Beschluss vom Hanseatisches Oberlandesgericht (2. Strafsenat) - 2 Rev 27/20

Tenor

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 12, vom 25. Juni 2019 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit den Maßgaben als unbegründet verworfen, dass

a) der Angeklagte des Diebstahls in Tateinheit mit Verwahrungsbruch im Amt schuldig ist,

b) der Angeklagte hinsichtlich des Einziehungsbetrags in Höhe von € 130.511,53 als Gesamtschuldner mit dem gesondert verfolgten A. Y. haftet,

c) die Liste der angewendeten Vorschriften wie folgt lautet: §§ 133 Abs. 1 und Abs. 3, 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2, 25 Abs. 2, 52, 56 Abs. 1 und Abs. 2, 73 Abs. 1, 73c, 74 Abs. 1 StGB.

2. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek hat den Angeklagten mit Urteil vom 10. Juni 2015 von dem mit - unverändert vor dem Schöffengericht zugelassener - Anklageschrift vom 29. Oktober 2014 erhobenen Vorwurf eines am 21. Juni 2014 in Hamburg gemeinschaftlich mit dem damals mitangeklagten Y. begangenen Diebstahls in Tateinheit mit Verwahrungsbruch freigesprochen, wohingegen es den mitangeklagten Y. deswegen verurteilt hat.

2

Gegen dieses Urteil, soweit es den Angeklagten betrifft, hat die Staatsanwaltschaft am 12. Juni 2015 Berufung eingelegt. Das Landgericht Hamburg hat die Berufung der Staatsanwaltschaft mit Urteil vom 4. Januar 2018 verworfen.

3

Auf die von der Staatsanwaltschaft am 9. Januar 2018 eingelegte Revision hat der Senat mit Urteil vom 5. September 2018 das Urteil des Landgerichts Hamburg mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen.

4

Im zweiten Rechtsgang hat die Kleine Strafkammer 12 des Landgerichts Hamburg mit Urteil vom 25. Juni 2019 auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 10. Juni 2015 aufgehoben, den Angeklagten wegen „Einbruchsdiebstahls“ in Tateinheit mit Verwahrungsbruch zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 7 Monaten verurteilt, die Vollstreckung von 2 Monaten der Strafe „wegen der überlangen Verfahrensdauer“ als erledigt erklärt, die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt und zudem die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 130.511,53 € gegen den Angeklagten angeordnet sowie eine Aluminium-Klappleiter als Tatmittel eingezogen.

5

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seine Verteidigerin mit am 1. Juli 2019 beim Landgericht Hamburg eingegangenem Verteidigerschriftsatz Revision eingelegt.

6

Die Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe an den Angeklagten ist am 12. Februar 2020 erfolgt, nachdem die Protokollfertigstellung - durch Ersetzung der fehlenden Unterschrift eines inzwischen aus dem Justizamt ausgeschiedenen protokollführenden Urkundsbeamten seitens des Strafkammervorsitzenden - nachgeholt worden war.

7

Die Verteidiger des Angeklagten haben die Revision am 4. Dezember 2019 und durch inhaltsgleichen Schriftsatz nochmals am 6. März 2020 mit der Verletzung sachlichen und formellen Rechts begründet und die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an eine andere Kleine Strafkammer beantragt.

8

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 30. März 2020 beantragt, die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe zu verwerfen, dass der Angeklagte statt wegen „Einbruchsdiebstahls“ wegen Diebstahls verurteilt ist.

9

Mit auf den 21. April 2020 datiertem Schriftsatz, eingehend beim Senat am 22. April 2020, hat die Verteidigerin des Angeklagten eine Gegenerklärung zum Antrag der Generalstaatsanwaltschaft abgegeben.

II.

10

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und hinsichtlich der erhobenen Sachrüge formgerecht begründete Revision des Angeklagten (§§ 333, 341, 344 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1, 345 StPO) führt zu den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Korrekturen. Im Übrigen erweist sie sich, neben der Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung im Revisionsverfahren, als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

11

1. Der Schuldspruch war wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich zu berichtigen.

12

a) In die Urteilsformel ist nicht aufzunehmen, ob die Tat wegen Vorliegens eines gesetzlichen Regelbeispiels als besonders schwerer Fall einzuordnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2009, Az.: 3 StR 128/09; Meyer-Goßner/Schmitt, § 260 Rn. 24 m.w.N.). Bloße Strafzumessungsregeln, wozu auch die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB gehören, sind infolgedessen auch nicht - etwa als „Einbruchsdiebstahl“ - zu umschreiben.

13

b) Der Qualifikationstatbestand des § 133 Abs. 3 StGB normiert ein (unechtes) Amtsdelikt. Um das Unrecht der Tat hinreichend zu kennzeichnen, ist entgegen § 267 Abs. 4 Satz 2 StPO bei einer Verurteilung nach § 133 Abs. 3 StGB der Zusatz „im Amt“ in den Tenor aufzunehmen (vgl. MüKoStGB/Hohmann, § 133 Rn. 27; SK/Krauß, § 133 Rn. 44; SSW/Jeßberger, § 133 Rn. 11; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, § 133 Rn. 19).

14

2. Bei der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen ist in den Blick zu nehmen, ob Tatbeteiligte an der Tatbeute (Mit-)Verfügungsgewalt erlangt hatten. In derartigen Fällen ist eine Haftung als Gesamtschuldner anzuordnen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 19. September 2019, Az.: 3 StR 354/19, juris; BGH, Urteil vom 20. Januar 2021, Az.: 5 StR 347/20, juris; auch Senat, Beschluss vom 1. Juli 2020, Az.: 2 Rev 86/19).

15

Deshalb hat der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Absatz 1 StPO den Ausspruch über die Einziehung des Wertes der Taterträge um die gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten mit dem gesondert verfolgten A. Y. ergänzt.

16

3. Die Liste der angewendeten Vorschriften hat der Senat entsprechend dem Schuld- und Rechtsfolgenausspruch durch Neufassung berichtigt und ergänzt.

17

4. Im Übrigen war die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Absatz 2 StPO).

18

Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass der Angeklagte die bei der Tat verwendeten gefährlichen Werkzeuge – Kuhfuß und Hammer – verabredungsgemäß zuvor bereitgestellt hatte und dennoch nicht nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB (zum Meinungsstand betreffend die Auslegung des Merkmals des Beisichführens eines gefährlichen Werkzeugs etwa Fischer, § 244 StGB Rn. 13 ff., 24) verurteilt hat, ist der Angeklagte hierdurch nicht beschwert.

III.

19

Ergänzend zur Kompensationsentscheidung des Landgerichts für die eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Berufungsverfahren stellt der Senat auch eine weitere rechtsstaatswidrige Verzögerung von etwa sechs Monaten im Revisionsverfahren fest.

20

1. Die Verfahrensakte ist am 2. April 2020 bei dem Senat eingegangen. Unter Berücksichtigung des weiteren Verfahrensgangs war die Sache seit dem 6. Mai 2020 entscheidungsreif. Unter Berücksichtigung einer noch angemessenen Bearbeitungsdauer ist deshalb im Revisionsverfahren eine von dem Angeklagten nicht zu vertretende weitere rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von etwa 6 Monaten eingetreten.

21

2. Zur - von Amts wegen vorzunehmenden - Kompensation dieser Verfahrensverzögerung ist jedoch die hiermit erfolgte Feststellung ihres Eintritts ausreichend; der Erklärung eines weiteren Teils der verhängten Freiheitsstrafe als vollstreckt bedurfte es nicht (zur Kompensation rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen BGHSt 52, 124 ff.; Fischer § 46 Rn. 121 ff., 128 ff. m.w.N.).

22

Bei der Bestimmung von Art und Umfang der erforderlichen Kompensation hat der Senat die insoweit maßgeblichen Umstände berücksichtigt. Insbesondere war die Belastung des Angeklagten durch das laufende Verfahren zu beachten.

23

Diese ist angesichts der Gesamtumstände als gering bis mittelgradig einzuordnen. Hierbei hat der Senat einerseits die Erwartung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten für den bislang unbestraften Angeklagten und den Umstand, dass der Angeklagte - neben dem drohenden Strafmakel als solchem - auch mit dienst- und versorgungsrechtlichen Konsequenzen der strafrechtlichen Verurteilung zu rechnen hat, in den Blick genommen. Andererseits war zu berücksichtigen, dass die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist und der Angeklagte auch nach seiner Suspendierung vom Dienst im August 2014 fortlaufend Einkommen bezogen hat.

IV.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, Abs. 4 StPO. Im Hinblick auf den geringfügigen Teilerfolg des Rechtsmittels ist es nicht geboten, den Angeklagten von einem Teil der Kosten freizustellen.

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