Urteil vom Landgericht Kiel (13. Zivilkammer) - 13 O 228/12

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach xxx, gestorben am 12.11.2001, bestehend aus xxx, geboren am 15.02.1963, wohnhaft xxx, Herrn xxx, geb. xxx, geboren am 01.07.1964, wohnhaft xxx, Herrn xxx geboren am 04.04.1969, wohnhaft xxx und Herrn xxx, geboren am 14.11.1973, wohnhaft xxx, insgesamt 36.831,87 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger 8 % und der Beklagte 92 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung eines Darlehens an eine Erbengemeinschaft, an der beide Parteien beteiligt sind.

2

Die Parteien sind Brüder.

3

Der Beklagte führte eine Gaststätte in Heide, für die er ein Darlehen benötigte.

4

Die am xxx verstorbene Mutter der Parteien, Frau xxx (im folgenden Erblasserin), erklärte sich bereit, bei der Volksbank-Raiffeisenbank Kreis Rendsburg e.G. für den Beklagten ein Darlehen in Höhe von 80.000,-- DM (40.903,35 €) aufzunehmen. Es wurde ein Zinssatz zwischen der Erblasserin und der Bank von 7,25 % vereinbart. Der Darlehensbetrag wurde dem Beklagten zur Einrichtung seiner Gaststätte in Heide ausgezahlt.

5

Die Erblasserin und der Beklagte waren sich darüber einig, dass der Beklagte zumindest im ersten Jahr nach Auszahlung des Darlehens die mit der Bank vereinbarten monatlichen Raten an die Bank zurückzahlte. Die Erblasserin selbst wäre hierzu nicht in der Lage gewesen.

6

Der Beklagte zahlte sodann im Jahre 2001 1.200,-- DM monatlich an die Volksbank-Raiffeisenbank.

7

Die Erblasserin verstarb am 12.11.2001. Erben wurden die Parteien sowie die weiteren Brüder der Parteien xxx und xxx.

8

Im Februar 2002 wurde sodann die Lebensversicherung der Erblasserin zur Tilgung des restlichen Darlehens verwertet.

9

Am 18.02.2002 betrug das Tagesanfangssaldo des Darlehenskontos bei der Bank 36.712,08 € zuzüglich Darlehenszinsen in Höhe von 119,79 €. Durch die Verwertung der Lebensversicherung erfolgte eine Gutschrift in Höhe von 36.831,87 €, womit das Konto sodann aufgelöst wurde.

10

Der Beklagte zahlte an die Erbengemeinschaft keine Raten. Der Kläger erachtete es aus diesem Grunde als sinnvoll, das Darlehen mit dem Beklagten zu kündigen. Er strebte einen entsprechenden Beschluss der Erbengemeinschaft an. Er erhielt hierfür die Zustimmung des Miterbens xxx. Der Miterbe xxx wurde das Anliegen ebenfalls mitgeteilt. Dieser äußerte sich hierzu nicht. Es erfolgte sodann die schriftliche Niederlegung des Mehrheitsbeschlusses, wonach das Darlehen des Beklagten gekündigt und zum nächst möglichen Zeitpunkt fällig gestellt werden sollte.

11

Der Kläger beauftragte seinen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner außergerichtlichen Interessen. Mit Schreiben vom 16.05.2012 kündige der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Darlehensvertrag mit dem Beklagten und forderte diesen auf, den Betrag von 40.000,-- € zurückzuzahlen.

12

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte bereits eine Eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse abgegeben. Aus dieser Eidesstattlichen Versicherung ergab sich, dass der Beklagte über kein nennenswertes Vermögen verfügte. Hiervon hatte der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung keine Kenntnis.

13

Der Kläger behauptet, trotz der Zahlungen des Beklagten an die Bank sei noch ein Betrag in Höhe von 39.005,-- € offen. Er behauptet, die Lebensversicherung, die zur Tilgung des Darlehens verwertet wurde, sei lediglich eine Sicherheit gewesen, wobei grundsätzlich der Beklagte das gesamte Darlehen aus eigenen Mitteln hätte zurückführen sollen. Der Beklagte sei hierzu auch in der Lage gewesen, denn die Angaben im Rahmen der Eidesstattlichen Versicherung entsprächen nicht der Wirklichkeit. Die Mutter der Parteien habe vor ihrem Tod auch nicht auf die Rückzahlung des Darlehens verzichtet, denn sie habe sich lediglich dahingehend geäußert, dass zwischen ihren Söhnen möglichst kein Streit über das Geld entstehen solle.

14

Ursprünglich hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach xxx, gestorben am 12.11.2001, 40.000,-- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 7,25 % p.a. seit dem 30.01.2001 sowie außergerichtlich angefallene nicht weiter festsetzbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.419,19 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Sodann hat der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen und hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach xxx, gestorben am 12.11.2001, 39.005,-- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 7,25 % p.a. seit dem 30.01.2001 sowie außergerichtliche angefallene nicht weiter festsetzbare Rechtsanwaltskosten zur Höhe von 1.419,19 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

15

Nach einer weiteren teilweisen Klagrücknahme, der der Beklagte nicht zugestimmt hat, beantragt der Kläger nunmehr,

16

den Beklagten zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach xxx, gestorben am 12.11.2001, bestehend aus xxx, geboren am 15.02.1963, wohnhaft xxx, Herrn xxx, geb. xxx, geboren am 01.07.1964, wohnhaft xxx, Herrn xxx geboren am 04.04.1969, wohnhaft xxx und Herrn xxx, geboren am 14.11.1973, wohnhaft xxx, insgesamt 36.831,87 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie außergerichtliche angefallene nicht weiter festsetzbare Rechtsanwaltskosten zur Höhe von 1.419,19 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

17

Der Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Der Beklagte behauptet, die Mutter der Parteien habe auf dem Sterbebett erklärt, dass der Beklagte einen „Teil der Versicherungsprämie erhalten solle, damit das Unternehmen Kneipe kein Schiffbruch erleide“. Zudem sei die Lebensversicherung von Anfang an zur Tilgung des Darlehens bestimmt gewesen.

20

Die Klage wurde dem Beklagten am 24.10.2012 zugestellt.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig und zum überwiegenden Teil begründet.

22

Es ist dabei über den Antrag des Klägers auf Zahlung von 39.005,00 Euro zu entscheiden gewesen, denn die danach erfolgte teilweise Klagrücknahme war nicht wirksam. Es fehlte an der für die Klagrücknahme nach Beginn der mündlichen Verhandlung erforderlichen Einwilligung des Beklagten.

23

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger prozessführungsbefugt. Es liegt hier ein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft vor. Diese ergibt sich aus § 2039 BGB (Palandt, Kommentar zum BGB, § 2039 Rdnr. 6). Gehört ein Anspruch zum Nachlass, so kann der Verpflichtete nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe gem. § 2039 Satz 1 BGB nur die Leistungen an alle Erben fordern. Aus dieser Regelung ergibt sich, dass jeder Miterbe zum Nachlass gehörende Ansprüche in gesetzlicher Prozessstandschaft und damit im eigenen Namen für die Erbengemeinschaft klagweise geltend machen kann (BGH NJW 1966 Seite 773, Palandt Kommentar zum BGB § 2039 Rdnr. 6). So liegt der Fall auch hier. Der Kläger begehrt die Rückzahlung eines zum Nachlass gehörenden Darlehens an die Erbengemeinschaft.

24

Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

25

Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens an die Erbengemeinschaft in Höhe von 36.831,87 €. Ein darüber hinausgehender Anspruch besteht nicht.

26

Der Anspruch ergibt sich aus § 488 BGB. Gem. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Darlehensnehmer verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

27

Der Beklagte schloss mit der Erblasserin einen Darlehensvertrag. Auch wenn die Rückzahlungsmodalitäten zwischen der Erblasserin und dem Beklagten nicht im Einzelnen besprochen wurde, liegt ein Darlehensvertrag vor. Die genaue Klärung der Rückzahlungszeitpunktes ist kein zwingender Bestandteil eines Darlehensvertrages, denn gem. § 488 Abs. 3 BGB tritt die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs in derartigen Fällen, wo der Zeitpunkt der Rückzahlung nicht im Einzelnen geklärt wurde, ein, sobald das Darlehen gekündigt wurde.

28

Es handelte sich auch nicht um einen Schenkungsvertrag. Zum einen spräche gegen eine Schenkung, dass die für eine Schenkung erforderliche Form gem. § 518 BGB nicht eingehalten worden ist. Zum anderen ist nach Auslegung des Vertrages aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht von einer Unentgeltlichkeit auszugehen. Der Inhalt eines Vertrages ist aus Sicht eines objektiven Empfängers gemäß den §§ 133, 157 BGB auszulegen. Gegen die Unentgeltlichkeit spricht das erkennbare Interesse der Parteien. Aus Sicht eines objektiven Empfängers in der konkreten Situation der Parteien war es erkennbar, dass die Erblasserin selbst nicht über einen derart hohen Betrag verfügte, den sie frei an einen ihrer Söhne zur Verfügung stellen konnte. Vielmehr nahm die Erblasserin ausschließlich im Interesse des Beklagten bei der Bank ein Darlehen auf, welches sie aus eigenen Mitteln nicht zurückzahlen konnte. Es kann dabei dahinstehen, ob die Lebensversicherung der Erblasserin von Anfang an zur Tilgung des Darlehens verwendet werden sollte. Selbst wenn dies der Fall gewesen war, spricht dies aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht für das Vorliegen einer Schenkung. Diesbezüglich ist zwischen dem Darlehensvertrag der Erblasserin mit der Bank und dem Darlehensvertrag der Erblasserin mit dem Beklagten zu unterscheiden. Selbst wenn die Lebensversicherung von Anfang an der Tilgung des Darlehens bei der Bank dienen sollte, geschah dies ausschließlich aus Sicht eines objektiven Empfängers deswegen, um die reibungslose Rückzahlung des Darlehens der Erblasserin bei der Bank zu gewährleisten. Daraus kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Erblasserin gleichzeitig dem Beklagten den Wert der Lebensversicherung zugute kommen lassen wollte, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Dagegen spricht der Umstand, dass das regelmäßig zur Altersversorgung benötigte Geld aus der Lebensversicherung der Erblasserin im Falle einer Schenkung zu keinem Zeitpunkt mehr zur Verfügung gestanden hätte. Zudem ist es zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte sich mit der Erblasserin darüber einigte, zumindest im ersten Jahr nach Auszahlung des Darlehens die Raten an die Bank anstelle der Erblasserin zu zahlen.

29

Der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens ist auch fällig. Gemäß § 488 Abs. 3 BGB hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt, wenn für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt ist. Für die Rückzahlung des Darlehens zwischen der Erblasserin und dem Beklagten war eine Zeit für die Rückzahlung nicht ausdrücklich bestimmt. Es liegt dabei eine wirksame Kündigung vor. Die Kündigung erfolgte mit Schreiben vom 16.05.2012 allein durch den Kläger und unter Berufung auf einen Mehrheitsbeschluss der Erbengemeinschaft. Dies stellt eine wirksame Kündigung dar. Die Kündigung kann durch Mehrheitsbeschluss der Erbengemeinschaft beschlossen werden. Trotz der Regelung des § 2040 BGB ist Einstimmigkeit nicht erforderlich. § 2040 BGB regelt, dass die Erben über einen Nachlassgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen können. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Kündigung eines Vertrages eine Verfügung i.S. des § 2040 Abs. 1 BGB ist, denn mit der Kündigung wird über die Rechte aus dem Darlehensvertrag verfügt (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB § 2040 Rdnr. 2). Zum einen bringt die Kündigung Rechte zum Erlöschen. Zum anderen ändert sie die Rechte, denn durch die Kündigung erlischt mit Ablauf der Kündigungsfrist der weitere Anspruch der Erbengemeinschaft auf den vereinbarten Darlehenszins und an deren Stelle tritt ein Rückzahlungsanspruch auf Zahlung der restlichen Darlehensvaluta (vgl. hierzu OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249). Dennoch wird die Regelung des § 2040 BGB von der Regelung des § 2038 BGB überlagert. Gemäß § 2038 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BGB ist jeder Miterbe dem anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind. Gemäß §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB können solche Maßregeln auch mit Stimmenmehrheit beschlossen werden und bedürfen gerade keine Einstimmigkeit (OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249). Wenn es sich um eine Maßregel handelt, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich ist, so müssen im Rahmen des Sachzusammenhanges auch Verfügungen davon umfasst sein (vgl. BGHZ 183, 131 - 143, OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249, Palandt Kommentar zum BGB § 2040 Rdnr. 1). Dies gilt zumindest für die Kündigung eines Vertrages (BGH, BGHZ 183 Seite 131 - 143, OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249). Die Nachlassverwaltung umfasst unstreitig sowohl Geschäftsführung wie Vertretung, betrifft also sowohl das Innen- wie das Außenverhältnis (vgl. BGHZ 183 Seite 131 - 143). Wenn nunmehr die Erben durch Mehrheitsbeschluss im Rahmen der Nachlassverwaltung verbindlich Verträge mit Dritten abschließen und damit obligatorische Rechtspositionen begründen können, ist nicht ersichtlich, wieso es ihnen verwehrt sein sollte, diese Rechte ebenfalls mehrheitlich wieder aufzuheben (so BGH, BGHZ 183 Seite 131 - 143). Insofern ist die Kündigung ein bezogen auf das Schuldverhältnis unselbständiges akzessorisches Gestaltungsrecht (BGH, BGHZ 183 Seite 131 - 143). Wenn die Regelung des § 2038 BGB das Recht beinhaltet, einen Vertrag zu begründen, so folgt daraus auch das Recht, diesen wieder zu kündigen (BGH, BGHZ 183 Seite 131 - 143). Dieser stellt den „actus contrarius“ dar. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH auch für Fälle, in denen das Vertragsverhältnis bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls bestanden hat (BGH, BGHZ 183 Seite 131 - 143), denn es ist kein Grund ersichtlich, hierbei nochmals zu differenzieren.

30

Es liegt auch ein ordnungsgemäßer Mehrheitsbeschluss vor, der eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung darstellt.

31

Es liegt eine Mehrheitsbeschluss vor. Hierbei ist weder ein bestimmtes Verfahren noch eine bestimmte Form vorgeschrieben (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249, Palandt Kommentar zum BGB, § 2038 Rdnr. 9, § 745 Rdnr. 1). Zwei Stimmen der aus vier Miterben bestehenden Erbengemeinschaft reichen in dem vorliegenden Fall dabei aus, um einen Mehrheitsbeschluss herbeizuführen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte nicht stimmenberechtigt war. Ein Miterbe ist bei der Abstimmung mit seinem Stimmrecht nach § 34 GmbH- Gesetz analog ausgeschlossen, wenn er ansonsten gleich einem Richter in eigner Sache sein würde (Palandt Kommentar zum BGB § 2038 Rdnr. 9). Dies ist hier der Fall, denn es ging um die Kündigung des dem Beklagten gewährten Darlehens. Es liegt ein entsprechender Interessenkonflikt vor, denn er selbst würde im Fall eines Mehrheitsbeschlusses zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein. Bei drei stimmenberechtigten Miterben stellt die Zustimmung von zwei der Miterben die Mehrheit dar.

32

Der Mehrheitsbeschluss erging auch als Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung. Zur Nachlassverwaltung gehören alle Maßregeln zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzung und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten (OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249). Maßstab für die ordnungsgemäße Verwaltung ist, wie sich ein vernünftiger, wirtschaftlich denkende Person in der gegebenen Lage verhalten würde (BGH NJW 2010 Seite 765, Palandt Kommentar zum BGB § 2038 Rdnr. 6). Eine Kündigung, die dem Interesse an den Werterhalt des Nachlasses nicht gerecht wird und die zu einer Entwertung des Nachlasses führt, kann zwar keine ordnungsgemäße Verwaltung darstellen (OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249). Die Kündigung stellt jedoch hier eine zur Sicherung und Erhaltung des Nachlasses erforderliche Maßnahme dar. Die Kündigung ist in dem vorliegenden Fall Voraussetzung dafür, dass die Fälligkeit des Anspruchs auf Rückzahlung des Darlehens eintritt. Ohne die Kündigung des Darlehensvertrages kann kein Klagverfahren angestrebt werden, um einen Titel zu erhalten, aus dem gegebenenfalls noch jahrelang vollstreckt werden kann. Es kann dabei dahinstehen, ob der Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung tatsächlich zahlungsunfähig war, denn es ist bereits offensichtlich unwirtschaftlich, ein Darlehen, das kein Gewinn mehr abwirft, stehen zu lassen (OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249). Zwar bedeutet die Kündigung eines Darlehens gewöhnlicher Weise gleichzeitig die Einbuße etwaiger Zinszahlungsansprüche für die Zukunft. Dennoch wäre es unwirtschaftlich, das Darlehen nicht zu sichern, obwohl etwaige Zinszahlungen, sofern hier überhaupt geschuldet, tatsächlich nicht mehr erfolgen und aus diesem Grunde keinen Wert mehr darstellen (OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249). Es wäre im Gegenzeug deutlich wirtschaftlicher, im Falle der Rückzahlung der Darlehensvaluta die Darlehensvaluta anzulegen und entsprechende Zinsen zu erwirtschaften. Auch wenn der Beklagte zahlungsunfähig gewesen sein sollte und gegebenenfalls eine Zwangsvollstreckung gegen ihn nicht erfolgreich sein könnte, lässt sich keine Rückschlüsse darauf zu, dass die Kündigung als solche keine ordnungsgemäße Nachlassverwaltung darstellt. Es ist bei der Frage, ob die Kündigung als solche eine ordnungsgemäße Nachlassverwaltung darstellt, noch nicht darüber zu entscheiden, ob die darauf aufbauenden Kosten verursachenden Betreibungshandlungen ebenfalls eine ordnungsgemäße Nachlassverwaltung darstellen würden (OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249). Isoliert betrachtet ist die Kündigung als solche nicht nachlassentwertend und auf jeden Fall wirtschaftlich vernünftig. Allein die Kündigung bedeutet für den Nachlass keinen wirtschaftlichen Nachteil, weil hierdurch die Darlehenssumme weder verringert noch zusätzlich gefährdet wird und diese Maßnahme nicht gleichzusetzen ist mit den darauf hin gegebenenfalls folgenden Maßnahmen, die beispielsweise die Zwangsvollstreckung (OLG Frankfurt FamRZ 2012 Seite 247 - 249).

33

Der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens ist nicht vollständig durch den Abschluss eines Erlassvertrages erloschen. Gemäß § 397 Abs. 1 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Erblasserin und der Beklagte einen entsprechenden Erlassvertrag geschlossen haben. Der Erlass setzt den unmissverständlichen rechtsgeschäftlichen Willen voraus, auf die Forderung zu verzichten (Palandt Kommentar zum BGB § 397 Rdnr. 6). An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen (Palandt Kommentar zum BGB § 397 Rdnr. 6). Es ist ein Erfahrungssatz, dass ein Erlass nicht zu vermuten und im Zweifel eng auszulegen ist (BGH NJW 2006 Seite 1511, Palandt Kommentar zum BGB § 397 Rdnr. 6). Selbst wenn die Erblasserin vor ihrem Tod erklärt haben solle, dass der Beklagte einen Teil der Versicherungssumme erhalten soll, ist dies aus Sicht eines objektiven Empfängers aufgrund der strengen Anforderungen, die an einen Erlassvertrag geknüpft sind, nicht als Erlassvertrag auszulegen. Diese Formulierung bezieht sich nicht eindeutig auf den Darlehensvertrag. Der Darlehensvertrag wird von der Erblasserin gar nicht erwähnt. Es wird auch nicht unmissverständlich erklärt, dass auf etwaige Rechte aus dem Darlehensvertrag verzichtet wird. Es ist dabei insbesondere offen, um welche Versicherungssumme es sich hierbei handelt. Selbst wenn es sich um die Lebensversicherung gehandelt haben sollte, stellt dies keinen Verzicht auf die Rückzahlung des Darlehens dar. Vielmehr ist hieraus der Wunsch ersichtlich, wie der Nachlass gegebenenfalls verteilt werden sollte. Diese Frage steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen. Es mag sein, dass dem Beklagten bestimmte Gelder aus dem Nachlass zur Verfügung gestellt werden sollten, damit dieser das Darlehen zurückführen kann. Die Rückführungsverpflichtung als solche ist aus Sicht eines objektiven Empfängers davon jedoch nicht berührt.

34

Der Anspruch besteht in Höhe von 36.831,87 €. Im Übrigen ist der Anspruch durch die Zahlung des Beklagten an die Bank gemäß § 362 Abs. 2 BGB erloschen. Gemäß § 362 Abs. 1 erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Gemäß § 362 Abs. 2 BGB kann auch an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet werden, wenn der Gläubiger dies bewilligt. Es war zwischen der Erblasserin und dem Beklagten vereinbart, dass der Beklagte die Zahlungen direkt an die Bank leistete. Der für die Erfüllung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat dargelegt und ausreichend Beweis dafür angetreten, dass die Darlehensschuld kurz vor dem Zeitpunkt der vollständigen Tilgung 36.831,87 € betrug. Aus der bei Gericht eingereichten Anlage E 6 ergibt sich, dass der Kontostand bei der Bank einen Saldo zum 31.12.2001 in Höhe von 36.712,08 € aufwies. Aus der Anlage E 1 ergibt sich, dass das Tagesanfangssaldo am 18.02.2002 ebenfalls 36.712,08 € betrug. Hinzuzurechnen sind die dort aufgeführten Darlehenszinsen in Höhe von 119,79 €. Dies ergibt einen Gesamtbetrag in Höhe von 36.831,87 €. Eine höhere bestehende Schuld ist dagegen nicht ersichtlich. Aus der Anlage E 1 ergibt sich ebenfalls, dass lediglich eine Gutschrift in Höhe von 36.831,87 € erfolgt ist und das Konto sodann aufgelöst wurde. Es geht aus der Anlage E 1 dagegen nicht hervor, dass weitere Zinsen wie beispielsweise Vorfälligkeitszinsen zu zahlen gewesen wären.

35

Der Anspruch auf Zahlung der Zinsen ergibt sich aus den §§ 280, 286, 288 BGB. Ab Rechtshängigkeit ist eine Geldforderung mit 5 %- Punkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

36

Ein darüber hinausgehender Zinsanspruch seit dem 30.01.2001 ist dagegen nicht ersichtlich. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt und auch keinen Beweis dafür angeboten, dass die Erblasserin und der Beklagte sich darüber einig waren, dass das von der Erblasserin gewährte Darlehen mit 7,25 % pro Jahr zu verzinsen sei. Aus Sicht eines objektiven Empfängers ist der Darlehensvertrag ohne ausdrückliche Vereinbarung über eine bestimmte Zinszahlung dahingehend auszulegen, dass der Beklagte lediglich das aufwenden sollte, was die Mutter der Parteien für die Rückführung des Darlehens bei der Bank aufzuwenden hatte. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Erblasserin das Darlehen ausschließlich im Interesse des Beklagten bei der Bank aufnahm und sich erkennbar keinen eigenen Gewinn damit versprach. Aus Sicht eines objektiven Empfängers wollte die Erblasserin, dass der Beklagte das Darlehen bei der Bank zurückführte, ohne dass ihr dabei weitere Kosten entstehen. Die Bank ist bereits im Jahre 2002 durch Verwertung der Lebensversicherung vollständig befriedigt worden, ohne dass ab diesem Zeitpunkt weitere Zinsen zu zahlen gewesen wären.

37

Es ist auch nicht ersichtlich, dass bereits zum 30.01.2001 Verzug eingetreten wäre. Der Verzug gemäß § 286 BGB setzt eine fällige Forderung voraus. Die Fälligkeit ist erst mit Kündigung des Darlehens mit Schreiben vom 16.05.2012 nach Ablauf der Kündigungsfrist eingetreten. Des Weiteren setzt der Verzug eine Mahnung voraus. Es ist nicht ersichtlich, dass eine derartige Mahnung erfolgt ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Mahnung gemäß § 286 Abs. 2 BGB entbehrlich ist, denn für die Zahlung war eine Zeit nach dem Kalender nicht bestimmt.

38

Es besteht auch kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der Anspruch ergibt sich nicht aus den §§ 280, 281, 286 BGB. Es sind nur die Rechtsverfolgungskosten zu erstatten, die kausal auf dem Verzug basieren (Palandt Kommentar zum BGB § 286 Rn.44). Zum Zeitpunkt der Beauftragung befand sich der Beklagte nicht mit einer Forderung im Verzug. Vielmehr war der Prozessbevollmächtigte bereits zu einem Zeitpunkt beauftragt, in dem der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens noch nicht fällig war, denn die Kündigung war noch nicht ausgesprochen worden. Vielmehr fertigte der Prozessbevollmächtigte das Kündigungsschreiben selbst, das zur Fälligkeit der Forderung führte.

39

Der Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltkosten besteht auch nicht aus sonstigen Gründen. Es ist nicht ersichtlich, dass ansonsten eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung i.S. des § 280 Abs. 1 BGB vorliegt. Insbesondere liegt keine Verletzung der Leistungstreuepflicht vor, die gegebenenfalls nach § 280 Abs. 1 BGB zu einem Schadensersatzanspruch führen könnte (vergl. insoweit Palandt Kommentar zum BGB § 280 Rdnr. 25). Die Leistungstreuepflicht beinhaltet die Pflicht, den Vertragszweck nicht zu beeinträchtigen oder zu gefährden (Palandt Kommentar zum BGB, § 280 Rdnr. 25). Insbesondere ist keine Erfüllungsverweigerung erkennbar, denn diese müsste zu Unrecht erfolgen. Ohne die Kündigung des Darlehensvertrages war der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nicht fällig. Mangels Fälligkeit wäre eine gegebenenfalls vorgenommene Erfüllungsverweigerung auch nicht zu Unrecht erfolgt.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO i.V.m. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt für den Kläger aus § 709 ZPO und für den Beklagten aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

42

Der Streitwert wird bis zur ersten teilweisen Klagrücknahme auf 40.000,-- € und ab diesem Zeitpunkt auf 39.005,-- € festgesetzt.


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen