Urteil vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (6. Zivilkammer) - 6 O 145/20

Tenor

1. Die einstweilige Verfügung vom 25.5.2020 wird in Ziff. 1 aufrechterhalten, soweit die Unterlassungsverpflichtung den Zeitraum bis einschließlich zum 31.07.2020 betrifft.

2. Es wird festgestellt, dass sich das einstweilige Verfügungsverfahren erledigt hat, soweit dies den Zeitraum ab dem 31.07.2020 betrifft.

3. Der Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Verfügungsklägerin ist eine nach britischem Recht gegründete Gesellschaft, die am 01. November 1972 mit dem Zweck gegründet wurde, Eigentum an allen und jeglichen Rechten der Musiker der Musikgruppe "A" als ausübende Künstler in Bezug auf die von der Gründung der Musikgruppe "A" bis 1986 erbrachten musikalischen Darbietungen und Aufnahmen zu halten und um Nutzungsrechte auf dritte Parteien zu übertragen. Zu diesem Zweck haben die Mitglieder von "A" ihre Künstlerleistungsschutzrechte an allen und jeglichen ihrer bis 1986 in Bezug auf "A" erbrachten musikalischen Darbietungen und Aufnahmen ohne räumliche oder zeitliche Beschränkung auf die Antragstellerin übertragen (Eidesstattliche Versicherung des Herrn B, Anlage Ast. 1).

2

Am 03.05.2020 bot der Verkäufer mit dem Pseudonym 0XXX_C" im Internet-Auktionshaus eBay zu der Angebot-Nummer XX den DVD-Bildtonträger "A - D" mit Musikaufnahmen der Gruppe A zum Kauf an. Nach der Auskunft von eBay vom 04.05.2020 ist der Verfügungsbeklagte für das Angebot verantwortlich. Der Bildtonträger "A - D", mit Aufnahmen der Musikgruppe A aus den Jahren 1967, 1968, 1970, 1972 und 1980 wurde niemals offiziell veröffentlicht.

3

Die Verfügungsklägerin mahnte den Verfügungsbeklagten außergerichtlich ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (Anlage Ast. 6). Hierauf meldete sich der Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 06.05.2020, übersandte die DVD sowie eine „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht" abgegebene Unterlassungserklärung (Anlage Ast. 7). Diese hat – auszugsweise – den nachfolgenden Wortlaut:

4

(…)     

Verfügungsbeklagter verpflichtet sich gegenüber PFM hiermit ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, es bei Meidung einer für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung von PFM nach billigem Ermessen zu bestimmenden Vertragsstrafe, die im Streitfalle gerichtlich überprüfbar ist, zu unterlassen,

den DVD-Bildtonträger "A - D" im Internetauktionshaus eBay anzubieten wie geschehen zu der Artikelnummer XX.

(…)     

5

Die Verfügungsklägerin trägt vor,

6

sie sei alleinige Inhaberin der Rechte an allen von der Musikgruppe "A" bis 1986 erbrachten musikalischen Darbietungen und Aufnahmen. Bei der streitgegenständlichen DVD handele es sich um ein sog. „Bootleg“. Die Verfügungsklägerin habe ein elementares wirtschaftliches Interesse daran, dass nur die von ihr lizenzierten Ton- und Bildtonträger angeboten und verkauft werden, nicht hingegen sog. Bootlegs. Bei der Musikgruppe "A" handele es sich zudem um eine der seit Jahrzehnten beliebtesten und wirtschaftlich erfolgreichsten Musikgruppen. Der Verfügungsklägerin stehe aus abgeleitetem Recht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 97, 77 UrhG gegen den Antragsgegner zu. Dass die ausübenden Künstler der Musikgruppe A durch die Verfügungsklägerin vertreten werden, folge neben den Anlagen Ast. 1 und Ast. 9 auch aus einem aktuellen Auszug aus dem Companies House, dem quasi britischen Handelsregister (Anlage Ast 10).

7

Die vom Verfügungsbeklagten ursprünglich vorgelegte Unterlassungserklärung lasse die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Hierzu sei es erforderlich gewesen, dass der Verfügungsbeklagte eine unbefristete, vorbehaltlose, hinreichend strafbewehrte und insbesondere ernsthafte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgebe. Dies sei hier nicht der Fall, denn die von dem Verfügungsbeklagten vorgelegte Unterlassungserklärung sei ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, aber eben gerade nicht auch rechtsverbindlich erfolgt. Diese Sichtweise werde auch in der Fachliteratur vertreten (so bei: Wimmers in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, § 97 UrhG Rn. 217). Der Verfügungsbeklagte habe auch auf eine E-Mail Anfrage hin nicht mehr reagiert (Anlage Ast. 8).

8

Das Eilbedürfnis ergebe sich daraus, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung im Hinblick auf die bereits eingetretenen und weiterhin drohenden Verletzungen der Rechte der Verfügungsklägerin dringend geboten sei. Die Verfügungsklägerin habe erstmalig am 03.05.2020 Kenntnis erlangt, dass der Verfügungsbeklagte den nicht lizenzierten Bildtonträger angeboten hat.

9

Mit Beschluss vom 25.05.2020 hat die Kammer die beantragte einstweilige Verfügung erlassen und den Streitwert auf 10.000,00 € festgesetzt. Gegen diesen Beschluss hat der Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 02.07.2020 Widerspruch eingelegt.

10

Nachdem der Verfügungsbeklagte auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 27.07.2020 klarstellt hat, dass seine Unterlassungserklärung rechtsverbindlich abgegeben wird, hat die Verfügungsklägerin mit Schriftsatz vom 27.08.2020 (Bl. 54f. d.A.) den Rechtsstreit für teilweise, nämlich für den Zeitraum ab Zugang des Schriftsatzes per beA am 31.07.2020 in der Hauptsache für erledigt erklärt.

11

Der Verfügungsbeklagte hat der Teilerledigungserklärung widersprochen.

12

Die Verfügungsklägerin beantragt zuletzt,

13

1. die einstweilige Verfügung vom 25.05.2020 zu bestätigen,

14

2. festzustellen, dass das erledigende Ereignis eingetreten ist.

15

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

16

den Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

17

Der Verfügungsbeklagte trägt vor,

18

ein erledigendes Ereignis sei bereits vorprozessual und nicht erst nach Rechtshängigkeit gegeben. Der Zusatz „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ stünde der Ernsthaftigkeit der ursprünglich abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht entgegen. Es handele sich bei dem sprachlichen Zusatz lediglich um eine Klarstellung, die die Ernsthaftigkeit grundsätzlich unberührt lasse. Auf die Ernsthaftigkeit der strafbewehrten Unterlassungserklärung habe ein fehlender oder ein tatsächlich ergänzter Zusatz „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber dennoch rechtsverbindlich" keinen Einfluss. Für die Fehlinterpretation der Umstände sei alleine die Antragstellerin verantwortlich. Der Verfügungsbeklagte habe mangels vorheriger Anfrage erst nach Zugang der Beschlussverfügung realisieren können, dass die Verfügungsklägerin der Auffassung ist, die strafbewehrte Unterlassungserklärung sei nicht ausreichend. Eine vorherige Mail gemäß Anlage Ast. 8 sei dem Verfügungsbeklagten nie zugegangen. Hilfsweise bestreitet der Verfügungsbeklagte, dass die Verfügungsklägerin die Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Musikwerken sei, die Rechteinhaber durch die Verfügungsklägerin vertreten werden und die vorgelegte Versicherung an Eides statt noch Gültigkeit habe.

19

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

20

Die zuletzt im Rahmen der öffentlichen Sitzung vom 22.09.2020 gestellten Anträge der Verfügungsklägerin sind zulässig und begründet. Der Entscheidung liegen prozessual die Regelungen der §§ 935 ff., 922 Abs. 1 Satz 1 2. HS, Abs. 2 ZPO zugrunde. Der Verfügungsanspruch in Form eines verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin folgt gemäß §§ 97 Abs. 1, 19 a UrhG, § 398 S.2 BGB aus abgetretenem Recht, die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 890 ZPO.

1.

21

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankenthal (Pflaz) ist gegeben. Sie ergibt sich aufgrund des Wohnsitzes des Beklagten in Ort entweder aus §§ 104a Abs.1 S. 1, 105 UrhG, sonst sowohl aus §§ 12, 13 ZPO als auch (wegen der angegriffenen Handlung im Internet) aus § 32 ZPO.

2.

22

Die vorliegende Antragstellung der Verfügungsklägerin ist zulässig. Der durch die Verfügungsklägerin gestellte Antrag zu Ziffer 2 ist als einseitige Teilerledigungserklärung bezogen auf den Zeitraum ab dem 31.07.2020 zu verstehen, §§ 133, 157 BGB analog.

23

Die Verfügungsklägerin begehrt mit Ihrem Antrag festzustellen, dass eine Erledigung des behaupteten Unterlassungsanspruchs erst ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Schriftsatzes der Beklagtenseite vom 27.07.2020 per beA am 31.07.2020 in der Hauptsache eingetreten ist. Eine solche Antragsstellung ist möglich (BGH GRUR 2004, 264). Der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs kann seine Erledigterklärung auf die Zeit nach dem erledigenden Ereignis beschränken und damit verhindern, dass ein von ihm erwirkter Titel nicht bereits wegen der Erledigterklärung als Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen wegen Zuwiderhandlungen, die vor dem erledigenden Ereignis begangen worden sind, entfällt.

24

Über den prozessualen Anspruch kann weiterhin entschieden werden, soweit es um die Möglichkeit geht, das in einem bereits erwirkten Titel ausgesprochene Unterlassungsgebot für die Vergangenheit durchzusetzen. Dies gilt auch für Unterlassungstitel, die im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ergangen sind. Streitgegenstand eines auf ein Unterlassungsgebot gerichteten Verfügungsverfahrens ist der prozessuale Anspruch des Antragsstellers auf Sicherung des materiell-rechtlichen Anspruchs (vgl. zum Arrestverfahren BGH, NJW 1980, 191; vgl. weiter Berneke, Rdnr. 90 m.w. Nachw.). Nach einer auf die Zukunft beschränkten Erledigterklärung ist Gegenstand des anhängig gebliebenen Teils des Verfahrens das Bestehen eines Anspruchs auf Sicherung des materiellrechtlichen Unterlassungsanspruchs für die Zeit bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses.

25

Die damit verbundene Möglichkeit, dass ein im Verfügungsverfahren erlassener Unterlassungstitel mit Wirkung für einen Zeitraum in der Vergangenheit von einer Erledigterklärung für die Zukunft - unbeschadet der Entscheidung über seine Aufrechterhaltung - unberührt bleibt, wird auch von Sinn und Zweck des Verfügungsverfahrens gefordert. Andernfalls könnte der Verfügungsbeklagte eine einstweilige Verfügung ohne weiteres dadurch rückwirkend hinfällig machen und Ordnungsmitteln wegen Verstößen gegen diese entgehen, dass er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt und so eine übereinstimmende Erledigterklärung erzwingt. Die Erwirkung einstweiliger Verfügungen wegen Wettbewerbsverstößen wäre unter diesen Umständen vielfach sinnlos. Auch das Erfordernis der Dringlichkeit steht der Aufrechterhaltung einer Unterlassungsverfügung für einen bereits abgelaufenen Zeitraum nicht entgegen. Für die Beurteilung des für die Zeit bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses noch anhängigen Verfügungsantrags kommt es vielmehr nach dem Sicherungszweck des Verfügungsverfahrens allein darauf an, ob die Dringlichkeit für die Sicherung des materiell-rechtlichen Anspruchs in diesem Zeitraum gegeben war.

26

Die Möglichkeit, dass aus einer einstweiligen Verfügung wegen Zuwiderhandlungen in der Vergangenheit noch vollstreckt werden kann, auch wenn diese mit Wirkung für die Zukunft entfallen ist, wird auch von Sinn und Zweck der nach § 890 ZPO zu verhängenden Ordnungsmittel gefordert.

27

Die Verfügungsklägerin hat hier die Erledigung der Hauptsache nur mit Wirkung für die Zukunft ab dem Zeitpunkt des 31.07.2020 erklärt und hat im Übrigen beantragt, die bereits erlassene einstweilige Verfügung vom 25.05.2020 zu bestätigen. Gegen diese Auslegung spricht lediglich der Wortlaut der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erledigterklärung. Für die Auslegung ist jedoch nicht allein der Wortlaut maßgebend. Entscheidend ist der erklärte Wille, wie er auch aus den Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. BGH, GRUR 2001, 1036 = WRP 2001, 1231 - Kauf auf Probe; GRUR 2003, 231 [232] = WRP 2003, 279 - Staatsbibliothek, m.w. Nachw.). Die Erklärung wurde hier - auch aus der Sicht des Schuldners - allein im Hinblick darauf abgegeben, dass nach Abgabe der als unvollständig beanstandeten vollständigen Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr entfallen sei. Dies geht auch aus dem Schriftsatz der Verfügungklägerin vom 27.08.2020 so klar hervor.

3.

28

Die Verfügungsklägerin hat das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gegen den Verfügungsbeklagten glaubhaft gemacht.

29

Der Verfügungsbeklagte hat durch den Versuch, die streitgegenständliche DVD weiterzuverkaufen, das Verbreitungsrecht der Zedentin, der Verfügungskläger., gemäß § 17 Abs. 1 UrhG verletzt.

30

Soweit der Verfügungsbeklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass die Verfügungsklägerin hinsichtlich der Rechte der Musikgruppe A weiterhin aktivlegitimiert ist, ist dieses Bestreiten im Hinblick auf die Glaubhaftmachung der Verfügungsklägerin durch Vorlage der Anlage Ast 9 (Bl. 57 d.A.) unbeachtlich.

31

Zu einem Verkauf der streitgegenständlichen DVD, war der Verfügungsbeklagte auch nicht gemäß 17 Abs. 2 UrhG wegen Erschöpfung des Verbreitungsrechts der Zedentin berechtigt. Auch der Verfügungsbeklagte behauptet nicht, dass die Film- und Tonaufnahmen als solche rechtmäßig erstellt worden seien. Eine bereits begangene Rechtsverletzung indiziert die Wiederholungsgefahr (BGH GRUR 2015, 258 Rn. 58; für das Wettbewerbsrecht BGH NJW 1954, 1682 – Constanze II; NJW 1997, 379 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II). Allein die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse berührt die Wiederholungsgefahr nicht, also Abstellung der Rechtsverletzung (BeckOK UrhR/Reber, 29. Ed. 20.4.2018, UrhG § 97 Rn. 93).

a.

32

Die Wiederholungsgefahr des durch die Verfügungsklägerin vorgetragenen Anspruchs ist nicht vorgerichtlich bereits durch die ursprünglich durch den Verfügungsbeklagten abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung (Anlage Ast 7, Bl. 17 d.A.) entfallen.

33

Die Wiederholungsgefahr kann grds. durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden. Hierfür muss sich der Verfügungsbeklagte ernsthaft und vorbehaltlos zur Unterlassung der angemahnten Rechtsverletzung bereit erklären. Eine bloße Absichtserklärung, die Rechtsverletzung nicht mehr zu wiederholen, ist nicht ausreichend. Die Ernsthaftigkeit der ursprünglichen Unterlassungserklärung steht zwischen den Parteien in Streit, da der Verfügungsbeklagte diese ursprünglich vorgerichtlich „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ abgegeben hat ohne das in der Praxis übliche Kürzel „gleichwohl rechtsverbindlich“ hinzuzufügen. Für die Reichweite von Unterlassungsvereinbarungen ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB) maßgebend, zu dessen Ermittlung im Wege der Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck sowie das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und ihre Interessenlage heranzuziehen sind. Es gilt der Grundsatz einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.1986, II ZR 147/85, NJW-RR 1986, 1159; BGH, Urteil vom 18.05.2006, I ZR 32/03, NJW-RR 2006, 1477; jurisPK-BGB-Beater, 7. Auflage 2014, § 339, Rn 37).

34

Dem Verfügungsbeklagten ist zuzustimmen, dass die Unterlassungserklärung grds. ohne weiteres Präjudiz für die Sach- und Rechtslage abgegeben werden kann, also ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Aus Sicht des jeweils Abgemahnten dient ein solches Verhalten regelmäßig der wirtschaftlichen Überlegung auf diesem Weg bzgl. der Abmahnkosten und bzgl. eines Anspruchs auf Schadensersatz nicht zugleich ein Anerkenntnis abzugeben. Hierüber streiten die Parteien des hiesigen Verfahrens gerade nicht.

35

Die Unterlassungserklärung hat demgegenüber bezogen auf den Anspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG die Funktion, mit Wirkung für die Zukunft die Wiederholungsgefahr zu beseitigen und insoweit den Streit zwischen den Parteien beizulegen. Zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr ist insoweit die Abgabe einer ernsthaften, unbefristeten, vorbehaltlosen und hinreichend strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung erforderlich, wie sie der Antragsteller auch ursprünglich verlangt hat (Anl. Ast 7, Bl. 17 d.A.). Eine solche hat der Verfügungsbeklagte nach Ansicht der Kammer vorliegend gerade nicht abgegeben, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er das Bootleg zugleich mit der Erklärung an die Verfügungsklägerin ausgehändigt hat.

36

Vielmehr hat der Verfügungsbeklagte die ihm zugesendete Erklärung eigenständig und handschriftlich mit einem Vorbehalt versehen. Die Erklärung genügte den vorgenannten Anforderungen dennoch nicht. Die Erklärung enthält den Vorbehalt, sie werde „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht abgegeben“, ohne gleichzeitig klarzustellen, dass sie „gleichwohl rechtsverbindlich“ abgegeben werde. Schon diese Formulierung begründet Zweifel an der Ernstlichkeit des Unterlassungsversprechens (Ebenso: Landgerichts Hamburg vom 02.03.2016, Az. 310 O 97/16; a.A. BeckOK UrhR/Reber, 29. Ed. 20.4.2018, UrhG § 97 Rn. 94). Bereits geringe Zweifel an der Ernstlichkeit reichen aber gerade aus, um der Unterwerfungserklärung ihre die Wiederholungsgefahr ausräumende Wirkung zu nehmen (BGH, GRUR 1997, 379 [380] = NJW-RR 1996, 554 = LM H. 5/1996 § 1 UWG Nr. 705 = WRP 1996, 284 - Wegfall der Wiederholungsgefahr II; GRUR 1998, 483 [485] = NJW-RR 1998, 617 = LM H.9/1998 § 7 UWG Nr. 8 = WRP 1998, 296 - Der M-Markt packt aus; GRUR 2001, 422, beck-online).

b.

37

Die Wiederholungsgefahr als Tatbestandsvoraussetzung des behaupteten Unterlassungsanspruchs ist demnach vorliegend erst ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Schriftsatzes der Beklagtenseite vom 27.07.2020 per beA am 31.07.2020 in der Hauptsache bezogen auf diesen Zeitpunkt entfallen und Erledigung ist insoweit nachträglich eingetreten. Zuwiderhandlungen, die vor dem erledigenden Ereignis und nach Rechtshängigkeit begangen worden sind, bleiben theoretisch möglich, weshalb die Wiederholungsgefahr für den Zeitraum bis zum 31.07.2020 gerade nicht nachträglich durch die Klarstellung im Schriftsatz des Verfügungsbeklagten weggefallen ist.

38

Insoweit war in Ziffer 2. festzustellen, dass die im Antrag zu Ziffer 1. genannte Verpflichtung des Verfügungsbeklagten über den im Antrag zu Ziffer 1. genannten Zeitpunkt des 31.07.2020 hinaus ursprünglich vollumfänglich zulässig und begründet gewesen ist.

c.

39

Ein Verfügungsgrund liegt ebenfalls vor. Dieser folgt bereits aus der Wiederholungsgefahr. Die Verfügungsklägerin braucht sich angesichts dessen zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes nicht auf ein Hauptsacheverfahren verweisen zu lassen. Sie hat die Angelegenheit auch ausreichend zügig verfolgt. Sie hat glaubhaft gemacht, erstmals am 03.05.2020 von der Rechtsverletzung Kenntnis erlangt zu haben.

II.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 S. 1 ZPO.

41

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, ohne dass es eines besonderen Ausspruches bedarf. Die Anordnung ist daher lediglich deklaratorisch.

42

Beschluss

43

Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m § 3 ZPO.

44

Das wirtschaftliche Interesse der Zedentin an einer Unterbindung der rechtsverletzenden Nutzung der hier streitgegenständlichen Aufnahmen, das maßgeblich für die Bemessung des Unterlassungswertes auch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist, ist durch das eBay Angebot des Beklagten in erheblichem Maße beeinträchtigt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das im Internet eingestellte Angebot eines Bootleg geeignet ist, zu einem wesentlich höheren Bekanntheitsgrad zu gelangen, als im Rahmen eines Verkaufs außerhalb des Internets.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen