Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (4. Zivilsenat) - 4 U 12/12

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 23. Dezember 2011, Az.: 5 O 737/11, und das ihm zugrunde liegende Verfahren aufgehoben.

Die Sache wird an das Landgericht Halle zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 110.363,35 € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit den §§ 2, 6 Satz 1 ZPO).

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 110.363,35 € für die Zerstörung einer sog. Strohstraße durch einen Brand auf dem Firmengelände in G. .

2

Die Klägerin betreibt in G. eine Zuckerfabrik. Das Firmengelände ist mit einem Zaun vollständig eingezäunt. Auf dem Gelände der Zuckerfabrik gibt es ein Areal für die Anlieferung von Zuckerrüben. Dieser sog. Rübenhof kann nicht durch das von einem Pförtner bewachte zentrale Haupttor erreicht werden, sondern nur über die Kreisstraße L ... durch ein separates Tor, das nicht bewacht ist.

3

Auf dem nördlichen Teil des Rübenhofes hatte die Klägerin aus Lärmschutzgründen eine ca. 150 m lange, 3 m hohe und 2 m breite und aus zwei Reihen Stroh bestehende Strohstraße errichten lassen. Die Strohballen waren im oberen Bereich mit Plastikplanen gegen eindringende Feuchtigkeit abgedeckt. Die äußere Strohwand war in unmittelbarer Nähe des nördlichen Firmenzauns aufgestellt, an den sich ein Grünstreifen und dann ein Firmenparkplatz der Klägerin sowie ihr Verwaltungsgebäude anschließt.

4

Die Klägerin beauftragte den Beklagten zu 1 mit der Durchführung von Fahrbahnmarkierungsarbeiten auf der Fahrstraße des Rübenhofes. Es sollten die alten Markierungen entfernt und auf der Strohstraße mehrere Richtungspfeile, das Wort „Ausfahrt“ und ein längerer Strich angebracht werden. Der Auftragswert belief sich auf ca. 1.800,00 Euro netto. Der Beklagte zu 1 beauftragte die Beklagte zu 2 als Subunternehmerin mit den Fahrbahnmarkierungsarbeiten, welche die Beklagten zu 3 und 4 als deren Angestellte am 03. September 2009 ausführten. Die Beklagten zu 3 und 4 trafen an diesem Tag zwischen 8.00 und 9.00 Uhr auf dem Firmengelände der Klägerin zur Vornahme der Markierungs- und Demarkierungsarbeiten ein. Es war windig, und um die Mittagszeit kam es zu Regenschauern. Der für die Sicherheit auf dem Firmengelände zuständige Maschinenmeister und Koordinator der Klägerin Gl. wies die Beklagten zu 3 und 4 persönlich in die Örtlichkeit ein und füllte eine schriftliche Arbeitserlaubnis für Betriebsfremde aus. Unstreitig erklärten die Beklagten zu 3 und 4 dem Koordinator der Klägerin bei der Einweisung, dass sie beabsichtigten, für die Demarkierungsarbeiten eine Fräsmaschine einzusetzen und auch Feuerarbeiten auszuführen. In Ziffer 10 der Arbeitserlaubnis ist aufgeführt, dass für Feuerarbeiten eine besondere Genehmigung beim Koordinator der Klägerin anzufordern ist. Auf ihrer letzten Seite enthält die Arbeitserlaubnis die schriftliche Genehmigung für die Durchführung von Feuerarbeiten auf dem Firmengelände.

5

Am Vormittag des 03. September 2009 befanden sich außer den Beklagten zu 3 und 4 noch drei weitere betriebsfremde Personen auf dem Firmengelände, die an einem Geländer arbeiteten.

6

Die Beklagten zu 3 und 4 arbeiteten ohne Aufsicht durch die Klägerin selbstständig im Bereich der Fahrstraße des Rübenhofes, auf dem sie auch ihr Firmenfahrzeug abgestellt hatten. Da eine Rübenkampagne nicht in Gange war, wurde der Rübenhof nicht von Lastern befahren. Zur Durchführung der beauftragten Arbeiten benutzten die Beklagten zu 3 und 4 eine Fräsmaschine und einen gasbetriebenen Brenner. Der Koordinator der Klägerin suchte die Beklagten zu 3 und 4 letztmals gegen 15.30 Uhr des Unfalltages auf und vereinbarte mit ihnen, dass sie bis 17.00 oder 18.00 Uhr selbstständig weiterarbeiten und sich danach beim Pförtner am Zentraltor abmelden sollten. Gegen 17.15 Uhr traf sodann der Bauleiter der Beklagten zu 2 A. Z. auf dem Firmengelände ein, der die Arbeiten der Beklagten zu 3 und 4 aufmessen sollte. Gegen 17.45 Uhr brach in der Strohmauer vor dem Parkplatz des Verwaltungsgebäudes ein Brand aus. Der Bauleiter A. Z. alarmierte unverzüglich die Feuerwehr, welche die rasend abbrennende Strohstraße aber nicht mehr retten konnte, sodass sie vollständig zerstört wurde.

7

Die Klägerin hat behauptet, sie sei Eigentümerin des Firmengeländes in G. . Die Beklagten zu 3 und 4 hätten wegen der regnerischen Witterung am Schadenstag im Bereich der Strohstraße neben einer Fräsmaschine auch einen Gasbrenner mit offener Flamme benutzt, um die Fahrbahn zur Durchführung der Markierungsarbeiten zu trocknen. Deswegen spreche der Anscheinsbeweis dafür, dass das Feuer durch diese Arbeiten in unmittelbarer Nähe der Strohballen entstanden sei, möglicherweise erst in Form eines Schwelbrandes, der sich dann mit gewisser zeitlicher Verzögerung zu einem offenen Feuer entwickelt habe. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte zu 1 ihr wegen Verletzung einer vertraglichen Pflicht auf Schadenersatz hafte und er sich das Verhalten der Beklagten zu 2 als seines Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen müsse. Die Beklagten zu 2 bis 4 hafteten ihr für den entstandenen Schaden zudem gemäß den §§ 823 ff. BGB.

8

Die Klägerin hat beantragt,

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die Beklagten zu 1, 3 und 4 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 110.363,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. März 2010 sowie 1.780,20 Euro nebst Zinsen gleicher Höhe seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

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und das Teilversäumnisurteil gegen die Beklagte zu 2 vom 08.08.2011 aufrechtzuerhalten.

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Die Beklagten haben beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie haben allesamt bestritten, dass die am 03. September 2009 durchgeführten Fahrbahnmarkierungsarbeiten für den Ausbruch des Brandes verantwortlich seien.

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Der Beklagte zu 1 hat vorgetragen, seine Inanspruchnahme aus Delikt scheide deswegen aus, weil er nicht selbst vor Ort gewesen sei, sondern sich der Beklagten zu 2 als Subunternehmerin bedient habe. Die Beklagten zu 3 und 4 hätten die Arbeiten nicht mit Hilfe eines Bunsenbrenners durchgeführt. Die Fräsmaschine sei bereits seit dem Mittag des Schadenstages defekt gewesen. Wegen des Publikumsverkehrs im Bereich der abgebrannten Strohstraße sei nicht ausgeschlossen, dass das Feuer durch eine von einem Dritten weggeworfene Zigarette verursacht worden sei.

15

Die Beklagte zu 2 hat das Eigentum der Klägerin an den zerstörten Strohballen sowie deren Eigentum am Firmengelände bestritten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für einen Anscheinsbeweis nicht vorlägen, weil zwischen den Arbeiten der Beklagten zu 3 und 4 und dem Brandausbruch mindestens zwei Stunden gelegen hätten, diese die Arbeiten mit einem ausreichenden seitlichen Abstand zur Strohstraße durchgeführt und auch nicht mit feuergefährlichen Gegenständen gearbeitet hätten. Denn sie hätten nur eine kleinere Fräsmaschine und eine Heißluftlanze eingesetzt, die in der amtlichen Ermittlungsakte unrichtig als Bunsenbrenner bezeichnet worden sei. Bei der Heißluftlanze sei der Brenner in der Lanze mit einem konischen Gehäuse umschlossen, sodass nur heiße Luft austrete, aber keine offene Flamme. Die ausgetretene Luft betrage ca. 100 °C, während die Zündtemperatur von Stroh bei ca. 250 bis 300 °C liege. Von der Fräsmaschine, die ab Mittag des Schadentages auch defekt gewesen sei, gehe keine besondere Feuergefahr aus. Die Beklagte zu 2 hat behauptet, dass der Brand auch durch eine weggeworfene Zigarette oder durch eine Selbstentzündung von Stroh verursacht worden sein könne.

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Auch die Beklagten zu 3 und 4 bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin an den Strohballen und deren Eigentum am Grundstück. Sie haben vorgetragen, dass sie nach einem Regenschauer um die Mittagszeit mit einem direkt an der Gasflasche angebrachten Brenner Fahrbahnbelagsabschnitte getrocknet und sodann Markierungspfeile angebracht hätten. Mit dem Brenner hätten sie aber nicht im Bereich der späteren Brandausbruchstelle gearbeitet. Die Feuerarbeiten hätten sie wenigstens zwei Stunden vor Brandaustritt beendet. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Brandausbruch hätten sie mit Fäustel und Hackeisen gearbeitet. Der Brand sei in ihrem Rücken ca. 15 bis 20 m entfernt ausgebrochen. Es hätten am Unfalltag auch unbeteiligte Personen Zutritt zum Gelände gehabt, weil das Zufahrtstor zum Rübenhof die ganze Zeit offen gestanden und der Pförtner die Anweisung gehabt habe, nach Beendigung der Arbeiten ihrerseits das Rübentor zu schließen. Wegen des unbewachten Zufahrtstores sei das Gelände frei zugänglich gewesen, sodass sich an diesem Tag Dritte unbemerkt auf dem Gelände hätten aufhalten und den Brand versehentlich auslösen können. Auch sei es denkbar, dass Mitarbeiter der Klägerin von dem nördlich am Rübenhof angrenzenden Parkplatz des Verwaltungsgebäudes aus glühende Zigarettenkippen weggeworfen und der Brand dadurch entstanden sei.

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Die Beklagten bestreiten darüber hinaus den von der Klägerin geltend gemachten Schaden dem Grunde und der Höhe nach.

18

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils (Bd. I, Bl. 181 - 190 d. A.) Bezug genommen.

19

Das Landgericht hat – ohne Berücksichtigung des zuvor gegen den Beklagten zu 2 ergangenen und fristgerecht mittels Einspruchs angefochtenen Teilversäumnisurteils vom 8. August 2011 (Bl. 64 Bd. I d. A.) – die Klage durch Urteil vom 23. Dezember 2011 vollen Umfanges abgewiesen und zur Begründung namentlich Folgendes ausgeführt:

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Der Klägerin stünden keine Schadensersatzansprüche aus dem Schadensereignis vom 03. September 2009 gegen die Beklagten zu. Vertragliche Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vertraglicher Nebenpflichten in Verb. mit § 278 BGB scheiterten daran, dass sich dem Klägervortrag nicht entnehmen lasse, durch welches Verhalten die Beklagten zu 3 und 4 vertragliche Pflichten ihr gegenüber verletzt hätten. Die Klägerin stelle nur auf die Benutzung der Fräsmaschine und eines Brenners mit offener Flamme ab. Nach der Vortragslage müsse aber davon ausgegangen werden, dass die Beklagten zu 3 und 4 die verwendeten Arbeitsgeräte mit Genehmigung des Mitarbeiters der Klägerin Gl. benutzt hätten. Denn den Beklagten zu 3 und 4 sei unstreitig eine Genehmigung für Feuerarbeiten erteilt worden. Eine unsachgemäße Handhabung der Fräse oder des Gasbrenners bei der Ausführung der Arbeiten habe die Klägerin nicht behauptet.

21

Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß den §§ 823 ff. BGB scheiterten daran, dass die Klägerin einen Kausalzusammenhang zwischen den Arbeiten der Beklagten und dem Ausbruch des Brandes nicht habe beweisen können. Zugunsten der Klägerin spreche nicht der Beweis des ersten Anscheins. Selbst wenn von einem typischen Geschehensablauf ausgegangen werde, dass zeit- und ortsnah zu dem späteren Ausbruch des Brandes Funkenflug durch einen Gasbrenner mit offener Flamme oder durch die Fräsmaschine hätte entstehen können, so stünden diesem Geschehensablauf andere, ebenfalls mit ausreichender Wahrscheinlichkeit mögliche Geschehensabläufe entgegen, aus denen sich ebenfalls der Brand hätte entwickeln können.

22

So sei zu berücksichtigen, dass die Strohwände ohne jegliche Brandschutzvorrichtung aufgestellt gewesen seien, sodass sie durch einen Funken entzündbar gewesen seien. Wegen der besonders hohen Brandgefahr hätte ein Funke durch eine glühende Zigarettenkippe ausreichen können, um die Strohwände zu entzünden. Ein solcher Feuerfunke hätte aber nicht nur durch die Arbeiten der Beklagten, sondern auch durch andere Personen erzeugt werden können. Denn das weitläufige Firmengelände der Klägerin sei nicht regelmäßig bewacht worden und jedenfalls am Brandtag sei das Tor zum Rübenhof den ganzen Tag offen gewesen, sodass Dritte das Firmengelände der Klägerin hätten betreten und unbemerkt von den Mitarbeitern der Klägerin auf dem Firmengelände und im Verwaltungsgebäude einen Funkenflug verursachen können. Ernsthaft denkbar und nicht unwahrscheinlich seien viele Möglichkeiten, beispielsweise spielende und zündelnde Kinder aus der Ortschaft oder rauchende Jugendliche.

23

Eine weitere konkrete Möglichkeit sei auch, dass Mitarbeiter der Klägerin auf ihrem Weg vom Verwaltungsgebäude zu ihren unmittelbar hinter der Strohstraße auf dem Firmenparkplatz abgestellten Pkw beim Entzünden oder Rauchen einer Zigarette Feuerfunken verursacht haben könnten, die zur Entzündung der Strohstraße geführt hätten. Schließlich könne auch die naturwissenschaftlich gegebene Möglichkeit einer Selbstentzündung von größeren Mengen Strohs nicht ausgeschlossen werden.

24

Somit habe die Klägerin keinen Vollbeweis für die Verursachung des Brandes durch die Arbeiten der Beklagten zu 3 und 4 erbracht. Damit sei sie für den Kausalzusammenhang beweisfällig geblieben, was zur Verneinung von Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung führe. Auf die streitigen Fragen zur Schadenshöhe komme es daher nicht weiter an.

25

Gegen dieses ihr am 04. Januar 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 03. Februar 2012 eingelegte und mittels eines am 04. April 2012 innerhalb der bis zu diesem Tag verlängerten Frist eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung der Klägerin.

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Sie rügt, das Landgericht habe ihren Sachvortrag nicht berücksichtigt, wonach der Zeuge A. Z. in einer Besprechung vom 07. September 2009 erklärt habe, dass durch die Fahrbahnmarkierungsarbeiten Funkenflug entstanden sei und schon deswegen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Markierungsarbeiten und dem Brand bestehe. Zudem habe das Landgericht einen typischen Geschehensablauf fehlerhaft mit der Annahme bloß theoretisch denkbarer Möglichkeiten verneint. Denn das Hantieren der Beklagten zu 3 und 4 mit offenem Feuer innerhalb der von Strohmauern umgrenzten Fahrbahn sei grundsätzlich geeignet, einen Brand hervorzurufen. Unstreitig hätten die Beklagten zu 3 und 4 zunächst mit einer Fräsmaschine und dann mit einer offenen Flamme eines Gasbrenners gearbeitet. Die Beklagten hätten keine konkreten Umstände zur Widerlegung des gegen sie sprechenden Anscheinsbeweises vorgebracht, sondern nur denkbare Alternativen in Betracht gezogen. Gegen eine Selbstentzündung der Strohballen spreche bereits das regnerische Wetter am Schadenstag. Eine Brandverursachung durch Dritte sei eine bloße Behauptung ins Blaue hinein, für die keinerlei konkrete Anhaltspunkte vorlägen. Keiner der Beklagten habe vorgetragen, auf dem Firmengelände spielende Kinder oder andere Personen gesehen zu haben. Der Parkplatz liege nicht unmittelbar an der Strohstraße. Zwischen ihm und der Strohstraße befinde sich der Firmenzaun und die Strohstraße selbst mehrere Meter dahinter. Auch die Annahme, dass Mitarbeiter der Klägerin den Brand durch achtlos weggeworfene Zigaretten verursacht hätten, sei eine substanzlose Annahme.

27

Der Senat hat durch Beschluss vom 30. August 2012 wegen insoweit offensichtlicher Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils das zuvor lediglich gegen die Beklagte zu 2 ergangene Teilversäumnisurteil des Landgerichts Halle vom 08. August 2011 aufgehoben.

28

Die Klägerin beantragt,

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1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Halle vom 23. Dezember 2011 die Beklagten zu 1, 3 und 4 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 110.363,35 Euro nebst Zinsen in Höhe jeweils von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. März 2010 und 1.780,20 Euro nebst Zinsen gleicher Höhe seit Rechtshängigkeit zu zahlen und das Teilversäumnisurteil vom 08. August 2011 gegen die Beklagte zu 2 aufrechtzuerhalten sowie
30
2. hilfsweise, das Urteil des Landgerichts Halle vom 23. Dezember 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Halle zurückzuverweisen.
31

Die Beklagten beantragen,

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die Berufung zurückzuweisen.

33

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung unter wesentlicher Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Beklagte zu 2 bestreitet weiterhin die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich des Eigentums an den Strohballen und am Firmengelände. Sie meint, ein Anscheinsbeweis greife nicht ein, weil zwischen den Arbeiten der Beklagten zu 3 und 4 und dem Brandausbruch ein Zeitraum von mindestens zwei Stunden gelegen habe und die Arbeiten auch mit einem ausreichenden seitlichen Abstand durchgeführt worden seien. Ihr Mitarbeiter Z. habe am 07. September 2009 nur erklärt, dass beim Betrieb der Fräsmaschine Funkenflug entstehen könne, zugleich aber erwähnt, dass die Fräsmaschine wegen eines Defekts lange vor dem Brandausbruch und seinem Eintreffen auf der Baustelle nicht mehr zum Einsatz gekommen sei. Es habe auch keine Vereinbarung zwischen den Mitarbeitern der Klägerin und dem Zeugen Z. gegeben, wonach die Klägerin eine Kostenaufstellung für die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1 erstellen solle. Darüber hinaus gebe es Anhaltspunkte für andere Brandursachen, nämlich durch eine weggeworfene Zigarette oder ein fahrlässiges Verhalten Dritter, die den Rübenhof wegen des offenen Haupttores jederzeit hätten betreten können.

34

Die Beklagten zu 3 und 4 tragen vor, dass von der Fräsmaschine keine Gefahr ausgegangen sei und die Tätigkeit mit der Heißluftlanze keine offene Flamme erzeuge. Die Lanze sei zudem nicht dort eingesetzt worden, wo die Brandausbruchsstelle vermutet werde, sodass ein unmittelbarer zeitlicher und räumlicher Zusammenhang fehle. Auch liege kein Verschulden ihrerseits vor. Darüber hinaus seien drei weitere Fremdarbeiter auf dem Grundstück der Klägerin tätig gewesen. Auch von außerhalb des Firmengeländes seien die Strohballen zugänglich gewesen, etwa vom Firmenparkplatz aus.

II.

35

Die gemäß § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung der Klägerin führt auf ihren Hilfsantrag wegen wesentlicher Verfahrensmängel in erster Instanz gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Halle.

36

1. Das Landgericht hat Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 aus Vertrag gemäß den §§ 280 Abs. 1, 278, 276, 249 ff. BGB und gegen die Beklagten zu 2 bis 4 aus Delikt gemäß den §§ 823 Abs. 1, 831 Abs. 1, 840 Abs. 1 BGB verfahrensfehlerhaft verneint, weil es die Anforderungen an den von der Klägerin zu führenden Anscheinsbeweis überspannt hat.

37

Vertragliche oder deliktische Schadensersatzansprüche der Klägerin scheitern auf der Grundlage des erstinstanzlich festgestellten Sachverhalts jedenfalls nicht am angeblich fehlenden Nachweis einer Kausalität zwischen den von der Beklagten zu 3 und 4 durchgeführten Markierungsarbeiten und der anschließenden Zerstörung der Strohstraße durch einen Brand. Das Landgericht hat die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises zwar zutreffend aufgeführt, ihn jedoch unter dem Hinweis auf die bloße Möglichkeit anderer, von den Beklagten weder konkret dargelegter noch bewiesener Geschehensabläufe zu Unrecht als entkräftet angesehen. Weil der Anscheinsbeweis als Teil der Beweiswürdigung im Rahmen des § 286 ZPO prozessrechtlicher Natur ist, stellt die fehlerhafte Anwendung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis einen Verfahrensfehler dar (vgl. näm. OLG Celle, Urteil vom 12. Juni 1996, Az.: 9 U 204/95, zitiert nach juris). Diesen Verfahrensfehler kann der Senat auf der Grundlage des erstinstanzlich festgestellten Sachverhalts ohne Beweiserhebung korrigieren. Danach kommt der Klägerin der Anscheinsbeweis einer Kausalität zwischen einer Pflichtverletzung in Form der Verwendung offenen Feuers durch die Beklagten zu 3 und 4 in der Nähe brandgefährlicher Stoffe und einem darauf zurückzuführenden Schaden durch Abbrennen der gesamten Strohstraße zur Hilfe, ohne dass den Beklagten die ernsthafte Möglichkeit der Darlegung oder des Beweises eines anderen Geschehensablaufs gelungen wäre.

38

Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist. Der Anscheinsbeweis kommt grundsätzlich auch bei der Feststellung von Brandursachen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1993, Az.: IV ZR 120/92, zitiert nach juris). Im Wege des Anscheinsbeweises kann bei einem typischen Geschehensablauf von einem bestimmten eingetretenen Erfolg auf eine Ursache geschlossen werden, wenn der Kausalverlauf so häufig vorkommt, dass die Wahrscheinlichkeit, einen typischen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 19. Januar 2010, Az.: VI ZR 33/09, zitiert nach juris Rdnrn. 8 - 12).

39

Im vorliegenden Fall kann ein typischer Geschehensablauf, der zur Anwendung der Grundsätze über den Anscheinsbeweis führt, festgestellt werden, weil die Beklagten zu 3 und 4 in der brandgefährdeten Umgebung der Strohstraße mit einem feuergefährlichen Arbeitsgerät, nämlich einem Propangasbrenner mit offener Flamme, gearbeitet haben und es in einem unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit diesen Arbeiten zu dem Brandausbruch gekommen ist und konkrete Anhaltspunkte für andere Brandursachen fehlen.

40

a) Eine Benutzung eines feuergefährlichen Arbeitsgerätes in unmittelbarer Nähe der Strohballen durch die Beklagten zu 3 und 4 steht jedenfalls nach dem Inhalt ihrer polizeilichen Zeugenvernehmungen vom 30. April 2010 und 04. Mai 2010 fest (vgl. Ermittlungsakte StA Halle, Az.: 570 Js 204887/10, Bd. I, Bl. 98 - 108). Beide haben auf die Frage nach der Durchführung von Feuerarbeiten auf dem Firmengelände der Klägerin und die Benutzung eines Brenners in offensichtlich noch frischer Erinnerung an ihre damaligen Arbeitsschritte bei den Markierungsarbeiten übereinstimmend angegeben, dass sie einen mit Propangas betriebenen Brenner (11 kg Gasflasche und Brenner) an verschiedenen Stellen des Rübenhofes zum Trocknen der Fahrbahn eingesetzt hätten, weil es am Vortag und am Mittag des Schadenstages geregnet habe. Der Beklagte zu 3 hat bei seiner polizeilichen Vernehmung ausdrücklich erklärt, außer dem Brenner keine andere offene Flamme oder Glut im Einsatz gehabt zu haben.

41

Soweit die Beklagten zu 3 und 4 in erster Instanz haben vortragen lassen, sie hätten eine Heißluftlanze benutzt, bei der keine offene Flamme entstehe, deckt sich dieser Vortrag nicht mit ihren Angaben bei der polizeilichen Vernehmung, bei der sie ausdrücklich die Benutzung eines Brenners bestätigen und von der Verwendung einer Heißluftlanze ohne offene Flamme nicht die Rede ist. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beklagten zu 3 und 4 die Richtigkeit ihrer Angaben vor der Polizei im Grunde bestätigt. Denn sie haben auf Nachfrage den Einsatz eines Bunsenbrenners mit Heißluft, bei dem auch eine Flamme entstehen kann, zum Trocknen der Fahrbahn eingeräumt.

42

Unzutreffend ist auch der Einwand der Beklagten, die Polizeibeamten hätten das am Schadentag verwendete Arbeitsgerät fälschlich als Brenner bezeichnet. Die Individualisierung des benutzten Arbeitsgeräts als Propangasbrenner stammt vielmehr von den Beklagten zu 3 und 4 selbst. Hätten diese eine Heißluftlanze verwendet, die keine offene Flamme erzeugt, wäre zu erwarten gewesen, dass sie dieses Arbeitsgerät auch konkret so benannt hätten, weil beide Beklagten wegen der Fragen der vernehmenden Polizeibeamten nach der Verwendung einer offenen Flamme in der Nähe der Strohstraße wussten, dass es zur Erforschung der Brandursache gerade auf diesen Punkt ankam. Die Beklagten zu 3 und 4 erklären auch nicht, aus welchem Grund sie bei der polizeilichen Vernehmung die Benutzung eines Brenners mit offener Flamme zugegeben haben, wenn sie tatsächlich nur mit einer Heißluftlanze gearbeitet hätten, aus der keine Flamme, sondern nur Heißluft entweicht. Schließlich spricht für den Einsatz eines Brenners mit offener Flamme mittelbar auch der Inhalt der von der Klägerin erteilten Genehmigung für die Durchführung von Feuerarbeiten in der Arbeitserlaubnis vom 03. September 2009.

43

b) Die Beklagten zu 3 und 4 haben die Trocknungsarbeiten mit einem Brenner zudem in unmittelbarer Nähe der Strohstraße und damit in einem sehr engen räumlichen Zusammenhang mit der Schadensstelle durchgeführt. Der Beklagte zu 4 hat bei der Polizei angegeben, sie hätten an verschiedenen Stellen des Rübenhofes, u. a. auch im Bereich der späteren Brandausbruchstelle, eine 11 kg Gasflasche und einen Brenner benutzt, um die Straße vor Aufbringen der Markierungen zu trocknen. Dabei hätten sie, beide Beklagten, den Brenner abwechselnd so benutzt, wie es gerade erforderlich gewesen sei (Ermittlungsakte Bd. I, Bl. 99 f. d. A.). Soweit der Beklagte zu 3 angegeben hat, den Brenner nur im Bereich des Förderbandes und nicht später auch in der Strohstraße eingesetzt zu haben, hat er später ergänzend hinzugefügt, dass er sich dessen nicht mehr ganz sicher sei. Auch die von beiden Beklagten angefertigten Skizzen in der Ermittlungsakte bestätigen ihren Aufenthalt und Arbeitseinsatz in enger räumlicher Nähe zur späteren Brandausbruchstelle (Ermittlungsakte Bd. I, Bl. 101 und 107 d. A.). Haben die Beklagten zu 3 und 4 aber mit offener Flamme nur wenige Meter von der Strohstraße entfernt gearbeitet, so ist der räumliche Zusammenhang mit dem Brandausbruch zu bejahen.

44

c) Auch der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen den Arbeiten und dem Brandausbruch kann im vorliegenden Fall festgestellt werden. Der Beklagte zu 4 hat bei der polizeilichen Vernehmung zu dieser Frage angegeben, dass er und der Beklagten zu 3 ca. eine Dreiviertelstunde bis eine Stunde vor dem Brandausbruch im Bereich der Strohstraße gearbeitet hätten (Ermittlungsakte Bd. I, Bl. 99 d. A.). Diese Zeitspanne beseitigt noch nicht einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Verwendung einer offenen Flamme in einem brandgefährdeten Bereich und dem späteren Brandausbruch. Soweit der Beklagte zu 4 bei seiner polizeilichen Vernehmung eine Zeitspanne von „bestimmt zwei Stunden“ angegeben hat (Ermittlungsakte Bd. I, Bl. 105 d. A.), bezieht sich diese Angabe nur auf die Arbeiten mit der am Mittag des Schadenstages ausgefallenen Fräsmaschine, nicht hingegen auf die Verwendung eines Brenners mit offener Flamme, die er vielmehr auf Nachfrage ausdrücklich eingeräumt hat (Ermittlungsakte Bd. I, Bl. 106 d. A.).

45

d) Konkrete Anhaltspunkte tatsächlicher Art für eine andere Brandursache fehlen entgegen der auf reine Spekulationen, nicht aber auf konkrete Tatsachen gestützten Auffassung des Landgerichts hingegen völlig.

46

Die von den Beklagten in den Prozess eingeführte Theorie einer anderweitigen Brandverursachung durch eine von einem Mitarbeiter der Klägerin achtlos weggeworfene, aber noch glimmende Zigarette im Bereich der Strohstraße ist eine bloß abstrakte und von keinem Tatsachenstoff unterfütterte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs, die auch wegen der konkreten örtlichen Verhältnisse nicht überzeugen kann, weil die Fotografien des Firmengeländes (Ermittlungsakte Bd. I, Bl. 14 d. A.) zeigen, dass zwischen den geparkten Pkw und der ersten Reihe der Strohballen ein Abstand von ca. zwei bis drei Fahrzeuglängen besteht, vor der ersten Strohreihe zudem Büsche gepflanzt waren und zusätzlich vor den Strohballen der Firmenzaun installiert war.

47

Soweit das Landgericht die Anwesenheit von drei Fremdarbeitern auf dem Firmengelände erwähnt, ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass sich diese Personen wie die Beklagten zu 3 und 4 auf dem Rübenhof oder gar in der Nähe der Strohstraße mit brandgefährlichen Geräten aufgehalten und gearbeitet hätten. Zudem kann wegen der örtlichen Verhältnisse an der späteren Brandausbruchsstelle auch davon ausgegangen werden, dass die Beklagten zu 3 und 4 fremde Personen im Bereich der Strohstraße bemerkt hätten. Weder bei ihrer polizeilichen Vernehmung noch im vorliegenden Verfahren haben sie jedoch angegeben, dass solche Personen am Schadenstag an oder in der Nähe der Strohstraße gearbeitet hätten.

48

Die von den Beklagten abschließend bemühte Theorie einer Selbstanzündung des Strohs ausgerechnet in dem Zeitpunkt, als die Beklagten zu 3 und 4 in der Strohstraße mit offener Flamme arbeiteten, stellt ungeachtet des Umstandes, dass es am Vortag und am Mittag des Schadenstages geregnet hatte, eine bloße abstrakte Möglichkeit einer anderen Brandursache dar, für die es an konkreten Anhaltspunkten tatsächlicher Art mangelt.

49

Sprechen somit die Grundsätze des Anscheinsbeweises für die Verwendung eines Propangasbrenners mit offener Flamme als Ursache für den in unmittelbarer räumlicher Nähe und zeitlicher Folge ausgebrochenen Brand und fehlen zudem konkrete Anhaltspunkte für eine andere Brandursache, obliegt es den Beklagten als Schädigern, Umstände vorzutragen und zu beweisen, die diesen Anschein entkräften. Dies ist hier nicht der Fall. Auf die Frage, ob eine Heißluftlanze keine offene Flamme erzeugt, kommt es angesichts der Angaben der Beklagten zu 3 und 4 zur Verwendung eines Propangas- oder Bunsenbrenners mit offener Flamme nicht mehr an.

50

e) In Anbetracht der vorstehend erläuterten Verfahrensdefizite und in Ansehung des insoweit nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO eröffneten Ermessens hält der Senat eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils nebst dem zugrunde liegenden Verfahren und eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht im konkreten Fall für sachlich geboten.

51

Denn es ist von der Notwendigkeit einer gleichermaßen umfangreichen wie aufwendigen Beweisaufnahme auszugehen. Vor diesem Hintergrund und auch in Ansehung des erheblichen in Streit befindlichen Schadens entspricht es dem Interesse der Parteien, vor dem Landgericht in einer umfassenden Tatsacheninstanz neu oder ergänzend vorzutragen, um dort eine Klärung der streitigen Fakten im Rahmen einer umfassenden Beweisaufnahme herbeiführen zu können.

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2. Bei der erneuten Behandlung und Entscheidung wird das Landgericht noch Folgendes zu beachten haben:

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Eine Ersatzpflicht der Beklagten zu 2 als Arbeitgeberin der fahrlässig im Sinne von § 276 BGB und daher pflichtwidrig handelnden Beklagten zu 3 und 4 als deren Verrichtungsgehilfen gemäß den §§ 823 Abs. 1, 831 Abs. 1 Satz 1 BGB entfällt nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand nicht durch die Erbringung eines Entlastungsbeweises nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB. Den ihr obliegenden Entlastungsbeweis, bezogen auf die konkrete Pflichtverletzung der Beklagten zu 3 und 4 durch eine fortgesetzte Überwachung oder Überprüfung der Tätigkeit der von ihr eingesetzten Verrichtungsgehilfen, hat die Beklagte zu 2 bereits nicht angetreten. Da es sich bei Arbeiten mit offener Flamme in unmittelbarer Nähe zu brandgefährlichen Stoffen um ein besonderes Risiko handelt, hätte es für die Beklagte zu 2 nahe gelegen, dass etwa ihr Bauleiter A. Z. diese Arbeiten besonders beaufsichtigt oder darauf hingewirkt hätte, dass in dem gefährdeten Bereich keine Arbeitsgeräte mit offener Flamme eingesetzt werden. Mag auch eine allgemeine Anleitung eines sorgfältig ausgewählten Verrichtungsgehilfen grundsätzlich nicht notwendig sein, stellen jedoch – wie vorliegend – besonders gefährliche Arbeiten erhöhte Anforderungen an die Überwachung durch den Geschäftsherrn. Je gefährlicher die Verrichtung ist, umso größer sind die Sorgfaltspflichten des Geschäftsherrn (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 831 Rdnr. 15). Diesen Sorgfaltsanforderungen hat die Beklagte zu 2 nicht genügt.

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Da die Klägerin und der Beklagte zu 1 über die Markierungsarbeiten auf der Fahrbahn des Rübenhofes einen Werkvertrag geschlossen haben, richten sich Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen ihn nach den §§ 280 Abs. 1 und 3, 283, 278 BGB. Die Beklagte zu 2 ist hinsichtlich der Markierungsarbeiten als Erfüllungsgehilfin des Beklagten zu 1 im Sinne von § 278 BGB anzusehen, weil dieser sie als Subunternehmerin mit diesen Aufträgen betraut hat. Bei einem Werkvertrag ist der Subunternehmer Erfüllungsgehilfe (vgl. Grüneberg, in: Palandt, § 278 Rdnr. 14). Die Beklagte zu 2 hat auch bei der Durchführung der Markierungsarbeiten mit Hilfe der Beklagten zu 3 und 4 schuldhaft gehandelt. Die Zurechnungsnorm des § 278 BGB sieht die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises zugunsten des Geschäftsherrn nicht vor.

55

Das Landgericht wird zudem – ggfls. nach ergänzendem Vorbringen – die Frage eines Mitverschuldens der Klägerin am Brandausbruch gemäß § 254 Abs. 1 BGB im Hinblick darauf zu prüfen haben, dass die Klägerin von einer konkreten Überwachung der Markierungsarbeiten der Beklagten zu 3 und 4 durch eigene Mitarbeiter abgesehen hat, obwohl ihr aufgrund der erteilten Genehmigung für Feuerarbeiten in der Arbeitserlaubnis vom 03. September 2009 bekannt gewesen ist, dass die Beklagten in unmittelbarer Nähe zu den Strohballen mit offener Flamme arbeiten würden.

56

Abschließend wird noch zu beachten sein, dass die Beklagten das Eigentum der Klägerin am Firmengelände bestritten. Da die Klägerin auch den Schaden an der Fahrbahn der Strohstraße, am Zaun und am Grünzeug geltend macht, kommt es insoweit auf ihr Eigentum an dem Grund und Boden an. Diesen Beweis wird sie allerdings bereits durch Vorlage eines aktuellen Grundbuchauszugs führen können.

III.

57

Obwohl es an einem unmittelbar vollstreckbaren Inhalt der Entscheidung fehlt, war das Urteil, schon im Hinblick auf die sich insoweit aus den §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO vollstreckungsrechtlich ergebenden Konsequenzen, gemäß § 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären (Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., 2012, § 538 Rdnr. 59).

58

Über die Kosten der Berufungsinstanz wird mit der Hauptsache in erster Instanz zu befinden sein.

IV.

59

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, weil die von den Besonderheiten des Einzelfalls geprägte Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).


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