Beschluss vom Hanseatisches Oberlandesgericht (2. Strafsenat) - 2 Ws 12/15

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 5, vom 16. Dezember 2014 wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe

I.

1

Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Angeklagte gegen den seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Hauptverhandlung über seine Berufung gegen eine amtsgerichtliche Verurteilung verwerfenden Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16. Dezember 2014. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:

2

Nach am 29. August 2014 wegen Verdachts eines so genannten Ladendiebstahls erfolgter Festnahme des Angeklagten erließ das Amtsgericht Hamburg am 30. August 2013 gegen den Angeklagten einen auf den dringenden Tatverdacht eines am 29. August 2014 begangenen Diebstahls und den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl, der dem Angeklagten sogleich verkündet wurde. Gegenüber dem Haftrichter erklärte der Angeklagte, dass er die Auswahl eines Pflichtverteidigers in das Ermessen des Gerichts stelle.
Am 5. September 2014 fasste das Amtsgericht Hamburg folgenden Beschluss:
„Dem Beschuldigten wird für die Dauer der Untersuchungshaft Frau Rechtsanwältin R. … H. … als notwendige Verteidigerin bestellt.
Gründe
Gegen den Beschuldigten wird Untersuchungshaft nach §§ 112, 112a StPO vollstreckt, § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO“.

3

In der Folgezeit befand der Verurteilte sich bis zum 8. September 2014 in Untersuchungshaft. Anschließend verbüßte er in der Justizvollzugsanstalt Billwerder die Reste mehrerer Ersatzfreiheitsstrafen. Am 31. Oktober 2014 wurde er aus der Haft entlassen.

4

Am 23. September 2014 wurde vor dem Amtsgericht Hamburg-St. Georg die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten durchgeführt, in welcher der Angeklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ohne Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung, verurteilt wurde. Im Anschluss an die Urteilsverkündung wurde der Haftbefehl vom 30. August 2014 aufgehoben und der Angeklagte in die Strafhaft in anderer Sache zurückgeführt. In dem amtsgerichtlichen Hauptverhandlungsprotokoll ist Rechtsanwältin R. mit der Bezeichnung „Pflichtverteidigerin R.“ als erschienen aufgeführt.

5

Am 26. September 2014 legte Rechtsanwältin R. gegen das amtsgerichtliche Urteil für den Angeklagten „Berufung“ ein. Das Urteil wurde gemäß richterlicher Zustellungsanordnung am 7. Oktober 2014 an Rechtsanwältin R. zugestellt. Unter dem 28. Oktober 2014 beraumte das Landgericht Hamburg die Berufungshauptverhandlung für den 2. Dezember 2014, 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr an. In der Terminsverfügung heißt es weiter: „Termin ist mit R. R. abgesprochen. Es soll nur um die Strafe gehen“. Zur Berufungshauptverhandlung wurde gemäß richterlicher Zustellungsverfügung unter anderem Rechtsanwältin R. „mit EB“ geladen. Der Angeklagte wurde gemäß Zustellungsurkunde am 13. November 2014 geladen.

6

Zur am 2. Dezember 2014 durchgeführten Berufungshauptverhandlung erschien der Angeklagte nicht, woraufhin das Landgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft seine Berufung wegen unentschuldigten Ausbleibens verwarf. Das landgerichtliche Verwerfungsurteil wurde gemäß der richterlichen Anordnung, „Verteidigerin R. mit EB und Hinweis, dass Angeklagter formlos eine Ausfertigung erhält“, Rechtsanwältin R. am 9. Dezember 2014 zugestellt.

7

Bereits mit am 5. Dezember 2014 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat Rechtsanwältin R., die in der Berufungshauptverhandlung zugegen gewesen war, ohne indes eine Stellungnahme oder eine sonstige Erklärung abgegeben zu haben, beantragt dem Angeklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungshauptverhandlung zu gewähren. Zugleich hat sie für den Fall der Verwerfung des Wiedereinsetzungsgesuchs Revision gegen das landgerichtliche Verwerfungsurteil eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ohne insoweit zwischen Wiedereinsetzungsgesuch und Revision zu differenzieren : „Mein Mandant konnte zur Berufungshauptverhandlung am 02.12.2014 aufgrund einer akuten Drogenintoxikation nicht erscheinen. Er wurde noch am selben Tag in der Asklepios Klinik Nord als Notfall aufgenommen und befindet sich seitdem dort in stationärer Behandlung. Mein Mandanten hat den Termin aus diesem Grund unverschuldet versäumt. Zur Glaubhaftmachung füge ich anliegende Bescheinigung der Asklepios Klinik Nord über die Aufnahme meines Mandanten am 02.12.2014 vom heutigen Tag bei“. In der beigefügten Bescheinigung der Klinik Nord vom 4. Dezember 2014 heißt es maschinenschriftlich: „Herr G. befindet sich seit 02.12.2014 in stationärer Krankenhausbehandlung in der Asklepios Klinik Nord“. Darunter befindet sich ein gesondert abgezeichneter handschriftlicher Zusatz mit folgendem Wortlaut: „Die Aufnahme erfolgte am 2.12.14 um 19.30 über unser Notfallscreening“.

8

Mit Beschluss vom 16. Dezember 2014 hat das Landgericht Hamburg, Kleine Strafkammer 5, den Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig wegen mangelnder Glaubhaftmachung schuldloser Verhinderung hinsichtlich der am Terminstag um 9:30 Uhr beginnenden Hauptverhandlung verworfen. Der Beschluss ist gemäß richterlicher Zustellungsanordnung, „Verteidiger R. R.- mit EB“, Rechtsanwältin R. am 22. Dezember 2014 zugestellt worden. Mit am 23. Dezember 2014 beim Landgericht Hamburg eingegangenem Schriftsatz hat sie gegen den Beschluss vom 16. Dezember 2014 „sofortige Beschwerde“ eingelegt, die sie zugleich wie folgt begründet hat: „Wie bereits dargelegt, konnte mein Mandant an der Berufungshauptverhandlung am 02.12. 2014 aufgrund einer akuten Drogenintoxikation nicht teilnehmen. Es ist insoweit korrekt, dass er als Notfall gegen 19.30 Uhr des selben Tages in der Asklepios Klinik Nord als Notfall aufgenommen wurde. Einer akuten Drogenintoxikation ist immanent, dass ein zeitlicher Vorlauf von mehreren Stunden vorgeht. Mein Mandant stand am Morgen des 02.12.2014 unter dem Einfluss von einer nicht mehr nachzuvollziehenden Menge Benzodiazepinen, ca. 4 g Kokain und Alkohol. Dies führte dazu, dass mein Mandant am Morgen des 02.12.2014 zur Zeit der Berufungshauptverhandlung das Bewusstsein verlor und erst gegen 19.30 Uhr als Notfallpatient in das Klinikum eingeliefert wurde. Dies versichert mein Mandant an Eides statt. Mein Mandant hat den Termin aus diesem Grund unverschuldet versäumt“.

9

Mit am 9. Januar 2015 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat Rechtsanwältin R. die Erklärung abgegeben: „… wird die mit Schriftsatz vom 23.12.2014 eingelegte sofortige Beschwerde zurückgenommen“. Auf diesbezügliche telefonische Nachfrage der Generalstaatsanwaltschaft hat sie mitgeteilt, eine ausdrückliche Ermächtigung zur Rücknahme des Rechtsmittels habe bei Abgabe der Erklärung nicht vorgelegen.

10

Im Übrigen ist eine Mandatierung der Rechtsanwältin als Wahlverteidigerin zu keiner Zeit angezeigt worden und eine schriftliche Vollmacht des Angeklagten für Rechtsanwältin R. nicht zu den Akten gelangt. Eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung durch den Angeklagten ist nach Angabe von Rechtsanwältin R. gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft nicht erfolgt.

11

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg hat darauf angetragen, die sofortige Beschwerde des Angeklagten kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.

II.

12

Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den seinen Wiedereinsetzungsantrag verwerfenden landgerichtlichen Beschluss ist statthaft und auch im Übrigen zulässig eingelegt worden (§§ 329 Abs. 3, 46 Abs. 3, 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO).

13

Insbesondere ist die einwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde schon deshalb gewahrt, weil das Rechtsmittel bereits innerhalb einer Woche nach Erlass des angefochtenen Beschlusses vom 16. Dezember 2014, nämlich am 23. Dezember 2014, einem Dienstag, bei dem Landgericht eingegangen ist, so dass es hier nicht darauf ankommt, ob der gemäß richterlicher Verfügung der Rechtsanwältin R. zum Zwecke der Zustellung übersandte und ihr am 22. Dezember 2014 zugegangene Beschluss wirksam zugestellt worden ist.

14

Es unterliegt keinem Zweifel, dass das Rechtsmittel durch Rechtsanwältin R. für den Angeklagten als dessen Verteidigerin im Sinne des § 297 StPO eingelegt worden ist (vgl. allgemein dazu Meyer-Goßner/Schmitt § 297 Rn. 2 m.w.N.). Ob ihre mit dem amtsgerichtlichen Beschluss vom 5. September 2014 „für die Dauer der Untersuchungshaft“ erfolgte Verteidigerbestellung nach Entlassung des Angeklagten fortwirkt, kann deshalb in diesem Zusammenhang dahin gestellt bleiben.

III.

15

Die von Rechtsanwältin R. am 23. Dezember 2014 für den Angeklagten gegen den sein Wiedereinsetzungsgesuch verwerfenden landgerichtlichen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde ist wegen fehlender ausdrücklicher Ermächtigung der Rechtsanwältin im Sinne des § 302 Abs. 2 StPO durch die Erklärung vom 9. Januar 2015 nicht wirksam zurückgenommen worden und folglich zu bescheiden.

16

Eine ausdrückliche Ermächtigung der Rechtsanwältin durch den Angeklagten zu der von ihr am 9. Januar 2015 erklärten Zurücknahme der am 23. Dezember 2014 eingelegten sofortigen Beschwerde ist von der Rechtsanwältin weder mit dem Schriftsatz vom 9. Januar 2015 noch sonst behauptet worden. Vielmehr hat die Rechtsanwältin gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft ausweislich deren Vermerks vom 19. Januar 2015 erklärt, dass eine solche Ermächtigung bei Abgabe ihrer Rücknahmeerklärung nicht vorgelegen habe. Damit ist die Rücknahmeerklärung unwirksam (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 302 Rn.29; SK-StPO/Frisch § 302 Rn. 67).

IV.

17

Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptversammlung versagenden landgerichtlichen Beschluss vom 16. Dezember 2014 ist unbegründet. Das Landgericht hat den gemäß § 329 Abs. 3 StPO gestellten Wiedereinsetzungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Der Antrag ist bereits unzulässig.

18

Der Wiedereinsetzungsantrag ist schon nicht zulässig erhoben worden, weil es am Vortrag ausreichender Tatsachen für ein unentschuldigtes Ausbleiben des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung und überdies auch an ausreichender Glaubhaftmachung fehlt (§§ 329 Abs. 3, Abs. 2 S. 1 StPO).

19

1. Bereits der Vortrag von Entschuldigungstatsachen, der nach Ablauf der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages nicht mehr ergänzt werden kann, ist nicht ausreichend.

20

a) Gemäß der Vorschrift des in § 329 Abs. 3 StPO für die versäumte Berufungshauptverhandlung in Bezug genommenen § 45 Abs. 2 S. 1 StPO sind innerhalb der einwöchigen Antragsfrist, hier gemäß § 329 Abs. 3 StPO ab wirksamer Zustellung des Verwerfungsurteils, diejenigen Tatsachen, aus denen sich im Sinne des § 44 StPO fehlendes Verschulden des Angeklagten an der Versäumung der Hauptverhandlung ergeben soll, vorzutragen. Das gilt auch insoweit, als der Tatsachenvortrag durch in binnen der Wochenfrist vorgelegten Mitteln zur Glaubhaftmachung enthaltene Angaben ergänzt ist, die ein Angeklagter sich als ihm günstig konkludent zu Eigen gemacht hat. Die Tatsachen müssen so konkret vorgetragen werden, dass sie das Gericht in die Lage versetzen, ohne den Verfahrensfortgang verzögernde Ermittlungen über das Gesuch zu entscheiden (vgl. KK-Maul § 45 Rn. 6). Nicht der Tatsachenvortrag, sondern nur die gleichfalls gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 StPO für die behaupteten Entschuldigungstatsachen beizubringenden Mittel zur Glaubhaftmachung können im Verlaufe des weiteren Wiedereinsetzungsverfahrens nachgeschoben werden.

21

Ein dahin gehender Vortrag, dass ein Angeklagter nicht verhandlungsfähig gewesen sei, reicht danach nicht aus, weil es an konkreten Tatsachenangaben, die dem Gericht eine Überprüfung ermöglichen würden, fehlt. Sofern ein Angeklagter sich etwa auf eine krankheitsbedingte Verhandlungsunfähigkeit beruft, ist zur Ausfüllung dieser Wertung vielmehr die Angabe von Tatsachen etwa zu bestehenden Krankheitssymptomen erforderlich, denn eine Krankheit entschuldigt ein Ausbleiben im Sinne des § 329 Abs. 1 StPO nur dann, wenn sie nach Art und Auswirkungen das Erscheinen des Angeklagten in und eine Beteiligung an der Hauptverhandlung unzumutbar macht (Meyer-Goßner, a.a.O., § 329 Rn. 26, m.w.N.). Es müssen deshalb, wenn krankheitsbedingte Verhandlungsunfähigkeit behauptet wird, Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich ergibt, dass das konkrete Krankheitsbild beachtlichen Einfluss auf Reise-, Beurteilung-, Entschluss- bzw. Handlungsfähigkeit genommen hat (vgl. BVerfG in NJW 2008, 430 -LS-).

22

Diese materiellen Anforderungen bestimmen den gebotenen Umfang des Vortrags konkreter Tatsachen (vgl. Maul, a.a.O., Rn. 23), wobei allerdings Tatsachen, die allgemein- oder aktenkundig sind, nicht vorgetragen werden müssen (Meyer-Goßner, a.a.O., § 45 Rn. 5 m.w.N.).

23

b) Diesen Maßstäben genügt das Wiedereinsetzungsvorbringen hier nicht.

24

Neben der von dem Angeklagten als Grund für ein unverschuldetes Nichterscheinen zur Berufungshauptverhandlung angegebenen akuten Drogenintoxikation und der Behauptung, noch am selben Tag als Notfall in die Asklepios Klinik Nord aufgenommen worden zu sein, wo er sich seither in stationärer Behandlung befinde, enthält das Wiedereinsetzungsvorbringen nähere Angaben zu Einzelheiten der behaupteten Drogenintoxikation nicht. Es erbringt schon nicht, ob der Angeklagte die Drogen bewusst und aus eigener Entschließung eingenommen hat, so dass bereits ein mangelndes Verschulden fraglich wäre, oder ob die Drogen ihm etwa ohne sein Wissen und Wollen verabreicht worden sein sollen. Für den Fall bewusster Drogeneinnahme aus eigenem Entschluss wird nicht aufgezeigt, warum eine solche erfolgt ist, ob etwa ein derart hoher Suchtdruck bestand, dass der Angeklagte trotz bevorstehender Berufungshauptverhandlung von der Drogeneinnahme nicht abzusehen in der Lage war. Außerdem fehlen Angaben zu Art und Menge der eingenommenen Drogen und dem Zeitpunkt der Einnahme. Schließlich fehlen auch Angaben zur Art und der Schwere etwaiger drogenintoxikationsbedingter körperlicher und/ oder geistiger Einschränkungen des Angeklagten, auf Grund derer das Gericht überprüfen könnte, ob ihm danach das Erscheinen in und eine Beteiligung an der Hauptverhandlung unzumutbar war. Die Verwendung des Begriffs der „akuten“ Drogenintoxikation allein erbringt dazu Ausreichendes nicht, da sich daraus weder eine bestimmte Schwere drogenbedingter Einschränkungen noch ein eigenes Verschulden des Angeklagten an der Drogenintoxikation ausschließende Umstände ergeben.

25

Die zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingereichte Klinikbescheinigung vom 4. Dezember 2014, wonach der Angeklagte am Terminstag um 19.30 Uhr über ein „Notfallscreening“ aufgenommen wurde und sich anschließend in stationärer Krankenhausbehandlung befand, erbringt ausreichende ergänzende Einzelheiten der behaupteten akuten Drogenintoxikation ebenfalls nicht. Zum einen ist darin eine Beschreibung konkreter Symptome gleichfalls nicht enthalten; allein der Umstand, dass der Angeklagte sich über eine Notfallaufnahme in eine Klinik hat aufnehmen lassen, besagt dazu nichts. Zum anderen lässt ein abends um 19.30 Uhr bestehender, eine Aufnahme in ein Krankenhaus begründenden Zustand nicht ohne weiteres darauf schließen, dass ein entsprechender Zustand bereits auch am Morgen des betreffenden Tages bestanden hätte.

26

Schließlich ist weder allgemeinkundig, dass jede nicht näher spezifizierte akute Drogenintoxikation als unverschuldet anzusehen wäre und zudem die Anreise zur sowie die Teilnahme an einer Berufungshauptverhandlung des hier in Rede stehenden geringen Umfangs unzumutbar machen würde, noch sind Tatsachen gerichtsbekannt, die im Zusammenhang mit dem lückenhaften Vortrag ein ausreichendes Entschuldigtsein des Angeklagten erbringen würden. Dass nach Aktenlage eine Drogenproblematik des Angeklagten vorlag, reicht dazu nicht aus.

27

c) Eine Nachholung des Vortrags ausreichender Entschuldigungstatsachen kommt nicht in Betracht, da nach am 9. Dezember 2014 erfolgter wirksamer Zustellung des die Berufung des Angeklagten verwerfenden landgerichtlichen Urteils vom 2. Dezember 2014 die Einwochenfrist nach § 329 Abs. 3 StPO abgelaufen ist und, wie ausgeführt, nach Fristablauf lediglich Glaubhaftmachungsmittel nachgeschoben werden können, jedoch nicht der erforderliche Tatsachenvortrag ergänzt werden kann.

28

Die vom Landgericht gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 StPO richterlich verfügte Urteilszustellung an Rechtsanwältin R. war wirksam, obwohl sich weder eine schriftliche Vollmacht des Angeklagten bei den Akten befand, noch eine rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht bestand, denn die mit Beschluss des Amtsgerichts vom 5. September 2014 erfolgte Bestellung von Rechtsanwältin R. zur Verteidigerin des Angeklagten wirkte und wirkt wegen Unwirksamkeit der damit ausgesprochenen Beschränkung auf die Dauer der Untersuchungshaft und mangelnden Erlasses eines Aufhebungsbeschlusses nach Entlassung des Angeklagten aus der Untersuchungshaft fort. Ob andernfalls von einer konkludent erfolgten gerichtlichen Neubestellung der Rechtsanwältin zur Verteidigerin durch Amts- oder Landgericht auszugehen wäre, kann deshalb hier dahin stehen.

29

(1) Die mit dem Bestellungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg ausgesprochene Begrenzung der Verteidigerbestellung „für die Dauer der Untersuchungshaft“ hat, unabhängig davon, ob sie als auflösende Bedingung oder als Befristung zu werten ist, keinen Bestand. Darüber hinaus besteht auch unabhängig von der in dem Bestellungsbeschluss ausgesprochenen Begrenzung eine solche selbst bei - wie hier - wegen notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgter gerichtlicher Verteidigerbestellung nicht, sondern bedarf es zur Beendigung einer gerichtlichen Verteidigerbestellung eines gerichtlichen Aufhebungsbeschlusses.

30

(a) Wortlaut und Wortsinn der maßgeblichen Normen erbringen eine Begrenzung der Verteidigerbestellung sowie eine Grundlage für eine entsprechende gerichtliche Anordnung nicht.

31

Die Vorschriften der §§ 140 ff. StPO enthalten zunächst materielle Regelungen zu den Voraussetzungen notwendiger Verteidigung im Sinne des § 338 Nr. 5 StPO in Gestalt einer Beschreibung von Fallkategorien und des Weiteren das gerichtliche Bestellungsverfahren betreffende Regelungen. Hinsichtlich der Beendigung gerichtlicher Verteidigerbestellungen enthalten die §§ 140 ff. StPO nur sehr kursorische Regelungen in §§ 143 und 140 Abs. 3 StPO, wobei jedenfalls überwiegend ausdrücklich ein Aufhebungsakt vorgesehen ist.

32

Die hier zur Anwendung gekommene Vorschrift des § 140 Abs. 1 StPO enthält allein eine Aufzählung von Fallkategorien notwendiger Verteidigung. § 140 Abs. 2 StPO enthält eine weitere materielle Beschreibung von Fallgruppen notwendiger Verteidigung sowie in Satz 1 darüber hinaus Regelungen zum Bestellungsverfahren, nämlich, dass die Bestellung in den hier geregelten Fallgruppen durch den (Gerichts-)Vorsitzenden auf Antrag oder von Amts wegen erfolgt. Weitere Vorschriften über das Bestellungsverfahren sind in den §§ 141, 142 StPO enthalten.

33

§ 140 Abs. 1 und 2 StPO enthalten demgegenüber keine Regelungen über die Dauer bzw. Beendigung von auf ihrer Grundlage erfolgten gerichtlichen Verteidigerbestellungen. Das gilt insbesondere auch für die hier in Rede stehende Vorschrift des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO und die ähnlich gelagerte Fallgruppe der Nr. 5 des § 140 Abs. 1 StPO. Dass danach ein Fall notwendiger Verteidigung vorliegt, wenn gegen einen Beschuldigten Untersuchungshaft nach den §§ 112, 112a StPO oder einstweilige Unterbringung nach § 126a StPO oder § 275a Abs. 6 StPO vollstreckt wird (Nr. 4) bzw. ein Beschuldigter sich mindestens drei Monate auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befunden hat und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird (Nr. 5), besagt nach Wortlaut und Wortsinn der Normen noch nichts darüber, wie lange eine auf Grund eines dieser Fälle notwendiger Verteidigung erfolgte gerichtliche Verteidigerbestellung wirksam bleibt. Keineswegs lässt sich nach dem Wortlaut oder Wortsinn den Vorschriften entnehmen, dass eine auf Grund dieser Fallgruppen notwendiger Verteidigung erfolgte gerichtliche Verteidigerbestellung etwa bei Fortfall der materiellen Bestellungsvoraussetzungen automatisch enden würde. Gleiches gilt für eine Ermächtigung der Bestellungsgerichte, bei der Verteidigerbestellung eine Begrenzung auszusprechen; auch eine solche Ermächtigungsregelung enthalten die Absätze 1 und 2 des § 140 StPO nicht. Ausdrückliche Regelungen über die Beendigung einer gerichtlichen Verteidigerbestellung sind allein in den §§ 143 und 140 Abs. 3 StPO enthalten.

34

Nach § 143 StPO ist die gerichtliche Verteidigerbestellung zurückzunehmen, wenn demnächst ein anderer Verteidiger gewählt wird und dieser die Wahl annimmt. Die Vorschrift greift danach unabhängig von dem Grund der gerichtlichen Verteidigerbestellung ein. Nach zutreffender Meinung besteht eine Rücknahmemöglichkeit zudem in entsprechender Anwendung des § 143 StPO in Fällen des Vorliegens eines wichtigen Widerrufsgrundes (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 143 Rn. 3 ff.).

35

Allein die Vorschrift des § 140 Abs. 3 StPO enthält weiter gehende Anknüpfungspunkte zur Frage der Beendigung einer auf Grund der darin genannten Fallgruppen notwendiger Verteidigung erfolgten gerichtlichen Verteidigerbestellung.

36

Für die von § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO erfassten Fallgruppen ist dabei nach § 140 Abs. 3 S. 1 StPO unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer Aufhebung der Bestellung vorgesehen („Die Bestellung eines Verteidigers nach Absatz 1 Nr. 5 kann aufgehoben werden, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird“). Danach ist für die genannte Fallgruppe ein ausdrücklicher Aufhebungsakt erforderlich.

37

Für die hier in Rede stehende Fallgruppe gerichtlicher Verteidigerbestellung während der Vollstreckung von Untersuchungshaft oder einstweiliger Unterbringung erbringen Gesetzeswortlaut und Wortsinn eine entsprechend klare Regelung nicht, da insoweit in § 140 Abs. 3 S. 2 StPO lediglich für ein Fortwirken der Bestellung auf die Voraussetzungen einer Verteidigerbestellung nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO verwiesen wird („Die Bestellung des Verteidigers nach Absatz 1 Nr. 4 bleibt unter den in Absatz 1 Nr. 5 bezeichneten Voraussetzungen für das weitere Verfahren wirksam, wenn nicht ein anderer Verteidiger bestellt wird“), hingegen nicht ausdrücklich zugleich auch auf die Regelung des § 140 Abs. 3 S. 1 StPO mit der darin für auf Grund des § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO erfolgte Verteidigerbestellungen vorgesehenen Möglichkeit einer Aufhebung der Bestellung.

38

Die Auslegung nach Wortlaut und Wortsinn ergibt damit weder eine Begrenzung der Wirksamkeit einer auf Grund des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgten gerichtlichen Verteidigerbestellung für die Dauer der Vollstreckung von unter anderem Untersuchungshaft, noch eine Ermächtigung, bei der Verteidigerbestellung eine entsprechende Begrenzung auszusprechen. Dazu, ob, wenn die in § 140 Abs. 3 S. 2 StPO durch Bezugnahme auf Abs. 1 Nr. 5 der Norm benannten Voraussetzungen der Fortwirkung einer auf Grundlage des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgten gerichtlichen Verteidigerbestellung - wie hier - nicht eingreifen, ein Beschuldigter also entweder mehr als zwei Wochen vor der Hauptverhandlung aus der Haft entlassen wird und/oder diese weniger als drei Monate andauert, die Wirksamkeit einer Verteidigerbestellung ohne Weiteres entfällt oder es auch in diesen Fällen einer Aufhebungsentscheidung bedarf, ergeben Wortlaut und Wortsinn der Vorschriften nichts.

39

(b) Die systematische Gesetzesauslegung erbringt, dass eine auf Grund des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgte gerichtliche Verteidigerbestellung über die Entlassung des Beschuldigten aus der Untersuchungshaft hinaus fortwirkt, wenn nicht eine Aufhebungsentscheidung ergeht. Das gilt auch, wenn - wie hier - die gerichtliche Bestellungsentscheidung eine Verteidigerbestellung ausdrücklich nur „für die Dauer der Untersuchungshaft“ vorsieht. Das Erfordernis einer Aufhebungsentscheidung ergibt sich bereits aus dem Zusammenhang der Regelungen von § 140 Abs. 1 und 3 StPO zueinander sowie erst Recht unter Berücksichtigung der Gebote der Rechtssicherheit und Verfahrensfairness.

40

aa) Bereits die Stellung der Vorschrift des § 140 Abs. 3 S. 2 StPO im Verhältnis zu in § 140 Abs. 1, 2 und 3 S. 1 StPO enthaltenen Regelungen spricht dafür, dass nicht nur zur Beendigung der Wirksamkeit einer auf Grund des § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO erfolgten gerichtlichen Verteidigerbestellung eine ausdrückliche Aufhebungsentscheidung erforderlich ist, sondern auch bei nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgten Verteidigerbestellungen.

41

Die gerichtliche Verteidigerbestellung auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 und 2 StPO allgemein beherrschender Grundsatz ist die unbefristete Fortwirkung einer gerichtlichen Verteidigerbestellung bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Verfahrens. Das folgt bereits aus dem schon erörterten Fehlen von Vorschriften der Strafprozessordnung über ein Erlöschen der Wirkung einer Verteidigerbestellung mit Ausnahme der angeführten Regelungen der §§ 143 und 140 Abs. 3 S. 1 StPO (so bereits RGSt 37, 21, 23 f.).

42

Vorschriften, die wie §§ 143 und 140 Abs. 3 S. 1 StPO die vorzeitige Aufhebung einer Verteidigerbestellung ermöglichen, stellen sich deshalb als Ausnahmenregelungen von diesem Grundsatz dar. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass, sofern die spätere vorzeitige Aufhebung einer gerichtlichen Verteidigerbestellung im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, vorrangig zunächst der allgemeine Grundsatz unbefristeter Fortgeltung der Bestellung bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss eingreift und nicht etwa ohne Weiteres angenommen werden kann, die Wirkung einer Bestellung ende wegen späteren Entfallens der Anordnungsvoraussetzungen von selbst. So endet etwa eine auf Grund notwendiger Verteidigung wegen Vorwurfs der Begehung eines Verbrechens nach § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO erfolgte gerichtliche Verteidigerbestellung nach in Literatur und Rechtsprechung zutreffend vertretener Auffassung keineswegs, wenn erstinstanzlich eine Verurteilung lediglich wegen eines Vergehens erfolgt; war eine Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO notwendig, so bleibt sie es vielmehr selbst bei Verurteilung lediglich wegen eines Vergehens mindestens bis zur Rechtskraft des Schuldspruches (vgl. OLG Düsseldorf in MDR 1984, 689; OLG Oldenburg in StV 1995, 345; Schmitt, a.a.O., § 140 Rn. 12 m.w.N.).

43

Ähnlich verhält es sich hier im Fall einer auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgten gerichtlichen Verteidigerbestellung. Sofern das Gesetz nicht eine Ausnahmeregelung bezüglich der vorzeitigen Beendigung der Verteidigerbestellung enthält, hat der allgemeine Grundsatz unbegrenzter bzw. unbefristeter Fortwirkung der Bestellung zu gelten.

44

Im Lichte des dargelegten Regel-/Ausnahmeverhältnisses zwischen unbeschränkter Fortgeltung gerichtlicher Verteidigerbestellungen einerseits und deren vorzeitiger Aufhebung bzw. Beendigung andererseits ist die gerichtliche Verteidigerbestellungen auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO betreffende Vorschrift des § 140 Abs. 3 S. 2 StPO bei systematischer Betrachtung dahin auszulegen, dass damit in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Norm allein ein besonderer Fall der Fortgeltung einer Verteidigerbestellung beschrieben wird, dass nämlich, wenn etwa die Anordnungsvoraussetzungen nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO entfallen sind, jedoch dafür diejenigen nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO vorliegen, etwa nachdem zunächst vollzogene Untersuchungshaft zum Zwecke der Vollstreckung von Freiheitsstrafen unterbrochen worden ist, eine gerichtliche Verteidigerbestellung ohne weiteren Bestellungsakt fortbestehen soll.

45

Ein dahin gehender Umkehrschluss, dass, sofern nach Beendigung zuvor vollzogener Untersuchungshaft die Voraussetzungen notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO nicht vorliegen, weil etwa - wie hier - die zuvor vollzogene Untersuchungshaft und eine anschließende Freiheitsstrafverbüßung sich nicht auf drei Monate summieren, die auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgte Verteidigerbestellung ohne Weiteres endet, ist unter systematischer Betrachtung des Normengefüges der §§ 140 ff. StPO mit der unbefristeten Fortwirkung einer Verteidigerbestellung als Regelfall nicht zulässig. Gleiches gilt für eine schon bei der Verteidigerbestellung vorgenommene Begrenzung, für die es im Gesetz auch unter systematischen Gesichtspunkten keinen Anhalt gibt und die dem Regel-/Ausnahmeverhältnis mit im Regelfall unbegrenzten Wirkung gerichtlicher Verteidigerbestellungen zuwiderlaufen würde.

46

Nach systematischer Auslegung des Normengefüges der §§ 140 ff. StPO kann deshalb eine auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgte gerichtliche Verteidigerbestellung vor rechtskräftigem Verfahrensabschluss allenfalls in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 3 S. 1 StPO durch ausdrücklichen gerichtlichen Aufhebungsbeschluss beendet werden.

47

bb) Das vorstehend gewonnene Ergebnis gilt erst Recht unter zusätzlicher Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie der Verfahrensfairness.

48

Nachdem das Gesetz, wie dargelegt, eine klare Regelung über die Beendigung auf Grund von § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgter gerichtlicher Verteidigerbestellungen nicht enthält, würde es den genannten Verfahrensgrundsätzen zuwiderlaufen, die Wirkung einer gerichtlichen Verteidigerbestellung ohne mindestens das Erfordernis einer ausdrücklichen Aufhebungsentscheidung enden zu lassen (vgl. Laufhütte/Willnow, a.a.O., § 140 Rn. 16; HansOLG, Beschluss vom 18. Juli 2014, Az.: 1 Ws 79/14, für den Fall der Fortgeltung einer auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 erfolgten Verteidigerbestellung nach Eintreten der Voraussetzungen des § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO; OLG Düsseldorf in NStZ 2011, 653 betreffend eine Verteidigerbestellung auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO; jeweils m.w.N.; a.A. OLG Düsseldorf in StV 2011, 651). Für einen Beschuldigten wäre insbesondere in Fällen, in denen wie vorliegend die Vollziehung von Untersuchungshaft zwar formell beendet, jedoch lediglich zum Zwecke der Vollstreckung von Freiheitsstrafen unterbrochen wird und zunächst noch offen ist, ob anschließend eine Fortsetzung der Vollziehung des Haftbefehls oder dessen Aufhebung bzw. Außervollzugsetzung sowie eine Freilassung des Beschuldigten erfolgt, nicht hinreichend klar erkennbar, ob eine auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgte gerichtliche Verteidigerbestellung fortwirkt. Das wäre mit den Grundätzen der Rechtssicherheit und -klarheit sowie des Vertrauensschutzes nicht vereinbar.

49

(c) Die Auslegung nach dem Gesetzeszweck und dem Willen des Gesetzgebers erbringt nichts Gegenteiliges. Vielmehr sprechen die Zwecke gerichtlicher Verteidigerbestellung auf Grund notwendiger Verteidigung und der bei Schaffung der Regelungen des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO sowie des § 140 Abs. 3 S. 2 StPO in den Gesetzmaterialien zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wille für einen Gleichklang mit der Verteidigerbestellungen auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO betreffenden Regelung des § 140 Abs. 3 S. 1 StPO.

50

aa) Das Institut der notwendigen Verteidigung dient neben der Verfahrenssicherung insbesondere der Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips in seiner Ausgestaltung als Gebot fairer Verfahrensführung (vgl. SK-StPO/Wohlers § 140 Rn. 3 m.w.N.).

51

Dieser Zweck gebietet eine der Regelung des § 140 Abs. 3 S. 1 StPO entsprechende Handhabung auch in Fällen gerichtlicher Verteidigerbestellung auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO und damit auch in diesen Fällen die Erforderlichkeit einer ausdrücklichen Aufhebungsentscheidung, um die Wirkung einer gerichtlichen Verteidigerbestellung zu beenden.

52

Dafür spricht, dass schon das Reichsgericht - vorkonstitutionell - den Zweck notwendiger Verteidigung und deswegen erfolgender gerichtlicher Verteidigerbestellungen bezüglich vorübergehender Anstaltsunterbringung von Beschuldigten zur Untersuchung dahin gehend konkretisiert hat, das damit die Wahrung der Interessen des Beschuldigten in die Hände einer rechtskundigen Person gelegt werden solle und deshalb die Annahme, die Bestellung eines Verteidigers erlösche mit Beendigung der Beobachtung von selbst, nicht haltbar sei (RG, a.a.O.).

53

Erst Recht erfordern deshalb die sich aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ergebenden genannten rechtsstaatlichen Grundsätze eine Auslegung, die für Beschuldigte, denen auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ein Verteidiger gerichtlich bestellt worden ist, eine den Fällen notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO entsprechende Rechtssicherheit und einen vergleichbaren Vertrauensschutz gewährt.

54

Das gilt umso mehr, als die Schutzbedürftigkeit Beschuldigter, denen auf Grund § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ein Verteidiger bestellt worden ist, nicht notwendig geringer ist als bei unter § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO fallenden Beschuldigten. Auch bei einem Beschuldigten, hinsichtlich dessen eine Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO notwendig ist, und der - wie hier - insgesamt weniger als drei Monate in Untersuchungs- sowie anschließend vollzogener Strafhaft eingesessen hat und nicht mindestens zwei Wochen vor der Hauptverhandlung aus der Haft entlassen worden ist, sondern sich vielmehr zur Zeit der erstinstanzlichen Hauptverhandlung in an die Untersuchungshaft anschließender Strafhaft befunden hat, kann eine haftbedingte Beeinträchtigung der Verteidigungsmöglichkeiten über den Zeitraum des Vorliegens der Bestellungsvoraussetzungen nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO fortdauern.

55

Bei auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO erfolgter gerichtlicher Verteidigerbestellung hat nach zutreffender allgemeiner Auffassung vor einer Aufhebung der Bestellung nach § 140 Abs. 3 S. 1 StPO das Gericht im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu prüfen, ob die Verteidigerbestellung aufrechtzuerhalten ist, weil die auf der Freiheitsentziehung beruhende Behinderung des Beschuldigten trotz erfolgter Freilassung fortwirkt, was regelmäßig anzunehmen sein soll (Schmitt, a.a.O., § 140 Rn. 36 m.w.N.). Nicht anders kann es nach dem Zweck notwendiger Verteidigung und deswegen erfolgender Verteidigerbestellung in Fällen notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO liegen, was insbesondere bei - wie hier - sich an die Untersuchungshaft anschließender Vollstreckung von Freiheitsstrafen über einen zur Zeit der erstinstanzlichen Hauptverhandlung noch andauernden Zeitraum auf der Hand liegt, auch wenn die Gesamtdauer drei Monate unterschreitet.

56

Deshalb ist nach rechtsstaatlichen Grundsätzen auch bei auf Grund notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO erfolgter Verteidigerbestellung in gleicher Weise wie nach § 140 Abs. 3 S. 1 StPO i.V.m. § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO eine Prüfung, ob eine Aufhebung der Verteidigerbestellung erfolgen kann oder wegen fortwirkender Beeinträchtigung der Verteidigungsmöglichkeiten davon abzusehen ist, angebracht.

57

bb) Der gesetzgeberische Wille steht mit den ausgeführten Auslegungsergebnissen in Einklang.

58

Die Fallgruppe notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ist durch das am 1. Januar 2010 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2274) in das Gesetz eingefügt worden. In dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 16/11644) war diese Regelung nicht enthalten. Sie ist vielmehr erst in den Beschlussempfehlungen und dem Berichts des Rechtsausschusses des Bundestages vom 20. Mai 2009 (BT-Drs. 16/13097) vorgeschlagen und darauf in das Gesetz aufgenommen worden. Zugleich ist die Vorgängerregelung des früheren § 117 Abs. 4 S. 1 StPO aufgehoben und die bis dahin § 117 Abs. 4 S. 1 StPO betreffende Regelung des § 140 Abs. 3 S. 2 StPO angepasst worden.

59

Die Begründung des Rechtsausschusses zur Einfügung des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO in der geltenden Fassung erbringt, dass der Ausschuss - und diesem folgend der Gesetzgeber - damit eine Schutzlücke für in Untersuchungshaft befindliche unverteidigte Beschuldigte füllen wollte, indem mit der Neuregelung eine gerichtliche Verteidigerbestellung für unverteidigte Beschuldigte bereits unmittelbar nach Beginn des Vollzuges unter anderem von Untersuchungshaft und nicht erst nach dreimonatigem Vollzug vorgesehen werden sollte. Soweit mit der Neuregelung weitere Einschränkungen der Vorgängerregelung des § 117 Abs. 4 S. 1 StPO (gerichtliche Verteidigerbestellung nur auf Antrag und lediglich für die Dauer der Untersuchungshaft) in Fortfall gebracht worden sind, enthält die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ausdrückliche Begründungselemente dazu zwar nicht, ein bloßes Fassungsversehen liegt jedoch fern.

60

(1) Zur Gesetzgebungsgeschichte im Einzelnen:

61

Der mit Einführung des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO aufgehobene § 117 Abs. 4 S. 1 StPO lautete in seiner bis Ende 2009 geltenden Fassung: „Hat der Beschuldigte noch keinen Verteidiger, so wird ihm ein Verteidiger für die Dauer der Untersuchungshaft bestellt, wenn deren Vollzug mindestens drei Monate gedauert hat und die Staatsanwaltschaft oder der Beschuldigte oder sein gesetzlicher Vertreter es beantragt“.

62

Der Rechtsausschuss führte in seiner Beschlussempfehlung zur Aufhebung des § 117 Abs. 4 S. 1 StPO und Einführung des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO aus:

63

Zu Nummer 4a - neu - („ 117 StPO)

64

§ 117 Abs. 4 und 5 entfallen aufgrund der vorgesehenen Ausdehnung der notwendigen Verteidigung: Nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO-E ist dem inhaftierten Beschuldigten von Beginn der Inhaftierung an von Amts wegen ein Verteidiger zu bestellen, so dass die Regelungen über die Bestellung eines Verteidigers nach Ablauf von drei Monaten Untersuchungshaft (§ 117 Abs. 4) und die sog. Dreimonatshaftprüfung für nicht verteidigte Inhaftierte (§ 117 Abs. 5) keinen Anwendungsbereich mehr haben.

65

Zu Nummer 9a - neu - (§ 140 StPO)

66

Die neue Bestimmung des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO-E sieht vor, dass dem Beschuldigten ab Beginn der Vollstreckung von Untersuchungshaft gemäß §§ 112, 112a StPO oder einstweiliger Unterbringung gemäß §§ 126a oder 275a Abs. 5 StPO ein Pflichtverteidiger zu bestellen ist.

67

Bislang bestimmt das Gesetz eine solche Pflichtverteidigerbestellung aus Anlass der Vollstreckung von Untersuchungshaft erst nach drei Monaten Haftzeit (§ 117 Abs. 4 StPO). Das erscheint in Anbetracht des mit der Inhaftierung verbundenen erheblichen Eingriffs in die Grundrechte der Beschuldigten als ungenügend. Der Europarat hatte zudem in seinen Empfehlungen zur Untersuchungshaft aus dem Jahr 2006 (…) auf die Bedeutung des Rechts auf Beistand durch einen Verteidiger insoweit hingewiesen und betont, dass dieser Beistand auf Kosten des Staates zu leisten sei, wenn die betroffene Person nicht über entsprechende eigene Mittel verfüge.

68

Vorgesehen ist die Pflichtverteidigerbestellung - wie bisher - nur bei der Untersuchungshaft im Sinne der §§ 112, 112a StPO. Sie gilt also insbesondere nicht für die Hauptverhandlungshaft (§ 127b Abs. 2, § 230 Abs. 2, § 239 Abs. 4 StPO) und die Sicherungshaft nach § 453c Abs. 1 StPO. Als der Untersuchungshaft von der Gewichtigkeit her gleichwertig erscheinen die vorläufige Unterbringung gemäß § 126a StPO bzw. gemäß § 275a Abs. 5 StPO, so dass die entworfene Bestimmung auch diese Fälle einbezieht.

69

Die entworfene Formulierung macht deutlich, dass die Beiordnung eines Pflichtverteidigers nur so lange in Betracht kommt, wie der Beschuldigte sich tatsächlich im Vollzug einer der genannten freiheitsentziehenden Maßnahmen befindet. Die Beiordnung eines Verteidigers kommt also insbesondere dann nicht in Betracht, wenn der Haftbefehl zugleich mit der Verkündung außer Vollzug gesetzt wird“ (BT-Drs. 16/ 13097, S. 18 f.).

70

§ 140 Abs. 3 S. 2 StPO lautete bis Ende 2009: „Die Bestellung des Verteidigers nach § 117 Abs. 4 bleibt unter den in Absatz 1 Nr. 5 bezeichneten Voraussetzungen für das weitere Verfahren wirksam, wenn nicht ein anderer Verteidiger bestellt wird“. Durch die Neuregelung ist mithin lediglich die Vorschrift des „§ 117 Abs. 4“ durch die Bezugnahme auf die Bestellung eines Verteidigers nach „Abs. 1 Nr. 4“ - gemeint: des § 140 Abs. 1 StPO - ersetzt worden. Demgemäß heißt es in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses dazu lediglich: „Bei der Änderung in § Abs. 3 Satz 2 StPO-E handelt es sich um eine Folgeänderung“ (BT-Drs. 16/13097 S. 19).

71

(2) Daraus ergibt sich ein Wille zur Beschränkung entsprechend der allein Untersuchungshaft betreffenden vormaligen Regelung in § 117 Abs. 4 S. 1 StPO auf die Dauer der Untersuchungshaft bzw. nunmehr auch der Unterbringung oder zur Einführung einer Ermächtigung zu entsprechenden Beschränkungen mit der gerichtlichen Bestellungsentscheidung nicht.

72

Zur Dauer der Wirksamkeit einer auf der neuen Fallgruppe notwendiger Verteidigung in § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO beruhenden gerichtlichen Verteidigerbestellung enthält die Gesetzesbegründung nichts. Weder wird ausdrücklich die im früheren § 117 Abs. 4 S. 1 StPO vorgesehene Begrenzung auf die Dauer der Untersuchungshaft aufgegeben, noch wird ausdrücklich erklärt, dass für die neue Fallgruppe nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO an der in § 117 Abs. 4 S. 1 StPO enthalten gewesenen Befristung festgehalten werden soll.

73

Eine Abkehr von den Inhalten der früheren Regelung wird in der Begründung des Rechtsausschusses ausdrücklich für den Zeitpunkt gerichtlicher Pflichtverteidigerbestellung für in Untersuchungshaft befindliche Beschuldigte erklärt. Daraus wird deutlich, dass das gesetzgeberische Hauptmotiv in der Vorverlagerung einer Pflichtverteidigerbestellung für Beschuldigte auf den Beginn der Untersuchungshaft statt des früheren Zeitpunktes einer Bestellung erst ab dreimonatiger Vollziehung lag. Daneben wird durch die Verwendung des Begriffes „von Amts wegen“ für die Beschreibung der künftig amtswegig vorzunehmenden Verteidigerbestellung angedeutet, dass dem Gesetzgeber die diesbezügliche Abweichung von der nur auf Antrag eingreifenden bisherigen Regelung bewusst war.

74

Dass sich aus der Begründung des Rechtsausschusses demgegenüber zur Geltungsdauer einer nach dem neuen Recht vorzunehmenden Verteidigerbestellung kein ausdrücklicher Hinweis darauf ergibt, ob an der bisherigen Begrenzung festgehalten oder diese aufgegeben werden soll, besagt indessen nicht, dass insoweit ein Fassungsversehen oder eine unbeabsichtigte Regelungslücke vorliegt. Zu den §§ 140 ff. StPO lag im Zeitraum der ausgeführten Neuregelungen umfängliche Rechtsprechung und Literatur zur danach grundsätzlich unbefristeten Fortgeltung von nach §§ 140 ff. StPO erfolgten gerichtlichen Verteidigerbestellungen vor, so dass kein Erfordernis bestand, insoweit eine ausdrückliche Regelung zu treffen bzw. im Fall gewünschter Geltung der grundsätzlich unbeschränkten Wirksamkeit gerichtlicher Verteidigerbestellungen für die neue Fallgruppe notwendiger Verteidigung in § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO dieses ausdrücklich zu begründen.

75

Dass mit der gesetzlichen Neuregelung die bisherige Befristung der gerichtlichen Verteidigerbestellung für in Untersuchungshaft befindliche Beschuldigte in Fortfall gelangt ist, ohne dieses in der Gesetzesbegründung ausdrücklich zu erwähnen, vermag deshalb die Annahme einer ohne Weiteres gegebenen Befristung oder einer Ermächtigung, solche Beschränkungen bei Vornahme einer nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO veranlassten Verteidigerbestellung vorzusehen, ohne diesbezügliche gesetzliche Grundlage nicht zu tragen.

76

Ein über den dargelegten Wortlaut und Wortsinn, auch unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik, hinausgehender Regelungsgehalt des § 140 Abs. 3 S. 2 StPO kann somit auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens nicht angenommen werden.

77

(2) Nach den vorstehenden Maßstäben wirkt hier die mit dem amtsgerichtlichen Beschluss vom 5. September 2015 erfolgte Verteidigerbestellung nach Entlassung des Angeklagten aus Untersuchungshaft - und anschließender Strafhaft - fort. Deshalb war bereits auf Grund der fortwirkenden Verteidigerbestellung die gemäß richterlicher Verfügung an Rechtsanwältin R. erfolgte Zustellung des Berufungsurteils wirksam, so dass die einwöchige Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages nach § 329 Abs. 3 StPO mit am 9. Dezember 2014 erfolgter Zustellung zu laufen begonnen hat und mithin, mit der Folge, dass Tatsachen für ein entschuldigtes Ausbleiben nicht mehr nachgetragen werden können, abgelaufen ist.

78

2. Überdies fehlt es auch an der erforderlichen Glaubhaftmachung.

79

Zur Glaubhaftmachung der von dem Angeklagten für den Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung behaupteten Entschuldigungstatsache einer akuten Drogenintoxikation ist mit dem Wiedereinsetzungsgesuch eine Bescheinigung der Asklepios Klinik Nord vom 04.12.2014 vorgelegt worden, die seinen Aufenthalt zu einer stationären Krankenhausbehandlung seit dem 02.12.2014, dem Tag der Berufungshauptverhandlung, bescheinigt, wobei allerdings der handschriftlich verfasste und abgezeichnete Zusatz erbringt, dass der Angeklagte an dem bezeichneten Tag erst um 19.30 Uhr über ein „Notfallscreening“ aufgenommen worden ist, während die Berufungshauptverhandlung für die Zeit von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr anberaumt war. Die Klinikaufnahme des Angeklagten ist mithin nach der vorgelegten Krankenhausbescheinigung erst zehn Stunden nach Beginn der Berufungshauptverhandlung erfolgt, so dass damit die behauptete Drogenintoxikation bereits für den Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung nicht glaubhaft gemacht werden kann.

80

Mit der von der Verteidigerin in der Beschwerdeschrift aufgestellten Behauptung, der Angeklagte habe bereits am Morgen des 2. Dezember 2014 zur Zeit der Berufungshauptverhandlung drogenkonsumbedingt das Bewusstsein verloren gehabt, und der mit Bezug auch darauf abgegebenen Erklärung: „Dies versichert mein Mandant an Eides statt“, ist eine Nachholung ausreichender Glaubhaftmachung nicht erfolgt. Bei der in der Beschwerdeschrift enthaltenen Erklärung der Verteidigerin zu einer eidesstattlichen Versicherung des Angeklagten handelt es sich nach Inhalt und äußerer Form schon nicht um eine eidesstattliche Versicherung des Angeklagten, sondern lediglich um eine Beschreibung oder Ankündigung einer entsprechenden Erklärung des Angeklagten durch die Verteidigerin ohne Beifügung einer eidesstattlichen Erklärung des Angeklagten selbst. Zudem ist die eidesstattliche Erklärung eines Beschuldigten selbst kein zulässiges Mittel zur Glaubhaftmachung seines eigenen Tatsachenvorbringens (vgl. Schmitt, a.a.O., § 45 Rn. 8 und 9, jeweils m.w.N.), so dass auch eine formgerechte eidesstattliche Erklärung des Angeklagten nicht genügen würde.

81

Eine anwaltliche Versicherung der Verteidigerin ist in den vorgenannten, in der Beschwerdeschrift enthaltenen Erklärungen nicht zu erkennen. Vielmehr ergibt sich nach dem Sinn der Erklärungen, dass damit nicht eigene tatsächliche Wahrnehmungen der Verteidigerin versichert, sondern vielmehr der Verteidigerin durch den Angeklagten berichtete Tatsachen belegt werden sollten.

82

Damit ist ausreichende Glaubhaftmachung, die dem Angeklagten hier nicht unmöglich gewesen wäre, nicht erfolgt.

V.

83

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

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