Urteil vom Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) - 3a C 145/16

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 312,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 18.03.2016 zu zahlen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren als Gesamtgläubiger mit ihrer am 18.05.2016 zugestellten Klage die Rückzahlung von durch den Beklagten abgebuchten Mitgliedsbeiträgen.

2

Der Beklagte betrat die Tanzschule „F...“ in F... . Die Tochter der Kläger, die Zeugin J... erwarb einen Gutschein, der nach den klägerischen Behauptung eine dreimonatige Teilnahme am Tanzkurs in der Tanzschule des Beklagten ermöglichte als Geschenk aus Anlass des Geburtstages der Beklagten zu 1. Die Kläger begannen im April 2015 den Tanzkurs und besuchten ihn bis Juni 2015. Zu Beginn des Kurses füllten die Kläger auf die Bitte einer Mitarbeiterin des Beklagten ein Formular aus, in dem drei Angebote aufgeführt sind

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- „Start-Dance XS (3-monatig für 54,00 €*),

- Start-Dance Classic (6-monatig für 45,00 €*),

- Start-Dance Xtra (12-monatig für 36,00 €*)“.

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Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 8 der Akten verwiesen.

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In dem Vertragsformular wurde das erste Angebot Start-Dance XS angekreuzt. In dem Formular befindet sich weiterhin „...und wie geht es weiter?

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Wenn Sie weitertanzen möchten, brauchen Sie nichts zu tun, es geht immer im gebuchten Zeitraum weiter - anderenfalls melden Sie sich bitte einfach schriftlich bis 6 Wochen vor Ablauf ab.“

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Darunter befindet sich eine vorgefertigte Bankeinzugsermächtigung.

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Der Beklagte buchte in den Monaten August, September und Oktober 2015 jeweils 104,00 € vom Konto der Kläger ab. Nach den Behauptungen der Kläger verlief das im November 2015 über die Rückgewähr des abgebuchten Geldes geführte Gespräch ergebnislos, woraufhin die Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 03.03.2016 den Beklagten zur Zahlung unter Fristsetzung zum 17.03.2016 in Höhe 312,00 € aufforderten. Die Kläger erklärten daneben die Anfechtung aufgrund Erklärungsirrtums. Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten lehnten mit Schreiben vom 16.03.2016 den Rückzahlungsanspruch ab. Die Kläger erklärten daraufhin mit Schreiben vom 21.03.2016 hilfsweise die Kündigung des streitgegenständlichen Vertrages.

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Die Kläger behaupten, der durch die Zeugin J... verschenkte Gutschein habe auf drei Monate gelautet. Eine Mitarbeiterin des Beklagten habe versichert, dass das Vertragsverhältnis auf 3 Monate beschränkt sei, die Ausfüllung des Formulars nebst Unterzeichnung nicht zu weiteren Abbuchungen führe. Das Vertragsverhältnis mit dem Beklagten sei daher auf 3 Monate befristet gewesen, die verwendete Verlängerungsklausel sei unwirksam.

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Die Kläger beantragen:

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1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 312,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.03.2016 zu bezahlen.

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2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 102,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und behauptet, seine Mitarbeiterin habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Tanzkurs nach Einlösung des Gutscheins weiterlaufe, sofern er nicht rechtszeitig gekündigt werde. Das Vertragsverhältnis habe daher bis zum 31.07.2016 bestanden, weshalb die Kläger die vereinbarten Beiträge schulden. Die Kläger seien daneben zur Erstattung von Rücklastschriftkosten in Höhe von 54,00 € sowie eine erhöhte monatliche Gebühr wegen des Widerrufs der Einzugsermächtigung in Höhe von 3,00 €, insgesamt 57,00 € verpflichtet,

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und beantragt daher widerklagend

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die Kläger zu verurteilen, an die Kläger 738,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage sowie vorprozessual entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124,00 € zu zahlen.

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Die Widerklage wurde den Klägern am 08.06.2016 zugestellt.

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Die Kläger beantragen,

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die Widerklage abzuweisen

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unter Ergänzung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.

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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

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Das Amtsgericht hat die Parteien persönlich gemäß § 141 Abs. 3 ZPO angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin J...; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 30.06.2016 (Blatt 60 ff. der Akten) und 01.09.2016 (Blatt 90 ff. der Akten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet, die zulässige Widerklage hat in der Sache keinen Erfolg.

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Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) ist sachlich gemäß § 23 Nr. 1 GVG und örtlich gemäß §§ 12, 13, 29, 30 ZPO zuständig.

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Die Klage ist begründet.

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Die Kläger haben einen Anspruch auf Rückzahlung der durch den Beklagten abgebuchten Mitgliedsbeiträge in Höhe von insgesamt 312,00 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 BGB, denn durch die nicht durch das Vertragsverhältnis gedeckte Abbuchung wurde durch den Beklagten in das Vermögen der Kläger eingegriffen und damit ein Vermögensvorteil in sonstiger Weise erlangt.

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Dem Beklagten stand gegen die Kläger aus dem Vertragsverhältnis kein Anspruch auf Zahlung zu, denn der zwischen ihm und den Klägern im April 2015 geschlossene Vertrag beschränkte sich auf 3 Monate und war im streitgegenständlichen Abbuchungszeitraum bereits abgelaufen. Die Vertragsverlängerungsklausel im Formular ist gemäß § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam. Bei der Klausel handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 210 Abs. 3 BGB.

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Das Formular, in dem sie enthalten ist, ist für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, wobei die Kläger als Verbraucher, § 13 BGB, gegenüber dem Beklagten als Unternehmer, § 14 BGB, keinen Einfluss auf den Inhalt nehmen konnten. Diese Vertragsverlängerungsklausel stellt sich unter Berücksichtigung der Gesamtumstände bei Vertragsschluss als überraschend dar. Aus dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont der beteiligten Verkehrskreise war der Gutschein, der eine inhaltliche Befristung für die Dauer von 3 Monaten nach den widerspruchsfreien Angaben der Zeugin J... beinhaltete, darauf gerichtet, lediglich einen Kurs in diesem Zeitraum zu besuchen. Die Zeugin J... hat nachvollziehbar geschildert, dass einerseits finanzielle Aspekte einer von ihr gewünschten Befristung auf 3 Monate zugrunde lagen, daneben sei sie sich auch nicht sicher gewesen, ob der gebuchte Tanzkurs ihrem Vater gefalle. Dies steht auch im Einklang mit dem durch den Beklagten selbst vorgelegten Mustergutschein, der eine solche Befristung enthält (Blatt 28 der Akten). Dabei geht ein Durchschnittskunde bei Einlösen eines solchen auf einen bestimmten Zeitraum befristeten Gutscheins davon aus, dass lediglich ein befristetes Vertragsverhältnis zwischen ihm und dem Unternehmer zustande kommt. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie vorliegend, einzelne Pakete in den Verträgen aufgeführt werden, wie vorliegend das Angebot „Start-Dance XS (3-monatig für 54,00 €*)“, und es den Begünstigten eines solchen Gutscheins gerade darauf ankommt, keine längerfristige Vertragsbindung eingehen zu wollen. Die Erwartung des Erklärungsempfängers eines solchen Gutscheins ist danach regelmäßig darauf ausgerichtet, lediglich für den bestimmten und bezahlten Zeitraum ein Vertragsverhältnis einzugehen, nicht hingegen ein Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungspflicht „6 Wochen vor Ablauf“, wie dies in der von dem Beklagten verwendeten Klausel bestimmt ist. Dass und welche Mitarbeiterin gerade darüber aufgeklärt haben will, dass die Klausel Anwendung findet, ist einerseits bestritten, andererseits hat der hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte keinen tauglichen Beweis angeboten. Nach dem Vorgenannten endete daher das Vertragsverhältnis nach Ablauf von 3 Monaten, mithin mit Ablauf des Monats Juni 2015. Für die darüber hinaus abgebuchten Mitgliedsbeiträge fehlt es insoweit an einer Rechtsgrundlage, so dass die Kläger die abgebuchten Beiträge einerseits zurückverlangen können, andererseits der Beklagte keinen weitergehenden Anspruch auf Zahlung von Mitgliedsbeiträgen hat.

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Die Zinspflicht folgt aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2, 288 BGB, der Beklagte ist mit Ablauf der ihm mit Schreiben vom 03.03.2016 gesetzten Frist spätestens seit dem 18.03.2016 in Verzug.

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Die Kläger haben daneben Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 102,82 € brutto, §§ 286 Abs. 1, Abs. 2, 288 Abs. 4, 280 Abs. 1 BGB.

32

Mangels eines entsprechenden Zahlungsanspruchs hat der Beklagte hingegen keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

34

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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