Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 7 K 565/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00.00.1979 in L. -T. /Kasachstan geborene Kläger, T1. S. , wurde in den am 08.05.2002 erteilten Aufnahmebescheid seiner Mutter, S1. T2. (S2. T3. ), als Abkömmling einbezogen. Am 27.11.2002 siedelte die Mutter des Klägers mit ihrer ebenfalls einbezogenen Tochter B. nach Deutschland über. Sie gab auf Befragen der seinerzeit zuständigen Spätaussiedlerbehörde an, ihr Sohn T1. sei nicht mit eingereist, weil er zu dem Zeitpunkt in Untersuchungshaft gewesen sei. Der Kontakt sei völlig abgebrochen. Unter dem 19.02.2004 wurde der Mutter des Klägers eine Spätaussiedlerbescheinigung erteilt.
3Mit Schreiben vom 24.09.2012 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers an die Beklagte und trug vor, der Kläger wolle auf der Grundlage des Einbeziehungsbescheides nachträglich in die Bundesrepublik Deutschland einreisen. Er sei aufgrund eines Urteils des Stadtgerichtes B1. vom 08.10.2001 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt und erst im Dezember 2011 auf Bewährung entlassen worden.
4Das Urteil könne jedoch einer Einreiseerlaubnis nicht entgegenstehen. Es beruhe auf offensichtlichen Beweislücken und eklatanten Verfahrensverstößen, die im Einzelnen dargelegt werden. In dem Urteil werde ihm ein vorsätzlicher Totschlag sowie die Teilnahme an einem bewaffneten Raubüberfall vorgeworfen. Bei der Polizei sei der Kläger solange gefoltert worden, bis er ein Geständnis abgegeben habe. Dieses habe er aber im Gerichtsverfahren wieder zurückgenommen. Sein Mandant sei letztlich Opfer einer Intrige geworden, weil ein Täter für das Verschwinden eines Polizeibeamten habe gefunden werden müssen.
5Auf Anforderung des BVA übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 21.01.2013 das Urteil des Stadtgerichtes B1. vom 08.10.2001 in russischer und deutscher Sprache. Aus dem Urteil ergibt sich, dass der Kläger wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren, wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe zu 5 Jahren, wegen Raubes mit Waffenanwendung und als Teil einer organisierten Bande zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren und wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt wurde. Daraus wurde eine Gesamtstrafe von 16 Jahren gebildet. Zur Last gelegt wurden dem Kläger die Tötung eines ehemaligen Milizbeamten durch einen Schlag mit einem Metallrohr auf den Kopf am 25.02.2000, der Diebstahl von Schmuck und Wertgegenständen dieses Mannes und die Teilnahme an einem bewaffneten Raubüberfall am 19.05.2000 als Mitglied einer Bande, bei dem ein Geländefahrzeug vom Grundstück einer Firma entwendet wurde. Das Urteil wurde am 09.01.2002 rechtskräftig.
6Mit Bescheid vom 29.11.2013 wurde der Einbeziehungsbescheid mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwVfG widerrufen und die sofortige Vollziehung angeordnet. In der Begründung führte die Beklagte aus, die Behörde sei aufgrund einer geänderten Rechtsvorschrift, nämlich § 5 BVFG, berechtigt, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen. Durch das am 24.05.2007 in Kraft getretene 7. BVFG -Änderungsgesetz sei die Vorschrift des § 5 Nr. 1 d BVFG neu eingefügt worden. Danach sei derjenige, der eine rechtswidrige Tat begangen habe, die im Inland als Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB anzusehen wäre, vom Erwerb der Rechtsstellung eines einbezogenen Abkömmlings ausgeschlossen, es sei denn, die Tat wäre verjährt oder die Verurteilung aus dem Bundeszentralregistergesetz zu tilgen.
7Der Ausschlusstatbestand sei im Fall des Klägers erfüllt. Die im Urteil vom 08.10.2001 abgeurteilten Taten vom 25.02.2000 und vom 19.05.2000 seien nach deutschem Strafrecht als Mord bzw. Totschlag (§§ 211, 212 StGB) und als Raub (§§ 249, 250 StGB) zu qualifizieren. Hierbei handele es sich um Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB, die noch nicht verjährt und noch nicht aus dem BZR zu tilgen seien. Dass die Verurteilung nicht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen erfolgt sei, könne weder aus dem Urteil noch aus den behaupteten Verfahrensmängeln entnommen werden. Der Kläger sei im kasachischen Strafverfahren rechtsanwaltlich vertreten gewesen und habe das Urteil nicht angefochten.
8Der Widerruf des Einbeziehungsbescheides liege im öffentlichen Interesse. Insbesondere könne durch den Widerruf die Einreise des Klägers und die nicht gerechtfertigte Inanspruchnahme von Vergünstigungen aus dem BVFG und daraus entstehende Kosten (Unterkunft, Krankheit, Rückführung) verhindert werden. Es sei auch geboten, eine gleichmäßige Rechtsanwendung sicherzustellen und den Kläger nicht gegenüber denjenigen Antragstellern zu bevorzugen, die nach der neuen Rechtslage keinen Anspruch auf Einbeziehung hätten. Im Rahmen des Ermessens sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger den Widerruf nicht zu vertreten habe und sich bereits darauf eingerichtet habe, sein Herkunftsgebiet zu verlassen. Trotzdem überwiege das öffentliche Interesse an dem Widerruf, weil der Kläger das Herkunftsgebiet noch nicht verlassen habe.
9Gegen den Bescheid legte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 16.12.2013 am 23.12.2013 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 22.12.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29.12.2014 zugestellt.
10Hiergegen hat der Kläger am 29.01.2015 Klage erhoben, mit der er die Aufhebung des Widerrufsbescheides begehrt.
11Zur Klagebegründung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen, dass sein Mandant die Tat nicht begangen habe, diese auch stets bestritten habe und das Urteil des kasachischen Gerichts wesentliche Mängel enthalte, die seine Berücksichtigung im vorliegenden Verfahren ausschlössen.
12Der Kläger sei verurteilt worden, weil er nach Ansicht des Gerichts am 25.02.2000 einen ehemaligen Polizeibeamten in der Wohnung zweier Prostituierter mit einem Metallrohr erschlagen und die Leiche sodann in einem Moorgebiet versteckt haben soll. Dies sei jedoch nicht bewiesen worden. Die beiden angeblichen Tatzeuginnen seien nicht vernommen worden. Es gebe keinen Beweisansatz für die angebliche Tatzeit am 25.02.2000. Die aufgefundene Leiche sei nicht eindeutig als das Mordopfer identifiziert worden. Hinsichtlich des Auffindens der Leiche gebe es widersprüchliche Darstellungen. Insbesondere sei dem Kläger vorgeworfen worden, das Opfer durch einen Schlag mit einem Metallrohr auf den Kopf getötet zu haben. Der gerichtliche Sachverständige habe aber in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass der Tod durch einen Messerstich in den Bauch des Opfers eingetreten sei.
13Auf einen gerichtlichen Hinweis hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Kläger bestreite auch die zur Last gelegte Raubtat.
14Die Vorschrift in § 328 ZPO, die die Verwertung ausländischer Urteile betreffe, beziehe sich allein auf zivilrechtliche Urteile. Dieser enge Bezug könne auch durch die Verweisung in § 173 VwGO nicht erweitert werden. Vielmehr sei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bindungswirkung von strafrechtlichen Urteilen in verwaltungsgerichtlichen Fahrerlaubnisverfahren heranzuziehen. Danach ende die Bindungswirkung, wenn die Indizwirkung des Strafurteils entkräftet werde und der Vortrag des Betroffenen dem Gericht Anlass zu einer eigenständigen Beweisaufnahme gebe (BVerwG, Beschluss vom 03.09.1992 – 11 B 22.92 – und Beschluss vom 26.09.2014 – 2 B 14.14 – ). Dies müsse erst recht für die Bindungswirkung eines kasachischen Urteils gelten. Zur Beurteilung der Strafjustiz und der Strafverfolgungsbehörden in Kasachstan werde auf die Lagebeurteilungen von Amnesty International Bezug genommen.
15Eine gesetzliche Bindung an ausländische Strafurteile sei in § 5 Nr. 1 d BVFG gerade nicht festgelegt. Dies würde vor dem Hintergrund der Zustände in der kasachischen Justiz auch rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechen. Eine Verurteilung, die im Wesentlichen auf einem durch Folter erlangten Geständnis beruhe, entspreche nicht strafprozessualen Mindeststandards. Vielmehr treffe nach allgemeinen Kriterien die Beklagte die Darlegungslast. Als Ausnahmevorschrift sei die Norm auch eng auszulegen.
16Im Übrigen lägen auch die sonstigen Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwVfG nicht vor. Insbesondere sei das öffentliche Interesse ohne einen Widerruf nicht gefährdet. Fiskalische Interessen seien allein durch die Einbeziehung nicht betroffen. Es bestünde außerdem insofern schutzwürdiges Vertrauen, weil die Mutter des Klägers bei ihrer Aussiedlung darauf vertraut habe, dass der Kläger nach Verbüßung seiner Haftstrafe ebenfalls problemlos nach Deutschland einreisen könne. Insofern hätten die ausgesiedelten Familienmitglieder durchaus von dem Bescheid Gebrauch gemacht. Außerdem sei eine Gleichbehandlung mit Antragstellern, die nach der neuen Rechtslage keinen Einbeziehungsbescheid erhalten könnten, nicht geboten. Denn beim Kläger sei die Einbeziehung ja gerade nach der früheren Rechtslage erfolgt. Die Ermessensentscheidung sei also fehlerhaft getroffen worden.
17In der mündlichen Verhandlung am 23.05.2017 wurde der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 18.05.2017 abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Daraufhin beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, ihm einen weiteren rechtlichen Hinweis zu der Frage zu erteilen, auf welche Sachverhaltsgrundlage das Gericht seine Entscheidung stützen wolle sowie eine weitere Schriftsatzfrist einzuräumen, da das Gericht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Fahrerlaubnissachen zur Bindungswirkung an rechtskräftige Strafurteile nun entgegen früherer Hinweise nicht mehr heranziehen wolle. Daraufhin wurde die Sache vertagt und ein weiterer rechtlicher Hinweis erteilt. Darin wurde ausgeführt, dass der Kläger die Indizwirkung des kasachischen Strafurteils durch einen eigenen substantiierten und glaubhaften Vortrag zu den zur Last gelegten Taten entkräften müsse.
18Gegen die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags legte der Kläger Beschwerde ein. In der Begründung wurde geltend gemacht, die entscheidungserhebliche Frage der Bindungswirkung des ausländischen Strafurteils sei eine schwierige Rechtsfrage, die bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärt sei. Darüberhinaus sei voraussichtlich eine Beweisaufnahme erforderlich.
19Durch Beschluss des OVG NRW vom 26.07.2017 – 11 E 485/17 – wurde der Beschwerde stattgegeben und dem Kläger Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren bewilligt. In der Begründung des Beschlusses führte das Gericht aus, die Klage habe schon deshalb hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der Widerrufsbescheid gegenüber dem Kläger ergangen und daher rechtswidrig sei. Nach der Änderung der Einbeziehungsvorschriften durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.07.2004 stehe dieser Anspruch nur noch der Bezugsperson, also der Mutter des Klägers zu. Daher hätte die Beklagte den Einbeziehungsbescheid gegenüber der Mutter widerrufen müssen.
20Mit Schriftsatz vom 24.08.2017 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers schriftliche Antworten seines Mandanten zu einem vorformulierten Fragenkatalog vorgelegt. Darin erklärte der Kläger, er sei niemals Mitglied einer kriminellen Bande gewesen. Er sei in keiner Weise an den Taten beteiligt gewesen, er habe vor dem Prozess von diesen Taten nichts gewusst und die anderen beteiligten Personen nicht gekannt. Ferner berichtet er von Folter im Gefängnis und Bedrohung seiner Familie. Daher habe er gestanden. Auch seine Verteidiger seien immer wieder bedroht worden und hätten daher die Verteidigung niedergelegt. Weitere Beweismittel, die ihn entlasten könnten, gebe es nicht. Er wisse selbst nicht, wieso gerade er Opfer dieser Intrige geworden sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt hierzu vor, mangels Tatbeteiligung sei es dem Kläger unmöglich, hierzu weitere detaillierte Angaben zu machen. Dies könne ihm daher nicht zum Vorwurf gemacht werden. Jedenfalls sei der Bescheid nunmehr aufzuheben, da er gegenüber dem Kläger, und damit gegenüber dem falschen Adressaten ergangen sei.
21In der mündlichen Verhandlung ist der Kläger zu seiner Tatbeteiligung bzw. den Umständen seiner Inhaftierung angehört worden.
22Der Kläger beantragt,
23den Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2014 aufzuheben.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Sie vertritt die Auffassung, der Widerruf sei rechtmäßig, insbesondere zutreffend gegenüber dem Kläger ergangen. Dieser sei bis zur Rechtsänderung am 01.01.2005 Inhaber des Anspruchs auf Einbeziehung und Adressat des Einbeziehungsbescheides gewesen. Der Wechsel der Anspruchsberechtigung durch das Zuwanderungsgesetz vom Einbezogenen auf die Bezugsperson entfalte keine Rückwirkung auf Bescheide, die vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift am 01.01.2005 bestandskräftig ergangen seien. Andernfalls könnte die Bezugsperson einen positiv zugunsten des Einbezogenen beschiedenen Einbeziehungsantrag zurücknehmen und den Bescheid hierdurch gegenstandslos werden lassen. Dies würde zu einem nachträglichen Rechtsverlust führen und wäre daher als eine aus Gründen des Vertrauensschutzes unzulässige unechte Rückwirkung zu bewerten.
27Die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes nach § 5 Nr. 1 d BVFG lägen vor. Dem Gesetzgeber gehe es darum, Personen vom Erwerb des Spätaussiedlerstatus auszuschließen, die nach den Maßstäben des deutschen Strafrechts schwerwiegende rechtswidrige Taten begangen hätten. Maßgeblich sei allein die Tatsache einer rechtskräftigen Verurteilung im Herkunftsgebiet. Das OVG NRW habe hierzu im Beschluss vom 05.03.2008 – 12 B 137/08 – ausgeführt, im Wege der gesetzlichen – nicht widerlegbaren – Vermutung werde ein im Ausland verurteilter Straftäter dabei solange als gefährlich angesehen, solange eine solche Verurteilung nach dem BZRG noch nicht zu tilgen wäre. Der Achtungsanspruch ausländischer Strafurteile finde seine Grenzen lediglich dort, wo das ausländische Urteil mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts nicht vereinbar sei. Der Grundgedanke des § 328 ZPO sei jedenfalls entsprechend heranzuziehen. Im vorliegenden Verfahren sei aber nicht ersichtlich, dass das kasachische Gerichtsverfahren unter Missachtung rechtsstaatlicher Mindeststandards für das Strafverfahren geführt worden sei. Insoweit werde auch auf das Urteil des VG Köln vom 06.02.2012 (7 K 7162/10) Bezug genommen.
28Im Übrigen habe der Kläger die Indizwirkung des kasachischen Strafurteils auch durch seine ergänzenden Angaben nicht widerlegt. Es fehle nach wie vor an einem glaubhaften und substantiierten Vortrag zu seiner Beteiligung an den Tatvorwürfen sowie zu den Foltervorwürfen und seiner Behauptung, er sei Opfer einer Intrige geworden. Schließlich habe er auch keine Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.
29Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Klägers und seiner Mutter Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
31Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
32Die Beklagte hat den Bescheid vom 08.05.2002, mit dem der Kläger als Abkömmling in den Aufnahmebescheid seiner Mutter einbezogen worden war, zu Recht gegenüber dem Kläger widerrufen.
33Der Bescheid ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil der Widerruf gegenüber dem Kläger ausgesprochen worden ist. Die Kammer teilt nicht die Rechtsauffassung des OVG NRW, wie sie im Beschluss vom 26.07.2017 – 11 E 485/17 – über die PKH-Beschwerde niedergelegt ist, dass der Widerruf gegenüber der Mutter des Klägers als Bezugsperson für die Einbeziehung hätte erfolgen müssen.
34Zutreffend ist, dass sich durch § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (jetzt: § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG) des seit dem 01.01.2005 geltenden Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950) die Rechtslage im Hinblick auf die Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers geändert hat. Seither steht der Anspruch auf Einbeziehung in einen Aufnahmebescheid ausschließlich der Bezugsperson zu, also dem Spätaussiedler, und kann auch nur von diesem durch entsprechende Anträge im Verwaltungsverfahren und im Klageweg geltend gemacht werden,
35vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.07.2005 – 5 B 134.04 – juris, Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 16.02.2005 – 2 A 4295/02 – juris Rn. 25.
36Durch diese Rechtsänderung bleiben jedoch Einbeziehungsbescheide, die bestandskräftig auf der Grundlage des früheren Rechts ergangen sind, unberührt. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.1999, die im Zeitpunkt des Erlasses des Einbeziehungsbescheides vom 06.05.2002 anwendbar war, war geregelt, dass „Ehegatten und Abkömmlinge von Personen im Sinne des Satzes 1 auf Antrag in den Aufnahmebescheid einzubeziehen sind“. Die hierzu ergangene Rechtsprechung räumte sowohl Spätaussiedlern als auch ihren Ehegatten und Abkömmlingen das Recht ein, den genannten Antrag auf Einbeziehung zu stellen. Die einzubeziehende Person hatte somit ein eigenständiges Recht auf Einbeziehung, das auch im Klageweg durchgesetzt werden konnte,
37vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 14.09.2004 – 2 A 915/03 – juris, Rn. 31 ff.
38Im vorliegenden Verfahren hatten weder die Mutter noch der Kläger einen Antrag auf Einbeziehung gestellt. Vielmehr hatte der Kläger einen eigenen Aufnahmeantrag gestellt, über den nach negativem Sprachtest aber nicht entschieden worden ist. Das BVA hatte die erforderliche Zustimmung des für die Aufnahme seinerzeit zuständigen Bundeslandes nur für die Einbeziehung des Klägers und seiner Schwester beantragt, nicht für die Aufnahme als Spätaussiedler. Daraus kann abgeleitet werden, dass der ursprüngliche nicht erfolgversprechende Aufnahmeantrag des Klägers in einen – als ein Weniger darin enthaltenen – Einbeziehungsantrag umgedeutet worden und entsprechend beschieden worden ist. Damit stand dem Kläger eine eigene Rechtsposition aus dem bestandskräftigen Einbeziehungsbescheid zu.
39Diese Rechtsposition wurde durch das am 01.01.2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz nicht verändert. Neue Gesetze gelten in der Regel allein für zukünftige Anträge und für noch nicht vollständig abgeschlossene Verwaltungsverfahren, es sei denn, dass sie sich ausdrücklich Rückwirkung auch für bestandskräftige Bescheide zumessen. Dies trifft jedoch für das Zuwanderungsgesetz nicht zu. Es enthält keine Übergangsregelung, die die Rechtsposition aus bereits ergangenen bestandskräftigen Einbeziehungsbescheiden allein dem Spätaussiedler zuweist. Die vorhandene Übergangsregelung in dem neu eingefügten § 100 b BVFG betrifft andere Fragen. Eine Rechtsänderung zum Nachteil des Inhabers einer bestandskräftig eingeräumten Rechtsposition berechtigt die zuständige Behörde lediglich, unter den Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG einen Widerruf auszusprechen.
40Die sich aus dem Einbeziehungsbescheid ergebende Rechtsposition, nämlich das Recht auf Aufnahme als Abkömmling eines Spätaussiedlers, stand also trotz der
41Rechtsänderung dem Kläger zu, sodass sich ein Widerruf auch an ihn als Inhaber der Rechtsposition richten konnte.
42Vgl. Leisner-Egensperger, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, Großkommentar, 2014, § 43 Rn. 57.
43Ermächtigungsgrundlage für den Widerrufsbescheid ist § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG gilt entsprechend für den Widerruf.
44Die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG sind erfüllt. Das BVA wäre im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides vom 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2014 berechtigt gewesen, die Einbeziehung des Klägers in den Aufnahmebescheid seiner Mutter abzulehnen. Denn dieser Einbeziehung stand seit der Rechtsänderung durch das 7. Änderungsgesetz vom 16.05.2007 (BGBl. I S. 748) der Ausschlussgrund des § 5 Nr. 1 d BVFG entgegen.
45§ 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG in der hier anwendbaren Fassung des 10. Änderungsgesetzes vom 06.09.2013 (BGBl. I S. 3554) bestimmt, dass der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen wird, wenn in seiner Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt, die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt und die Person Grundkenntnisse in deutscher Sprache besitzt. Die Ausschlussgründe des § 5 BVFG wurden durch das 7. Änderungsgesetz vom 16.05.2007 um die Ziff. Nr. 1 d erweitert. Danach erwirbt die Rechtsstellung eines Deutschen im Sinne des Art. 116 GG nicht, wer eine rechtswidrige Tat begangen hat, die im Inland als Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB anzusehen wäre, es sei denn, die Tat wäre nach deutschem Recht verjährt oder eine Verurteilung deswegen nach dem Bundeszentralregistergesetz zu tilgen.
46Nach den Feststellungen des Urteils des Stadtgerichts B1. vom 08.10.2001 hat der Kläger durch die Tötung eines ehemaligen Milizbeamten bei einem Streit im Prostituiertenmilieu sowie durch die Teilnahme an einem bewaffneten Raubüberfall durch eine kriminelle Bande, bei dem ein Geländefahrzeug erbeutet wurde, rechtswidrige Taten begangen, die nach deutschem Strafrecht als Totschlag nach § 212 StGB und als schwerer Raub nach §§ 249, 250 Abs. 1 Nr. 1.a) und Abs. 1 Nr. 2 StGB zu beurteilen wären. Bei beiden Delikten handelt es sich um Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB. Die Verurteilung wäre auch noch nicht aus dem Bundeszentralregister zu tilgen, da die Tilgungsfrist nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 3 BZRG 15 Jahre zuzüglich der Dauer der Freiheitsstrafe, beginnend mit dem Tag des Urteils, beträgt. Es kann insoweit dahinstehen, ob mit der Dauer der Freiheitsstrafe das im Urteil festgelegte Strafmaß, hier 16 Jahre, gemeint ist oder ob die konkret verbüßte Strafe, hier 10 Jahre, maßgeblich ist. Auch bei Anrechnung der tatsächlich verbüßten Strafe von 10 Jahren wäre die dann 25 Jahre laufende Tilgungsfrist im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheides noch nicht abgelaufen gewesen.
47Zwar kann das Urteil des Stadtgerichts B1. vom 08.10.2001 bei der Prüfung des Ausschlussgrundes des § 5 Nr. 1 d BVFG nicht ungeprüft zugrunde gelegt werden. Der Ausschlussgrund knüpft bereits nach seinem Wortlaut nicht an eine rechtskräftige Verurteilung im Aussiedlungsgebiet an, sondern daran, dass der Antragsteller eine als Verbrechen zu qualifizierende schwere Straftat tatsächlich begangen hat. Von dieser Tatsache muss sich die erkennende Kammer eine ausreichende Überzeugung verschaffen und den Sachverhalt grundsätzlich in dem erforderlichen Umfang selbst aufklären, § 86 VwGO.
48Ein ausländisches Strafurteil kann jedoch als Beweismittel berücksichtigt werden, wenn die Anerkennung des Urteils nicht zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere mit Grundrechten unvereinbar ist. Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Diese Vorschrift ist zwar unmittelbar nur auf zivilrechtliche Urteile anwendbar. Im Hinblick auf die Berücksichtigung von ausländischen Strafurteilen in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht somit eine Regelungslücke. Die Regelung ist jedoch Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, der auch im öffentlichen Recht Anwendung finden kann,
49vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 173 Rn. 6.
50In Übereinstimmung hiermit hat die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu § 5 Nr. 1 d BVFG bisher keine Bedenken gegen die Heranziehung von Feststellungen eines strafgerichtlichen Urteils aus dem Aussiedlungsgebiet bei der Prüfung einer rechtswidrigen Tat gesehen, sofern diese Feststellungen in einem rechtsstaatlichen Verfahren gewonnen worden sind,
51vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04.07.2017 – 11 E 215/17 – juris, Rn. 8 und Beschluss vom 24.08.2018 – 11 A 272/18 – ; VG Köln, Urteile vom 06.02.2012 – 7 K 7162/10 – juris Rn. 20 und vom 18.12.2017 – 10 K 2131/16 – .
52Im vorliegenden Verfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers allerdings erhebliche Einwände gegen die Beweiswürdigung des kasachischen Gerichts vorgebracht, die Zweifel daran begründen, ob das Urteil in einem rechtsstaatlichen Verfahren ergangen ist. Insbesondere lässt sich nicht vollständig ausschließen, dass die Verurteilung wegen des Totschlags im Wesentlichen auf einem Geständnis des Klägers beruht, das durch Gewaltanwendung erzwungen worden und später im Prozess widerrufen worden ist. Ein durch Folter erzwungenes Geständnis ist aber als Beweismittel unzulässig, weil es gegen Grundrechte verstößt. Des weiteren bestehen erhebliche Lücken und Widersprüche in der Beweiswürdigung sowie Mängel bei der Tataufklärung, wie zum Beispiel der Umstand, dass die am vorgeblichen Tatort wohnenden Tatzeuginnen nicht ausfindig gemacht und vernommen wurden und die Blutspuren am Tatort weder dem Opfer noch dem Kläger eindeutig zugeordnet werden konnten. Diese und weitere Mängel, die sich in erster Linie auf die Verurteilung wegen der Tötung des ehemaligen Milizangehörigen beziehen, wecken Zweifel, ob die vorhandenen Beweismittel in einem deutschen Strafprozess ausgereicht hätten, um die Schuld des Klägers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu beweisen. Damit könnte das Urteil gegen den Grundsatz „in dubio pro reo“ verstoßen.
53Sind somit die Feststellungen des Urteils als Grundlage für die Überzeugung des Gerichts von der Begehung einer schweren Straftat nicht geeignet, so ergibt sich hieraus jedoch nicht, dass nunmehr die Beklagte oder das Gericht den Nachweis einer derartigen Straftat gegenüber dem Kläger zu führen haben.
54Insbesondere können hier die Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht zur Heranziehung strafrechtlicher Urteile im Fahrerlaubnisverfahren und anderen Verwaltungsverfahren entwickelt hat, nicht herangezogen werden. In diesen Verfahren kann der Betroffene die Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil, die gegen seine Fahreignung sprechen, durch substantiierte Hinweise auf eine Unrichtigkeit dieser Feststellungen entkräften. Dies hat zur Folge, dass das Gericht nunmehr in eine eigene Sachverhaltsermittlung einzutreten hat,
55vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.09.1992 – 11 B 22.92 – juris Rn. 3; VGH Mannheim, Beschluss vom 08.10.2015 – 10 S 1491/15 – juris, Rn. 6; BVerwG, Beschluss vom 26.09.2014 – 2 B 14/14 – juris, Rn. 10 für das Disziplinarverfahren und Urteil vom 26.09.2002 – 3 C 37.01 – juris, Rn. 38 für den Widerruf einer Approbation.
56Diese Rechtsprechung bezieht sich auf die Feststellung von Sachverhalten in einem deutschen Verwaltungsverfahren, in dem dem Gericht alle Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung offen stehen. Im vorliegenden Verfahren der Aufnahme und Einbeziehung von Angehörigen in einen Spätaussiedleraufnahmebescheid hat weder die zuständige Behörde noch das Verwaltungsgericht die Möglichkeit, die Begehung einer rechtswidrigen Tat im Aussiedlungsgebiet aufzuklären, insbesondere Beweise zu erheben, z. B. Zeugen zu vernehmen, kriminaltechnische Untersuchungen durchzuführen oder einen Tatort zu besichtigen.
57Die Aufklärungspflicht des Gerichts stößt somit an enge Grenzen, mit der Folge, dass der Antragsteller bei der Aufklärung des Sachverhalts, der dem Tatvorwurf zugrunde liegt, heranzuziehen ist, § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es ist deshalb ständige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster, dass der Antragsteller bei der Aufklärung der Ausschlussgründe des § 5 BVFG eine Mitwirkungspflicht hat. Insbesondere ist dieser verpflichtet, alle notwendigen, seinen persönlichen Bereich betreffenden Angaben zu machen, die die Behörde und das Gericht in den Stand setzen, zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes vorliegen. Werden jedwede Angaben oder Nachweise verweigert oder besteht die Notwendigkeit einer Vervollständigung der Angaben wegen erkennbarer Anhaltspunkte für das Bestehen eines Ausschlussgrundes, kommt die Erteilung eines Aufnahmebescheides nicht in Betracht. Denn in diesem Fall, kann mangels dem Kläger obliegender Darlegung nicht festgestellt werden, dass der Erteilung eines Einbeziehungsbescheides keine Ausschlussgründe entgegenstehen,
58vgl. OVG NRW, Urteile vom 19.04.2002 – 2 A 1432/00 – juris, Rn. 41 und vom 18.05.2004 – 2 A 5813/00 – juris, Rn. 35 zum Ausschlussgrund des § 5 Nr. 2 b; Beschluss vom 04.07.2017 – 11 E 215/17 – juris Rn. 12 zum Ausschlussgrund des § 5 Nr. 1 d.
59Hier bestehen wegen des rechtskräftigen Urteils des Stadtgerichts B1. und der Verbüßung einer 10-jährigen Freiheitsstrafe zumindest Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in ein Tötungsdelikt sowie in eine Raubtat verwickelt war und somit der Tatbestand des Ausschlussgrundes des § 5 Nr. 1 d BVFG erfüllt sein könnte.
60In einem derartigen Fall genügt es nicht, wenn der Antragsteller die Begehung der Tat lediglich bestreitet und die Durchführung eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens substantiiert in Frage stellt. Auf dieser Grundlage kann sich das Gericht keine Meinung darüber bilden, ob der Antragsteller eine schwere Straftat begangen hat oder nicht. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass im Verwaltungsprozess die strengen Anforderungen, die an den Schuldbeweis im Strafverfahren gestellt werden, nicht gelten. Vielmehr sind hier die allgemeinen Grundsätze für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast anzuwenden. Der Antragsteller muss daher aufgrund seiner Mitwirkungspflicht glaubhaft und nachvollziehbar darlegen, wie es zu seiner Verwicklung in das Strafverfahren gekommen ist, er muss entlastende Tatsachen vortragen und zur Verfügung stehende entlastende Beweismittel benennen oder vorlegen.
61Dies ist dem Kläger weder in seinem schriftlichen Vortrag im Verlauf des Klageverfahrens noch bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung gelungen, mit der Folge, dass eine Feststellung zum Ausschlussgrund des § 5 Nr. 1 b BVFG nicht möglich ist. Dies geht zu Lasten des mitwirkungspflichtigen Klägers.
62Auch wenn die Verurteilung des Klägers im Hinblick auf das Tötungsdelikt konstruiert sein könnte, bestehen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in B1. in das Umfeld einer kriminellen Bande geraten und an der am 19.05.2000 begangenen Raubtat beteiligt war. Der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter haben die Feststellungen des Strafgerichts über die Bildung einer bewaffneten kriminellen Bande unter der Führung des Mitangeklagten P. , die von Januar bis Mai 2000 mehrfach Prostituierte in B1. überfallen, ausgeraubt und erpresst hat, zu keinem Zeitpunkt bestritten. Ebensowenig wurde bestritten, dass es am 19. Mai 2000 zu einem Raubüberfall der Bande auf die Firma „F. -B1. “-GmbH gekommen ist, bei dem ein Geländewagen erbeutet und in einer zuvor vom Bandenchef angemieteten Garage versteckt wurde. An diesen Feststellungen besteht wegen der überzeugenden Aussagen der Opfer auch kein Zweifel.
63Die Zugehörigkeit des Klägers zu der Bande, die einen gemeinsamen Unterschlupf im Haus 00 der Landgesellschaft „T4. “ hatte, wurde von zwei neutralen Zeugen, nämlich dem Eigentümer des Hauses, dem Zeugen C. , sowie von einem dort beschäftigen Wachmann, dem Zeugen P1. , bestätigt. Die Teilnahme des Klägers an dem Raubüberfall wird übereinstimmend von drei Zeugen, den Mitangeklagten T5. , E. und P. angegeben. Insoweit wurden auch Fingerabdrücke des Klägers an einer Tatwaffe (Pistole) und DNA-Spuren in den verwendeten Tarnmützen gefunden, die in der Wohnung der Bande sichergestellt wurden. Im Hinblick auf die Raubtat wurde kein plausibler Grund vorgetragen, warum die anderen Mitangeklagten den Kläger zu Unrecht beschuldigt haben sollen. Denn sie konnten sich durch diese Aussagen nicht selbst entlasten und sind im Ergebnis auch für diese Raubtat verurteilt worden.
64Soweit der Kläger seine Zugehörigkeit zu einer kriminellen Bande, die Verwicklung in die von dieser begangenen Straftaten bestreitet und behauptet, er sei Opfer einer Intrige geworden, die Beweismittel seien sämtlich manipuliert und die Zeugen durch Bedrohung und Gewaltanwendung zu ihrer Aussage gezwungen worden, ist seine Aussage nicht glaubhaft. Sie ist von Widersprüchen und Steigerungen geprägt und insgesamt für die Kammer nicht nachvollziehbar. Sie genügt daher nicht den Anforderungen an eine Darlegung der Umstände, die dem Verdacht der Begehung einer schweren Straftat die Grundlage entziehen.
65Der Kläger hat es bis zu seiner Anhörung in der zweiten mündlichen Verhandlung am 23.10.2018 nicht vermocht, einen detaillierten nachvollziehbaren Sachverhalt zu seinem Aufenthalt in B1. , seiner Verhaftung, der behaupteten Folter und zu seinem Prozess zu schildern, der seinen Vortrag stützt, Opfer einer Intrige geworden zu sein, und die gegen ihn erhobenen Beweise zu entkräften. Hierbei fällt zunächst auf, dass während des ganzen Verfahrens sehr zögerlich vorgetragen wurde. Eine Begründung für den Widerspruch gegen den Widerrufsbescheid wurde nicht vorgelegt. Die Klagebegründung für die im Januar 2015 erhobene Klage wurde erst im September 2016 eingereicht.
66Insbesondere fehlt es an jeglichem Vortrag des Klägers zu den Vorwürfen der Mitgliedschaft in einer Bande und zu der Raubtat. Im Schriftsatz vom 02.03.2017 wird auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts lediglich mitgeteilt, dass auch diese bestritten werde. Auch mit Hilfestellung eines detaillierten Fragenkatalogs seines Prozessbevollmächtigten war der Kläger nicht in der Lage, sein Schicksal glaubhaft zu schildern und entlastende Tatsachen und Beweismittel vorzutragen. Seine schriftlichen Antworten, vorgelegt mit Schriftsatz vom 24.08.2017, sind selbst im Hinblick auf die erlittene Folter äußerst spärlich und beschränken sich im Wesentlichen darauf, keine Kenntnis von den Taten und den übrigen Tatbeteiligten zu haben.
67Erstmals in der zweiten mündlichen Verhandlung am 23.10.2018 werden Einzelheiten zum Aufenthalt in B1. , zur Verhaftung und zum Gerichtsverfahren vorgetragen, die jedoch konstruiert wirken und offenbar zuvor mit dem Prozessbevollmächtigten sowie der als Zeugin angebotenen Mutter abgestimmt waren.
68Insbesondere die Behauptung, er habe kurz nach seiner Ankunft in B1. im Mai 2000 eine Frau von einer Security-Firma kennengelernt, die ihm eine Arbeit in dieser Firma angeboten habe und ihn angewiesen habe, 2- 3 Tage in einer unbewohnten Wohnung auf weitere Nachrichten zu warten, wo er dann von 2 Zivilpolizisten verprügelt und verhaftet worden sei, erscheint nicht glaubhaft. Es bleibt völlig im Dunkeln, wie die Sicherheitsbehörden von seiner Anwesenheit in der Wohnung erfahren haben sollen. Auch die Annahme, dass die unbekannte Frau dem Kläger eine Falle im Auftrag der Sicherheitsbehörden gestellt hat, ergibt wenig Sinn. Zum einen ist unverständlich, warum die Behörden dann 2 Tage mit der Verhaftung gewartet haben, zum anderen erscheint es nicht zweckdienlich, eine Person als angeblich Verdächtigen für einen Mord im Februar 2000 zu verhaften, der zur Tatzeit gar nicht in B1. war, sondern angeblich erst im Mai 2000 zugereist ist. Auch das Verhalten des Klägers ist nicht nachvollziehbar. Der Kläger hatte angeblich bereits eine Arbeit als Ladearbeiter am Markt. Warum er diese sofort im Hinblick auf ein ungewisses Jobangebot aufgegeben und 2 Tage ohne Arbeit und Bezahlung in einer unbewohnten Wohnung gewartet hat, ist nicht verständlich.
69Auch die Angaben des Klägers zu der Folter während der ersten zwei Wochen seiner Haft sind oberflächlich, detailarm und widersprüchlich und vermögen das Gericht daher nicht zu überzeugen. In der schriftlichen Erklärung auf Bl. 140 der Gerichtsakte berichtet der Kläger, er sei mit einem Baseballschläger und einem Stacheldraht geschlagen worden. In der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2018 erklärte er, er sei mit einem Polizeischlagstock, einem Aktenordner und einem Draht geschlagen worden, an dem sich Stahlkugeln befunden hätten. Diese Aussagen stimmen nicht überein. Insbesondere sind Baseballschläger und Polizeischlagstöcke zwei verschiedene Waffen, die auch zu sehr unterschiedlichen Verletzungen führen. Auch Stacheldraht und ein Draht mit Stahlkugeln sind nicht identisch. Falls der Kläger tatsächlich mit diesen Waffen 2 Wochen lang täglich über mehrere Stunden geschlagen worden wäre, hätte er erhebliche Verletzungen davon getragen, und nicht lediglich „Hämatome“ am Rücken, wie er berichtet. Die Verwendung des medizinischen Ausdrucks „Hämatome“ gibt einen deutlichen Hinweis darauf, dass diese Aussage zuvor mit Hilfe des Rechtsanwalts formuliert worden ist; denn der Kläger sprach im Übrigen in einer einfachen Ausdrucksweise ohne die Verwendung von Fremdwörtern.
70Widersprüchlich sind auch die Angaben des Klägers zu der Frage, wann er das angeblich falsche Geständnis unterschrieben haben will. Bei seiner Befragung durch das Gericht erklärte er zunächst, er habe unterschrieben, nachdem er von den Sicherheitskräften zu der Leiche im Moorgebiet geführt worden war. Später berichtigte er die Aussage und teilte mit, er habe schon zuvor alles unterschrieben.
71Ohne Erklärung bleibt auch, warum der Kläger erst in einem sehr späten Stadium des Verfahrens, nämlich in seiner schriftlichen Erklärung, die mit Schriftsatz vom 24.08.2017 eingereicht worden ist, einen wichtigen entlastenden Umstand vorgetragen hat. Er gab an, dass der zuständige Richter im Prozess ausgetauscht worden sei, weil dieser zum Ergebnis gekommen sei, dass der Kläger unschuldig sei. Diese Aussage wurde sodann in der mündlichen Verhandlung durch den Kläger und durch seine Mutter bestätigt. Anhaltspunkte für den Austausch des Vorsitzenden Richters während des Prozesses finden sich im dem vorgelegten Urteil jedoch nicht.
72Schließlich hat der Kläger auch widersprüchliche Angaben zu der Frage gemacht, warum er trotz anwaltlicher Vertretung auf Rechtsmittel verzichtet hat. Hierbei ist der Verzicht auf Rechtsmittel gegen das Urteil ein wesentlicher Umstand, der für die Schuld des Klägers spricht und bereits im Widerrufsbescheid vom 29.11.2013 erwähnt wird. In der im August 2017 übersandten Erklärung gab er erstmalig an, er habe Widersprüche eingelegt, die jedoch unterschlagen worden seien (Bl. 140 der Gerichtsakte). In der Erklärung auf Bl. 141 der Akte teilte er mit, er habe 3 Rechtsanwälte gehabt, die jedoch bedroht worden seien, und deshalb die Verteidigung niedergelegt hätten. Im Gegensatz hierzu erklärte er in der mündlichen Verhandlung, er sei in der mündlichen Verhandlung durch die im Urteil erwähnte Rechtsanwältin L1. – und zwei weitere Anwälte – vertreten gewesen. Die Rechtsanwältin habe auch Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt, wohl zum Stadtgericht B1. . Dies habe aber nicht zu einer Änderung des Urteils geführt. Schriftliche Unterlagen darüber besitze er nicht. Die Bedrohung der Anwälte und die angebliche Unterschlagung des Rechtsmittels wird jetzt nicht mehr erwähnt. Auch lassen sich der vorgelegten beglaubigten Abschrift des Urteils und dem Rechtskraftvermerk kein Hinweis auf die Einlegung von Rechtsmitteln entnehmen. Das für ein Rechtsmittel zuständige Gericht wäre laut der beigefügten Rechtsmittelbelehrung das Obergericht der Republik Kasachstan gewesen, und nicht das Stadtgericht B2. . Es sind daher erhebliche Zweifel angebracht, ob es überhaupt zur Einlegung von Rechtsmitteln gekommen ist.
73Auch hat das Auftreten des Klägers bei der Anhörung in der mündlichen Verhandlung die Kammer nicht von der Wahrheit seiner Aussage überzeugen können. Vielmehr ist der Eindruck entstanden, dass der Kläger in monotoner Sprechweise und ohne erkennbare innere Beteiligung einen vorbereiteten Vortrag von sich gegeben hat. Die Ausdrucksweise des Klägers hat sich auch bei der Schilderung von Haft und Folter, also traumatischen Erlebnissen, nicht geändert. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat dessen Aussage bei der Befragung durch das Gericht durch zahlreiche Zwischenbemerkungen oder –fragen in russischer Sprache trotz wiederholter Rüge durch den Vorsitzenden fortlaufend gestört. Dieses Vorgehen konnte erst durch eine Unterbrechung der Sitzung beendet werden. Insgesamt wurde hierdurch der Eindruck vermittelt, dass der Kläger an etwa abweichenden Aussagen gehindert werden sollte. Diese Vorstellung wurde bei der Befragung des Klägers durch seinen Prozessbevollmächtigten erhärtet. Bei dieser Befragung hat der Prozessbevollmächtigte jeweils Fragen, insbesondere zum Ablauf des Prozesses, gestellt, die der Kläger durch eine einfache Wiederholung oder durch eine einfache Bejahung beantworten konnte, ohne sich eine eigene Formulierung überlegen zu müssen.
74Schließlich konnte der Kläger auch durch die Zeugenaussage der anwesenden Mutter nicht entlastet werden. Die Mutter hat zwar bestätigt, dass der Kläger erst um den 20. Mai 2000 nach B2. gereist ist, um dort Arbeit zu suchen. Wäre diese Aussage zutreffend, hätte der Kläger ein Alibi für die vorgeworfenen Taten am 25.02.2000 und am 19.05.2000. Die Mutter des Klägers ist als Zeugin jedoch unglaubwürdig. Es ist anzunehmen, dass ihre Aussage durch das persönliche Interesse an einer Einreise des Klägers nach Deutschland beeinflusst ist. Insbesondere ergibt sich aber aus ihren Angaben, dass sie Kenntnis vom Prozess und der Verurteilung des Klägers hatte und diesen im Gefängnis besucht hat. Demgegenüber hat sie durch ein Schreiben vom 13.10.2003 gegenüber dem Zentralen Ausgleichsamt in Bayreuth behauptet, sie habe im Zeitpunkt ihrer Ausreise im November 2002 keinen Kontakt zu ihrem Sohn gehabt und wisse nicht, wo er sich befinde. Es ist nicht glaubhaft, dass sie nunmehr bestreitet, dieses Schreiben verfasst zu haben. Naheliegend wäre, dass sie seinerzeit keine Angaben zur Verurteilung des Sohnes machen wollte, um eine spätere Einreise nicht zu gefährden. In diesem Fall ist aber auch anzunehmen, dass die Bereitschaft besteht, ihren Sohn durch ein nicht zutreffendes Alibi zu entlasten.
75Die insoweit übereinstimmende Aussage des Klägers und seiner Mutter, er sei erst Ende Mai 2000 zur Arbeitssuche nach B2. gefahren, widerspricht der Aussage des Mitangeklagten T6. im vorgelegten Urteil vom 08.10.2001. T6. hatte bei seiner Befragung in der Voruntersuchung am 05.06.2000 angegeben, er sei mit seinem Freund S3. , dem Kläger, vor einigen Monaten nach B2. gekommen. Für die Wahrheit dieser vom Kläger bestrittenen Aussage spricht, dass beide Personen – im Gegensatz zu den anderen Mitangeklagten – aus T7. stammten, fast gleichaltrig waren, und T6. vermutlich auch aus einer deutsch-stämmigen Familie stammte.
76Der Kläger konnte letztlich, bis auf die zweifelhafte Zeugenaussage seiner Mutter, auch keine Beweismittel benennen, die ihn entlastet hätten. Der Bitte des Gerichts in der Verfügung vom 24.05.2018, Namen und Anschriften der Verteidiger in dem kasachischen Strafverfahren mitzuteilen, ist der Kläger nicht nachgekommen. Auch hat er keine Zeugen benannt oder schriftliche Zeugenerklärungen vorgelegt, die seine Version der Verurteilung hätten bestätigen können. Hier wären beispielweise seine früheren Mitangeklagten in Frage gekommen, die eine erzwungene Falschaussage zulasten des Klägers hätten bekunden können.
77Da eine konsistente, glaubhafte Aussage des Klägers zu seiner Verurteilung und entlastende Beweismittel somit nicht vorliegen, konnte die Kammer nicht feststellen, ob dieser eine rechtswidrige Tat im Sinne des § 5 Nr. 1 d BVFG begangen hat oder nicht. Die Unerweislichkeit des Vorliegens eines Ausschlussgrundes geht hier – wie ausgeführt – zur Lasten des Klägers.
78Die übrigen Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG für einen Widerruf der Einbeziehung liegen vor. Insbesondere hat der Kläger von der in der Einbeziehung enthaltenen Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht, weil er noch nicht unter Aufgabe seines Wohnsitzes in das Bundesgebiet eingereist ist. Es ist auch anzunehmen, dass ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Hierbei kann berücksichtigt werden, dass bei einer Einreise des Klägers unnötige Kosten der öffentlichen Hand wie Unterkunftskosten, Leistungen bei Krankheit oder Rückführungskosten entstehen, zumal der Kläger im dann folgenden Bescheinigungsverfahren nach § 15 Abs. 2 BVFG ebenfalls wegen des Ausschlussgrundes nach § 5 Nr. 1 d BVFG keine Aussicht auf Erfolg haben würde,
79vgl. OVG NRW, Beschluss vom 05.03.2008 – 12 B 137/08 – juris, Rn. 14.
80Ferner kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem Kläger um eine Person handelt, die eine schwere Straftat im Sinne des § 5 Nr. 1 d BVFG begangen hat. Insofern besteht ein öffentliches Sicherheitsinteresse daran, dass derartigen Personen der Zuzug nicht ermöglicht wird, ohne dass es insofern auf das Bestehen einer Wiederholungsgefahr ankommt,
81vgl. OVG NRW, Beschluss vom 05.03.2008 – 12 B 137/08 – juris, Rn. 13.
82Auch die Ermessensbetätigung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ein Vertrauen der Mutter auf den Bestand des Bescheides und die spätere Einreise ihres Sohnes ist hier nicht in besonderer Weise geschützt. § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG zeigt, dass auch bestandskräftig eingeräumte Vergünstigungen wieder entzogen werden können, wenn sich die Rechtslage zu Ungunsten des Begünstigten ändert. Dies gilt erst recht für Dritte, die auf den Bescheid vertraut haben. Im Übrigen wird aus dem Schreiben der Mutter vom 13.10.2003, in dem sie die Verurteilung des Klägers verschwiegen hat, deutlich, dass diese nicht darauf vertraut hat, dass ihr Sohn trotz der Verurteilung einreisen kann.
83Die Beklagte durfte sich auch auf den Gesichtspunkt der Gleichbehandlung des Klägers mit späteren Antragstellern, die wegen § 5 Nr. 1 d BVFG keinen Einbeziehungsbescheid erhalten können, berufen. Die Widerrufsmöglichkeit des § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG gibt der Behörde nur unter den dort bestimmten engen Voraussetzungen die Möglichkeit, auch frühere Antragsteller nach dem neuen Recht zu behandeln und damit eine gleichmäßige Gesetzesanwendung herbeizuführen. Soweit die Bestimmung fordert, dass von der Vergünstigung noch kein Gebrauch gemacht worden ist und das öffentliche Interesse ohne den Widerruf tangiert ist, wird gerade dem Vertrauensschutz der Antragsteller Rechnung getragen, die nach einer früheren Rechtslage einen Einbeziehungsbescheid erhalten haben.
84Die Widerrufsfrist gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG wurde eingehalten. Das Bundesverwaltungsamt erlangte erst durch Übersendung des Strafurteils vom 08.10.2001 mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21.01.2013 die Kenntnis der Einzelheiten im Hinblick auf die Begehung einer rechtswidrigen Straftat im Sinne des § 5 Nr. 1 d BVFG, die einen Widerruf rechtfertigten. Der Widerrufsbescheid erfolgte am 29.11.2013 und somit innerhalb der einjährigen Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG.
85Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
86Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
87Rechtsmittelbelehrung
88Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
89- 90
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
- 91
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 92
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- 93
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
- 94
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
96Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
97Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
98Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
99Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
100Beschluss
101Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
1025.000,00 €
103festgesetzt.
104Gründe
105Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).
106Rechtsmittelbelehrung
107Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
108Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
109Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
110Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
111Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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- StGB § 212 Totschlag 2x
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