Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - PL 15 S 3286/20

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. Oktober 2020 - PL 15 K 4160/20 - wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung seines Mitbestimmungsrechts.
1. Mit Schreiben vom 28.09.2020 stellte die weitere Beteiligte gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 7 LPVG den Antrag auf uneingeschränkte Mitbestimmung des Personalrats zur Öffnung der Gebäude der Hochschule Mannheim für bestimmte Studierendengruppen unter den durch die SARS-Cov-2-Pandemie veränderten Rahmenbedingungen. Es solle bestimmten Studierendengruppen ermöglicht werden, ab dem laufenden Wintersemester 2021/22 unter den geltenden Einschränkungen an einer möglichst großen Anzahl von Präsenzveranstaltungen teilzunehmen. Mit Schreiben vom 01.10.2020 teilte der Antragsteller der weiteren Beteiligten mit, dass er sich mit dem Antrag befasst habe und ihm nicht zustimme. Mit E-Mail vom 09.10.2020 teilte die weitere Beteiligte dem Personalrat mit, dass das Rektorat beschlossen habe, die Gebäude der Hochschule am 12.10.2020 zu öffnen und den geplanten Lehrbetrieb, primär für die ersten Semester, aufzunehmen. Selbstverständlich werde durch geeignete Maßnahmen sichergestellt, dass ein den Umständen angemessener und guter Schutz aller Hochschulangehörigen gewährleistet sei. Mit weiterer E-Mail vom 09.10.2020 informierte die weitere Beteiligte u.a. die Hochschulangehörigen, dass die Hochschule den Präsenzbetrieb ab dem 13.10.2020 als Hybridsemester wiederaufnehme. Am 13.10.2020 hat der Antragsteller im personalvertretungsrechtlichen Verfahren vorläufigen Rechtsschutz beantragt und geltend gemacht, dass die Gebäudeöffnung und deren Modalitäten gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 7 LPVG mitbestimmungspflichtig seien.
Der Antragsteller hat - sachdienlich gefasst - beantragt,
1. im Wege der einstweiligen Verfügung festzustellen, dass die weitere Beteiligte durch die mit Schreiben vom 09.10.2020 angekündigte Öffnung der Hochschulgebäude in der P.S.-Straße 10, ... M. das Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt,
2. die weitere Beteiligte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, das abgebrochene Mitbestimmungsverfahren zur Öffnung der Türen der Hochschule in der P.S.- Straße 10, ... M. fortzuführen,
3. die weitere Beteiligte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, ihn über geeignete Maßnahmen zum Schutz der Hochschulangehörigen aufgrund der Sars-Cov-2-Pandemie zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen,
4. die weitere Beteiligte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, die Gebäude in der P.S. -Straße 10 in ... M. bis zum Abschluss einer Vereinbarung mit ihm zu den in den Anträge zu 1 und 2 genannten Sachverhalten oder der Einigung zwischen der obersten Dienstbehörde und der bei ihr bestehenden zuständigen Personalvertretung oder dem Spruch einer Einigungsstelle zu verschließen und Studierenden nur nach Einlass durch den Lehrenden und darauf folgenden Verschluss der Türen Zutritt zu gewähren.
2. Das Verwaltungsgericht hat wegen besonderer Dringlichkeit ohne mündliche Anhörung der Beteiligten und durch den Vorsitzenden entschieden und die Anträge mit Beschluss vom 15.10.2020 abgelehnt. Zur Begründung hat das Gericht hinsichtlich des Antrags zu 1 u.a. ausgeführt, dass zwar im Wege der einstweiligen Verfügung festgestellt werden könne, dass der Dienststellenleiter das Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt habe, sie aber nur dann ergehen könne, wenn mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren obsiegen werde und ihm bei einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren unzumutbare Nachteile drohten. Dies sei nicht der Fall. Dabei müsse die Kammer nicht abschließend der Frage nachgehen, ob das feststellungsfähige Rechtsverhältnis mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben und damit ein Verfügungsanspruch zu bejahen sei. Zwar unterlägen Maßnahmen, die in erster Linie andere Zwecke verfolgten und sich nur mittelbar auf den Arbeits- oder Gesundheitsschutz der Beschäftigten auswirken könnten, wie es bei der Öffnung der Gebäude der Fall sei, nicht der Mitbestimmung nach dieser Norm. Allerdings habe die weitere Beteiligte, wie sich aus ihrem Antrag vom 28.09.2020 ergebe, die Öffnung der Gebäude der Hochschule für bestimmte Studierendengruppen unter den durch die Pandemie des Virus SARS-CoV-2 (Coronavirus) veränderten Rahmenbedingungen selbst für mitbestimmungspflichtig angesehen und seien in dem Antrag eine Reihe von Maßnahmen genannt, die zum Schutze der Hochschulmitglieder nach Öffnung der Gebäude „zusätzlich zu den geltenden Verordnungen und Konzepten“ ergriffen werden sollen. Es lasse sich aufgrund des Vorbringens der Beteiligten nicht abschließend beurteilen, inwieweit die weitere Beteiligte nach Verweigerung der Zustimmung seitens des Antragstellers diese Maßnahmen nicht umgesetzt habe oder diese Maßnahmen nicht über das hinausgingen, was verordnungsrechtlich vorgegeben oder bereits mit dem Antragsteller vereinbart sei. Der Antragsteller habe jedoch keinen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Ein solcher ergebe sich nicht allein aus der Dauer des Verfahrens in der Hauptsache und einer etwaigen Missachtung des Beteiligungsrechts über einen längeren Zeitraum. Angesichts eines nicht absehbaren Endes der Pandemie des Virus SARS-CoV-2 drohe kein endgültiger Rechtsverlust bei Verweisung auf das Hauptsacheverfahren. Soweit der Antragsteller weiter auf die Gefährdung der Beschäftigten abstelle, sei bereits fraglich, inwieweit deren Belange im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren zu berücksichtigen seien. Denn das Verfahren vor den Fachgerichten für Personalvertretungsangelegenheiten sei nicht dazu bestimmt, individuelle Rechte der Beschäftigten zu sichern. Jedenfalls wäre für diese kein unzumutbarer Nachteil gegeben angesichts des Hygienekonzepts 1.2 der Hochschule. Mangels Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes blieben auch die Anträge zu 2 und 3 ohne Erfolg. Die weitere Beteiligte habe mit Schriftsatz vom 14.10.2020 erklärt, dass im Hinblick auf die Gebäudeöffnung keine weiteren Schutzmaßnahmen beabsichtigt seien. Sollte der Antragsgegner weitere Maßnahmen zum Schutz der von ihm vertretenen Beschäftigten vor der Pandemie des Virus SARS-CoV-2 für notwendig erachten, stehe ihm ein Initiativrecht nach § 74 Abs. 2 Nr. 7, § 84 Abs. 1 Satz 1 LPVG zu. Schließlich könne dem Antrag zu 4 nicht stattgegeben werden, weil der Personalvertretung und damit dem Antragsteller kein im Wege des Beschlussverfahrens durchsetzbarer Anspruch gegenüber dem Dienststellenleiter auf Unterlassung oder Aufhebung bzw. Rückgängigmachung solcher Handlungen oder Maßnahmen zustehe, die gegen Mitbestimmungs- oder Mitwirkungsrechte verstießen.
3. Der Antragsteller hat am 23.10.2020 Beschwerde eingelegt, mit der er seine bisherigen Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung weist er zunächst darauf hin, es gehe ihm nicht um die Unterbindung des Lehrbetriebs, sondern dass - wie bisher - Studierende Einlass erhielten, indem die Lehrkräfte sie an den vorübergehend verschlossenen Türen abholten. In rechtlicher Hinsicht führt der Antragsteller weiter aus, dass, wenn die Schließung der Türen unmittelbare Maßnahme des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gewesen sei, auch die Rücknahme dieser Maßnahme der Mitbestimmung unterliegen müsse. Der Verfügungsgrund ergebe sich aus der aus dem Verstoß gegen die Beteiligungsrechte resultierenden Gefährdung der Beschäftigten, gerade auch weil sich die Stadt zu einem Corona-Hotspot entwickelt habe. Das Initiativrecht führe zu einem Zeitverlust. Ein Unterlassungsanspruch sei auch im Arbeitsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG anerkannt. Auf entsprechende Rüge der weiteren Beteiligten teilt der Antragsteller ergänzend mit, dass auf einer mittels Webex durchgeführten außerordentlichen Personalratssitzung am 19.10.2020 der Beschluss gefasst worden sei, Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einzulegen, und nach den Hinweisen des Innenministeriums zur Gewährleistung der Handlungsfähigkeit der Personalvertretungen zum jetzigen Zeitpunkt die Teilnahme an einer Personalratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz als zulässig anzusehen sei. Auf Nachfrage des Gerichts zu möglichen Auswirkungen durch § 1a Abs. 8 der Corona-Verordnung in der ab dem 02.11.2020 geltenden Fassung führt der Antragsteller aus, dass sich keine Auswirkungen für die Beteiligungsrechte ergeben hätten. Zwar scheine es so, dass der Präsenz-Studienbetrieb zwischenzeitlich ausgesetzt werde. Dies ändere aber nichts an dem unkontrollierten Zugang zu den Hochschulgebäuden. Die Verordnung habe jedoch insoweit Auswirkungen, als damit die Aussage der weiteren Beteiligten nicht mehr aufrechterhalten werden könne, durch die Anträge würde die allgemeine Zweckbestimmung der Dienstgebäude beeinträchtigt.
II.
10 
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist trotz der auf eine Beschwerde im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nach § 92 Abs. 2 LPVG i.V.m. § 87 Abs. 1 ArbGG hinweisenden Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses als sofortige Beschwerde statthaft. Gemäß § 92 Abs. 2 LPVG i.V.m § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren nach dem Zweiten Abschnitt des Arbeitsgerichtsgesetzes zulässig. Nach Satz 2 der Norm gelten für das Verfahren die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung über die einstweilige Verfügung entsprechend. Soweit das Verwaltungsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung zurückweist, ist das gegebene Rechtsmittel demnach nicht die gegen Beschlüsse im Hauptsacheverfahren statthafte Beschwerde nach § 87 Abs. 1 ArbGG, sondern die über § 92 Abs. 2 LPVG i.V.m. § 85 Abs. 2, § 83 Abs. 5, § 78 Satz 1 ArbGG, § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eröffnete sofortige Beschwerde (inzwischen soweit ersichtlich allgemeine Meinung der Oberverwaltungsgerichte; vgl., jeweils m.w.N., OVG B.-B., Beschluss vom 01.07.2020 - OVG 60 PV 8/20 -, Juris Rn. 2 und, jeweils unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechung, OVG NRW, Beschluss vom 09.11.2020 - 20 B 1111/20.PVB -, Juris Rn. 2 ff. und Sächs. OVG, Beschluss vom 08.09.2020 - 9 B 209/20.PL -, Juris Rn. 7 f.; a.A. noch Senatsbeschlüsse vom 19.01.1993 - PL 15 S 2849/92 -, Juris Rn. 12 und vom 24.02.2005 - PL 15 S 434/05 -, Juris Rn. 8). Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass im Falle einer Entscheidung durch das Verwaltungsgericht aufgrund mündlicher Verhandlung das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 87 Abs. 1 ArbGG gegeben ist (ebenso Bay. VGH, Beschluss vom 08.01.2018 - 17 PC 17.2202 -, Juris Rn. 22 f.).
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Über die sofortige Beschwerde entscheidet der Fachsenat ohne mündliche Verhandlung in der Besetzung mit dem Vorsitzenden und zwei richterlichen Beisitzern ohne ehrenamtliche Richter bzw. Richterinnen. Die gemäß § 572 Abs. 4, § 128 Abs. 4 ZPO freigestellte mündliche Verhandlung hält der Fachsenat im vorliegenden Fall für entbehrlich (vgl. zur Zulässigkeit eines Verzichts auf mündliche Verhandlung unter Verweis auf § 937 Abs. 2 ZPO etwa Sächs. OVG, Beschluss vom 08.09.2020 - 9 B 209/20.PL -, Juris Rn. 10). Anstelle des in § 83 Abs. 5, § 78 S. 3 ArbGG genannten Vorsitzenden des Landesarbeitsgerichts treten in personalvertretungsrechtlichen Verfahren die drei richterlichen Mitglieder des Fachsenats (zutreffend Hess. VGH, Beschluss vom 09.07.2020 - 22 B 347/20.PV -, Juris Rn. 21; ebenso, unter Verweis auf § 937 Abs. 2 ZPO, Sächs. OVG, Beschluss vom 08.09.2020 - 9 B 209/20.PL -, Juris Rn. 10).
12 
Die Beschwerde wahrt selbst die Notfrist von zwei Wochen nach § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO, obwohl die vom Verwaltungsgericht erteilte Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft (s.o.) auf die Fristen für das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren verweist und deswegen hier die Jahresfrist nach § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG gilt. Trotz der Möglichkeit einer Abhilfe durch das Verwaltungsgericht nach § 572 Abs. 1 Satz 1 HS 2 ZPO teilt der Senat die Auffassung, dass eine Nichtabhilfeentscheidung keine zwingende Verfahrensvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren darstellt (ebenso Sächs. OVG, Beschluss vom 08.09.2020 - 9 B 209/20.PL -, Juris Rn. 9 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 15.02.2017 - XII ZB 462/16 -, Juris Rn. 13 und Saarl. OVG, Beschluss vom 11.08.2015 - 5 B 131/15 -, Juris Rn. 32; offen gelassen von OVG B.-B., Beschluss vom 01.07.2020 - OVG 60 PV 8/20 -, Juris Rn. 4, das im konkreten Fall von einer konkludenten Nichtabhilfe ausging).
13 
Der Senat geht von einer wirksamen Beschlussfassung über die Einlegung der Beschwerde aus, die in der Sitzung des Antragstellers am 19.10.2020 erfolgt ist. Durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes und des Landespersonalvertretungsgesetzes aus Anlass der SARS-CoV-2-Pandemie vom 12.11.2020 (GBl. S. 1046) wurde § 34 LPVG rückwirkend zum 01.03.2020 um Absatz 1a ergänzt, der die Teilnahme an einer Personalratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenztechnik ermöglicht, wobei es sich nach der Gesetzesbegründung um eine klarstellende Änderung handeln soll (LT-Drs. 16/9088, S. 1/8), ohne dass dem im Eilverfahren weiter nachgegangen werden müsste.
14 
Die Beschwerde dürfte schließlich entgegen der Auffassung der weiteren Beteiligten ordnungsgemäß begründet sein, weil insoweit - anders als in den von ihr angeführten Entscheidungen, die sich auf Beschwerden nach § 87 Abs. 1 ArbGG beziehen - nicht § 520 ZPO, sondern § 571 Abs. 1 ZPO einschlägig ist, wonach die Beschwerde nur begründet werden soll. Eine Begründungspflicht geht damit ebenso wenig einher wie Anforderungen an einen Begründungsinhalt (ebenso - zu einer sofortigen Beschwerde gegen die Aussetzung des Verfahrens - Bay. VGH, Beschluss vom 24.11.2015 - 17 P 15.1316 -, Juris Rn. 9; vgl. allgemein Hamdorf in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 571 Rn. 4 f. m.w.N.).
15 
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht abgelehnt.
16 
a) Nach § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 940 ZPO kann eine einstweilige Verfügung zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind glaubhaft zu machen (§§ 936, 920 ZPO). Im Beschlussverfahren kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung mit einem Ausspruch verfahrensrechtlichen Inhalts dahingehend in Betracht, dass er sich nur auf Verfahrenshandlungen bezieht, wie z. B. die Einleitung oder Fortführung des Mitbestimmungsverfahrens. Das Ergebnis eines auf eine einstweilige Verfügung hin durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens kann aber erst dann zum Tragen kommen, wenn im Hauptsacheverfahren rechtskräftig festgestellt worden ist, dass die betreffende Maßnahme mitbestimmungspflichtig ist. Der Verfügungsanspruch ist deshalb nicht identisch mit dem materiellen Anspruch auf Mitbestimmung, um den es im Hauptsacheverfahren geht, sondern bezieht sich auf eine Regelung, mit der die Entscheidung in der Hauptsache offengehalten wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.07.1990 - 6 PB 12/89 -, juris Rn. 4; Bay. VGH, Beschluss vom 30.11.2010 - 18 PC 10.1215 -, Juris Rn. 26).
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Ein Verfügungsgrund kann nur dann angenommen werden, wenn die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes für den Antragsteller bei der Erfüllung seiner Aufgaben oder für die kollektiven Belange der von ihm vertretenen Beschäftigten unzumutbare Folgen hätte, so dass eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht abgewartet werden könnte (Bay. VGH, Beschluss vom 30.11.2010 - 18 PC 10.1215 -, Juris Rn. 23). Zu beachten ist, dass die einstweilige Verfügung grundsätzlich nicht mehr zusprechen darf, als im Hauptsacheverfahren möglich ist. Auch darf sie die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen, sofern dies die Effektivität des Rechtsschutzes nicht ausnahmsweise zur Vermeidung schlechthin unzumutbarer Folgen, insbesondere eines endgültigen Rechtsverlustes oder eines sonstigen irreparablen Zustandes erfordert (OVG NRW, Beschluss vom 09.11.2020 - 20 B 1111/20.PVB -, Juris Rn. 23). Bei der Frage, wann schlechthin unzumutbare Folgen anzunehmen sind, ist sowohl das Interesse des Personalrats als auch dasjenige der von ihm vertretenen Beschäftigten in den Blick zu nehmen. Als wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei zu berücksichtigen, inwieweit die Arbeit des Personalrats ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung generell oder für bestimmte wichtige Bereiche in einer Weise unmöglich oder eingeschränkt würde, die auch nur vorübergehend hinzunehmen dem Personalrat und/oder den von ihm vertretenen Beschäftigten nicht angesonnen werden könnte. Zu gewichten ist vor allem, welche Bedeutung dem geltend gemachten Beteiligungsrecht für den Personalrat und/oder für die Beschäftigten in dem jeweiligen Einzelfall beizumessen ist. Dabei ist mit in den Blick zu nehmen, welche Möglichkeiten dem Personalrat zur Erlangung von Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren noch verbleiben (OVG NRW, a.a.O. Rn. 28). Insbesondere in den Fällen, in denen die Hauptsache vorweggenommen wird, muss für den Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht werden, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit der geltend gemachte Mitbestimmungstatbestand gegeben ist bzw. die vom Personalrat angeführten Verweigerungsgründe innerhalb dessen rechtlicher Grenzen liegen (ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 20.08.1991 - 17 M 8357/91 -, BeckRS 2005, 20465; vgl. auch OVG HH, Beschluss vom 04.11.2002 - 8 Bs 269/02 PVL -, Juris Rn. 19).
18 
b) Nach diesen Maßstäben teilt der Senat hinsichtlich des Antrags zu 1 die Zweifel des Verwaltungsgerichts daran, ob bei der Frage der Unzumutbarkeit der Verweisung auf das Hauptsacheverfahren der Gesundheitsschutz der einzelnen Beschäftigten Berücksichtigung finden kann, weil selbst das Beschlussverfahren - über dessen mögliches Ergebnis das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht hinausgehen darf - ein objektives Verfahren ist, das (abgesehen von wenigen Ausnahmen wie etwa der Kostenerstattung) nicht der Verfolgung von Individualrechtsansprüchen dient, sondern die Klärung und Feststellung von Zuständigkeiten, von personalvertretungsrechtlich festgelegten Befugnissen und Pflichten sowie die gestaltende Entscheidung bei Wahlanfechtung, Auflösung oder Ausschluss zum Gegenstand hat (so schon Senatsbeschluss vom 02.07.2002 - PL 15 S 2497/01 -, Juris Rn. 25; vgl. auch den schon vom Verwaltungsgericht angeführten Beschluss des VG Berlin vom 20.08.2020 - 61 L 10/20 PVL -, Juris Rn. 30 zur Mitbestimmung bei der Anordnung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung). Der Senat teilt des Weiteren die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass selbst bei Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten eine Unzumutbarkeit einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren hier nicht glaubhaft gemacht ist. Der Antragsteller hat verschiedenen Schutzmaßnahmen zugestimmt. Dass unzumutbare Gefährdungen davon ausgehen sollen, dass zumeist volljährige Studierende eigenständig zu Vorlesungssälen gelangen und nicht abgeholt werden, ist nicht erkennbar. Durch eine Verweisung auf ein Hauptsacheverfahren droht das Beteiligungsrecht des Antragstellers auch nicht leerzulaufen, sodass sich auch insoweit kein Verfügungsgrund ergibt. Denn ein baldiges Ende der Corona-Pandemie ist derzeit nicht hinreichend erkennbar, eine erst spätere Klärung der Mitbestimmungspflichtigkeit daher nicht wertlos. Diese restriktive Bestimmung des Verfügungsgrundes ist die Kehrseite zum weiten Verständnis des Feststellungsinteresses in der Hauptsache. Denn das Feststellungsinteresse wird im Personalvertretungsrechtsstreit, anders als im „normalen“ Verwaltungsprozess, verhältnismäßig weit gefasst. Es wird auch nach Erledigung des konkreten Falls bejaht, wenn vergleichbare Rechtsstreitigkeiten zwischen denselben Beteiligten künftig mit gewisser - mehr als nur geringfügiger - Wahrscheinlichkeit erneut entstehen können (Senatsbeschluss vom 20.07.2020 - PB 15 S 897/20 -, Juris Rn. 17 m.w.N.).
19 
In der Sache geht der Senat allerdings nicht davon aus, dass der allein geltend gemachte Mitbestimmungstatbestand des § 74 Abs. 2 Nr. 7 LPVG hier einschlägig ist. Zwar mag die Schließung (im Sinne eines Abschließens) der Gebäude eine Maßnahme zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen sowie Gesundheitsgefährdungen sein (vgl. zum Maßstab BVerwG, Beschluss vom 14.02.2013 - 6 PB 1.13 -, Juris Rn. 4 f. zur entsprechenden, wenn auch „Gesundheitsgefährdungen“ nicht ausdrücklich erwähnenden Regelung des § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG). Dem Antragsteller dürfte jedoch nicht darin zu folgen sein, dass dies auch für eine Öffnung der Gebäude gilt. Zwar macht die weitere Beteiligte geltend, dass eine Schließung der Gebäude zu Menschenansammlungen der wartenden Studierenden führe, so dass in dieser Hinsicht die Öffnung der Gebäude durchaus auch dem Infektionsschutz dienen könnte. Aus der maßgeblichen Sicht der Beschäftigten gilt dies jedoch nicht. Vielmehr fürchtet der Antragsteller gerade deren Gesundheitsgefährdung. Seiner Annahme, ein Mitbestimmungstatbestand erfasse stets auch den actus contrarius einer Maßnahme, folgt der Senat nicht. Die Frage, ob sich die Beteiligung des Personalrats sowohl auf begünstigende als auch auf belastende Maßnahmen der Dienststelle erstreckt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Vielmehr kommt es auf den jeweiligen Mitbestimmungstatbestand an, ob er offen für eine Anwendung auf beide Arten von Maßnahmen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.01.2008 - 6 PB 15/07 -, Juris Rn. 3 ff. zu Maßnahmen zur Erleichterung des Arbeitsablaufs). In diesem Sinne hat auch das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass dann, wenn infolge einer veränderten Auftragslage die mit dem Betriebsrat vereinbarte (oder durch den Spruch der Einigungsstelle bestimmte) vorübergehende Kurzarbeitszeit früher als vorgesehen aufgehoben werden kann, der Abbau der Kurzarbeit in Rückführung auf die betriebsübliche Arbeitszeit als solcher nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG unterliegt, weil durch den Abbau der Kurzarbeit nicht die „betriebsübliche Arbeitszeit“, sondern die vorübergehend festgelegte „Ausnahme-Arbeitszeit“ verändert wird (BAG, Beschluss vom 21.11.1978 - 1 ABR 67/76 -, Ls. bei Juris). Ist danach der Antrag zu 1 zu Recht abgelehnt worden, gilt dies zwangsläufig auch für den Antrag zu 2.
20 
Hinsichtlich der Ablehnung des Antrags zu 3 macht der Antragsteller geltend, das Verwaltungsgericht habe ihn fehlerhaft auf das Initiativrecht verwiesen. Er setzt sich jedoch mit seiner Beschwerde nicht mit der Würdigung des Verwaltungsgerichts auseinander und macht damit nicht glaubhaft, dass weitere Schutzmaßnahmen beabsichtigt seien, hinsichtlich derer Unterrichtung und Zustimmung in Betracht kämen, die zudem durch einstweilige Verfügung zu sichern wären.
21 
Das Verwaltungsgericht hat schließlich auch den Antrag zu 4 zu Recht abgelehnt. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend unter Verweis auf die Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 02.07.2002 - PL 15 S 2497/01 -, Juris Rn. 24 ff.) ausgeführt, dass der Personalvertretung kein im Beschlussverfahren durchsetzbarer allgemeiner Anspruch gegenüber dem Dienststellenleiter auf Unterlassung solcher Handlungen zusteht, die gegen Mitbestimmungs- oder Mitwirkungsrechte verstoßen. Soweit der Antragsteller auf die Anerkennung derartiger Ansprüche nach dem Betriebsverfassungsgesetz verweist, beachtet er einen wesentlichen Unterschied nicht. Anders als der Arbeitgeber im Arbeitsrecht ist ein Dienststellenleiter bei einer gerichtlichen Feststellung der Verletzung von Mitbestimmungsrechten nach Art. 20 Abs. 3 GG zur Rückgängigmachung verpflichtet (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1993 - 6 P 31.91 -, Juris Rn. 13; grundlegend BVerwG, Beschluss vom 15.12.1978 - 6 P 13.78 -, Juris 42 ff.).
22 
3. Eine Kostenentscheidung entfällt, weil nach § 92 Abs. 2 LPVG i.V.m. § 80 Abs. 1, § 2a Abs. 1 und 2 ArbGG und § 2 Abs. 2 GKG vom Gericht keine Kosten erhoben werden und in dem objektiv ausgestalteten Beschlussverfahren außergerichtliche Kosten entsprechend dem Umkehrschluss aus § 12a ArbGG nicht zu erstatten sind.
23 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt (§ 92 Abs. 2 LPVG i.V.m. § 85 Abs. 2, § 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG; ebenso Sächs. OVG, Beschluss vom 08.09.2020 - 9 B 209/20.PL -, Juris Rn. 17; Hess. VGH, Beschluss vom 09.07.2020 - 22 B 347/20.PV -, Juris Rn. 50).

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