Urteil vom Hanseatisches Oberlandesgericht (4. Zivilsenat) - 4 U 54/15

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 34, vom 23.04.2015 (Aktenzeichen 334 O 234/14), wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Räumung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 23.500 € abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet. Im Übrigen kann der Beklagte die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung der Räumung aus dem angefochtenen Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 23.500 € abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet. Im Übrigen kann der Beklagte die Vollstreckung wegen der Kosten aus dem angefochtenen Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.915,28 € festgesetzt.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Räumung und Herausgabe der in dem Gebäude in 20359 Hamburg im Erdgeschoss rechts belegenen Gaststättenräume („M. L.“) einschließlich der Nebenräume.

2

Diese streitgegenständlichen Räumlichkeiten mietete der Beklagte mit Mietvertrag vom 14.01.2000 (Anlage K 1) von Herrn K. Z. zum Betrieb der Gaststätte „M. L.“ an. Gemäß § 4 Ziffer 1 und Ziffer 3 begann das Mietsverhältnis am 1. Juli 1999 und war bis zum 30. Juni 2004 befristet. Zugunsten des Mieters bestand ein Optionsrecht zur Verlängerung des Mietverhältnisses bis zum 31. Juli 2010, von dem dieser keinen Gebrauch machte.

3

§ 4 Ziffer 3. a.E des Mietvertrages (Seite 2 des Mietvertrages, Anlage K1) enthält folgende K.el:

4

„Setzt der Mieter den Gebrauch der Mietsache nach Ablauf der Mietzeit fort, so gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern der Vermieter oder der Mieter binnen einer Frist von zwei Wochen nicht widerspricht.“

5

Im Jahr 2011 teilte die damals zuständige Hausverwaltung, der Fa. A. M., dem Beklagten mit, dass eine Laufzeitänderung des auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnisses derzeit nicht in Betracht komme.

6

Die Klägerin erwarb die Liegenschaft nach Überlassung der Räumlichkeiten an den Beklagten und wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

7

Mit Schreiben vom 28.01.2014 (Anlage K 2a) kündigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten das Mietverhältnis ordentlich zum 31.07.2014. Mit Schreiben vom 14.05.2014 (Anlage K 3) erklärte sie, die Kündigungsfrist auf den 30.09.2014 anzupassen.

8

Der Beklagte räumte die Gaststättenräumlichkeiten nicht und gab diese auch nicht zurück. Die Klägerin widersprach der Fortsetzung der Nutzung über den 30.09.2014 hinaus mit Schreiben vom 01.10.2014 (Anlage K 4) und forderte den Beklagten zur Räumung und Herausgabe des Objektes in vertragsgemäßen Zustand bis spätestens zum 15.10.2014 auf. Dem kam der Beklagte nicht nach.

9

Die Klägerin hat beantragt,

10

den Beklagten zu verurteilen, die im Hause in 20359 Hamburg im Erdgeschoss rechts belegenen Gaststättenräumlichkeiten („M. L.“) einschließlich Nebenräumen zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

11

Der Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Der Beklagte hat behauptet, er habe mit der vormals zuständigen Immobilienverwaltung des vorherigen Vermieters, der Fa. A.. M., und nach Rücksprache mit dem Objektseigentümer Anfang April 2012 eine mündliche Vereinbarung darüber getroffen, dass vermieterseits auf den Ausspruch einer Kündigung des Mietverhältnisses für die Dauer von fünf Jahren, mithin bis zum Ablauf des 30.04.2017, verzichtet werde. Zuvor, im Jahr 2011, seien zwischen dem Beklagten und seinem Ansprechpartner bei der Fa. A.. M., Herrn P. W., intensive Gespräche über den Zustand der Mieträumlichkeiten sowie den damals anstehenden Investitionsbedarf hinsichtlich der Substanz der Mietfläche geführt worden. Insbesondere sei es bei den Verhandlungen um die Erneuerung der Herren-WC-Räumlichkeiten, die Kostentragung für den desolaten Fußboden im Gastraum, die Sanierung von Teilen des Gastraumes nach zwei Wasserrohrbrüchen und die Herstellung eines Gast-Außenbereiches nebst erforderlicher behördlicher Genehmigung gegangen (Seite 2 der Klageerwiderung vom 02.03.2015, Bl. 19 f.). Er, der Beklagte, sei zur Durchführung dieser Verbesserungs- und Sanierungsmaßnahmen am Mietgegenstand nur bei Vereinbarung eines entsprechenden Kündigungsverzichts bereit gewesen. Im Vertrauen auf den Bestand der Anfang April 2012 getroffenen Vereinbarung habe er die erheblichen Investitionen in einer Größenordnung von ca. 20.000,00 € vorgenommen. Im Zuge dessen habe er auch eine neue, auf den Mietgegenstand konzipierte Kühlanlage verbaut.

14

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass es hinsichtlich des Kündigungsverzichts nicht an der Einhaltung der Schriftform mangele. Der Vermieter habe einseitig für einen bestimmten Zeitraum auf die Kündigung des ansonsten unbefristeten Mietverhältnisses verzichtet, ohne dass die Parteien eine bestimmte Laufzeit vereinbart hätten. Dem Beklagten sei durch die Vereinbarung die Beendigungsmöglichkeit des Mietverhältnisses nicht genommen worden.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Landgerichts vom 23.04.2015 gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO Bezug genommen.

16

Mit Urteil vom 23. April 2015 hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

17

Das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausgeführt, das Mietverhältnis sei durch die ordentliche Kündigung der Klägerin beendet worden. Sie, die Klägerin, habe das unbefristete Mietverhältnis gemäß §§ 542, 580 a BGB wirksam beendet und der Mietvertrag sei auch nicht durch Fortsetzung der Mietsache gemäß § 545 BGB verlängert worden (Seite 3 des Urteils vom 23.04.2015, Bl. 31).

18

Der Beklagte könne auch nicht mit dem Einwand gehört werden, Anfang April 2012 sei mündlich ein Kündigungsverzicht des Vermieters bis einschließlich zum 30.04.2017 erklärt worden, an den auch die Klägerin als Erwerberin gebunden sei (Seite 3 des Urteils vom 23.04. 2015, Bl. 31). Gemäß § 550 BGB bedürfe ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werde, für seine Wirksamkeit der schriftlichen Form. Dies gelte gemäß § 578 Abs. 2 Satz 1 BGB auch für Gewerberaummietverhältnisse. Ungeachtet dessen, ob die Behauptung des Beklagten tatsächlich zutreffe, bedürfe eine gesonderte Absprache in Gestalt einer Kündigungsverzichtserklärung ebenfalls der Schriftform des § 550 BGB und sei deshalb im Hinblick auf die mangelnde Wahrung der Schriftform formunwirksam. Hierzu habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass bereits der Ausschluss lediglich bestimmter Kündigungsgründe genüge, um eine Formbedürftigkeit der mietvertraglichen Vereinbarung gemäß § 550 BGB zu bejahen, welche darauf abziele, es einem in einen bestehenden Mietvertrag eintretenden Grundstückserwerber zu erleichtern, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bedingungen zu unterrichten (Seite 4 des Urteils vom 23.04. 2015, Bl. 32).

19

Wegen der weiteren Ausführungen des Landgerichts wird im Einzelnen auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 23. April 2015 verwiesen.

20

Gegen das Urteil des Landgerichts wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

21

Zur Begründung trägt er vor, das Landgericht habe sich mit den rechtlichen und tatsächlichen Aspekten, die für eine Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblich seien, nicht abschließend befasst. Insbesondere habe das Landgericht in seinem Urteil die Tatsache, dass der Beklagte im Vertrauen auf den Bestand der Kündigungsausschlussvereinbarung Investitionen in Höhe von ca. 20.000,00 € getätigt habe, unberücksichtigt gelassen (Seite 2 der Berufungsbegründungsschrift vom 28.07.2015, Bl. 59 f.).

22

Es stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, sich auf eine etwaige Verletzung des Schriftformerfordernisses zu berufen. Die Klägerin habe dem Beklagten noch mit Schreiben vom 13.01.2014 mitgeteilt, dass dessen Mietvertrag mit allen Rechten und Pflichten bestehen bleibe, eine der dortigen Geschäftsprinzipien Langfristigkeit sei und die gute Mieterstruktur auch in Zukunft erhalten bleiben solle. Mit Schreiben vom 28.01.2014 sei sodann die Kündigung erklärt worden. Da der Beklagte aufgrund der Kündigungsausschlussvereinbarung in seinem Gewerbebetrieb erhebliche in die Zukunft gerichtete Investitionen vorgenommen habe und die Aussprache der Kündigung unweit nach der Mitteilung erfolgt sei, die gute Mieterstruktur solle langfristig erhalten bleiben, sei das Verhalten der Klägerin selbst dann treuwidrig, wenn die mündliche, zwischen dem Vertreter der Immobilienverwaltung A.M. und dem Beklagten getroffene Vereinbarung formbedürftig im Sinne des § 550 BGB wäre.

23

Wegen des weiteren Vorbringens des Beklagten wird auf seine Berufungsbegründung vom 28.07.2015 (Bl. 59 f.) verwiesen.

24

Der Beklagte beantragt,

25

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. April 2015, Az.: 334 O 234/14, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

26

Die Klägerin beantragt,

27

die Berufung zurückzuweisen.

28

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Unabhängig davon, dass es auf die angebliche mündliche Vereinbarung eines Kündigungsverzichts nicht ankomme, sei ein solcher auch nicht vereinbart worden. Das Vorbringen des Beklagten, er habe in das Mietobjekt ca. 20.000,00 € investiert und die Kündigung der Klägerin sei treuwidrig, sei unzutreffend und aus Rechtsgründen unbeachtlich (Seite 3 der Berufungserwiderung vom 21.08.2015, Bl. 67 ff.). Für eine Ausnahme, nach der die vorzeitige Beendigung des Mietvertrages ausgeschlossen sei, wenn dies zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führe, sei kein Raum (Seite 3 f. der Berufungserwiderung vom 21.08.2015, Bl. 67 ff.). Weder habe der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten, noch habe er sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht. Derartiges folge auch nicht daraus, dass der Beklagte angeblich einen Betrag von ca. 20.000,00 € in das Objekt investiert habe. Unabhängig davon, dass dem Beklagten die vermeintliche Investition jedenfalls von der Vornahme bis zur Herausgabe der Räumlichkeiten zu Gute gekommen sei, sei ein solcher Betrag zu unbedeutend, um eine Ergebniskorrektur begründen zu können (Seite 4 f. der Berufungserwiderung vom 21.08.2015, Bl. 67 ff.). Selbst wenn der Beklagte die Investition im Nachgang eines angeblich vereinbarten Kündigungsverzichts getätigt habe, sei dies nicht auf der Basis eines berechtigten Vertrauens in den Fortbestand des Mietverhältnisses geschehen (Seite 4 der Berufungserwiderung vom 21.08.2015, Bl. 67 ff.). Eine Treuwidrigkeit der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung folge auch nicht daraus, dass sie vor der Kündigung das Schriftstück Anlage B 1 an den Beklagten gerichtet habe (Seite 5 der Berufungserwiderung vom 21.08.2015, Bl. 67 ff.). Mit dieser Mitteilung seien die Mieterinnen und Mieter über den Erwerbsvorgang und die Rechtsfolge des § 566 Abs. 1 BGB informiert worden, ohne dass hiermit eine Zusicherung der Klägerin irgendeiner Art verbunden gewesen sei. Insbesondere habe die Klägerin nicht in Aussicht gestellt, dass das konkrete Mietverhältnis mit dem Beklagten in Abweichung der vertraglichen Regelungen nicht jederzeit gekündigt werden könne. Das Begrüßungsschreiben der Klägerin sei dem Beklagten Mitte Januar 2014 und die Kündigung des Mietverhältnisses Ende Januar 2014 zugegangen (Seite 6 der Berufungserwiderung vom 21.08.2015, Bl. 67 ff.). Der Beklagte sei nicht schutzbedürftig. Er habe weder behauptet, in dieser Zeit ein bestimmtes Vertrauen gebildet noch Dispositionen getroffen zu haben.

29

Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf den Berufungserwiderungsschriftsatz vom 21.08.2015 verwiesen.

30

Ergänzend zum Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

31

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) des Beklagten ist unbegründet.

32

Die Entscheidung des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

33

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin ein Anspruch gegen den Beklagten auf die begehrte Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Gaststättenräume nach § 546 Abs. 1 BGB zusteht und das Mietverhältnis der Parteien aufgrund ordentlicher Kündigung der Klägerin beendet worden ist.

1.

34

Die Parteien verband ein zunächst befristetes, seit dem 01.07.2004 ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis (Anlage K 1, dort § 4 Ziffer 3. a. E.). Die Klägerin war als Erwerberin der Liegenschaft gemäß § 566 Abs. 1 BGB mit Wirkung zum 01.01.2014 (vgl. Schreiben der Klägerin vom 13.01.2014, Anlage B1) in das ursprünglich zwischen Herrn K. Z. und dem Beklagten abgeschlossene Mietverhältnis eingetreten. Das Gewerberaummietverhältnis ist durch die ordentliche Kündigung der Klägerin gemäß §§ 542, 580a Abs. 2 BGB zum 30.09.2014 wirksam beendet worden. Auch wurde das Mietverhältnis nicht durch Fortsetzung der Mietsache gemäß § 545 BGB verlängert. Denn die Klägerin hat dem Beklagten mit Schreiben vom 01.Oktober 2014 (Anlage K4) ihren entgegenstehenden Willen bezüglich der weiteren Nutzung des Mietobjektes über den 30.09.2014 hinaus fristgerecht erklärt, § 545 Satz 1 BGB.

2.

35

Die (ordentliche) Kündigung der Klägerin war nicht durch einen etwaigen Kündigungsverzicht des ehemaligen Vermieters bis einschließlich zum 30.04.2017 ausgeschlossen.

36

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die von dem Beklagten behauptete Kündigungsverzichterklärung von Anfang April 2012 (jedenfalls) formunwirksam ist (a)). Auch steht der Kündigung nicht der Einwand des rechtmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin gemäß § 242 BGB entgegen (b)).

a)

37

Der zwischen dem Beklagten und dem Rechtsvorgänger der Klägerin vermeintlich vereinbarte Kündigungsverzicht genügt nicht den Anforderungen des § 550 Satz 1 BGB.

38

§ 550 Satz 1 BGB bestimmt, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, für seine Wirksamkeit der schriftlichen Form bedarf. Anderenfalls gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Bestimmung des § 550 BGB, die gemäß § 578 Abs. 2 Satz 1 BGB auch auf Gewerberaummietverhältnisse anwendbar ist (Schmidt-Futterer/Lammel, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 550 Rn.6), findet nicht nur auf befristete Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr Anwendung, sondern auch auf Mietverhältnisse, die zwar auf unbestimmte Zeit geschlossen worden sind, für die die Parteien die ordentliche Kündigung für länger als ein Jahr ausgeschlossen haben (BGH, Beschluss vom 09. Juli 2008 - XII ZR 117/06 -, Rn. 5, juris; BGH, Urteil vom 08. Dezember 1959 - VIII ZR 164/58 -, juris).

39

Das Erfordernis der Schriftform des § 550 BGB gilt grundsätzlich für sämtliche wesentliche, auch nachträgliche, Abreden zwischen Mieter und Vermieter und somit für den gesamten Vertragsinhalt einschließlich Nebenabreden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. November 2002 - I-24 U 21/02, 24 U 21/02 -, Rn. 15, juris). Lediglich geringfügige Änderungen, die auf das langfristige Mietverhältnis ohne Einfluss bleiben oder nur anlässlich des langfristigen Mietvertrages geschlossen werden, ohne wesentlicher Bestandteil des Mietvertrages zu sein, sind nicht formbedürftig. Der Einhaltung der Schriftform bedarf es demnach stets dann, wenn das Mietverhältnis durch die getroffene Vereinbarung in seinem Kern betroffen ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. November 2002 - I-24 U 21/02, 24 U 21/02 -, Rn. 15, juris)

aa)

40

Soweit der Beklagte vorträgt, es habe hinsichtlich des (einseitigen) Kündigungsverzichts nicht der Einhaltung der Schriftform bedurft, da der Vermieter einseitig für einen bestimmten Zeitraum auf die Kündigung des ansonsten unbefristeten Mietverhältnisses verzichtet habe (Seite 2 des Schriftsatzes vom 25.03.2015, Bl. 28 a - c), kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden.

41

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarf es der Einhaltung der Schriftform des § 550 Satz 1 BGB bereits dann, wenn lediglich bestimmte Kündigungsgründe, etwa wegen Eigenbedarfs, ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 04. April 2007 - VIII ZR 223/06 -, Rn. 16, juris). Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung des § 550 BGB ist die Schriftform auch für den eingeschränkten, einseitigen Kündigungsverzicht erforderlich (BGH, Urteil vom 04. April 2007 - VIII ZR 223/06 -, Rn. 16, juris). Die andere Ansicht, die eine Formbedürftigkeit der vertraglichen Regelung dann verneint, wenn (1.) bloß das Kündigungsrecht einer Partei ausgeschlossen wird oder sich (2.) der erklärte Verzicht des Vermieters nicht generell unmittelbar auf die Dauer des Mietverhältnisses auswirkt, sondern nur bestimmte Kündigungsgründe erfasst (LG Mannheim, Urteil vom 10. Juni 1977 - 4 S 39/77 -, juris), ist hingegen mit dem Sinn und Zweck der Regelung des § 550 BGB unvereinbar (BGH, Urteil vom 04. April 2007 - VIII ZR 223/06 -, Rn. 17, juris).

42

Das Schriftformerfordernis des § 550 BGB dient nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in erster Linie dazu, das Informationsinteresse eines künftigen potentiellen Grundstückserwerbers, der nach § 566 BGB kraft Gesetzes in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, hinsichtlich des Umfangs und Inhalts der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zu schützen und zu sichern (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 -, BGHZ 200, 98-110, Rn. 26; BGH, Urteil vom 24. September 1997 - XII ZR 234/95 -, BGHZ 136, 357-373; BGH, Urteil vom 04. April 2007 - VIII ZR 223/06 -, Rn. 17, juris). Außerdem verfolgt es den Zweck, die Vertragspartner vor einer langfristigen Vertragsbindung zu warnen und grundsätzlich eine zuverlässige Beweislage hinsichtlich langfristiger Absprachen, auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien, herzustellen (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 -, BGHZ 200, 98-110, Rn. 26; Blank/Börstinghaus-Blank, Miete, 4. Auflage 2014, Rn. 5). Aus diesem Grunde bedürfen gerade solche Vereinbarungen durch die die Dauer des Mietverhältnisses auf mehr als ein Jahr erstreckt werden soll und die den potentiellen Grundstückserwerber infolgedessen länger als ein Jahr binden können, stets der Wahrung der Schriftform (BGH, Urteil vom 20. April 2005 - XII ZR 192/01 -, BGHZ 163, 27-32; BGH, Urteil vom 08. Dezember 1959 - VIII ZR 164/58 -, juris; BGH, Urteil vom 29. Oktober 1986 - VIII ZR 253/85 -, BGHZ 99, 54-62, Rn. 22). Dies gilt insbesondere auch in Ansehung der Tatsache, dass dem Erwerber - ohne Einhaltung der Schriftform - die Beschränkung des Kündigungsrechts anhand des Vertragswerkes nicht zur Kenntnis gelangen könnte.

bb)

43

Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen gilt das Formerfordernis des § 550 BGB auch für den von dem Beklagten behaupteten - eingeschränkten einseitigen - Kündigungsverzicht.

44

Mit der gesonderten nachträglichen Absprache von Anfang April 2012 - ihre Existenz unterstellt - wurde die Kündigungsmöglichkeit des (früheren) Vermieters bis einschließlich zum 30.04.2017 und somit für fünf Jahre beschränkt. Zuvor sah der Mietvertrag eine solche Kündigungsbeschränkung nicht vor. Vielmehr war das Mietverhältnis seit dem 01.07.2004 ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis (Anlage K 1, dort § 4 Ziffer 3. a.E.), das jederzeit von beiden Parteien ordentlich gekündigt werden konnte, § 580a Abs. 2 BGB. Mit dieser vermeintlichen Vereinbarung wurde das Mietverhältnis in seinem Kern betroffen, da es unter Einfluss dieser Änderung noch länger als ein Jahr, nämlich fünf Jahre, laufen sollte. Obwohl für die Klägerin und Erwerberin nicht nur ein genereller Kündigungsausschluss, sondern auch eine wesentliche Kündigungsbeschränkung von entscheidender Bedeutung ist (BGH, Urteil vom 04. April 2007 - VIII ZR 223/06 -, Rn.18, juris), bestand für sie keine Möglichkeit sich anhand des bestehenden Mietvertrages über die auf sie gemäß § 566 BGB übergehende Bindung zu informieren. Eine bloß mündlich getroffene Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem vormaligen Objektseigentümer reicht daher nicht aus, um den von § 550 BGB bezweckten Schutz des Erwerbers zu erzielen.

cc)

45

Die vermeintliche Kündigungsverzichtserklärung ist formunwirksam, so dass auch die Klägerin als Erwerberin der Gewerbefläche gemäß § 566 BGB keiner Beschränkung der Kündigung bis zum 30.04.2017 unterliegt (BGH, Urteil vom 04. April 2007 - VIII ZR 223/06 -, Rn. 12, juris). Ohne Beachtung der behaupteten Kündigungsbeschränkung konnte die Klägerin das auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietverhältnis mit dem Beklagten ordentlich kündigen. Dies gilt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ungeachtet dessen, ob die Behauptung des Beklagten tatsächlich zutrifft. Denn das Mietverhältnis wäre auch im Falle einer existierenden, jedoch formunwirksamen Kündigungsausschlussvereinbarung von Anfang April 2012 gemäß § 550 Satz 2 BGB frühestens zum Ablauf eines Jahres nach der vermeintlichen Änderung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. November 2002 - I-24 U 21/02, 24 U 21/02 -, Rn. 1, juris; BGH, Urteil vom 04. April 2007 - VIII ZR 223/06 -, Rn. 13, juris) und somit frühestens Anfang April 2013 kündbar gewesen. Denn die Missachtung des Formerfordernisses gemäß §§ 550 Satz 1, 578 Abs. 1 BGB führt dazu, dass ein vereinbarter Kündigungsverzicht - unter Beachtung der Einschränkung in § 550 Satz 2 BGB - nur für die Dauer von einem Jahr seit der Vereinbarung des Nachtrages Wirkung entfaltet.

b)

46

Der Beklagte kann der Kündigung durch die Klägerin nicht den Einwand der Treuwidrigkeit bzw. einer unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten.Entgegen der Annahme des Beklagten verstößt die Klägerin nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, wenn sie sich darauf beruft, der Mietvertrag sei im Hinblick auf die behauptete Kündigungsverzichtserklärung jedenfalls mangels Einhaltung der Schriftform ordentlich kündbar gewesen.

aa)

47

Grundsätzlich verstößt die Berufung auf einen Formmangel, insbesondere durch den Erwerber, der in Folge des § 566 BGB in das Mietverhältnis auf Vermieterseite eintritt, nicht gegen § 242 BGB (Palandt/Weidenkaff, BGB-Kommentar, 74. Aufl., 2015, § 550, Rn.12). Jede Partei darf sich darauf berufen, dass die für einen Vertrag vorgeschriebene Schriftform nicht eingehalten worden ist (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 -, BGHZ 200, 98-110, Rn. 16; BGH, Urteil vom 30. Januar 2013 - XII ZR 38/12 -, Rn. 26, juris; BGH, Urteil vom 05. November 2003 - XII ZR 134/02 -, Rn. 16, juris). Der Bundesgerichtshof hält dies nur ausnahmsweise dann für treuwidrig im Sinne des § 242 BGB, wenn die vorzeitige Beendigung des Vertrages zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 -, BGHZ 200, 98-110, Rn. 16; BGH, Urteil vom 09. April 2008 - XII ZR 89/06 , Rn. 28, juris). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat oder wenn bei Formnichtigkeit die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wäre (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 -, BGHZ 200, 98-110, Rn. 16; BGH, Urteil vom 30. Januar 2013 - XII ZR 38/12 -, Rn. 26, juris; BGH, Urteil vom 09. April 2008 - XII ZR 89/06 -, Rn. 28, juris).

48

Im vorliegenden Fall ist allein von Bedeutung, ob der Klägerin als Grundstückserwerberin (ausnahmsweise) ein treuwidriges und rechtsmissbräuchliches Verhalten angelastet werden könnte, weil sie das Mietverhältnis trotz einer vermeintlichen, mündlich abgeschlossenen Kündigungsverzichtserklärung sowie behaupteten erheblichen Investitionen in das Mietobjekt seitens des Beklagten kündigte.

bb)

49

Entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung des Beklagten (Seite 2 des Schriftsatzes vom 28.07.2015, Bl. 59 f.) ist dies nach Auffassung des Senats nicht der Fall. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht dargetan, dass hier derartige Nachteile vorliegen. Ein bewusstes Herbeiführen des Formmangels durch den vormaligen Objektseigentümer oder die Klägerin ist ebenso wenig zu erkennen wie ein schlechterdings unerträgliches Ergebnis aufgrund von dem Beklagten vermeintlich getätigten Investitionen.

(1)

50

Für den Senat ist nicht erkennbar, dass der vorherige Objektseigentümer oder die vormalige Immobilienverwaltung den Beklagten schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform hinsichtlich des vermeintlichen Kündigungsverzichtes abgehalten hätte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 -, BGHZ 200, 98-110, Rn. 16). Dies wird von dem Beklagten schon gar nicht behauptet. Vielmehr trägt er in seinem Schriftsatz vom 25.03.2015 (Seite 2 des Schriftsatzes vom 25.03.2015, Bl. 28 a-c) selbst vor, die Vereinbarungen zwischen ihm und dem vormaligen Objektseigentümer, K. Z., hätten einvernehmlich stets per Handschlag gegolten.

(2)

51

Auch hat sich der vormalige Vermieter oder die Klägerin keiner sonst besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht.

(a)

52

Soweit der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 25.03.2015 (Seite 2 des Schriftsatzes vom 25.03.2015, Bl. 28a-c) vorträgt, die Verhandlungsatmosphäre zwischen ihm und dem vormaligen Objektseigentümer, K. Z., sei von der wechselseitigen Wahrnehmung geprägt gewesen, dass auf den jeweils anderen Verlass gewesen sei und Vereinbarungen per Handschlag gegolten hätten, so reicht dies nicht aus, um aus der ordentlichen Kündigung ein besonders treuwidriges Verhalten der Klägerin herzuleiten. Anderenfalls könnte ein Vertragspartner einer eigentlich formunwirksamen Vereinbarung unter Berufung eines Verstoßes gegen die Gebote von Treu und Glauben stets Geltung verleihen. Dies würde dem Schutzzweck des § 550 BGB zuwider laufen. Ein solches Verständnis hätte zur Folge, dass der potentielle Grundstückserwerber schutzlos in einen Mietvertrag eintreten würde, an dessen Abschluss er nicht mitgewirkt hat und dessen wirtschaftliche Bedingungen sich später anders als erwartet darstellen. Der Grundstückserwerber müsste immer damit rechnen, dass auf ihn noch zusätzliche gewichtige Bindungen übergehen, die er dem Vertragswerk nicht entnehmen und daher finanziell auch nicht einkalkulieren konnte (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 -, BGHZ 200, 98-110, Rn. 27). Demgegenüber könnte sich die Vertragspartei zu deren Gunsten die Abrede gelten würde, ungeachtet ihrer Formunwirksamkeit, unter den Gesichtspunkten von Treu und Glauben gewissermaßen über die „Hintertür“ (auch) gegenüber dem neuen Grundstückserwerber auf eine umfassende Erfüllung der in der formunwirksamen Abrede vorgesehenen Pflichten berufen. Dies wäre nicht sachgerecht. Vielmehr muss dem Erwerber, der in konsequenter Anwendung des § 566 BGB auch an (nachträgliche) mündliche Abreden zwischen Vorvermieter und Mieter gebunden ist, die Möglichkeit eingeräumt werden, sich vorzeitig durch ordentliche Kündigung von dem Mietvertrag lösen zu dürfen (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 -, BGHZ 200, 98-110, Rn. 27).

53

Die Anwendung des § 242 BGB würde in einer im Hinblick auf die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erheblichen Weise den Hauptschutzzweck des § 550 BGB aushöhlen und zusätzlich verkennen, dass die Regelung des § 242 BGB nur, aber immerhin ein Korrektiv darstellt, das im Hinblick auf den zwingenden Charakter des § 550 BGB lediglich in krassen Ausnahmefällen zur Anwendung gelangen soll (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 09. Juli 2008 - XII ZR 117/06 -, Rn. 5, juris).

(b)

54

Ein solch krasser Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.

55

In dieser Hinsicht rügt der Beklagte ohne Erfolg, durch die Berufung auf den Formmangel verhalte sich die Klägerin treuwidrig, weil er im Vertrauen auf den Bestand der Kündigungsausschlussvereinbarung Investitionen in das Mietobjekt in Höhe von ca. 20.000,00 € getätigt habe (Seite 2 der Berufungsbegründung vom 28.07.2015, Bl. 59 ff.). Die Klägerin hat eine Investition in dieser Größenordnung in ihrem Schriftsatz vom 13.03.2015 (Seite 3, Bl. 25 a - d) bereits erstinstanzlich bestritten. Hieran hat sie in der Berufungserwiderung weiterhin festgehalten (Seite 4 der Berufungserwiderung vom 21.08.2015, Bl. 67 ff.).

56

Der Beklagte hätte, um für den Schutz seiner Interessen zu sorgen, vor den behaupteten Investitionen in das Mietobjekt, den (vermeintlichen) Ausschluss der ordentlichen Kündigung schriftlich fixieren können. Dies wäre auch deshalb ratsam gewesen, weil die damals zuständige Hausverwaltung dem Beklagten im Jahr 2011 namens und in Vollmacht des vormaligen Objekteigentümers noch schriftlich mitteilte, dass eine Laufzeitänderung des auf unbestimmte Zeit laufenden Mietverhältnisses „derzeit nicht in Betracht komme“ (Seite 2 der Klageerwiderung vom 13.03.2015, Bl. 25a-d; Seite 4 der Berufungserwiderung vom 21.08.2015, Bl. 67 ff.). Eine bloß mündliche Vereinbarung kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, selbst im Falle einer aufwendigen Sanierung des Mietobjektes, eine Kündigung nicht verhindern (BGH, Urteil vom 05. November 2003 - XII ZR 134/02 -, Rn. 16, juris; BGH, Urteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12 -, Rn. 16, juris). Die Parteien haben nach eigenem Vorbringen des Beklagten (Seite 2 des Schriftsatzes vom 25.03.2015, Bl. 28 a - c) einvernehmlich davon abgesehen, die vermeintliche Vereinbarung schriftkonform zu fixieren. Insofern ist der Beklagte das Risiko, dass sich finanzielle Investitionen in die Gaststättenräumlichkeiten in der von ihm behaupteten Größenordnung im Falle einer, durch das Gesetz in Folge der Nichteinhaltung der Schriftform vorgesehenen, ordentlichen Kündigung nicht angemessen amortisieren werden, bewusst eingegangen (BGH, Urteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12 -, Rn. 16, juris). Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Klägerin als Erwerberin gehen.

57

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellen erhebliche finanzielle Aufwendungen keinen hinreichenden Grund dar, um von dem Grundsatz der besonderen Kündigungsmöglichkeit abzuweichen (BGH, Urteil vom 05. November 2003 - XII ZR 134/02 -, Rn. 16, juris). Dies gilt selbst dann, wenn der Beklagte behauptet, er habe im Vertrauen auf den Bestand der Vereinbarung eine auf den Mietgegenstand konzipierte Kühlanlage verbaut (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12 -, Rn. 16, juris - eine Härte im Sinne von § 574 BGB wurde hinsichtlich einer Kündigung trotz einer speziell den räumlichen Gegebenheiten angepassten Einbauküche abgelehnt). Aus diesem Grund bedarf die Frage, ob tatsächlich Investitionen in dieser Größenordnung in das Objekt vorgenommen worden sind, keiner abschließenden Entscheidung.

(c)

58

Der Klägerin ist es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch nicht verwehrt, sich auf den Mangel der Schriftform zu berufen, weil sie dem Beklagten vor der Kündigung mit Schreiben vom 13.01.2014 (Anlage B 1) noch mitteilte, dass der Mietvertrag mit allen Rechten und Pflichten bestehen bleibe, eine der dortigen Geschäftsprinzipien Langfristigkeit sei und die gute Mieterstruktur auch in Zukunft erhalten bleiben solle.

59

Nach Auffassung des Senats lässt sich aus diesem Schreiben nicht herleiten, der Beklagte habe darauf vertrauen dürfen, die Klägerin werde von der besonderen Kündigungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen, die das Gesetz vorsieht, wenn die Schriftform nicht eingehalten ist (BGH, Urteil vom 30. Januar 2013 - XII ZR 38/12 -, Rn. 26, juris; BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 - XII ZR 178/03 -, Rn. 24, juris; BGH, Urteil vom 05. November 2003 - XII ZR 134/02 -, Rn. 16, juris).

60

Wie bereits oben ausgeführt, war die von dem Beklagten behauptete Kündigungsausschlussvereinbarung nicht schriftlich fixiert worden und daher dem Mietvertrag nicht entnehmbar. Der Klägerin war es als Erwerberin und am Vertrag nicht beteiligte Dritte nicht möglich den vollen Umfang der auf sie übergehenden Pflichten zu überblicken (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. Juni 1999 - 24 U 5/98 -, Rn. 26, juris). Wenn nun die Klägerin in ihrem Schreiben mitteilt, dass der Mietvertrag mit allen Rechten und Pflichten bestehen bleibe, kann nur von solchen Rechten und Pflichten die Rede sein, die sich für einen objektiven Dritten unmittelbar aus dem Vertragswerk entnehmen lassen und die ihr bei der Erwerbsentscheidung bekannt waren.

61

Weiterhin ist für den Senat nicht ersichtlich, inwiefern der Beklagte aufgrund des Begrüßungsschreibens der Klägerin vom 13.01.2014 (Anlage B 1) ein bestimmtes Vertrauen gebildet haben soll.

62

Der Beklagte hat die von ihm behaupteten Investitionen in das Mietobjekt in Höhe von ca. 20.000,00 € jedenfalls nicht im Hinblick auf dieses Schreiben getätigt. Dies wird von ihm auch nicht vorgetragen. Vielmehr will der Beklagte die vermeintlichen Investitionen ausschließlich im Vertrauen auf den Bestand der Kündigungsausschlussvereinbarung getätigt haben (Seite 2 der Berufungsbegründung vom 28.07.2015, Bl. 59 ff.). Dass er in der Zeit zwischen Zugang des Begrüßungsschreibens (Anlage B 1) Mitte Januar 2014 und der Kündigung Ende Januar 2014 weitere Dispositionen getroffen hat, ist weder ersichtlich noch von dem Beklagten vorgetragen.

63

Im Übrigen schildert die Klägerin mit den Ausführungen, der Mietvertrag bleibe „mit allen Rechten und Pflichten unverändert bestehen“ (Schreiben vom 13.01.2015, Anlage B 1) nur die rechtliche Situation, wie sie sich für sie als Erwerberin aus § 566 Abs. 1 BGB ergibt.Eine Zusicherung der Klägerin in rechtlicher Hinsicht - insbesondere in Gestalt der Erfüllung eventueller gewichtiger Abreden, die ihr nicht bekannt waren, war mit dem Schreiben vom 13.01.2014 (Anlage B 1) nicht verbunden.

64

Auch aus den weiteren Ausführungen, dass eines ihrer wesentlichen Prinzipien Langfristigkeit sei und die gute Mieterstruktur auch in Zukunft erhalten bleiben solle, kann kein besonders schweres treuwidriges Verhalten der Klägerin hergeleitet werden. Vielmehr lässt sich das Schreiben der Klägerin vom 13.01.2014 (Anlage B 1) bei objektiver Betrachtungsweise nur als ein allgemeines Anschreiben an alle Mieter des Objektes klassifizieren, mit dem sich die Klägerin als Erwerberin der Liegenschaft ihren zukünftigen Mietern vorstellen und außerdem sicherstellen will, dass die künftige Mietzahlung nunmehr an sie als neue Mietvertragspartnerin auf die in dem Schreiben auf Seite 2 angegebene Kontoverbindung erfolgen soll. Das konkrete Mietvertragsverhältnis mit dem Beklagten spielte hierbei keine Rolle.

(3)

65

Schließlich kann die Treuwidrigkeit und damit einhergehend die Unwirksamkeit der Kündigung auch nicht deshalb angenommen werden, weil bei Formnichtigkeit des Vertrages die Existenz des Beklagten bedroht ist. Derartiges wurde von dem Beklagten nicht konkret dargelegt und ist auch aus sonstigen Gründen nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 -, BGHZ 200, 98-110, Rn. 33).

66

Nach allem hat das Landgericht der Klage zu Recht stattgegeben. Die Berufung ist zurückzuweisen.

67

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

68

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung zu einem behaupteten individuell abgeänderten Mietvertrag, die daher nicht verallgemeinerungsfähig ist. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind bereits höchstrichterlich entschieden. Das Urteil folgt diesen Entscheidungen.

69

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 41 Abs. 2 GKG. Die monatliche Miete beträgt nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin derzeit 1.742,94 €, so dass sich die Jahresmiete auf einen Betrag in Höhe von 20.915,28 € beläuft.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen