der auch vor dem Senat umfangreich durchgeführten Beweisaufnahme nicht mit dem für eine Überzeugungsbildung erforderlichen Grad an Sicherheit möglich.
84 
b. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegt der Nachweis des Haftungsgrundes (die haftungsbegründende Kausalität) den strengen Anforderungen des § 286 ZPO, während der Tatrichter bei der Ermittlung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden (der haftungsausfüllenden Kausalität) nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt ist. Der Grund für die Differenzierung im Beweismaß ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Ausnahmeregelung des § 287 ZPO und aus der Überlegung, dass eine Haftung des Schädigers nur in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen des gesetzlichen Haftungsgrundes (hier § 823 Abs. 1 BGB oder §§ 7 Abs. 1, 18 StVG), insbesondere der Zusammenhang zwischen dem Handeln des Schädigers und einem ersten Verletzungserfolg feststehen. Das Handeln des Schädigers als solches ohne festgestellte Rechtsgutverletzung (hier Körperverletzung) scheidet als Haftungsgrundlage aus. In der Literatur vertretene Ansichten, die – etwa im Hinblick auf die Gefährdung der Rechtsgüter des Geschädigten durch den Schädiger und die von diesem letztlich veranlassten Beweisschwierigkeiten – § 287 ZPO auch im Bereich der Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität anwenden wollen, nehmen eine Haftung des Schädigers für eine nur möglicherweise von ihm verursachte Rechtsgutverletzung in Kauf und dehnen damit seine Haftung ohne gesetzliche Grundlage zu weit aus. Erst wenn eine vom Schädiger verursachte Primärverletzung feststeht, ist es gerechtfertigt, den Richter hinsichtlich der Feststellung der Schadensfolgen auf Wahrscheinlichkeitserwägungen zu verweisen (BGH, Urteil vom 04.11.2003, VI ZR 28/03, Umdruck Seite 8 f.; vergleiche auch BGH, Urteil vom 05.11.2013, VI ZR 527/12, Rn. 13).
85 
Für die Beurteilung, ob ein Schaden beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden ist, stellt der Bundesgerichtshof darauf ab, dass sich die von einem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren verwirklicht haben. Das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden. An diesem auch im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will (BGH; Urteil vom 26.04.2005, VI ZR 168/04, juris Rn. 9).
86 
Für eine Zurechnung zur Betriebsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht. Hiernach rechtfertigt die Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle allein zwar noch nicht die Annahme, der Unfall sei bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat. Andererseits hängt die Haftung gemäß § 7 StVG nicht davon ab, ob sich der Führer des im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs verkehrswidrig verhalten hat, und auch nicht davon, dass es zum Beispiel zu einer Kollision der Fahrzeuge gekommen ist (BGH; Urteil vom 26.04.2005, VI ZR 168/04, juris Rn. 10).
87 
Diese weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ entspricht dem weiten Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG und findet darin ihre innere Rechtfertigung. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist sozusagen der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kfz - erlaubterweise – eine Gefahrenquelle eröffnet wird, und will daher alle durch den Kfz – Verkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kfz entstanden, wenn sich von einem Kfz ausgehende Gefahren ausgewirkt haben (BGH; Urteil vom 26.04.2005, VI ZR 168/04, juris Rn. 11; Urteil vom 20.10.2020, VI ZR 158/19, Umdruck Rz 7).
88 
Bei dem Betrieb des betreffenden Kraftfahrzeuges geschehen ist ein Unfall auch dann, wenn er unmittelbar durch das Verhalten des Verletzten oder eines Dritten ausgelöst wird, dieses aber in zurechenbarer Weise durch das Kraftfahrzeug des in Anspruch genommenen (mit-)veranlasst, also mit verursacht worden ist (BGH, Urteil vom 19.04.1988, VI ZR 96/87, juris Rn. 7; OLG Hamm, Urteil vom 02.09.2016, 9 U 14/16, juris Rn. 35).
89 
c. Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang darauf abstellt, das Landgericht habe bezüglich der Beweislast die Grundsätze zur Kausalität bei § 254 BGB analog anwenden müssen (Blatt 428 f.), kann dem nicht gefolgt werden. Auch bei § 254 BGB gelten die allgemeinen Grundsätze zur Kausalität (vergleiche nur Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 254 Rn. 13, 14), weshalb insoweit keine anderen Maßstäbe gelten. Es kommt nicht auf das nicht zu erkennende Mitverschulden an, sondern vielmehr darauf, ob festgestellt werden kann, ob der Fremdkörper infolge des Betriebs des Kraftfahrzeugs in die Atemwege gelangt ist. Das muss der Kläger beweisen.
90 
d. Der Kläger selbst hat schon nicht ausreichend exakt und differenziert zur Ursächlichkeit vorgetragen, denn er führt nur aus, er sei infolge des Unfalls schwer verletzt worden, indem er die entsprechenden ärztlichen Befunde zitiert hat (Blatt 6 – 8 = 95 – 98) und weiter vorgetragen hat,
91 
- es liegt mithin beim Kläger unfallbedingt beziehungsweise infolge der unfallbedingt erlittenen Verletzungen eine dauerhafte Schädigung des Hirns vor (Blatt 8 = 97),
92 
- ... und aufgrund der unfallbedingt erlittenen Hirnschädigung dauerhaft pflegebedürftig ist (Blatt 9 = 98),
93 
- die Schilderung in der Anlage K 1 vom 07.10.2013 [– „Nach Aussage des Fahrers hätte er sich an einem Stück Wurst verschluckt und aspiriert, In dessen Folge er keine Luft mehr bekam, sei gestikulierend und mit den Armen rudernd im Auto gesessen und hätte den Fahrer beeinträchtigt wodurch es letztlich zum Aufprall ... kam.“ (Blatt 17) –] ... schlicht unzutreffend ist und bestritten wird (Blatt 13 = 102), die Schilderung in ... Anlage K 1 ... ist offensichtlich unrichtig (Blatt 63, 64, 152).
94 
- Entgegen den Ausführungen der Beklagten, sind sämtliche beim Kläger festgestellten Verletzungen, insbesondere die Fraktur des Unterkieferknochens, Frakturen verschiedener Rippen und des Brustbeins sowie die Prellmarke an der rechten Stirn auf das Unfallereignis zurückzuführen (Blatt 68 = 157).
95 
- Die Aspiration des nicht mehr bestimmbaren Fremdkörpers ist in jedem Fall unfallbedingt. Anhaltspunkte für ein Verschlucken vor dem Unfall, für das die Beklagten beweispflichtig sind, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist die einzig nachvollziehbare Erklärung für das Aspirationsereignis, dass der Kläger sich infolge des heftigen Aufpralls auf den Baum, infolge dessen die Airbags ausgelöst worden, verschluckt hat und der Fremdkörper in den rechten Lungenflügel eingedrungen ist ... (Blatt 69 = 158; vergleiche auch Blatt 70, 88, 229).
96 
- Angesichts des Zeitraums zwischen dem Passieren der Grüngutsammelstelle bis zum Aufprall auf dem Baum sei es schon denklogisch nicht möglich, dass der Kläger in dieser Zeit ein Lebensmittel ausgepackt, gekaut und aspiriert habe (Blatt 508 f.).
97 
- Hierfür spricht auch, dass der angeschnallte Kläger offensichtlich noch selbständig aus dem Fahrzeug ausgestiegen und dann zusammengebrochen ist (Blatt 69 = 158).
98 
- Der Beklagte Ziffer 1 hat unstreitig gestellt, dass der Kläger während der Fahrt weder etwas gegessen hatte, noch etwas zu essen dabei hatte (Blatt 176 in der Stellungnahme zur mündlichen Verhandlung vom 13.04.2016, dto. Blatt 226, 350).
99 
- Ist der diesseitige Vortrag auf Seite 14 des Schriftsatzes vom 08.01.2016, wonach auszuschließen ist, dass es sich bei dem vom Kläger aspirierten schwarzen Fremdkörper um ein Wurststück gehandelt hat, dahingehend zu berichtigen, dass auszuschließen ist, dass der Kläger ein Wurststück während der Fahrt gegessen und sich an diesem aspiriert hat (Blatt 199).
100 
- Nicht auszuschließen ist hingegen, dass es sich um ein Wurststück gehandelt hat, das der Kläger weit vor Fahrtbeginn gegessen hat und welches infolge des Aufpralls nach oben gewürgt wurde und vom Kläger verschluckt wurde (Blatt 199).
101 
Schon der eigene Vortrag des Klägers hat danach nicht ausreichend zwischen der/den Primärverletzungen und den sekundären Folgen differenziert. Auch zur Beweislast wurde unzutreffend vorgetragen (Beweispflicht der Beklagten für ein Verschlucken vor dem Unfall). Da jedoch an die Schlüssigkeit keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH NJW 2009, 2137 Rn. 4; BGH, Urteil vom 06.12.2012, III ZR 66/12 Rn. 10), genügte allein schon der Vortrag, die Aspiration sei (in jedem Fall) unfallbedingt (Blatt 69, 158, 70, 88), um eine Beweiserhebung zu veranlassen.
102 
Die Beklagten haben demgegenüber ausgeführt,
103 
- der äußere Geschehensablauf des Unfalls vom 04.09.2013 wird im Klageentwurf richtig wiedergegeben. Weshalb es allerdings zu diesem Unfallgeschehen gekommen ist, liegt völlig im Dunkeln (Blatt 51 = 141).
104 
- Wie sich aus dem Arztbrief der Kreiskliniken Reutlingen vom 07.10.2013, Anl. K 1, dort Seite 3, und aus der Anlage K 18 ergibt, wurde im Klinikum am Steinenberg aus der rechten Lunge des Klägers ein großer Fremdkörper nach Aspiration mittels einer Zange entfernt (Blatt 52 = 143).
105 
- Unstreitig dürfte somit folgendes feststehen: Während der streitgegenständlichen Fahrt des Beklagten zu 1 saß der Kläger auf dem Beifahrersitz und hat dort wohl ein Stück Wurst gevespert. Anlässlich dieses Vorgangs hat sich der Kläger verschluckt, wodurch ein größeres Stück Nahrungsmittel in die rechte Lunge gelangt ist. Diese Aspiration wiederum führte beim Kläger zu einem Erstickungsanfall und letztlich zum vorübergehenden Kreislaufstillstand (Blatt 52 = 143).
106 
- Es wird bestritten, dass das Verschlucken dieses größeren Stück Nahrungsmittels, das in die Lunge des Klägers gelangt ist, auf den Unfall und hier insbesondere auf den Baumaufprall zurückzuführen ist (Blatt 53 = 143).
107 
- Vorausgeschickt sei, dass der Beklagte zu 1 im Hinblick auf den Unfall an einer retrograden Amnesie leidet. An den eigentlichen Unfall hat der Beklagte zu 1 keine Erinnerung mehr (Blatt 79, vergleiche auch Blatt 167, 190).
108 
- Allerdings ist es ein Faktum (...), dass beim Kläger im Krankenhaus aus der rechten Lunge ein großer Fremdkörper nach Aspiration mittels einer Zange entfernt wurde (Blatt 80, dto. Blatt 166).
109 
- Irgendwoher muss dieser Fremdkörper ja schließlich gekommen sein. Es ist medizinisch auszuschließen, dass der Kläger diesen Fremdkörper bereits bei Fahrtantritt in der rechten Lunge hatte, zumal dem Beklagten zu 1 während der Fahrt, soweit dieser erinnerlich ist, nicht aufgefallen ist, dass der Kläger husten musste (Blatt 81).
110 
- Wenn medizinisch auszuschließen ist, dass ich ein größerer Fremdkörper der vorliegenden Art bereits vor Fahrtantritt ohne grobe äußere Einwirkungen in der rechten Lunge befunden haben kann, ist der Schluss zu ziehen, dass der Kläger diesen Fremdkörper kurz vor dem Unfall verschluckt hat, da der Beklagte zu 1 sich auch nicht daran erinnern kann, dass der Kläger während der Fahrt etwas gegessen hat (Blatt 81).
111 
- Die zentrale Frage in diesem Verfahren scheint nach diesseitiger Ansicht zu sein, ob der Unfall Ursache für die Aspiration/das Verschlucken des Klägers war. Hierfür trägt der Kläger die Beweislast nach den Regeln des § 286 ZPO (Blatt 166).
112 
- Wenn der Klägervertreter vortragen lässt, dass der Beklagte zu 1 unstreitig gestellt hat, dass der Kläger während der Fahrt weder gegessen hat, noch etwas zu essen dabei hatte, so ist dieser Satz in dieser Absolutheit falsch (Blatt 190).
113 
Auch auf eine Verfügung des Landgerichts (Blatt 77) ist keine weitere Klarheit geschaffen worden.
114 
Die Berufung macht damit geltend, weil der Fremdkörper bereits vor der notärztlichen Behandlung in die Atemwege gelangt sei („zwangsläufige Schlussfolgerung“ – Blatt 432), da der Kläger nach einer Atemwegsblockade noch im Auto nicht mehr hätte aussteigen können (Blatt 435 f.), müsse der Fremdkörper durch den Aufprall und die dabei wirkenden Kräfte nach oben gedrückt oder hochgewürgt worden sein (Blatt 434 f.). Diese Auffassung beruht auf dem Aufbau einer Kausalkette, die laut Auffassung des Klägers zu bestimmten Schlussfolgerungen führt. Schon daraus ergibt sich allerdings, dass auch der Kläger bezüglich der Ursächlichkeiten letzten Endes nur Vermutungen vortragen kann, insoweit nicht an einen feststehenden Sachverhalt anknüpfen kann.
115 
e. Entgegen der Auffassung des Klägers trifft es nicht zu, dass das Landgericht keine Aufklärung betrieben hat, denn der Beweisbeschluss befasst sich genau mit den entscheidungserheblichen Fragen, der Sachverständige hat sich dazu auch geäußert (allerdings nicht im Sinne des klägerseits gewünschten Ergebnisses). Das Landgericht hat in seinem Beweisbeschluss (zutreffend) die Beweiserhebung zu der Frage angeordnet, ob die Aspiration unfallbedingt war, der Kläger im Falle einer Aspiration vor dem Unfall nicht mehr das Fahrzeug hätte verlassen können und gefragt, ob davon auszugehen sei, dass der Fremdkörper in Folge des Aufpralls aspiriert beziehungsweise hochgewürgt und aspiriert worden sei (Blatt 242). Der hierzu beauftragte Sachverständige Dr. B... M... hat ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass die Aspiration unfallbedingt war (Blatt 315), das Verlassen des Fahrzeugs lasse keine Rückschlüsse zu, wo sich der Fremdkörper befunden habe (Blatt 315 f.), es sei sehr unwahrscheinlich, dass aus dem Magen ein einzelnes Stück hervorgewürgt wurde (Blatt 316). Der Sachverständige ist dazu auch mehrmals mündlich angehört worden.
116 
f. Hinsichtlich der maßgeblichen Anknüpfungstatsachen ist festzuhalten, dass das eigentliche Unfallgeschehen unstreitig ist. Danach ist davon auszugehen, dass
117 
- der Beklagte Ziffer 1 auf der Kreisstraße 6738 (Trochtelfingen in Richtung Gammertingen) bei km 1,200 von der Fahrbahn abkam,
- er in gerader Linie ohne sichtbare Bremsspuren oder Lenkbewegungen auf dem rechten Grünstreifen weiterfuhr,
- nach etwa 60 Metern mit der Mitte der Fahrzeugfront gegen einen Baum prallte,
- wobei die Airbags ausgelöst wurden und Schmelzspuren am Gurt verblieben.
118 
Entgegen der erst im Laufe des Berufungsverfahrens geäußerten Auffassung des Klägers kann insoweit nicht unterstellt werden, dass der Beklagte Ziffer 1 vor dem Abkommen von der Fahrbahn mit 90 km/h gefahren ist (so Blatt 350, 509), denn die Beklagten haben nur eine Geschwindigkeit von 60 – 80 km/h wie üblich eingeräumt, weshalb nur die geringere Geschwindigkeit zugrunde gelegt werden kann. Eine Feststellung der Geschwindigkeit ist insoweit auch nicht durch ein Gutachten möglich, denn ein Sachverständiger kann allenfalls aus dem Unfallgeschehen bis zum Abkommen von der Fahrbahn rückrechnen, jedoch nicht weiter zurück.
119 
Für die Zeit nach dem Unfallgeschehen lässt sich nach den vorgelegten Urkundenkopien und den Aussagen der Zeugen folgender weiterer Ablauf feststellen:
120 
- Akte Staatsanwaltschaft Tübingen Blatt 8: „Eine Befragung der als Zeugen aufgeführten Herren L... und O... ergab, dass diese offensichtlich als erstes an der Unfallstelle. ... Bei deren Eintreffen wäre eine Person im Fahrzeug auf dem Fahrersitz gesessen, eine weitere männliche Person neben dem PKW im Gras gelegen.
121 
- Aussage L... Blatt 213: Wir waren soweit für mich ersichtlich, die ersten Personen am Unfallort. Dementsprechend war ich auch verwundert, dass die auf dem Boden liegende Person in einer Art stabilen Seitenlage lag. Die Person war nicht weit von dem Fahrzeug entfernt, vielleicht 2-3 m vom Fahrzeug weg.
122 
- Aussage L... Blatt 730: Was mich verwunderte, war, dass die verletzte Person in einer stabilen Seitenlage lag, und zwar wirklich stabil, mit überstrecktem Kopf und mit der Hand unter dem Kopf. Auch die Beinhaltung war für die stabile Seitenlage aus meiner Sicht perfekt.
123 
- Der Kläger wurde nach dem Unfall im Gras liegend angetroffen (Kläger: Blatt 6, 95; Beklagte: Blatt 51, 142; Zeuge L... Blatt 213, Zeuge O... Blatt 214: Neben dem Auto lag auf dem Boden der Beifahrer. Er lag auf der Seite; Zeuge O... Blatt 727: Er lag richtig auf der Seite. Es war die richtige Lage.).
124 
- Kläger (Blatt 350): Tatsache ist, dass der Kläger nach dem Aufprall zwar noch aus dem Auto gehen konnte, nach wenigen Metern aber zusammenbrach.
125 
- Beklagte (Blatt 51): Auch ist davon auszugehen, dass der Kläger noch selbständig aus dem PKW des Beklagten zu 1 ausgestiegen ist. Gegenteiliger Vortrag wird bestritten.
126 
- Zeuge G... (Blatt 210 f.): Wenn ich nach der zu reanimierenden Person gefragt werde, so schätze ich, dass diese sich in einem Abstand von ca. 5 m vom Auto befunden hat (so auch der Kläger auf Blatt 81). Jedenfalls lag sie relativ weit weg vom Fahrzeug.
127 
- Zeuge G... (Blatt 725): Ich erinnere mich noch daran, dass wir damals einen der beiden Verletzten, der sich nicht im Fahrzeug befand, hinter dem Fahrzeug, etwa 2 bis 3 m davon entfernt, antrafen, der lag nicht direkt neben dem Auto.
128 
- Zeugin Dr. W... (Blatt 208): Jemand der umstehenden Personen hat gesagt, dass der Beifahrer noch ausgestiegen sei und dann umgefallen sei.
129 
- Der Klägervortrag hierzu ist widersprüchlich, denn er bestreitet, dass er nach Aussteigen einen Kollaps erlitten hat (Blatt 68), trägt aber vor, er sei offensichtlich noch selbständig aus dem Fahrzeug ausgestiegen und dann zusammengebrochen (Blatt 69)
130 
- Zeuge L... (Blatt 213): Die Person, die neben dem Fahrzeug lag, hat auf Ansprache und Anfassen zunächst noch reagiert. ... Da der Fahrer gut ansprechbar war, habe ich mich zunächst um die auf dem Boden liegende Person gekümmert. Diese war dann jedoch nicht mehr ansprechbar. Ich konnte auch keinen Puls mehr fühlen und habe auch keine Atmung mehr feststellen können, weshalb ich mit der Druckmassage begonnen habe. Ich habe auch versucht, die Person zu beatmen. Dies war jedoch wohl eher nicht sehr erfolgreich, da ich keine Luft in ihn hineinbekommen habe. ... Wenn ich vorher gesagt habe, dass der Beifahrer zunächst noch ansprechbar war, so möchte ich sagen, dass dieser nur noch etwas gestöhnt hat. Er konnte sich jedoch nicht mehr artikulieren.
131 
- Zeuge L... (Blatt 728, 729): Ich bin erst zu der Person, die außerhalb des Fahrzeugs lag. Sie hat noch ein bisschen reagiert auf die Ansprache und Schütteln. Ich hatte den Eindruck, dass diese Person nicht bewusstlos war. Deshalb bin ich erst noch zu dem Fahrer hin. Ich habe festgestellt, dass dessen linkes Bein am Schweller eingeklemmt war und habe ihm geholfen. Dann bin ich wieder zu der anderen verletzten Person. Da war sie nicht mehr ansprechbar. Ein Puls war nicht mehr zu fühlen. Ich habe mit der Reanimation angefangen, bis dann die Helfer vor Ort aus Trochtelfingen kamen. ... Ich habe Herzdruckmassage gemacht und habe die Mund-zu-Mund-Beatmung angefangen. ... Der Zeuge auf Frage, ob er am Verletzten bzw. in der nächsten Umgebung um den Verletzten herum oder auch an seiner Kleidung irgendetwas feststellte, was nach Erbrochenem aussah oder roch: Nein. Ich weiß vom Tod meiner Schwiegermutter, wie das aussieht. Das war damals nicht der Fall.
132 
- Zeugin Dr. W... (Blatt 208): Dort war ein RTW-Team ... dabei, den Kläger zu reanimieren (Blatt 208). ... Ich habe den Kläger dann intubiert und weiter stabilisiert. Wie ich bereits gesagt habe, konnte ich die vorgefundene Situation nicht richtig verstehen. Insbesondere konnte ich nicht verstehen, wieso der Beifahrer in einen Zustand geraten war, dass er reanimiert werden musste. Ich dachte mir, dass womöglich etwas mit seinem Herzen sein müsse (Blatt 209). Das RTW-Team musste den Kläger mit Maske beatmen. Dies hat nicht 100%-ig funktioniert. Es handelte sich um eine sogenannte Rachenmaske. Ich habe den Kläger dann intubiert und dann war es mit der Beatmung besser (Blatt 209).
133 
- Zeugin Dr. W... (Blatt 722): Ich bin mit Herrn G... dazu gekommen gewesen. ... Das RTW-Team war schon vor Ort und hatte mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen. Ich habe mich weiter um die Reanimation des Verletzten gekümmert. Erst danach habe ich dann noch den Fahrer im Auto sitzend gesehen. (Blatt 723): Das RTW-Team hatte schon gedrückt, also eine Herzdruckmassage angefangen gehabt bzw. durchgeführt. Ich meine mich noch so zu erinnern, dass die Atmung mit Hilfsmitteln schon gesichert war. Ich sehe jetzt gerade noch einmal in dem mir auch vorliegenden Protokoll von damals noch. Ich habe ihn anschließend noch intubiert und danach war der Kreislauf stabil und auch die Lunge. (Blatt 723 f.): Das, was ich damals angegeben habe, ist richtig, nachdem es mir jetzt noch einmal vorgelesen wurde. Es war so, dass die Beatmungsmaßnahme der Helfer vor mir nicht richtig funktioniert hatte und dann aber nach meiner Intubation in Ordnung war. Ich kann mich auch noch daran erinnern, dass ich im Rachen nachgesehen hatte und keine Fremdkörper festgestellt hatte.
134 
- Dr. K... (Blatt 206): Wir haben auch die Diagnostik besprochen. Im CT war pathologisch eine Struktur im rechten Oberlappen der Lunge. Daraufhin wurde eine Bronchoskopie durchgeführt und ein Fremdkörper geborgen. Dies hatte der auch bei Aufnahme des Patienten diensthabende Arzt, Herr S..., zusammen mit meinem Oberarzt-Kollegen Herrn Dr. W... durchgeführt. Dieser Fremdkörper war asserviert worden und wurde mir im Rahmen der Übergabe demonstriert. Dieser Fremdkörper war in einem kleinen Becher asserviert worden und sah aus wie ein Stück Hartwurst. Das Stück hatte eine Kantenlänge von ca. 1,5 - 2 cm und war bereits verschimmelt. Der Fremdkörper wurde daher im Anschluss entsorgt.
135 
Zunächst ist es typisch bei einer Aspiration, dass ein Fremdkörper rechtsseitig aspiriert wird. Wie tief dies gehen kann, ist abhängig letztlich auch von der Größe des Fremdkörpers. Nach dem, was mir berichtet wurde und ich nachgelesen habe, ist es vorliegend auch möglich, dass der Fremdkörper durch die Intubation im Rahmen der notärztlichen Maßnahmen von der Luftröhre aus nach weiter unten geschoben worden ist. Nach meiner Einschätzung ist jedoch sicher, dass der Fremdkörper schon vorher aspiriert gewesen sein muss.
136 
- Anlage K 2 (Blatt 21 = Blatt 110): Notfallprotokoll
137 
Befunde bei Ankunft: Apnoe, Kreislaufstillstand, Asystolie (= Herzstillstand) Supraglott. Luftweg SGA (durch RD = Rettungsdienst) Endotrachealtubus (durch NA = Notarzt)
138 
Zeittabelle Blatt 22 der Akte – Auswertung durch das Gutachten Blatt 307 f.:
139 
14:37 Uhr: Notrufeingang (laut Aussage des Zeugen L... hat er den Notruf um 14:35 abgesetzt)
14:37 Uhr: Kollaps beobachtet (Ersthelfer)
14:42 Uhr: Eintreffen First Responder am Einsatzort
14:42 Uhr: Beginn Herzdruckmassage (First Responder)
14:48 Uhr: Beginn Beatmung (15:02 Uhr ist durchgestrichen)
14:50 Uhr: Supraglottischer Airway (15:03 Uhr durchgestrichen) (RTW-Besatzung)
14:52 Uhr: Zugang (RTW-Besatzung)
14:53 Uhr: Vasopressor (RTW-Besatzung)
15:03 Uhr: Spontankreislauf (RTW-Besatzung)
15:12 Uhr: Intubation (Notarzt)
140 
- K 1 (Blatt 16): Aufnahmebefund
141 
Schockraum: Deutliche Teilatelektase (= deutlich minderbelüftetes Areal) des rechten Oberlappens. Verdacht auf durch eine kleine weichteildichte, wandständige Raumforderung ... des rechten Oberlappenbronchus (Blatt 18)
142 
- Bronchoskopisch konnte ein großer Fremdkörper aus dem rechten Oberlappenbronchus entfernt werden (Blatt 18 + Blatt 218)
143 
- Dr. L... (Blatt 237): Der Fremdkörper war rundlich und ca. 3-4 cm im Durchmesser.
144 
- Dr. K... (Blatt 83 RS): ... am ... 09.09.2013 wurde mir dieser Fremdkörper noch gezeigt, welcher inzwischen bereits angeschimmelt war. Es war ein bräunlicher Fremdkörper, welcher am ehesten nach einem Stück geräucherter Hartwurst aussah.
145 
- Arztbericht 07.10.2013: Befund am ehesten passend zu einer Hypoxie des Großhirns beidseits mit zunehmendem Hirnödem (Blatt 19)
146 
g. Schon im ersten Gutachten vom 19. August 2017 hat der Sachverständige Dr. M... auf die Beweisfrage, ob die Aspiration (also das Eindringen von Material in die Atemwege) unfallbedingt war, ausgeführt, dass sich nicht feststellen lässt, wann der Bolus aspiriert wurde, vor, durch oder nach dem Unfall (Blatt 315, 317).
147 
Der Sachverständige Dr. M... hat die Vorgeschichte nach der Aktenlage korrekt zusammengefasst und dargestellt (insoweit wird auf Blatt 306 – 309 der Akten Bezug genommen) und dann folgende Bewertungen vorgenommen:
148 
- es sei unklar, wo der Bolus ursprünglich war, aber (wegen der zunächst geschilderten Beatmungsprobleme) wahrscheinlich, dass er sich im Einröhrensystem der Luftröhre befand (Blatt 310),
- es könne nicht festgestellt werden, ob es schon vor dem Unfall zur Aspiration gekommen ist (Blatt 315).
149 
Das Privatgutachten von Prof. Dr. R... L... vom 6. Juni 2018 hat sechs Fragen des Prozessbevollmächtigten des Klägers behandelt und baut darauf schlussfolgernd auf, dass es zu einem Hochdrücken des Bolus gekommen sei, entweder durch den Aufprall oder ein Erbrechen im Zusammenhang mit einer durch die Kopfverletzung hervorgerufenen Bewusstlosigkeit (Blatt 452,455, 462).
150 
Prof. Dr. L... ist der Auffassung,
151 
- Aufprall plus Gurtdruck plus Airbagauslösung hätten zum Hochdrücken des Bolus geführt,
- denn es gebe aus der Akte keine Hinweise, dass der Kläger während der Fahrt oder davor noch etwas gegessen habe,
- denn nach Aktenlage sei eine primäre Bewusstlosigkeit wesentlich wahrscheinlicher (Blatt 451, 452)
- und als zweites Szenarium:
- weil sich der Kläger noch aus dem Auto bewegt habe und auch noch geatmet habe, müsse der Bolus durch den Aufprall (oder ein Erbrechen infolge der Gehirnerschütterung) verursacht worden sein.
152 
Der Senat folgt den überzeugenden und schlüssigen Bewertungen des Sachverständigen Dr. M..., der über eine langjährige Erfahrung als Notfallmediziner und Anästhesist verfügt und deshalb für die Beantwortung der maßgeblichen Beweisfragen hervorragend qualifiziert gewesen ist. Dessen Bewertungen werden auch nicht durch die Stellungnahmen des Privatgutachters Prof. Dr. L... in Frage gestellt, denn diese bauen auf falschen Vorgaben und nicht feststehenden Anknüpfungstatsachen auf, weil er unterstellt, dass feststeht, dass der Kläger während der Fahrt nichts gegessen hat. Deshalb trifft es auch nicht zu, dass das Privatgutachten die Schlussfolgerungen von Dr. M... widerlegt hat oder insoweit sich widersprechende Gutachten vorliegen.
153 
Die Berufung erhebt deshalb zu Unrecht den Vorwurf, der medizinische Sachverhalt sei nicht vernünftig ausermittelt worden (Blatt 437) und der Sachverständige Dr. M... sei fachlich nicht qualifiziert (Blatt 426). Insoweit wird im Übrigen nicht weiter erläutert, woraus sich die fachliche Inkompetenz des Sachverständigen ergeben soll, der ebenfalls über eine langjährige Erfahrung als Notfallmediziner und Anästhesist verfügt.
154 
aa. Eine Gegenüberstellung der gutachterlichen Bewertungen ergibt folgendes Bild (Anmerkungen jeweils kursiv):
155 
Sachverständige Dr. M... (+ Dr. H... - Radiologie)
- Gutachten vom 19. August 2017 (Blatt 305 – 318)
- mdl. Ergänzung 29.01.2018 (Blatt 356 – 358)
- mdl. Ergänzung 07.11.2018 (Blatt 495 – 503)
- Gutachten vom 21. März 2019 (Blatt 559 – 571)
- mdl. Ergänzung vom 09.11.2020 (Blatt 731 – 733)
Privatgutachten von Prof. Dr. R... L...
- vom 6. Juni 2018 (Blatt 440 – 462)
- vom 30. Dezember 2018 (Blatt 532 – 548)
Zur Bewertung der Kausalität des Unfalls für die Aspiration         
        
Der Nachweis einer unfallbedingten Aspiration sei nicht zu erbringen. Es könne zuerst, weswegen auch immer, zur Aspiration des Bolus durch den Kläger gekommen und in der Folge z.B. durch Ablenkung des Fahrers zum Unfall. Da beide einzig Beteiligten dazu nicht aussagen können, ist eine Beweisführung schlicht nicht möglich (Blatt 315).
Wenn es für die Entscheidung des Gerichtes entscheidend ist, ob der Bolus (dessen Natur wir ja nicht kennen) eher aus dem Magen stammte oder aus dem Mundbereich, so sprechen aus der Sicht des Gerichtsgutachters mehr Gründe dafür, dass dieser sich zum Zeitpunkt des Unfalls (Blatt 569) im Mund befand. Ob dieser aspiriert wurde z.B. im Rahmen einer Schreckreaktion des Klägers im Angesicht des bevorstehenden Aufpralls bzw. beim Aufprall selbst oder ob der Kläger, wie fälschlich ursprünglich im Arztbrief der Intensivstation als Tatsache geschildert (s. Verhandlung vom August 2016), durch unkontrollierte Bewegungen im Rahmen eines spontanen, selbst verschuldeten Aspirationsgeschehens den Unfall heraufbeschwor, kann dabei nicht geklärt werden. Beides ist denkbar, keine der Möglichkeiten mit einem Grad an Wahrscheinlichkeit belegbar (Blatt 570).
Ich kann, im Blick auf diese vier Varianten, jetzt keine weiteren Aufschlüsse geben als diejenigen, die ich bisher schon beschrieben habe. Mehr Varianten sind aus meiner Sicht jedenfalls nicht denkbar. Vom Landgericht war ich ja eingangs gefragt worden, ob ich sicher feststellen kann, dass es zu dem Verschlucken bzw. zu dem Bolus gerade infolge des Unfalls gekommen ist. Diese Frage kann ich nach wie vor nicht eindeutig beantworten und bejahen. Ein wesentliches Argument dafür, dass es jedenfalls nicht infolge eines Hochdrückens aus dem Magen zu dem Bolus gekommen ist, stellt die Singularität des festgestellten Gegenstandes als Bolus dar. Es ist im vorliegenden Fall einfach ausgesprochen schwierig, weil viel Unbekanntes festzustellen ist. Da ist zum einen die retrograde Amnesie des Fahrers, der Umstand, dass der Kläger selbst nicht befragt werden kann, die doch offensichtlich relativ lange Zeitdauer bis hin zu den ersten Reanimationsmaßnahmen, wie lang dies auch immer gewesen ist. Hinzu kommt auch noch einmal das, was der Zeuge L... heute noch einmal angegeben hat, dass er nämlich einen Laut gehört hat, der sich möglicherweise als der Laut eines sterbenden Menschen angehört haben könnte. Wenn Herr L... heute davon gesprochen hat, dass er Erbrochenes nicht feststellen konnte bei seiner Mund-zu-Mund-Beatmung, so ist dies für mich ein wesentliches Argument, weil man sich hieran schlicht erinnert. Ich selbst habe dies zweimal in meiner Berufskarriere erlebt und weiß, dass man sich an so etwas erinnert (Blatt 732).
Zusammengefasst bleibt es eben dann dabei, dass es zu dem Bolus ganz unabhängig vom Unfall gekommen sein kann (Blatt 732).
Es sei zu einem Hochdrücken des Bolus gekommen, entweder durch den Aufprall oder ein Erbrechen im Zusammenhang mit einer durch die Kopfverletzung hervorgerufenen Bewusstlosigkeit (Blatt 452, 455, 462).
Die Kausalkette/Schlussfolgerungen basieren auf folgender Herleitung (vergleiche dazu die nächsten Spalten):
Wo der bei der Bronchoskopie gefundene Fremdkörper (offensichtlich organisch, da im weiteren Verlauf des Asservierens nach Tagen verschimmelt) primär zu liegen kam, ist unklar (Blatt 310).
Es ist aufgrund der Notarzteinsatzdokumentation aber hoch wahrscheinlich, dass er das Einröhrensystem der Luftwege, den Bereich zwischen Kehlkopfeingang bis zur Aufgabelung in die Hauptbronchien verlegte, da die Beatmung sowohl bei den Laienhelfern als auch beim ersteintreffenden Rettungswagenteam unmöglich bzw. stark erschwert war (ein Einsatzprotokoll des RTWTeams über Maßnahmen/Verlauf findet sich nicht in den Akten), obwohl im Verlauf durch das Rettungswagenteam ein sogenannter supraglottischer Atemweg (SGA, sog. Larynxmaske oder Larynxtubus) zur Anwendung kam (Blatt 310)
Es muss nach Aktenlage plausibel davon ausgegangen werden, dass der bei Herrn V... im Krankenhaus Reutlingen nachgewiesene Nahrungsbolus zunächst teilweise, dann mehr oder weniger vollständig die Atemwege verlegt und dadurch einen schwerwiegenden Sauerstoffmangel im Blut hervorgerufen hat. Aufgrund der Schwere und Dauer des Sauerstoffmangels ist dann der Herzstillstand eingetreten (Blatt 461)
Übereinstimmung mit Dr. M... (Blatt 310).
        
Wenn die Angaben der unmittelbar beteiligten Zeugen zutreffen, muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die durch Sauerstoffmangel hervorgerufenen Hirnschäden bei Herrn V... durch eine partielle oder vollständige Verlegung der Atemwege durch den Nahrungsmittelbolus und zusätzlich durch die Phase des Herzkreislaufstillstands (Dauer auf der Grundlage der im NAW-Protokoll dokumentieren Zeiten ca. 10 Min) hervorgerufen worden sind. Denkbar ist auch eine Fehlpositionierung der Larynxmaske durch das Rettungsdienstpersonal, die eine korrekte Beatmung verhinderte (Blatt 535).
Hier kommt eine weitere mögliche Ursache ins Spiel – die Fehlpositionierung der Larynxmaske
Wie Prof. L... richtig konstatiert, ist nicht nur der Zeitpunkt der Intubation fraglich spät mit 15:12 Uhr angegeben, sondern auch der der Beatmung (die definitiv früher begann als die dokumentierte Zeit 14:48 (im Protokoll korrigiert aus ursprünglich sogar „15:03 Uhr", s. Aussage Zeuge L...). Wie gut oder schlecht die Beatmung in den einzelnen Versorgungsphasen gelungen ist, ist nur zu mutmaßen (Blatt 566)
Die Zeugin Dr. W... traf laut NAW-Protokoll und laut Urteil des Landgerichts (Seite 3) um 14.59 Uhr beim Patienten ein. Für 14.52 Uhr ist das Anlegen eines i.v. Zugangs dokumentiert, für 14.53 Uhr die Injektion eines Vasopressors dokumentiert, d.h. für Zeitpunkte, zu denen die Notärztin noch nicht anwesend war. Für 15.03 Uhr ist im NAW-Protokoll und im Urteil des Landgerichts die Rückkehr des Spontankreislaufs {= ROSC} dokumentiert, erst für 15.12 Uhr im NAW-Protokoll die endotracheale Intubation. Nach dieser Dokumentation kehrte die spontane Herz-Kreislauf-Funktion 9 Minuten vor der endotrachealen Intubation zurück. Es stellt sich daher zwangsläufig die Frage, ob und wie Frau Dr. W... den Patienten zwischen 14.59 Uhr und 15.12 Uhr beatmet hat. Zu klären wäre auch, ob Frau W... den Herzstillstand selbst festgestellt oder sich auf die Angaben der Rettungskräfte verlassen hat (Blatt 541).
Das Verlassen des Fahrzeuges und die Positionierung des Körpers in der Art Seitenlage können durch den Kläger selbst oder von außen erfolgt sein - für keine der beiden Thesen lässt sich ein zwingender oder hochwahrscheinlicher Beweis erbringen (Blatt 316 – Herleitung dafür auf Blatt 315)
        
Wo der bei der Bronchoskopie gefundene Fremdkörper primär zu liegen kam, ist unklar. Es ist aufgrund der Notarzteinsatzdokumentation aber hoch wahrscheinlich, dass er das Einröhrensystem der Luftwege, den Bereich zwischen Kehlkopfeingang bis zur Aufgabelung in die Hauptbronchien verlegte, da die Beatmung sowohl bei den Laienhelfern als auch beim ersteintreffenden Rettungswagenteam unmöglich bzw. stark erschwert war (Blatt 310).
Die richtige Interpretation klinischer Befunde bei der Atemwegsverlegung durch Laien ist keinesfalls so einfach voraussetzbar, wie Prof. L... dies in seinem Zweitgutachten auf Seite 16 mutmaßt. In den seinerzeit gültigen ERC-Guidelines von 2010 wird zum Thema Atemwegsobstruktion ausgeführt: „Eine Atemwegsobstruktion ist nicht immer offensichtlich und wird daher auch von professionellen Helfern häufig übersehen. Ein Erkennen wird am besten durch Sehen-Hören-Fühlen erreicht ... Bei partieller Atemwegsobstruktion ist der Einstrom von Luft vermindert und üblicherweise geräuschvoll ... " (2). In jedem Falle hatte sich in diesem 5-Minuten Zeitraum (Notruf bis Eintreffen First Responder) das Befinden des Klägers soweit verschlechtert, dass aus Sicht der Laien mit der Reanimation begonnen werden musste. Damit war die Atemwegsverlegung, so diese, wie der Privatgutachter ebenfalls konstatiert, ursächlich für den hypoxisch bedingten Kreislaufstillstand war, eben doch signifikant (Blatt 564).
Wegen der Aussage L... „nur noch etwas gestöhnt“ konnten die Atemwege zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig verlegt sein, weil bei einer kompletten Atemwegsverlegung kein Sprechen, Husten oder Stöhnen mehr möglich sei (Blatt 443), daraus könne mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden/ dass der auf dem Boden liegende Herr V... zunächst noch geatmet hat und auch sein Herz noch schlug, als der Zeuge hinzukam (Blatt 461).
Alleiniges Stöhnen (ohne zusätzliche Geräusche bei der Einatmung) spricht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegen eine signifikante Verlegung der oberen Atemwege im Kehlkopfbereich (Blatt 538)
Dass dieser Bolus ursprünglich sehr wohl durch die im Vorfeld versuchte Mund zu Mund- oder Mund zu Nase-Beatmung, die ja unter Überdruck stattfindet, wie auch durch das Einführen und den die Beatmungsversuch mittels SGA verlagert worden sein konnte, hier dann wohl am ehesten tiefer in die Luftröhre (Trachea) und damit außer Sichtweite der Notärztin (Blatt 311)
Der Fremdkörper müsse beim Einführen der Larynxmaske durch den Rettungsdienst, möglicherweise auch bei Vorschieben der Laryngoskopspitze in den unteren Rachenraum durch die Notärztin in die Atemwege gelangt sein (Blatt 445), dies basierend auf der Aussage Dr. W..., die keinen Fremdkörper wahrgenommen habe und darauf, dass nach der Intubation eine Abdichtung vorhanden sei (Blatt 444, 445), dafür spreche auch die Größe des Fremdkörpers (Blatt 446, 448),
Dass ... die Beatmung nach erfolgreicher endotrach-ealer Intubation gelang, ist nicht verwunderlich: Beim Vorschieben des Tubus kann der Bolus gelockert und durch den Schlauch respektive die anschließende Überdruckbeatmung nach distal verlagert worden sein, in typischer Weise in den rechten Hauptbronchus, da dieser (s. Bild oben) steiler abgeht als der linke und sich daher Aspirate bevorzugt dort finden. Dass die Notärztin dabei das Vorliegen eines Bolusgeschehens nicht erkannte, kann durch die eingeschränkte direkte Sicht bedingt gewesen sein bzw. aus der Tatsache resultieren, dass der Bolus bereits vor der Intubation unterhalb (distal) der Stimmbandebene im Einröhrensystem zu liegen gekommen war (Blatt 314).
Da nach Angaben der Notärztin der Patient sofort nach der Intubation ausreichend beatmet werden konnte, muss der blockierende Fremdkörper durch das Vorschieben des Tubus (schicksalhaft) aus der Luftröhre über die Bifurkation (die Aufzweigung der Luftröhre in den rechten und linken Hauptbronchus) in den rechten Oberlappenbronchus gelangt sein und dessen Lichtung verlegt haben (Blatt 446),
Wäre der Bolus gleich unmittelbar beim Aspirationsereignis in der gefundenen Position im rechten Oberlappenbronchus zu liegen gekommen, hätte er die Beatmung nicht derart behindert, dass sie verunmöglicht worden wäre. Auch eine Eigenatmung über den verbliebenen linken Lungenflügel wäre dann möglich gewesen (Blatt 311)
        
Auch ich gehe davon aus, dass die hypoxische Hirnschädigung, also die Sauerstoffunterversorgung des Hirns beim Kläger darauf zurückzuführen ist, dass der Atemweg beim Kläger verlegt wurde. In der Folge ist es dann zu einem Herz-Kreislauf-Stillstand gekommen. Die große Frage bleibt aber, wie es zu dieser Verlegung des Atemwegs gekommen ist (Blatt 497).
Er stimme mit dem Gerichtsgutachter überein, dass die schwere Hirnschädigung von Herrn V... durch einen Sauerstoffmangel in der Phase vor Eintreffen der Notärztin hervorgerufen worden ist; die Hirnschwellung (Hirnödem) wiederum ist Folge des zerebralen Sauerstoffmangel (Blatt 448, dto. Blatt 535),
Zur Frage, ob der Bolus hochgedrückt wurde         
        
Dr. H...:
Zeichen einer massiven Aspiration von Mageninhalt lassen sich in den Aufnahmen jedoch nicht abgrenzen. Kleinere Mengen an wässrigen Mageninhaltes können jedoch insbesondere im Rahmen der Überdruckbeatmung im Laufe der Zeit ausgepresst werden und zum Zeitpunkt der Bildgebung im Bronchialbaumsystem nicht mehr nachweisbar sein. Im Magen lässt sich wässriger Inhalt mit teils größeren Stückchen abgrenzen. Ob eine Aspiration aus dem Magen erfolgte oder aber die Aspiration eines einzelnen Fremdkörpers aus dem Mundraum, lässt sich anhand der vorliegenden Bilder nicht klären. Weiterhin lässt sich ebenfalls nicht klären, ob der aspirierte Fremdkörper schon initial im Oberlappenbronchus steckte oder sekundär nach der Intubation und die Überdruckbeatmung dorthin gelangte, bei vorher beispielsweise trachealer Lage. Die solitäre Verlegung des rechten Oberlappenbronchus zum Zeitpunkt der Bildaquise führt lediglich zu einer nicht relevanten Verminderung der Lungenkapazität (Blatt 584).
Diese Feststellungen werden durch die Aussage des Zeugen L... bestätigt, der gerade kein Erbrochenes festgestellt oder gerochen hat.
        
... aus meiner Sicht stammt der Bolus mit größerer Wahrscheinlichkeit aus dem Mundbereich (Blatt 565)
        
Ich kann hier aus einem schon älteren, gleichwohl aber immer noch aktuellen Buch zitieren, nämlich „Praktische Hirntraumatologie" von Todorow und Oldenkott, 2. Aufl. 1986, wo auf S. 21 ausgeführt ist, dass die Komatiefe unmittelbar nach dem Schädelhirntrauma auftritt, wenn es denn ein Schädelhirntrauma sein soll. Demzufolge kann ich das Szenario nicht nachvollziehen, dass es bei Herrn V... durch den Aufprall zu einem solchen Schädelhirntrauma gekommen sein sollte, er gleichwohl noch in der Lage gewesen sein soll, sich abzuschnallen, auszusteigen und dann erst außerhalb des Fahrzeugs zusammengebrochen ist. Ich halte hier ein Bolusgeschehen viel wahrscheinlicher, das dann eben zu einer Verlegung des Luftweges geführt hat, weswegen aber trotzdem Herr V... noch in der Lage war, sich eben abzuschnallen, auszusteigen und dann eben erst außerhalb des Fahrzeugs zusammenzubrechen (Blatt 498).
Prellmarken, die beschriebenen Orbita- und Mandibulafrakturen sind per se kein Beweis für ein parallel stattgehabtes schweres Hirntrauma (Blatt 561).
Stellungnahme M... zu den Angriffen von Prof. L... (auf Blatt 535): Regelhaft ist mit Oldenkott von einem Initialsyndrom mit tiefer Bewusstlosigkeit auszugehen (Blatt 562).
Hinzu kommt, dass keine Anhaltspunkte dafür gefunden wurden, dass sich bei dem Unfall ein relevantes Schädelhirn-Trauma entwickelt hatte. Üblicherweise würde ein solches sogleich zur Bewusstlosigkeit oder zum Koma führen. Das passt hier nicht dazu, dass jedenfalls möglicherweise der Verletzte sich selbst aus dem Fahrzeug befreit hat und nach außen gelangt ist. Als Beispiel für eine solche initiale Bewusstlosigkeit kann ich den harten Schlag bei einem Boxkampf gegen den Kopf nennen. Da weiß man auch, dass es relativ lange braucht, bis der Getroffene wieder zu sich kommt. Hier waren auch keine Blutungszeichen im Hirn festgestellt worden, das erst später festgestellte hypoxische Hirnödem ist auf die Sauerstoffunterversorgung zurückzuführen (Blatt 732, 733).
Nach Aktenlage und den Schilderungen des Zeugen L... sei eine primäre Bewusstlosigkeit durch die Kopfverletzung (dislozierte Orbitabodenfraktur und Mandibulafraktur) wesentlich wahrscheinlicher als ein Bewusstseinsverlust durch einen Erstickungsvorgang (Blatt 451, 452), deshalb sei auch ein Erbrechen wahrscheinlich (Blatt 452), – anders Dr. M...
Prof. Dr. L... stellt die Ausführungen von Dr. M... in Frage (Blatt 535 ff.) und stellt die These auf, eine Komatiefe unmittelbar nach dem SHT (Schädel-Hirn-Trauma) sei mit den bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht vereinbar.
        
Durch den „explosionsartig" von außen einwirkenden massiven Druck beim Aufprall und Auslösen von Gurt und Airbag können feste Speisereste über die Speiseröhre bis in den unteren Rachenraum gedrückt werden und die oberen Atemwege beeinträchtigen oder vollständig verlegen (Blatt 452), – anders Dr. M...
        
Aspirierter Magensaft müsse nicht zwingend auf dem Röntgenbild zu sehen sein, es komme auf die Menge und den Säuregrad an (Blatt 453),
        
Aus den Unterlagen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass Herr V... während der Fahrt etwas gegessen und, unfallunabhängig, aspiriert hat. Vielmehr beruhen diese Spekulationen offenkundig auf der nicht nachvollziehbar falschen Darstellung des Ablaufs im Arztbrief des Klinikums Reutlingen vom 7.10.2013 (Blatt 455).
Maßgebend ist für mich, ob Material aus dem Magen aspiriert wurde, egal ob es erbrochen oder regurgitiert wurde, d.h. passiv zurückgeflossen ist. Für beides gibt es aus meiner Sicht hier keine Anhaltspunkte (Blatt 356)
        
Sehr unwahrscheinlich ist, dass aus dem Magen ein einzelnes Bolusstück hervorgewürgt wurde. Selbst wenn es zum Erbrechen unter dem Erstickungszustand kam, würde man noch Begleitspuren im Sinne weiteren, auch flüssigen, Mageninhalts erwarten, zumal bei der frustranen Beatmung vor der endotrachealen Intubation die Wahrscheinlichkeit groß war, dass stattdessen via Speiseröhre Luft in den Magen gelangt war und der Mageninhalt sich nach Überschreiten des kritischen Druckes am unteren Speiseröhrenverschlussmuskels (Unterer Oesophagussphincter, bei Toten 2-3 cm H2O, bei anästhesierten Patienten 15-20 cm HgO) nach dem Heronsballprinzip schwallartig nach oben hätte entleeren müssen (Blatt 316).
Das Hochwürgen irgendeines einzelnen Objektes, wie es hier dann später in einem der Lungenflügel festgestellt wurde, halte ich entgegen Prof. Dr. L... für unwahrscheinlich. Da komme ich mit ihm nicht überein, wenn er dies als möglich beschreibt. Ich habe ein solches Szenario auch zuletzt mit einem mir gut bekannten Gastroenterologen besprochen, der zur selben Einschätzung wie ich gekommen ist. Es ist hier in der Nachfolgezeit kein Absaugen beschrieben worden, damit meine ich ein Absaugen des Mundbereiches, es ist kein Erbrochenes festgestellt worden (Blatt 498).
Gerade die Singularität, nämlich dass es sich um ein einzelnes Stück gehandelt hat, das ggf. eben aus dem Magen stammend nach oben gedrückt worden sein sollte durch den Speiseweg und dann erst zu einer Verlegung des Luftweges geführt haben sollte, halte ich eben für unwahrscheinlich, weil eher Objekte, die mit Flüssigkeit begleitet werden, ggf. nach oben gelangen können, nicht aber eben ein solches einzelnes Objekt (Blatt 499).
Insgesamt ist mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon auszugeben, dass der PKW-Unfall das Bolusgeschehen bei Herrn V... ausgelöst hat. Dabei ist der Bolus anfänglich entweder durch den Aufprall aus dem Magen in den Rachen-Kehlkopfbereich hochgedrückt worden oder aber durch Erbrechen im Zusammenhang mit einer durch die Kopfverletzung hervorgerufenen Bewusstlosigkeit in diesen Bereich gelangt. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ist der Bolus dann durch die Manipulationen mit der Larynxmaske aus seiner Position im Kehlkopfbereich durch die Stimmritze in die Luftröhre vorgeschoben worden (Blatt 462)
Dafür, dass der Kläger nicht erbrochen habe, spreche auch, dass die Notärztin sich die Beatmungsprobleme nicht erklären konnte, bei Erbrochenem wäre dies für jeden Intensivmediziner anders gewesen (Blatt 356).
        
Dieser Beweis (dass die Aspiration unfallbedingt war) ist so nicht zu erbringen. Genauso könnte es, wie im Arztbrief primär (ohne eine entsprechende tatsächlich bezeugte Grundlage) beschrieben, zuerst, weswegen auch immer, zur Aspiration des Bolus durch den Kläger gekommen sein und in der Folge z.B. durch Ablenkung des Fahrers zum Unfall. Da beide einzig Beteiligten dazu nicht aussagen können, ist eine Beweisführung schlicht nicht möglich (Blatt 315).
Wann im vorliegenden Fall der Bolus aspiriert wurde, ob vor, durch, oder nach dem Unfall, ist letztlich durch die dokumentierten Unfallumstände nicht nachzuvollziehen. Eine Beweiskette zu Ungunsten des Beklagten, wie von Klägerseite unterstellt, lässt sich keinesfalls formulieren (Blatt 317)
        
Abschließend kann man sagen, dass der zum Herz-Kreislauf-Stillstand führende Bolus unfallunabhängig oder unfallabhängig entstanden sein kann. Dies lässt sich heute aus medizinischer Sicht nicht mehr feststellen (Blatt 358).
Der Sachverständige sodann auf Frage, worauf er den Bolus als ggf. Ursache der hypoxischen Hirnschädigung zurückführen kann, ggf. wieder mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit, ob auf ein Hochdrücken aus dem Magen oder aber durch Erbrechen, wie von Herrn Prof. Dr. L... als Möglichkeit auch beschrieben, oder auf ein Verschlucken eines Gegenstandes, entweder wiederum im unmittelbaren Anblick des Unfallgeschehens bzw. durch das Unfallgeschehen oder aber schon zeitlich vor dem Unfallgeschehen: Ich kann hier irgendeine Wahrscheinlichkeit nicht annehmen (Blatt 498).
        
        
Bei Bolus infolge Schreck im falschen Hals sei von einem unfallabhängigen Geschehen auszugehen (Blatt 459).
Das Privatgutachten lässt insoweit außer Acht, dass dies gerade nicht feststeht.
Weitere Verletzungen         
        
Aus meiner Sicht ist die Unterkieferfraktur nicht durch das Reanimationsgeschehen verursacht worden, sondern durch den Aufprall. Das kann durch den Airbag durchaus passieren, insbesondere wenn der Kläger eine sogenannte Out-of-Position-Kollision hatte. Die übrigen Verletzungen dürften auf die Reanimation zurückgehen, insbesondere die geknickten Rippen. Wo sich der Kläger das kleine extrakranielle Hämatom zugezogen hat, ob unfallbedingt im Auto oder bei einem Sturz außerhalb des Autos, lässt sich aus medizinischer Sicht heute nicht mehr nachvollziehen. Beides ist möglich. Unfallbedingt dürfte auch die Orbitabodenfraktur sein (Blatt 358, vergleiche inhaltlich gleich aber differenzierter bewertet auf Blatt 497).
Eine sichere, gar beweisende Zuordnung zu einer der beiden Mechanismen (Verletzungen im Fahrzeug oder außerhalb nach einem Zusammenbruch) ist aus der Aktenlage aus Sicht des Gutachters nicht möglich (Blatt 561).
Im vorliegenden Fall ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die linksseitige Orbitaboden- und die linksseitige Mandibulafraktur durch den Aufprall beim Unfall hervorgerufen worden sind. Ein Zusammenhang mit Reanimationsmaßnahmen kann hingegen ausgeschlossen werden. Auch ein Sturz auf die weiche Grasnarbe neben der Beifahrertür scheidet als Verletzungsursache weitgehend aus, zumal wenn man berücksichtigt, dass Herr V... ein extrakranielles Hämatom an der gegenüber liegenden (rechten) Stirnseite aufwies, das möglichweise hervorgerufen wurde, als Herr V... mutmaßlich zu Boden stürzte. Hierauf wiese dann auch die im Notarztprotokoll von Fr. Dr. W... unter „detaillierte Befunde" vermerkte „Prellmarke Hinterkopf" hin (Blatt 450, vergleiche auch Blatt 534).
In den Unterlagen gibt es keine eindeutigen Hinweise, dass der Kläger außerhalb des Autos gefallen ist und sich dabei die Verletzungen im Kopfbereich zugezogen hat. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass die Orbitabodenfraktur, die Unterkieferfraktur und die im Schockraumbericht dokumentierte „Prellmarke Stirn rechtsseitig" durch den Airbag verursacht worden sind. Die im Notarztprotokoll dokumentierte „Prellmarke Hinterkopf" könnte durch einen Rückschlag des Kopfes (Blatt 533) gegen die Kopfstütze entstanden sein oder durch einen Sturz auf den Boden des Autos (Blatt 534).
Der Sachverständige sodann auf Frage, ob die bei Herrn V... später festgestellten Verletzungen im Bereich des Brustkorbes (Rippen und Brustbein) darauf zurückgeführt werden können, dass, weil eben auch der Beifahrergurt Anschmelzspuren aufwies, Herr V... in den Gurt fiel und eben deshalb auf den Unfall zurückzuführen sind oder aber eben auf Reanimationsbemühungen: Auch Herr Prof. Dr. L... konnte hier diese Brustkorbverletzungen letztlich nicht zuordnen. Diese Auffassung teile ich (Blatt 496).
Dass Brustkorbverletzungen durch den Unfall bedingt sein können (z.B. Gurtverletzung), ist nicht auszuschließen. Dass wiederum bei einer ca. 20-minütigen Herzdruckmassage bei einem älteren Patienten mit zunehmender Verknöcherung der ursprünglich knorpeligen und damit elastischen Brustkorbanteile ebenfalls Rippen zu Bruch gehen, ist fast regelhaft zu sehen. Die Zuordnung der Genese im vorliegenden Falle sehe ich in Übereinstimmung mit dem Privatgutachter als ex post nicht möglich (Blatt 561).
Wie bereits in meinem Erstgutachten dargelegt, geht die externe Herzkompression bzw. Kompression des Brustkorbs bei der „Herzmassage" häufig mit Rippenbrüchen einher. ..., allerdings lassen sich diese Rippenbrüche klinisch nicht von entsprechenden Verletzungen durch Reanimationsmaßnahmen abgrenzen. Auch ein verkehrsanalytisches Gutachten dürfte hierzu keine eindeutigen Erkenntnisse liefern (Blatt 533)
156 
bb. Die Gutachten stimmen danach dahingehend überein, dass
157 
- die schwere Hirnschädigung auf dem Sauerstoffmangel vor dem Eintreffen der Notärztin beruht,
- die Augenhöhlen- und Unterkieferfraktur unfallbedingt hervorgerufen wurden,
- die Schwierigkeiten bei der Beatmung durch die Ersthelfer und die Rettungsassistenten dafür sprechen, dass der Bolus bei der Intubation (weiter nach unten) verschoben wurde,
- dass sich im Nachhinein nicht mehr feststellen lässt, ob die Rippenverletzungen durch den Aufprall oder durch das anschließende Beatmungsgeschehen verursacht wurden.
158 
(1) Bezüglich der Prellmarken an der Stirn und am Hinterkopf liegen unterschiedliche Bewertungen vor, allerdings gibt es für die Auffassung des Privatgutachters Prof. Dr. L... keine Anknüpfungstatsachen, weil dieser insoweit spekuliert, der Kläger sei noch aus dem Auto geholt worden, was jedoch gerade nicht feststellbar ist (nach der Aussage des Zeugen L... war er schon draußen, denn dieser hat den Notruf abgesetzt).
159 
(2) Hinsichtlich der Herkunft des Bolus bestehen unterschiedliche Bewertungen, während Dr. M... zusammengefasst ausführt,
160 
- dass der Bolus unfallunabhängig entstanden sein kann,
- ein Erbrechen eher unwahrscheinlich sei
161 
geht der Privatgutachter Prof. Dr. L... davon aus,
162 
- weil sich der Kläger noch aus dem Auto bewegt habe und auch noch geatmet habe, müsse der Bolus durch den Aufprall (oder ein Erbrechen infolge der Gehirnerschütterung) aus dem Magen nach oben gedrückt worden sein,
- dabei wird aber ignoriert, dass es ein Zeitfenster vor dem Unfall gibt, in dem der Kläger möglicherweise etwas gegessen haben könnte,
- außerdem hat der Zeuge L..., der eine Mund-zu Mund-Beatmung durchgeführt hat gerade kein Erbrochenes festgestellt, hier auf Nachfrage ausdrücklich verneint, was jedenfalls Zweifel an einem hochgedrückten Bolus weckt, weil er dies ansonsten bemerkt hätte.
163 
cc. Der Senat folgt den Bewertungen des Sachverständigen Dr. M..., wonach es nicht ausgeschlossen werden kann, dass es unfallunabhängig zu einem Verschlucken und der Aspiration des Bolus gekommen sein kann, weil es vorliegend so viele unbekannte Parameter gibt, dass keine zwingende Kausalkette rekonstruiert werden kann. Der Senat nimmt insoweit auf die in der obigen Synopse dargestellten Ausführungen des Sachverständigen Dr. M... Bezug und macht sich diese in vollem Umfang zu eigen. Es lässt sich danach lediglich feststellen, dass der Kläger wohl vor dem Unfall etwas gegessen haben muss, jedoch ist nicht sicher, was genau und wann genau dies gewesen ist, insbesondere, ob dies in einem so engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen erfolgte, dass daran anknüpfend die notwendige Kausalität festgestellt werden kann.
164 
(1) Diese Bewertungen werden auch durch die Ausführungen des Privatgutachters Prof. Dr. L... letzten Endes nicht in Frage gestellt, da dieser Anknüpfungstatsachen zu Grunde legt, die gerade nicht hinreichend sicher feststehen, weshalb auch die darauf aufbauenden Schlussfolgerungen nicht für eine Überzeugungsbildung taugen. Deshalb liegen entgegen der Auffassung des Klägers insoweit auch keine sich widersprechenden Gutachten vor, die Anlass zu einer weiteren Begutachtung oder einem Obergutachten gäben.
165 
Auch der Vortrag des Klägers auf der Basis der Bewertungen von Prof. Dr. L... geht dahin, dass es zwei mögliche Szenarien des Unfalls gibt (Hochdrücken infolge des Aufpralls mit anschließender Aspiration und/oder Erbrechen infolge der Bewusstlosigkeit, wiederum mit anschließender Aspiration). Außerdem hält der Kläger es für denklogisch ausgeschlossen, dass er in der kurzen Phase von Grüngutsammelstelle bis zum Unfall etwas gegessen und aspiriert hat (nachdem feststehe, dass er vorher nichts gegessen habe). Gerade letzteres kann der Kläger aber nicht beweisen, weshalb es bei den Ausführungen des Sachverständigen Dr. M... bleibt, der in verschiedenen Varianten ausgeführt hat, dass der Nachweis einer unfallbedingten Aspiration nicht zu erbringen ist.
166 
Sowohl der Vortrag des Klägers als auch die Ausführungen des Privatgutachters Prof. Dr. L... hängen vor allem bezüglich der entscheidenden Frage der Ursache der Blockade der Atemwege in der Luft, weil jeweils nur retrospektiv Schlussfolgerungen gezogen werden können, damit aber eben gerade nicht mit der erforderlichen Überzeugungsbildung nach dem Maßstab des § 286 ZPO festgestellt werden kann, dass es tatsächlich so gewesen sein muss, wie dies klägerseits vorgetragen wurde, daran keine vernünftigen Zweifel mehr bestehen. Denn auch nach dem Klägervortrag bleibt es möglich und denkbar, dass er in dem kurzen Zeitfenster vor dem eigentlichen Unfallgeschehen etwas gegessen und sich daran verschluckt hat (oder schon vor dem Unfall den Bolus hochgewürgt und sich daran verschluckt hat, ohne dass dieses zunächst dramatische Auswirkungen hatte). Diese Frage wird vom Privatgutachter nicht beleuchtet und bewertet, sondern schlicht ignoriert. Soweit der Kläger vorträgt, dies sei denklogisch ausgeschlossen, ist dies nicht der Fall, denn das mögliche Zeitfenster ist länger als von ihm vorgetragen, weil die von ihm erst spät im Berufungsverfahren vorgetragenen, angeblich gefahrenen 90 km/h nicht feststehen, sondern allenfalls die zugestandenen 60 km/h angenommen werden können, bei denen für die Strecke von 250 – 300 Metern immerhin 15 – 18 Sekunden verblieben sind, in denen sich der Kläger noch verschlucken konnte.
167 
Die Schlussfolgerungen des Klägers und der Privatgutachten von Prof. Dr. L... stehen gerade nicht im Sinne von zwingend aufeinander aufbauenden oder ineinander greifenden Indizien zwangsläufig fest, weil schon die notwendigen Anknüpfungstatsachen für diese Schlussfolgerungen nicht feststehen.
168 
(2) Durch den Aufprall und die Wirkungen des Gurts sowie den Airbag kann es zwar eventuell zu einem Hochdrücken des Bolus gekommen sein, es lässt sich aber schon nicht feststellen, dass der Kläger nach dem Unfall zunächst im PKW sitzen geblieben war und dort bewusstlos war, weil der Kläger durch die Ersthelfer L... und O... außerhalb des Fahrzeugs liegend angetroffen worden war, wobei die Entfernungen hier durchaus unterschiedlich angegeben wurden.
169 
(3) Auch die nach Aktenlage und den Schilderungen des Zeugen L... klägerseits angenommene größere Wahrscheinlichkeit für eine primäre Bewusstlosigkeit durch die Kopfverletzungen (Bruch des Augenhöhlenbodens, Unterkieferfraktur, Prellungen am Kopf) steht gerade nicht fest, da die Ersthelfer L... und O... den Kläger außerhalb des Fahrzeugs vorgefunden haben, der Kläger aber bei einer Bewusstlosigkeit (nach beiden Gutachtern) nicht mehr in der Lage gewesen wäre, sich abzuschnallen, auszusteigen und selbst ein paar Schritte zu gehen (bis er zusammengebrochen sein muss) und im Liegen noch zu stöhnen, wie dies der Zeuge L... geschildert hat. Dass die Zeugen L... und O... wohl die ersten Helfer am Unfallort gewesen sein müssen, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen L... und den im Notarztprotokoll dokumentierten zeitlichen Abläufen. Denn danach ging der Notruf gegen 14:37 Uhr ein, es steht aber wiederum nicht fest, wie lange das Unfallgeschehen schon zurück lag, wie lange der Kläger und der Beklagte Ziffer 1 sich schon in der Unfallendstellung befanden. Deshalb ist es z.B. durchaus auch denkbar, dass schon vorher jemand an der Unfallstelle war (und den Kläger in die stabile Seitenlage verbrachte).
170 
(4) Auch der Privatgutachter Dr. L... spricht im Übrigen jeweils nur von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit oder legt sich hinsichtlich der Überzeugungsbildung nicht fest, indem er u.a. ausführt,
171 
- es müsse mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Hirnschaden durch eine partielle oder vollständige Verlegung der Atemwege mit Herzkreislaufstillstand verursacht wurde (Blatt 448, 535),
- Stöhnen spreche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegen eine signifikante Atemwegsverlegung (Blatt 443, 461, 538),
- der Fremdkörper müsse beim Einführen der Larynxmaske nach unten geschoben worden sein (Blatt 444, 445, 446, 448),
- nach Aktenlage sei eine primäre Bewusstlosigkeit wesentlich wahrscheinlicher als ein Bewusstseinsverlust durch den Erstickungsvorgang,
- insgesamt sei mit erforderlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Unfall das Bolusgeschehen ausgelöst habe (Blatt 462).
172 
Danach fehlt es an der Feststellung eines Sachverhalts (oder von Sachverhaltsvarianten), an die zwingend aufeinander aufbauend Rückschüsse angeknüpft werden können, sondern es wird jeweils nur mit Wahrscheinlichkeiten operiert, nicht jedoch mit Schlussfolgerungen, die so zwingend sind, dass sie zu einer Überzeugungsbildung führen müssen.
173 
(5) Zudem hat der Sachverständige Dr. M... für den Senat unmittelbar überzeugend und einleuchtend ausgeführt, dass das Hochdrücken eines einzelnen Stücks Lebensmittel eher unwahrscheinlich ist, weil solche Ereignisse in der Regel mit weiterem Mageninhalt begleitet werden, der nicht festgestellt werden konnte; insbesondere konnten auch im Rahmen der radiologischen Zusatzbegutachtung durch Dr. H... keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen werden. Diese Ausführungen werden durch die Aussage des glaubhaften, weil unbeteiligten Zeugen L... vor dem Senat bestätigt, der eine Mund zu Mund Beatmung durchgeführt hat, jedoch gerade kein Erbrochenes festgestellt oder gerochen hat, obwohl er als Ersthelfer und nach dem Tod seiner Schwiegermutter wusste, wie so etwas aussieht.
174 
(6) Letzten Endes basieren alle klägerseits gezogenen „zwangsläufigen“ Schlussfolgerungen (Blatt 430) im Wesentlichen darauf, dass nach den Ausführungen des Privatgutachtens keine Hinweise bestehen, dass der Kläger während oder kurz vor der Fahrt etwas gegessen hat (was aber auch für ein Hochdrücken erforderlich wäre), denn nach den Einräumungen des Beklagten bleibt jedenfalls ein Zeitfenster, in dem es unfallunabhängig zur Aspiration gekommen sein kann. Diese Möglichkeit kann der Kläger nicht wegbeweisen, was er aber tun müsste, damit lediglich noch die Szenarien übrig bleiben, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Aspiration infolge des Unfallgeschehen geführt haben müssen.
175 
h. Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagten seien auch für den Behandlungsfehler verantwortlich, der darin zu sehen sei, dass es beim Einschieben der Larynxmaske zu einem Verschieben des Bolus gekommen sein müsse (Blatt 433), trifft dieses nicht zu.
176 
Eine Zurechnung eines eventuellen Behandlungsfehlers nach dem Unfallgeschehen wäre erst möglich, wenn (mit dem Maßstab des § 286 ZPO) festgestellt werden könnte, dass die Aspiration des Bolus unfallbedingt erfolgte – das ist aber gerade nicht der Fall.
177 
Im Übrigen geht selbst das Privatgutachten Prof. Dr. L... davon aus, dass für das Verschieben des Bolus zwei Ursachen denkbar sind, einmal das Einführen der Larynxmaske, zum anderen das Vorschieben der Laryngoskopspitze (Blatt 445, 462). Hinsichtlich des Verhaltens der Notärztin spricht er zudem von einem schicksalhaften – also nicht vorwerfbaren Verhalten (Blatt 446).
178 
4. Die Berufung rügt weiter zu Unrecht, das Landgericht hätte von Amts wegen ein verkehrsanalytisches Gutachten einholen müssen. Hierfür fehlt es an den dafür erforderlichen Voraussetzungen. Der Kläger hat auch im Laufe des Berufungsverfahrens nochmals beantragt, ein unfall- beziehungsweise verkehrsanalytisches Gutachten einzuholen,
179 
- zur Kollisionsgeschwindigkeit, Kollisionsrichtung und Kollisionsgegenstand, um die Kausalität der Gesichts- und Brustkorbverletzungen zu bewerten (Blatt 631 f.),
180 
- dass es sich bei den Prellmarken am gesamten Körper und Oberbauch des Klägers um typische Gurtverletzungen gehandelt hat, die zum Rippenbruch und den weiteren äußeren Verletzungen sowie zum Hochwürgen von Mageninhalt geführt haben (Blatt 632),
181 
- dass die Orbitabodenfraktur und die Fraktur des Kiefers nicht durch einen Sturz außerhalb des Fahrzeuges, sondern durch den fulminanten Anprall gegen den Baum und das Aufschlagen des Kopfes im Innenraum des Fahrzeuges verursacht worden sind und dass der Kläger hierdurch ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat, das zur Bewusstlosigkeit führte (Blatt 632),
182 
- dass es nicht möglich gewesen ist, dass der Kläger 300 m vor dem Aufprall ein Lebensmittel ausgepackt, zum Mund geführt, gekaut und anschließend vor der Frontalkollision aspiriert hat (Blatt 632).
183 
a. Die Auswahl des Sachverständigen erfolgt grundsätzlich durch das Prozessgericht (§ 404 Abs. 1 Satz 1 ZPO; Ausnahme § 404 Abs. 5 ZPO, vergleiche BGH NJW 2017, 2354 [2355 Rn. 12]), wobei es in der Sache darum geht, unter Ausschöpfung aller bekannten Erkenntnisquellen den für das konkrete Beweisthema am besten passenden (möglichst spezialisierten) geeigneten Sachverständigen zu finden (vergleiche BGH NJW 2017, 2354 [2355 Rn. 13: „geeigneten Sachverständigen“]).
184 
Wenn die Klärung der Beweisfrage die Kompetenzen von Sachverständigen verschiedener Fachrichtungen erfordert, sind gegebenenfalls mehrere Sachverständige zu beauftragen, hier sind gesonderte Aufträge, aber auch die Beauftragung einer Gruppe denkbar (zu sogenannten Teamgutachten, vergleiche Grossam in Bayerlein, Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 5. Aufl. 2015, § 13 Rn. 27).
185 
Diese Entscheidungen (Auswahl und Auftrag) liegen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BGH NJW 2011, 852 [854 Rn. 29]; BGH NJW 2009, 1209 [1210 Rn. 18]; BGHZ 28, 302 [305, 306]; BGH MDR 1961, 397). Maßstab für die Auswahl des Sachverständigen ist, ob der Sachverständige die zur Beantwortung der Beweisfragen nötige Sachkunde besitzt (BGH GRUR 1998, 366 [367] – Ladewagen). Es liegt jedoch eine fehlerhafte Ermessensausübung vor, wenn das Gericht einen Sachverständigen aus einem falschen Sachgebiet ausgewählt hat (BGH NJW 2009, 1209 [1210 Rn. 18]; BGH NJW-RR 2008, 1380 [1381 Rn. 16]).
186 
Das Gericht kann
187 
- an Stelle des zuerst ernannten Sachverständigen einen anderen Sachverständigen ernennen (§ 404 Abs. 1 Satz 3 ZPO),
188 
- die Notwendigkeit der Zuziehung eines weiteren Sachverständigen kann sich auch aus dem zunächst eingeholten Gutachten ergeben (BGH NJW 1987, 2593 [2594]),
189 
- im Einzelfall kann es geboten sein, durch Einholung eines weiteren Gutachtens die dieser anderen Fachrichtung zur Verfügung stehenden überlegenen Forschungsmittel zu nutzen (BGH NJW 1987, 2593 [2594]),
190 
- allerdings ist es zweckmäßig, vor der Beauftragung eines anderen Sachverständigen den Versuch zu unternehmen, bestehende Zweifel oder Lücken durch ein Ergänzungsgutachten oder eine mündliche Anhörung des bislang beauftragten Sachverständigen zu beheben (BGH NJW 2011, 852 [854 Rn. 30]; BGH NJW-RR 2009, 1192 [1193 Rn. 7]).
191 
b. Der Bundesgerichtshof hat in der vom Kläger zitierten Entscheidung vom 07.02.2019, VII ZR 274/17 unter der Rn. 19 ausgeführt:
192 
Die Anwendung der Beweislastregeln zur Streitentscheidung stellt eine ultima ratio dar, die erst dann zum Tragen kommt, wenn und soweit das Gericht alle zulässigen Beweismöglichkeiten ohne Erfolg ausgeschöpft hat und weitere Feststellungen nicht mehr möglich erscheinen (...). Das Gericht darf eine beweisbelastete Partei nicht allein wegen einer nach Nichtzahlung eines Auslagenvorschusses (§ 379 ZPO) oder nach Versäumung einer Ausschlussfrist (§ 356 ZPO) fehlenden Möglichkeit des Sachverständigenbeweises als beweisfällig ansehen, sondern muss versuchen, vor Erlass einer Entscheidung zunächst die beweiserhebliche Frage in anderer Weise aufgrund des bereits vorhandenen oder gegebenenfalls anzuregenden Parteivortrags und der verfügbaren Beweismittel zu klären (...). Dies gilt auch dann, wenn die Beweisaufnahme durch Sachverständigenbegutachtung aus einem anderen Grund ganz oder teilweise unterbleiben muss, der aus der Sphäre des Beweisbelasteten stammt.
193 
Diese Vorgaben bedeuten jedoch nicht, dass deshalb allen Beweisanträgen der Partei nachzugehen ist und sämtliche Beweisantritte zu einer sachverständigen Begutachtung führen müssen.
194 
Zwar kann gemäß § 144 Abs. 1 ZPO (hier mit § 525 ZPO) die Einholung eines Sachverständigengutachtens gegebenenfalls auch von Amts wegen ohne einen entsprechenden Beweisantritt erfolgen (BGH NJW 2017, 3304 [3307 Rn. 35]), mit der 2002 eingeführten Regelung in § 144 ZPO sollte jedoch keine (unzulässige) Ausforschung eingeführt werden (BGH NJW-RR 2007, 1393 [1394 Rn. 10]; BGH NJW 2000, 3488; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 144 Rn. 4), sondern die im Ermessen des Gerichts angeordnete Begutachtung setzt voraus, dass entweder
195 
- die Beweisaufnahme der Klärung streitiger Tatsachen dienen soll, weshalb die allgemeinen Voraussetzungen einer Beweiserhebung gegeben sein müssen und es eines substantiierten, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags bedarf (Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 144 Rn. 14), oder
196 
- die Anordnung der Begutachtung (bei unstreitigem Vortrag) erfolgt, um als Gericht die speziellen technischen Zusammenhänge zuverlässig bewerten zu können, wenn es zum Beispiel auf die dem unmittelbaren Beweis nicht zugängliche Sicht eines Fachmanns ankommt (BGH GRUR 2010, 314 [317 Rn. 28 für einen Patentrechtsstreit]), oder
197 
- Zweifel an der Richtigkeit technischer Regeln und Erfahrungssätze (z.B. aus Produktinformationen), die das Gericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde legen möchte, zur Aufklärung des technischen Sachverhalts zwingen (BGH NJOZ 2016, 241 [242 Rn. 17]; BGH NJW 1982, 1049 [1050]; Musielak/Stadler, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 144 Rn. 6),
198 
- woraus folgt, dass bei fehlender Sachkunde des Gerichts ein Sachverständigenbeweis grundsätzlich von Amts wegen zu erheben ist (Musielak/Stadler, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 144 Rn. 5, 6).
199 
Das Ermessen kann andererseits auf Null reduziert sein, wenn es um grundrechtsrelevante Sachverhalte geht (z.B. die gesundheitlichen Folgen der Kündigung einer Mietwohnung; BGH BeckRS 2019, 11773 Rn. 32; BGH NJW 2019, 2765 [2770 Rn. 44 ff.]).
200 
Im Rahmen des § 144 Abs. 1 ZPO kann das Gericht auch in eine Aufklärung durch Sachverständigengutachten über den Sachvortrag hinaus eintreten (BGH NJW 1995, 665 [667]; BGH NJW 1994, 663).
201 
c. Daneben regelt § 412 Abs. 1 ZPO, dass eine neue Begutachtung angeordnet werden kann, wenn das Gutachten für ungenügend zu erachten ist. Dies kann sich auch daraus ergeben, dass eine Ergänzung oder Erläuterung des Gutachtens erfolglos geblieben ist (§ 411 Abs. 3 ZPO). Die höchstrichterliche Rechtsprechung nimmt an, dass eine weitere Begutachtung erforderlich ist, wenn
202 
- das erste Gutachten mangelhaft, weil unvollständig (BGH NJW 1996, 730 [731]), widersprüchlich oder nicht überzeugend ist oder
203 
- das erste Gutachten von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht oder
204 
- die sogenannten Anschlusstatsachen aufgrund neuen Sachvortrags verändert sind oder
205 
- der Sachverständige erkennbar oder erklärtermaßen nicht die notwendige Sachkunde besitzt oder
206 
- ein anderer Sachverständiger über überlegene Forschungsmittel oder Erfahrung verfügt (BGH NJW 2001, 1787; BGH NJW 1999, 1778; BGH NJW 1986, 1930; BGH VersR 1980, 533; BGHZ 53, 259; BGH MDR 1962, 391), oder
207 
- beide Parteien Gutachten kompetenter Sachverständiger vorgelegt haben, die sich in wesentlichen Punkten widersprechen; das Gericht darf dann nicht ohne Einholung eines gerichtlichen Gutachtens einem der beiden Privatgutachten den Vorzug geben (BGH NJW 1998, 2735; BGH NJW 1993, 2382 = MDR 1993, 797).
208 
Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Gericht gemäß § 286 ZPO und entsprechend § 244 Abs. 4 StPO ohne eine Bindung an die Anträge der Parteien selbständig zu prüfen, wobei substantiierte Einwendungen der Parteien gegen das erste Gutachten zu berücksichtigen sind (BGH NJW 1986, 1928 [1930]; BGHZ 53, 245 [258] = NJW 1970, 949; BayObLGZ 1971, 147). Wenn der Sachverständige die Bedenken gegen sein Gutachten nicht ausräumen kann, dann ist ein weiteres Gutachten notwendig (BGH NJW 2001, 1787; BGH NJW 1999, 1778).
209 
Unter einem Obergutachten wird das dritte Gutachten verstanden, das sich mit zwei widersprüchlichen Gutachten auseinandersetzen soll, wobei nach dem Gesetz nur die fachliche Kompetenz des Sachverständigen entscheidend ist (OLG Koblenz NJW-RR 2010, 41; OLG München VersR 1970, 629; BGHZ 12, 47).
210 
d. Das eigentliche Unfallgeschehen ist zwischen den Parteien unstreitig, denn insoweit wird auf der Basis der Feststellungen der den Unfall aufnehmenden Polizei übereinstimmend vorgetragen,
211 
- dass der Beklagte Ziffer 1 auf der K 6738 (Trochtelfingen in Richtung Gammertingen) bei km 1,200 von der Fahrbahn abkam,
- in gerader Linie ohne sichtbare Bremsspuren oder Lenkbewegungen auf dem rechten Grünstreifen weiterfuhr,
- nach etwa 60 Metern mit der Mitte der Fahrzeugfront gegen einen Baum prallte,
- wobei Airbags ausgelöst wurden und Schmelzspuren am Gurt verblieben.
212 
Die Beklagten haben zu diesem Vortrag des Klägers (Blatt 5 = 94) wörtlich ausgeführt,
213 
„der äußere Geschehensablauf des Unfalls vom 04.09.2013 wird im Klageentwurf richtig wiedergegeben“ (Blatt 51 = 141),
214 
diesen also ausdrücklich eingeräumt (§ 138 ZPO). Es liegen insoweit also keine streitigen Tatsachen vor, weshalb insoweit schon die allgemeinen Voraussetzungen einer Beweisaufnahme nicht vorliegen.
215 
aa. Die Kollisionsrichtung und der Kollisionsgegenstand stehen unstreitig fest (gerade auf den Baum). Die Kollisionsgeschwindigkeit ist zwar ausdrücklich nicht festgestellt, bringt aber keinen weiteren Erkenntnisgewinn, denn schon der Privatgutachter des Klägers führt aus, dass bezüglich der Ursächlichkeit des Unfalls [für die Rippenbrüche] keine eindeutigen Ergebnisse zu erwarten sind (Blatt 533), was auch der gerichtliche Gutachter bestätigt hat. Gerade zur Frage der Zeitspanne zwischen Grüngutsammelstelle und Unfall lassen sich keine weiteren Erkenntnisse gewinnen, denn der Sachverständige kann allenfalls die Ausgangsgeschwindigkeit mit dem Abkommen von der Fahrbahn und die Aufprallgeschwindigkeit rekonstruieren (wobei hier nur Annäherungswerte möglich wären), es lässt sich aber nicht feststellen, ob diese Ausgangsgeschwindigkeit auch die durchgehende Fahrgeschwindigkeit gewesen ist, zumal die Abläufe vor dem Unfallgeschehen und die Ursachen für das Abkommen von der Fahrbahn völlig ungeklärt sind.
216 
Zudem wurden keine Lichtbilder vom Unfallgeschehen vorgelegt, an denen ein Gutachten anknüpfen könnte. Der Kläger hat nur pauschal auf die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Tübingen Bezug genommen (22 Js 19758/13), in der sich Lichtbilder befinden (Lichtbildmappe ab Blatt 19). Die pauschale Bezugnahme auf Strafakten ist jedoch nur ein Beweisermittlungsantrag.
217 
Im Übrigen haben beide Gutachter übereinstimmend ausgeführt, dass
218 
- die Gesichtsverletzungen (Orbitaboden- und Mandibulafraktur) auf den Unfall zurückzuführen sind,
- dies für die Brustkorbverletzungen jedoch nicht eindeutig festgestellt werden kann (kann sein, kann aber auch nicht sein).
219 
bb. Ob die Prellmarken am gesamten Körper und Oberbauch als typische Gurtverletzungen anzusehen sind, ist eine Frage für einen medizinischen Sachverständigen, dies gilt jedenfalls für die weitere Behauptung, dass die Rippenverletzung und ein Hochwürgen des Bolus stattgefunden haben soll.
220 
cc. Die Unfallursächlichkeit von Orbitaboden- und Mandibulafraktur ist im Sinne des Klägers geklärt (s.o. unter II. 3. g. aa. und bb).
221 
dd. Die Frage, ob ein Verzehr vor dem Unfall unmöglich war, lässt sich nicht nachträglich durch ein verkehrsanalytisches Gutachten klären. Der Kläger legt schon nicht dar, warum und inwieweit hier ein Sachverständigengutachten weiteren Erkenntnisgewinn bringen kann, zumal unklar ist, welche Geschwindigkeit gefahren wurde. Ein Sachverständiger kann nicht feststellen, ob ein Verzehr vor dem Unfall unmöglich ist, sondern könnte allenfalls in zeitlicher Hinsicht Annäherungswerte rekonstruieren, wann das Fahrzeug in etwa wo gewesen ist, bis es zum Unfallgeschehen gekommen ist. Die maßgebliche Anknüpfungstatsache hierfür – nämlich die gefahrene Geschwindigkeit – steht jedoch gerade nicht fest.
222 
e. Das unstreitige Geschehen vor dem Unfall und auch der eigentliche Aufprall auf den Baum lassen keine sicheren Rückschlüsse zu, wie und wann der Fremdkörper in den Körper und dort wohin gelangt ist.
223 
Der Kläger selbst trägt insoweit nur vor, bei einer Aspiration vor dem Unfall wäre zu erwarten gewesen, dass er dem Beklagten Ziffer 1 ins Lenkrad gegriffen hätte (oder ähnliches) und eine andere Spurenlage zu erwarten gewesen wäre (Blatt 64), bestreitet aber andererseits, dass er während der Fahrt etwas gegessen habe (Blatt 13 – 14 = 102 – 103; 69). Aus dem Vortrag des Klägers wird zudem nicht ersichtlich, welche Feststellungen ein verkehrsanalytisches Gutachten treffen könnte, um daraus weitere Rückschlüsse ziehen zu können, ob die Aspiration unfallbedingt war; es fehlt also jeglicher Vortrag zu einem möglichen (weitergehenden) Erkenntnisgewinn durch die Bewertungen eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens.
224 
5. Ein Gutachten eines neurologischen Sachverständigen und ein weiteres Gutachten durch einen Anästhesisten oder eines Rechtsmediziners sind ebenfalls nicht erforderlich.
225 
a. Hinsichtlich der Orbitaboden- und Mandibulafraktur ist geklärt, dass diese auf dem Unfall beruhen, weshalb eine weitere Aufklärung keinen Erkenntnisgewinn bringt, zudem kein Vortrag erfolgte, inwieweit ein Neurologe hier bessere Erkenntnisse bringen kann.
226 
b. Die Prellmarken an der Stirn und am Hinterkopf werden von den Sachverständigen unterschiedlich bewertet (wobei auch Prof. Dr. L... nur zu einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit kommt), letzten Endes sind hier wiederum beide Versionen denkbar.
227 
c. Hinsichtlich des behaupteten, durch den Unfall ausgelösten Schädel-Hirntraumas müsste nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. M... zunächst festgestellt werden, dass der Kläger nicht mehr aussteigen konnte (also durch andere – unbekannte – Retter aus dem Fahrzeug gebracht wurde, was gerade nicht feststeht). Letzten Endes soll hier der vorgebliche Gutachterstreit durch einen Neurologen geklärt werden. Die Voraussetzungen für ein Obergutachten/weiteres Gutachten liegen aber nicht vor, weil der Senat dem Sachverständigen Dr. M... folgt und die vom Privatgutachten zugrunde gelegten Anknüpfungstatsachen nicht feststehen. Für eine weitere Begutachtung oder Oberbegutachtung (§ 412 Abs. 1 ZPO) sind wiederum auch keine Anknüpfungstatsachen vorgetragen worden.
228 
d. Der Kläger begehrt zudem ein anästhesiologisches Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass er erst durch den Frontalaufprall und nach Beginn der Rettungsmaßnahmen den Bolus aspiriert hat (Blatt 632). Es wird jedoch nicht vorgetragen, warum der Sachverständige Dr. M... als Notfallmediziner und Anästhesist mangelhafte Angaben gemacht hat, von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist oder Ähnliches – offensichtlich wird nur versucht, durch die umfangreiche Beantragung von weiteren Gutachten noch ein anderes Gutachtensergebnis zu erreichen, ohne dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen.
229 
e. Das beantragte weitere Gutachten eines Rechtsmediziners dazu, dass ein Erstickender nicht in der Lage ist, sich in eine stabile Seitenlage zu positionieren und das Schädelhirntrauma ausreichend war, für eine Bewusstlosigkeit des Klägers zu sorgen (Blatt 743, 744), ist ebenfalls nicht einzuholen, weil auch damit keine zwingende Kausalkette dahingehend konstruiert werden kann, ob die Aspiration eine Folge des Unfallgeschehens war oder eben unfallunabhängig erfolgte.
230 
Zudem hat der Sachverständige Dr. M... überzeugend ausgeführt, dass auch ein rechtsmedizinisches Gutachten keinen sicheren Aufschluss dazu geben wird können, dass der Beweis geführt werden kann, dass es allein aufgrund des Unfalls zu dem Herz-Kreislauf-Stillstand kam (Blatt 733).
231 
6. Es kann letzten Endes offen bleiben, ob die sonstigen Verletzungen – Fraktur des Unterkieferknochens, Frakturen verschiedener Rippen und des Brustbeins, sowie die Prellmarke an der rechten Stirn – auf das Unfallereignis zurückzuführen sind (Blatt 52). Denn insoweit wären jedenfalls keine Pflegeheimkosten angefallen. Zudem haben die bereits erfolgten Zahlungen in Höhe von insgesamt 14.765,05 EUR sämtliche Schäden wegen der übrigen Verletzungen abgegolten.
232 
7. Soweit der Kläger in erster Instanz ausgeführt hat, die Beklagten würden nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 323c StGB haften, wenn sich der Unfall so zugetragen hätte, wie beklagtenseits vorgetragen (Blatt 65) – nach einem Verschlucken mit den Armen gestikulierend den Beklagten Ziffer 1 beeinträchtigt (so die Zusammenfassung des Klägers auf Blatt 64) – trifft es schon nicht zu, dass die Beklagten einen entsprechenden Vortrag gehalten haben. Die Beklagten haben vorgetragen, es liege völlig im Dunklen, wie es zu dem Unfallgeschehen gekommen sei (Blatt 51), zitieren die (im Verfahren als falsch festgestellten) Ausführungen der Anlage K 1 und führen aus, es handle sich um eine plausible Schilderung (Blatt 51), bestreiten aber vor allem ausdrücklich, dass das Verschlucken auf den Unfall zurückzuführen ist (Blatt 53).
233 
Danach haben die Beklagten insoweit keinen (ihrer Auffassung nach feststehenden) Sachverhalt vorgetragen, sondern lediglich Vermutungen zur Unfallursache geäußert, weshalb schon allein deshalb nicht an eine unterlassene Hilfeleistung angeknüpft werden kann, zumal überhaupt nicht feststeht, wie sich der Sachverhalt weiter entwickelt hätte, wenn der Beklagte Ziff. 1 noch hätte anhalten und Hilfe rufen können.
234 
Zudem tragen die Parteien ja gerade ein Abkommen in gerade Linie vor, was nach (nicht bestrittener) Auffassung des Klägers gegen diesen Sachverhalt spricht (Blatt 176: „entbehrt jeglicher Grundlage“).
235 
Das Landgericht hat im Übrigen zutreffend festgestellt, dass jedenfalls für die subjektive Tatseite (§ 323c StGB erfordert vorsätzliches Handeln) der erforderliche Sachvortrag nicht erfolgt ist und es am Vortrag der Anknüpfungstatsachen fehlt, um entsprechende Rückschlüsse zu ziehen.
236 
8. Das Landgericht hat ein Anerkenntnis mit zutreffenden Gründen verneint.
237 
Die Beklagte Ziffer 2 hat zwar auf eine Aufforderung vom 07.10.2013 (K 16, Blatt 44) am nächsten Tag geantwortet,
238 
„wir bestätigen hiermit, dass wir bis auf Weiteres den Eigenanteil an den Pflegeheimkosten übernehmen“ (K 17, Blatt 45).
239 
Aus diesem Schreiben und der bereits am 23.09.2013 (19 Tage nach dem Unfall) erfolgten Vorschusszahlung unter Rückforderungsvorbehalt lässt sich jedoch kein Anerkenntnis herleiten.
240 
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gibt es ohne die Feststellung näherer Umstände keine Vermutung für die Abgabe eines Anerkenntnisses. Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis setzt vielmehr in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine Rechtsfolgen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen zu entziehen (BGH NJW 2009, 580 [581 Rn. 11]). Für die Bezahlung einer Rechnung ohne Erhebung von Einwendungen ist hiervon keine Ausnahme zu machen. Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen. Das gilt auch für die tatsächlichen Grundlagen der einzelnen Anspruchsmerkmale. Zwar wird es in der Rechtsprechung des BGH nicht als ausgeschlossen angesehen, der vorbehaltlosen Begleichung einer Rechnung zugleich eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der zu Grunde liegenden Forderung beizumessen. Dies erfordert aber stets ein Vorliegen weiterer Umstände, die geeignet sind, eine derartige Wertung zu tragen. Für sich genommen rechtfertigt die Bezahlung der Rechnung nicht die Annahme eines Anerkenntnisses (BGH NJW 2009, 580 [581 Rn. 12]).
241 
Das Schreiben vom 07.10.2013 hat auf die Übersendung einer Pflegeheimrechnung reagiert und die Übernahme der Pflegeheimkosten zugesagt, allerdings nur unter dem Vorbehalt „bis auf weiteres“, der auch ohne weiteres nachvollziehbar wird, nachdem die Haftungsfrage zu diesem Zeitpunkt noch nicht geklärt war.
242 
Der Kläger hat nicht bestritten, dass die Zahlungen der Beklagten Ziffer 2 unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgten. Damit hat die Beklagte Ziffer 2 deutlich gemacht, dass noch eine Überprüfung erfolgt, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Zahlungsverpflichtung besteht, weshalb es an den erforderlichen Umständen fehlte, die eine Wertung zuließen, dass damit auch die Frage über das Bestehen eines Anspruchs außer Streit gestellt werden sollte.
III.
243 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Es handelt sich um einen Einzelfall, die maßgeblichen Rechtsfragen sind seit langem höchstrichterlich geklärt.

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