Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 10 K 618/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger wendet sich gegen die fortbestehende Wirksamkeit des Planfeststellungsbeschlusses des Beklagten, der die Grundlage für den Neubau der Ortsumgehung von L. als Landesstraße L xxxp bildet.
3Die Bezirksregierung Köln beschloss mit Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2004 den Neubau der Landesstraße xxx (L xxxp) - Ortsumgehung L.. Durch den Neubau der L xxx (L xxxp) soll zwischen der Anschlussstelle L.-Ost der A 00 und der B-Straße in L. auf einer Länge von 3,2 km eine östliche Umgehung L.s erreicht werden. Die Ortsumgehung L. wurde in den Landesstraßenbedarfsplan 2006 aufgenommen und wird dort mit der Stufe 1 geführt. Die Stufe 1 umfasst danach alle Maßnahmen, deren Realisierung bis zum Jahr 2015 abgeschossen bzw. eingeleitet sein soll.
4Der Kläger ist Vollerwerbslandwirt. Er ist Eigentümer der Grundstücke Gemarkung L.-U., Flur 3, Flurstück 49, sowie Flur 6, Flurstücke 191 und 192. Er ist darüber hinaus Pächter der Grundstücke Gemarkung L.-U., Flur 3, Flurstücke 42, 48, 50, 258 und 276, sowie Flur 6, Flurstücke 281, 282, 321, 325, 330 und 331. Die Pachtflächen Gemarkung L.-U., Flur 3, Flurstücke 42, 258 und 276 liegen unmittelbar im geplanten Trassenbereich. Die übrigen Grundstücke sind von Folge- und Ausgleichsmaßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Neubau der L xxx stehen, betroffen. Die Straße Am C./L.er Straße sowie ein weiter südlich verlaufender Wirtschaftsweg auf Höhe der Straße D-Straße sollen abgesenkt werden, um unter der L xxxp durchgeführt zu werden. Dies erfordert Abgrabungen an den klägerischen Grundstücken.
5Die gegen den Planfeststellungsbeschluss erhobene Klage des Klägers wurde vom erkennenden Gericht mit Urteil vom 13. Dezember 2006 abgewiesen (Az. 6 K 20/05). Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde durch das OVG NRW mit Beschluss vom 25. November 2009 abgelehnt (Az. 11 A 474/07).
6Für den Neubau der L xxxp besteht einschließlich der Ausgleichs- und Ersatzflächen ein Flächenbedarf von 27,1 ha. Hiervon hat der Landesbetrieb Straßenbau NRW (Straßen.NRW) zwischen 2003 und 2007 im Rahmen der Flurbereinigungsverfahren A und Z knapp 12,6 ha erworben. 1,3 ha davon liegen unmittelbar im Trassenbereich der L xxxp und 3,8 ha in dem Bereich, der von Ausgleichsmaßnahmen betroffen ist. Im Rahmen dieser beiden Flurbereinigungsverfahren wurden zudem weitere Grundstücke erworben, die eine Größe von insgesamt 10,8 ha haben.
7Darüber hinaus besteht für den Bau der L xxxp ein Zusatzbedarf für den in diesem Zuge neu zu ordnenden Wege- und Gewässerplan von 4,9 ha.
8Aufgrund des Flächenbedarfs für den Neubau der L xxxp hat die Bezirksregierung Köln bei der Bezirksregierung Münster als Oberer Flurbereinigungsbehörde am 5. November 2003 die Durchführung der Unternehmensflurbereinigung beantragt. Am 31. November 2009 fand eine Anhörung der voraussichtlich durch das Unternehmensflurbereinigungsverfahren L. II betroffenen GrundstückseigentümerInnen statt. Am 8. Januar 2010 ordnete die Bezirksregierung Düsseldorf die Einleitung des Unternehmensflurbereiniungsverfahrens L. II im Beschlusswege an. Das Flurbereinigungsgebiet ist 329 ha groß. Am 30. März 2010 erfolgte die Wahl des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung L. II. Der Kläger ist als ordentliches Vorstandsmitglied gewählt worden. Zwischen 2010 und 2018 fanden sieben Vorstandssitzungen statt. Im März 2010 erfolgte zudem die Erteilung zweier Bauerlaubnisse zum Bau des Kreisverkehrs an der Anschlussstelle A 00 und L xxxp. Im Mai und Dezember 2010 haben drei Grundstückseigentümer gegenüber der Flurbereinigungsbehörde auf Landabfindungen verzichtet. Konkret betraf dies am 10. Mai 2010 in der Gemarkung L.-U. das Grundstück Flur 3, Flurstück 34 (0,15 ha), und am 6. Dezember 2010 ebenfalls in der Gemarkung L. die Grundstücke Flur 4, Flurstück 130 (0,27 ha), sowie Flur 6, Flurstück 64 (0,045 ha). Von diesen Grundstücken liegen 0,043 ha im Trassenbereich und 0,1 ha dienen als Ausgleichs- und Ersatzflächen, die übrigen 0,27 ha dienen als Tauschflächen. Die entsprechenden Geldabfindungen wurden durch Straßen.NRW geleistet. Im Oktober 2010 wurden in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde als Vorbereitung für die Baufläche zwei Bäume gefällt. Am 23. Oktober 2012 veröffentlichte die Bezirksregierung Köln die Ausschreibung für den Bau des Kreisverkehrs an der Anschlussstelle A 00 und L xxxp, die jedoch vor Ablauf der Frist für die Einreichung der Angebote am 9. November 2012 aufgehoben wurde. Am 24. November 2014 erfolgte im Flurbereinigungsverfahren die Offenlage der Wertermittlung und am 5. März 2015 die Feststellung der Wertermittlung, die am 17. Januar 2017 bestandskräftig geworden ist.
9Der Kläger hat am 9. Februar 2018 Klage erhoben. Zur Begründung der Klage führt er im Wesentlichen aus, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2004 mit Ablauf des 24. November 2014 außer Kraft getreten sei. Mit der Durchführung des Plans sei nicht gemäß § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen worden. Es liege keine nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur planmäßigen Verwirklichung innerhalb des maßgeblichen Zeitraums vor. Lediglich der Flächenerwerb in den Jahren 2003-2005 im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens A stelle einen nicht nur geringfügigen Umfang dar. Dieses habe jedoch der Umsetzung der Bauvorhaben A yy und B zzz gedient. Eine nachträgliche "Umwidmung" sei nicht möglich. Die Bestimmung des Flurbereinigungsgebiets richte sich nach dem jeweiligen von der Flurbereinigung verfolgten Zweck. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens A Grundstücke erworben worden seien, die tatsächlich nicht dem mit der Flurbereinigung verfolgten Zweck - dem Bau der A yy und der B zzz - dienten. Wenn die Grundstücke tatsächlich dem Bau der L xxxp dienten, hätte ein entsprechendes Flurbereinigungsverfahren vorzeitig angeordnet werden können. Die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens L. II stelle nicht den Beginn der Durchführung des Plans dar. Diese habe gerade keine rechtsverbindliche Wirkung hinsichtlich des Erwerbs von Flächen. Die verbindliche Neuordnung trete erst mit der Anordnung der Ausführung des Flurbereinigungsplans gemäß § 61 Satz 2 FlurbG ein. Die im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens getroffenen Vereinbarungen aus dem Jahr 2010 hätten lediglich eine Fläche von 0,43 ha betroffen und würden lediglich 1,43 % des Flächenbedarfs ausmachen. Der weitere Grunderwerb des Beklagten beinhalte Flächen, die vor Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses erworben worden seien und beinhalte zudem Grundstücke, die nicht zur Verwirklichung des Vorhabens benötigt würden. Bei den erworbenen Grundstücken handle es sich überwiegend um zerstreut liegende Grundstücke außerhalb der Trasse und der Kompensationsflächen. Der Erwerb von Flächen außerhalb der für die Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses benötigten Grundstücke stelle auch keine in der Gewichtung gleichartige Maßnahme dar. Bei der Beschaffung von Flächen außerhalb des Planfeststellungsbereichs sei im Gegensatz zu einer Beschaffung von darin bezeichneten Grundstücken nach außen hin nicht erkennbar, dass diese dem Vorhaben dienen sollen. Vielmehr könnten sie nachträglich als Ersatzland im Rahmen einer Vielzahl von Vorhaben herangezogen werden. Die vorsorgliche Beschaffung von Flächen stelle sich damit als rein verwaltungsinterne Vorbereitungsmaßnahme dar, die dazu diene, die Umsetzung der notwendigen Enteignungen zu erleichtern. Über den Erwerb von Flächen außerhalb der Grenzen des Planfeststellungsbeschlusses könnten sich der Kläger und andere betroffene Eigentümer nicht auf zumutbare Weise Klarheit verschaffen. Der Bezug zum Vorhaben sei nicht ausreichend erkennbar. Auch stelle die Veröffentlichung der Ausschreibung für den Bau des Kreisverkehrs nicht den Beginn der Durchführung des Plans dar, insbesondere da diese wieder aufgehoben worden sei. Die Frist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW diene zum Einen dem Zweck, die Belastungen, die durch die enteignungsgleiche Vorwirkung entstünden, zeitlich zu begrenzen und Rechtsklarheit zu schaffen und trage zum Anderen dem Aspekt Rechnung, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten, die Grundlage für die Entscheidung gewesen seien, so verändern könnten, dass die sachliche Rechtfertigung für das Projekt nachträglich entfalle. So bestünden auch hier Indizien dafür, dass das Verkehrsaufkommen auf der L xxx in den letzten Jahrzehnten seit Beginn der Planung gesunken sei. Die Straßenverkehrszählungen aus den Jahren 1995 bis 2015 würden einen Rückgang der Verkehrsbelastung belegen. Es sei zu einer Verminderung von fast 5.000 Fahrzeugen täglich gekommen. Auch habe es weitere Veränderungen im überregionalen Straßennetz gegeben. So sei inzwischen mit dem Bau der Umgehungsstraße L 117n, die um die Ortsteile L./R. und U. führen solle, und mit dem Bau der B xxxr begonnen worden. Darüber hinaus werde es beim Bau der L xxxp auch zu artenschutzrechtlichen Konflikten kommen. Bei einer Untersuchung des NABU im Oktober 2018 seien neun Fledermausarten im Trassenbereich nachgewiesen worden. Hierbei handle es sich teilweise um Arten, die streng geschützt seien. Im Rahmen des Verfahrens zur Aufstellung des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2004 seien keine Artenschutzuntersuchungen durchgeführt worden. Das Artenschutzrecht habe sich in den vergangenen Jahren stetig fortentwickelt und die Untersuchungstiefe im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses entspreche in keiner Weise den heutigen Standards. Vor diesem Hintergrund sei § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW aus teleologischen Gründen so auszulegen, dass die Norm die Beschleunigungsfunktion bei der Umsetzung von Planfeststellungsbeschlüssen erzielen könne. Es könnten nur solche Maßnahmen subsumiert werden, die ein gewisses Gewicht hätten und den Zweck der Umsetzung des jeweiligen Planfeststellungsbeschlusses verfolgten.
10Der Kläger beantragt,
11festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Köln vom 16. November 2004 für den Neubau der Landesstraße xxx (L xxxp - Ortsumgehung L. -) außer Kraft getreten ist.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Der Beklagte bezieht sich zur Begründung seines Klageabweisungsantrags im Wesentlichen darauf, dass durch den bereits erfolgten Grunderwerb im Rahmen des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens L. II und durch die Einbringung der Grundstücke aus den vorausgegangenen Flurbereinigungsverfahren mit der Durchführung des Planfeststellungsbeschlusses begonnen worden sei. Die Flurbereinigungsverfahren A und Z hätten ursprünglich dem Zweck gedient, Grundstücksflächen für die Vorhaben A yy und B zzz zu erwerben. Jedoch seien diese Verfahren auch genutzt worden, um bereits Grundstücksflächen im für den Neubau der L xxxp geplanten Gebiet zu erwerben. Das Planfeststellungsverfahren für den Neubau der L xxxp sei bereits anhängig gewesen. Aus personellen und finanziellen Gründen sei zu diesem Zeitpunkt jedoch kein eigenständiges Flurbereinigungsverfahren eingeleitet worden. Durch die Lage der Grundstücke innerhalb des späteren Flurbereinigungsgebiets L. II werde deutlich, dass der im Rahmen der Flurbereinigungsverfahren A und Z erfolgte Grunderwerb auch der Verwirklichung des Straßenbaus der L xxxp gedient habe. Die Flächen seien 2007 im Grundbuch als Eigentum des Landesbetriebs Straßenbau NRW eingetragen worden. Nur für die Umsetzung der Maßnahme "Neubau der L xxxp" hätten die entsprechenden Haushaltsmittel zur Finanzierung des Grunderwerbs zur Verfügung gestanden. Durch die drei Flurbereinigungsverfahren seien vor Ablauf der Fünfjahresfrist bereits Flächen in einem Umfang von 23,8 ha durch die Straßenbauverwaltung erworben worden. Teilweise befänden sich diese Flächen im Trassenbereich bzw. seien sie für die geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen. Demnach seien im Zeitpunkt des Ablaufs der Fünfjahresfrist bereits 75 % des benötigten Flächenbedarfs im Eigentum der Straßenbauverwaltung gewesen. Für den Flächenerwerb seien Aufwendungen in Höhe von 700.000 Euro - zum Großteil im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens A - getätigt worden. Das Flurbereinigungsverfahren L. II habe nach seiner Einleitung im Jahr 2010 zu keiner Zeit geruht, vielmehr sei in den folgenden Jahren das Wertermittlungsverfahren entsprechend den gesetzlichen Vorschriften durchgeführt worden. Zwischen 2012 und 2017 habe lediglich das Straßenbauvorhaben geruht, da keine finanziellen Mittel für den Bau der L xxxp zur Verfügung gestanden hätten. Im Jahr 2018 habe der Kreisverkehr an der Anschlussstelle A 00 und L xxxp schließlich gebaut werden können. Die erforderliche Planrechtfertigung für die L xxxp ergebe sich nach wie vor aufgrund der Bedarfsausweisung im Landesstraßenbedarfsplan. Danach werde die Ortsumgehung L. weiterhin als Maßnahme der Stufe 1 eingestuft. Mit der Aufnahme in den Landesstraßenbedarfsplan sei die Frage des Verkehrsbedarfs bindend entschieden. Die bisherige Trassenführung habe im Übrigen nachteilige Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit aufgrund der nach wie vor hohen Verkehrsbelastung.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
18A. Die Klage ist zulässig.
19Die Klage ist als Feststellungsklage im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Danach kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2004 bzw. dessen Außerkrafttreten stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Dieser regelt die rechtliche Beziehung zwischen dem Kläger und dem Beklagten, denn er ist Grundlage für den Straßenneubau der Lxxxp und würde im Fall seiner Wirksamkeit zu Eingriffen in die Rechte des Klägers berechtigen.
20Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass der Planfeststellungsbeschluss nach § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW außer Kraft getreten ist. Berechtigtes Interesse ist jedes nach Lage des Falls anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, das hinreichend gewichtig ist, um die Position des Betroffenen zu verbessern.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1986 - 5 C 40.84, juris, Rn. 28; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 75, Rn. 98.
22Dieses Interesse ergibt sich vorliegend aus der Betroffenheit des Klägers als Grundstückseigentümer bzw. Pächter und Landwirt von Flächen, die zumindest teilweise für die Umsetzung des im Planfeststellungsbeschluss geregelten Vorhabens in Anspruch genommen werden. Es besteht ein Bedürfnis des Klägers, Klarheit darüber zu erlangen, ob die Planung durchgeführt werden darf und ob die betroffenen Flächen weiterhin wirksam durch den Planfeststellungsbeschluss belastet sind.
23Der Kläger ist auch gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Als Eigentümer und Pächter von durch das planfestgestellte Vorhaben in Anspruch genommenen Grundstücken kann er geltend machen, durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss möglicherweise in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt zu sein.
24Vgl. zur möglichen Rechtsverletzung bei Pachtverhältnissen: BVerwG, Urteil vom 1. September 1997 - 4 A 36.96 -, juris, Rn. 25 f.; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kapitel 37, Rn. 30.24.
25B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2004 ist nicht mit Ablauf des 25. November 2014 gemäß § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW unwirksam geworden. Danach tritt ein Plan außer Kraft, wenn mit seiner Durchführung nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen wird. Dies ist hier nicht festzustellen.
26I. Unanfechtbarkeit ist in diesem Zusammenhang gegeben, wenn gegen den Planfeststellungsbeschluss insgesamt kein ordentlicher Rechtsbehelf mehr anhängig ist und ein solcher von niemandem mehr erhoben werden kann. Unerheblich ist, ob noch außerordentliche Rechtsbehelfe, wie etwa eine Verfassungsbeschwerde, möglich sind.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2014 - 16 D 31/13.AK -, juris, Rn. 52 f., m. w. N.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 21. Aufl. 2020, § 75, Rn. 61 f., § 43, Rn. 29.
28Vorliegend gilt nicht ausnahmsweise eine verlängerte Frist von 10 Jahren gemäß § 17c Nr. 1 FStrG, denn bei der L xxxp handelt es sich nicht um eine Bundesfernstraße i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG, sondern um eine Landesstraße i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StrWG NRW. Eine andere Ausnahmevorschrift kommt nicht in Betracht. Von der Möglichkeit, die Frist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW gemäß § 38 Abs. 8 StrWG NRW zu verlängern, hat die Bezirksregierung Köln keinen Gebrauch gemacht.
29Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses ist hier am 25. November 2009 eingetreten. An diesem Tag lehnte das OVG NRW den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Aachen vom 13. Dezember 2006 ab (Az. 11 A 474/07). Das Verwaltungsgericht hatte die auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Klage abgewiesen (Az. 6 K 20/05). Mit der Ablehnung des Antrags ist das Urteil des VG Aachen rechtskräftig geworden gemäß § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO. Die fünfjährige Ausführungsfrist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW ist danach am 25. November 2014 um 24 Uhr abgelaufen (§ 31 VwVfG NRW i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).
30II. Innerhalb dieser Frist ist mit der Durchführung des Plans begonnen worden.
311. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt gemäß § 75 Abs. 4 Satz 2 VwVfG NRW jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur planmäßigen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht. Der Begriff des Beginns der Durchführung des Plans ist in Einklang mit dem Zweck der gesetzlichen Befristung von Planfeststellungsbeschlüssen auszulegen, Vorratsplanungen ohne erkennbaren Realisierungsgrad zu unterbinden. § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW dient zum einen der Rechtsklarheit für die von der Planfeststellung betroffenen Personen und Behörden. Sie sollen nicht auf unbegrenzte Zeit im Unklaren darüber gelassen werden, ob der Plan tatsächlich ausgeführt wird, zumal der Planfeststellungsbeschluss sich schon mit seinem Erlass mittelbar auf die Nutzung und Verwertung betroffener Grundstücke auswirken kann. Zum anderen soll auch die Verwirklichung von Vorratsplanungen vermieden werden, deren tatsächliche oder rechtliche Grundlagen sich im Laufe der Jahre so sehr verändert haben, dass zum Zeitpunkt der Verwirklichung der Planung einem neuen Planfeststellungsantrag nicht mehr entsprochen werden könnte, also der rechtlichen und tatsächlichen Überalterung von Planungen vorgebeugt werden. Demgemäß kommen als Maßnahmen, die ein Außerkrafttreten von Planfeststellungsbeschlüssen verhindern können, nur solche in Betracht, bei denen nach Art, Umfang und Zielrichtung deutlich erkennbar zum Ausdruck kommt, dass das Vorhaben in überschaubarem Zeitraum verwirklicht werden soll. Das schließt rein verwaltungsinterne Vorbereitungsmaßnahmen ebenso aus wie symbolische Akte, die nur dem Zweck dienen, den Ablauf der Frist zu hindern. Auch lassen nur Maßnahmen, die nicht mehr ohne weiteres rückgängig gemacht werden können und für die Verwirklichung des Plans von Bedeutung sind, den Schluss zu, dass das Vorhaben nunmehr ernsthaft ins Werk gesetzt werden soll.
32Vgl. BVerwG, Urteil 21. Oktober 2009 - 9 C 9.08 -, juris, Rn. 11 f.; OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2014 - 16 D 31/13.AK -, juris, Rn. 55 f., m. w. N.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 21. Aufl. 2020, § 75, Rn. 63a; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kapitel 37, Rn. 21.11, m. w. N.; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 75, Rn. 95, m. w. N.; Hermanns, Die Wirksamkeit von Planfeststellungsbeschlüssen als Maßstab ihrer Geltungsdauer, DÖV 2003, 714, 715, m. w. N.
33Nur wenn diese Absicht in der Öffentlichkeit hinreichend deutlich erkennbar wird, wird die beabsichtigte Publizitätswirkung erreicht. Eine solche Publizitätswirkung kann der Erwerb wichtiger, für das Vorhaben erforderlicher Grundstücke haben. Die finanziellen Aufwendungen eines Grunderwerbs lassen regelmäßig den Schluss zu, dass das Vorhaben ernsthaft in Angriff genommen werden soll. Erforderlich ist, dass der Grunderwerb zum Zweck des entsprechenden Vorhabens erfolgt.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Juni 2014 - 16 D 31/13.AK -, juris, Rn. 57, 59; BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2009 - 9 C 9.08 -, juris, Rn. 14.
35Das Gleiche gilt, wenn der Vorhabenträger sich um die vorzeitige Besitzeinweisung bemüht oder die Enteignung beantragt. Nach außen dokumentiert wird die Realisierungsabsicht auch, wenn der Vorhabenträger die Bauarbeiten - ggf. europaweit - ausschreibt und Bauaufträge vergibt. Die Ausschreibung selbst stellt aber trotz Erkennbarkeit nach außen keinen Beginn der Ausführung dar. Sie kann anders als der Vertragsschluss oder der Grundstückserwerb ohne weiteres einseitig rückgängig gemacht werden. Das bloße Aufstellen eines Bauzauns oder von Bauschildern dokumentiert ebenso wenig wie ein symbolischer „erster Spatenstich“ ein planmäßiges Durchführungskonzept. Auch genügen vorbereitende Untersuchungen nicht. Größere Freilegungsmaßnahmen oder umfangreichere Erdbauarbeiten reichen dagegen aus, ebenso der Baubeginn für technische Bauwerke oder gar der Beginn mit Hochbauarbeiten.
36Vgl. Deutsch, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, § 75, Rn. 198 f.; Wickel, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 75 VwVfG, Rn. 98; Kämper, in: BeckOK VwVfG, 48. Aufl. 2020, § 75, Rn. 56; Huck, in: Huck/Müller, Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Aufl. 2020, § 75, Rn. 38c; zu § 17c FStrG: OVG NRW, Beschluss vom 20. März 2003 - 11 B 507/03 -, juris, Rn. 9 f., m. w. N.; Marschall, Bundesfernstraßengesetz, 6. Aufl. 2012, § 17c, Rn. 18.
37Dies bedeutet allerdings nicht, dass es sich um besonders aufwendige oder umfangreiche Arbeiten handeln muss. Erforderlich ist vielmehr, dass durch die Arbeiten der Wille des Vorhabenträgers zum Ausdruck kommt, dass er weiterhin an seiner Planung festhält.
38Vgl. Hermanns, die Geltungsdauer von Planfeststellungsbeschlüssen, S. 7.
392. Ausgehend von diesen rechtlichen Erwägungen ist mit der Durchführung des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2004 fristgemäß begonnen worden. Die Einleitung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens L. II ist eine nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur planmäßigen Verwirklichung des Vorhabens.
40Die Bezirksregierung Düsseldorf hat das Unternehmensflurbereinigungsverfahren als Flurbereinigungsbehörde am 8. Januar 2010, also kurz nach Eintritt der Bestandskraft des streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses, durch Beschluss eingeleitet (vgl. § 4 FlurbG). Dies ist Beleg dafür, dass die Realisierung des Vorhabens nach Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses weiterhin von maßgeblichem Interesse war. Die Bezirksregierung Köln hatte als Enteignungsbehörde bereits im Jahr 2003 - in Abstimmung Straßen.NRW als Vorhabenträger - durch den bei der Bezirksregierung Münster als Oberer Flurbereinigungsbehörde gemäß § 87 Abs. 1 FlurbG gestellten Antrag auf Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens zur Verwirklichung des Unternehmens "Straßenneubau der L xxxp" die Grundlage hierfür geschaffen.
41a. Die Durchführung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens stellt bei Straßenbauprojekten, für die ein erhöhter Flächenbedarf besteht, eine Alternative zum freihändigen Erwerb oder zur Durchführung eines Enteignungsverfahrens dar. Hierdurch soll der Landverlust der Einzelnen solidarisch auf einen großen Eigentümerkreis verteilt werden, um so die Verluste für jeden Beteiligten gering zu halten. Ein freihändiger Erwerb ist als Alternative in Fallkonstellationen, in denen die Eigentümer der von dem Straßenbauvorhaben betroffenen Grundstücke diese nicht verkaufen wollen, wenig erfolgversprechend und die Durchführung eines Enteignungsverfahrens belastet die Betroffenen in deutlich intensiverem Ausmaß.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2009 - 9 C 9.08 - juris, Rn. 19.
43Der Erwerb der für das Straßenbauvorhaben benötigten Grundstücke stellt einen zwingend erforderlichen Schritt dar, ohne den eine Realisierung des Vorhabens nicht erreicht werden kann. Mit der Einleitung der Unternehmensflurbereinigung tritt diese an die Stelle des Enteignungsverfahrens.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1989 - 5 C 51.87 -, juris, Rn. 17.
45Die Unternehmensflurbereinigung hat enteignungsrechtliche Qualität und gegenüber den Eigentümern der für das Unternehmen unmittelbar benötigten Grundstücke sowie gegenüber den übrigen Teilnehmern des Verfahrens Eingriffscharakter.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2009 - 9 C 9.08 -, juris, Rn. 19 f., m. w. N.
47Endgültige Rechtswirkungen bezüglich der betroffenen Grundstücke im Unternehmensflurbereinigungsverfahren treten zwar erst mit der Ausführungsanordnung ein (vgl. § 61 Satz 2 FlurbG). Jedoch gelten mit Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses gemäß §§ 34 ff. FlurbG bereits Einschränkungen im Hinblick auf die im Flurbereinigungsgebiet befindlichen Grundstücke. So dürfen Änderungen der Nutzungsart der Grundstücke sowie die Errichtung, Herstellung, Veränderung und Beseitigung von Anlagen und Anpflanzungen auf den Grundstücken nur mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde vorgenommen werden (§ 34 FlurbG). Darüber hinaus steht den Beauftragten der Flurbereinigungsbehörde zur Vorbereitung und zur Durchführung der Flurbereinigung ein Betretungsrecht hinsichtlich der Grundstücke zu und sie können die erforderlichen Arbeiten vornehmen (§ 35 FlurbG). Auch kann die Flurbereinigungsbehörde gemäß § 88 Nr. 3 FlurbG i. V. m. § 36 FlurbG für den Fall, dass keine privaten (freiwilligen) Bauerlaubnisse der (Noch-)Eigentümer erteilt werden, Anordnungen treffen, die ihr den Besitz oder die Nutzung der Grundstücke zuweisen.
48b. Das Flurbereinigungsverfahren L. II verfolgt ausweislich der Begründung des Einleitungsbeschlusses ausdrücklich den Zweck, den durch die Ausführung der Straßenbaumaßnahme (Neubau der L xxxp) bedingten Landverlust zur Vermeidung von Härten auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen und die darüber hinaus entstehenden unternehmensbedingten Nachteile für die allgemeine Landeskultur durch eine entsprechende Neuordnung der Grundstücke so weit wie möglich zu vermeiden oder zumindest zu vermindern.
49Die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens stellte auch keinen rein symbolischen Akt - wie beispielsweise ein erster Spatenstich - dar. Es wurde kontinuierlich während der laufenden Frist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW vorangetrieben und ruhte zu keinem Zeitpunkt. So wurde insbesondere das zeitaufwendige Wertermittlungsverfahren weitgehend durchgeführt und am 5. März 2015 mit dem Feststellungsbeschluss beendet (vgl. § 32 FlurbG), also kurz nach Ablauf der Fünfjahresfrist. Die Offenlage der Wertermittlung erfolgte bereits am 24. November 2014. Dies belegt, dass es sich gerade nicht um eine Vorratsplanung handelt. Straßen.NRW hat zudem während des Flurbereinigungsverfahrens die entsprechenden Geldabfindungen an diejenigen Eigentümer gezahlt, die zuvor gegenüber der Flurbereinigungsbehörde auf Landabfindungen verzichtet haben und somit die Voraussetzung für den vorzeitigen Besitzübergang dieser Grundstücke bewirkt (vgl. §§ 52, 53 FlurbG). Zusätzlich hat Straßen.NRW durch die Einbringung einer beträchtlichen Anzahl von Grundstücken in das Flurbereinigungsverfahren die Voraussetzung für einen erfolgreichen und zügigen Verlauf geschaffen. Diese Einbringung umfasst nicht lediglich Grundstücke, die im Flurbereinigungsgebiet liegen und als Tauschflächen für Landabfindungen zur Verfügung stehen, sondern auch 125.847 m² der 271.000 m² großen Fläche, die unmittelbar im Trassenbereich liegen bzw. in Bereichen, die für Ausgleichsflächen vorgesehen sind. Der Erwerb der Grundstücke in den Jahren 2003 bis 2007 stellte zwar keine die Frist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW unterbrechende Maßnahme dar, weil dieser - unabhängig vom Erwerbszeitpunkt - nicht nach außen erkennbar zur Verwirklichung der L xxxp erfolgte. Der Erwerb fand im Rahmen der Flurbereinigungsverfahren A und Z statt. Diese Verfahren wurden offiziell und nach außen erkennbar (allein) zum Zweck des Neubaus der A yy und B zzz durchgeführt. Mit Einbringung in das Flurbereinigungsverfahren L. II wurden sie im Januar 2010 jedoch dem Zweck des Neubaus der L xxxp zugeführt. Dies führt zum einen dazu, dass der Landabzug für die einzelnen Betroffenen mit voraussichtlich 0,9 % gering ausfällt. Zum anderen fällt auch der noch benötigte Landbedarf damit deutlich geringer aus. Durch die verhältnismäßig große Masse an zur Verfügung stehendem Land kann die Flurbereinigungsbehörde bei der Neuordnung der Flächen flexibler agieren.
50Unschädlich ist, dass das Flurbereinigungsverfahren nicht innerhalb der Fünfjahresfrist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW komplett abgeschlossen werden konnte. Ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren setzt sich aus einzelnen Verfahrensabschnitten zusammen, die umfangreiche und teilweise langwierige Maßnahmen beinhaltet, die insbesondere sicherstellen sollen, dass die Interessen aller Betroffenen ausreichend Berücksichtigung finden. Auf den gesetzlich festgeschriebenen Ablauf des Flurbereinigungsverfahrens ist auch zurückzuführen, dass innerhalb der Frist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW noch keine größeren finanziellen Aufwendungen getätigt worden sind. Denn die Abrechnung aller Kosten erfolgt nach den Angaben der Vertreter der Flurbereinigungsbehörde in der mündlichen Verhandlung regelmäßig erst mit Abschluss des Verfahrens (vgl. §§ 57, 58 Abs. 1, 61 FlurbG). Lediglich in Fällen des Landverzichts können die Geldabfindungen - wie dies auch hier geschehen ist - schon vor Ausführung des Flurbereinigungsplans ausgezahlt werden (vgl. § 53 Abs. 1 FlurbG). Hieraus kann daher nicht geschlossen werden, es habe nicht mehr die Absicht bestanden, das Vorhaben ernsthaft ins Werk zu setzen.
51Von der Einleitung und der Durchführung des Unternehmensflurbereinigungsverfahren L. II geht überdies eine hinreichende Publizitätswirkung aus. Nach § 5 Abs. 1 FlurbG sind die voraussichtlich beteiligten Grundstückseigentümer in geeigneter Weise eingehend über das geplante Flurbereinigungsverfahren einschließlich der voraussichtlich entstehenden Kosten bereits vor der Anordnung der Flurbereinigung aufzuklären. Der entscheidende Teil des Flurbereinigungsbeschlusses ist gemäß § 6 Abs. 2 FlurbG öffentlich bekanntzumachen. Im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens werden die Betroffenen als Teilnehmergemeinschaft in die einzelnen Verfahrensabschnitte miteinbezogen (vgl. §§ 16 ff. FlurbG) und haben die Möglichkeit, gegen die getroffenen Entscheidungen Einwendungen zu erheben (vgl. §§ 14, 32, 59 Abs. 2 FlurbG). Der Kläger selbst ist seit 2010 Vorstandsmitglied der Teilnehmergemeinschaft, so dass er persönlich über den Stand und Fortgang des Flurbereinigungsverfahrens zu jeder Zeit informiert war und ist.
52Bei der Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens handelt es sich auch um eine Maßnahme, die - anders als etwa die bloße Ausschreibung einer Baumaßnahme, von der die Behörde ohne Aufwand wieder Abstand nehmen kann - nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden kann. Mit der Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens treten unmittelbare Rechtswirkungen ein. So entsteht mit der Einleitung kraft Gesetzes die Teilnehmergemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. § 16 Satz 2 FlurbG), die unter Umständen auch nach Beendigung des Flurbereinigungsverfahrens noch fortbesteht (vgl. §§ 151 ff. FlurbG). Auch lasten auf den Grundstücksflächen im Flurbereinigungsgebiet ab Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses die bereits aufgezeigten Einschränkungen des Eigentums (§§ 34 - 36 FlurbG). Indem sich die Enteignungsbehörde für den Weg eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens entschieden hat, hat sie überdies die Zuständigkeit für den weiteren Vorgang des Landerwerbs an die Flurbereinigungsbehörde abgegeben, die Herrin des Verfahrens geworden ist. Die Flurbereinigungsbehörde entscheidet nunmehr über den weiteren Ablauf des Verfahrens. Auch der Vorhabenträger Straßen.NRW ist nur Nebenbeteiligter im Flurbereinigungsverfahren (§ 88 Nr. 2 FlurbG i. V. m. § 10 Nr. 2 FlurbG). Der Enteignungsbehörde bleibt zwar die theoretische Möglichkeit, ihren Antrag auf Durchführung der Flurbereinigung zurückzunehmen. Eine solche Rücknahme würde voraussichtlich die Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens nach sich ziehen (vgl. § 9 Abs. 1 FlurbG). Auf diese Weise würde sie jedoch der Verwirklichung des Bauvorhabens die Grundlage entziehen. Denn der mit dem Flurbereinigungsverfahren beabsichtigte Grundstückserwerb ist zwingende Voraussetzung für alle nachfolgenden Maßnahmen des Straßenbauvorhabens. Somit käme eine Rücknahme des Antrags auf Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens im Ergebnis (ebenso wie die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, vgl. § 77 Satz 1 VwVfG NRW i. V. m. § 87 Abs. 3 Satz 1 FlurbG) der Aufgabe des Vorhabens gleich.
53Für die hier zu entscheidende Frage ist unschädlich, dass das Straßenbauvorhaben zwischen 2012 und 2017 aufgrund fehlender finanzieller Mittel für den Bau der Straße geruht hat und die ersten Baumaßnahmen erst im Jahr 2018 erfolgten. Zum einen ist der Beginn des Baus der geplanten Straße nicht zwingende Voraussetzung für die Unterbrechung der Frist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW. Zum anderen berührt gemäß § 75 Abs. 4 Satz 2 VwVfG NRW eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens die bereits begonnene Durchführung nicht. Für eine endgültige Aufgabe des Vorhabens im Sinne des § 77 Satz 1 VwVfG NRW, die die Planfeststellungsbehörde verpflichtete, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, gibt es keine belastbaren Anhaltspunkte. Dem steht im Übrigen auch die Durchführung der Baumaßnahmen im Jahr 2018 entgegen.
54III. Der Rückgang der Verkehrsbelastung und etwaige Veränderungen im Artenschutzrecht sowie die Entdeckung bestimmter geschützter Tierarten im Planbereich führen ebenfalls nicht zum Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses. Ein Planfeststellungsbeschluss verliert grundsätzlich nicht aufgrund äußerer Umstände seine Wirksamkeit. Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung vielmehr ausgeschlossen (vgl. § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW). Die Frist des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW dient außerdem insoweit als Korrektiv und soll die Rechtswirkungen eines Planfeststellungsbeschlusses begrenzen.
55Vgl. Hermanns, Die Wirksamkeit von Planfeststellungsbeschlüssen als Maßstab ihrer Geltungsdauer, DÖV 2003, 714, 715.
56Darüber hinaus nimmt § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen, die erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auftreten, in den Blick. Danach kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Auf die Wirksamkeit des Planfeststellungsbeschlusses haben diese späteren Entwicklungen jedoch keinen Einfluss.
57C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
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Referenzen
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- §§ 151 ff. FlurbG 1x (nicht zugeordnet)
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- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwVfG § 31 Fristen und Termine 1x
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- FStrG § 17c Rechtswirkungen der Planfeststellung und der Plangenehmigung 1x
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