Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (2. Senat) - 2 L 2/14

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für die Anpassung von Aus- und Einfädelspuren zu einer Tankstelle.

2

Die Klägerin führte im Jahr 2009 im Rahmen des Bauvorhabens Bundesstraße B 100 H-Stadt – BAB 9 die Erneuerung der Richtungsfahrbahn Halle-Bitterfeld durch. An diesem Abschnitt der B 100 befindet sich in Höhe des Netzknotens 4438012 + 0,741 eine Tankstelle der Beklagten. Im Rahmen dieser Baumaßnahmen waren Anpassungsarbeiten an den Aus- und Einfädelungsspuren zur Tankstelle der Beklagten erforderlich. Vor Durchführung dieser Arbeiten schlossen die Beteiligten unter dem 02. und 15.06.2009 eine Vereinbarung, mit der alle Fragen, die sich aus dieser Anpassung ergeben, zwischen den Beteiligten geregelt werden sollten. Darin enthalten war eine Kostenregelung (§ 4), die u. a. bestimmte, dass alle im Zusammenhang mit den Anpassungsarbeiten verbundenen Kosten (Bau-, und Planungskosten und sonstige Aufwendungen) die Beklagte trägt. Als voraussichtliche Baukosten wurden 20,0 T € für die provisorischen Zufahrten und 43,0 T € für die Anpassung der Aus- und Einfädelspuren angegeben. Die Kosten für Planung, Verwaltung, Bauüberwachung, Sicherheits- und Gesundheitskoordination wurden pauschal mit 7,5 % der anteiligen Bausumme angesetzt. Die endgültige Abrechnung sollte erst nach Vorlage prüffähiger Unterlagen erfolgen. Der Vereinbarung beigefügt war eine Kostenschätzung mit Stand vom März 2009, in der die voraussichtlichen Baukosten berechnet und auf 20.374,97 € für die provisorische Anbindung sowie auf 42.425,99 € für die Anpassung der Aus- und Einfädelspur beziffert wurden. Gemäß § 1 Abs. 2 der Vereinbarung ist diese Kostenschätzung Grundlage der Vereinbarung.

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Die Baumaßnahmen an den Aus- und Einfädelungsspuren zur Tankstelle der Beklagten wurden im Rahmen des Gesamtbauvorhabens am 10.07.2009 öffentlich ausgeschrieben. Den Ausschreibungsunterlagen war ein Leistungsverzeichnis mit Druckdatum vom 30.06.2009 beigefügt. Am 04.08.2009 legte die Bietergemeinschaft (...) Verkehrswegebau GmbH, die später den Zuschlag erhielt, ihr Angebot vor. In deren Leistungsverzeichnis wurden die Kosten für die Anpassung der Ein- und Ausfädelspuren (Bauteil 3) auf 123.391,16 € beziffert.

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Mit Schreiben vom 18.08.2009 (Bl. 173 GA) teilte die Klägerin der Beklagten mit, nach Wertung der Angebote der öffentlichen Ausschreibung habe sich der Baukostenanteil der Beklagten auf vorläufig 146.835,48 € erhöht. Die Abrechnung erfolge nach § 9 der geschlossenen Vereinbarung vom 02./15.06.2009. Am 25.09.2009 erteilte die Klägerin dem günstigsten Anbieter den Zuschlag für die Gesamtbaumaßnahme. Mit Schreiben vom 25.09.2009 bat die Beklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 18.08.2009 um Mitteilung der einzelnen Kostenpositionen, um die mehr als 100%ige Erhöhung nachvollziehen zu können.

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In einer E-Mail vom 23.09.2009 teilte die Klägerin der Beklagten u.a. mit, die drastische Erhöhung des Baukostenanteils der Beklagten resultiere hauptsächlich aus der unvollständigen Kostenschätzung, die in der Phase der Entwurfsbearbeitung aufgestellt worden sei. Einige Mengen hätten sich im Leistungsverzeichnis gegenüber der Kostenschätzung zum Teil erheblich erhöht. Der derzeitige Aufbau der Einfädel- und Ausfädelspuren entspreche nach Durchführung der Baugrunduntersuchung nicht den technischen Regelwerken. Auch einige Anpassungsarbeiten (Pflasterarbeiten, Rückbau und Setzen von Hochborden) im Bereich der provisorischen Anbindung seien zusätzliche Leistungen. Die Erhöhung der Preise für das bituminöse Mischgut betreffe auch die Bauteile der Fahrbahn und somit die Erhöhung der Zuschlagssumme insgesamt.

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In einem Schreiben an die Beklagte vom 06.10.2009 gab die Klägerin zur Anfrage der Beklagten weiter an, eine detaillierte Aufstellung aller Positionen für die spätere Ausführungsplanung sei aufgrund der Planungstiefe und Erfassung von Komplexleistungen nicht gegeben bzw. seien zusätzliche Leistungen nicht absehbar. Borde und Pflasterleistungen sowie die provisorischen Anbindungen seien erst ermittelbar gewesen, nachdem die Abstimmungsergebnisse der Verkehrsführung mit den zuständigen Behörden und die Qualität der vorhandenen Zufahrts- und Tankstellenflächen bekannt gewesen seien. Auf der Grundlage der getroffenen Festlegungen und der Grenzen der Baulastträgerschaft seien die für die Beklagte anfallenden Kosten geschätzt worden. Im Vorentwurf vom Mai 2009 sei der Aufbau für die Fahrbahnerneuerung der B 100 einschließlich der Ausbildung der provisorischen Anbindungen genauer ermittelt worden. Auf dieser Basis sei das Leistungsverzeichnis für den Bauteil 3 auf Grundlage der Ausführungsplanung aufgestellt und entsprechend der weiteren Festlegungen und Anforderungen ergänzt worden. Ausgangspunkt der Kostenannahmen für die Kostenschätzung mit Stand vom März 2009 seien die für die Straßenbauverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt gültigen Mittelpreise. Die sich aus dem Angebot gegenüber der Kostenschätzung ergebenden Mehrkosten von ca. 70.000,00 € basierten im Wesentlichen auf den im Angebot enthaltenen Einheitspreisen für die erfassten Leistungen für die Ausführungsplanung. Die Kostenerhöhung werde im Wesentlichen durch die Asphaltbaupositionen bewirkt. Die Einheitspreise betrügen das Drei- bis Vierfache der zum Zeitpunkt der Erstellung der Kostenschätzung üblichen Preise.

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Nach Durchführung der Baumaßnahmen stellte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 03.05.2010 die Kosten für die Aus- und Einfädelungsspuren in Höhe von 156.279,34 € in Rechnung. Nach der Unternehmerrechnung beliefen sich die Baukosten auf netto 122.164,81 €. Hinzu kommt die Pauschale in Höhe von 7,5 % der Baukosten sowie 19 % Mehrwertsteuer. Auf diese Rechnung zahlte die Beklagte am 27.10.2010 zunächst 56.911,76 € und am 06.12.2010 weitere 10.813,23 €.

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Die Klägerin hat am 14.12.2011 Klage erhoben, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Restbetrages begehrt. Sie hat vorgetragen, bei der Vereinbarung aus dem Juni 2009 handele es sich um eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung, so dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei. Ihr sei durch die Anpassungsarbeiten an den Aus- und Einfädelungsspuren zur Tankstelle ein Aufwand entstanden, den die Beklagte gemäß der Vereinbarung vom Juni 2009 zu tragen habe. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat u.a. vorgetragen, der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten sei nicht gegeben, weil es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handele. Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. Eine Erhöhung des der Vereinbarung vom Juni 2009 zugrundeliegenden Betrages um mehr als das 2,3-fache sei vertraglich nicht vereinbart. Sie, die Beklagte, habe aufgrund der detaillierten Kostenpositionen darauf vertrauen können, dass mit Abschluss der Vereinbarung lediglich Kosten in einer Größenordnung von ungefähr 67.500,00 € auf sie zukommen würden. Hilfsweise bestehe ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsanbahnungen (§ 311 Abs. 2 BGB). Die Klägerin müsse sich entgegen halten lassen, dass sie nach ihrem eigenen Eingeständnis eine unvollständige Kostenschätzung vorgelegt habe, die dann Vertragsbestandteil geworden sei. Sie habe bei Vertragsschluss um die Unvollständigkeit der Kostenschätzung gewusst, gleichwohl habe sie den Eindruck vermittelt, dass es sich um eine detaillierte und substantiierte Schätzung der Kosten handele. Selbst im Mai 2009, als die Klägerin genauere Ermittlungen für das Leistungsverzeichnis vorgenommen habe, habe sie nicht über die zu erwartenden erheblichen Kostensteigerungen informiert. Hilfsweise werde der Einwand aus § 242 BGB erhoben. Dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspreche es, dass die Klägerin sie wider besseren Wissens in dem Glauben gelassen habe, sie müsse für die streitgegenständlichen Straßenbaumaßnahmen nur mit Kosten in Höhe von 67.500,00 € rechnen. Sie bestreite, dass innerhalb von zehn Wochen eine Preissteigerung bei diesen Positionen um das Drei- bis Vierfache im Vergleich zu den Preisansätzen in der Anlage zur Vereinbarung vom Juni 2009 eingetreten sei. Schließlich werde hilfsweise der Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend gemacht. Nach dem insoweit maßgeblichen Kriterium der Zumutbarkeit komme allenfalls eine Erhöhung des Kostenerstattungsbetrages im Vergleich zur Kostenschätzung vom März 2009 in einer Größenordnung von 10 bis 20 % in Betracht.

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Das Verwaltungsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung u. a. ausgeführt:

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Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin mache Ansprüche auf Kostenerstattung geltend, die auf den §§ 8 Abs. 2a, § 7a FStrG beruhten. Dementsprechend hätte die Klägerin den Erstattungsanspruch auch mittels Verwaltungsakt regeln können. Die Befugnis der Behörde, das Rechtsverhältnis der Sondernutzung durch Verwaltungsakt (Sondernutzungserlaubnis) zu regeln, umfasse auch die Ermächtigung, die Abwicklung dieses Rechtsverhältnisses einschließlich der Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 8 Abs. 2a FStrG durch Verwaltungsakt vorzunehmen. Das Fehlen einer Vollstreckungsklausel gemäß § 61 VwVfG im Vertrag vom Mai 2009 führe zu keiner anderen Beurteilung, weil eine Vollstreckungsklausel nicht zwingender Bestandteil eines öffentlich-rechtlichen Vertrages sei.

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Die Klage sei auch begründet. Nach § 4 Abs. 2 des Vertrages vom 02./15.06.2009 bestimme sich die Kostentragung für die Anpassung der Aus- und Einfädelungsspuren nach § 8 FStrG und Nr. 30 der Zufahrtsrichtlinie. § 8 Abs. 2a Satz 3 FStrG bestimme, dass der Erlaubnisnehmer auf Verlangen der für die Erlaubnis zuständigen Behörde die Anlagen auf seine Kosten zu ändern und alle Kosten zu ersetzen habe, die dem Träger der Straßenbaulast durch die Sondernutzung entstehen. Ziffer 30 Abs. 2 der Zufahrtsrichtlinien sehe vor, dass für den Fall, dass die Straßenbauverwaltung die Maßnahmen nach Absprache mit dem betroffenen Anlieger durchführen lasse, dieser die Kosten zu erstatten habe. Beide Vorschriften gingen davon aus, dass der Anlieger sämtliche Kosten zu erstatten habe, und enthielten keine Höhenbegrenzung. Demgemäß gehe auch § 4 Abs. 3 Satz 1 des Vertrages davon aus, dass die Beklagte alle im Zusammenhang mit den Anpassungsarbeiten entstandenen Kosten trage. Eine Beschränkung der Höhe dieser Kosten ergebe sich nicht aus der in § 4 Abs. 3 Satz 3 des Vertrages enthaltenen Angabe der voraussichtlichen Baukosten. Insoweit handelt es sich nicht etwa um einen Festpreis, den die Klägerin der Beklagten vertraglich zugesichert habe. Derartiges ergebe sich auch nicht aus der Kostenschätzung vom März 2009, da diese nur als vorläufig bezeichnet worden sei und in § 4 Abs. 4 des Vertrages die endgültige Abrechnung erst nach Vorlage prüffähiger Unterlagen habe erfolgen sollen.

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Die Beklagte könne dem Erfüllungsanspruch der Klägerin nicht die rechtsvernichtende Einrede eines Anspruchs auf Anpassung des Vertrages gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG entgegenhalten. Es könne dahingestellt bleiben, ob hier eine wesentliche Änderung einer gemeinsamen Vertragsgrundlage deshalb anzunehmen sei, weil sich die in der vorläufigen Kostenschätzung von März 2009 genannten Baukosten von 67.503,00 € auf 156.279,34 € erhöhten. Jedenfalls sei ein Festhalten am vereinbarten Vertrag für die Beklagte nicht unzumutbar im Sinne des § 60 VwVfG. Ihre wirtschaftliche Existenz sei durch die Gesamtforderung der Klägerin nicht gefährdet. Ebenso wenig sei eine gänzlich unvorhersehbare Entwicklung eingetreten. Die erhebliche Preissteigerung beruhe nach unwidersprochenen Angaben der Klägerin darauf, dass sich die Asphaltpositionen zwischen dem Zeitpunkt der Erstellung der vorläufigen Kostenschätzung vom März 2009 und der im August 2009 beendeten Ausschreibung extrem verteuert hätten. Da die Klägerin im Ausschreibungsverfahren den günstigsten Bieter ausgewählt habe, habe sie nicht die Möglichkeit gehabt, den Preis zu reduzieren. Das Festhalten am Vertrag stelle sich auch deshalb nicht als unzumutbar dar, weil die Klägerin den Kostenerstattungsanspruch nach § 8 Abs. 2a FStrG auch durch Verwaltungsakt hätte geltend machen können. Die Beklagte hätte auch in diesem Fall die von der Klägerin mit Rechnung vom 03.05.2010 geltend gemachten Baukosten in voller Höhe erstatten müssen. Da eine Vertragsanpassung nur verlangt werden könne, wenn eine solche auch der anderen Vertragspartei zumutbar sei, stehe einer Vertragsanpassung auch entgegen, dass der Klägerin nach dem Grundsatz der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln nicht zuzumuten sei, auf die ihr nach den Regelungen des FStrG zustehende Kostenerstattung teilweise zu verzichten. Hätte die Beklagte ihre Kostentragungspflicht der Höhe nach begrenzen wollen, so hätte sie dies im Vertragstext ausdrücklich festschreiben müssen.

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Die Klägerin hafte der Beklagten auch nicht aus den Grundsätzen über eine Haftung bei Vertragsschluss (c.i.c.), die auch im öffentlichen Recht anwendbar und zwischenzeitlich in §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 284 BGB normiert worden seien. Bei einem formbedürftigen Vertrag, wie bei dem hier in Rede stehenden öffentlich-rechtlichen Vertrag, bestehe ein Schadensersatzanspruch nur bei einem schweren Verstoß gegen die Pflicht zum redlichen Verhalten. Derartiges Verschulden liege auf Seiten der Klägerin nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass ihr im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt war, dass die vorläufige Kostenschätzung vom März 2009 erheblich überschritten werde. Die Klägerin habe dazu – unwidersprochen – ausgeführt, dass sie die entsprechenden Kenntnisse erst durch das Ausschreibungsverfahren im August 2009 gewonnen habe, in dem sich die erheblichen Preissteigerungen für die ausgeschriebenen Asphaltarbeiten erstmals ergeben hätten. Die Preissteigerung habe sie der Beklagten durch Schreiben vom 18.08.2009 mitgeteilt. Bei einem anschließenden Telefonat habe sie der Beklagten zudem nach unwidersprochenen Angaben angeboten, dass der Auftrag für die Aus- und Einfädelungsspuren zur Tankstelle aus der Ausschreibung herausgenommen werden könne, was die Beklagte jedoch abgelehnt habe. Anderes ergebe sich auch nicht aus der E-Mail der Klägerin vom 23.09.2009. Die Unvollständigkeit ihrer eigenen Kostenschätzung möge der Klägerin in diesem Zeitpunkt bewusst gewesen sein, jedoch ergebe sich aus dieser E-Mail nicht, dass dies bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Fall gewesen sei. Einen Nachweis dafür habe die Beklagte nicht erbracht. Damit liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor.

II.

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A. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

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1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, NJW 2013, 3506, RdNr. 36 in juris, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

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1.1. Ohne Erfolg rügt die Beklagte, der Verwaltungsrechtsweg sei nicht eröffnet, weil es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handele.

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1.1.1. Zwar ist der Senat von der Rechtswegprüfung nicht gemäß § 17a Abs. 5 GVG entbunden. Nach dieser Regelung prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Die Vorschrift findet indes keine Anwendung, wenn das Gericht erster Instanz die Verfahrensgrundsätze des § 17a Abs. 3 GVG nicht eingehalten hat, da sonst die in § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG vorgesehene Möglichkeit, die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges im Beschwerderechtszug prüfen zu lassen, aufgrund eines Verfahrensfehlers des erstinstanzlichen Gerichts abgeschnitten würde (BVerwG, Beschl. v. 22.11.1997 – BVerwG 2 B 104.97 – BayVBl 1998, 603, RdNr. 7 in juris, m.w.N.; Beschl. v. 28.01.1994 – BVerwG 7 B 198.93 –, NJW 1994, 956, RdNr. 5 in juris). Nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG hat das Gericht vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt. Eine solche Rüge verlangt das ausdrückliche Bestreiten des Rechtswegs, das bloße Anzweifeln genügt nicht (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.09.2006 – 12 BV 06.808 –, juris, RdNr. 27, m.w.N.).

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Das Verwaltungsgericht hat, obwohl die Beklagte in der Klageerwiderung vom 18.05.2012 die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges ausdrücklich bestritten und eine Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Magdeburg beantragt hat, entgegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht vorab über die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges entschieden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte die schriftsätzlich erhobene Rüge im erstinstanzlichen Verfahren nicht mehr aufrechterhalten hat. Solches lässt sich insbesondere nicht daraus ableiten, dass die Beklagte sie in der mündlichen Verhandlung laut Sitzungsniederschrift nicht wiederholt und dort keinen Verweisungsantrag gestellt hat. Das Gericht muss vorab nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG entscheiden, wenn die Zulässigkeit des Rechtsweges nach § 282 Abs. 3 Satz 1 ZPO, der gemäß § 173 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend gilt (vgl. Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 41 § 17a GVG RdNr. 25; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 17a GVG RdNr. 25), vor der Verhandlung zur Hauptsache gerügt wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.11.1998 – VIII ZR 269/97 –, NJW 1999, 651, RdNr. 7 in juris). Bei der Rüge eines Beteiligten nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG handelt es sich um eine Prozesshandlung, die grundsätzlich nicht mehr angefochten oder widerrufen werden kann (Ehlers, a.a.O.; Ziekow, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.01.1996 – 10 W 249/95 –, juris, RdNr. 4, m.w.N.). Eine Prozesshandlung bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., Vorb § 40 RdNr. 13a), insbesondere ist für deren Wirksamkeit grundsätzlich nicht erforderlich, dass sie in der mündlichen Verhandlung gestellt wird.

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1.1.2. Das Verwaltungsgericht hat jedoch zutreffend angenommen, dass es sich hier um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt mit der Folge, dass gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.

20

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlichrechtlich ist, richtet sich, wenn – wie hier – eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient. Doch kann aus einem Gleichordnungsverhältnis noch nicht ohne weiteres auf eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit geschlossen werden, weil auch dem öffentlichen Recht eine gleichgeordnete Beziehung zwischen Berechtigtem und Verpflichteten nicht fremd ist. So liegt es im Wesen auch des öffentlich-rechtlichen Vertrages, dass sich die Vertragsparteien grundsätzlich gleichgeordnet gegenüberstehen. Für die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an. Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist. Dabei ist für den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen einem Träger öffentlicher Verwaltung und einer Privatperson typisch, dass er an die Stelle einer sonst möglichen Regelung durch Verwaltungsakt tritt (vgl. zum Ganzen: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschl. v. 10.04.1986 – GmS-OGB 1/85 –, BVerwGE 74, 368 [370], RdNr. 10 f. in juris).

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Maßgebliches Kriterium für die Zuordnung des Vertragsgegenstands zum öffentlichen Recht sind dabei vor allem die angestrebten Rechtsfolgen, d.h. die Frage, ob die durch die Vereinbarungen begründeten, konkretisierten, veränderten, aufgehobenen oder festgestellten Rechtsverhältnisse, also die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien den Gebieten des öffentlichen Rechts zuzuordnen sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 54 RdNr. 30, m.w.N.). Ein öffentlich-rechtlicher Vertragsgegenstand ist anzunehmen, wenn die vertraglich geregelten Rechte und Pflichten der Sache nach sonst in Normen des öffentlichen Rechts geregelt sind, wobei eine abstrakte Betrachtungsweise geboten ist (Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 30a). Finden die vertraglichen Regelungen in keiner Rechtsvorschrift eine unmittelbare sachlich-inhaltliche Entsprechung, so kommt es darauf an, ob die Materie, das Gebiet, auf dem die Rechte und Pflichten begründet oder verändert werden, sonst dem öffentlichen Recht zuzuordnen wäre. Als öffentlich-rechtlich sind deshalb nicht nur Verträge anzusehen, die sich auf einen nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätzen öffentlich-rechtlich geregelten Sachverhalt beziehen, sondern auch solche, die inhaltlich so eng mit öffentlich-rechtlichen Berechtigungen oder Verpflichtungen zusammenhängen, dass sie unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs demselben Rechtsbereich zuzurechnen sind, insbesondere Verträge, die Verwaltungsakte ersetzen (Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 30b, m.w.N.).

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Gemessen daran ist die vorliegende Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur. Die Klägerin macht Zahlungsansprüche aus der Vereinbarung vom 02./15.06.2009 geltend, bei der es sich – wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat – um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt. Gegenstand dieser Vereinbarung sind nach deren § 1 die Anpassungsarbeiten an den Ein- und Ausfädelspuren der Tankstelle der Beklagten, die im Zuge des Gesamtbauvorhabens (B 100 H-Stadt – A 9, Erneuerung der Richtungsfahrbahn Halle-Bitterfeld) erforderlich waren und durch die Klägerin ausgeführt wurden. Mit der Vereinbarung sollten alle Fragen, die sich aus der Anpassung der Aus- und Einfädelspuren zur Tankstelle ergeben, zwischen den Beteiligten geregelt werden. Die sich in diesem Zusammenhang ergebenden Rechte und Pflichten zwischen dem Bund als Träger der Straßenbaulast für Bundesfernstraßen außerhalb der Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG) und Straßenanliegern sind in Bestimmungen des FStrG und damit in öffentlich-rechtlichen Rechtsnormen geregelt. Die Anlegung eines besonderen Abbiegestreifens wird als Anwendungsfall von § 7a FStrG angesehen (BVerwG, Beschl. v. 04.07.2005 – BVerwG 9 B 6.05 –, juris RdNr. 9). Gleiches gilt für die Anlegung von Ein- und Ausfädelspuren (vgl. Grupp, in: Marschall, FStrG, 6. Aufl., § 7a RdNr. 2), um die es vorliegend geht. § 7a FStrG regelt nicht nur den Fall, dass jemand anlässlich des Straßenbaus oder auch später aus eigener Initiative bestimmte zusätzliche Aufwendungen (z.B. für eine Gehwegüberfahrt) ausdrücklich begehrt; die Vorschrift zielt vielmehr allgemein darauf ab, die während der Dauer des Bestehens der Straße durch Sonderwünsche des Anliegers erschwerte Straßenbaulast in jedem Fall finanziell auszugleichen (BVerwG, Urt. v. 28.08.1987 – BVerwG 4 C 54-55.83 –, BVerwGE 78, 79 [82], RdNr. 15 in juris, m.w.N.). Eine solche Erschwernis ist nicht nur dann gegeben, wenn der Anlieger die erstmalige Herstellung einer Zufahrt begehrt, sondern auch dann, wenn er nach der Umgestaltung der Straße den Fortbestand seiner bisherigen Zufahrtsmöglichkeit (ausdrücklich oder stillschweigend) beansprucht und insofern dafür Aufwendungen veranlasst; auch in dem letzteren Fall wird die Straße „wegen der Art des Gebrauchs durch einen anderen" aufwendiger hergestellt (BVerwG, Urt. v. 28.08.1987, a.a.O.). Bei der Regelung des § 7a FStrG handelt es sich um einen gesetzlich geregelten Kostenausgleich und spezialgesetzlichen Fall eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (BVerwG, Beschl. v. 04.07.2005, a.a.O.). § 7a FStrG enthält als öffentlich-rechtliche Regelung auch die Ermächtigung zur Geltendmachung des Anspruchs durch Verwaltungsakt (Müller/Schulz, FStrG, § 7a RdNr. 5, m.w.N.; vgl. zu § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG LSA, Urt. d. Senats v. 14.11.2013 – 2 L 4/12 –, juris). Möglich ist aber auch eine vertragliche Regelung, die im Ergebnis eine Zahlungspflicht festschreibt, welche sich aus § 7a FStrG ergibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.07.2005, a.a.O., RdNr. 9 in juris, m.w.N.).

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Besteht bereits auf der Grundlage des § 7a FStrG ein Erstattungsanspruch des Straßenbaulastträgers gegen den Anlieger wegen der aufgrund der Umgestaltung der Straße notwendigen Anpassung der Zufahrt, dürfte daneben § 8 Abs. 2a Satz 3 FStrG nicht anwendbar sein, der Mehraufwendungen betrifft, die durch Sondernutzungen verursacht werden. Nach dieser Vorschrift hat der Erlaubnisnehmer auf Verlangen der für die Erlaubnis zuständigen Behörde die Anlagen auf seine Kosten zu ändern und alle Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Straßenbaulast durch die Sondernutzung entstehen. Der in § 7a FStrG geregelte Anspruch auf Vergütung von Mehrkosten war ursprünglich in § 8 Abs. 5 FStrG normiert. Grund der Änderung durch das 2. FStrGÄndG war, dass die Bestimmung rechtssystematisch nicht zu den Sondernutzungen gehört, weil es sich um eine verstärkte Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs handelt (BVerwG, Urt. v. 28.07.1987, a.a.O., RdNr. 19; Grupp, a.a.O., § 7a RdNr. 1, jeweils unter Hinweis auf BT-Drs. 7/1265, S. 16). Aber auch wenn § 8 Abs. 2a Satz 3 FStrG zu Anwendung kommen sollte, handelte es sich um eine öffentlich-rechtliche Materie unabhängig davon, ob die Erstattungsforderung durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend gemacht werden kann; denn auch § 8a Abs. 2 Satz 3 FStrG ist eine öffentlich-rechtliche Vorschrift.

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Ohne Erfolg rügt die Beklagte, es seien nicht die Vorschriften der §§ 7a, 8 Abs. 2a FStrG heranzuziehen, sondern die Regelungen in den Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Zufahrten und Zugängen an Bundesfernstraßen (Zufahrtsrichtlinien), die nicht die Möglichkeit zum Erlass eines Verwaltungsakts vorsähen, sondern es in die Entscheidungsmacht des Anliegers stelle, ob er Zufahrten auf seine eigenen Kosten ändern oder dies – gegen Kostenerstattung – der Straßenbauverwaltung überlassen wolle. Nach Nr. 30 Abs. 1 Satz 1 der Zufahrtsrichtlinie, auf die sich die Beklagte insoweit beruft, hat, wenn Zufahrten oder Zugänge widerruflich erlaubt sind (§ 8 Abs. 2 Satz 1), der Anlieger die Änderung oder Beseitigung auf seine Kosten durchzuführen (vgl. § 8a Abs. 4 Satz 3). Ob eine Kostenerstattungsforderung durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden kann, entscheidet sich indes nicht danach, ob dies in einer Verwaltungsrichtlinie vorgesehen ist oder nicht. Die Gerichte entscheiden vielmehr unabhängig von solchen Verwaltungsrichtlinien darüber, ob eine gesetzliche Norm, die eine Kostenerstattung vorsieht, zugleich eine Ermächtigung zur Geltendmachung der Forderung durch Verwaltungsakt darstellt. Unabhängig davon folgt aus dem Umstand, dass eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass eines Leistungsbescheides nicht besteht, noch nicht, dass der Anspruch nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Nr. 30 Abs. 1 Satz 1 nimmt gerade Bezug auf §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 8a Abs. 4 Satz 3 FStrG und damit auf Normen des öffentlichen Rechts. Im Übrigen liegt hier aus den bereits dargelegten Gründen ein Fall des § 7a FStrG vor, zu dem sich die von der Beklagten genannte Richtlinie nicht verhält.

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Der Umstand, dass in § 11 der Vereinbarung vom 02./15.06.2009 eine Regelung zum Gerichtsstand, aber keine Regelung zum Rechtsweg getroffen wurde, steht dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Vereinbarung nicht entgegen, auch wenn die Regelungen über die örtliche Zuständigkeit nach § 52 VwGO zwingend sind und nicht durch Parteivereinbarung geändert werden können. Denn auch im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages könnte der Vereinbarung eine klarstellende Bedeutung zukommen (vgl. BGH, Beschl. v. 20.05.2009 – XII ZB 166/08 –, NVwZ 2009, 1054 [1056], RdNr. 17 in juris).

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Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand der Beklagten, es stelle ein Indiz für den Abschluss eines dem Zivilrecht unterfallenden Vertrages dar, dass es an einer für den öffentlich-rechtlichen Vertrag typischen Klausel nach § 61 VwVfG fehle, wonach sich der private Rechtsträger hinsichtlich der von ihm übernommenen Verpflichtungen der sofortigen Vollstreckung unterwirft. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf verweisen, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag eine solche Vollstreckungsklausel enthalten kann, aber nicht muss. Daraus folgt, dass die Unterwerfungserklärung in der freien Entscheidung des Vertragspartners liegt (Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 61 RdNr. 7). Nicht zu überzeugen vermag der Vortrag der Beklagten, es sei völlig üblich, dass in der weit überwiegenden Anzahl der von der Verwaltung abgeschlossenen koordinationsrechtlichen Verträge vom privaten Vertragspartner eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 61 VwVfG verlangt und durchgesetzt werde. Eine wirksame Unterwerfung setzt voraus, dass ein Anspruch klar und bestimmt, nicht nur bestimmbar ist; notwendig ist, dass sich der vollstreckbare Anspruch aus dem Vertrag selbst ohne Schwierigkeiten nach Art und Höhe feststellen lässt (Bonk, a.a.O., unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 24.10.1956 – V ZR 127/55 – BGHZ 22, 55 [56 ff.]). Die von der Beklagten an die Klägerin zu zahlende Geldleistung war aber in der Vereinbarung vom 02./15.06.2009 nicht bestimmt. Der Vertrag enthielt in § 4 Abs. 3 lediglich eine Kostenregelung, in der nur die voraussichtlichen Baukosten angegeben waren und nach der die endgültige Abrechnung erst nach Vorlage prüffähiger Unterlagen erfolgen sollte.

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1.1.3. Der Senat kann über die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges im Verfahren auf Zulassung der Berufung entscheiden und muss – anders als das Verwaltungsgericht – keine Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG treffen, auch wenn die Beklagte die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges nach wie vor bestreitet.

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Eine Vorabentscheidung durch das Oberverwaltungsgericht erübrigt sich, wenn es die Zulässigkeit des Rechtswegs bejaht und im Falle der Entscheidung durch Beschluss nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG keinen Anlass hätte, die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG zuzulassen (vgl. BGH, Beschl. v. 09.11.1995 – V ZB 27/94 –, BGHZ 131, 169 [171], RdNr. 4 in juris). Die in § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG vorgesehene Möglichkeit, die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges im Beschwerderechtszug prüfen zu lassen, wird hierdurch nicht (erneut) abgeschnitten. Die Nichtzulassung der Beschwerde durch das Oberverwaltungsgericht kann nicht mit Rechtsmitteln angegriffen werden; eine Nichtzulassungsbeschwerde sieht das Gesetz nicht vor (BVerwG, Beschl. v. 06.07.2005 – BVerwG 3 B 77/05 –, NVwZ 2005, 1201; BGH, Urt. v. 18.11.1998, a.a.O., RdNr. 14 in juris).

29

Hiernach kann der Senat von einer Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG absehen. Wie oben (1.1.2) ausgeführt, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, so dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Es bestünde auch kein Anlass, die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zuzulassen. Gemäß § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG ist die Beschwerde an den obersten Gerichtshof des Bundes zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Zuordnung des Streitgegenstandes zum öffentlichen Recht lässt sich anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des GmS-OGB und des BVerwG vornehmen.

30

1.2. Ohne Erfolg beanstandet die Beklagte, das Verwaltungsgericht habe der der Vereinbarung vom 02./15.06.2009 beigefügten Kostenschätzung keinerlei Bedeutung beigemessen, obwohl sie Grundslage der Vereinbarung gewesen sei.

31

Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 der Vereinbarung sollte die Beklagte alle im Zusammenhang mit den Anpassungsarbeiten verbundenen Kosten tragen. Die nur „vorläufige Kostenschätzung“ wie sie in § 1 Abs. 2 lit. e der Vereinbarung als „Grundlage“ der Vereinbarung genannt wird, beinhaltet keine Begrenzung der – seinerzeit noch nicht konkret bezifferbaren – Baukosten nach oben. Dies folgt auch daraus, dass nach § 4 Abs. 4 der Vereinbarung die endgültige Abrechnung erst nach Vorlage prüffähiger Unterlagen erfolgen sollte.

32

Der Beklagten ist zwar darin beizupflichten, dass die vorläufige Kostenschätzung nicht bedeutungslos für die vertraglichen Beziehungen der Beteiligten ist. Sie sollte der Beklagten offenbar einen Anhalt dafür geben, in welcher Größenordnung sich die Erstattungsansprüche der Klägerin bewegen werden. Indes hat auch das Verwaltungsgericht die Kostenschätzung nicht als bedeutungslos angesehen, sondern geprüft, ob dem Erfüllungsanspruch der Klägerin wegen der im Verhältnis zur Kostenschätzung erheblichen Kostensteigerung die rechtsvernichtende Einrede eines Anspruchs auf Vertragsanpassung (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 24.09.1997 – BVerwG 11 C 10.96 –, NVwZ 1998, 1975; Beschl. v. 19.02.2003 – BVerwG 9 B 85.02 –, DVBl 2003, 750) entgegensteht. Bei einer wesentlichen Kostensteigerung nach Vertragsschluss ist eine Anpassung oder Kündigung des Vertrages nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG in Betracht zu ziehen. Nach dieser Vorschrift kann, wenn die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert haben, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen. Im tatsächlichen Bereich liegen etwa Änderungen des Kosten- oder Preisniveaus (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 60 RdNr. 16). Das Verwaltungsgericht ist jedoch davon ausgegangen, dass unabhängig davon, ob die gegenüber der vorläufigen Kostenschätzung eingetretene Kostensteigerung als wesentliche Änderung einer gemeinsamen Vertragsgrundlage im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG darstellt, ein Festhalten am vereinbarten Vertrag für die Beklagte nicht unzumutbar sei, weil deren Existenz nicht gefährdet sei, die erhebliche Preissteigerung nicht gänzlich unvorhersehbar gewesen sei und die Klägerin den Kostenerstattungsanspruch auch durch Verwaltungsakt hätte geltend machen können.

33

Dem hält die Beklagte ohne Erfolg entgegen, aufgrund der viel zu niedrigen Kostenschätzung sei sie davon abgehalten worden, sich ihrerseits um die Einholung eines Kostenvoranschlags für die Durchführung der Straßenbaumaßnahmen und damit eine kostengünstigere Lösung zu bemühen. Auch wenn eine Erneuerung der Ein- und Ausfädelspuren in Eigenregie der Beklagten rechtlich und tatsächlich möglich gewesen sein sollte (Ein- und Ausfädelungsstreifen sind regelmäßig als Nebenfahrbahnen Teile der Fahrbahn und damit Bestandteile der Straße im Sinne von § 1 Abs. 4 [vgl. Kodal-Herber, Straßenrecht, 7. Aufl., Kap. 7 RdNr. 17; Grupp, a.a.O., § 1 RdNr. 43]), ist nicht ersichtlich, dass ein anderes Bauunternehmen die Ein- und Ausfädelspuren kostengünstiger hätte herstellen können als das Unternehmen, dem die Klägerin den Zuschlag für alle Bauteile erteilte. Konkrete Anhaltspunkte, die diese Annahme rechtfertigen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Beklagte bei Kenntnis der erhöhten Kosten auf eine Herstellung der Ein- und Ausfädelspuren verzichtet hätte, da sie auf die Zufahrt zu und die Abfahrt von ihrer Tankstelle an der B 100 zum Betrieb der Tankstelle angewiesen ist.

34

Die Beklagte vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, die Erhöhung der Asphaltpreise gegenüber der Kostenschätzung vom März 2009 hätten keinen erhöhten Kostenaufwand für die Planung, Verwaltung, Bauüberwachung, Sicherheits- und Gesundheitskoordination verursacht, so dass die pauschale Ansetzung von 7,5 % der anteiligen Bausumme nach § 4 Abs. 3 der Vereinbarung vom 02./15.06.2009 nicht mehr angemessen erscheine. Für diese Kosten wurde in dem Vertrag kein fester Betrag vereinbart, vielmehr wurde die von der Beklagten insoweit zu zahlende Geldleistung an die Höhe der gesamten Baukosten gekoppelt. Damit nahm die Beklagte in Kauf, dass sich auch diese Kosten bei Kostensteigerungen entsprechend erhöhen werden.

35

1.3. Die Beklagte wendet weiter ein, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts genüge für einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsanbahnung nach § 311 Abs. 2 BGB einfache Fahrlässigkeit, die der Klägerin hier vorzuwerfen sei. Die Beweislast für die mangelnde Kausalität zwischen der Verletzung der Aufklärungspflicht und dem eingetretenen Schaden treffe die Klägerin als diejenige, die den Irrtum verursacht habe. Die Klägerin habe nach ihrem eigenen Vortrag bereits im Mai 2009 den Aufbau für die Fahrbahnerneuerung einschließlich der Ausbildung der provisorischen Anbindungen genauer ermittelt. Auf dieser Basis sei dann das Leistungsverzeichnis für den Bauteil 3 aufgestellt und entsprechend den weiteren Festlegungen ergänzt worden. Selbst wenn die Klägerin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine Kenntnis von der drastischen Erhöhung der Asphaltpreise gehabt haben sollte, habe ihr aufgrund des wesentlich höheren Detaillierungsgrades des Leistungsverzeichnisses klar sein müssen, dass auf die Beklagte erhebliche Kostensteigerungen zukommen würden. Aus der dem Schreiben der Klägerin vom 06.10.2009 beigefügten Kostengegenüberstellung ergebe sich, dass die Klägerin bei den Mengenansätzen für den Asphalt in ihrer Kostenschätzung vom März 2009 im Vergleich zu dem Angebot auf der Grundlage des Leistungsverzeichnisses nahezu richtig gelegen habe. Die Kostensteigerungen beruhten also nicht überwiegend auf nicht vorhersehbaren Erhöhungen der Asphaltpreise. Auch diese Einwände bleiben ohne Erfolg.

36

Gemäß § 311 Abs. 2 BGB entsteht ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch durch (1.) die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, (2.) die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder (3.) ähnliche geschäftliche Kontakte. Die in §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB kodifizierten Grundsätze über eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo) sind auch auf die Anbahnung von öffentlich-rechtlichen Verträgen anwendbar (BVerwG, Beschl. v. 20.01.2010 – BVerwG 9 B 31.09 –, Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 8, RdNr. 5 in juris, m.w.N.). Da für einen Anspruch aus §§ 311 Abs. 2, 249 BGB jedes Verschulden genügt, besteht auch bei einer „fahrlässigen Täuschung“ regelmäßig für den getäuschten Vertragspartner die Möglichkeit, als Schadensersatz (Naturalrestitution) die Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2003 – 22 U 62/13 –, juris, RdNr. 77, m.w.N.). Eine Aufklärungspflicht einer Vertragspartei besteht hinsichtlich derjenigen Umstände und Rechtsverhältnisse mit Bezug auf den Vertragsgegenstand, die – für die andere Vertragsparte erkennbar – von besonderer Bedeutung für den Entschluss zur Eingehung des Vertrages sind und deren Mitteilung nach Treu und Glauben erwartet werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.2004 – XII ZR 21/02 –, NJW 2004, 2674, RdNr. 21 in juris; Emmerich, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 311 RdNr. 75). Für die Frage, ob eine Aufklärungspflicht besteht, kommt es wesentlich darauf an, ob der potentiell Auskunftspflichtige die fraglichen Informationen bereits besitzt oder ob er sie sich (ebenfalls) erst beschaffen muss; grundsätzlich ist die Aufklärungspflicht auf das sog. präsente Wissen beschränkt (vgl. Emmerich, a.a.O., RdNr. 76). Wer allerdings in dem anderen Teil, wenn auch unabsichtlich, einen Irrtum erregt und erkennt oder erkennen muss, dass dieser unter dem Einfluss des Irrtums zum Vertragsschluss schreitet, ist aus vorangegangenem Tun (Ingerenz) verpflichtet, den anderen Teil über seinen Irrtum aufzuklären (vgl. Emmerich, a.a.O., RdNr. 87, 77, m.w.N.).

37

Es bestehen indes keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Juni 2009 oder früher bekannt war oder bekannt sein musste, dass es gegenüber der Schätzung vom März 2009 zu einer drastischen Kostensteigerung um mehr als das Doppelte kommen würde. Solches lässt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben an die Beklagte vom 06.10.2009 herleiten. Zwar führte die Klägerin darin aus, (bereits) im Vorentwurf vom Mai 2009 sei der Aufbau für die Fahrbahnerneuerung einschließlich der provisorischen Anbindungen genauer ermittelt worden, und auf dieser Basis sei das Leistungsverzeichnis für den streitigen Bauteil 3 auf Grundlage der Ausführungsplanung aufgestellt und entsprechend der weiteren Festlegungen und Anforderungen ergänzt worden. Das Leistungsverzeichnis wurde aber offenbar erst am 30.06.2009 und damit erst nach Vertragsabschluss am 02./15.06.2009 erstellt. Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren auf die Bitte des Gerichts nachzuweisen, wann das Leistungsverzeichnis erstellt wurde, darauf verwiesen, dass das mit den Ausschreibungsunterlagen versandte Leistungsverzeichnis auf den 30.06.2009 datiere, und zum Beleg einen Auszug aus dem Leistungsverzeichnis mit demselben Druckdatum vorgelegt. Der Umstand, dass dieses Leistungsverzeichnis auf der Basis eines „Vorentwurfs" vom Mai 2009 erstellt wurde, in welchem der Aufbau für die Fahrbahnerneuerung einschließlich der provisorischen Anbindungen ermittelt wurde, belegt noch nicht, dass bereits zu diesem Zeitpunkt erkennbar war, dass sich die Kosten für die Herstellung der neuen Ein- und Ausfädelspuren und der provisorischen Zufahrten im Vergleich zur Schätzung vom März 2009 mehr als verdoppeln würden.

38

Ob die Klägerin im Gefolge ihres Schreibens vom 18.08.2009 der Beklagten das Angebot machte, den Auftrag für die Ein- und Ausfädelspuren aus der Ausschreibung herauszunehmen, ist in diesem Zusammenhang ebenso unerheblich wie die Frage, ob die Klägerin erst im August 2009 über die Preissteigerung Kenntnis erlangte. Für die Frage, ob ein Verschulden der Klägerin bei Vertragsanbahnung vorliegt, kommt es auf Umstände, die erst nach Vertragsschluss am 02./15.06.2009 eingetreten sind, nicht an.

39

1.4. Ohne Erfolg rügt die Beklagte weiter, die Klägerin habe die ihr aus § 242 BGB folgende Nebenpflicht zur Aufklärung der anderen Vertragspartei verletzt, weil die Klägerin sie bei Abschluss der Vereinbarung vom 02./15.06.2009 in dem Glauben gelassen habe, dass die Baumaßnahmen sich auch bei endgültiger Abrechnung in der Größenordnung von ca. 67.500,00 € bewegen werden. Auch bei Heranziehung dieser Anspruchsgrundlage sind keine höheren Anforderungen an die Aufklärungspflicht zu stellen wie im Rahmen des § 311 Abs. 2 BGB. Wie oben bereits dargelegt, bestehen keine genügenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Klägerin bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Juni 2009 bekannt war, dass es gegenüber der Kostenschätzung vom März 2009 zu einer derart gravierenden Kostensteigerung kommen würde.

40

Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Beklagten, die Klägerin hätte die Vereinbarung erst dann abschließen dürfen, als ihr die genauen Kosten der Baumaßnahmen aufgrund der Ausschreibung bekannt waren. Der Beklagten war nach dem Inhalt der Vereinbarung bekannt, dass die Angabe der voraussichtlichen Kosten der Baumaßnahme auf einer nur vorläufigen Kostenschätzung beruht. Auch sie hätte bei einer solchen Unsicherheit Abstand vom Vertragsschluss nehmen können. Für die Annahme der Beklagten, die Klägerin habe gewusst, dass die Kosteneinschätzung vom März 2009 unrealistisch gewesen sei, bestehen – wie bereits dargelegt – keine genügenden Anhaltspunkte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Klägerin der Beklagten die absehbaren Kosten der Baumaßnahme hätte verheimlichen sollen. Zwar mag die Klägerin – wie die Beklagte weiter geltend macht – über besondere Erfahrungen bei der Planung von Änderungen an Zufahrten zu Bundesfernstraßen und bei der Schätzung der dafür erforderlichen Kosten verfügen. Dieser Umstand belegt aber noch nicht, dass die Klägerin bereits bei Vertragsschluss erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass ihre Kostenschätzung unrealistisch ist. In Bezug auf die Asphaltpreise hat sie dargelegt, dass sich die Kostenschätzung vom März 2009 an den für die Straßenbauverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt gültigen Mittelpreisen orientiert habe. In Bezug auf die zusätzlichen Kostenpositionen erscheint es schlüssig, dass das Leistungsverzeichnis gegenüber der Kostenschätzung einen viel höheren Detaillierungsgrad aufweist, so dass sich nach dessen Aufstellung auch deutliche Kostensteigerungen ergeben können.

41

1.5. Die Beklagte beanstandet weiter, entgegen der Annahme der Vorinstanz sei für sie das Festhalten an der Vereinbarung vom 02./15.06.2009 aufgrund der eklatanten Kostensteigerung nach den nunmehr in § 60 Abs. 1 VwVfG und § 313 Abs. 1 BGB normierten Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unzumutbar.

42

Es mag sein, dass die erhebliche Kostensteigerung um das 2,3-fache für sie nicht vorhersehbar war und damit als wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG anzusehen ist. Daraus folgt aber noch nicht, dass ihr insbesondere nach Vollendung der Baumaßnahme ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar wäre. Die Beklagte kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es nach Nr. 30 Abs. 1 der Zufahrtsrichtlinien zunächst ihre Entscheidung gewesen wäre, die Straßenbaumaßnahmen zu den Ein- und Ausfädelspuren selbst in Auftrag zu geben. Wie bereits oben (1.2.) näher ausgeführt, hätte die Beklagte, soweit eine Erneuerung der Ein- und Ausfädelspuren in ihrer Eigenregie rechtlich und tatsächlich möglich gewesen sein sollte, die einvernehmliche Aufhebung der Vereinbarung anstreben oder ggf. den Vertrag kündigen können, bevor Bauleistungen erbracht wurden; zudem hat sie keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass ein anderes Bauunternehmen die Ein- und Ausfädelspuren kostengünstiger hätte herstellen können.

43

2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen ebenfalls nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt.

44

2.1. Zu Unrecht rügt die Beklagte, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag übergangen, mit dem sie bestritten habe, dass innerhalb von zehn Wochen eine Preissteigerung bei den Asphaltpositionen um das Drei- bis Vierfache im Vergleich zu den Preisansätzen in der vorläufigen Kostenschätzung vom März 2009 eingetreten sei.

45

Der Senat hat wiederholt entschieden (vgl. z.B. Beschl. v. 04.07.2012 – 2 L 94/11 –, juris, RdNr. 18), schon einfaches Verfahrensrecht (§§ 108 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verlange nicht, dass sich die Entscheidungsgründe mit jeder Einzelheit des Vorbringens befassten; es genüge die Angabe der Gründe, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Der Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) gebietet dem Gericht gleichfalls nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen ausdrücklich zu bescheiden (BVerfG, Beschl. v. 17.11.1992 – 1 BvR 168,1509/89, 638,639/90 –, BVerfGE 87, 363 [392 f]). Art. 103 Abs. 1 GG fordert allein, dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (BVerfG, Beschl. v. 19.05.1992 – 1 BvR 986/91 –, BVerfGE 86, 133 [145]), und ist erst verletzt, wenn das Gericht gegen diesen Grundsatz erkennbar verstoßen hat. Das Bundesverfassungsgericht geht grundsätzlich davon aus, dass ein Gericht dem Verfassungsgebot entsprochen hat (BVerfG, Beschl v. 19.05.1992 u. v. 17.11.1992, a.a.O.). Als Indiz für die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist erst anzusehen, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Parteivortrags zu einer Frage von zentraler Bedeutung nicht eingegangen ist, sofern das Vorbringen vom Gericht nicht für unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert gehalten wird (BVerfG, Beschl. v. 19.05.1992, a.a.O.). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs schützt auch nicht davor, dass das Gericht dem Vortrag der Beteiligten nicht die aus deren Sicht richtige Bedeutung beimisst (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.08.2004 – 1 BvR 1557/01 –, NVwZ 2005, 81, m.w.N.).

46

Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht feststellen. Das Verwaltungsgericht hat zunächst im Tatbestand des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Beklagten, dass sie eine Preissteigerung um das Drei- bis Vierfache innerhalb von zehn Wochen bestreite, wiedergegeben (vgl. S. 6, 4. Absatz des Urteilsabdrucks). In den Entscheidungsgründen hat es diesen Einwand nicht mehr (ausdrücklich) aufgegriffen, weil es nach seiner rechtlichen Würdigung nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob eine solche Preissteigerung innerhalb des genannten Zeitraums eintrat. Es hat vielmehr darauf abgestellt, dass die Klägerin bei der vorläufigen Kostenschätzung vom März 2009 von den damals gültigen Mittelpreisen der Straßenbauverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt ausgegangen sei, sie im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung keinen Einfluss auf die Preissteigerung habe nehmen können, sie im Ausschreibungsverfahren den günstigsten Bieter gewählt und nach Erteilung des Zuschlag keine Möglichkeit der Preisreduzierung gehabt habe (vgl. S. 10, letzter Absatz des Urteilsabdrucks).

47

2.2. Die Beklagte rügt schließlich ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, sie habe dem Vortrag der Klägerin, dass sie im Anschluss an das Schreiben vom 18.08.2009 in einem Telefonat die Herausnahme des Auftrags für die Ein- und Ausfädelspuren aus der Ausschreibung angeboten habe, nicht widersprochen. Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 21.06.2012 vorgetragen, einer Mitarbeiterin der Beklagten sei in einem Telefonat die Herausnahme des Bauteils 3 aus der Ausschreibung angeboten worden (Bl. 152 GA). Darauf hat die Beklagte bis zur mündlichen Verhandlung am 03.12.2013 schriftsätzlich nicht erwidert. Nach der Sitzungsniederschrift haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend angegeben, dass es im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 18.08.2009 noch ein Telefonat mit einer Mitarbeiterin der Beklagten gegeben habe. Dass die Beklagte der Darstellung der Klägerin im Schriftsatz vom 21.06.2012 widersprochen hätte, ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift nicht. Die Beklagte macht auch nicht geltend, dass sie in der mündlichen Verhandlung dem diesbezüglichen Vortrag der Klägerin entgegen getreten, dies aber nicht in das Protokoll aufgenommen worden sei.

48

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG


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