Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (5. Senat) - 5 M 8/16

Gründe

I.

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Mit Beschluss vom 17. März 2016 - 17 B 3/16 MD - hatte das Verwaltungsgericht auf den Antrag des Antragstellers den Beteiligten im Wege einer einstweiligen Verfügung verpflichtet, die Vorsitzende des Antragstellers für die Teilnahme an der Schulung „Arbeitsrecht Grundlagen kompakt“ des ver.di Bildungswerks Sachsen-Anhalt e. V. vom 21.03.2016 bis 23.03.2016 unter Übernahme der Schulungskosten von 360 € zuzüglich Tagungspauschale vom Dienst freizustellen, und in der Rechtsmittelbelehrung dahingehend belehrt, dass gegen diesen Beschluss die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt statthaft sei.

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Auf die daraufhin vom Beteiligten eingelegte Beschwerde hat der beschließende Senat mit Beschluss vom 18. März 2016 - 5 M 4/16 - den Beschluss des Verwaltungsgerichtes geändert und die beantragte einstweilige Verfügung abgelehnt. Der Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers nach eigenen Angaben am 31. März 2016 zugegangen.

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Am 15. Juni 2016 hat der Antragsteller beschlossen, „gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt zum Aktenzeichen: 5 M 4/16 Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit beim Verwaltungsgericht Magdeburg zu stellen“. Hierzu hat er seinen bisherigen Verfahrensbevollmächtigten beauftragt und bevollmächtigt, „sämtliche notwendigen Verfahrenshandlungen vorzunehmen sowie Verfahrenserklärungen abzugeben.“ Am 21. Juli 2016 haben die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers bei dem beschließenden Gericht Nichtigkeitsklage erhoben.

II.

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1. Über die vom Antragsteller ausdrücklich gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als solche erhobene Nichtigkeitsklage hat gemäß § 78 Abs. 2 PersVG LSA i. V. m. den §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 85 Abs. 2 Satz 2, 79 ArbGG, 584 Abs. 1 2. Alt. ZPO der Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt zu entscheiden, da diese gegen den Beschluss des Senates vom 18. März 2016 - 5 M 4/16 - gerichtet ist.

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2. Die Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss des Senates in dieser Sache (5 M 4/16) vom 18. März 2016 bleibt ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig und war daher gemäß §§ 589 Abs. 1, 590 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO zu verwerfen (a), sie ist überdies unbegründet (b).

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a) Die Nichtigkeitsklage ist bereits unzulässig.

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Gemäß § 578 Abs. 2 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen. Dies gilt gemäß § 78 Abs. 2 PersVG LSA i. V. m. den §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 85 Abs. 2 Satz 2, 79 ArbGG ebenso für ein durch einen rechtskräftigen Beschluss geschlossenen Verfahren (vgl. auch: BAG, Beschluss vom 13. Oktober 2015 - 3 AZN 915/15 (F) -, juris [m. w. N.]). Letzteres ist vorliegend der Fall, da der angegriffene Senatsbeschluss vom 18. März 2016 gemäß § 78 Abs. 2 PersVG LSA i. V. m. §§ 87 Abs. 2 Satz 2, 85 Abs. 2, 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG unanfechtbar ist. Die Rüge des Antragstellers einer vermeintlich fehlenden oder unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung nach § 9 Abs. 5 ArbGG liegt daher neben der Sache.

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Gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, es sei denn, dass die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte (§ 579 Abs. 2 ZPO). Letzteres ist indes - wie dargelegt - hier nicht der Fall. Nach § 586 Abs. 1 ZPO sind die Klagen vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben, die gemäß § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit dem Tag beginnt, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft des Urteils. Die Tatsachen, die ergeben, dass die Klage vor Ablauf der Notfrist erhoben ist, sind gemäß § 589 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Darüber hinaus muss in der Klage die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Nichtigkeits- oder Restitutionsklage gerichtet wird, und die Erklärung, welche dieser Klagen erhoben wird, enthalten sein (§ 587 ZPO).

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Die am 21. Juli 2016 erhobene Nichtigkeitsklage ist verfristet, denn sie wurde nicht innerhalb eines Monats erhoben, nachdem der Antragsteller von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat. Da der angegriffene Senatsbeschluss - wie ausgeführt - unanfechtbar ist, scheidet ein späterer Fristbeginn als die Bekanntgabe am 31. März 2016 aus. Kenntnis hatten die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers auch spätestens mit Zugang des Senatsbeschlusses am 31. März 2016, denn schon mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 21. März 2016 in dem Verfahren 5 M 4/16 wurde die mangelnde Statthaftigkeit der Beschwerde des Beteiligten und die Unzuständigkeit des Oberverwaltungsgerichtes gerügt. Mithin war die Monats-Frist mit Ablauf des Montags, den 2. Mai 2016 (§§ 222 Abs. 1 und 2 ZPO, 188 Abs. 2 BGB) abgelaufen. § 9 Abs. 5 ArbGG ist - wie ebenfalls bereits ausgeführt - nicht verletzt.

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Soweit der Antragsteller meint, bereits der Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 21. März 2016 in dem Verfahren 5 M 4/16 habe die hier streitgegenständliche Nichtigkeitsklage gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zum Inhalt, ist dem nicht zu folgen. Zwar wird darin die Aufhebung des vorbezeichneten Senatsbeschlusses beantragt. Indes wird entgegen § 587 ZPO weder erkennbar Nichtigkeitsklage (oder Restitutionsklage) erhoben oder auch nur eine entsprechende Rechtsnorm genannt, noch wird überhaupt eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Senates gerügt. Vielmehr wird in dem Schriftsatz stattdessen geltend gemacht, dass der Beschluss von einem unzuständigen Gericht erlassen worden sei. Darauf hat der Senatsvorsitzende die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers bereits mit dort am 24. März 2016 eingegangener Verfügung vom 23.März 2016 hingewiesen.

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Ungeachtet dessen hätten die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 21. März 2016 nach den wertenden tatsächlichen Umständen auch deshalb keine wirksame Nichtigkeitsklage erhoben, weil sie für die Einlegung eines solchen gesonderten Rechtsbehelfes mangels vorangegangenen Beschlusses des Antragstellers weder beauftragt noch bevollmächtigt gewesen sind. Einen dahingehenden Beschluss hat der Antragsteller vielmehr erst am 15. Juni 2016 getroffen.

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b) Die Nichtigkeitsklage ist überdies unbegründet, denn der seinerzeit beschließende Senat war im Hinblick auf die vom Antragsteller gerügte Vorschrift des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorschriftsmäßig besetzt.

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Über die hier eingelegte und daher zugrunde zu legendende Beschwerde konnte der Fachsenat gemäß § 78 Abs. 2 PersVG LSA i. V. m. den §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, 937 Abs. 2, 944 ZPO ohne mündliche Anhörung durch den Vorsitzenden entscheiden, weil die Erledigung des Gesuchs wegen der bereits zum Montag, 21. März 2016 begehrten Teilnahme dringend war und eine mündliche Anhörung nicht erfordert hat. Gegenteiliges zeigt auch der Antragsteller nicht auf. Vielmehr rügt er stattdessen, dass der beschließende Senat nicht zur Entscheidung berufen gewesen sei. Dies betrifft indes keine Besetzungsrüge, sondern die Zuständigkeit des Gerichtes und die Richtigkeit seiner Entscheidung. Die damit behauptete Unrichtigkeit der getroffenen Entscheidung begründet indes schon für sich nicht die Annahme einer nicht vorschriftmäßigen Besetzung (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 6 PKH 10.15 -, juris [Rn. 21]). Ungeachtet dessen trifft der Einwand auch in der Sache nicht zu, weil im Fall mangelnder Statthaftigkeit der Beschwerde, d. h. fehlender Zulässigkeit der seinerzeit erhobenen Beschwerde des Beteiligten der Fachsenat gleichwohl über diese zu befinden hatte und überdies - wie ausgeführt - dementsprechend vorschriftsmäßig besetzt gewesen ist.

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Unabhängig vom Vorstehenden liegt ein Nichtigkeitsgrund nicht schon dann vor, wenn die Besetzung auf einer irrigen Gesetzesauslegung beruht. Vielmehr muss es sich um eine klar zutage liegende Gesetzesverletzung handeln, die auf einer nicht mehr hinnehmbaren Rechtsansicht und damit auf objektiver Willkür beruht (siehe: BGH, Urteil vom 22. November 1994 - X ZR 51/92 -, juris [Rn. 36 f.]; BAG, Beschluss vom 13. Oktober 2015, a. a. O.). Dies zugrunde legend wäre weder die Annahme des Verwaltungsgerichtes noch des beschließenden Senates, die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes sei (ausnahmsweise) statthaft, im Hinblick auf die Vielzahl und die Differenziertheit der vorliegend zu beachten gewesenen prozessrechtlichen Bestimmungen im Arbeitsgerichtsgesetz und der Zivilprozessordnung als objektiv willkürlich anzusehen.

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2. Einer Kostenentscheidung bedarf es im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht.

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3. Dieser Beschluss ist  unanfechtbar  (§ 78 Abs. 2 PersVG LSA i. V. m. §§ 87 Abs. 2 Satz 2, 85 Abs. 2, 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, 591 ZPO).


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