Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (1. Kammer) - 1 Sa 41/17

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 05.02.2015, Az.: 5 Ca 904/11, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über die Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle.

2

Der 1961 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1992 bei der B.-Lagertechnik B. GmbH (im Folgenden: B. GmbH) beschäftigt, zuletzt als Systemadministrator in der IT-Abteilung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 4.084,35 EUR. Die B. GmbH ist ein im Bereich der Lagertechnik tätiges Unternehmen und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Bei der B. GmbH wurde ein Betriebsrat gebildet.

3

Am 25.03.2010 wurde der Kläger zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten bei der B. GmbH gewählt. In dieser Funktion nutzte der Kläger den E-Mail Account der Schwerbehindertenvertretung und versandte unter dieser Adresse mehrere sogenannte „SBV-Infos“ an die Belegschaft der B. GmbH.

4

In der IT-Abteilung der B. GmbH werden ca. 7 Mitarbeiter eingesetzt, sowie zumindest ein Auszubildender. Seit dem 01.04.2012 ist Herr D. K. Leiter der IT-Abteilung. Zuvor wurde diese Funktion durch den nunmehrigen kaufmännischen Leiter und Prokuristen der B. GmbH, Herrn R. S., besetzt.

5

Zusätzlich beauftragte die B. GmbH in der Vergangenheit mehrfach die U. GmbH mit der Durchführung einzelner IT-Aufgaben. Der Insolvenzschuldner war bis Juli 2012 bei der U. GmbH beschäftigt. Herr K. L. war im entscheidungserheblichen Zeitraum ebenfalls Mitarbeiter der U. GmbH.

6

Über das Vermögen des Insolvenzschuldners wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 01.04.2015 (AZ: 3 IN 22/15) das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.

7

Der Kläger nahm die B. GmbH, Herrn S., die U. GmbH sowie Herrn L. und zunächst auch den Insolvenzschuldner auf Schadensersatz und Geldentschädigung wegen Mobbings in Anspruch. ). Das vorliegende Verfahren ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 24.05.2016 vom Verfahren Az. 1 Sa 190/15 abgetrennt worden. Die klageabweisenden Urteile gegen die übrigen vormaligen Beklagten sind rechtskräftig (Urteile vom 06.06.2016, Az. 1 Sa 189/15 und 1 Sa 190/15).

8

Der Kläger machte in seiner Funktion als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ein auf die Abschaltung des sogenannten Blackberry-Loggings gerichtetes Beschlussverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz anhängig. Bei Aktivierung des Loggings werden neben anderen Informationen Einzelverbindungsnachweise sämtlicher Blackberry Nutzer protokolliert und gespeichert. Im Anhörungstermin vom 05.07.2011 legte der Kläger Ausdrucke entsprechender Logging-Dateien vor. In diesem Zusammenhang veröffentlichte der Kläger ein sogenanntes „SBV-Info“, in dem es unter anderem heißt, dass er, der Kläger, entsprechende Abschriften zuvor in seinem Briefkasten vorgefunden hätte.

9

Im Zeitraum April bis Mai 2011 wurde bei der B. GmbH das firmeninterne Netzwerk neu installiert. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem das Master-Passwort an den zu diesem Zeitpunkt bei der U. GmbH beschäftigten Insolvenzschuldner weitergeleitet.

10

Ab dem 16.05.2011 war der Kläger mit Unterbrechungen an ca. 50 Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Wegen der einzelnen Zeiträume wird auf die unstreitig gebliebenen Ausführungen der B. GmbH im Verfahren 1 Sa 190/15 der Akten (dort Blatt 549 der Akten) und die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (Blatt 568 ff. der Akten) Bezug genommen. Im Mai 2011 beauftragte die B. GmbH die U. GmbH mit der Erstellung eines Berichts bezüglich der Frage, ob der Kläger auf E-Mails des Herrn S. zugegriffen habe. Unter dem 19.05.2011 erstellte die U. GmbH einen ersten Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 1“). Als Autor ist der Insolvenzschuldner angegeben. Gemäß dem Untersuchungsbericht 1 wurde im Zuge der Untersuchung die höchste Stufe der Protokollierung unter den Einstellungen des bei der B. GmbH eingesetzten Programms Microsoft Exchange eingestellt. Weiter heißt es auf Seite 2 des Untersuchungsberichts 1 auszugsweise wie folgt:

11

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Event ID 1016 alleine reicht nicht aus als Beweis da diese in einigen Situationen vorkommen kann wo keine Sicherheitslücke besteht. Diese wird jedoch als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besondere Häufung dieser Meldung.“

12

Ausweislich des Untersuchungsberichts 1 hat der Kläger, dem gemäß dem Bericht die Kennung „User XY 294“ zugewiesen ist, im Untersuchungszeitraum 16.05.2011 bis 18.05.2011 insgesamt fünfzehnmal auf das Postfach des Herrn S. zugegriffen, was dem Untersuchungsbericht zufolge eine besondere Häufung darstellt. Auf Seite 10 des Berichts heißt es auszugsweise wie folgt:

13

„Aufgrund der bisherigen Indizien sind weitere Untersuchungen nötig. Bei Exchange 2003 ist es technisch nicht möglich erfolgreiche Objektzugriffe zu protokollieren um genau festzustellen ob nur auf Kalenderfunktion zugegriffen worden oder auf den Posteingang Verzeichnis. Der User XY 294 hat Domänen-Administratorrechte welches auch voll Zugriff auf Exchange hat. Um eine erfolgreiche Protokollierung durchzuführen wurde der die Rechte innerhalb von Exchange umkonfiguriert. Die Domänen Administrator Gruppe wurde von der Exchange Site entfernt und hat keine Rechte innerhalb von Exchange. Hierfür wurde eine Exchange Admingruppe angelegt die der User XY 294 nicht angehört. Dadurch hat Herr A. nicht mehr administrativer Zugriff auf alle Postfächer wie bisher gehabt, was zur Folge hat, dass er beim Zugriff auf Postfachelemente eines nicht berechtigte Postfach wie der vom Hr. S. oder Hr. E. eine Fehlermeldung im Ereignisprotokoll generiert das als HEX Code die Ordner Zugriff protokolliert. Diese Hex Code kann man übersetzen und erhält damit den Namen des versuchten Zugriffs. Wenn in nächster Zeit keine Fehlzugriffe erfolgt so liegt dann kein Verdacht mehr vor.“

14

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 464 ff. der Akten) Bezug genommen.

15

Unter dem 25.05.2011 fertigte die U. GmbH einen weiteren Untersuchungsbericht (im Folgenden: „Untersuchungsbericht 2“). Als verantwortlicher Autor ist der Insolvenzschuldner bezeichnet. Neben diesem hat auch Herr L. den Untersuchungsbericht 2 unter der Bezeichnung „Verantwortlicher Prüfer“ unterzeichnet. Auf Seite 2 ist Untersuchungsbericht 2 die Versionsnummer 1.0, Untersuchungsbericht 1 die Versionsnummer 0.1 zugeordnet. Abweichend vom Untersuchungsbericht 1 heißt es auf Seite 3 des Untersuchungsberichts 2:

16

„Danach wurde untersucht ob es Auffälligkeiten zum Event ID 1016 gibt. Diese wird als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung.“

17

Im Untersuchungsbericht 2 fehlt der vorzitierte Zusatz von Seite 10 des Untersuchungsberichts 1.

18

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift des Untersuchungsberichts 2 (Blatt 476 ff. der Akten) Bezug genommen.

19

Unter dem 25.05.2011 beantragte die B. GmbH bei dem Betriebsrat unter Vorlage beider Untersuchungsberichte die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers, die sie mit dem Kläger vorgeworfener Datenspionage begründete.

20

Ebenfalls am 25.05.2011 wurde der Kläger von seiner Tätigkeit als Systemadministrator freigestellt; er setzte seine Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten fort. Im Zuge der Freistellung wurde der persönliche E-Mail Account des Klägers „ZZ@B...de“ durch die B. GmbH gesperrt.

21

Der Betriebsrat erklärte unter dem 27.05.2011 seinen Widerspruch gegen die beabsichtigte Kündigung.

22

Daraufhin leitete die B. GmbH bei dem Arbeitsgericht Mainz ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung wegen des unberechtigten Zugriffs des Klägers auf Herrn S. Postfach ein (Az: 6 BV 12/11); dort wurden unter anderem beide Untersuchungsberichte vorgelegt.

23

Am 31.05.2011 erstattete die B. GmbH Strafanzeige gegen den Kläger; das Verfahren wurde eingestellt. Unter dem 15.07.2011 erstattete der Kläger seinerseits Strafanzeige gegen den Insolvenzschuldner sowie die Herren S. und L.. Im diesbezüglichen Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach AZ 1044 Js 10782/11) wurden zu den IT-technischen Fragestellungen Gutachten der Sachverständigen M. (Gutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 24.06.2013 = Blatt 205 ff., 531 ff., 728 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) und Dr. S. (Gutachten vom 23.05.2014 = Blatt 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakten) eingeholt, auf die Bezug genommen wird.

24

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 11.10.2011 wurde im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahren 6 BV 20/11 Beweis erhoben bezüglich der Aussagekraft der Meldung ID 1016 im Hinblick auf Zugriffe auf Herrn S. Postfach. Im Rahmen des anlässlich der Begutachtung am 11.11.2011 durchgeführten Ortstermins wurde festgestellt, dass die Standardeinstellungen des E-Mail-Programms bei der B. GmbH, gemäß welcher grundsätzlich jeder Administrator Zugriff auf alle Bereiche in Exchange hat, geändert wurden; abweichend hiervon wiesen die Einstellungen Beschränkungen hinsichtlich der Zugriffsberechtigungen auf. Weiter wurde im Ortstermin festgestellt, dass das entsprechende Sicherheitsprotokoll bei der B. GmbH gelöscht wurde, sodass nicht nachvollziehbar war, wer diese Änderungen wann vorgenommen hatte.

25

In dem Gutachten vom 24.11.2011 kam der beauftragte Gutachter M. zu dem Ergebnis, dass sich aufgrund der vorgenommenen Veränderungen der Berechtigungseinstellungen nicht sicher feststellen lasse, ob die Meldung ID 1016 nur bei einem erfolgreichen oder auch bei einem erfolglosen Zugriff auf ein Postfach ausgelöst wird. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Gutachten vom 24.11.2011 (Blatt 376 ff. der beigezogenen Akten des Verfahren 6 BV 12/11) Bezug genommen.

26

Mit Beschluss vom 17.01.2012 wies das Arbeitsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme des Rechtsmittels im Termin vom 23.04.2012 rechtskräftig.

27

Am 14.07.2011 ersuchte die B. GmbH den Betriebsrat um Zustimmung zu einer weiteren außerordentlichen Kündigung des Klägers, die der Betriebsrat unter dem 18.07.2011 verweigerte. Die B. GmbH leitete am 19.07.2011 ein diesbezügliches Zustimmungsersetzungsverfahren bei dem Arbeitsgericht Mainz ein (AZ: 6 BV 20/11). Ausweislich der Antragsschrift stützte die B. GmbH den Antrag darauf, dass der Kläger so genannte Blackberry-Logging-Dateien ausgewertet habe und weitere Ausdrucke entsprechender Daten vorhalte.

28

Mit Beschluss vom 15.09.2011 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Der Beschluss wurde infolge der Rücknahme der Beschwerde seitens der B. GmbH rechtskräftig.

29

Im Zeitraum 18.01.2012 bis 03.02.2012 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

30

Unter dem 15.02.2012 versandte der Kläger unter der E-Mailadresse der Schwerbehindertenvertretung und dem Betreff: „Offener Brief an Herrn F. A. B.“ eine E-Mail (Blatt 617 f. der Akten), in der es auszugsweise heißt:

31

„Nachdem die Firma B. nun zweimal, zuletzt am 17.01.2012, damit gescheitert ist, die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Schwerbehindertenvertreters A. gerichtlich ersetzen zu lassen und das Arbeitsgericht noch nicht einmal Anhaltspunkte, die eine Verdachtskündigung rechtfertigen würden, feststellen konnte, meinte die Geschäftsführung am 24.01.2012 Herrn A. wegen einer angeblich rufschädigenden Äußerung in einem Gerichtsverfahren der Schwerbehindertenvertretung am 22.12.2011 abmahnen und ihm eine weitere Kündigung androhen zu müssen. [...] Hinzu kommt, dass die mich belastenden Untersuchungsberichte und Aussagen der Sachverständigen unseres IT-Dienstleisters U. Herrn C. und Herrn L. so lückenhaft und widersprüchlich sind, dass ich gezwungen war, gegen diese sowie gegen den verantwortlichen IT-Leiter Herrn S. Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach wegen falscher Verdächtigung, Verleumdung und versuchten Prozessbetrugs zu stellen, allerdings erst nachdem die Firma B. ihrerseits Strafanzeige gegen mich wegen Ausspähens von Daten gestellt hatte.[...]“

32

Unter dem 20.04.2012 (Blatt 619 der Akten, Betreff: „Die Schwerbehindertenvertretung informiert über folgende erfreuliche Entwicklung!“) versandte der Kläger eine weitere E-Mail unter Verwendung der E-Mailadresse der Schwerbehindertenvertretung. Diese lautet auszugsweise wie folgt:

33

„Am Montag den 23.04.2012 werde ich wieder als IT-Systemadministrator für B. arbeiten dürfen. Am 18.04.2012 wurde mir in einem Personalgespräch diese, für uns alle sehr erfreuliche Entwicklung mitgeteilt.

34

Die Hoffnung, welche mit dem offenen Brief an Herrn F. A. B. am 15.02.12 bzgl. einer gütlichen Einigung bestand, wurde somit also vollkommen erfüllt und beweist, dass wir immer noch eine vorbildliche Unternehmenskultur haben.

35

Hiermit möchte ich mich ausdrücklich für diese vollständige Rehabilitation als IT-Systemadministrator und den Neuanfang bedanken!

36

Gleichzeitig hoffen wir alle, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Herrn R. S., Herrn J. C. und Herrn K. L. schnellst möglich abschließen und zu einem gerechten Ergebnis kommen wird.“

37

Am 23.04.2012 endete die Freistellung des Klägers. Er wurde bei der B. GmbH wieder als IT-Systemadministrator beschäftigt.

38

Am 26.04.2012 fand ein weiteres Personalgespräch zwischen dem Kläger und Herrn S., dem Insolvenzschuldner sowie Herrn K. statt. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass der Insolvenzschuldner ihm gegenüber nunmehr weisungsberechtigt sei. Am gleichen Tage wurde der Kläger damit beauftragt, eine Inventur hinsichtlich des IT-Bestandes der B. GmbH vorzunehmen.

39

Ab dem 27.04.2012 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung an.

40

Im Juli 2012 schlossen die B. GmbH und der zuvor bei der U. GmbH beschäftigte Insolvenzschuldner einen (befristeten) Arbeitsvertrag.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – 05.02.2015 – AZ: 5 Ca 904/11 - (Blatt 2012 ff. der Akten).

42

Durch dieses, dem Kläger am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage gegen den Insolvenzschuldner, die B. GmbH, die U. GmbH sowie Herrn L. abgewiesen.

43

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht -zusammengefasst- und bezogen auf den Insolvenzschuldner ausgeführt:

44

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers sei unter anderem gegenüber dem Insolvenzschuldner nicht gegeben. Mobbing liege nicht vor; damit komme auch hinsichtlich des Insolvenzschuldners eine einen deliktischen Schadensersatzanspruch begründende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht in Betracht.

45

Für den durch die B. GmbH gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwurf der Datenspionage und das insofern betriebene Zustimmungsersetzungsverfahren hätten sachliche Gründe vorgelegen. Es sei nicht widerlegt, dass nach dem subjektiven Eindruck der B. GmbH Anhaltspunkte bezüglich des Verdachts der Datenspionage durch den Kläger vorgelegen hätten. Im Ergebnis hätte keine der in die Untersuchung des Vorwurfes involvierten Personen den Kläger vorsätzlich zu Unrecht beschuldigt. Auf die ausführliche Begründung in den Urteilsgründen wird Bezug genommen (Blatt 2044 ff. der Akten).

46

Bezüglich der Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens im Zusammenhang mit der Aktivierung des Blackberry Loggings hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die beabsichtigte Kündigung sich ausdrücklich nicht auf die Aktivierung des Loggings beziehe, sondern vielmehr darauf, dass der Kläger noch im Besitz entsprechender Unterlagen sei. Im Rahmen des Beschlussverfahrens sei das Gericht nicht davon ausgegangen, dass die B. GmbH falsch vorgetragen habe; jedenfalls sei ihr Vortrag in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt.

47

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Rechtsgutsverletzung auch in der Gesamtschau der einzelnen Handlungen nicht gegeben sei. Insofern fehle es an substantiiertem Vortrag zur übergreifenden Systematik der Einzelhandlungen. Diese wiesen zudem keine Angriffsqualität auf, im Wesentlichen, weil es an der Täter-Opfer-Konstellation fehle.

48

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Gesundheitsverletzungen sei durch die insofern vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht belegt, dass die Beklagten für die Gesundheitsverletzungen auch tatsächlich verantwortlich seien. Insofern sei eine Rechtsgutsverletzung und damit auch die Kausalität derselben für die behaupteten Gesundheitsverletzungen nicht belegt.

49

Der Kläger hat gegen das genannte Urteil mit Schriftsatz vom 21.04.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 26.05.2015 bis zum 23.07.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 23.07.2015, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

50

Nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung und der weiteren Schriftsätze vom 09.09.2015, 19.02.2016, 24.04.2016, 31.05.2016,31.01.2017 und 07.02.2018, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 2296 ff., 2529 ff., 2706 ff., 2736 ff., 2879 ff., 5024 f., 5055 ff. der Akten), macht der Kläger bezogen auf den Insolvenzschuldner im Wesentlichen Folgendes geltend, wobei ergänzend und bezogen auf die dortigen Beklagten hinsichtlich des klägerischen Vortrags auf den den Parteien bekannten Tatbestand des Urteils 1 Sa 190/15 (Blatt 20 ff. des Urteils vom 06.06.2016 = Blatt 2915 ff. der Akten) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25.10.2016 (Blatt 2964 a ff. der Akten) Bezug genommen wird.

51

Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil sei der mit der Klage verfolgte, auf Schmerzensgeld und Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts gerichtete Schadensersatzanspruch begründet. Er, der Kläger, sei sowohl durch die gegenständlichen Einzelhandlungen, als auch in der Gesamtbetrachtung durch die B. GmbH gemobbt worden. Der Insolvenzschuldner hafte für den geltend gemachten Schadensersatz- und Entschädigungsanspruch als Gesamtschuldner. Bereits die üble Nachrede gegenüber Herrn S., der Firma B. und ihren Anwälten, wonach die protokollierten Event ID 1016 zuverlässig auf einen Zugriff des Klägers auf fremde E-Mails schließen ließen, begründe einen Anspruch auf Geldentschädigung.

52

Zu den nach seiner Auffassung den Mobbingvorwurf stützenden Vorfällen im Einzelnen macht der Kläger im Berufungsverfahren zusammengefasst bezogen auf den Insolvenzschuldner geltend:

53

Die Vorfälle im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der IT-Abteilung der B. GmbH im Zeitraum April/Mai 2011 seien durch das Arbeitsgericht falsch bewertet worden. Er, der Kläger, habe erstinstanzlich im Einzelnen dargelegt, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten erst nach der Umstrukturierung aufgetreten seien. Die Herausgabe des Passworts an den Insolvenzschuldner als Mitarbeiter der U. GmbH sei einzig und allein dadurch begründet, dass die B. GmbH ihn, den Kläger, habe „abschießen“ wollen. Die B. GmbH habe darzulegen, dass betriebliche Gründe für die Reduzierung des Arbeitsumfangs des Klägers gegeben gewesen seien. Ansonsten bestünde die Vermutung, dass Herr S. ihn absichtlich von der Arbeit in der IT-Abteilung abgehalten habe.

54

Hinsichtlich des Vorwurfs der Datenspionage und des in diesem Zusammenhang eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens verkenne das Arbeitsgericht, dass ein Anfangsverdacht seitens der B. GmbH nicht dargelegt worden sei.

55

Die B. GmbH habe zu Unrecht an den durch die U. GmbH gefertigten Untersuchungsberichten festgehalten; dies werde durch das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt. Insofern bestünden drei Möglichkeiten bezüglich des Zustandekommens der Behauptung der Datenspionage im Beschluss- bzw. Strafverfahren: Erstens bestünde die Möglichkeit, dass Herr S. wusste, dass das Event ID 1016 nicht zuverlässig bezüglich eines Zugriffs auf ein Postfach sei; zweitens bestünde die Möglichkeit, dass Herr S. infolge des Schriftsatzes des Klägers vom 27.06.2011 andere Möglichkeiten bezüglich der Auslösung des Events ID 1016 habe ausschließen wollen und insofern die Bestätigung des Insolvenzschuldners und des Herrn L. eingeholt habe. Schließlich bestünde drittens die Möglichkeit, dass Herr S. sämtliche Einwände ungeprüft gelassen habe und seine Behauptung „ins Blaue hinein“ getätigt habe.

56

Herr S. habe auf ein Vorgehen gegen den Kläger gedrängt. Er habe Kenntnis davon gehabt, dass der Insolvenzschuldner und Herr L. die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel entfernt hätten, ohne zuvor Untersuchungen angestellt zu haben, die die entsprechenden Änderungen gerechtfertigt hätten. Jedenfalls hätten die im Untersuchungsbericht 1 noch enthaltenen Zweifel nicht aus dem Untersuchungsbericht 2 entfernt werden dürfen. Wenn der Insolvenzschuldner und Herr L. dies dennoch veranlasst hätten, ließe dies auf ein vorsätzliches, jedenfalls leichtfertiges Handeln schließen.

57

Der Insolvenzschuldner habe in seiner Einlassung im Strafverfahren bestätigt, dass es sich bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf, sondern um eine finale Version gehandelt habe. Die dort angesprochene Umkonfiguration des verwendeten Mailprogramms sei tatsächlich erfolgt; im Anschluss habe es keine weitere Protokollierung des Events ID 1016 mehr gegeben, obwohl der Terminplanungsassistent weiterhin genutzt worden sei. Wenn sich der Insolvenzschuldner im Strafverfahren dahingehend eingelassen habe, er sei im Hinblick darauf, dass ab dem 19.05.2011 kein einziger Zugriff des Klägers auf das Postfach des Herrn S. mehr protokolliert worden sei, davon ausgegangen, der Kläger sei über den Entzug der Administratorrechte informiert gewesen, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben der B. GmbH im Kündigungs- und Strafverfahren. Dort habe sie angegeben, dass die Gruppen „ExchangeFullAdmin“ und „ExchangeReadAdmin“ bereits im Jahr 2005 bestanden hätten und das Event ID 1016 daher nicht bei Nutzung des Terminplanungsassistenten ausgelöst werde.

58

Die die Zugriffsberechtigung regelnden Gruppen hätten nie bestanden. Der durch das Arbeitsgericht gezogene Rückschluss, die fehlende Kenntnis bezüglich dieser Gruppen könne nicht mit deren fehlender Existenz gleichgesetzt werden, sei nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe sich nicht hinreichend mit dem konkreten Inhalt des Gutachtens des Gutachters M. auseinandergesetzt, aus dem hervorgehe, dass die Berechtigungsgruppen erst nach Erstellung des Untersuchungsberichts 1 angelegt worden sei und, dass es sich den Ausführungen des Gutachters zufolge bei dem Untersuchungsbericht 1 nicht um einen Entwurf handele. Der Umstand, dass nachträglich die Berechtigungsgruppe „ExchangeFullAdmin“ angelegt worden sei, belege, dass zuvor keine weitere Berechtigungsgruppe bestanden habe. Im Übrigen wird zum klägerischen Vortrag in diesem Zusammenhang auf den Inhalt der Berufungsschrift Bezug genommen (hier Blatt 2345 - 2357 der Akten).

59

Zu Unrecht bleibe im Urteil unberücksichtigt, dass Herr S. aufgrund seiner Fachkenntnisse und des eindeutigen Inhalts des im Beschlussverfahren 6 BV 12/11 erstellten Gutachtens hätte erkennen müssen, dass die auf den Vorwurf der Datenspionage gestützte Kündigung keine Aussicht auf Erfolg haben würde und das Verfahren dementsprechend beenden müssen. Stattdessen habe die B. GmbH ihren gerichtlichen Vortrag hinsichtlich des Aussagegehalts des Events ID 1016 angepasst und das Gericht so zur Beweisaufnahme veranlasst.

60

Gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils spreche weiter, dass der in den Untersuchungsberichten zugrunde gelegte Aussagegehalt hinsichtlich des Events ID 1016 technisch undenkbar sei, eine entsprechende Systemkonfiguration sei ausgeschlossen.

61

Der Insolvenzschuldner hätte wissen müssen, dass auf Grundlage der durch ihn erstellten Untersuchungsberichte Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet werden sollten; hierfür spreche die Aufforderung an den Kläger, sein Passwort herauszugeben sowie die erfolgte Unterrichtung durch den Betriebsrat. Außerdem habe der Insolvenzschuldner im Ortstermin am 11.11.2011 behauptet, dass der Kläger ein Zugriffsrecht auf das Postfach des Herrn S. habe. Hinsichtlich der im Rahmen des Ortstermins festgestellten Veränderungen der Berechtigung trägt der Kläger vor, ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen M. sei eine Veränderung nur durch den Administrator möglich gewesen; das insofern erforderliche Passwort sei nur dem Insolvenzschuldner bekannt gewesen. Falls das Passwort nicht durch diesen selbst geändert worden sei, hätte ihm die Änderung jedenfalls auffallen müssen.

62

Das Arbeitsgericht habe es versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, dass auch andere Arbeitnehmer der B. GmbH in erheblicher Anzahl auf das Postfach des Herrn S. zugegriffen hätten, ohne dass eine entsprechende Autorisierung vorgelegen hätte.

63

Wenn das Arbeitsgericht bezüglich des Vorwurfs der Aktivierung des Blackberry-Loggings und dem in diesem Zusammenhang durch die B. GmbH eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens ausführe, die beabsichtigte Kündigung beziehe sich nicht ausdrücklich auf die Aktivierung, sei dies unzutreffend. Die B. GmbH habe sich im Rahmen des Beschlussverfahrens ausdrücklich darauf berufen, dass der Verlust des Vertrauensverhältnisses auf die Aktivierung des Blackberry-Loggings zurückzuführen sei. Herr S. und der Insolvenzschuldner hätten gewusst, dass allein die U. GmbH und Herr S. für die Betreuung des Blackberry Servers zuständig waren, beide hätten wegen des vorangegangenen Strafverfahrens ein Motiv zu einer entsprechenden, den Kläger belastenden Aussage gehabt.

64

Das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Kausalität zwischen Mobbinghandlungen und Erkrankungen nicht dargelegt sei. Vor den Mobbinghandlungen hätten die psychischen Erkrankungen nicht bestanden. Seit dem 27.04.2012 hielten die in der Berufungsschrift benannten Erkrankungen (Blatt 2401 – 2402 der Akten) unverändert an. Insofern spreche eine Vermutung dafür, dass diese Erkrankungen durch die Mobbinghandlungen verursacht worden seien, da insofern ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bestehe. Zudem hätte die Vereitelung der Wiedereingliederung durch die B. GmbH zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustands geführt. Hieraus folge, dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kausalität der Mobbinghandlungen für die Erkrankung sich zulasten der Beklagten umkehre.

65

Nachdem der Kläger zunächst auch in der Berufung beantragt hat, den Insolvenzschuldner als Gesamtschuldner neben der B. GmbH, der U. GmbH, Herrn S. und Herrn L. an ihn eine Geldentschädigung und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 40.000,00 EUR zu zahlen, hat er die Klage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der erfolgten Verfahrensabtrennung umgestellt.

66

Der Kläger beantragt nunmehr,

67

1. festzustellen, dass dem Kläger die streitgegenständliche Forderung als Insolvenzforderung im Insolvenzverfahren des Herrn J. C. vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach (Az.: 3 IN 22/15) zusteht;

68

2. festzustellen, dass es sich bei der Forderung um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handelt.

69

Der Beklagte beantragt,

70

die Berufung zurückzuweisen.

71

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf die Berufungserwiderung des Insolvenzschuldners vom 02.11.2015 (Blatt 2606 der Akten). Dieser hat im Wesentlichen geltend gemacht:

72

Der Inhalt des Untersuchungsberichts 2 sei vollumfänglich zutreffend. Dort werde an keiner Stelle behauptet, dass der Kläger E-Mails des Herrn R. S. und des Herrn E. gelesen habe. Soweit der Kläger sich auf entsprechende Ausführungen im Rahmen des seitens der B. GmbH geführten Beschlussverfahrens beziehe, sei dies dem Insolvenzschuldner nicht anzulasten. Er sei insoweit unbeteiligt, für entsprechende Ausführungen treffe ihn keine Verantwortung.

73

Hinsichtlich der durch den Kläger behaupteten Zugriffe anderer Mitarbeiter der B. GmbH hätten diese im Unterschied zu dem dann arbeitsunfähig erkrankten Kläger tatsächlich Termine in dem betreffenden Zeitraum abstimmen müssen. Die seitens des Klägers angeführte Zahl von 121.000 Auslösungen des Merkmals ID 1016 im Untersuchungszeitraum habe keine Aussagekraft; alleine auf das automatisierte Archivierungssystem entfielen hiervon 114.000 Vorfälle.

74

Die am 11.11.2011 festgestellten Veränderungen am System der Beklagten seien nicht durch den Insolvenzschuldner vorgenommen worden. Das erforderliche Passwort sei einer Vielzahl von Personen bekannt.

75

Ergänzend macht sich der Beklagte das Berufungsvorbringen der U. GmbH im Verfahren 1 Sa 190/15 zu eigen. Insoweit wird auf die zusammenfassende Darstellung im Tatbestand des Urteils im Verfahren 1 Sa 190/15 Bezug genommen (dort Seite 37 ff. = Blatt 2937 ff. der Akten).

76

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

77

Die Berufung ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.

A.

78

Die Berufung ist zulässig.

79

1. Die Berufung ist an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

80

2. Der Antrag zu 1. ist als Insolvenzfeststellungsklage zulässig. Die Insolvenzfeststellungsklage nach § 179 InsO ist statthaft. Die Klageforderung wurde im Insolvenzverfahren angemeldet, geprüft und bestritten. Der Beklagte hat die nicht titulierte Forderung bestritten, sodass es Sache des Klägers war die Feststellung der Forderung gegen den Beklagten zu betreiben (§ 179 Abs. 1 InsO).

81

3. Das Feststellungsinteresse für den Antrag zu 2. ergibt sich aus dem Widerspruch des Beklagten gegen die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren. Der Streit, ob diese Forderung nach § 302 Nr. 1 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen bleibt, ist danach früher oder später zu erwarten. Es besteht kein sachlicher Grund dafür, den Streit über die Rechtsnatur der angemeldeten Forderung auf die Zeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung zu verschieben, im Ergebnis also die Austragung des Streits einer Vollstreckungsabwehrklage des Beklagten nach § 767 ZPO oder einer negativen Feststellungsklage zu überlassen, letzteres dann, wenn der Gläubiger noch keinen Vollstreckungstitel erwirkt hat (BGH, Urteil vom 02.12.2010, IX ZR 247/09, BGHZ 187, 337-343, Rn. 8; LAG Köln, Urteil vom 28.04.2017, 4 Sa 793/16, Rn. 48, juris).

82

4. Die notwendige Umstellung der Leistungsklage auf eine Insolvenzfeststellungsklage stellt keine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO dar (BGH, Urteil vom 31.10.2012, III ZR 204/12, ZIP 2012, 2369, Rn. 22).

B.

83

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

84

Die Berufungskammer folgt zunächst der Begründung des Arbeitsgerichts und stellt dies hiermit fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch nach dem Berufungsvorbringen hat der Kläger weder einen Anspruch auf Schmerzensgeld, noch auf Zahlung einer Entschädigung wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen den Insolvenzschuldner. Der Antrag zu 1. ist damit unbegründet. Insofern ist ergänzend zu der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts auszuführen:

I.

85

Ein vertraglicher Anspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner scheidet aus.

86

1. Ein Anspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner nach den Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wegen einer – unterstellten – Falschbegutachtung kommt nicht in Betracht. Die B. GmbH hat die U. GmbH mit der Erstellung der Untersuchungsberichte beauftragt. Für letztgenannte hat der Insolvenzschuldner die Begutachtung als Arbeitnehmer vorgenommen. Unterstellt, der Kläger wäre in den Schutzbereich des zwischen der B. GmbH und der U. GmbH geschlossenen Vertrags einbezogen, käme allenfalls eine Haftung der U. GmbH als Vertragspartner, nicht aber des Insolvenzschuldners in Betracht.

87

2. Ein Anspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner besteht ebenso wenig aus §§ 311 Abs. 3, 280 BGB (sog. Expertenhaftung) in Verbindung mit den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

88

Auch insofern kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vorliegen. Denn dem Insolvenzschuldner als Angestelltem der U. GmbH wurde kein besonderes Vertrauen im Sinne des § 311 Abs. 3 S. 2 BGB entgegengebracht. Nur dann, wenn der Angestellte eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr bietet, die für den Willensentschluss des anderen Teils bedeutsam ist, käme eine solche Haftung in Betracht. Dafür genügt es jedoch nicht, dass ein Angestellter über die für seine Tätigkeit erforderliche und zu erwartende Sachkunde verfügt und eventuell sogar darauf hinweist. Denn hiermit erweckt der Angestellte kein weiteres Vertrauen, als dass sein Geschäftsherr - was der Geschäftspartner ohnehin erwarten kann - einen sachkundigen Vertreter einsetzt (BGH, Urteil vom 04.07.1983, II ZR 220/82, NJW 1983, 2696).

89

So liegt es hier: die Sachkunde des bei der U. GmbH angestellten Insolvenzschuldners war selbstverständlich und seiner Tätigkeit immanent und begründet kein seine Eigenhaftung auslösendes besonderes Vertrauen.

II.

90

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schmerzensgeld ebenso wenig aus deliktischen Anspruchsgrundlagen zu. Durch den Insolvenzschuldner zu verantwortende oder ihm zurechenbare Handlungen, die einen deliktsrechtlichen Tatbestand erfüllen würden, sind nicht ersichtlich. Jedenfalls fehlt es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen Rechtsgutverletzung und – behaupteter – Gesundheitsbeeinträchtigung.

91

1. Der Kläger stützt seine Ansprüche, auch soweit sie sich gegen den Insolvenzschuldner richten, auf Mobbingvorwürfe.

92

„Mobbing“ ist kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche auf Grund „Mobbings“ geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt (BAG, Urteil vom 25.10.2007,8 AZR 593/06, Rn. 56, 58 juris; Urteil vom 24.04.2008, 8 AZR 347/07, Rn. 28, juris; Urteil vom 22.07.2010, 8 AZR 1012/08, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2015, 3 Sa 371/15, juris).

93

2. Der Kläger trägt vor, der Insolvenzschuldner sei an mehreren ihn, den Kläger, in seiner Gesundheit verletzenden Mobbinghandlungen beteiligt gewesen.

94

So habe der Insolvenzschuldner an dem – seitens des Klägers behaupteten – Anfang 2011 geplanten Ausschluss des Klägers aus der IT Abteilung mitgewirkt. Der Insolvenzschuldner habe die Untersuchungsberichte nicht gewissenhaft gefertigt, da er, der Insolvenzschuldner, gewusst habe, dass das Event ID 1016 nicht zum Nachweis des Mitlesens von E-Mails geeignet sei, hierauf aber nicht hingewiesen habe. Der Insolvenzschuldner sei in der Folge bei der „Erfindung“ der beiden Sicherheitsgruppen beteiligt gewesen. Darüber hinaus habe der Insolvenzschuldner ihn, den Kläger, mit der Zuweisung von Aufgaben überfordert und schikaniert und die falsche Behauptung aufgestellt, er sei für das Verschwinden eines PCs und die Vernichtung von belastenden Daten auf einer Festplatte verantwortlich.

95

3. Keiner dieser Vorwürfe begründet einen - hier wie dargelegt allein in Betracht kommenden - deliktischen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner.

96

a. Der Insolvenzschuldner hat keine Rechtsgutsverletzung zulasten des Klägers im Zusammenhang mit der Anfang 2011 erfolgten Neuinstallation des Netzwerks bei der B. GmbH verwirklicht. Zunächst ist dem Arbeitsgericht darin zu folgen, dass die erfolgten Änderungen in der IT-Abteilung nicht geeignet sind, einen Mobbingvorwurf zulasten (unter anderem) des Insolvenzschuldners zu begründen. Dies gilt auch, wenn der Kläger mit der Berufung vorträgt, die seitens des Arbeitsgerichts angeführten, erheblichen Fehlzeiten in diesem Zusammenhang seien erst nach der Umstrukturierung eingetreten.

97

Darüber hinaus ist bereits nicht im Ansatz ersichtlich, wie der Insolvenzschuldner für eine mobbingrelevante Handlung in diesem Zusammenhang verantwortlich sein sollte. Der Insolvenzschuldner war zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Maßnahme noch bei der U. GmbH beschäftigt. Wie er aus dieser abhängigen Beschäftigung heraus im Rahmen der Neuinstallation des Netzwerks eine Rechtsgutsverletzung zulasten des Klägers verwirklicht haben soll, ist nicht ersichtlich. Theoretisch denkbar wäre insofern allenfalls ein Mobbingvorwurf gegenüber dem Arbeitgeber. Nicht ersichtlich ist demgegenüber, inwiefern der Insolvenzschuldner als Mitarbeiter des für die Neuinstallation verantwortlichen Dienstleisters U. GmbH für die behauptete Arbeitsreduzierung des Klägers verantwortlich sein soll. Insofern ist es auch unerheblich, dass der Insolvenzschuldner als Beschäftigter eines externen Beraters aufgrund unternehmerischer Vorgaben der B. GmbH befähigt gewesen sein mag, dem Kläger gegenüber verbindliche Vorgaben zu tätigen (vergleiche LAG Hessen, Urteil vom 13.05.2011, 3 Sa 1514/10, Rn. 53, juris).

98

b. Auch die Erstellung der Untersuchungsberichte ist nicht geeignet, einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, aus § 826 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB gegenüber dem Insolvenzschuldner zu begründen. Die in ihnen enthaltenen Tatsachenbehauptungen sind nicht unwahr. Unbeschadet dessen ist - unterstellt, die B. GmbH habe sich aufgrund der Auslassungen im Untersuchungsbericht 2 zu einer außerordentlichen Kündigung entschlossen und das Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet - dem Insolvenzschuldner eine hieraus gegebenenfalls folgende Gesundheitsbeeinträchtigung nicht zurechenbar.

99

Die Untersuchungsberichte enthalten keine unwahren Tatsachenbehauptungen. Eine Haftung des Insolvenzschuldners ist weder gemäß § 823 Abs. 1 BGB, noch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB begründet.

100

(1) Tatsachenbehauptungen zeichnen sich – in Abgrenzung zu Meinungsäußerungen – durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Realität aus. Insofern sind sie auch einer Überprüfung auf ihren Wahrheitsgehalt zugänglich (BVerfG, Beschluss vom 13.04.1994, 1 BvR 23/94, Rn. 27, juris; Schönke/Schröder/Eisele/Lencker, 29. Aufl. 2014, § 186 StGB Rn. 3 m. w. N.).

101

(2) Beide Untersuchungsberichte enthalten in diesem Sinne eine Tatsachenbehauptung, soweit sie – identische – Fälle, in denen das Event ID 1016 durch unterschiedliche Benutzerkonten ausgelöst wurde, auflisten. Diese Äußerung wäre – wäre sie streitig geworden – dem Beweis zugänglich gewesen. Die Tatsachenbehauptung ist jedoch nicht unwahr. Keiner der Untersuchungsberichte enthält die – unwahre - Aussage, aufgrund der Auslösung des Events ID 1016 stehe fest, dass der Kläger fremde E-Mails gelesen habe. Zugunsten des Klägers kann dabei unterstellt werden, dass die Auslösung des Events ID 1016 für sich genommen keinen Rückschluss hinsichtlich eines möglichen unbefugten Zugriffs auf die untersuchten Postfächer zulässt. Eine gegenteilige Äußerung ist in keinem der beiden Untersuchungsberichte enthalten.

102

(a) Im Untersuchungsbericht 1 ist die fehlende Aussagekraft des Events ID 1016 hinsichtlich des unbefugten Mailzugriffs ausdrücklich festgehalten. Dort heißt es auf Seite 2 (Blatt 465 der Akten) das Event ID 1016 alleine reiche „als Beweis“ nicht aus, da es in Situationen vorkommen könne, in denen keine Sicherheitslücke bestehe. Dies deckt sich mit dem sodann im Untersuchungsbericht eingefügten, englischsprachigen Microsoft-Artikel (Article ID: 867640). Hier heißt es wörtlich (vgl. Blatt 466 f. der Akten):

103

„This event may be logged in circumstances where no security breach has occurred. [...] This event is also logged when you try to access another user’s mailbox or calendar, even if you have permission to access the mailbox or the calendar. This event is logged regardless whether your attempt to access the user’s mailbox or calendar is successful or unsuccessful. “

104

Sinngemäß beinhaltet diese Herstellerinformation damit die Aussage, das Event ID 1016 werde unterschiedslos bei E-Mail oder Kalenderzugriff und unabhängig von einer Zugriffsberechtigung ausgelöst.

105

Auch der Untersuchungsbericht 2 spricht hinsichtlich der Aussagekraft des Events ID 1016 im Hinblick auf den Zugriff auf fremde E-Mails ausdrücklich davon, das ID 1016 werde „als Indiz verwendet um Auffälligkeiten aufzudecken bei einer besonderen Häufung dieser Meldung“ (Seite 3 = Blatt 478 f. der Akten). Auch im Untersuchungsbericht 2 ist der englischsprachige Microsoft-Artikel (Article ID: 867640), einschließlich der vorzitierte Passage, im Wortlaut wiedergegeben.

106

(b) Beide Untersuchungsberichte enthalten aufgrund des aufgeführten Herstellerhinweises auch keine unwahre Tatsachenbehauptung, wenn unter Bezug auf ein entsprechend ausgelöstes Event ID 1016 ausgeführt wird, dass der Kläger wiederholt auf Postfächer der Herren E. und S. zugegriffen habe. Im Herstellerhinweis heißt es - über die vorzitierte Passage hinaus - bezogen auf die Aussagekraft eines protokollierten Zugriffs auf das Postfach (vergleiche Seite 5 des Untersuchungsberichts 2 = Blatt 480 der Akten):

107

„Although you can use Mailbox Resources to see when someone logs on to their mailbox or to another mailbox, Mailbox Resources has some important limitations that you must know about. Following are these limitations:

108

Mailbox Resources does not show which folder is being logged on to. For example Mailbox Resources does not indicate whether it is the Inbox, the Calendar, or the Contacts folder. [...]”

109

Diese Erläuterung bringt für sich genommen, aber insbesondere in Zusammenhang mit dem vorzitierten Auszug eindeutig zum Ausdruck, dass auch im Falle eines protokollierten Events ID 1016 nicht feststeht, dass tatsächlich auf den Posteingang („Inbox“) zugegriffen wurde. Dementsprechend enthalten auch beide Untersuchungsberichte durchgängig nur Ausführungen bezüglich auf „Postfächer“ erfolgter Zugriffe.

110

(c) Auch aus einer vergleichenden Gegenüberstellung des Untersuchungsberichts 2 mit dem Untersuchungsbericht 1 ergibt sich keine andere Aussage hinsichtlich der Bedeutung des Events ID 1016.

111

Der Untersuchungsbericht 2 enthält im Eingangsteil nicht mehr den noch im Untersuchungsbericht 1 angeführten Hinweis, das Event ID 1016 reiche nicht als Beweis für einen Zugriff auf fremde E-Mails aus. Im Untersuchungsbericht 2 heißt es vielmehr, das Event ID 1016 könne insofern bei einer besonderen Häufung als Indiz dienen. Mit dieser Formulierung ist nicht gesagt, dass – gegenteilig zu der Aussage im Untersuchungsbericht 1 – eine auffällige Auslösung des Events einen Fremdzugriff belege. Ein Indiz ist ein Umstand, der mit Wahrscheinlichkeit auf einen bestimmten Sachverhalt schließen lässt (Duden, 7. Ausgabe 2017). Aufgrund dieser Formulierung kann auch ein unbefangener Leser des Untersuchungsberichts 2 nicht davon ausgehen, dass mittels des Events ID 1016 generell der Beweis des Zugriffs auf fremde E-Mails geführt werden könnte. Dies gilt umso mehr, als dass auch im Untersuchungsbericht 2 der Herstellerhinweis einschließlich der vorzitierten Passagen wiedergegeben ist.

112

(d) Im Übrigen ist der Untersuchungsbericht 1 nicht als eigenständige, dem Untersuchungsbericht 2 entgegenstehende Begutachtung anzusehen.

113

Hierfür sprechen zum einen die Versionsnummern der Untersuchungsberichte. Der Untersuchungsbericht 1 ist versehen mit der Versionsnummer „0.1“, der Untersuchungsbericht 2 mit der Versionsnummer „1.0“. Eine entsprechende Versionierung wird – gerade im Bereich der Informationstechnologie – zum Zwecke der Unterscheidung zwischen vorläufiger (Version 0.1) und endgültiger Version (Version 1.0) verwendet.

114

Zum anderen ist dem Untersuchungsbericht 1 auch inhaltlich zu entnehmen, dass er nicht den Charakter einer abschließenden Begutachtung hat. So heißt es auf Seite 11 des Untersuchungsberichts 1 (Blatt 474 der Akten), dass aufgrund der im Bericht ausgewerteten Erkenntnisse „weitere Untersuchungen nötig“ seien; davon ausgehend, dass entsprechende Untersuchungsmaßnahmen auch durchgeführt werden würden, schließt der Untersuchungsbericht 1 damit, dass für den Fall, dass „in nächster Zeit keine weiteren Fehlzugriffe“ erfolgen würden, kein Verdacht mehr vorliege (Seite 12 des Untersuchungsberichts 1 = Blatt 475 der Akten). Erkennbar ging der Insolvenzschuldner davon aus, weitere Untersuchungen durchzuführen, bevor ein endgültiges Ergebnis feststand.

115

Auch vor diesem Hintergrund sind die im Untersuchungsbericht 2 getätigten Aussagen keine unwahren Tatsachenbehauptungen. Zwar ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass das beiden Untersuchungsberichten zugrundeliegende Datenmaterial – d. h., die Fälle, in denen das Event ID 1016 ausgelöst wurde – identisch ist. Hieraus folgt aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 gewählten Formulierung aber wie dargelegt nicht, dass der Insolvenzschuldner falsche Tatsachen behauptet hätte.

116

(3) Nichts anderes folgt aus den im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren (Aktenzeichen 1044 JS 10782/11) bzw. im Zustimmungsersetzungsverfahren (AZ: 6 BV 12/11 bzw. 5 TaBV 12/11) erhobenen Sachverständigengutachten. Abgesehen davon, dass weder das Arbeitsgericht, noch die Kammer an das Ergebnis der Begutachtung gebunden waren, ergibt sich aus keinem Gutachten, dass der Insolvenzschuldner falsche Tatsachen behauptet hätte.

117

(a) Die im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren bzw. im Verfahren Zustimmungsverfahren eingeholten Gutachten sind weder erst- noch zweitinstanzlich als Sachverständigenbeweis im Sinne der §§ 402 ff. ZPO in das hiesige Verfahren eingeführt worden. Damit unterlag weder das Arbeitsgericht, noch die Kammer den seitens des Klägers angeführten Beschränkungen hinsichtlich der jeweiligen Feststellungen.

118

i. Gemäß § 411a ZPO kann eine schriftliche Begutachtung im Sinne des § 411 ZPO durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden. Dem Gericht ist Ermessen eingeräumt (Zöller/Greger, a.a.O., § 411a Rn. 3). Erforderlich ist insofern eine Verwertungshandlung. Wird ein Gutachten aus einem anderen Verfahren ohne Anordnung nach § 411a ZPO verwertet, liegt Urkundenbeweis, nicht Sachverständigenbeweis vor (BeckOK ZPO/Scheuch, 26. Edition Stand 15.09.2017, § 411a ZPO Rn. 3). Die Verwertung eines in einem anderen Verfahren eingeholten Gutachtens setzt einen Hinweis an die Parteien auf das beabsichtigte Verfahren voraus, damit diese noch vor der Verwertung des Gutachtens in der abschließenden Entscheidung des Gerichts Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Durch die bloße Beiziehung von Ermittlungs- bzw. Verfahrensakten werden diese zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Sachverständigenbeweis wird hierdurch nicht erhoben. Die Beiziehung von Verfahrensakten ersetzt das Verfahren nach 411a ZPO nicht (BGH, Beschluss vom 23.11.2011, IV ZR 49/11, Rn. 9, juris).

119

ii. Vorliegend haben weder das Arbeitsgericht, noch die Kammer die Sachverständigengutachten zum Gegenstand einer Beweisaufnahme gemacht. Ausdrücklich wurden die Sachverständigengutachten vom 29.05.2012, 04.02.2013, 23.06.2013 und 23.05.2014 vielmehr – ausschließlich – zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren gemacht (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2014, Blatt 1832 f. der Akten). Die im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren bzw. im Zustimmungsversetzungsverfahren eingeholten Gutachten sind im hiesigen Verfahren weder als Urkundensbeweis (§§ 415 ff. ZPO), noch als Sachverständigenbeweis (§§ 402 ff. ZPO) verwertet worden..

120

(b) Unbeschadet dessen ergibt sich aus keinem der Gutachten, dass der Insolvenzschuldner falsche Tatsachen behauptet hätte.

121

i. Nach dem Inhalt der Gutachten des Sachverständigen M. hat der Insolvenzschuldner keine falschen Behauptungen bezüglich des Klägers aufgestellt. Seine Ausführungen beziehen sich auf die gewählte, nach seiner Auffassung falsche Untersuchungsmethode. Auch dem Sachverständigen M. zufolge ist der Insolvenzschuldner in den Untersuchungsberichten nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Zugriff des Klägers auf fremde E-Mails erfolgt wäre.

122

Der Sachverständige M. bestätigt in seinem Gutachten vom 22.11.2011 (Blatt 382 der beigezogenen Akte 6 BV 12/11), dass das Event ID 1016 - wie in den Untersuchungsberichten beschrieben – mehrfach durch den dem Kläger zugewiesenen Nutzer XY 294 ausgelöst wurde; dies sei in dem Untersuchungsbericht 2 „nachgewiesen“. In seinem im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren erstellten Gutachten vom 04.02.2013 hat der Sachverständige M. festgestellt, dass der Insolvenzschuldner und Herr L. die Untersuchungen zwar „nach Sachverstand“ durchgeführt und die „nötige Sorgfalt“ gewahrt hätten, die gewählte Untersuchungsmethode aber „nicht die Richtige“ gewesen sei. Dies gehe aus dem Untersuchungsbericht 1 auch für nicht sachkundige Leser verständlich hervor (vergleiche Blatt 539 der beigezogenen staatsanwaltlichen Ermittlungsakten).

123

Auch soweit der Sachverständige M. die Auffassung vertritt, die noch im Untersuchungsbericht 1 enthaltenen Zweifel hinsichtlich der Aussagekraft des Events ID 1016 seien im Untersuchungsbericht 2 bewusst entfernt worden, folgt hieraus nicht, dass dieser eine falsche Tatsachenbehauptung bezüglich des Klägers enthält.

124

Der Sachverständige M. führt in seinem Gutachten vom 23.06.2013 (Blatt 731 ff. der beigezogenen staatsanwaltlichen Ermittlungsakten) aus, der Insolvenzschuldner habe bei seinen Untersuchungen durchgängig eine falsche Untersuchungsmethode gewählt, er, der Sachverständige M., könne aber keine „mutwillig falsche Aussagen und [Beschuldigungen] in den Untersuchungsberichten erkennen“. In beiden Untersuchungsberichten sei auf den – oben in Auszügen zitierten – Herstellerhinweis hingewiesen worden, aus dem sich ergebe, dass sich die gewählte Untersuchungsmethode nicht zur Ermittlung eines Zugriffs auf bestimmte Postfachordner eigne. Die im Untersuchungsbericht 1 angekündigten Untersuchungen hätten nicht stattgefunden. Die dort erwähnten Zweifel an den Ergebnissen seien im Untersuchungsbericht 2 nicht mehr erwähnt. Er, der Sachverständige M., gehe davon aus, die Zweifel seien mit Absicht „weggelassen“ worden, da sonst der „Untersuchungsbericht vor keinem Gericht standgehalten hätte“.

125

Der Sachverständige M. bringt hiermit zwar seine Auffassung bezüglich der Motivation des Insolvenzschuldners zum Ausdruck, stellt aber nicht fest, dass dieser bezüglich des Klägers eine falsche Tatsachenbehauptung aufgestellt hätte. Eine solche ist im Untersuchungsbericht 2 auch – wie oben dargelegt – nicht enthalten. Durch die gewählte Formulierung und insbesondere durch den wiedergegebenen Herstellerhinweis wird der Aussagegehalt des Events ID 1016 zutreffend wiedergegeben.

126

ii. Auch der im Rahmen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens ergänzend beauftragte Sachverständige Dr. S. kommt in seinem Gutachten vom 23.05.2014 (Blatt 974 ff. der beigezogenen Ermittlungsakte) zu keinem anderen Ergebnis.

127

Der Sachverständige Dr. S. stellt – zusammengefasst – fest, der Untersuchungsbericht 2 vermittle auch bei einem „IT-affinen Leser mit großer Sicherheit“ den falschen Eindruck, dass keine Zweifel an dem Zugriff des Klägers auf die Postfächer und damit „nach normalen Sprachgebrauch: auf die E-Mails“ der Herren S. und E. bestehe. Durch die abweichenden Formulierungen in den Untersuchungsberichten könne bei einem Leser mit Kenntnis des Inhalts des Untersuchungsberichts 1 der falsche Eindruck entstehen, die dort erwähnten Zweifel seien zwischenzeitlich zerstreut worden. Allerdings hätte dem Leser auffallen müssen, dass die im Untersuchungsbericht 2 beschriebenen, zusätzlichen Maßnahmen keinen Bezug zur Unterscheidung der Zugriffe auf die unterschiedlichen Postfachordner aufgewiesen hätten. Dadurch, dass die im Untersuchungsbericht 1 erwähnten Zweifel an der Aussagekraft des Events ID 1016 im Untersuchungsbericht 2 entfernt worden seien, gehe er, der Sachverständige Dr. S., davon aus, dass dem Insolvenzschuldner und Herrn L. dessen Fehlerhaftigkeit bewusst gewesen sei. Die Fehlerhaftigkeit des Untersuchungsberichts 2 ergebe sich aus dieser „Auslassung“. Wenn der Insolvenzschuldner vorgetragen habe, dass beide Untersuchungsberichte keine falschen Aussagen beinhalteten, sei dies aber zutreffend.

128

Hinsichtlich der hier entscheidenden Frage decken sich die Feststellungen des Sachverständigen Dr. S. damit mit dem oben dargelegten Verständnis der Inhalte der Untersuchungsberichte. Auch der Sachverständige Dr. S. kommt zu dem Ergebnis, dass der Insolvenzschuldner (auch) im Untersuchungsbericht 2 keine falsche Tatsachenbehauptung bezüglich des Klägers aufstellt. Wenn der Sachverständige meint, der Untersuchungsbericht 2 sei wegen der beschriebenen Auslassung „falsch“, ist diese Feststellung ausdrücklich darauf bezogen, dass die noch im Untersuchungsbericht 1 beschriebene Unsicherheit bezüglich der Aussagekraft des Events ID 1016 hier nicht mehr „erläutert“ werde. Dies mag angesichts der entsprechenden abweichenden Formulierung in den Untersuchungsberichten zutreffen. Auch nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. S. ist aber in keinem der Untersuchungsberichte eine (falsche) Behauptung bezüglich des Zugriffs des Klägers auf fremde E-Mails enthalten.

129

Nichts anderes folgt daraus, dass der Gutachter ausgeführt hat, der Zugriff auf ein Postfach werde regelmäßig gleichgesetzt mit dem Zugriff auf E-Mails. Durch die Aufnahme der in einfacher englischer Sprache gehaltenen Herstellerhinweise in den Untersuchungsbericht 2 wird die (tatsächliche) Bedeutung eines Zugriffs auf das Postfach hinreichend deutlich erklärt.

130

(4) Auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die Untersuchungsberichte zwar keine unwahren Tatsachenbehauptungen enthalten, aber jedenfalls der Untersuchungsbericht 2 in Bezug auf die Aussagekraft des Events ID 1016 missverständlich ist, ist hierdurch keine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verwirklicht.

131

(a) Mit dem Arbeitsgericht kann davon ausgegangen werden, dass die B. GmbH bzw. der ihr zuzurechnende Herr S. aufgrund der im Untersuchungsbericht 2 getroffenen Feststellungen davon ausgehen konnte, dass wiederholte Zugriffe durch den Kläger auf das Postfach des Herrn S. erfolgt sind (vergleiche auch die Feststellungen im Verfahren 1 Sa 190/15, Seite 57 f. der Gründe). Hierbei kann im Anschluss an das Gutachten des Dr. S. vom 23.05.2014 unterstellt werden, dass im allgemeinen Sprachgebrauch der Zugriff auf das Postfach mit dem Zugriff auf E-Mails gleichgesetzt werde. Dem steht nicht entgegen, dass aus beiden Untersuchungsberichten – wie dargelegt insbesondere aufgrund der englischsprachigen Herstellerhinweise – hervorgeht, dass hinsichtlich der durch das Event ID 1016 protokollierten Zugriffe zwischen den Unterordnern des Postfachs zu differenzieren ist und damit keine unwahre Tatsachenbehauptung vorliegt. Durch die Auslassung der Passage, die noch im Untersuchungsbericht 1 die Zweifel am Aussagegehalt des Events ID 1016 zum Ausdruck bringt, kann der Untersuchungsbericht 2 gleichwohl den Eindruck vermitteln, nunmehr läge ein zweifelsfreier Befund hinsichtlich des Zugriffs auf fremde Postfächer – und damit umgangssprachlich: auf E-Mails – vor.

132

(b) Geht man auf Grundlage dieser Annahme davon aus, dass die B. GmbH die außerordentliche Kündigung aufgrund der Inhalte der Untersuchungsberichte beabsichtigte und infolge der Reaktion des Betriebsrats ein Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet hat, hat der Insolvenzschuldner durch die Erstellung der Untersuchungsberichte keine Rechtsgutsverletzung verwirklicht oder eine solche als Gehilfe (vgl. dazu auch unten II 4) unterstützt. Denn die durch den missverständlichen Inhalt des Untersuchungsberichts 2 veranlasste Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens ist als solche sozialadäquat.

133

Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht adäquat kausal für den eingetretenen Schaden gewesen ist. Ein adäquater Kausalzusammenhang besteht dann, wenn ein Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist. Das heißt, der Eintritt des Schadens darf nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufes der Dinge liegen. Ist dies der Fall, fehlt es an der Kausalität der Verletzungshandlung für den eingetretenen Erfolg (BAG, Urteil vom 18.01.2007, 8 AZR 234/06, AP BGB § 823 Nr. 17 m.w.N).

134

Geht man zugunsten des Klägers davon aus, die Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens sei adäquat kausal im vorbenannten Sinne auf die durch ihn (mit-)erstellten Untersuchungsberichte rückführbar, begründet dies dennoch keinen Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber dem Insolvenzschuldner. Denn durch den Ausspruch einer – auch rechtsunwirksamen – Kündigung verletzt ein Arbeitgeber nicht seine gegenüber dem Arbeitnehmer bestehenden Rücksichtnahmepflichten. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen sind grundsätzlich nicht geeignet, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 85, juris). Eine solche in der Praxis häufig vorkommende Konfliktsituation ist der Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung. Der Gesetzgeber hat konkret geregelt, dass und wie sich der Arbeitnehmer sich gegen eine rechtsunwirksame Kündigung zu Wehr setzen kann. Auch die Folgen einer rechtsunwirksamen Kündigung sind gesetzlich geregelt (bspw. durch die Regelungen zum Annahmeverzug des Arbeitgebers). Damit geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber sich im Regelfalle als ein sozial adäquates Verhalten darstellt, dessen Rechtswirksamkeit der Arbeitnehmer im Einzelfalle gerichtlich überprüfen lassen kann. Eine nicht mehr sozial adäquate Maßnahme könnte eine Kündigung nur dann darstellen, wenn sie den Arbeitnehmer über den bloßen Kündigungsausspruch hinaus in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt und dies vom Arbeitgeber auch so gewollt ist (BAG, Urteil vom 24.04.2008, 8 AZR 347/07, Rn. 47, juris). Diese Erwägungen gelten erst recht, wenn wie im vorliegenden Fall der kündigungsrechtliche Schutz nicht nur durch die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes, sondern bereits diesem vorgelagert durch das Erfordernis der Zustimmung des Betriebsrates und im Falle der Zustimmungsverweigerung durch ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren ausgestaltet ist.

135

Der insofern darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat nicht dargelegt, dass das unter Verwendung der Untersuchungsberichte eingeleitete Zustimmungsersetzungsverfahren eine in diesem Sinne nicht mehr sozial adäquate Maßnahme darstellte.

136

Der Vorwurf, der Kläger habe unbefugt auf fremde E-Mails zugegriffen, rechtfertigt die Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens. Der Ausgang des Zustimmungsersetzungsverfahrens belegt zwar, dass die Ergebnisse der Untersuchungsberichte nicht ausreichten, um das Arbeitsgericht zu überzeugen. Hieraus folgt aber nicht, dass die Einleitung zugleich rechtswidrig gewesen ist. Dass die Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt hätte, ist nicht ersichtlich.

137

Nichts anderes folgt, wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass bei Herrn S. eine „IT-Affinität“ gegeben ist und er daher wusste bzw. wissen musste, dass die Auslösung des Events ID 1016 nur den Zugriff auf ein Postfach belegt. Gemäß beider Untersuchungsberichte wurde im Untersuchungszeitraum eine auffällige Häufung von Zugriffen auf die Postfächer der Herren E. und S. durch den Kläger während dessen Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Der Kläger erklärt die wiederholten Zugriffe mit Terminkoordination. Ohne, dass die Erfolgsaussichten des aufgrund der Untersuchungsberichte eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens im hiesigen Verfahren zu beurteilen wären, liegt insofern jedenfalls kein willkürliches Vorgehen der B. GmbH vor. Auch, wenn Herr S. gewusst haben sollte, dass die Auslösung des Event ID 1016 nicht geeignet ist, den Zugriff auf E-Mails zu belegen, so kann die festgestellte Häufung dennoch in Berücksichtigung der zugleich anhaltenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers sowie der festgestellten Dauer der einzelnen Zugriffszeiten ein in diese Richtung deutendes Indiz sein. Wenn die B. GmbH ausgehend von diesen Umständen ein Zustimmungsersetzungsverfahren einleitet, ist dies im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung sozialadäquat.

138

(5) Die Erstellung der Untersuchungsberichte begründet keinen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB.

139

Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 826 BGB erfordert einen Schädigungsvorsatz. Dabei reicht bedingter Vorsatz aus. Es genügt, wenn die Möglichkeit einer Schädigung erkannt wird und diese für den Fall ihres Eintritts billigend in Kauf genommen wird (vgl. BAG, Urteil vom 21.11.2006, 9 AZR 206/06, Rn. 25, juris). Bezugspunkte des Vorsatzes sind sowohl das schädigende Verhalten als auch –weitergehend als bei § 823 BGB - der in Betracht kommende Schaden.

140

Ein derartiger Vorsatz lässt sich nicht feststellen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Insolvenzschuldner durch die Erstellung der Untersuchungsberichte zumindest bedingt vorsätzlich eine Gesundheitsschädigung des Klägers herbeiführen wollte.

141

c. Wenn der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrages ausführt, für die nach dessen Einstellung durch den Insolvenzschuldner erteilten Arbeitsanweisungen habe es keinen Anlass gegeben und die ihm gegenüber getroffenen Maßnahmen hätte schikanöser Charakter innegewohnt, folgt die erkennende Kammer dem – wie auch das Arbeitsgericht – nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass den klägerseits benannten Arbeitsanweisungen des Insolvenzschuldners ein sachlicher Anlass fehlte. Damit ein Verhalten nicht als Mobbing zu klassifizieren ist, ist es bereits ausreichend, dass es sich im Rahmen des sozial-und rechtsadäquaten bewegt. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes für jede einzelne Weisung bzw. Maßnahme ist nicht erforderlich. Entscheidet ist vielmehr, dass der Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts (§ 106 GewO) gewahrt bleibt (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.05.2008, 5 Sa 72/08, Rn. 47, juris). Dass dies nicht der Fall wäre, hat der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich vorgetragen.

142

Namentlich ist nicht ersichtlich, wie die Zuweisung der Durchführung der Inventur unbillig sein soll. Es ist nicht Sache des Klägers, zu hinterfragen, ob eine solche Aufgabe sinnvoll oder erforderlich ist. Auch ist es plausibel (und durch den Kläger nicht bestritten), wenn die Beklagte im Hinblick auf die übrigen dem Kläger zugewiesenen Aufgaben vorträgt, dass in einem Unternehmen ihres Zuschnitts Aufgaben mit unterschiedlichem Anforderungsprofil anfallen. Damit ist auch die Beauftragung des Klägers mit nach seinem Dafürhalten seiner Qualifikation nicht angemessenen Tätigkeiten im Einzelfall nicht zu beanstanden. Wenn der Kläger daneben vorträgt, durch die Zuweisung von Aufgaben überfordert worden zu sein, erscheint dies widersprüchlich; in der Sache hat der Kläger seinen Vortrag auch insofern nicht hinreichend substantiiert.

143

d. Keine Rechtsgutsverletzung durch den Insolvenzschuldner, sondern eine im Berufsleben hinzunehmende Auseinandersetzung stellt der (unter anderem) seitens des Insolvenzschuldners geäußerte Verdacht dar, der Kläger sei für das Verschwinden eines PCs und der Löschung von belastenden Daten auf einer Festplatte verantwortlich.

144

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die entsprechende Nachfrage aufgrund des anhängigen Rechtsstreits mit ähnlich gelagerter Thematik nachvollziehbar war und auf einem berechtigten Auskunftsverlangen beruhte. Überdies sind beide Handlungen allenfalls als Konflikte anzusehen, die im Arbeitsleben vorkommen können und regelmäßig als sozial- und rechtsadäquat anzusehen sind und daher keine Haftung begründen (vgl. BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 85, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.08.2016, 5 Sa 61/16, Rn. 63, juris).

145

e. Soweit der Kläger vorträgt, der Insolvenzschuldner habe hinsichtlich der Berechtigungsgruppen „FileAdmin“ und „ReadAdmin“ falsch vorgetragen bzw. die softwareseitig vorgegebene Berechtigung nachträglich geändert, hat er eine durch den Insolvenzschuldner verwirklichte Rechtsgutverletzung nicht dargelegt.

146

Eine solche ist namentlich nicht durch das Gutachten des Sachverständigen M. vom 24.11.2011 belegt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte eine vor dem Ortstermin am 11.11.2011 vorgenommene Änderung dem Insolvenzschuldner auffallen müssen, da das insofern erforderliche Passwort nur ihm bekannt war. Demgegenüber kommt der Sachverständige M. nicht zu dem Ergebnis, dass die entsprechenden Änderungen der Berechtigungsgruppen tatsächlich durch den Insolvenzschuldner vorgenommen worden wären. Im Gegenteil ist nach seiner Einschätzung davon auszugehen, dass die Veränderung im System weder durch den Insolvenzschuldner, noch durch den Kläger vorgenommen worden ist; vielmehr habe eine „dritte Person“ die Änderung vorgenommen (vgl. Seite 6 des Gutachtens vom 24.11.2011 = Blatt 375 der Akten des beigezogenen Verfahrens 6 BV 12/11). Insofern bleibt es bei dem durch das Arbeitsgericht zutreffend gewonnenen Ergebnis, dass die seitens des Klägers behauptete Manipulation der Berechtigungsgruppen durch den Insolvenzschuldner nicht nachweisbar ist. Im Rahmen des Ortstermins wurde festgestellt, dass nicht mehr nachvollziehbar ist, ob die Berechtigungsgruppen bei der Beklagten nachträglich erstellt bzw. verändert worden sind.

147

f. Die übrigen Vorwürfe des Klägers sind hinsichtlich des Insolvenzschuldners nicht ausreichend konkretisiert worden. Mobbinghandlungen Dritter - hinsichtlich derer im Einzelnen auf den Tatbestand des Urteils 1 Sa 190/15 Bezug genommen wird - sind dem Insolvenzschuldner nicht zurechenbar; sie sind bereits nicht adäquat-kausal auf Handlungen des Insolvenzschuldners rückführbar.

148

Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht adäquat kausal für den eingetretenen Schaden gewesen ist. Die für den Zurechnungszusammenhang maßgebliche Adäquanztheorie (vgl. BAG, Urteil vom 24.04.2008, 8 AZR 347/07, Rn. 53, juris) schließt tatsächliche Entwicklungen, mit denen nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu rechnen ist, aus dem Verantwortungsbereich aus, weil eine Haftung für rein zufällige Folgen der Rechtsüberzeugung widersprächen, das Erfordernis der Beherrschbarkeit einer Schadensgefahr außer Acht ließe und keine generalpräventive Wirkung entfalten könnte. Der Ersatzpflichtige soll in der Regel für eine äußerst unwahrscheinliche Folge deshalb nicht einstehen müssen, weil diese außerhalb des vorhersehbaren und beherrschbaren Geschehens liegt. Ein adäquater Kausalzusammenhang besteht dann, wenn ein Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist. Das heißt, der Eintritt des Schadens darf nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufes der Dinge liegen. Ist dies der Fall, fehlt es an der Kausalität der Verletzungshandlung für den eingetretenen Erfolg. Die Zurechnung eines auf einer Erstschädigung beruhenden Schadens kommt nur in Betracht, wenn sich im Folgeschaden das fortwirkende Schadensrisiko der Erstschädigung verwirklicht (BGH, Urteil vom 28.01.1992, VI ZR 129/91, Rn. 15, juris).

149

Wie dargelegt muss sich der Insolvenzschuldner aufgrund des missverständlichen Inhalts der Untersuchungsberichte zwar zurechnen lassen, dass die B. GmbH ein Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet hat. Eine Zurechnung der übrigen, seitens des Klägers behaupteten Mobbinghandlungen Dritter - hinsichtlich deren Einzelheiten auf den Tatbestand der Entscheidung 1 Sa 190/15 Bezug genommen wird – scheidet demgegenüber aus. Dem missverständlich formulierten Untersuchungsbericht wohnte nicht das Risiko inne, dass der Kläger in der Folge wie seinerseits behauptet durch Handlungen Dritter in seinen Rechtsgütern verletzt wurde. Es ist nicht ersichtlich, wie diese auf die Inhalte der Untersuchungsberichte rückführbar wären.

150

g. Begründet nach alledem keine der dem Insolvenzschuldner zurechenbaren Handlungen für sich genommen eine Rechtsgutsverletzung, folgt diese auch nicht aus einer Gesamtbetrachtung.

151

(1) Insofern ist anerkannt, dass dann, wenn die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, gleichwohl bei einer Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen eine Rechtsgutverletzung vorliegen kann, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Eine entsprechende Systematik liegt vor, wenn den benannten Einzelfällen ein Fortsetzungszusammenhang innewohnt, aus dem ein Unrechtsgehalt durch die Kumulation der Vielzahl dieser Handlungen folgt. Fehlt es an einem solchen koordinierten Vorgehen, so liegt eine für das Mobbing typische, die verschiedenen Einzelhandlungen zusammenfassende Systematik regelmäßig nicht vor (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, juris).

152

(2) Das Arbeitsgericht hat einen derartigen Zusammenhang mangels substantiiertem Vortrag zu einer entsprechenden Systematik für nicht gegeben erachtet und weiter angeführt, dass es an der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehle. Wenn der Kläger mit der Berufung geltend macht, der systematische Zusammenhang der Einzelhandlungen ergebe sich daraus, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten „bekämpft“ worden sei und darüber hinaus gezielt nach Kündigungsgründen aufgrund eines geplanten Outsourcings der IT-Abteilung gesucht worden sei, folgt hieraus jedenfalls bezogen auf den Insolvenzschuldner kein systematischer Zusammenhang im vorstehenden Sinne. Bezogen auf diesen sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die geeignet wären, eine systematische Verbindung zwischen den vorgeworfenen Einzelhandlungen zu begründen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang ausführt, man habe gezielt eine „Geschichte“ gegen ihn gesponnen, indem die Sicherungsbänder, aus denen die Veränderungshistorie hinsichtlich der Berechtigungsgruppen hervorgehen würde, geändert wurden, ist dies eine nicht weiter substantiierte Mutmaßung. Eine derartige Motivation ist nicht, insbesondere nicht für den Insolvenzschuldner, ersichtlich.

153

4. Ein Anspruch besteht nicht gemäß §§ 830 Abs. 1, 2 BGB wegen einer Beteiligung oder Mittäterschaft an den klägerseits der B. GmbH, der U. GmbH, des Herrn S. und Herrn L. vorgeworfenen Mobbinghandlungen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind weder in objektiver, noch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

154

Eine gemäß § 830 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB haftungsbegründende Teilnahme erfordert in subjektiver Hinsicht neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder zu fördern und objektiv eine Beteiligung an der Ausführung der Tat, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 31.01. 1978, VI ZR 32/77, NJW 1978, 816 (819); Münchener Kommentar/Wagner, 7. Auflage 2017, § 830 BGB Rn. 15 m. w. N.).

155

Als objektiv eine Tat fördernde Handlungen kommen die Inhalte der Untersuchungsberichte und die seitens des Klägers behaupteten Äußerungen im Verfahren zur zweiten außerordentlichen Kündigung in Betracht. Sieht man diese beiden Handlungen als Teilnahmeakte an, fehlt es indes wie oben dargelegt an einer rechtswidrigen Haupttat.

156

Darüber hinaus liegen auch die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass der Insolvenzschuldner die seitens des Klägers behaupteten, seine Rechtsgüter verletzenden Handlungen der B. GmbH, der U. GmbH, Herrn S. oder Herrn L. als gemeinschaftliche Tat ausführen oder fördern wollte.

157

5. Nach alledem fehlt es bereits an einem die Haftung des Insolvenzschuldners begründenden Tatbestand. Darüber hinaus steht einem Anspruch des Klägers auch entgegen, dass nicht ausreichend dargelegt wurde, dass die vom Kläger behaupteten Gesundheitsschäden auf die – behaupteten – Verletzungshandlungen rückführbar sind.

158

a. Der Kläger ist nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet für den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Anspruchsgrund, der Rechtsgutsverletzung und dem Schaden (BAG, Urteil vom 16. 05.2007, 8 AZR 709/06, Rn. 93, juris). Er hat den Ursachenzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und Eintritt der Rechtsgutsverletzung darzulegen und zu beweisen; insofern ist regelmäßig die volle richterliche Überzeugung im Sinne des § 286 ZPO erforderlich (haftungsbegründende Kausalität, vgl. Münchener Kommentar/Wagner, a.a.O., § 823 BGB, Rn. 56 f.; BGH, Urteil vom 18.09.2009, V ZR 75/08, Rn. 33, juris).

159

Diesen Anforderungen wird der klägerische Vortrag nicht gerecht.

160

b. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf die von ihm zitierte Rechtsprechung berufen, nach der eine Vermutungswirkung für die haftungsbegründende Kausalität bei Vorliegen einer „mobbingtypischen“ Erkrankung besteht. Insofern wäre es denknotwendig erforderlich, dass eine bzw. mehrere schadensersatzbegründende, als Mobbing einzuordnende Rechtsgutverletzung(en) geben ist bzw. sind (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2009, 8 Sa 445/09, Rn. 19, juris). Dies ist jedenfalls für den Insolvenzschuldner nicht der Fall. Eine weitergehende Vermutung für das Vorliegen der Kausalität zwischen „mobbingtypischem“ Befund und behaupteter Handlung kommt nicht in Betracht; sie würde einen Zirkelschluss bedeuten, da die Krankheit die Richtigkeit der behaupteten Handlungen indizieren- und die Handlung zugleich Indizwirkung für die Krankheit entfalten würde (vergleiche BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, NZA 2007,1154, Rn. 93; zugleich Ablehnung der entsprechenden Gegenansicht).

161

c. Wie dargelegt hat der Insolvenzschuldner weder durch eigenes, noch ihm zurechenbares Handeln Rechtsgutsverletzungen verwirklicht. Damit fehlt es, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, an einer zwingenden Voraussetzung für das Eingreifen des Vermutungstatbestandes.

162

In der Folge war es an dem Kläger darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass jede der behaupteten Rechtsgutsverletzungen für sich genommen kausal für eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB war. Der Vortrag des Klägers, die in der Berufungsbegründungsschrift angeführten Erkrankungen seien auf hauptsächlich durch die B. GmbH und Herrn S. zu verantwortende Mobbinghandlungen rückführbar, vermag eine Haftung des Insolvenzschuldners nicht zu begründen. Ihm zurechenbare Haftungstatbestände liegen nicht vor. Mit seinem weiteren Vortrag, auch „jede Einzelhandlung“ – unter anderem – des Insolvenzschuldners habe die Gesundheitsverletzung verursacht, wird der Kläger der ihm obliegenden Darlegungslast nicht gerecht. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass bzw. wie eine der seitens des Klägers benannten Erkrankungen durch den Insolvenzschuldner jeweils einzeln oder gemeinschaftlich (mit-)verursacht wurde. Der Kläger hat den Ursachenzusammenhang zwischen den (behaupteten) Handlungen des Insolvenzschuldners und den benannten Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht dargelegt.

III.

163

Auch ein Entschädigungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1, 2 GG wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts besteht mangels Eingriff in den Schutzbereich nicht.

164

1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der so genannte Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Es umfasst damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154, Rn. 71). Der Schutz der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) bedarf gegenüber dem Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) der Abwägung. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt dessen Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst im Wege einer Abwägung widerstreitender grundrechtlich geschützter Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, und zwar auch dann, wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken können. Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren Aussagen die Persönlichkeitsbelange. (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.09.2012, 6 Sa 703/11, Rn. 73, juris m. w. N.)

165

2. Damit kommt nach dem klägerischen Vortrag bezogen auf den Insolvenzschuldner für einen Entschädigungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Vorwurf der unwahren Tatsachenbehauptung durch den Inhalt der Untersuchungsberichte in Betracht. Dieser erweist sich als unzutreffend. Die Untersuchungsberichte enthalten keine unwahren Tatsachenbehauptungen. Im Ergebnis mag es zutreffen, dass das Event ID 1016 nicht geeignet ist, den Zugriff auf E-Mails Dritter nachzuweisen. Eine gegenteilige Behauptung stellt der Insolvenzschuldner aber auch in keinem der beiden Untersuchungsberichte auf; insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

166

3. Ebenso hat der Insolvenzschuldner keine anderweitigen, ihm zurechenbaren Verletzungshandlungen begangen, durch die der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers eröffnet wäre. Die seitens des Klägers behaupteten Verletzungshandlungen Dritter sind dem Insolvenzschuldner nicht zurechenbar. Auf obige Ausführungen wird Bezug genommen.

167

4. Ein Entschädigungsanspruch des Klägers gegen den Insolvenzschuldner aus § 830 Abs. 1, 2 BGB aufgrund einer ihm zurechenbaren Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die B. GmbH, die U. GmbH und die Herren S. und L. ist – jedenfalls – mangels einer gemeinschaftlichen Tatbegehung nicht gegeben (s.o.).

168

5. Schließlich spricht, ohne dass es hierauf mangels Eröffnung des Schutzbereichs noch ankäme, gegen einen Anspruch des Klägers auf Geldentschädigung auch, dass ein solcher Anspruch nur in Betracht kommt, wenn eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht auf andere Weise ausgeglichen werden kann bzw. bereits auf andere Weise ausgeglichen wurde. Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (BAG, Urteil vom 19.02.2015, 8 AZR 1007/13, Rn. 14, juris; Urteil vom 21.06.2012, 8 AZR 188/11, Rn. 29, BAGE 142, 143). Eine schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet einen auf den grundgesetzlichen Gewährleistungen der Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG fußenden Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und deswegen eine Geldentschädigung erforderlich ist. Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe. Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen (vgl. zu allem BGH, Urteil vom 21.04.2015, VI ZR 245/14, NJW 2015, 2500).

169

In Anwendung dieser Grundsätze ergibt die einzelfallbezogene Würdigung der vorliegenden Umstände, dass selbst, wenn man zugunsten des Klägers und entgegen der vorstehenden Ausführungen von einer Eröffnung des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausginge, bezogen auf beide Zustimmungsersetzungsverfahren ein Anspruch auf Geldentschädigung ausschiede. Die Geldentschädigung wäre vor dem Hintergrund der unternehmensöffentlich abgegebenen Erklärungen des Klägers nicht erforderlich, um eine entsprechende – unterstellte – Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugleichen.

170

Der Kläger hat mit dem über den E-Mailaccount der Schwerbehindertenvertretung versandten E-Mail vom 20.04.2012 (Blatt 619 der Akten) erklärt, mit seiner Rückkehr als IT-Systemadministrator sei seine „vollständige Rehabilitation“ erreicht. Zuvor hatte er auf gleichem Wege betriebsöffentlich gemachten „offenen Brief“ vom 15.02.2012 (Blatt 617 f.) geäußert, die Untersuchungsberichte „lückenhaft und widersprüchlich“ seien und er sich gezwungen gesehen habe, Strafanzeige gegen unter anderem den Insolvenzschuldner zu erstatten.

171

In Folge der Veröffentlichung dieser Erklärungen wäre ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers – läge er vor – bereits ausgeglichen; die Zahlung einer Geldentschädigung zum Ausgleich der nicht vermögensmäßigen Einbußen wäre nicht erforderlich.

172

Aus Sicht eines objektiven Empfängers ist aufgrund der E-Mail vom 20.04.2012 davon auszugehen, dass die den Zustimmungsersetzungsverfahren zugrundeliegenden Vorwürfe ausgeräumt sind. Dies wird durch die parallele, rechtskräftige Zurückweisung der Anträge in beiden Verfahren bestätigt. Der Kläger selbst spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die in seinem „offenen Brief“ formulierte Hoffnung auf eine gütliche Einigung sich „vollkommen erfüllt“ habe. Der Kläger hat die aus seiner Sicht „lückenhaften und widersprüchlichen“ Untersuchungsberichte in seinem „offenen Brief“ benannt und diesen wiederum in der E-Mail vom 20.04.2012 in Bezug genommen. Damit erfasst die dortige umfassende Richtigstellung auch in den Untersuchungsberichten enthaltene, den Kläger etwa belastende Äußerungen.

IV.

173

Der Antrag zu 2. ist in Ermangelung einer Forderung des Klägers gegen den Insolvenzschuldner ebenfalls unbegründet.

C.

174

Die Berufung des Klägers war mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG ist nicht gegeben.

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