Beschluss vom Oberlandesgericht Nürnberg - 8 W 1738/21

Tenor

Die weitere Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 08.04.2021, Az. 52 T 109/20, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1.

Die Betroffene ist geistig behindert und steht seit 1992 unter Betreuung. Seit 2005 ist ihre Schwester als ehrenamtliche Betreuerin eingesetzt. Das Betreuungsverfahren wird beim Amtsgericht Straubing geführt (Az.: …). Der Aufgabenkreis der Betreuerin umfasste bis März 2021 „alle Angelegenheiten incl. Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post“ (Bl. 234/235 d.A.).

Mit dem Tode ihres Vaters J. wurde die Betroffene mit einem Erbteil von 1/11 zur nicht befreiten Vorerbin ihres Vaters. Insofern war die Mutter der Betroffenen zur Nacherbin eingesetzt, die Betroffene und deren Schwester zu Ersatzerbinnen.

Die Mutter der Betroffenen, M., verstarb am 19.03.2016. Insoweit wurde die Betroffene mit einem Erbteil von 1/5 ebenfalls zur nicht befreiten Vorerbin nach ihrer Mutter. Nacherbin nach dem Tod der Betroffenen ist deren Schwester G.

Für die jeweils der Betroffenen zugewandten Erbteile wurde dauerhafte Testamentsvollstreckung angeordnet. Mit dem Tode der Mutter wurde die Betreuerin zugleich Testamentsvollstreckerin. Für die Wahrnehmung der Rechte der Betroffenen gegenüber der Testamentsvollstreckerin wurde ein Ergänzungsbetreuer bestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts wird auf Abschnitt A. der Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

2.

Mit Kostenansatz der Kostenbeamtin des Amtsgerichts Straubing vom 09.10.2018 wurde gegenüber der Betroffenen als Kostenschuldnerin ein Betrag von 937,96 € geltend gemacht (Bl. 402 d.A.). Dieser umfasst für die Jahre 2017 und 2018 jeweils eine Gebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG aus einem Geschäftswert von 185.979,02 € bzw. 185.969,60 €.

Mit einem am 23.10.2018 beim Amtsgericht Straubing eingegangenen Schreiben erhob die Betreuerin Erinnerung gegen den vorbenannten Kostenansatz (Bl. 403 d.A.). Sie macht geltend, das Vermögen der Betroffenen bestehe im Wesentlichen aus der Erbschaft nach der verstorbenen Mutter. Über diesen Erbteil dürfe sie als Testamentsvollstreckerin jedoch nicht verfügen. Die Erträge aus dem Nachlass seien nur für die persönlichen Bedürfnisse ihrer Schwester - der Betroffenen - zu verwenden.

Nach Anhörung des Vertreters der Staatskasse (Bl. 411 ff. d.A.) half die Kostenbeamtin der Erinnerung am 02.05.2019 nicht ab und legte die Sache dem Richter vor (Bl. 440 d.A.). Dieser entschied mit Beschluss vom 22.10.2019, gab der Erinnerung statt und hob den Kostenansatz vom 09.10.2018 vollständig auf (Bl. 450 d.A.).

Gegen diesen Beschluss legte der Bezirksrevisor beim Landgericht Regensburg als Vertreter der Staatskasse mit Schreiben vom 18.03.2020, eingegangen beim Amtsgericht am 23.03.2020, Beschwerde ein (Bl. 464 ff. d.A.). Er beantragte, den Beschluss des Amtsgerichts Straubing vom 22.10.2019 aufzuheben und den angefochtenen Kostenansatz wiederherzustellen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24.03.2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht Regensburg zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 479/480 d.A.).

Das Landgericht hat das Beschwerdeverfahren vom Einzelrichter auf die Kammer übertragen (Bl. 555/556 d.A.) und der Beschwerde der Staatskasse mit einem auf den 08.04.2021 datierten und am 13.04.2021 an die Geschäftsstelle übergebenem Beschluss insoweit stattgegeben, als es den Kostenansatz des Amtsgerichts Straubing vom 09.10.2018 hinsichtlich der erhobenen Gebühren aus Nr. 11101 KV GNotKG in Höhe von jeweils 380,00 € wiederhergestellt hat. Insoweit hat es die Erinnerung der Betroffenen zurückgewiesen. Ferner hat das Landgericht die weitere Beschwerde zugelassen (Bl. 558 ff. d.A.). Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass das Amtsgericht über die Erinnerung durch einen Rechtspfleger habe entscheiden müssen, nicht - wie geschehen - durch einen funktionell unzuständigen Richter. Hierauf könne die Beschwerde gemäß § 65 Abs. 4 FamFG jedoch nicht gestützt werden. Die Gesetzeslage und die rechtliche Stellung des Vorerben lasse keinen Zweifel daran zu, dass der aufgrund einer Vorerbschaft einem Betreuten zugefallene Nachlass auch bei fehlender Befreiung nach § 2136 BGB gebührenrechtlich als Vermögen des Betreuten zu berücksichtigen sei. Umstritten sei allerdings die Ermittlung des Reinvermögens, wenn der Betreute wegen einer in einem sog. Behindertentestament angeordneten Dauertestamentsvollstreckung nicht über den hiervon betroffenen Nachlass verfügen könne. Zu folgen sei der Rechtsansicht, nach der es im Rahmen der Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG nicht auf die tatsächliche Verfügbarkeit über die Vermögensgegenstände bzw. auf deren Verwertbarkeit ankomme.

Mit einem am 04.05.2021 beim Landgericht eingegangenen Schreiben hat die Betreuerin der Betroffenen gegen den vorbenannten Beschluss weitere Beschwerde erhoben (Bl. 584 d.A.). Sie beantragt die Wiederherstellung der Erinnerungsentscheidung des Amtsgerichts und die vollständige Aufhebung des angegriffenen Kostenansatzes.

Das Landgericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 19.05.2021 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 585 ff. d.A.).

Der Vertreter der Staatskasse hat sich mit Schreiben vom 23.07.2021 geäußert und beantragt, die weitere Beschwerde zurückzuweisen (Bl. 596/597 d.A.).

II.

1.

Die weitere Beschwerde der Betroffenen ist zulässig gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 GNotKG, nachdem sie das Landgericht im angefochtenen Beschluss vom 08.04.2021 zugelassen hat. An diese Zulassung ist der Senat gebunden (§ 81 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 4 GNotKG).

Die weitere Beschwerde wurde gemäß § 81 Abs. 5 Satz 4 GNotKG beim Landgericht eingelegt. Sie ist nicht an eine Frist gebunden und auch ein Mindestbeschwerdewert muss nicht erreicht sein.

Über das Rechtsmittel entscheidet der Senat als Spruchkörper in der nach § 122 Abs. 1 GVG vorgeschriebenen Besetzung (vgl. NK-GK/Jäckel, 3. Aufl., § 81 GNotKG Rn. 42).

2.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht, also eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 81 Abs. 4 Satz 2 GNotKG, § 546 ZPO). Es handelt sich mithin um eine Rechtsbeschwerde.

Gemessen hieran hält der Beschluss des Landgerichts vom 08.04.2021 rechtlicher Prüfung stand. Die dieser Entscheidung zugrundeliegende Rechtsauffassung ist zutreffend.

a) Die hier gegenständliche Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG beträgt 10,00 € je angefangenen 5.000,00 € des zu berücksichtigenden Vermögens, mindestens 200,00 €. Kostenschuldner ist der Betreute (§ 23 Nr. 1 GNotKG).

Für die Gebührenhöhe ist das Vermögen des von der Maßnahme Betroffenen, also des Betreuten, zu berücksichtigen, soweit es nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000,00 € beträgt (Anm. Abs. 1 zu Nr. 11101 KV GNotKG). Selbstbewohnte angemessene Hausgrundstücke bleiben unberücksichtigt.

Wie die Vorinstanz rechtsfehlerfrei entschieden hat, gehört zu dem maßgeblichen Reinvermögen des Betroffenen grundsätzlich auch der Nachlass, der ihm als Vorerbe gemäß §§ 2100 ff. BGB zugefallen ist (vgl. Korintenberg/Fackelmann, GNotKG, 21. Aufl., KV Vorbem. 1.1 Rn. 12). Der Vorerbe erlangt ein zwar zeitlich beschränktes, aber als solches ungeteiltes Erbrecht (vgl. BeckOGK/Küpper, BGB, § 2100 Rn. 5 [Stand: 15.06.2021]). Er ist „echter Erbe“ und tritt mit dem Tod des Erblassers in dessen Rechte und Pflichten ein, soweit sie vererblich sind. Mit Rücksicht auf die zeitliche Begrenzung der Vorerbschaft bildet der Nachlass in der Hand des Vorerben jedoch ein von seinem eigenen Vermögen rechtlich getrenntes Sondervermögen, über das er nur eingeschränkt nach Maßgabe der §§ 2112 bis 2119 BGB verfügen kann. Gleichwohl wird der Vorerbe - unabhängig von einer Befreiung nach § 2136 BGB - Inhaber der Vermögenssubstanz des Nachlasses (vgl. BeckOK-BGB/Litzenburger, § 2100 Rn. 41 [Stand: 01.05.2021]; MüKo-BGB/Lieder, 8. Aufl., § 2100 Rn. 31).

b) Im vorliegenden Fall ist die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft Gegenstand eines sog. Behindertentestaments. Es ist in der überwiegend und auch hier praktizierten Gestaltung - der sog. Erbschaftslösung - dadurch gekennzeichnet, dass der behinderte Abkömmling zum nicht befreiten Mitvorerben eingesetzt wird, und zwar sowohl neben dem Längerlebenden beim Tod des zuerst versterbenden Elternteils als auch neben den gesunden Abkömmlingen beim Tod des Längerlebenden (vgl. BeckOK-BGB/Litzenburger, aaO. Rn. 20). Neben der nicht befreiten Vorerbschaft und einem Vorausvermächtnis für den Behinderten ist hinsichtlich seines Erbteils eine mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehene Dauertestamentsvollstreckung gemäß §§ 2197 Abs. 1, 2209 BGB angeordnet worden (vgl. zur Wirksamkeit einer solchen Gestaltung: BGH, Beschluss vom 24.07.2019 - XII ZB 560/18, NJW 2020, 58 Rn. 12 ff.).

aa) Ob der Nachlass des Betroffenen auch in einer solchen Konstellation zum gebührenrechtlich maßgeblichen Vermögen gehört, ist in der obergerichtlichen Judikatur und im Schrifttum lebhaft umstritten. Bereits das Landgericht hat das Meinungsbild auf den Seiten 12 und 13 seines Beschlusses vom 08.04.2021 dargestellt. Eine höchstrichterliche Entscheidung dieser Frage existiert nicht und kann in dem für Gerichtsgebühren nach dem GNotKG vorgesehenen Instanzenzug auch nicht herbeigeführt werden. Die wünschenswerte Vereinheitlichung ist daher dem Gesetzgeber vorbehalten.

bb) Ein Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums ist der Auffassung, in Fällen des Behindertentestaments könne der Nachlass bei der Ermittlung des Reinvermögens als Grundlage der gerichtlichen Jahresgebühr für eine - zumindest auch - die Vermögenssorge umfassende Dauerbetreuung nicht werterhöhend berücksichtigt werden (vgl. OLG München, FGPrax 2019, 89; OLG Bamberg, BeckRS 2019, 44347; OLG Köln, ZEV 2019, 704; OLG Zweibrücken, ZEV 2021, 184; Korintenberg/Fackelmann, aaO., KV 11101 Rn. 37a; Rohs/Wedewer/Waldner, GNotKG, KV 11101 Rn. 21; NK-GK/Volpert, aaO., KV GNotKG Vorbem. 1.1 Rn. 20e; Jürgens/Luther, Betreuungsrecht, 6. Aufl., KV GNotKG, Teil 1 Rn. 4 f.; Hofer, FamRZ 2020, 950; ders., BtPrax 2017, 232).

Zwar komme es für die Bemessung des Geschäftswerts nicht darauf an, ob das Vermögen des Betreuten verwertbar oder verfügbar sei, wohl aber darauf, ob sich die Betreuung auf das gesamte Vermögen des Betreuten oder nur auf einen Teil desselben beziehe. Die Beschränkung des Verfahrenswerts in Fällen der Dauerbetreuung mit unmittelbarem Bezug auf lediglich einen Teil des Betreutenvermögens gründe in der Verknüpfung zwischen der Höhe des von der Maßnahme betroffenen Vermögens und dem Bearbeitungsaufwand sowie dem Haftungsrisiko des Fiskus. Eine solche Beschränkung auf einen Teil des Vermögens könne sich nicht nur aus einer ausdrücklichen Einschränkung im Bestellungsbeschluss, sondern auch „aus den Verhältnissen“ ergeben. Das dem Betreuten über ein sog. Behindertentestament zugewandte, der Dauerverwaltung durch einen Testamentsvollstrecker unterliegende Vermögen falle nicht unter die vom Betreuungsgericht zu kontrollierende Verwaltungstätigkeit des Betreuers, sondern der des Testamentsvollstreckers. Gegenstand der Betreuung im Bereich der Vermögenssorge sei wegen dieser Zuständigkeit nicht unmittelbar das der Testamentsvollstreckung unterliegende Nachlassvermögen, sondern lediglich die Ausübung der Kontrollrechte (§ 2218 BGB) und ggf. die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Testamentsvollstrecker (§§ 2217 Abs. 1, 2219 Abs. 1 BGB).

Durch die Annahme, das Vermögen des Betreuten sei zur Ermittlung der Jahresgebühr heranzuziehen, werde außerdem der Sinn und Zweck des sog. Behindertentestaments konterkariert. Diese testamentarischen Bestimmungen sollten gerade dazu dienen, das Nachlassvermögen des Betreuten dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen, was unter dem Aspekt einer möglichen Sittenwidrigkeit nicht zu beanstanden sei.

cc) Der Senat folgt - wie schon das Landgericht - jedoch der Gegenansicht (vgl. OLG Hamm, FGPrax 2020, 293 und FGPrax 2015, 278; OLG Celle, NJOZ 2021, 680 und NZFam 2017, 327; OLG Stuttgart, FGPrax 2020, 195; OLG Karlsruhe, ZEV 2021, 186; OLG Rostock, BeckRS 2021, 13095; Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl., KV Vorbem. 1.1 Rn. 3; Sikora, ZEV 2020, 563, 564; Schneider, FamRB 2021, 196, 197; Hille, Rpfleger 2008, 114, 115).

(1)

Auszugehen ist vom Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung. Sowohl Vorbem. 1.1 Abs. 1 als auch Nr. 11101 Anm. Abs. 1 Satz 1 KV GNotKG sprechen von „sein Vermögen“ bzw. vom Vermögen „des von der Maßnahme Betroffenen“. Danach kommt es eindeutig nur auf die zivilrechtliche Zuordnung des Nachlasses zum Vermögen des Betreuten an. Einzige gesetzlich vorgesehene Einschränkung ist das in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannte Schonvermögen. Darin liegt ein Unterschied zu § 1836c Nr. 2 BGB, der umfassend auf sozialhilferechtliche Regelungen verweist und auf den in gebührenrechtlichem Kontext wiederum (nur) Nr. 31015 KV GNotKG für die an den Verfahrenspfleger gezahlten Beträge ausdrücklich Bezug nimmt. Schon dies legt nahe, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der in der Kautelarpraxis üblichen Behindertentestamente hinsichtlich der Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG keinen eigenständigen Vermögensbegriff einführen wollte.

(2)

Auch Nr. 11101 Anm. Abs. 1 Satz 2 KV GNotKG rechtfertigt keine andere Sichtweise. Diese Regelung betrifft eine Betreuung, deren Gegenstand nur ein Teil des Vermögens des Betroffenen ist. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die Vorgängerregelung des § 92 Abs. 1 Satz 3 KostO übernommen (vgl. BT-Drs. 17/11471, S. 195). Diese wiederum war durch Art. 17 des 2. Justizmodernisierungsgesetzes mit Wirkung zum 31.12.2006 eingeführt worden (BGBl. I 2006, S. 3416). Der Gesetzgeber wollte hiermit eine seinerzeit in Teilen der Literatur befürwortete „differenzierende Auslegung“ aufgreifen (vgl. BT-Drs. 16/3038, S. 53). Die in der Gesetzesbegründung zitierte Literaturfundstelle differenzierte nach drei Bewertungsgruppen, gelangte hierbei jedoch ebenfalls zur Berücksichtigung des der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlasses (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., § 92 Rn. 51 und 62).

(3)

Im vorliegenden Fall ist der Aufgabenkreis der Betreuerin formell unbeschränkt. Der durch Beschluss vom 24.03.2014 gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 286 Abs. 1 Nr. 1 FamFG bezeichnete Aufgabenkreis umfasste als „Gegenstand der Betreuung“ das gesamte Vermögen der Betroffenen.

Die Ansicht, das der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegende ererbte Vermögen sei vom Aufgabenkreis des für die (unbeschränkte) Vermögenssorge bestellten Betreuers nicht erfasst, greift zu kurz und überzeugt nicht. Dass der Betreuer wegen der angeordneten Testamentsvollstreckung keinen unmittelbaren Zugriff auf das ererbte Vermögen hat und der Testamentsvollstrecker zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Vermögens verpflichtet ist, ändert nichts an der Tatsache, dass das ererbte Vermögen dem Betreuten zusteht und dementsprechend auch der Vermögenssorge des insoweit bestellten Betreuers unterliegt. Die vom Betreuer wahrzunehmende Vermögenssorge umfasst in diesem Fall als Kernaufgabe die Kontrolle der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers (§ 2216 BGB). Der Betreuer kann als Vertreter des Betreuten auch beantragen, dass einzelne Anordnungen der Erblasser betreffend die Testamentsvollstreckung außer Kraft gesetzt werden (§ 2216 Abs. 2 Satz 2 BGB). Der Testamentsvollstrecker hat auf Verlangen über das einer Dauerverwaltung unterliegende Vermögen jährlich Rechnung zu legen (§ 2218 Abs. 2 BGB). Die Einhaltung und ggf. Durchsetzung dieser Verpflichtung hat einen unmittelbaren Bezug zum Nachlassvermögen und obliegt dem Betreuer. Sind Betreuerin und Testamentsvollstreckerin - wie im vorliegenden Fall - personenidentisch, so kommt für die Wahrnehmung der zuvor genannten Rechte die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers gemäß § 1899 Abs. 1 BGB in Betracht (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 05.03.2008 - XII ZB 2/07, NJW-RR 2008, 963; Weidlich, ZEV 2020, 136, 140 f.). Letzteres wird durch die Gebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG mit abgegolten (vgl. Korintenberg/Fackelmann, aaO., KV 11100 Rn. 15).

Damit wird auch dem verfassungsrechtlichen Gebot entsprochen, dass die Höhe der Gebühr für Dauerbetreuungen, die zumindest auch Vermögensangelegenheiten betreffen, durch den Bearbeitungsaufwand des Gerichts und das Haftungsrisiko des Staates sachlich gerechtfertigt sein muss (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2246). Das Betreuungsgericht hat in der hier vorliegenden Konstellation insbesondere zu prüfen, ob die gegenüber der Testamentsvollstreckerin bestehenden Kontrollrechte ordnungsgemäß wahrgenommen werden (vgl. auch LG Augsburg, ZEV 2017, 525 Rn. 21). Zu diesem Zwecke hat das Amtsgericht im vorliegenden Fall einen Ergänzungsbetreuer bestellt.

(4)

Schließlich gebietet das formalisierte Kostenansatzverfahren ein für den Kostenbeamten praktikabel und einfach zu handhabendes Gebührenrecht. Dies wäre in Frage gestellt, wenn der Kostenbeamte nicht allein auf das Vorhandensein von Vermögenswerten abzustellen hätte, sondern darüber hinaus auch noch eine - im Einzelfall durchaus komplizierte und mit wertenden Überlegungen verbundene - rechtliche Prüfung vornehmen müsste, inwieweit der Kostenschuldner über das ihm zustehende Vermögen auch noch verfügen kann. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob der Betroffene einen Anspruch darauf hat, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung ihm die Geldbeträge zur Deckung der Gerichtsgebühr zur Verfügung stellt. Sachlich kann darüber nur im Rahmen einer Auslegung des Testaments/Erbvertrags der Erblasser entschieden werden. Im Kostenansatzverfahren kann eine solche Entscheidung nicht getroffen werden (vgl. OLG Hamm, aaO.). Ob und inwieweit der Kostenschuldner tatsächlich zur Begleichung der festgesetzten Gebühr herangezogen werden kann, ist demgemäß eine vollstreckungsrechtliche Frage, die sich nach den Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes beantwortet.

3.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da Gerichtskosten nicht anfallen (§ 81 Abs. 8 GNotKG).

4.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

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