Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Senat für Familiensachen) - 8 UF 12/12

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Zeitz vom 28. November 2011 in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Auf die unselbständige Anschlussbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Zeitz vom 28. November 2011 in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Januar 2012 dahin abgeändert, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird,

für das einkommensteuerliche Veranlagungsjahr 2009 der gemeinsamen Veranlagung des Antragstellers und der Antragsgegnerin zur Einkommensteuer zuzustimmen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Der Beschwerdewert beträgt EUR 2.303,56.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung, und zwar für das einkommensteuerliche Veranlagungsjahr 2009.

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Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 12. August 2006 die Ehe miteinander geschlossen. Der Antragsteller ist seit 2001 als Ver- und Entlader bei der Fa. R. GmbH in E. / Ortsteil T. angestellt, die Antragsgegnerin war bis zum Ende der streitigen Zeit (einkommensteuerliches Veranlagungsjahr 2009) als Rechtsanwaltsfachangestellte tätig.

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Aus der Ehe der Beteiligten ging

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das (am 18. Juni 2004 geb.) Kind N.

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hervor.

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Bis zum Veranlagungsjahr 2008 einschließlich ließen sich die Ehegatten einkommensteuerlich zusammenveranlagen (§ 26 EStG). Da ihre eheliche Lebensgemeinschaft noch bestand, hatten sie die Möglichkeit, entweder die Steuerklassen IV / IV (§ 38b Nr. 4 EStG) oder die Steuerklassen III / V (§ 38b Nr. 3 a, aa EStG) zu wählen. Die Ehegatten machten von der zweiten Möglichkeit Gebrauch, so dass das Einkommen des Antragstellers nach der günstigen Steuerklasse III und das der Antragsgegnerin nach der ungünstigen Steuerklasse V versteuert wurde (§ 38b Nr. 3 a, aa EStG). Infolgedessen verblieb dem Antragsteller bei einem Kinderfreibetrag von 0,5 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von EUR 1.832 monatlich (Bl. 36 d.A.) und der Antragsgegnerin bei 0,5 Kinderfreibetrag ein durchschnittliches Nettoeinkommen von ca. EUR 655 monatlich (Bl. 26 d.A.).

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1. Ende 2008 oder im Mai 2009 trennten sich die Ehegatten. Am 14. Mai 2009 zog der Antragsteller aus der Ehewohnung, die sich in der von den Ehegatten angemieteten Eigentumswohnung an der P. Straße 31 in Z. befand, aus. Als die Ehewohnung zum 31. August 2009 gekündigt wurde, zog auch die Antragsgegnerin – mit dem Kind – aus. Nach der Trennung der Ehegatten beantragte die Antragsgegnerin bei der Finanzverwaltung eine getrennte steuerliche Veranlagung, die auch durchgeführt wurde (§ 26 Abs. 2 EStG). Die Einzelheiten sind streitig:

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Der Antragsteller trägt vor, er habe mit der Antragsgegnerin noch bis 14. Mai 2009 in ehelicher Lebensgemeinschaft gelebt; erst am 14. Mai 2009 habe man sich getrennt, indem er – das ist unstreitig – endgültig aus der Ehewohnung ausgezogen sei. Weil die Trennung erst 2009 erfolgt sei, könnten sich die Ehegatten noch für dieses Veranlagungsjahr zusammenveranlagen lassen (§ 26 Abs. 1 EStG). Im Falle einer Zusammenveranlagung stehe der Antragsgegnerin jedenfalls für die Zeit bis August 2009 einschließlich kein Anspruch auf Ausgleich steuerlicher Nachteile zu, denn auch nach der Trennung habe man auf der Grundlage der Steuerklassen III und V und der dadurch bedingten geringeren Steuerlast weitergewirtschaftet. So habe er von seinem damals höheren Nettoeinkommen in der Steuerklasse III bis August 2009 einschließlich Trennungsunterhalt an die Antragsgegnerin geleistet. Zwar habe er keinen Barunterhalt gezahlt, er habe aber Naturalunterhalt geleistet, indem er u.a. auch nach seinem Auszug aus der Ehewohnung am 14. Mai 2009 bis 31. August 2009 einschließlich die Miete für die von ihm zu diesem Zeitpunkt bei der Verwalterin (Z. Wohnungsgenossenschaft) gekündigte Ehewohnung (Bl. 15 d.A.) nebst Abschlusszahlung weitergezahlt und dem Vermieter auch Mängelbeseitigungskosten erstattet habe (bei der Beendigung des Mietverhältnisses am 31. August 2009 zogen die Antragsgegnerin und das Kind aus der Ehewohnung aus). Seine Zahlungen stellten „Unterhaltsleistungen“ dar, „die ihrerseits wiederum der Höhe nach durch (sc. seine) Nettoeinkünfte .. bestimmt“ gewesen seien. Würde der Antragsgegnerin ein Nachteilsausgleich zugestanden, würde er in unbilliger Weise „doppelt belastet“, „indem zum einen der Unterhalt auf der Basis des durch die Steuerklassenwahl erzielten Liquiditätsvorteils berechnet würde und zum anderen der Liquiditätsvorteil über den Nachteilsausgleich … abzuführen wäre“ (Bl. 3 d.A.).

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Die Antragsgegnerin hat vorgerichtlich erwidert, man lebe bereits seit Januar 2009 getrennt (Bl. 8 f. d.A.). Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hat sie ihr Vorbringen dahin spezifiziert, dass sich der Antragsteller schon im Dezember 2008 von ihr getrennt und einer neuen Partnerin zugewandt habe, bei der er Silvester verbracht und dann „hauptsächlich“ gewohnt habe (Bl. 26, 53 d.A.); nach einem Streit mit seiner Lebensgefährtin sei er zwar vorübergehend wieder eingezogen, im Mai 2009 aber „endgültig“ ausgezogen. Obwohl sie, die Antragsgegnerin, „tatsächlich … im Jahr 2009 auf ihr Einkommen Steuern nach Steuerklasse 5 und damit sehr hohe Steuern gezahlt“ habe, weil bei ihr „erhebliche Steuerabzüge vorgenommen“ worden seien, und sie erst durch die später durchgeführte getrennte Veranlagung „so gestellt“ worden sei, „als wäre sie von Beginn der Trennung an in Steuerklasse 2 eingeordnet worden“, habe der Antragsteller keinen Trennungsunterhalt (Barunterhalt), sondern lediglich – für zwei Monate – Kindesunterhalt gezahlt. Die Miete habe er nur bis Juli 2009 übernommen (Bl. 25, 26 d.A.); für August 2009 habe er sich nicht mehr an der Miete beteiligt, weil die Miete für diesen Monat mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution verrechnet worden sei, der „beiden Parteien“ zugestanden habe. Da die Trennung schon Ende 2008 erfolgt und „nicht zu vermuten“ sei, dass der Antragsteller von einer Zusammenveranlagung einen „Vorteil“ habe, könne er für 2009 keine Zusammenveranlagung verlangen (§ 26 Abs. 1 EStG). Dies ergebe sich auch daraus, dass der Antragsteller sie nicht uneingeschränkt von steuerlichen Nachteilen freistellen wolle, die sie bei einer Zusammenveranlagung erleide. Infolge der getrennten Veranlagung habe sie für das Veranlagungsjahr eine Steuererstattung erhalten, die sie im Falle einer Zusammenveranlagung „zurückzahlen“ müsse, ohne vom Finanzamt einen Ausgleich zu erhalten; im Übrigen stehe ihr der gesamte Kinderfreibetrag zu (Bl. 8 f., 25 d.A.).

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Dazu ist Folgendes festzustellen:

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Die vom Antragsteller behaupteten Mietzahlungen an die Verwalterin (Z. Wohnungsgenossenschaft) gehen zwar nicht vollständig aus den von ihm für die Zeit von Januar bis August 2009 vorgelegten Kontoauszügen (Bl. 16 ff., 42 ff. d.A.) hervor, weil für die Monate Februar und März 2009 Nachweise fehlen (die Mietzahlung für den Monat August 2009 inklusiv Mängelbeseitigungskosten [Bl. 15 d.A.] hat der Antragsteller nachgewiesen, weil die Verwalterin von ihm eine Begleichung aus der für die Verwalterin hinterlegten Mietkaution forderte, die der Antragsteller nachweislich allein – ohne Beteiligung der Antragsgegnerin – auf einem Sparbuch eingezahlt hatte [Bl. 14 d.A.]). Die Antragsgegnerin hat aber in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 09. November 2011 eingestanden, dass der Antragsteller die Miete zahlte (Bl. 92 d.A.). Die vom Antragsteller gezahlte Miete betrug demnach

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(Bl. 16 ff., 42 ff., 14 d.A.):

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Januar 2009

 EUR 401

Februar 2009       

 EUR 401

März 2009

 EUR 401

April 2009

 EUR 401

Mai 2009

 EUR 401

Juni 2009

 EUR 401

Juli 2009

 EUR 393

August 2009

 EUR 393

14

Zwar sind auch die vom Antragsteller vorgelegten Belege für die Zahlung der Nebenkosten an die Stadtwerke Z. unvollständig; es fehlen Zahlungsnachweise für die Monate März und Juni 2009 (Bl. 16 ff., 42 ff. d.A.). Der Antragsteller hat aber für die Zeit von Januar bis August 2009 – bis auf die besagten Monate März und Juni 2009 – belegt, dass er nicht nur die Nebenkostenvorauszahlungen von EUR 175 monatlich leistete, sondern nach Beendigung des Mietverhältnisses zum 31. August 2009 auch weitere EUR 143,00 (am 02. Oktober 2009; Bl. 19 d.A.) sowie – auf die Schlussrechnung der Stadtwerke – abschließend EUR 122,38 (am 13. November 2009; Bl. 20 d.A.), wogegen die Antragsgegnerin keine Zahlungsbelege vorlegte, obgleich ihr dies (nach ihrer Darstellung) möglich gewesen sein müsste. Mit Rücksicht darauf gilt das Vorbringen des Antragstellers als zugestanden (§ 113 FamFG in Verbindung mit § 138 ZPO), so dass davon auszugehen ist, dass der Antragsteller in der Zeit von Januar bis August 2009 sämtliche Nebenkosten trug, d.h. folgende von ihm behauptete Nebenkostenzahlungen leistete (Bl. 10, 41 d.A.):

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Januar 2009

 EUR 175,00

Februar 2009       

 EUR 175,00

März 2009

 EUR 175,00

April 2009

 EUR 175,00

Mai 2009

 EUR 175,00

Juni 2009

 EUR 175,00

Juli 2009

 EUR 175,00

August 2009

 EUR 175,00

Nachzahlung

 EUR 265,38

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2. Im Zuge der getrennten Veranlagung der Ehegatten ab September 2009 konnte die Antragsgegnerin als Folge der Trennung rückwirkend in die günstigere Steuerklasse II (alleinerziehend mit Kind) wechseln (§ 38b Nr. 2, § 39 Abs. 5 EStG), so dass der Antragsteller nach der Steuerklasse I besteuert wurde (§ 38b Nr. 1 b EStG; Bl. 25, 53 d.A.). Für den Antragsteller würde die Zusammenveranlagung – nach seiner Behauptung – für 2009 statt zu einer Steuernachzahlung von EUR 2.127,99 zu einer Einkommensteuererstattung von EUR 175,57 führen (Bl. 5 d.A.), wenn sein Einspruch gegen den (nicht zu den Akten gereichten) Steuerbescheid Erfolg hätte, der auf Grund der getrennten Veranlagung erlassen wurde, wogegen die Antragsgegnerin auf Grund der getrennten Veranlagung für 2009 - unstreitig - eine Einkommensteuererstattung von EUR 2.001,51 bezog (Bl. 8 d.A.), die sie nach ihrer Behauptung in voller Höhe wieder zurückzahlen müsste (Bl. 8 d.A.), wogegen der Antragsteller einwendet, dass die steuerliche Belastung der Antragsgegnerin geringer sein dürfte, jedenfalls müsse die Berechnung dem Finanzamt überlassen bleiben (Bl. 36, 155 d.A.).

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Nachdem die Ehe rechtskräftig geschieden war, hat der Antragsteller am 20. Juni 2011 beim Familiengericht den Antrag anhängig gemacht, die Antragsgegnerin zu verpflichten, für das Veranlagungsjahr 2009 der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung zuzustimmen (Schriftsatz vom 10. Juni 2011; Bl. 1 ff. d.A.). Mit Schriftsatz vom 03. August 2011 hat er seine uneingeschränkte Bereitschaft erklärt, „die sich für die Antragsgegnerin aus dieser Zusammenveranlagung tatsächlich ergebenden Nachteile auszugleichen“ (Bl. 33 d.A.).

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Als das Familiengericht am 09. November 2011 mit den Beteiligten mündlich verhandelt hatte – wobei der Antragsteller zwar den Antrag aus seiner Antragsschrift stellte, die besagte uneingeschränkte Freistellungserklärung aus seinem Schriftsatz vom 03. August 2011 aber auf die Zeit „ab September 2009“ beschränkte („wie bereits auch schon schriftsätzlich vorgetragen“ [Bl. 36, 93 d.A.]), hat das Familiengericht die Antragsgegnerin mit einem (nicht verkündeten, aber schriftlich zugestellten) Beschluss vom 25. November 2011 (der am 28. November 2011 zur Geschäftsstelle gelangte) verpflichtet,

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der gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer gemäß § 26b EStG Zug um Zug gegen Zahlung eines Nachteilsausgleichs in Höhe von EUR 667,17 zuzustimmen.

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Zur Begründung führt das Familiengericht aus, die Ehegatten hätten sich erst am 14. Mai 2009 getrennt (§ 1567 BGB) und eine Wirtschaftsgemeinschaft geführt. Für die Zeit bis August 2009 einschließlich brauche der Antragsteller nicht zum Ausgleich steuerlicher Nachteile der Antragsgegnerin verpflichtet zu werden, wie er zutreffend vortrage; für diese Zeit müsse die Antragsgegnerin der Zusammenveranlagung uneingeschränkt zustimmen. Erst für die Zeit ab September 2009 – also für 4/12 des Veranlagungsjahres 2009 – könne der Antragsteller die Zusammenveranlagung nur Zug um Zug gegen einen Ausgleich steuerlicher Nachteile der Antragsgegnerin verlangen; der steuerliche Nachteil der Antragsgegnerin bestehe darin, dass sie die auf diese Zeit entfallende Einkommensteuererstattung – d.s. 4/12 der für das gesamte Jahr 2009 bezogenen Einkommensteuererstattung von EUR 2.001,51 (mithin EUR 667,17) – zurückzahlen müsse. Danach sei die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Zusammenveranlagung für das Veranlagungsjahr 2009 Zug um Zug gegen Zahlung von EUR 667,17 an die Antragsgegnerin zuzustimmen.

21

Mit Beschluss vom 11. Januar 2012 hat das Familiengericht den Tenor seiner Entscheidung dahin berichtigt, dass es die ausgesprochene Verpflichtung der Antragsgegnerin auf das Veranlagungsjahr „2009“ beschränkt hat (Bl. 118 d.A.). Dagegen hat die Antragsgegnerin zwar fristgemäß sofortige Beschwerde eingelegt, da der zweite Satz des Tenors des Ursprungsbeschlusses vom 28. November 2011, nämlich „im Übrigen wird der Antrag abgewiesen“ (Bl. 93 d.A.), im Berichtigungsbeschluss nicht wiederholt worden ist. Eine solche Wiederholung hält der Senat aber nicht für notwendig, da sich die Beschränkung der Verpflichtung der Antragsgegnerin auf das Veranlagungsjahr 2009 unmissverständlich aus dem Berichtigungsbeschluss ergibt und eine teilweise Abweisung des Antrags des Antragstellers nicht in Betracht kommt, weil sich der Antragsteller im ersten Rechtszug zum (teilweisen) Nachteilsausgleich in der vom Amtsgericht und der vom Senat angenommenen Höhe bereit erklärt hat, wodurch er seinen erstinstanzlichen Antrag beschränkt hat. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird mit der Entscheidung des Senats in der Hauptsache erledigt (im Falle eines Vergleichs oder einer Rücknahme des Rechtsmittels: Im Verhandlungsprotokoll).

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Gegen die – ihr am 05. Dezember 2011 zugestellte – Ursprungsentscheidung vom 28. November 2011 wendet sich die Antragsgegnerin mit der am 29. Dezember 2011 beim Familiengericht eingelegten und – nach entsprechender Fristverlängerung bis 29. Februar 2012 – begründeten Beschwerde, mit der sie ihren erstinstanzlichen Abweisungsantrag weiterverfolgt.

23

Dem Antragsteller wurde die Entscheidung des Amtsgerichts am 30. November 2011 zugestellt. Innerhalb von einem Monat hat der Antragsteller kein Rechtsmittel eingelegt. Er hat allerdings mit Schriftsatz vom 26. Januar 2012 eine unselbständige Anschlussbeschwerde angekündigt. Die gegnerische Beschwerdebegründungsschrift wurde ihm am …. zugestellt und ihm eine Frist zur Erwiderung bis 16. Mai 2012 gesetzt (Bl. 148 d.A.). Innerhalb dieser Frist hat er unselbständige Anschlussbeschwerde mit dem Antrag eingelegt, den der Antragsgegnerin Zug um Zug zu gewährenden Nachteilsausgleich nicht auf EUR 667,17 zu beziffern, sondern nach seiner pauschalen Zustimmung zum Ausgleich der der Antragsgegnerin – für die Zeit von September 2009 bis Dezember 2009 – entstehenden steuerlichen Nachteile zu tenorieren (Bl. 149 d.A.), da der durch die gemeinsame Veranlagung entstehende Nachteil der Antragsgegnerin auch geringer als EUR 667,17 sein könne; die Ermittlung des steuerlichen Nachteils müsse der Finanzverwaltung überlassen bleiben (Bl. 155 d.A.).

II.

24

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin (§ 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG [vgl. NK-BGB/Wellenhöfer, § 1353 Rn 16 m.w.N.], §§ 58 ff., § 117 FamFG) ist nicht begründet; die zulässige unselbständige Anschlussbeschwerde des Antragstellers (§ 117 Abs. 3 FamFG in Verbindung mit § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO) ist begründet:

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1. Wie das Familiengericht zutreffend annimmt, ergibt sich aus dem Wesen der Ehe für beide Ehegatten die – aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB abzuleitende – Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach „Möglichkeit“ zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Ein Ehegatte ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert, der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird (BGH, FamRZ 2005, 182, 183 m.w.N.).

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2. Um einen solchen – familienrechtlichen – Anspruch des die Zusammenveranlagung begehrenden Ehegatten anzunehmen, muss der Familienrichter (abweichend von der Ansicht der Antragsgegnerin) nicht zweifelsfrei feststellen, dass die Voraussetzungen für eine gemeinsame Veranlagung nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG vorliegen. Nach der besagten Bestimmung können unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Ehegatten zwar nur dann zwischen getrennter und gemeinsamer Veranlagung wählen, wenn sie nicht dauernd getrennt leben und diese Voraussetzungen noch zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 EStG). Würde die – familienrechtliche – Verpflichtung eines Ehegatten, der Zusammenveranlagung zuzustimmen, aber davon abhängen, dass die Voraussetzungen nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG vorliegen, so wäre hierüber bereits vom Familiengericht zu befinden, und wenn das Familiengericht den Tatbestand des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG verneinen würde, würde dem die Zusammenveranlagung begehrenden Ehegatten bereits im Vorfeld die Möglichkeit genommen, eine Klärung streitiger Fragen durch die dafür zuständigen Finanzbehörden und -Gerichte herbeizuführen. Dies wäre mit der familienrechtlichen Verpflichtung des auf Zustimmung in Anspruch genommenen Ehegatten, dabei „mitzuwirken“, dass die finanziellen Lasten des anderen Ehegatten „möglichst“ vermindert werden, nicht zu vereinbaren. Denn dieses Ziel lässt sich nur erreichen, wenn dem eine Zusammenveranlagung begehrenden Ehegatten die „Möglichkeit“ eröffnet wird, eine Entscheidung der zuständigen Finanzbehörden bzw. -Gerichte darüber herbeizuführen, ob für einen bestimmten Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG vorliegen (BGH a.a.O., S. 183). Mit Rücksicht darauf kann ein Ehegatte auch dann verpflichtet werden, der Zusammenveranlagung zuzustimmen, wenn es zweifelhaft erscheint, ob die Wahlmöglichkeit nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG besteht; ausgeschlossen ist die Pflicht zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung nur, wenn eine gemeinsame Veranlagung zweifelsfrei nicht in Betracht kommt (BGH a.a.O. unter Bezugnahme auf die Vorinstanz OLG Oldenburg, FuR 2002, 380, 381). Dies kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden:

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Zwischen den Beteiligten ist zwar streitig, ob sie zu Beginn des streitbefangenen Veranlagungsjahres 2009 noch nicht getrennt (im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG) d.h. zusammengelebt haben, wobei es im Rahmen von § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht auf das räumliche Zusammenleben, sondern auf die Aufrechterhaltung der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft ankommt (BGH a.a.O.). Die Möglichkeit, dass die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft im Jahre 2009 noch bestanden hat, ist aber jedenfalls nicht auszuschließen. So ist der Antragsteller nicht nur erst im Mai 2009 „endgültig“ aus der Ehewohnung ausgezogen, sondern er hat bis zu diesem Zeitpunkt – und sogar darüber hinaus (dazu unten) – auch noch die Miete sowie die Nebenkosten für die Ehewohnung weitergezahlt (siehe oben). Ob dieses Indiz für den Fortbestand der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft allein oder neben dem Wohnen in der Ehewohnung bis Mai 2009 und weiterer Indizien (der Antragsteller trägt vor, die Antragsgegnerin habe sein Vorbringen nicht nur im abgeschlossenen Ehescheidungsverfahren, sondern auch in einem früheren Sorgerechtsverfahren zugestanden) für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG ausreicht, ist nicht im Rahmen des vorliegenden familiengerichtlichen Verfahrens, sondern von den Finanzbehörden bzw. -Gerichten zu entscheiden, welche die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG von Amts wegen zu ermitteln haben (vgl. BGH a.a.O.). Die von der Antragsgegnerin zum Beweis ihrer Behauptung benannten Zeugen sind zum Teil nur Zeugen vom Hörensagen (Bl. 127 d.A.) und können im Übrigen zur Wirtschaftsgemeinschaft der Ehegatten keine Angaben machen (Bl. 128 d.A.).

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3. Abweichend der Ansicht der Antragsgegnerin braucht auch nicht zweifelsfrei festzustehen, dass eine Zusammenveranlagung der Ehegatten die Steuerlast des Antragstellers verringern würde. Der Bundesgerichtshof ist in der zitierten Entscheidung (a.a.O.) nämlich der Auffassung der Vorinstanz (OLG Oldenburg) gefolgt, dass der familienrechtliche Anspruch auf Zustimmung zur einkommensteuerlichen Zusammenveranlagung erst dann entfällt, wenn für den die Zusammenveranlagung begehrenden Ehegatten offensichtlich keine wirtschaftlichen Vorteile erreicht werden können (BGH a.a.O., S. 182 f. unter Bezugnahme auf OLG Oldenburg, FuR 2002, 380, 381). Denn nur wenn „von vornherein sicher ausgeschlossen“ werden kann, dass steuerliche Nachteile für den die Zusammenveranlagung begehrenden Ehegatten beseitigt werden können, würde sein Anspruch am allgemeinen Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB: Schikaneverbot) scheitern (so ausdrücklich OLG Oldenburg a.a.O.).

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Auch dies ist hier nicht anzunehmen. Vielmehr hat die Antragsgegnerin erstinstanzlich eingeräumt, dass der Antragsteller bei einer Zusammenveranlagung für das Jahr 2009 einkommensteuerlich „begünstigt“ würde (Schriftsatz vom 06. Juli 2011, Bl. 27 d.A.). Dafür spricht auch das wesentlich höhere Nettoeinkommen, das der Antragsteller schon in den vorausgegangenen Veranlagungsjahren bis 2008 erzielte und das – abweichend von der Ansicht der Antragsgegnerin – nicht ohne Weiteres allein auf der für die Antragsgegnerin ungünstigen Wahl der Steuerklassen (III und V) und der Aufteilung des Kinderfreibetrags beruhte. Bei gemeinsamer einkommensteuerlicher Veranlagung (§ 26 EStG) werden die Einkünfte der Ehegatten zusammengerechnet (§ 26a EStG) und der Einkommensteuertarif wird nach dem Splittingverfahren ermittelt (§ 32a Abs. 5 EStG); dies führt in der Regel zu einer geringeren steuerlichen Belastung und somit zu einem höheren Nettoeinkommen der Ehegatten, wenn zwischen ihren Einkünften größere Differenzen bestehen (Anm. Meyer, FamRZ 2005, 184, zu BGH, FamRZ 2005, 182 ff.). Nach alledem hat die Antragsgegnerin die Darstellung des Antragstellers nicht widerlegt, dass eine Zusammenveranlagung auf seiner Seite für das Veranlagungsjahr 2009 statt zu einer Einkommensteuernachzahlung zu einer Steuererstattung führen würde.

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4. Zwar setzt ein familienrechtlicher Anspruch auf Zusammenveranlagung weiter voraus, dass der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte keiner zusätzlichen Steuerbelastung ausgesetzt wird (oben zu 1.); es ist nämlich von dem Grundsatz auszugehen, dass ein Ehegatte eine Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht verlangen kann, wenn es dadurch zu einer zusätzlichen steuerlichen Belastung des anderen kommt (BGH, FamRZ 2010, 269, 271). Dabei muss es sich aber um eine Belastung handeln, die der andere Ehegatte im Innenverhältnis der Ehegatten nicht zu tragen hat (BGH a.a.O.), und auch in einem solchen Fall besteht eine Zustimmungspflicht, wenn sich der die Zustimmung begehrende Ehegatte dem anderen gegenüber bindend (vgl. BGH, NJW 1983, 1545, 1547) verpflichtet, ihn von jeder Mehrbelastung freizustellen, die sich für ihn gegenüber einer getrennten Veranlagung ergibt (Kuckenburg/Perleberg-Kölbel a.a.O., 13. Kapitel Rn 235 m.w.N.; ferner Büttner/Niepmann/Schwamb, Die Rspr. zur Höhe des Unterhalts, 11. Auflage, Rn 924; der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte darf seine Zustimmung nicht von einer unmittelbaren Beteiligung an Steuervorteilen des die Zustimmung begehrenden Ehegatten abhängig machen, Kuckenburg/Perleberg-Kölbel in Gerhardt/v.Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 8. Auflage, 13. Kapitel Rn 232 m.w.N.):

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a) Demnach kann ein Anspruch des Antragstellers auf Zusammenveranlagung nur ausgeschlossen sein, wenn die Antragsgegnerin durch die Zusammenveranlagung einer zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird, die sie im Innenverhältnis zum Antragsteller nicht zu tragen hat (vgl. BGH, FamRZ 2007, 1229, 1230):

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aa) Die nach § 26b EStG zusammen veranlagten Ehegatten haben gemäß § 44 AO als Gesamtschuldner für festgesetzte Steuern aufzukommen. Im Innenverhältnis besteht zwischen Gesamtschuldnern zwar grundsätzlich eine Ausgleichspflicht nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach sie im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen haften (Halbteilungsgrundsatz). Dies gilt aber nur, soweit ausnahmsweise nichts anderes bestimmt ist (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB), wobei sich eine abweichende Bestimmung aus dem Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens, ergeben kann (BGH a.a.O.).

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bb) (1) Die Notwendigkeit, die Aufteilung abweichend vom Halbteilungsgrundsatz des § 426 Abs. 1 BGB vorzunehmen, ergibt sich zunächst aus den güterrechtlichen Beziehungen der Ehegatten. Die Ehegatten sind nämlich sowohl im Güterstand der Gütertrennung als auch in dem der Zugewinngemeinschaft hinsichtlich ihres Vermögens und ihrer Schulden selbständig. D.h., im Verhältnis der Ehegatten zueinander hat nicht jeder von ihnen die Hälfte der Steuern zu zahlen, sondern nur für die Steuer aufzukommen, die auf seine eigenen Einkünfte entfällt (BGH a.a.O.).

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(2) Auch dieser Maßstab kann von einer anderweitigen Bestimmung im Sinne von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB überlagert werden. So haben die Beteiligten im vorliegenden Fall durch ihre bisherige Handhabung eine anderweitige Bestimmung getroffen. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben nämlich bewusst die Steuerklassen III / V gewählt, um damit monatlich mehr bare Geldmittel zur gemeinsamen Verwendung zur Verfügung zu haben, als dies bei der Wahl der Steuerklassen IV / IV der Fall gewesen wäre. Dadurch haben die Ehegatten in Kauf genommen, dass das höhere Einkommen des Antragstellers im streitbefangenen Veranlagungsjahr 2009 – bis zur Durchführung der getrennten Veranlagung, die nach der unbestrittenen Darstellung des Antragstellers erst nach August 2009 erfolgte – relativ niedrig und das niedrigere Einkommen der Antragsgegnerin vergleichsweise hoch besteuert wurde. Es besteht kein Anlass anzunehmen, dass der Antragsteller und die Antragsgegnerin an dieser Übung ohne die Trennung nicht festgehalten hätten. Vielmehr entspricht es dem normalen Verlauf, dass Ehegatten in intakter Ehe die Zusammenveranlagung wählen, um wegen der unterschiedlichen Höhe ihrer Einkünfte auf Grund der Anwendung der Splittingtabelle eine wesentlich geringere gemeinsame Steuerlast als bei getrennter Veranlagung zu tragen (vgl. BGH a.a.O.).

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(3) Nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft (Trennung, § 1567 BGB) besteht für Ehegatten zwar – grundsätzlich – keine Veranlassung mehr, an der bisherigen Handhabung festzuhalten und dem anderen noch eine Vermögensmehrung zukommen zu lassen, denn beim Scheitern der Ehe ist von einer grundlegenden Veränderung der Verhältnisse auszugehen (BGH a.a.O.). Aber auch nach der Trennung kann – ausnahmsweise – der Gesichtspunkt zum Tragen kommen, dass mit den (mit den Steuerklassen III und V erzielten) höheren Gesamteinkünften weitergewirtschaftet wurde. So kann der eine Ehegatte auf der Grundlage der Steuerklasse III und seiner dadurch bedingten geringeren Steuerlast (also der Ehegatte mit höherem Nettoeinkommen) an den anderen mit der Steuerklasse V und der dadurch bedingten höheren Steuerlast (das ist der Ehegatte mit geringerem Nettoeinkommen) nach der Trennung Trennungsunterhalt gezahlt haben (BGH a.a.O.). Auch dadurch partizipiert der Ehegatte mit dem geringeren Nettoeinkommen – wie in Fällen, in denen der Ehegatte mit dem höheren Nettoeinkommen mithilfe der Steuerersparnis das Zusammenleben finanzierte (vgl. BGH, FamRZ 2010, 269, 272) – an dem Steuervorteil des Ehegatten mit dem höheren Nettoeinkommen, so dass es ihm verwehrt ist, seinen eigenen Beitrag rückgängig zu machen und nachträglich anderweit zu nutzen; d.h., auch in einem solchen Fall muss der Ehegatte mit dem geringeren Nettoeinkommen der Zusammenveranlagung zustimmen, und zwar auch dann, wenn er der Höhe nach lediglich teilweise von den betreffenden Mitteln des anderen partizipierte (BGH, FamRZ 2010, 269, 272). Auch dann wird der Ehegatte mit dem geringeren Einkommen nämlich an dem durch den Steuervorteil bedingten höheren Gesamteinkommen „beteiligt“ und kann für die Zeit, während der Trennungsunterhalt gezahlt wurde, keinen weiteren Nachteilsausgleich verlangen (BGH, FamRZ 2007, 1229, 1230 f.). Lediglich für die Zeit, in der gar kein Trennungsunterhalt geleistet wird, hat der Ehegatte mit dem geringeren Nettoeinkommen einen Anspruch auf Nachteilsausgleich (BGH a.a.O.). In Fällen, in denen die Zahlung des Trennungsunterhalts vor Ablauf des Veranlagungsjahres endete, ist der Jahreszeitraum dergestalt aufzuteilen, dass ein teilweiser Nachteilsausgleich mit einer monatsbezogenen zeitanteiligen Quote stattfindet (Kuckenburg/Perleberg-Kölbel a.a.O., 13. Kapitel Rn 232 m.w.N.); statt gegenüber dem auf Zusammenveranlagung in Anspruch genommenen Ehegatten für diese Monate eine bindende Freistellungsverpflichtung abzugeben, kann der die Zusammenveranlagung begehrende Ehegatte dem anderen auch die anteilige Steuererstattung belassen, die auf die Monate ohne Trennungsunterhalt entfällt (z.B. 2/12 der dem Ehegatten mit dem geringeren Nettoeinkommen zugeflossenen Steuererstattung, vgl. Anm. Engels, FamRZ 2010, 1231 f., zur vorzitierten Entscheidung BGH, FamRZ 2010, 269 ff.), falls der Nachteil dieses Ehegatten damit abgegolten ist (BGH, FamRZ 2007, 1229, 1230 f.).

36

Dadurch, dass der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte wieder mit dem die Zustimmung Begehrenden zusammenveranlagt wird, kann ihm kein familienrechtlich relevanter Nachteil entstehen. Zwar haftet der Ehegatte dann wieder als Gesamtschuldner auch für die Steuerschuld des die Zusammenveranlagung Begehrenden (§ 44 AO), er kann aber nach § 268 AO beantragen, dass die Vollstreckung wegen der Steuern, für die er gesamtschuldnerisch haftet, auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach den §§ 269 bis 278 AO bei einer Aufteilung der Steuerschuld ergibt; nach § 270 AO ist die Steuer nach dem Verhältnis der Beträge aufzuteilen, die sich bei getrennter Veranlagung ergeben. Für einen dahingehenden Antrag braucht man nicht den Beginn der Zwangsvollstreckung abzuwarten; der Antrag auf Beschränkung der Haftung kann nämlich schon gestellt werden, sobald dem Antragsteller das Leistungsgebot bekannt gemacht ist (§ 269 Abs. 2 AO), mithin regelmäßig nach Zugang des Steuerbescheides (BGH, FamRZ 2005, 182, 184).

37

b) Demnach ergibt sich Folgendes:

38

aa) für die Zeit vom 01. Januar 2009 bis 31. August 2009 einschließlich:

39

Die Antragsgegnerin hat nach der Trennung (§ 1567 BGB), die am 14. Mai 2009 anzunehmen ist (siehe oben), noch bis August 2009 einschließlich an dem höheren Nettoeinkommen des Antragstellers partizipiert, das auf der – bis dahin noch nicht durchgeführten – getrennten Veranlagung der Ehegatten beruhte. Dies gilt unabhängig davon, ob man die vom Antragsteller während der 3 ½ Monate gezahlte Miete nebst Nebenkosten als Trennungsunterhalt im Sinne von § 1361 BGB (abweichend von § 1361 Abs. 4 Satz 1 BGB vereinbarter Naturalunterhalt [vgl. BGH, NJW 1997, 731 ff.] in Gestalt eines Ausgleichs trennungsbedingten Mehrbedarfs der Antragsgegnerin, der durch ihr Wohnen in der infolge Auszugs des Antragstellers zu groß gewordenen Ehewohnung entstand) qualifiziert (so v.Staudinger/Voppel, BGB, 13. Auflage [2007], § 1361 Rn 266 unter Bezugnahme auf OLG Frankfurt, FamRZ 1990, 49 f.; die [konkludente] Zustimmung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Naturalunterhalt wäre in der Fortsetzung ihres bisherigen Einverständnisses mit der Miet- und Nebenkostenzahlung durch den Ehepartner an den Vermieter zu sehen, § 362 Abs. 2, § 185 BGB, vgl. Gerhardt/v.Heitschel-Heinegg/Klein, Handbuch das Fachanwalts Familienrecht, 8. Auflage, 6. Kapitel Rn 217) oder – mit Rücksicht darauf, dass die Ehewohnung in den ersten 3 ½ Monaten nach der Trennung noch nicht aufgegeben zu werden brauchte, um eine Versöhnung der Ehegatten nicht zu erschweren – noch als weiteren, über die Trennung hin-ausgehenden Familienunterhalt (§ 1360 BGB) wertet (so Gerhardt/v.Heitschel-Heinegg/Klein a.a.O., 6. Kapitel Rn 218; OLG Brandenburg, FamRZ 2007, 1172, 1173 [„Überlegungsfrist“ des in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten von 3 Monaten]; ferner Wendl/Dose/Ger-hardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage, § 1 Rn 472). Denn in jedem Fall wurde mit der durch die Steuerklassen III und V bedingten Steuerersparnis weitergewirtschaftet, und die Antragsgegnerin hat daran – wie vor der Trennung – partizipiert. Die wirtschaftlichen Verhältnisse änderten sich erst ab September 2009, da der Antragsteller seit dieser Zeit keine Miet- und Nebenkostenzahlungen mehr leistete, so dass die Antragsgegnerin für diese Kosten seitdem – nämlich seit ihrem Auszug aus der ehemaligen Ehewohnung zum 31. August 2009 – selbst aufkommen muss.

40

Für die Zeit bis August 2009 einschließlich hat der Antragsteller mithin einen vorbehaltlosen Anspruch auf Zustimmung zur steuerlichen Zusammenveranlagung, ohne dass der Antragsgegnerin ein Nachteilsausgleich zusteht, wie das Familiengericht zutreffend annimmt.

41

bb) für die Zeit vom 01. September 2009 bis 31. Dezember 2009 einschließlich:

42

Da der Antragsteller für die Zeit von September bis Dezember 2009 (also für die letzten 4 Monate des streitbefangenen Veranlagungsjahres 2009) einschließlich keine Zahlungen mehr geleistet hat, an denen die Antragsgegnerin partizipieren konnte, muss die Antragsgegnerin für diese Zeit der Zusammenveranlagung nicht mehr vorbehaltlos zustimmen, sondern sie hat einen Anspruch auf steuerlichen Nachteilsausgleich, und zwar mit einer zeitanteiligen monatsbezogenen Quote (von 4/12).

43

Für die besagten 4 Monate hat der Antragsteller eine bindende Freistellungserklärung abzugeben, wie es in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 09. November 2011 geschehen ist. Dies hat er in zweiter Instanz in seiner Anschlussbeschwerdeschrift nochmals ausdrücklich wiederholt, so dass eine entsprechende Einschränkung der Beschlussformel (um die Freistellungserklärung) nicht erforderlich ist.

44

Eine Änderung des Kinderfreibetrags zu ihren Gunsten kann die Antragsgegnerin im vorliegenden Zusammenhang nicht verlangen, denn insoweit war ihr bisheriger Nachteil nicht durch die Zusammenveranlagung der Ehegatten bedingt.

45

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 08.06.2012 ist dem Senat kein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

III.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91 ZPO.

47

Der Beschwerdewert richtet sich in Verfahren wie dem vorliegenden nach billigem Ermessen (§ 42 Abs. 1 FamGKG), wobei das Interesse des Antragstellers an der Erteilung der Zustimmung durch die Antragsgegnerin zu bewerten ist. Es besteht regelmäßig in der Höhe der Steuerersparnis, die sich auf Grund der Zustimmungserklärung für ihn ergibt (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Auflage, Rn 9149 f., 9152 f.).

48

Das Interesse des Antragstellers besteht hier darin, dass er bei einer Zusammenveranlagung statt seiner bisherigen Steuernachzahlung (EUR 2.127,99) eine Steuererstattung (EUR 175,57) erhält (siehe oben). Seine Steuerersparnis beläuft sich also nach seiner Darstellung auf (EUR 2.127,99 zzgl. EUR 175,57, d.s.) EUR 2.303,56.

49

Der Freistellungsanspruch der Antragsgegnerin bleibt bei der Wertberechnung unberücksichtigt (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Auflage, § 3 Rn 16 – Stichwort: Zug-um-Zug-Leistungen –).


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