Urteil vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 L 386/14

Tatbestand

1

Die Klägerin, die in D-Stadt (OT K.) im Zuständigkeitsbereich des Beklagten eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Schweinen betreibt, wendet sich gegen eine tierschutzrechtliche Anordnung mit Zwangsgeldandrohung.

2

Der Beklagte führte am 24. Oktober 2012 eine Kontrolle in der Anlage der Klägerin durch, die bis August 2013 noch als Schweinezucht (...) GmbH firmierte. Mit Bescheid vom 26. November 2012 traf der Beklagte unter Ziffer I. Nr. 1 des Bescheidtenors gegenüber der Klägerin folgende Regelung: „Bis zum 31. Dezember 2012 sind alle belegten Kastenstände so zu gestalten, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Dies betrifft insbesondere die Kastenstände in den Ställen 1, 5 und 6.“ Insoweit ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung an und drohte unter Ziffer III. des Bescheidtenors für den Fall, dass die Klägerin der Anordnung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 60.000,- € an. Weitere Anordnungen und Zwangsgeldandrohungen betrafen sonstige Haltungsbedingungen der Tiere.

3

Am 21. Dezember 2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die „Anordnungen I. Nr. 1 bis 4“ des Bescheides. Einen Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht Magdeburg mit Beschluss vom 28. Dezember 2012 (- 1 B 391/12 MD -) ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2013 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch der Klägerin zurück.

4

Die Klägerin hat am 10. Mai 2013 beim Verwaltungsgericht Magdeburg Anfechtungsklage gegen den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erhoben. Die Beschwerde gegen den Eilbeschluss hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 17. Juni 2013 (- 3 M 16/13 -) zurückgewiesen.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die sich nur noch gegen Anordnung zu den Kastenständen und die dazu ergangene Zwangsgeldandrohung richtete, mit Urteil vom 3. März 2014 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Anordnung finde ihre Rechtsgrundlage in § 16a Satz 1 TierSchG i.V.m. § 2 TierSchG und § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Der Vorgabe des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV genügten Kastenstände nicht, wenn sie nach Länge oder Breite so ausgelegt seien, dass die Tiere an die Kastenstände anstoßen müssten bzw. dass ihre Gliedmaßen im Liegen über die Kastenstände hinaus in den Bereich der angrenzenden Kastenstände hineinragten. Das Stockmaß eines Tieres sei eine geeignete Grundlage für die Bemessung der notwendigen Breite eines Kastenstandes. Die anlagenbezogene Regelung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV verpflichte den Tierhalter, tierschutzgerechte Kastenstände als Haltungseinrichtungen jederzeit ohne Unterbrechung im Rahmen der ständig aufeinanderfolgenden Zucht- und Haltungszyklen auf Dauer vorzuhalten. Die Klägerin genieße auch nicht auf Grund der ursprünglich erteilten Betriebsgenehmigung quasi „Bestandsschutz“. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung sei rechtlich ebenfalls nichts zu erinnern.

6

Die Klägerin hat am 9. April 2014 fristgerecht die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt.

7

Sie macht zur Begründung geltend, die Befangenheit bzw. die Besorgnis der Befangenheit verschiedener Mitarbeiter des Beklagten habe zur Folge, dass die streitgegenständlichen Verfügungen verfahrensfehlerhaft seien.

8

Die Anordnung unter Ziffer I. Nr. 1 des angefochtenen Bescheides sei nicht hinreichend bestimmt, so dass sie nichtig, jedenfalls rechtwidrig sei. Der hier umzusetzende § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV sei für sich genommen mehreren grundsätzlich vertretbaren Auslegungen zugänglich. Der Rechtmäßigkeit der Anordnung stehe auch die Bindungswirkung des bestandskräftigen Bescheides des Beklagten vom 14. Juli 2010 entgegen. Es lägen weder eine neue Sach- und/oder Rechtslage noch neue wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Der Beklagte habe daher sich widersprechende Regelungen erlassen. Außerdem habe er keine ausreichenden und angemessenen Übergangsfristen eingeräumt.

9

Selbst wenn man annähme, dass ihr aufgegeben werden sollte, die Kastenstände ausgehend vom Stockmaß der Tiere umzugestalten, sei die Anordnung aus materiellen Gründen rechtswidrig. Dieses Verständnis überspanne die Tatbestandsvoraussetzungen für eine tierschutzrechtliche Anordnung nach § 16a TierSchG. Für die Kastenstandsmaße seien die Ausführungshinweise des Landes Niedersachsen maßgeblich, welche eine lichte Weite von 65 bzw. 70 cm vorschrieben. Bei diesen Maßen handele es sich auch nicht um bloße Mindestmaße. Dies würde die Funktion der Ausführungshinweise konterkarieren. Die Ausführungshinweise seien aus mehreren Gründen auch für die Tierhaltung in Sachsen-Anhalt verbindlich. Die Anforderungen des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV seien erfüllt, wenn - wie im vorliegenden Fall - die in den Kastenständen gehaltenen Tiere ihre Gliedmaßen in den benachbarten Kastenstand durchstecken könnten. Der Gesetzgeber schreibe in § 24 Abs. 4 TierSchNutztV gerade nicht vor, dass die Tiere ihre Gliedmaßen „jederzeit“ bzw. „jederzeit ungehindert“ ausstrecken könnten. Auch komme es entgegen der Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil auf das tatsächliche Liegeverhalten der Tiere an. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die rechtlichen Voraussetzungen aus § 24 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 TierSchNutztV kumulativ erfüllt sein müssten. Um der Regelung des § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV zu genügen, dürften die Schweine nicht in beliebig breiten Kastenständen gehalten werden. Würden die Kastenstände mit Sauen belegt, deren Stockmaß nicht deutlich über der lichten Weite des Kastenstands läge, drehten sich die Sauen in den Kastenständen in der Anlage mit dem entsprechenden Verletzungsrisiko. Auch aus hygienischen und versorgungstechnischen Gründen sei es zwingend erforderlich, ein Drehen zu verhindern. Tatsächlich halte die fachlich qualifizierte Veterinärverwaltung des Landes Niedersachsen gerade vor dem Hintergrund der mit breiteren Kastenständen verbundenen Möglichkeit des Umdrehens der Tiere weiterhin an den in den Ausführungshinweisen genannten Kastenstandbreiten fest. Soweit der Beklagte die Lösung bevorzuge, auf die Kastenstände verzichten und die betreffenden Tiere stets in Gruppen zu halten, untersage er als Organ der Exekutive praktisch eine gesetzlich ausdrücklich gestattete Verhaltensweise mit der Folge, dass die betreffende Norm keinen Anwendungsbereich mehr habe. Dies aber liege allein bei der Legislative. Zudem folge aus § 30 Abs. 2 Satz 2 TierSchNutztV die gesetzgeberische Wertung, dass für eine Jungsau ein Liegebereich von mindesten 0,95 m² und für eine Sau ein Liegebereich von mindesten 1,3 m² zur Verfügung stehen müsse. Die Urheber der Ausführungshinweise des Landes Niedersachsen für Kastenstände hätten sich an diesen Vorgaben orientiert. In der Regelung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV würden unbestimmte Rechtsbegriffe verwandt, deren Auslegungen nur auf der Grundlage von Fachkenntnissen im Bereich der Nutztierhaltung und des Tierschutzes möglich sei. Hierzu lägen - möglicherweise noch nicht abschließende - wissenschaftliche Untersuchungen vor. Die Rechtsfrage könne vom Gericht daher nur unter Heranziehung der vorliegend wissenschaftlichen Erkenntnisse und fachgutachterlichen Bewertungen und nicht an Hand der Praxis des Beklagten entschieden werden.

10

Die Zwangsgeldandrohung sei ebenfalls rechtswidrig, da das Ermessen in mehrfacher Hinsicht nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden sei.

11

Die Klägerin beantragt,

12

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 1. Kammer - vom 3. März 2014 ( - 1 A 230/14 -) zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 26. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22. April 2013 hinsichtlich der Anordnung unter Ziffer I. Nr. 1. des Bescheidtenors und der darauf bezogenen Zwangsgeldandrohung unter Ziffer III. des Bescheidtenors aufzuheben
sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

13

Der Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Er tritt der Berufung entgegen. Im Hinblick auf den Mitarbeiter B. sei eine Entscheidung über eine Besorgnis der Befangenheit entbehrlich, da er auf Grund von Umstrukturierungsmaßnahmen nicht mehr am Verfahren beteiligt sei. Hinsichtlich der übrigen Mitarbeiter seien Ausschlussgründe nicht objektiv feststellbar.

16

Die Anordnung unter Ziffer I. Nr. 1 des Bescheides sei hinreichend bestimmt. Die der Klägerin aufgegebene Handlungspflicht lasse sich ohne Weiteres aus der Begründung bestimmen. Vor allem daraus ergebe sich zweifelsfrei, dass ein Durchstecken der Gliedmaßen in den benachbarten Kastenstand keine im Sinne der Anordnung ordnungsgemäße Gestaltung der Kastenstände darstelle. Zudem wiederhole die in den Bescheid genannte Anordnung nur die Pflicht der Klägerin aus der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Bei der Anordnung handele es sich um eine anlagenbezogene Grundverfügung, die dauerhaft gewährleisten solle, dass die Anforderungen des § 24 Abs. 4 TierSchNutztV eingehalten würden, unabhängig davon, welches Schwein zu welchem Zeitpunkt im jeweiligen Kastenstand gehalten werde. Aus seinem Bescheid vom 14. Juli 2010 könne nicht geschlossen werden, dass seine Veterinärbehörde Kastenstände mit einer lichten Breite von 70 cm per se als zulässig betrachtet habe. Der Bescheid beziehe sich im Übrigen auch nur auf die zum Zeitpunkt der damaligen Kontrolle in der Anlage festgestellten Größen der Tiere. Kastenstände mit lichten Weiten von 70 cm für Altsauen, so wie es die Ausführungshinweise des Landes Niedersachsen im allgemeinen vorsähen, ermöglichten nicht in jedem Fall ein ungehindertes Ausstrecken der Gliedmaßen in Seitenlage. Dies voranschauliche im Übrigen auch eine Fotodokumentation. Wie die Bezeichnung schon besage, handele es sich bei den Ausführungshinweisen des Landes Niedersachsen lediglich um Interpretationshilfen für die zuständigen Behörden. Zudem implizierten die Ausführungshinweise ihrem Wortlaut nach, dass es sich lediglich um Richtmaße handele, die jedoch in Abhängigkeit des konkreten Einzelfalles stünden. Selbst wenn sich in anderen Bundesländern eine entsprechende Praxis dahingehend entwickelt haben sollte, dass die Ausführungshinweise durch die Verwaltung in der Form, wie die Klägerin sie verstehe, ausgelegt und angewendet würden, könne es für die auf diese Weise (rechtswidrig) erfassten Fälle keinen Anspruch auf Gleichbehandlung geben.

17

Der Verordnungsgeber habe keine Ausnahme von § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV vorgesehen. Ein ungehindertes Ausstrecken der Gliedmaßen in Seitenlage könne nur bei Kastenstandbreiten erfolgen, die mindestens der Höhe des Tieres entsprächen. Insbesondere sei ein Durchstecken der Gliedmaßen in den Nachbarbuchten nicht rechtskonform. Die Verstrebungen der Kastenstände aber auch die im Nachbarstand liegende Sau machten ein ungehindertes Liegen in Seitenlage mit ausgestreckten Gliedmaßen unmöglich. Die Klägerin verkenne, dass der Verordnungsgeber die Vorschrift des § 24 Abs. 4 TierSchNutztV nicht so ausgestaltet habe, dass bei einer Verletzungsgefahr im Sinne des § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV von den Vorgaben des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV abgesehen werde könne. Vielmehr müssten in jedem Fall beide Voraussetzungen für eine Haltung von Schweinen in Kastenständen zwingend erfüllt sein. Jedes andere Verständnis würde dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers widersprechen und den Regelungsgehalt des § 24 Abs. 4 TierSchNutztV konterkarieren. Eine einschränkende Auslegung von § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV sei auf Grund des eindeutigen Wortlautes der Verordnung ausgeschlossen. Wie der Kastenstand im Übrigen beschaffen sein müsse, um die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV zu erfüllen, sei nicht Gegenstand der streitigen Anordnung. Außerdem kämen für die im Raum stehenden Kastenstandweiten von über 85 cm lichtes Maß, die wegen einer Umsetzung der Anforderungen des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV einhergehen würden, nur Altsauen in Betracht, die bereits über mehrere Zyklen hinweg im Kastenstand eingestallt gewesen und bereits an die Kastenstandhaltung gewöhnt seien. Sollten einzelne Sauen sich versuchen zu drehen, seien die Tiere aus dem Kastenstand gemäß § 30 Abs. 4 TierSchNutztV zu entfernen. Hierfür habe der Tierhalter Sorge zu tragen. Der Verordnungsgeber gehe somit selbst davon aus, dass nicht jede Sau im Kastenstand gehalten werden könne bzw. müsse.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

I.

20

Die erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) der Klägerin ist bereits unzulässig, soweit sie sich gegen die Zwangsgeldandrohung unter Ziffer III. des Tenors des Bescheides des Beklagten vom 26. November 2012 richtet.

21

Insoweit ist der Bescheid bestandskräftig geworden, da die Klägerin ihren Widerspruch vom 21. Dezember 2012 ausdrücklich nur gegen die „Anordnungen I. Nr. 1 bis 4“ des Bescheides erhoben hat. Dementsprechend hat sich der Widerspruchsbescheid vom 22. April 2013 auf die Prüfung dieser Grundverfügungen beschränkt. Auch wenn gem. § 59 Abs. 2 Satz 2 SOG LSA eine Zwangsmittelandrohung mit dem sicherheitsbehördlichen oder polizeilichen Verwaltungsakt verbunden werden soll, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird, handelt es sich bei der Androhung um einen - eigenständig anfechtbaren - Verwaltungsakt (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 2. Dezember 1988 - 4 C 16.85 -, zit. nach JURIS). Dementsprechend kann ein Rechtsbehelf gegen einen Bescheid, in dem eine Verbindung i.S.d. § 59 Abs. 2 SOG LSA vorgenommen worden ist, auf die Grundverfügung begrenzt werden. Dass die Zwangsmittelandrohung grundsätzlich das rechtliche Schicksal der Verfügung teilt, zu deren Durchsetzung sie ergangen ist (vgl. OVG Niedersachsen, Urt. v. 30. Juni 2015 - 4 LC 285/13 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16. Juni 2015 - 20 A 2235/12 -, jeweils zit. nach JURIS), ändert nichts an der Befugnis des Widerspruchsführers, den Widerspruch inhaltlich zu beschränken.

II.

22

Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

23

Die Anordnung unter Ziffer I. Nr. 1. des Tenors des Bescheides des Beklagten vom 26. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 22. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

24

1. Der Bescheid des Beklagten vom 26. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2013 ist nicht formell rechtswidrig.

25

Der Bescheid vom 26. November 2012 ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht unter Mitwirkung eines i.S.d. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. 21 Abs. 1 VwVfG voreingenommenen Bearbeiters ergangen. Die Befangenheitsvorwürfe der Klägerin gegenüber Herrn B., dem Verfasser dieses Bescheides, sowie den anderen Mitarbeitern des Fachbereichs 8 des Beklagten - sämtlich Amtsveterinäre - sind im Ergebnis nicht durchgreifend.

26

Ein Grund im Sinne des § 21 Abs. 1 VwVfG, der geeignet ist, Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, liegt vor, wenn aufgrund objektiv feststellbarer Tatsachen für die Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände die Besorgnis nicht auszuschließen ist, ein bestimmter Amtsträger werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht nicht aus (so BVerwG, Urt. v. 13. Oktober 2011 - 4 A 4000.09 -, zit. nach JURIS; vgl. auch Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. A., § 21 Rdnr. 10; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. A., § 21 Rdnr. 13f., jeweils m.w.N.). Ein unter Mitwirkung eines solchen Amtsträgers ergangener Verwaltungsakt kann als verfahrensfehlerhaft angefochten werden. Vorausgesetzt ist, dass die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne die Mitwirkung des befangenen Bediensteten die Entscheidung anders ausgefallen wäre (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 21 Rdnr. 26, m.w.N.).

27

Die Vorwürfe gegen Herrn B., welche eine mittäterschaftlich begangene Erpressung des Herrn S. zwischen dem 4. und 5. Juni 2012, den Verrat von Dienstgeheimnissen im Jahre 2014 durch die Weitergabe von polizeilich angefertigten Foto- und Videomaterials, eine Einschränkung der Akteneinsicht ihr gegenüber seit Juli 2014, sowie eine wohl bis 29. Juni 2012 erfolgte wiederholte Einflussnahme auf Herrn Winfried T., u.a. Geschäftsführer der (S...) GmbH, betreffen, teilte die Klägerin dem Beklagten im Juli 2014 mit.

28

Eine Voreingenommenheit des Herrn B. ist danach aber nicht hinreichend ersichtlich. Soweit Vorgänge aus dem Jahr 2012 betroffen sind, kann sich die Klägerin darauf nicht mit Erfolg berufen, da sie diese dem Beklagten bzw. dessen Landrat nicht vor Erlass des Bescheides angezeigt hat (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 21 Rdnr. 4, m.w.N.). Ein Beteiligter hat auf Grund der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren die Pflicht, einen ihm bekannten oder im Laufe des Verfahrens bekannt werdenden Ablehnungsgrund unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern vor der Verwaltungsentscheidung oder einer bestimmten Verfahrenshandlung zur Vermeidung von Rechtsnachteilen zu rügen. Unterlässt er eine solche Rüge, verwirkt er wegen unzulässiger Rechtsausübung (vgl. § 71 Abs. 3 Satz 3 VwVfG; § 295 ZPO) grundsätzlich auch sein Recht, den Mangel des Verfahrens später gegen die in der Hauptsache ergangene Entscheidung geltend zu machen (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 26 Rdnr. 6, 15, m.w.N; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 2. Juli 1992 - 5 C 51.90 -; VGH Bayern, Beschl. v. 20. Mai 2009 - 22 ZB 08.2230 -, jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Ein Verschweigen durch ihren Gesellschafter Herrn S. muss sich die Klägerin zurechnen lassen. Vorgänge aus dem Jahr 2014 können von vornherein keine Befangenheit im Hinblick auf einen Bescheid aus dem Jahre 2012 begründen. Eine zur Anwendbarkeit des § 21 VwVfG führende „Einflussnahme“ des Herrn B. auf Herrn T. - die der Klägerin erst später bekannt geworden ist - ergibt sich auch aus den darauf gerichteten Darlegungen in der Strafanzeige der Klägerin nicht. Es handelt sich bei den widergegebenen Äußerungen gegenüber Herrn T. und dem sonstigen Verhalten in Bezug auf Herrn T. nicht um ein Verhalten, das eine Parteinahme gegen die Klägerin nahelegt.

29

Die gegenüber den Amtsveterinären des Fachbereichs 8, Herrn DVM G., Frau Dr. D., Frau Dr. S. und Frau Dr. P. erhobenen Vorwürfe sind ebenfalls nicht ausreichend. Es handelt sich dabei um Vorwürfe in Zusammenhang mit Durchsuchungen bei der Klägerin bzw. einer Anlage in G. im März und Juli 2014. Damit stammen die Vorwürfe aus einem Zeitraum weit nach Erlass des streitigen Bescheides und können daher eine für den Erlass des Bescheides maßgebliche Befangenheit nicht belegen. Darüber hinaus haben die genannten Amtsveterinäre den Bescheid gerade nicht erstellt, und es ist auch weder vorgebracht noch sonst ersichtlich, dass sie an der Erstellung überhaupt mitgewirkt haben. Den erheblichen Zweifeln, ob die Vorwürfe stichhaltig sind, ist daher nicht nachzugehen.

30

Im Übrigen fehlt es unter Beachtung der Vorgabe des § 46 VwVfG an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Mitwirkung der von der Klägerin genannten Mitarbeiter des Beklagten und dem in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zur Prüfung gestellten Bescheid des Beklagten. Denn die Widerspruchsbehörde hat diesen Bescheid vollständig überprüft und durch eine selbständige Sachentscheidung bestätigt, so dass deren abschließende (Verwaltungs-)Entscheidung in der Sache von dem etwaigen Verfahrensfehler offensichtlich nicht beeinflusst werden konnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 28. Mai 2015 - 1 C 25.14 -; OVG Sachsen, Beschl. v. 13. November 2014 - 1 B 119/14 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 11. Dezember 2008 - 3 L 83/05 -, jeweils zit. nach JURIS).

31

Nicht zu folgen ist auch der Rüge der Klägerin, es bestehe eine institutionelle Befangenheit sämtlicher Mitarbeiter des Fachbereichs 8 des Beklagten wegen der „Doppelrolle“ der Behörde. Eine "institutionelle Befangenheit" einer Behörde kennt die Rechtsordnung grundsätzlich nicht, da sie von der Grundannahme ausgeht, dass die gesamte öffentliche Hand bei ihrem Handeln allein das öffentliche Interesse und kein spezielles Eigeninteresse verfolgt (vgl. dazu OVG Niedersachsen, Beschl. v. 19. August 2014 - 10 ME 90/13 -, zit. nach JURIS; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 21 Rdnr. 15, § 20 Rdnr. 9). Vielmehr regeln die §§ 20 und 21 VwVfG nur den Ausschluss und die persönliche Befangenheit von (einzelnen) Mitarbeitern (so auch VGH Bayern, Beschl. v. 8. Juni 2015 - 22 CS 15.686 -, zit. nach JURIS; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 21 Rdnr. 2; a.M. für „Sondersituationen“: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 21. November 2011 - 1 A 2563/09 -, zit. nach JURIS).

32

Sonstige formelle Rechtswidrigkeitsgründe sind weder ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht. Soweit die Klägerin im Klageverfahren noch auf einen Ausschluss von Mitarbeitern des Beklagten gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i.V.m. § 20 Abs. 1 VwVfG wegen einer Amtshilfe für die Staatsanwaltschaft und der Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen abgestellt hat, waren die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 6 VwVfG von vornherein nicht erfüllt.

33

2. Die streitige Anordnung in dem Bescheid hinsichtlich der belegten Kastenstände (Ziffer I., 1.) ist materiell rechtmäßig.

34

Rechtsgrundlage der Anordnung ist § 16a Abs. 1 TierSchG i.V.m. § 2 Nr. 1 und 2 TierSchG und § 24 Abs. 1 und 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 erforderlichen Maßnahmen anordnen.

35

a) Die Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 TierSchG für ein Einschreiten des Beklagten sind erfüllt. Die Belegung der Kastenstände in der Anlage der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung führte in mehreren Fällen zu einem tierschutzwidrigen Zustand i.S.d. § 16a TierSchG, da insoweit die Vorgaben der §§ 2 Nr. 1 und 2 TierschG i.V.m. 24 Abs. 1 und 4 Nr. 2 TierSchNutztV nicht erfüllt waren.

36

Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (§ 2 Nr. 1 TierSchG) und darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (§ 2 Nr. 2 TierSchG). Gemäß § 24 Abs. 1 TierSchNutztV dürfen Jungsauen und Sauen nur in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die den Anforderungen der Absätze 2 bis 6 entsprechen; Kastenstände müssen gem. § 24 Abs. 4 TierSchNutztV so beschaffen sein, dass (1.) die Schweine sich nicht verletzen können und (2.) jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann.

37

(1) Aus § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV ergibt sich zwingend, dass den in einem Kastenstand gehaltenen (Jung)Sauen die Möglichkeit eröffnet sein muss, jederzeit in dem Kastenstand eine Liegeposition in beiden Seitenlagen einzunehmen, bei der ihre Gliedmaßen auch an dem vom Körper entferntesten Punkt nicht an Hindernisse stoßen.

38

Diese Rechtsfolge ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm, die mit der Formulierung „ausstrecken kann“ eindeutig ist. Die von der Klägerin insoweit erhobenen Bedenken sind nicht durchgreifend. Ob der Begriff „ungehindert“ sich nur auf das Aufstehen und gegebenenfalls noch das Hinlegen bezieht, kann offen bleiben, da entscheidend allein die Vorgabe ist, dass „jedes Schwein … in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann“. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Klägerin muss dies auch jederzeit möglich sein. Zwar wird in zahlreichen anderen Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung der Begriff „jederzeit“ ausdrücklich verwendet (vgl. zur Schweinehaltung § 24 Abs. 6 Nr. 1, § 26 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 26 Abs. 4 Satz 2, § 30 Abs. 3). Allerdings handelt es sich dabei um Bestimmungen, mit denen das den Tieren mögliche Verhalten geregelt wird (z.B. der Zugang zu Trinkwasser und Beschäftigungsmaterial oder das Umdrehen), wobei gleichzeitig nicht ausgeschlossen ist, dass das in Rede stehende Verhalten auch nur zeitweise ermöglicht werden könnte. Daher bestand die Notwendigkeit, den zeitlichen Umfang zu regeln. Demgegenüber betrifft § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV die dauerhafte Gestaltung der Haltungseinrichtungen und ist mit den genannten Regelungen nicht vergleichbar. Sinn und Zweck der Norm sowie die Systematik der Verordnung (vgl. §§ 3 Abs. 2 Nr. 1, 22 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV) und die Vorgaben des TierSchG (vgl. §§ 1, 2 Nr. 1 und 2 TierSchG) gebieten ebenfalls eine Auslegung, welche es den Tieren ermöglicht, in einer Halteeinrichtung zumindest eine von Hindernissen freie, ausreichend breite Liegefläche zu haben. Denn nur dies entspricht einer verhaltensgerechten Unterbringung, durch die dem Tier keine vermeidbaren Leiden zugefügt werden.

39

Die von der Klägerin angeführten Ausführungshinweise vom 23. Februar 2010 zu § 24 Abs. 4 TierSchNutztV führen zu keiner anderen Auslegung. Es muss nicht abschließend entschieden werden, ob deren Anwendbarkeit vorliegend schon deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich um Ausführungshinweise des Landes Niedersachsen handelt, die in Sachsen-Anhalt, wo die Klägerin ihre Schweinehaltung betreibt, keine Geltung entfalten (so noch der Senatsbeschl. v. 18. April 2013 - 3 M 165/13 -). Dem könnte entgegenstehen, dass sie in dem Handbuch „Tierschutzüberwachung in Nutztierhaltungen“ enthalten sind, das von einer Arbeitsgruppe einer Länderarbeitsgemeinschaft erarbeitet worden ist und nach Auskunft der Landesregierung (LT-DrS 6/2916 v. 19. März 2014) bei der Planung, Durchführung und Dokumentation der amtlichen Kontrollen in Sachsen-Anhalt verwendet wird. Jedenfalls enthalten die Hinweise im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin keine bindenden Vorgaben zur Auslegung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. In dieser Norm wird der zuständigen Behörde weder ein Beurteilungs- noch ein Ermessensspielraum einräumt, sondern sie enthält unbestimmte Rechtsbegriffe, die gerichtlich voll überprüfbar sind. Selbst wenn man die Ausführungshinweise mit der Klägerin als „sachverständige Äußerungen“ ansieht, hätten diese also von vornherein lediglich den Stellenwert einer Rechtsmeinung. Zu der Regelung des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV wird darin aber lediglich darauf verwiesen, es könne von einer Erfüllung der Anforderungen bei Neu- und Umbauten „im Allgemeinen“ davon ausgegangen werden, wenn Kastenstände im Deckzentrum „mindestens“ u.a. bestimmte Größenanforderungen erfüllten. Diese Mindestmaße für Kastenstände stellen schon keinen Bezug zur Körpergröße des jeweiligen Tieres her und enthalten daher keine rechtlich tragfähige Auskunft zu der hier vorzunehmenden Auslegung der Regelung.

40

Unerheblich ist auch, ob nach veterinärmedizinischer Erfahrung statistisch nur jede fünfte Sau in einer Seitenlage ruht. Denn nach § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV müssen Kastenstände so beschaffen sein, dass jedes Schwein - und nicht nur jedes fünfte Schwein - in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann. Ebenfalls ohne Belang ist, ob nach den Regelungen der Richtlinie 2008/120/EG des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (ABl. L 47 vom 18.02.2009, S. 5) eine geringere Fläche ausreichen kann. Hierbei handelt es sich um Mindestanforderungen, für deren Einhaltung die Mitgliedstaaten zu sorgen haben. Die Vorgabe von Mindeststandards überlässt es den Mitgliedstaaten, strengere Maßstäbe anzulegen und ein über die Mindeststandards hinausgehendes Schutzniveau vorzusehen. Abgesehen davon ist Art. 3 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2008/120/EG nicht einschlägig, weil die dort vorgesehene Mindestfläche von 1,3 m² je Sau für Tiere gilt, die in Gruppenhaltung nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Richtlinie 2008/120/EG gehalten werden.

41

(2) Die Vorgabe des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV erfüllen danach nur Kastenstände, deren Breite mindestens dem Stockmaß (d.h. der Widerristhöhe bzw. der Entfernung vom Boden zum höchsten Punkt des stehenden Schweins) des darin untergebrachten Schweins entspricht, oder Kastenstände, welche dem Tier die Möglichkeit eröffnen, die Gliedmaßen ohne Behinderung in die beiden benachbarten leeren Kastenstände oder beidseitige (unbelegte) Lücken durchzustecken.

42

Die Möglichkeit, die Gliedmaßen in benachbarte belegte Kastenstände durchzustecken, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ausreichend. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass - wie die Klägerin selbst einräumt und sich zudem aus der von ihr vorgelegten Stellungnahme des Instituts für Tierschutz und Tierhaltung vom 28. Mai 2015 ergibt - Tiere im benachbarten Kastenstand eine Liegeposition einnehmen, welche das Ausstrecken der Gliedmaßen erschweren kann. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Schweine in einem benachbarten Kastenstand mit dem Rücken zu dem in Frage stehenden Kastenstand liegen. Soweit die Klägerin geltend macht, die Tiere suchten auch in Seitenlage bewusst die Nähe zu Tieren in benachbarten Kastenständen und das Ablegen auf den Gliedmaßen eines anderen Tieres sei Ausdruck des Sozialverhaltens von Schweinen, erfasst dies schon nicht Fallgestaltungen, bei denen ein Durchstecken der Gliedmaßen auf Grund der Rückenlage eines anderen Schweines ausgeschlossen ist. Ungeachtet dessen muss es jedem der dergestalt gehaltenen Schweine - sofern gewollt - möglich sein, seine Liegeposition ohne Beschränkung entsprechend zu ändern. Querverstrebungen des Kastenstandes stellen keine Behinderung dar, wenn sie sich in einer solchen Höhe befinden, dass das Schwein in Seitenlage eine ausreichende Liegeposition einnehmen kann, ohne dass die Gliedmaßen dabei an die unterste Querverstrebung anstoßen. Längsverstrebungen des Kastenstandes entsprechen den Vorgaben des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV, soweit sie aus Gründen der statischen Konstruktion zur Stabilität des Kastenstandes oder zur Verhinderung eines Durchrutschens des Schweins erforderlich sind.

43

Ohne Erfolg wendet die Klägerin unter Berufung auf sachverständige Äußerungen und die tatsächlichen Verhältnisse in anderen Betrieben, z.B. dem Rittergut S., ein, Kastenstände, deren Breite mindestens dem Stockmaß des jeweiligen Schweins entsprächen oder sogar größer seien, stellten einen Verstoß gegen § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV bzw. die allgemeine Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV sowie Hygienevorgaben dar, weil sich Schweine in solchen Kastenständen drehen können. Ob sich (Jung)Sauen in einem Kastenstand tatsächlich drehen, hängt nicht nur von der Breite des Kastenstandes, sondern auch von verschiedenen anderen Faktoren (u.a. Größe, Alter, Zucht, Zeitpunkt der ersten Unterbringung in einem Kastenstand) ab. Weiterhin dürfen die Tiere in Kastenständen gem. § 30 Abs. 4 TierSchNutztV grundsätzlich nur gehalten werden, wenn nicht offensichtlich erkennbar ist, dass diese Haltungsform zu nachhaltiger Erregung führt, die insbesondere durch Gabe von Beschäftigungsmaterial nicht abgestellt werden kann. Da der Tierhalter im Rahmen des § 24 Abs. 4 TierSchNutztV die Wahl zwischen verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten von Kastenständen hat, obliegt also ihm die Prüfung, ob ein Kastenstand, dessen Breite größer ist als das Stockmaß des jeweiligen Schweins oder ihm entspricht, zu einem tierschutzwidrigen Zustand führt. Sollte er eine Gefährdung des Schweins annehmen, weil dieses sich eventuell dreht, kann und muss er gegebenenfalls einen Kastenstand verwenden, der eine unter dem Stockmaß des Tieres liegende Breite aufweist und dem Tier die Möglichkeit einräumt, die Gliedmaßen ohne Behinderung in die benachbarten Kastenstände oder Lücken - jeweils unbelegt - durchzustecken.

44

(3) Die an den oben aufgeführten Ausführungshinweisen orientierte Ausgestaltung von Kastenständen in der klägerischen Anlage, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung jeweils eine lichte Weite von maximal 70 cm aufwiesen, erfüllte danach - wie der Beklagte auch durch Fotos dokumentiert hat - mehrfach nicht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Die Klägerin macht sogar selbst geltend, es sei ausreichend gewesen, dass die in Kastenständen gehaltenen (Jung)Sauen ihre Gliedmaßen in benachbarte belegte Kastenstände durchstecken konnten. Wenn belegte Kastenstände nicht mit den Vorgaben des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV in Übereinstimmung stehen, handelt es sich um Verstöße i.S.d. § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG, da § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV unmittelbar auf der Verordnungsermächtigung des § 2a Abs. 1 Nr. 2 TierSchG beruht. Gleichzeitig dient § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV i.S.d. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG der näheren Bestimmung der Anforderungen des § 2 Nr. 1 und 2 TierSchG, welche durch die Verordnung verbindlich konkretisiert werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16. Juni a.a.O.).

45

b) Die von der Beklagten als zuständige Behörde (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 TierSchG i.V.m. § 10 Nr. 2 ZustVO SOG LSA) getroffene Anordnung zur Gestaltung belegter Kastenstände ist auch notwendig i.S.d. § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG.

46

(1) An der inhaltlichen Bestimmtheit der Anordnung i.S.d. §§ 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. 37 Abs. 1 VwVfG bestehen keine durchgreifenden Zweifel.

47

Eine Verfügung ist dann hinreichend bestimmt, wenn der Adressat in die Lage versetzt wird, zu erkennen, was von ihm gefordert wird und zugleich der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für die Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Die streitige Anordnung erschöpft sich im Wesentlichen in einer Wiederholung des maßgeblichen Normtextes, nämlich des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Ihr Regelungsinhalt besteht daher dahin, als gesetzeswiederholende Verfügung (vgl. dazu Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, TierSchG, § 16a Rdnr. 6; Lorz/Metzger, TierSchG, 6. A., § 16a Rdnr. 12; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v 13. Mai 2013 - 3 M 161/13 -) eine bereits normativ bestehende Verpflichtung zu konkretisieren. Solche gesetzeswiederholenden Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 8. Januar 2014 - 8 B 11193/13 -; VGH Bayern, Beschl. v. 12. März 2010 - 10 CS 09.1734 -; VG Hamburg, Urt. v. 12. März 2015 - 17 K 3507/14 jeweils zit. nach JURIS, m.w.N.). Anlass zu dieser Verfügung bestand deshalb, weil die Klägerin davon ausging, dass es ausreichend sei, wenn Kastenstände eine bestimmte Mindestbreite aufwiesen und die darin befindlichen (Jung)Sauen ihre Gliedmaßen in einen benachbarten belegten Kastenstand durchstecken konnten. Unter Berücksichtigung der bei Erlass der Anordnung gegebenen Situation und unter Zugrundelegung eines die Behörde und die Klägerin umgreifenden gemeinsamen Verständnishorizontes (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 2. Dezember 2012 - 3 C 42.91 -, zit. nach JURIS) konnte die Klägerin der Anordnung in hinreichender Weise entnehmen, dass diese Gestaltung von Kastenständen nicht ordnungsgemäß ist, sondern jeder belegte Kastenstand dem darin befindlichen Schwein eine von dessen Stockmaß bestimmte Liegefläche frei von Hindernissen bieten muss.

48

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin sieht die Anordnung des Ausgangsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nicht vor, dass eine Erweiterung der Breite der Kastenstände entsprechend dem Stockmaß des jeweiligen Schweins erfolgen muss. Die Erweiterung der Breite der Kastenstände ist lediglich eine Möglichkeit des Anlagenbetreibers, sofern die sonstigen Vorgaben an die Kastenstände (vor allem aus § 24 Abs. 4 Nr. 1 TierSchNutztV) erfüllt sind. Soweit in der Begründung des Ausgangsbescheides darauf abgestellt wird, „die Kastenstände“ seien „zu ändern bzw. zu erweitern“, ist dies nicht allein auf eine Erweiterung der Breite bezogen. Eine Änderung der Kastenstände, die ausweislich des „bzw.“ eine gleichrangige Möglichkeit darstellt, kann auch lediglich eine Änderung der Belegung von Kastenständen oder eine Schaffung von Lücken zwischen den Kastenständen beinhalten. Dementsprechend bezieht sich die Anordnung allgemein auf „die Kastenstände“. Auch ist die Bezugnahme in der Begründung auf das Stockmaß nicht ausreichend, anzunehmen, in dem Bescheid werde eine danach bemessene Breite der Kastenstände vorgeschrieben. Zum einen erfolgt die Bezugnahme nicht nur in Bezug auf die mögliche Erweiterung, sondern auch hinsichtlich der möglichen Änderung der Kastenstände. Zum anderen wird ausdrücklich ausgeführt, die Kastenstände seien „unter Berücksichtigung“ des Stockmaßes zu ändern bzw. zu erweitern. Das Stockmaß soll danach ersichtlich nur Maßstab für die dem Schwein zur Verfügung zu stellende Liegefläche ohne Hindernisse sein, nicht aber zwingende Festlegung in Bezug auf die Kastenstandsbreite. Dass im Rahmen der Beschreibung der Mängel der Anlage die Breite der Kastenstände als zu gering bezeichnet wird und der Beklagte in späteren Ausführungen breitere Kastenstände als erforderlich betrachtet hat, steht dem nicht entgegen. Denn der Regelungsgehalt des Bescheides ist nach dem (objektiven) Empfängerhorizont zu bemessen, d.h. danach, wie ihn der Empfänger im Zeitpunkt des Zugangs bei objektiver, verständiger Würdigung verstehen konnte. Der Empfängerhorizont der Klägerin wurde auch nicht durch die bisherige Tierhaltungspraxis oder das Verständnis Dritter in einer Weise beschränkt, dass sie den Bescheid objektiv nur mit dem von ihr angenommenen Inhalt auslegen konnte. Gerade weil die Klägerin davon ausgeht, dass zu breite Kastenstände den Tieren die Möglichkeit geben, sich - mit den dadurch verbundenen Gesundheitsgefährdungen - im Kastenstand zu drehen und sie das Durchstecken der Gliedmaßen in belegte benachbarte Kastenstände als tierschutzkonform ansieht, lag es für sie durchaus nahe, den Bescheid in der hier dargelegten Weise zu verstehen. Soweit in der Anordnung - gleichfalls auf der Grundlage des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV - gefordert wird, dass jedes Schwein ungehindert aufstehen und sich hinlegen können muss, folgt daraus nicht, dass die Breite der Kastenstände entsprechend dem Stockmaß des Tieres zu bemessen ist. Die Anordnung stellt in der Begründung ausdrücklich allein auf die Liegeposition der Tiere ab. Im Übrigen folgt eine derartige Verpflichtung auch nicht aus § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV. Es ist weder ansatzweise ersichtlich noch substanziiert geltend gemacht, dass das ungehinderte Aufstehen oder Hinlegen in dem Kastenstand nur dann gewährleistet ist, wenn die Breite des Kastenstands mindestens dem Stockmaß des darin untergebrachten Schweins entspricht. Die Klägerin, die zudem selbst eine Schweinehaltung in Kastenständen vornehmen will, die eine unter dem Stockmaß des jeweiligen Schweins liegende Breite aufweisen, hat bislang dafür im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte genannt.

49

Auch die gegen die Bestimmtheit der Anordnung ansonsten erhobenen Einwendungen der Klägerin sind unbegründet. Eine von ihr angesprochene Liegeposition quer im Kastenstand ist offensichtlich nicht Gegenstand der Anordnung, da - wie die Klägerin selbst ausführt - die Haltung in Kastenständen und nicht die Haltung in Buchten geregelt werden sollte. Daraus folgt, dass sich der Begriff „alle möglichen Liegepositionen“ auf das ungehinderte Ausstrecken von Kopf und Gliedmaßen in dem Kastenstand bezieht und nicht eine mit dem Wesen eines Kastenstandes unvereinbare Gestaltung betrifft. Die in dem Tenor enthaltene Bezugnahme auf die „belegten Kastenstände“ und „insbesondere die Kastenstände in den Ställen 1, 5 und 6“ stellt keine Unklarheit der Verfügung dar. Dass nur belegte Kastenstände bestimmten tierschutzrechtlichen Vorgaben entsprechen müssen, versteht sich von selbst, und der Hinweis auf bestimmte Ställe verdeutlichte lediglich den nach Ansicht des Beklagten vor allem dort gegebenen Handlungsbedarf. Dass der Inhalt der Anordnung in den gerichtlichen Verfahren über danach erlassene Zwangsmittelbescheide ebenfalls streitig ist, spricht schließlich weder für noch gegen eine Unbestimmtheit der Verfügung.

50

(2) Die sachlichen Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 16a Abs. 1 TierSchG waren für den entscheidungserheblichen Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung weiter gegeben.

51

Nicht (allein) entscheidungserheblich ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, da die streitige Anordnung einen Dauerverwaltungsakt darstellt, der allgemein dadurch gekennzeichnet ist, dass er sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert.

52

Bei tierschutzrechtlichen Anordnungen nach § 16a Satz 2 Nr. 1 TierSchG handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht notwendig um Dauerverwaltungsakte, sondern das Vorliegen eines Dauerverwaltungsakts ist von der rechtlichen Bedeutung der getroffenen Regelung abhängig (so BVerwG, Beschl. v. 9. Juli 2013 - 3 B 100.12 -; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 15. April 2015 - 3 M 517/14 -, jeweils zit. nach JURIS). Hier betrifft die Anordnung - wie es das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat - nicht einzelne Maßnahmen, welche die Klägerin umzusetzen hat, um tierschutzgerechte Zustände im Rahmen ihrer Schweinehaltung herzustellen (vgl. dazu VGH Bayern, Urt. v. 10. September 2012 - 9 B 11.1216 -, zit. nach JURIS), sondern begründet als anlagenbezogene Regelung ein auf Dauer berechnetes Rechtsverhältnis. Denn es sollten ersichtlich nicht nur die zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 26. November 2012 belegten Kastenstände tierschutzkonform gestaltet werden, sondern die Anordnung sollte - im Rahmen der ständig wechselnden Belegung von Kastenständen - so wirken, als ob sie immer und zu jedem Zeitpunkt neu erlassen würde und somit laufend das Verwaltungsrechtsverhältnis konkretisiere. Dementsprechend wird in dem Bescheid ausdrücklich auf „alle“ belegten Kastenstände und „jedes Schwein“ abgestellt und ausgeführt, dass „künftig tierschutzgemäße Haltungsbedingungen im Sinne des Tierschutzrechtes“ gewährleistet werden sollen. Die beispielhafte Bezeichnung bestimmter örtlicher Bereiche und die Begründung, nach der 80 Tiere durch zu geringe Kastenstandsgrößen beeinträchtigt seien, rechtfertigen nicht den Schluss, dass Zweck der Verfügung allein die Beseitigung der bei der Kontrolle festgestellten einzelnen wie abschließenden Missstände sein sollte.

53

Die Behörde hat den Dauerverwaltungsakt auf fortbestehende Rechtmäßigkeit zu überwachen; für seine rechtliche Beurteilung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29. Oktober 2014 - 9 B 32.14 -, zit. nach JURIS, m.w.N.) bzw. während des gesamten Zeitraums seiner Wirksamkeit (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, zit. nach JURIS, m.w.N.) maßgeblich. Die Sach- und Rechtslage hat sich hier in der Zeit zwischen Erlass des Bescheides und mündlicher Verhandlung nicht in wesentlicher Weise geändert. Denn die Klägerin geht weiterhin davon aus, die von ihr vertretene und auch praktizierte Ausgestaltung von Kastenständen sei tierschutzkonform, so dass die Anordnung zur Verhütung künftiger Verstöße notwendig ist.

54

(3) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf einen Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 2010 hinsichtlich der Kastenstände in ihrer Anlage, mit dem lediglich der Wortlaut des § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV teilweise wiederholt („sind alle Schweine so in Kastenständen aufzustallen, dass sie ungehindert den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken können“) und hinsichtlich der Breite darauf hingewiesen wurde, dies bedeute „bei den konkreten Gegebenheiten vor Ort, a) dass die Breite der einzelnen Kastenstände auf mindestens 70 cm zu erweitern“ sei. Entgegen der Ansicht der Klägerin entfaltet dieser Bescheid hinsichtlich einer Änderung der rechtlichen Auslegung des Tierschutzgesetzes und der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung schon keinerlei Bindungswirkung für den Beklagten. Auch liegt kein die Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides betreffender Widerspruch vor, da der Beklagte nicht gehindert ist, seine Rechtsauffassung zu ändern und er ersichtlich nicht mehr an den im Bescheid vom 14. Juli 2010 getroffenen Regelungen festhält. Eine ausdrückliche Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2010 war nicht erforderlich, selbst wenn man ihn ebenfalls als Dauerverwaltungsakt ansehen wollte. Einen Dauerverwaltungsakt kennzeichnet, dass die mit ihm getroffene Regelung nicht mit einer einmaligen Befolgung erledigt ist, sondern innerhalb der Geltungsdauer oder bis zum Erlass eines neuen Verwaltungsakts fortdauernd Geltung beansprucht (so BVerwG, Beschl. v. 9. Juli 2013, a.a.O.). Mit Erlass der streitigen Anordnung wurde daher die vorherige Regelung abgelöst.

55

(4) Der Beklagte hat das ihm in § 16a Abs. 1 TierSchG eingeräumte Ermessen fehlerfrei betätigt.

56

Bei einem Verstoß gegen zwingende Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung dürfte es sich hinsichtlich des „Ob“ des Einschreitens schon um einen Fall des intendierten Ermessens handeln, wenn lediglich die Einhaltung verordnungskonformer Zustände herbeigeführt werden soll. Jedenfalls hat der Beklagte in dem Bescheid vom 26. November 2012 insoweit das Ermessen in hinreichender Weise ausgeübt, als er darauf abgestellt hat, dass die bei der Kontrolle festgestellten Verstöße schwerwiegende und zum Teil wiederholte Verstöße gegen tierschutzrechtliche Haltungsbedingungen darstellten und dass insbesondere die vorgefundenen nicht den Anforderungen entsprechenden Bedingungen hinsichtlich der Haltung in Kastenständen den Tieren erhebliche bzw. länger andauernde Schmerzen und Leiden verursachten.

57

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist von vornherein nicht ersichtlich, da allein die in § 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV ausdrücklich vorgesehenen Vorgaben umgesetzt werden.

58

Die Ermessensausübung des Beklagten musste sich nicht mit der Frage einer Übergangsfrist beschäftigen. Die der Klägerin mit der Anordnung aufgegebenen Handlungspflichten ergeben sich vielmehr unmittelbar aus dem Gesetz, so dass kein Raum für eine behördliche Übergangsfrist (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 16. Juni 2015 -, a.a.O.) besteht. Bei der in der Verfügung genannten Frist „bis zum 31. Dezember 2012“ handelt es sich daher auch nicht um eine Verpflichtungsentstehungsfrist (vgl. VGH Hessen, Beschl. v. 28. Oktober 1997 - 4 UE 3676/95 -, zit. nach JURIS) bzw. eine Bescheidfrist mit materiell-rechtlichem Charakter (vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 19. November 2008 - 9 CS 08.953 -, zit. nach JURIS), sondern um eine Befolgungsfrist, die im Rahmen der Grundverfügung aber keine rechtliche Bedeutung hat, sondern allein Anknüpfungspunkt für die in der Zwangsmittelandrohung genannte Vollstreckungsfrist i.S.d. § 59 Abs. 1 Satz 1 Satz 3 HS 1 SOG LSA ist (vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 14. Februar 2011 - 2 M 245/10 -, zit. nach JURIS).

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

61

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen