Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (5. Zivilsenat) - 5 Wx 9/12

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluß des Amtsgerichts Stendal vom 29. August 2012 aufgehoben.

Die Anmeldung vom 26. Juni 2012 in der Fassung vom 12. Juli 2012 ist auch insoweit zu vollziehen, daß zur Vertretungsbefugnis der Beteiligten als Liquidatorin in das Handelsregister eingetragen wird:

"vertritt die Gesellschaft stets allein".

Gründe

A.

1

Die betroffene Gesellschaft wurde am 22. Oktober 2008 mit einem Stammkapital von 25.000 Euro gegründet und am 23. Januar 2009 in das Handelsregister eingetragen. In § 5 ihrer Satzung heißt es, daß sie einen oder mehrere Geschäftsführer habe. Sofern nur ein Geschäftsführer bestellt sei, vertrete er die Gesellschaft allein. Andernfalls werde die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Ferner regelt § 12 Nr. 2 der Satzung, daß im Falle der Auflösung der Gesellschaft die Liquidatoren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden können.

2

Zuletzt war die Beteiligte alleinige Geschäftführerin der Gesellschaft.

3

Am 26. Juni 2012 beschloß die Gesellschafterversammlung die sofortige Auflösung der Gesellschaft, die Abberufung der Beteiligten als Geschäftsführerin und deren Bestellung zur stets einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Liquidatorin. Ferner wurde eine "abstrakte Vertretungsregelung" beschlossen. Sie lautet:

4

"Ist nur ein Liquidator bestellt, vertritt er die Gesellschaft allein.

5

Sind mehrere Liquidatoren bestellt, wird die Gesellschaft durch zwei Liquidatoren gemeinschaftlich oder durch einen Liquidator in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.

6

Durch Gesellschafterbeschluß kann allen oder einzelnen Liquidatoren Einzelvertretungsbefugnis und/oder Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden."

7

Eine notarielle Beurkundung der Beschlüsse fand nicht statt.

8

Mit einer durch ihren Verfahrensbevollmächtigten öffentlich beglaubigten Erklärung vom selben Tage meldete die Beteiligte die Auflösung der Gesellschaft, ihre Abberufung als Geschäftsführerin und ihre Bestellung zur stets einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Liquidatorin bei dem Handelsregister an, wobei die Anmeldung hinsichtlich der Vertretungsregelung zunächst nicht dem Gesellschafterbeschluß entsprach, später insoweit aber durch eine weitere öffentlich beglaubigte Erklärung vom 12. Juli 2012 berichtigt wurde.

9

Das Registergericht hat die Anmeldung am 29. August 2012 unter Vollziehung im Übrigen insoweit zurückgewiesen, als es um die Bezeichnung der Beteiligten als stets einzelvertretungsberechtigt geht. Zur Begründung ist ausgeführt, daß der Beteiligten keine Einzelvertretungsbefugnis erteilt werden könne, weil die Satzung der Gesellschaft das nicht vorsehe.

10

Gegen diesen, ihr am 31. August 2012 zugestellten Beschluß hat die Beteiligte zu einem nicht aus den Akten ersichtlichen, jedoch vor dem 12. September 2012 liegenden Zeitpunkt Beschwerde eingelegt.

11

Das Registergericht hat es am 19. September 2012 abgelehnt, der Beschwerde abzuhelfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

B.

12

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Registergerichts vom 29. August 2012 ist zulässig (§§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, 38 Abs. 1, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2, 374 Nr. 1, 378 Abs. 2, 382 Abs. 3 FamFG, 67 Abs. 1 GmbHG) und begründet.

13

Die Anmeldung ist durch die dazu berufene Liquidatorin (§ 67 Abs. 1 GmbHG) in der nach den §§ 12 Abs. 1 und 2 HGB, 39 a BeurkG, 67 Abs. 2 und 3 GmbHG gebotenen Form erfolgt und betrifft mit der Vertretungsregelung eine eintragungsfähige Tatsache.

14

Im Rahmen der eingeschränkten registergerichtlichen Prüfung der materiellen Richtigkeit der angemeldeten Tatsache (Keidel-Heinemann, FamFG, 17. Aufl., § 374 Rn. 56 ff. m. w. Nachw.) sind keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der angemeldeten Einzelvertretungsmacht der Beteiligten erkennbar. Die Gesellschafterversammlung der betroffenen Gesellschaft war weder durch Satzungsregelungen, noch durch gesetzliche Bestimmungen gehindert, die Beteiligte zur stets, also auch im Falle der Bestellung mehrerer Liquidatoren, einzelvertretungsberechtigten Liquidatorin zu berufen.

15

Daß die Satzung der betroffenen Gesellschaft eine derartige, vom Grundsatz der Gesamtvertretung abweichende Vertretungsregelung für die Geschäftsführer nicht vorsieht (§ 35 Abs. 2 Satz 1 GmbHG), ist für den Gesellschafterbeschluß über die Vertretungsbefugnis der Liquidatoren ohne Belang. Die Satzungsbestimmungen über die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer erstrecken sich nicht auf die Liquidatoren, sondern enden mit der Auflösung der Gesellschaft (BGH NJW-RR 2009, 333; OLG Hamm GmbHR 2011, 432; OLG Frankfurt GmbHR 2012, 394). Dies folgt aus § 68 Abs. 1 GmbHG, der für die Liquidatoren eine eigenständige Vertretungsregelung vorsieht. Diese kann ohne Rücksicht auf die Satzungsregelungen über die Vertretung der Gesellschaft durch die Geschäftsführer mittels eines einfachen Gesellschafterbeschlusses herbeigeführt werden. Lediglich soweit die Satzung Bestimmungen für die Vertretung der Liquidatoren enthält, ist die Gesellschafterversammlung daran gebunden. In der Satzung der betroffenen Gesellschafter ist hierzu indes nur geregelt, daß die Liquidatoren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden können. Zur Frage der Einzel- oder Gesamtvertretung findet sich hingegen nichts.


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