Urteil vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (6. Kammer) - 6 Sa 351/14

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 08.07.2014 – 9 Ca 3052/13 – teilweise (Ziffer 2. und 3 Urteilstenor) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 916,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2013 (Vergütung September 2013) sowie weitere 273,75 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.11.2013 (Vergütung 07. bis 11. Oktober 2013) zu zahlen.

Im Übrigen wird die auf Vergütung für die Monate September und Oktober 2013 gerichtete Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3, die Beklagte trägt 2/3.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten aus einem beendeten Arbeitsverhältnis im Berufungsrechtszug noch über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger war vom 26.08. bis 17.10.2013 bei der Beklagten, einem Personaldienstleistungsunternehmen, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.10.2013 (Bl. 17 d. A.). Die Rechtsbeziehungen bestimmten sich nach dem Arbeitsvertrag vom 23.08.2013 (Bl. 13 ff d. A.), in dem es u. a. heißt:

3

Die geleisteten Arbeitsstunden sind vom Mitarbeiter pro Kunde und Kalenderwoche in die ausgehändigten Tätigkeitsnachweise einzutragen und vom Einsatzbetrieb mit Stempel und Unterschrift zu bestätigen. Die unterschriebenen Tätigkeitsnachweise sind umgehend, jeweils wöchentlich beim Arbeitgeber einzureichen. Kommt der Mitarbeiter dieser Pflicht nicht nach, so hat der Arbeitgeber ein Lohnzurückbehaltungsrecht.

4

Die Beklagte rechnete für den Monat August 2013 das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß ab und zahlte den sich ergebenden Betrag (Abrechnung Bl. 18 d. A.) an den Kläger aus. Für die Monate September und (anteilig) Oktober 2013 erfolgte hingegen keine Abrechnung und auch keine Vergütungszahlung, die betriebsüblich jeweils am 20. des Folgemonats vorgenommen wurde.

5

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger für die vorgenannten Monate auf Basis der zwischen den Parteien vereinbarten Stundenvergütung von 7,50 Euro brutto Vergütung in Höhe von 1.141,88 Euro brutto für nach seiner Behauptung 152,25 im Monat September 2013 geleistete Arbeitsstunden sowie für weitere nach seiner Behauptung im Zeitraum 01. bis 11. Oktober 2013 geleistete 71 Arbeitsstunden. Darüber hinaus macht er Verzugslohnansprüche für den Zeitraum 12. bis 17. Oktober 2013 geltend, so dass sich die Klagforderung für den vorgenannten (anteiligen) Monat auf 742,50 Euro brutto beläuft.

6

Der Kläger hat hierzu behauptet, er sei im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Firma M, St, eingesetzt worden und habe hauptsächlich in M Abrissarbeiten in einer zu sanierenden Sekundarschule durchgeführt. Nach Zugang der ordentlichen Kündigung am 11.10.2013 habe die Beklagte ihm keine weitere Arbeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zugewiesen. Tätigkeitsnachweise gemäß § 2 Abs. 4 des Arbeitsvertrages habe er nicht ausfüllen können, weil die Beklagte ihm keine Formulare zur Verfügung gestellt habe.

7

Der Kläger hat beantragt,

8
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger offenstehende Vergütung für den Monat September 2013 in Höhe von 1.141,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2013 zu zahlen;
9
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger offenstehende Vergütung für den Monat Oktober 2013 in Höhe von 742,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2013 zu zahlen;
10
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 100,24 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.11.2013 zu zahlen.
11

Die Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Die Beklagte hat die von dem Kläger behaupteten Arbeitsstunden bestritten und sich darüber hinaus auf das Zurückbehaltungsrecht aus § 2 Abs. 4 des Arbeitsvertrages berufen.

14

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 08.07.2014 dem Kläger die geltend gemachte Urlaubsabgeltung zugesprochen, jedoch die Klage hinsichtlich der Vergütung für September und (anteilig) Oktober 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht insoweit ausgeführt, die Klage sei unbegründet, weil der Kläger den Nachweis der von ihm geleisteten Stunden nicht nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 des Arbeitsvertrages habe erbringen können. Da er auch nicht durch sonstige Urkunden die von ihm behaupteten Stunden habe belegen können, sei die Beklagte nicht zur Vergütungszahlung für den streitigen Zeitraum verpflichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 54 bis 60 der Akte verwiesen.

15

Das vorgenannte Urteil ist dem Kläger am 16.07.2014 zugestellt worden. Er hat am 15.08.2014 einen PKH-Antrag für ein von ihm beabsichtigtes Berufungsverfahren gestellt. Durch Beschluss vom 24.09.2014, dem Kläger am 08.10.2014 zugestellt, ist ihm PKH in vollem Umfang bewilligt worden.

16

Der Kläger hat darauf am 22.10.2014 Berufung gegen das vorgenannte Urteil eingelegt und diese zugleich begründet.

17

Mit seinem Rechtsmittel verfolgt er die erstinstanzlich geltend gemachten Vergütungsansprüche weiter.

18

Er behauptet ergänzend, er habe die ihm von der Beklagten überlassenen Stundenzettel jeweils nach Ablauf einer Kalenderwoche durch seine Mutter ausfüllen lassen. Die Stundennachweise seien sodann von seiner Mutter der Beklagten, zu Händen deren Geschäftsführerin übergeben worden. Nach zwischenzeitlich erteilter Auskunft der Firma M habe – unstreitig – die Firma F, deren Inhaber Herr F G zugleich Generalbevollmächtigter der Beklagten sei, der Firma M für den Zeitraum 09.09. bis 30.09.2013 unter Beifügung der allerdings mit dem Firmenstempel der Firma F versehenen Stundennachweise für den Einsatz des Klägers 88,75 Stunden in Rechnung gestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Rechnung vom 10.10.2013 wird auf Blatt 144 ff der Akte verwiesen. Darüber hinaus seien ihm von Herrn M – ebenfalls unstreitig – weitere Stundennachweise betreffend den streitgegenständlichen Zeitraum, versehen mit dem Firmenstempel der Beklagten, übergeben worden. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Unterlagen wird auf Blatt 148 ff d. A. verwiesen. Damit ergebe sich – rechnerisch unstreitig – für den Zeitraum 02. bis 30.09.2013 ein Stundenvolumen von 122,25 und für den Zeitraum 07. bis 11.10.2013 ein solches von 36,5 Stunden. Darüber hinaus seien weitere 28 Stunden für den Zeitraum (Montag) 14. bis 17.10.2013 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges in Ansatz zu bringen, weil – so behauptet der Kläger weiter – die Beklagte ihm nach Zugang der Kündigung keine Arbeit mehr zugewiesen habe.

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Der Kläger beantragt,

20

unter Abänderung des am 08.07.2014 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Magdeburg – 9 Ca 3052/13

21
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger offen stehende Vergütung für den Monat September 2013 in Höhe von 1.141,88 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2013 zu zahlen;
22
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger offen stehende Vergütung für den Monat Oktober 2013 in Höhe von 742,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2013 zu zahlen.
23

Die Beklagte beantragt,

24

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

25

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Der Kläger habe die behaupteten Arbeitsstunden nicht schlüssig dargelegt. Jedenfalls stehe ihr aufgrund der nicht ordnungsgemäß von dem Kläger erstellten Stundennachweise weiterhin ein Zurückbehaltungsrecht zu. Die diesbezügliche Bestimmung im Arbeitsvertrag der Parteien halte einer AGB-Kontrolle stand.

26

Im Übrigen sei der Kläger auch nicht an die Firma M M, sondern – von dem Kläger nicht bestritten – vielmehr an die Firma F entliehen worden (Bestätigung der Firma F Bl. 253 d. A.). Bei dieser habe sich der Kläger im Zeitraum 14. bis 17.10.2013 nicht zur Aufnahme der Arbeit gemeldet. Die von dieser Firma gestellten Rechnungen seien von der Firma M mit der Begründung, die Stunden seien nicht geleistet worden, nicht beglichen worden.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

28

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Es handelt sich um das gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG statthafte Rechtsmittel. Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass der Kläger die Berufungseinlegungs- und die Berufungsbegründungsfrist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) versäumt hat. Die Berufung ist dennoch zulässig, weil ihm insoweit gemäß § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war. Der Kläger hat diese Fristen schuldlos i. S. d. vorgenannten Bestimmung versäumt, weil er aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bis zur Bewilligung von PKH an der Durchführung des Berufungsverfahrens verhindert war. Er hat sodann die erforderlichen Prozesshandlungen innerhalb der Fristen des § 234 ZPO nachgeholt.

B.

29

Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Dem Kläger steht für den Monat September 2013 ein Vergütungsanspruch in Höhe von 916,88 Euro brutto und für den Monat Oktober 2013 (07. bis 11.) ein Anspruch in Höhe von 273,75 Euro brutto nebst Zinsen zu. Im Übrigen ist die auf Vergütung gerichtete Klage unbegründet.

I.

30

Der Vergütungsanspruch für den vorgenannten Zeitraum folgt aus § 611 BGB. Nach dieser Bestimmung ist der Arbeitgeber zur Zahlung der für die geleisteten Dienste vereinbarten Vergütung verpflichtet.

31

Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts i.V.m. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und – im Bestreitensfall – zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt (z. B. § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit i.d.R. vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (BAG 18.04.2012 – 5 AZR 248/11 – Rn. 14).

32

1. Bei Anwendung dieser Rechtssätze ist für die Entscheidungsfindung davon auszugehen, dass der Kläger im Monat September (02. bis 30.) 122,25 Arbeitsstunden und im Zeitraum 07. bis 11. Oktober 2013 weitere 36,5 Arbeitsstunden abgeleistet hat. In diesem Umfang hat der Kläger die von ihm behauptete Arbeitsleistung substantiiert darzulegen vermocht. Er hat die Arbeitsstunden zeitlich und örtlich exakt zugeordnet. Darüber hinaus hat er für den Zeitraum 06.09. bis 30.09.2013 in Form der von der Firma F der Firma M erteilten Rechnung vom 10.10.2013 ein Dokument in Kopie vorgelegt, welches die Ableistung von 88,75 Stunden seitens seines Entleihers – die Beklagte trägt ausdrücklich vor, der Kläger sei an die Firma F verliehen worden – bestätigt.

33

Diesem Vorbringen ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten, so dass der von dem Kläger vorgetragene Sachverhalt im vorstehenden Umfang als unstreitig anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO). Ihr Vorbringen, die Firma M habe die Begleichung von Rechnungen – auch den Einsatz des Klägers betreffend – verweigert, weil die abgerechneten Stunden nicht geleistet worden seien, ist bezogen auf die konkret von dem Kläger dargelegten Stunden zu pauschal gehalten.

34

2. Hingegen hat der Kläger die Ableistung weiterer Arbeitsstunden im streitigen Zeitraum nicht hinreichend schlüssig darlegen können. Seine Angaben in der Klageschrift sind von seiner Prozessbevollmächtigten in der Berufungsbegründung unter Hinweis auf ergänzend eingeholte Informationen korrigiert worden. Eine weitere Substantiierung der Angaben aus der Klageschrift ist mit Ausnahme des Zeitraumes 02. bis 06.09.2013 auch in dem nach Auflage durch das Berufungsgericht eingereichten Schriftsatz vom 06.09.2015 nicht erfolgt.

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3. Dem Vergütungsanspruch steht nicht das von der Beklagten gemäß § 2 Abs. 4 Arbeitsvertrag erklärte Zurückbehaltungsrecht entgegen.

36

a) Dieser Bestimmung kommt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB keine Rechtswirksamkeit zu. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gemäß § 307 Abs. 2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

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1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
38
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist.
39

aa) Die vorgenannte Bestimmung findet auf die vertragliche Beziehung der Parteien Anwendung, da der Arbeitsvertrag vom 23.08.2013 – zwischen den Parteien unstreitig – AGB i. S. d. § 305 BGB aufweist.

40

bb) § 2 Abs. 4 Arbeitsvertrag benachteiligt den Kläger unangemessen. Die Klausel beschränkt ihn bei der Wahrnehmung seiner vertraglichen Rechte dahingehend, dass er nur bei Vorlage von bestimmten Urkunden seinen Vergütungsanspruch durchsetzen kann. Verfügt der Arbeitnehmer – aus welchen Gründen auch immer – nicht über die mit Stempel und Unterschrift versehenen Tätigkeitsnachweise, führt das Zurückbehaltungsrecht nicht nur zu einer Leistungspflicht des Arbeitgebers Zug um Zug (§ 274 BGB), sondern begründet de facto eine dauerhaft wirkende Einwendung gegen den Vergütungsanspruch. Diese Wirkung ist mit wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken, nämlich den dem Rechtssuchenden durch die ZPO zur Verfügung gestellten Mitteln der Beweisführung, nicht vereinbar. Dem Arbeitnehmer würde die Durchsetzung seiner Rechte schon dann erheblich erschwert, wenn der Entleiher – ohne dass der Arbeitnehmer hinauf Einfluss nehmen kann – einen Stempelaufdruck auf dem Formular nicht anbringt. Um das Zurückbehaltungsrecht zu beseitigen, wäre der Arbeitnehmer gehalten, auf den Entleiher – gegebenenfalls im Wege der Klage – entsprechend einzuwirken, obwohl ihm sonstige Beweismittel zum Nachweis der Vergütungsansprüche zur Verfügung stehen.

41

b) Darüber hinaus würde der Beklagten im vorliegenden Fall aber auch bei Wirksamkeit der Klausel kein Zurückbehaltungsrecht wegen fehlender Stundennachweise der Firma M zustehen. Der Kläger war nicht verpflichtet, der Beklagten derartige Stundennachweise vorzulegen, weil es sich bei der Firma M nicht um seinen "Einsatzbetrieb" i. S. d. vertraglichen Bestimmung gehandelt hat. Die Beklagte hat in der Berufungserwiderung unwidersprochen vorgetragen, der Kläger sei nicht an die Firma M, sondern an die Firma F entliehen worden. Damit ist in der Beziehung Kläger – Beklagte dieses Unternehmen der für den Kläger maßgebliche Einsatzbetrieb. Ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich fehlender Stundennachweise der Firma F, deren Inhaber nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers für die Beklagte als Generalbevollmächtigter tätig ist, macht die Beklagte jedoch nicht geltend.

42

4. Zinsen kann der Kläger gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1, 193 BGB erst ab dem 22.10. bzw. 21.11.2013 verlangen. Nach seinem unbestrittenen Sachvortrag war die Vergütung am 20. des Folgemonats fällig. Da der 20.10.2013 auf einen Sonntag fiel, trat Fälligkeit erst am darauf folgenden Montag ein (BAG 19.11.2014 – 5 AZR 121/13 – Rn. 32), so dass sich die Beklagte erst mit Ablauf dieses Tages in Verzug befand.

II.

43

Kein Vergütungsanspruch besteht für den Zeitraum 12. bis 17.10.2013.

44

1. Dieser ergibt sich nicht aus § 611 BGB, weil der Kläger unstreitig in jenem Zeitraum eine Arbeitsleistung nicht erbracht hat.

45

2. Weiterhin besteht kein Anspruch aus § 615 BGB (i.V.m. § 611 BGB), wonach der Arbeitgeber auch dann zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist, wenn er sich hinsichtlich der von dem Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung in Annahmeverzug befindet.

46

Nach dem sich bietenden Sachverhalt befand sich die Beklagte nicht in Annahmeverzug.

47

Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Streiten die Parteien über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, genügt gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber mit der Berufung auf das Ende des Arbeitsverhältnisses erklärt, er werde keine weitere Arbeitsleistung mehr annehmen. Dieses wörtliche Angebot kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses protestiert und/oder eine Bestandsschutzklage einreicht. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von der Anwendbarkeit des § 296 BGB aus (BAG 15.05.2013 – 5 AZR 130/12 – Rn. 22).

48

Der Kläger hat nicht darzulegen vermocht, dass er seine Arbeitsleistung am Montag, 14.10.2013, tatsächlich gemäß § 294 BGB gegenüber der Beklagten bzw. seinem Entleiherbetrieb, der Firma F, angeboten hat. Da der Bestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien hinsichtlich des Zeitraumes bis 17.10.2013 (Ablauf der Kündigungsfrist) nicht in Streit stand, war ein solches auch nicht nach §§ 295 f BGB entbehrlich.

III.

49

Nach alledem konnte das Rechtsmittel des Klägers nur teilweise Erfolg haben.

C.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

D.

51

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Soweit die Kammer die Bestimmung in § 2 Abs. 4 des Arbeitsvertrages für unwirksam hält (AGB-Kontrolle) beruht die Entscheidung nicht ausschließlich auf dieser Rechtsfrage. Die Kammer ist vielmehr weiter entscheidungserheblich davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen dieser Norm im vorliegenden Einzelfall nicht gegeben sind. Schlussendlich weicht die Kammer mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

52

Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.


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