Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (9. Senat) - 9S C 11349/09
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Kläger wenden sich gegen die Schlussfeststellung im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren von K.
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Sie haben als Teilnehmer dieses Zusammenlegungsverfahrens die beiden Grundstücke Flur 2 Nr. 731/123 (A.) mit einer Fläche von 20,31 Ar und Flur 13 Nr. 610/204 (B.) mit 9,77 Ar eingebracht. Laut Besitzstands- und Wertermittlungsnachweis wurde das erste Flurstück mit 248,74 Werteinheiten (WE), das zweite Grundstück mit 276,09 WE bewertet. Im Zusammenlegungsplan wurde den Klägern hierfür das in unmittelbarer Nähe des zweiten Einwurfgrundstücks gelegene Grundstück Flur 13 Nr. 205/1 (B.) mit einer Fläche von 16,35 Ar und 464,50 WE zugeteilt.
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Die erste Anhörung zum Zusammenlegungsplan erfolgte im Dezember 1986; die Anhörung zu dessen Nachtrag III in der Zeit vom 13. bis 21. April 1994. Die Kläger waren für Freitag, den 15. April 1994 geladen. Aus der Niederschrift ergibt sich kein Nachweis über eine Teilnahme der Kläger an dem Termin.
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Am 12. Mai 1995 wurde die Ausführungsanordnung der Flurbereinigungsbehörde vom 2. Mai 1995 öffentlich bekannt gemacht. Darin heißt es, dass der im Zusammenlegungsplan und den Nachträgen I bis V vorgesehene neue Rechtszustand mit Wirkung vom 31. Mai 1995 an die Stelle des bisherigen tritt. In der Begründung wird ausgeführt, dass die in den Anhörungsterminen erhobenen Widersprüche behoben bzw. zurückgenommen worden seien und der Zusammenlegungsplan damit unanfechtbar geworden sei.
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Durch persönliches Schreiben vom 5. Juni 2008 wandten sich die Kläger an die Flurbereinigungsbehörde und erklärten, dass sie mit der vorgesehenen Zusammenlegung zu keiner Zeit einverstanden gewesen seien. Sie hätten seinerzeit Einspruch gegen die Abfindung eingelegt. Ursprünglich hätten sie eine Zuteilung hinter ihrem Wohnhaus gewünscht, dem aber nicht nachgekommen worden sei. Sie wollten ihr Grundstück in A. zurückhaben, bei dem es sich um gutes Weideland handele. Im Antwortschreiben der Behörde wurden die Kläger über ihr Zuteilungsgrundstück Flur 13 Nr. 205/1 und über den festgesetzten Geldausgleich in Höhe von 214,04 DM als Ausgleich für ein Wegerecht und für eine Minderabfindung unterrichtet. Ferner wurde festgestellt, dass sie keinen Widerspruch gegen den Zusammenlegungsplan eingelegt hätten. Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Oktober 2008 vertieften die Kläger ihren Standpunkt und wiesen darauf hin, dass die Klägerin am 15. April 1994 zum Anhörungstermin erschienen sei und dort ihre Bereitschaft erklärt habe, ihr Grundstück Flur 2 Nr. 731/123 gegen ein hinter ihrem Hausanwesen gelegenes Grundstück einzutauschen. Nachdem der Klägerin bedeutet worden sei, dass ihr dieses Grundstück wegen der Zugehörigkeit zu einem Erbhof nicht zugeteilt werden könne, habe sie ausdrücklich Widerspruch gegen die festgesetzte Zuteilung erhoben und hervorgehoben, mit einer anderen Zuweisung nicht einverstanden zu sein. Wegen der Zuteilung würden Amtshaftungsansprüche gegen die Behörde geltend gemacht. Im Rahmen der nachfolgenden Auseinandersetzungen über das Vorliegen eines Amtshaftungsanspruchs ergänzten die Kläger ihr Vorbringen, wonach die Klägerin im Termin am 15. April 1994 ausdrücklich „nein“ zu dem bekanntgegebenen Nachtrag gesagt habe mit dem Zusatz: „die Grundstücke [sollen] dort bleiben, wo sie sind“. Der Vorsteher der Flurbereinigungsbehörde, Herr F., habe daraufhin sinngemäß geäußert, „es ist okay“. Die Behörde erwiderte, dass die Verfahrensunterlagen weder eine Anwesenheit der Klägerin im Anhörungstermin am 15. April 1994 noch eine solche des Amtsleiters F. belegen würden.
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Am 3. Juni 2009 wurde die Schlussfeststellung im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren K. verfügt.
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Zur Begründung ihres dagegen eingelegten Widerspruchs trugen die Kläger vor, dass entgegen der Schlussfeststellung durchaus noch Ansprüche bestünden. So hätten sie im Anhörungstermin am 15. April 1994 ausdrücklich Widerspruch gegen die vorgesehene Zuteilung erhoben und eine Zuteilung entsprechend ihrer Einwurfgrundstücke verlangt. Der damalige Amtsleiter der Flurbereinigungsbehörde, Herr F., habe daraufhin seine Zustimmung signalisiert. Sie hätten im Jahr 2008 Recherchen über die näheren Hintergründe der erfolgten Zuteilung angestellt. Dabei seien sie auch mit Vermessungsoberamtsrat W. vom Beklagten in Kontakt gekommen. Dieser habe ihnen einen Betrag von 50,00 € zur Erledigung der Angelegenheit angeboten und ferner ausgeführt, dass sie bereits 160,00 DM bekommen hätten; ferner wisse er auch, dass sie Widerspruch eingelegt hätten. Unabhängig davon seien sie nicht in Land von gleichem Wert abgefunden worden. Eine Minderzuweisung könne nur mit Einverständnis der Teilnehmer in Geld abgefunden werden. Im Übrigen sei ihnen zu keiner Zeit ein Betrag in Höhe von 214,04 DM überwiesen worden.
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Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 26. November 2009 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Widerspruchsführer hätten nicht dargetan, dass ihnen noch Ansprüche aus dem Zusammenlegungsplan zustünden. Aus den Verfahrensakten ergäbe sich schon keine Anwesenheit der Widerspruchsführer beim Anhörungstermin am 15. April 1994 und deshalb auch nicht die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Zusammenlegungsplan. Ferner seien auch keine Zusicherungen in die Verhandlungsniederschrift aufgenommen worden. Allein die Signalisierung einer Zustimmung durch den Behördenleiter genüge nicht den Anforderungen an eine wirksame Zusicherung. Der Zusammenlegungsplan sei daher bestandskräftig, weshalb auch die Ausführungsanordnung vom 2. Mai 1995 habe ergehen dürfen. Auch dagegen hätten die Widerspruchsführer keinen Widerspruch eingelegt. Die wertgleiche Abfindung stehe angesichts der Unanfechtbarkeit des Zusammenlegungsplans fest. Aufgrund der plankonformen Gestaltung der Zusammenlegung habe die Schlussfeststellung ergehen dürfen.
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Zur Begründung der daraufhin erhobenen Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Ihnen stünden durchaus noch Ansprüche zu, die im Zusammenlegungsverfahren hätten berücksichtigt werden müssen. Insbesondere hätten sie durch die Klägerin am 15. April 1994 im Anhörungstermin Widerspruch gegen die erfolgte Abfindung eingelegt und eine Zuteilung entsprechend ihrer Einwurfgrundstücke verlangt. Der damalige Behördenleiter habe daraufhin seine Zustimmung erteilt. Die Richtigkeit der Niederschrift über den Anhörungstermin am 15. April 1994 könne durch Gegenbeweis widerlegt werden. Hierfür werde Parteivernehmung der Klägerin sowie Vernehmung des Vermessungsoberamtsrats W. als Zeuge angeboten. Der damalige Amtsleiter der Flurbereinigungsbehörde habe im Anhörungstermin den Klägern gegenüber eine Zusicherung erteilt. Diese sei auch wirksam. Es stelle eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts dar, wenn Teilnehmer eines Zusammenlegungsverfahrens nicht wertgleich abgefunden würden. Auf die Ausschlussfrist des § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG dürfe sich die Behörde nicht berufen.
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Die Kläger beantragen,
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den Beschluss über die Schlussfeststellung vom 3. Juni 2009 und den Widerspruchsbescheid vom 26. November 2009 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Landesamt verweist auf die Gründe des Widerspruchsbescheides und führt ergänzend aus, dass der damalige Leiter der Flurbereinigungsbehörde, Herr F., ausweislich der Niederschrift zum Anhörungstermin am 15. April 1994 an diesem Termin nicht teilgenommen habe. Dies habe Herr F. auch nochmals telefonisch bestätigt. Vermessungsoberamtsrat W. sei seinerzeit nicht beim – damals zuständigen - Bodenwirtschaftsamt Saarbrücken beschäftigt gewesen, habe also über die Einlegung von Widersprüchen beim Anhörungstermin keine Angaben machen können. Er habe den Klägern gegenüber auch nicht die Einlegung eines Widerspruchs bestätigt.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und keine Stellungnahme abgegeben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze sowie die Behördenakten (2 Ordner), die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nicht begründet.
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Die angefochtene Schlussfeststellung und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und verletzen die Kläger daher nicht in ihren Rechten.
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Die Schlussfeststellung findet ihre Rechtsgrundlage in § 149 Abs. 1 FlurbG. Danach schließt die Flurbereinigungsbehörde das Verfahren durch die Feststellung ab, dass die Ausführung nach dem Flurbereinigungsplan bewirkt ist und den Beteiligten keine Ansprüche mehr zustehen, die im Flurbereinigungsverfahren hätten berücksichtigt werden müssen; sie stellt ferner fest, dass die Aufgaben der Teilnehmergemeinschaft abgeschlossen sind. Weil das Flurbereinigungsverfahren in einzelne Verfahrensabschnitte mit jeweils anfechtbaren Regelungen aufgespalten ist, können solche Einwendungen nicht mehr mit Erfolg gegen die Schlussfeststellung erhoben werden, die in einem früheren Verfahrensabschnitt hätten erhoben werden müssen. In die Anfechtung der Schlussfeststellung können deshalb nicht mehr Verwaltungsvorgänge einbezogen werden, die in den vorangegangenen Verfahrensabschnitten unanfechtbar geworden sind (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: BVerwG, Urteil vom 16. September 1975, BVerwGE 49, 176 und juris, Rn. 11, 13 und 15). Diese Grundsätze sind nach § 92 Abs. 2 FlurbG auf das Zusammenlegungsverfahren entsprechend anzuwenden.
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Den Klägern stehen keine, die Schlussfeststellung hindernden Ansprüche mehr zu.
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1. Zunächst haben sie keinen Anspruch auf Bescheidung eines Widerspruchs gegen den Zusammenlegungsplan.
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a) Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die Kläger im Anhörungstermin am 15. April 1994 in wirksamer Form Widerspruch gegen den Zusammenlegungsplan erhoben haben. Denn ein solcher Widerspruch und der daraus hergeleitete Anspruch auf nochmalige Überprüfung der Zuteilung hätte sich inzwischen jedenfalls erledigt mit der Folge, dass er dem Erlass der Schlussfeststellung nicht mehr entgegengehalten werden kann (vgl. hierzu Schwantag, in: Schwantag/Wingerter, FlurbG, 8. Aufl. 2008, § 149 Rn. 5).
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Die Erledigung des – vermeintlichen – Widerspruchs folgt aus der gesetzlichen Ausschlussfrist in § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG. Durch diese Vorschrift soll Rechtssicherheit im Falle der Untätigkeit der Behörde nach Einlegung eines Widerspruchs herbeigeführt werden. Bedeutung hat die Vorschrift insbesondere in Fällen, in denen – wie hier – Unklarheit darüber besteht, ob überhaupt wirksam Widerspruch eingelegt worden ist (vgl. Wingerter, a.a.O., § 142 Rn. 16). Um im Falle der Untätigkeit der Behörde alsbald Klarheit über die Berechtigung eines Widerspruchs zu gewinnen, räumt § 142 Abs. 2 FlurbG dem Widerspruchsführer einerseits das Recht ein, nach Ablauf eines Jahres (im Falle des § 59 Abs. 2 FlurbG) Klage ohne Vorverfahren erheben zu können, schließt andererseits aber die Anfechtbarkeit des Verwaltungsakts nach Ablauf von weiteren drei Monaten aus. Selbst wenn die Kläger im April 1994 wirksam Widerspruch gegen den Nachtrag III des Zusammenlegungsplans eingelegt haben sollten, wäre demnach ihr Anfechtungsrecht erloschen und der Zusammenlegungsplan unanfechtbar geworden (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 16. August 1995, RdL 1995, 332 und juris Rn. 22; Wingerter, a.a.O., § 142 Rn. 20).
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Der Lauf der Ausschlussfrist gemäß § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG hängt nicht davon ab, dass die Kläger hierüber belehrt wurden (vgl. BVerwG, ebenda, juris Rn. 24). Im Übrigen würde die Forderung nach einer Rechtsmittelbelehrung bei analoger Anwendung des § 58 Abs. 2 VwGO nur dazu führen, dass die Klagefrist um ein weiteres Jahr verlängert worden, im vorliegenden Fall aber gleichwohl abgelaufen wäre.
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Die Ausschlusswirkung des § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG würde lediglich dann rechtsstaatlichen Anforderungen und dem Anspruch auf einen wirksamen Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) widersprechen, wenn der Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens durch das Verhalten der Behörde von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten worden wäre. Dies wäre etwa der Fall, wenn die Behörde bei ihm den Eindruck erweckt hätte, er dürfe noch mit einer Abhilfe seines Widerspruchs oder mit einem Widerspruchsbescheid rechnen und folglich mit einer Klage zuwarten (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: BVerwG, Urteil vom 16. August 1995, a.a.O., juris, Rn. 26; BayVGH, Urteil vom 26. Juli 2001, RdL 2001, 326 und juris, Rn. 20; Urteil vom 20. April 2004, RdL 2004, 322 und juris, Rn. 18 f.; Wingerter, a.a.O., § 142, Rn. 16 f.). Solche Umstände liegen hier indes nicht vor.
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Es gehört zu den Mitwirkungslasten der Teilnehmer an einem Flurbereinigungsverfahren – hier: Zusammenlegungsverfahren –, den Ablauf dieses Verfahrens zu verfolgen und die hierbei ergangenen Zwischenregelungen zu überprüfen. Eine gesteigerte Mitwirkungslast trifft Teilnehmer, die gegen eine Zuteilung Widerspruch eingelegt und deren Abänderung beantragt haben, wie dies die Kläger behaupten. Selbst wenn Äußerungen von Behördenvertretern im April 1994 als Signal dahin zu verstehen gewesen sein sollten, dass eine Änderung der Abfindungsregelung im Sinne der Zuteilung ihrer Einwurfgrundstücke erfolgen werde, hätte es den Klägern in ihrem eigenen Interesse oblegen, die Umsetzung dieser Ankündigung zu überwachen. Vor allem hätten sie nach Bekanntgabe der Ausführungsanordnung im Mai 1995 Anlass gehabt, dem Ergebnis ihrer (vermeintlichen) Einwendungen nachzugehen. Denn in der Begründung der Ausführungsanordnung heißt es, dass „die in den Anhörungsterminen erhobenen Widersprüche behoben bzw. zurückgenommen“ worden seien und der Zusammenlegungsplan damit unanfechtbar geworden sei. Die Kläger haben diese Ausführungen jedoch nicht zum Anlass zu einer Prüfung genommen, ob die von ihnen begehrte Änderung der Zuteilung erfolgt ist. Dies geschah vielmehr erstmals mit Schreiben vom 5. Juni 2008 und damit verspätet.
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b) Im Übrigen hat der Senat auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht die Überzeugung gewinnen können, die Kläger hätten im Anhörungstermin am 15. April 1994 wirksam Widerspruch gegen den Zusammenlegungsplan eingelegt.
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Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Widerspruch wirksam nur zur Niederschrift erhoben werden kann, d.h. erst durch Aufnahme in das Verhandlungsprotokoll existent wird (so: BVerwG, Urteil vom 6. Mai 1970, RdL 1970, 214 und juris, Rn. 13 – letztlich offengelassen - ; OVG NRW, Urteil vom 1. August 1973 – IX G 24/72 –, RzF -9- zu § 59 Abs. 2 FlurbG; Schwantag, a.a.O., § 59 Rn. 30). Denn es ist bereits nicht erwiesen, dass die Kläger überhaupt Widerspruch eingelegt haben.
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Sofern die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erneut vorgetragen hat, sie habe während des Anhörungstermins zum Nachtrag III des Flurbereinigungsplans am 15. April 1994 mündlich Widerspruch gegen die erfolgte Abfindung eingelegt und sinngemäß erklärt, dass ihnen die eingeworfenen Grundstücke wieder zugeteilt werden sollten, steht dem der Inhalt der Niederschrift über den Anhörungstermin vom 13. April bis 21. April 1994 entgegen. Als öffentliche Urkunde begründet diese Niederschrift vollen Beweis dafür, dass die Kläger keinen Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan erhoben und ihnen gegenüber auch keine Zusage im Sinne ihres Planwunsches erteilt worden ist. Denn dahingehende Erklärungen lassen sich der Protokollierung nicht entnehmen. Da sich die Beweiskraft öffentlicher Urkunden auch auf die Vollständigkeit der Wiedergabe geäußerter Willenserklärungen erstreckt (vgl. das Urteil des Senats vom 16. April 2003, RdL 2003, 210 und juris, Rn. 31 – bezüglich des Inhalts eines Planwunsches –; BVerwG, Beschluss vom 2. November 1987, Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 32 und juris – für den Fall eines nicht im gerichtlichen Protokoll erscheinenden Beweisantrages –; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl. 2010, § 415, Rn. 10), ist davon auszugehen, dass die Kläger keinen Widerspruch gegen den Zusammenlegungsplan eingelegt haben.
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Der nach § 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 2 ZPO zulässige Gegenbeweis ist nicht geführt. Das Ergebnis der informatorischen Anhörung der Klägerin vermochte die Beweiskraft der Niederschrift über den Anhörungstermin am 15. April 1994 nicht zu erschüttern. Da sich kein Beleg für die behauptete Anwesenheit des damaligen Behördenleiters findet, spricht alles dafür, dass die Unterredung nicht während des Anhörungstermins im April 1994 stattgefunden hat, was für die wirksame Einlegung des Widerspruchs nach § 59 Abs. 2 FlurbG indes notwendig war. Vermessungsoberamtsrat W. hätte den Vorgang der Widerspruchseinlegung selbst mangels Anwesenheit bei diesem Anhörungstermin ohnehin nicht bezeugen können. Eine Aussage, er habe den Klägern gegenüber im Jahr 2008 die Einlegung eines Widerspruchs bestätigt, hätte mangels Vorliegens weiterer Anhaltspunkte gegenüber der Beweiskraft der öffentlichen Urkunde nur geringen Beweiswert gehabt (vgl. Eyermann/Geimer, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 96 Rn. 4 – Zeuge vom Hörensagen-). Die dahingehende Behauptung der Kläger wurde von dem Beamten indes bei seiner informatorischen Anhörung durch den Senat auch nicht bestätigt.
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Soweit die Kläger darüber hinaus behaupten, Herr W. habe sie anlässlich einer Besprechung der Angelegenheit in ihrem Hause von der Erhebung einer Klage abhalten wollen, brauchte dem mangels Erheblichkeit für den vorliegenden Rechtsstreit nicht weiter nachgegangen zu werden.
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2. Ferner ist nicht dargetan, dass die im Zusammenlegungsplan festgesetzten Geldausgleiche noch nicht ausgezahlt worden sind.
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Soweit die Kläger bestreiten, einen Geldausgleich in Höhe von 214,04 DM für die Minderausweisung (131,72 DM) und als Entschädigung für das auf dem Zuteilungsgrundstück lastende Wegerecht (82,32 DM) erhalten zu haben, haben sie über dieses bloße Bestreiten hinaus keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass das Zusammenlegungsverfahren aus diesem Grunde noch nicht abgeschlossen und Ansprüche von ihnen noch nicht befriedigt sind. Die Flurbereinigungsbehörde hat mit der Vorlage des Überweisungsformulars über einen an die Kläger auszuzahlenden Betrag von 214,04 DM und der Auszahlungsanordnung vom 27. Juni 1995 (Sammelüberweisung) hinreichend belegt, dass die notwendigen Überweisungen veranlasst wurden. Wenn die Kläger 14 Jahre später im Rahmen des Angriffs gegen die Schlussfeststellung behaupten, auf ihrem Konto sei in dem fraglichen Zeitraum kein Zahlungseingang erfolgt, hätte es ihnen im Rahmen ihrer Mitwirkungslast oblegen, diese Behauptung durch Vorlage der Kontoauszüge oder einer entsprechenden Bankauskunft für den fraglichen Zeitraum plausibel zu machen. Dies ist nicht geschehen.
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3. Lediglich ergänzend sei zu der Rüge der Kläger, sie seien nicht entsprechend § 44 FlurbG wertgleich abgefunden worden, auf Folgendes hingewiesen:
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Nach § 44 Abs. 1 FlurbG ist jeder Teilnehmer für seine Grundstücke unter Berücksichtigung der Landbeiträge mit Land von gleichem Wert abzufinden. Lediglich unvermeidbare Mehr- oder Minderausweisungen können in Geld ausgeglichen werden (§ 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG). Bei der Bemessung der Landabfindung sind die nach §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten Werte zugrunde zu legen (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG). Die Wertermittlung wird durch landwirtschaftliche Sachverständige unter Beteiligung der Teilnehmergemeinschaft vorgenommen (§ 31 FlurbG). Über die Ergebnisse der Wertermittlung werden die Teilnehmer in einem Anhörungstermin unterrichtet. Die Feststellung des Ergebnisses der Wertermittlung wird öffentlich bekannt gemacht (§ 32 FlurbG).
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Nach den Angaben im Besitzstands- und Wertermittlungsnachweis für die Einwurfgrundstücke und im Abfindungsnachweis für das Zuteilungsgrundstück haben die Kläger Grundbesitz von zusammen 30,08 Ar eingeworfen (Flur 2, Flurstück Nr. 731/123: 20,31 Ar; Flur 13, Flurstück Nr. 610/204: 9,77 Ar) und hierfür Grundbesitz im Umfang von 16,35 Ar (Flur 13, Flurstück Nr. 205/1) erhalten, was rein flächenbezogen eine Minderzuweisung von über 45 % bedeutet, die grundsätzlich nicht mehr als unvermeidbar im Sinne von § 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG gewertet werden kann (vgl. Schwantag, a.a.O., § 44 Rn. 55 bis 57). Bezogen auf die nach § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG allein maßgebenden Wertverhältnisse steht dem Einwurf im Umfang von 524,83 Werteinheiten (WE) jedoch die Zuteilung einer Fläche von 464,50 WE gegenüber. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals die Bewertung des Einwurfgrundstücks in K. in Frage gestellt hat, könnte er damit schon deshalb nicht mehr gehört werden, weil das Ergebnis der Wertermittlung mangels Widerspruchs dagegen bestandskräftig feststeht. Die sich aus dem Vergleich der Werteinheiten ergebende Minderzuweisung fällt deutlich geringer aus. Angesichts des geringen Umfangs der Einlage und des Umstands, dass im Zusammenlegungsverfahren nach Möglichkeit ganze Flurstücke ausgetauscht werden sollen (§ 97 Satz 2 FlurbG), kann eine solche Zuteilung als noch hinnehmbar bezeichnet werden (vgl. Schwantag, a.a.O., § 92 Rn. 5 und § 44 Rn. 58).
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Was schließlich die Gestaltung der Abfindung anbelangt, so kann kein Teilnehmer verlangen, mit bestimmten Grundstücken oder mit Grundstücken in bestimmter Lage – auch nicht in der Lage seiner alten Grundstücke – abgefunden zu werden, weil dies die Durchführung einer Flurbereinigung erheblich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen würde (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Mai 1966, RdL 1966, 305 und juris RzF-25- zu § 44 Abs. 1 FlurbG; Schwantag, a.a.O., § 44 Rn. 40).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 und 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 147 Abs. 1 FlurbG. Die Höhe der Gebühren errechnet sich nach § 3 GKG.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
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Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
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Referenzen
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