Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 3 U 121/10

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 9. Juni 2010 - 2 O 371/06 - wie folgt

a b g e ä n d e r t:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 159.706,97 EUR nebst Zinsen hieraus i. H. v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16. Juni 2006 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 2/3 des weiteren Schadens zu ersetzen, welcher der Klägerin aus der mangelhaften Planung und Bauleitung der Beklagten bei dem Bauvorhaben „K…. “ in B… M…-N… über Mängelbeseitigungskosten i. H. v. 159.706,97 EUR hinaus entstanden ist bzw. noch entsteht.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 15 % und die Beklagte 85 %.

Von den Kosten der Streithelferin in beiden Instanzen trägt die Beklagte 85 %. Im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.

Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung des Gegners/der Streithelferin durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner/die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert:

Berufung gegen die Verurteilung

        

in Ziff. 1 des landgerichtlichen Urteils

190.859,27 EUR,

        

        

Berufung gegen die Verurteilung bezüglich      

        

Antrag Ziff. 2 des landgerichtlichen Urteils

20.000,00 EUR,

        

        

insgesamt:

 210.859,27 EUR.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen unzureichender Ingenieurleistungen im Rahmen der Erschließung eines Baugebiets.
Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage nach der mündlichen Erläuterung des im Verfahren 5 OH 26/02 des Landgerichts Ellwangen erstellten Gutachtens, ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen Dipl.-Ing. J… S…, der Einholung eines weiteren schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S… sowie Einholung eines ergänzenden schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. H…. M…, welches dieser im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.05.2010 erläutert hat, stattgegeben.
Unter Anwendung der bis 31.12.2001 geltenden Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs habe die Klägerin nach den §§ 634, 635 BGB a. F. einen Schadensersatzanspruch, weil die Planungsleistung der Beklagten mit Mängeln behaftet sei.
Eine Ingenieurleistung sei mangelhaft, wenn sie funktionsuntauglich sei. Ein Mangel könne auch vorliegen, wenn die Planung technisch funktionstauglich sei, aber die geschuldete Optimierung der Nutzbarkeit nicht erreicht werde. Maßgeblich seien die Ziele des Bauherren. Die von der Beklagten vertraglich geschuldete Leistung ergebe sich aus dem Werkvertrag. Die HOAI enthalte kein normatives Leitbild für den Inhalt eines Ingenieurvertrags. Für den Inhalt der vertraglichen Leistungspflichten sei allein der Werkvertrag nach Maßangabe der Regeln des BGB maßgeblich. Maßstab für die Vertragsgerechtigkeit der Planung der Beklagten sei der vereinbarte und geschuldete Werkerfolg i. S. v. § 631 Abs. 1 BGB.
Die Klägerin habe nachgewiesen, dass der Beklagten mehrere Planungsfehler unterlaufen seien.
Der Sachverständige S… habe eine Mitverantwortung der Beklagten damit begründet, dass diese für das streitgegenständliche Erschließungsverfahren keine bergseitigen Drainagen oder Sickerungen bzw. ein auf Schichtenwasser-Zutritte abgestimmtes Entwässerungssystem geplant habe, obwohl nach dem Bodengutachten des Instituts Prof. B… vom 17.10.2000 für den Planbereich insbesondere während Nässeperioden mit Schichtenwasser-Anfall zu rechnen gewesen sei. Hangseitig sei bei der Planung der Beklagten keine geeignete Sickerung vorgesehen gewesen. Durch eine hangseitige Tiefendrainage hätte dem Oberbau und Untergrund zuströmendes Hangwasser geregelt und abgeführt werden können. Die talseitige Drainage hätte dem Ableiten des anfallenden Oberflächenwassers der Verkehrsfläche gedient. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass die seitens der Beklagten hangseitig geplante und eingebaute Drainage für die aufgetretene Problematik wirkungslos gewesen sei, weil sie aufgrund der konkreten Höhenlage lediglich das Straßenplanum habe entwässern und deshalb tiefer bergseitig eintretendes Hangwasser ungehindert in die tiefer liegende Grabenzone habe eindringen können. Eine Drainage im Kanalgraben hätte so tief vorgesehen werden müssen, dass das gesamte, seitlich vom Berg eindringende Schichtenwasser über diese Tiefendrainage aufgefangen und kontrolliert abgeleitet hätte werden können und es so durch Eindringen des Hangwassers nicht zu einem Aufstau von Wasser und einer Durchnässung des Auffüllmaterials innerhalb des Kanalgrabens hätte kommen können.
In prozessualer Hinsicht habe das Beweisergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens nicht ohne weiteres im Verfahren verwertet werden können. Die Beklagte sei zwar als Streithelferin des vorangegangenen selbstständigen Beweisverfahrens erst nach dem maßgeblichen Ortstermin des Sachverständigen vom 23.04.2003 an diesem beteiligt worden, dennoch habe das Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens als Urkundenbeweis in das streitige Verfahren eingeführt werden können. Das Recht auf Mitwirkung der Beklagten an der Beweiserhebung sei durch Anhörung des Sachverständigen gewahrt worden. Gegen die Verwertung der im Beweissicherungsverfahren eingeholten Beweise bestünden keine Bedenken.
Ein Grund für die Vernehmung des als Parteigutachter beauftragten Dipl.-Ing. L… als sachverständigen Zeugen habe nicht bestanden. Der Einholung eines neuen Gutachtens habe es nicht bedurft.
10 
Ein Fehler der Leistung der Beklagten liege darin, dass die Beklagte den Baugrundgutachter Prof. Dr. B… im weiteren Planungsverfahren nicht miteinbezogen habe. Es sei von Bedeutung, dass das Baugrundgutachten gefordert habe, dass einerseits vereinzelt Untergrunderkundungen erforderlich seien, andererseits der Gutachter nach Festlegung der Höhenquoten zu informieren sei, um bauwerksbezogene Empfehlungen und Maßnahmen zu ermöglichen. Es sei notwendig gewesen, dem Gutachter nach der vermessungstechnischen Geländeaufnahme Planunterlagen zuzusenden, damit die Aufschlussprofile eingehängt und entsprechende geotechnische Schnitte angefertigt werden könnten. Dem Baugrundgutachter hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, sein Wissen über den Baugrund auf die konkrete Bauwerkssituation anzupassen und die eventuellen weiteren Informationen für Verwendbarkeit, Nichtverwendbarkeit oder flankierende Maßnahmen zu erarbeiten.
11 
Ein Planungsfehler bestehe darin, dass die Beklagte den Sondervorschlag der Streithelferin nicht mit dem zuständigen Geologen Prof. Dr. B… abgestimmt habe. Dies gelte insbesondere, weil der Vorschlag auf welche Weise Bodenarten verwendet werden konnten, viel zu allgemein gehalten gewesen sei und Hinweise vorgelegen hätten, dass Probleme hydrogeologischer Natur auftauchen könnten. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen S… habe die Schürftiefe des Geologen Prof. B… die Sohle der geplanten Kanäle gar nicht erreicht. Für diese Tiefenlagen hätten keine Aussagen getroffen werden können.
12 
Die Beklagte habe bei ihrer Planung des Kanalgrabens und des Straßenkörpers die Versorgungsleitungen für Wasser, Gas, Strom und Telefon nicht berücksichtigt. Die Beklagte sei von der Klägerin mit Planung und Bauleitung des kompletten Erschließungsgebiets beauftragt worden. Die Erschließung der Maßnahme umfasse auch Versorgungsleitungen mit Wasser, Strom und Telefon. Diese Verpflichtung bestehe unabhängig davon, von wem diese Leitungen eingelegt worden seien.
13 
Die Beklagte habe bei der Auswahl des Verfüllmaterials mögliche Wasserzutritte aus dem Muschelkalk in den Kanalgraben nicht ausreichend berücksichtigt.
14 
Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M… habe die Beklagte mit ihrem Einwand nicht durchdringen können, primär ursächlich für den eingetretenen Schaden sei die gewählte einstufige Bauweise, nämlich die Erschließung in einem Zug bis zur fertigen Herstellung der Straßenoberfläche anstelle eines zweistufigen Verfahrens. Es bestehe nach den Ausführungen des Sachverständigen kein Zusammenhang zwischen der Eignung bestimmten Hangschuttmaterials und der Ein- und Zweistufigkeit.
15 
Die Planungsmängel seien ursächlich für die vertragswidrige Bauausführung durch die Streithelferin und damit für die dadurch verursachten Schäden.
16 
Die Klägerin habe von der Beklagten ohne Fristsetzung zur Nachbesserung und Ablehnungsandrohung Schadensersatzansprüche.
17 
Der Höhe nach berechne sich der Anspruch der Klägerin unter Berücksichtigung der von ihr bereits angesetzten Quote von 2/3 auf 190.859,27 EUR. Die Beklagte schulde auch die in diesem Betrag enthaltene Umsatzsteuer. Der Ansatz einer Haftungsquote von 2/3 sei nicht zu beanstanden. Dem Schadensersatzanspruch der Klägerin stehe nicht ein eigenes Mitverschulden der Klägerin, noch das eines Dritten entgegen.
18 
Der Feststellungsantrag sei begründet.
19 
Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten.
20 
Das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 412 ZPO zu Unrecht nicht als gegeben angesehen. Das Gericht habe zu den Ursachen der Setzungen kein weiteres Gutachten eingeholt. Lediglich zu einer Teilfrage, ob die einstufige Bauweise ursächlich gewesen sei, sei ein weiteres Gutachten eingeholt worden. Das Gericht sei verpflichtet gewesen, die aufgezeigten Widersprüche durch Einholung eines Zweitgutachtens aufzuklären, insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass der Privatgutachter Dipl.-Ing. (FH) L… keine Verletzung der Planungspflichten gesehen habe. Die Notwendigkeit einer zusätzlichen Beweisaufnahme habe sich aufgedrängt. Die Befähigung des Sachverständigen S… sei in Frage zu stellen. Der Sachverständige sei Materialprüfer und nicht sachkundig genug, die vorliegende Problematik beweissicher einzuordnen. Spätestens nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M… sei deutlich geworden, dass die bisherigen Gutachten die Ursache unzutreffend wiedergeben. Spätestens deshalb sei dem Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens zu folgen gewesen. Es sei deutlich geworden, dass der Sachverständige S… seine Ausführungen aus den Bereichen Erdbau und nicht aus straßenbaulichen Gesichtspunkten abgeleitet habe.
21 
Ausschließliche Ursache für die auftretenden und klägerseits angesprochenen Probleme sei eine unzureichende Verdichtung des Bodens durch die Streitverkündete. Planungsfehler hätten zu keiner Zeit vorgelegen.
22 
Das Landgericht habe die erhobenen Beweise unzutreffend gewürdigt.
23 
Unzutreffend sei, dass eine Verwertung der Ergebnisse des selbstständigen Beweisverfahrens dadurch möglich sei, dass der Sachverständige sich ausdrücklich auf seine früheren Äußerungen berufen habe.
24 
Es sei notwendig gewesen, den Parteisachverständigen L… zu vernehmen. Dieser sei zu einem abweichenden Ergebnis gekommen.
25 
Das Gericht werte widersprüchlichen und nicht überzeugenden Vortrag der gerichtlichen Gutachter als nachvollziehbar und überzeugend.
26 
Das Landgericht habe ein eigenes Mitverschulden der Klägerin zu Unrecht nicht berücksichtigt. Das fehlerhafte Bodengutachten und die Ausführungsfehler seien der Klägerin zuzurechnen. Dies sei vom Landgericht verkannt worden.
27 
Die ausgeurteilte Mehrwertsteuer stehe der Klägerin jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu.
28 
Die Beklagte beantragt,
29 
das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 09.06.2010 - 2 O 371/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
30 
Die Klägerin beantragt,
31 
die Berufung zurückzuweisen.
32 
Die Streithelferin beantragt,
33 
die Berufung zurückzuweisen.
34 
Die Klägerin trägt vor,
35 
es hätten keine Anhaltspunkte vorgelegen, dass die gutachterlichen Aussagen des Sachverständigen S… nicht verwertbar gewesen seien. Es sei nicht richtig, dass das Gutachten des Sachverständigen M… im Gegensatz zu Ausführungen des Sachverständigen S… stünden. Ebenso wenig bestehe ein Widerspruch zwischen den Aussagen der Sachverständigen S… und M…, soweit es um die Qualität des einzubauenden Materials gehe.
36 
Das Landgericht habe die Aussagen der Gutachter zutreffend gewürdigt und sei zu dem zutreffenden Ergebnis gekommen, ein weiteres ergänzendes Gutachten sei nicht notwendig. Es hätten keine Unklarheiten bestanden.
37 
Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei korrekt und nicht angreifbar. Unzutreffend sei die Auffassung der Beklagten, das Gericht hätte die Ergebnisse des selbstständigen Beweisverfahrens nicht verwerten dürfen.
38 
Zu Unrecht wende die Beklagte ein Mitverschulden der Klägerin ein.
39 
In zutreffender Weise habe das Landgericht der Klägerin auch die volle Umsatzsteuer i. H. v. 19 % auf den zu erwartenden Schadensbetrag zugesprochen.
40 
Die Streithelferin der Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil.
41 
Die Voraussetzungen für die Einholung eines neuen Gutachtens nach § 412 Abs. 1 ZPO hätten nicht vorgelegen.
42 
Die Beklagte könne sich nicht auf die angebliche Mangelhaftigkeit der schriftlichen Gutachten und der gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen S… berufen. Die Ausführungen seien weder widersprüchlich noch unvollständig. Widersprüche zu dem Gutachten des Sachverständigen M… lägen nicht vor. Wegen der Widersprüchlichkeit der Ausführungen der Sachverständigen S… und L… sei eine erneute Begutachtung nicht erforderlich gewesen, da sich das Landgericht kritisch mit den Widersprüchen auseinandergesetzt habe. Der Sachverständige S… habe über ausreichende Sachkunde zur Bewertung der Schäden verfügt. Der Sachverhalt sei durch den Sachverständigen S… nicht unzutreffend oder falsch festgestellt worden.
43 
Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beweiswürdigung lägen nicht vor.
44 
Die Nichtvernehmung des Parteigutachters sei weder ein Verstoß gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze noch gegen rechtliches Gehör. Das Landgericht habe alle Einwendungen der Beklagten aufgegriffen und berücksichtigt.
45 
Eine Mithaftung der Klägerin liege nicht vor.
46 
Wegen der Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Akten 5 OH 26/02 des Landgerichts Ellwangen sind im vorliegenden Verfahren beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II.
47 
Die zulässige Berufung der Beklagten ist lediglich im Umfang der vom Landgericht ausgeurteilten Mehrwertsteuer begründet. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.
48 
Zu Recht hat das Landgericht ein Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht und die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Planungsleistungen und Bauüberwachung als begründet erachtet.
1.
49 
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 635 BGB a. F. wegen fehlerhafter Planung und Bauüberwachung zu. Auf das vorliegende Rechtsverhältnis ist das BGB nach Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden.
50 
Voraussetzung für einen Anspruch nach den §§ 634, 635 BGB a. F. ist eine mangelhafte Planungsleistung der Beklagten. Eine Ingenieurleistung ist dann mangelhaft, wenn sie funktionsuntauglich ist. Ein Mangel kann auch vorliegen, wenn zwar die Planung technisch funktionstauglich ist, aber die geschuldete Optimierung der Nutzbarkeit nicht erreichbar wird. Hierfür maßgebend sind die Ziele des Bauherren. Die Pflichten eines Ingenieurs sind mit denen eines Architekten vergleichbar (OLG Frankfurt, BauR 2008, 553 ff.).
51 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte in den Ingenieurverträgen vom 22.03.2000 (Anlage K 1) und vom 18.10.2000 (Anlage K 2) die Verpflichtung übernommen, im Geltungsbereich des Bebauungsplans „K…“ die Ingenieurleistungen, nämlich Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen, zu erbringen. Der Pflichtenkreis der Beklagten umfasste die Leistungsphasen 1 bis 4 nach § 55 HOAI, die Leistungsphasen 5 bis 9 nach § 55 HOAI und die örtliche Bauüberwachung nach § 57 Abs. 1 HOAI.
52 
Für den Inhalt der vertraglichen Leistungsverpflichtungen eines Ingenieurs ist allein der Werkvertrag nach Maßgabe der Regeln des BGB maßgeblich. Der im Vertrag enthaltene Hinweis auf die Leistungsphasen der HOAI ist Gegenstand bei der ergebnisorientierten Auslegung des Vertragsinhalts (OLG Frankfurt a.a.O.). Die Erfüllung der vertraglichen Pflichten der Beklagten im Rahmen der Planung hängt vom Erreichen des vereinbarten und geschuldeten Werkerfolgs ab.
53 
Unstreitig wurden die Bauleistungen abgenommen, so dass die Klägerin zu beweisen hat, dass der Beklagten Planungsfehler unterlaufen sind.
2.
54 
Das Landgericht hat die Beweise in prozessual nicht zu beanstandender Weise erhoben und in zutreffender Weise gewürdigt.
a)
55 
Das Landgericht konnte das Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens im Rahmen des Urkundenbeweises im streitigen Verfahren verwerten, obwohl die Beklagte als Streithelferin des vorangegangenen selbstständigen Beweisverfahrens erst nach dem maßgeblichen Ortstermin des Sachverständigen vom 23.04.2003 durch die Streitverkündung am selbstständigen Beweisverfahren teilnehmen konnte. Dem Recht der Beklagten auf Mitwirkung an der Beweisaufnahme durch den Sachverständigen S… wurde durch die Anhörung des Sachverständigen S… im Termin vom 11.07.2007 Rechnung getragen. Der Sachverständige hat sich im Rahmen der Erläuterungen auch auf seine schriftlichen Gutachten berufen. Der Sachverständige wurde zudem am 11.07.2007 im Rahmen des Erkenntnisverfahrens angehört (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 493 Rn. 4 ff.).
b)
56 
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist der Senat an die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung geboten ist. Solche Zweifel liegen nicht vor.
aa)
57 
Zutreffenderweise hat das Landgericht einen Grund für die Vernehmung des Parteigutachters L… als sachverständigem Zeugen nicht gesehen. Die unter Beweis gestellten Bekundungen des Parteisachverständigen beziehen sich auf sachverständige Wertungen und sind nicht dem Zeugenbeweis zugänglich.
bb)
58 
Die Voraussetzungen für die Einholung eines „Obergutachtens“ waren nicht gegeben. Den Begriff eines „Obergutachtens“ kennt die ZPO nicht (Thomas/Putzo - Reichold, ZPO, 31. Auflage, 2010, § 412 Rdnr. 3). Davon könnte man sprechen, wenn zwei miteinander unvereinbare gerichtliche Gutachten vorgelegen hätten, deren Widersprüche nur durch Einholung eines weiteren Gutachtens („Obergutachtens“) geklärt werden könnten (Zöller/Greger, ZPO, 28. Auflage 2010, § 412 Rdnr. 1; Thomas/Putzo - Reichold a.a.O.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
cc)
59 
Die grundsätzlich zu prüfende Frage, ob bei einem ungenügenden Gutachten eine neue (weitere) Begutachtung nach § 412 ZPO notwendig ist, hat das Landgericht vorgenommen und mit überzeugender Begründung abgelehnt. Es hat zu Recht angenommen, dass abgesehen von der Frage der Ursächlichkeit der gewählten einstufigen Bauweise, die die ergänzende Beweisaufnahme erforderlich gemacht hat, die Gutachten des Sachverständigen S… nebst Erläuterungen weder unvollständig noch widersprüchlich oder nicht überzeugend und somit auch nicht mangelhaft sind. Die von der Beklagten vorgetragenen Widersprüche wurden spätestens in der Anhörung des Sachverständigen S… ausgeräumt. Das Landgericht hat sich mit dem Privatgutachten L… eingehend auseinandergesetzt. Weshalb der Sachverständige von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen sein soll, ergründet sich nicht. Die Beklagte stützt ihre Einwendungen auf abweichende sachverständige Wertungen des Privatsachverständigen L…, der aber nicht Gerichtsgutachter ist. Im Wesentlichen unterscheidet sich das Privatgutachten L… dadurch, dass die Zuweisung der Fehler anders erfolgt, nämlich zu den Stadtwerken (Versorgungsleitungen, Kanalgräben) und zur Streithelferin als ausführender Firma. Dies hat das Landgericht zutreffend aus Rechtsgründen, gestützt auch auf die gerichtlichen Gutachten anders bewertet, wie nachfolgende Ausführungen belegen.
60 
Die gerügte fehlende notwendige Sachkunde des Sachverständigen S… liegt nicht vor. Dieser hat am 11.07.2007 ausgesagt, er sei seit 1989 Prüfstellenleiter einer R… -Prüfstelle, die nach Richtlinien für anerkannte Prüfstellen in dem Bereich der Verdichtungskontrolle, Kontrollprüfungsbereiche im Kanalgrabenbereich tätig ist. Die notwendige Erfahrung hat er sich im Rahmen seiner gerichtsgutachterlichen Tätigkeit durch Erstellung mehrerer Gutachten, die sich in dem vorliegenden Fachbereich bewegen, erarbeitet. Des Weiteren wurden seine sachverständigen Aussagen auch durch das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M… bestätigt, der plausibel dargelegt hat, dass zur Vermeidung intoleranter Setzung bzw. des Eintritts von Setzungen bzw. Materialentzug unter Verkehrsnutzung einerseits die Wiederverfüllung von Gräben nach den Regeln des Erdbaus mit entsprechendem Material eingebaut und verdichtet werden muss und dies andererseits voraussetzt, dass sich insbesondere bei Steilstrecken und zu erwartendem Schicht- bzw. Grundwasserandrang keine Sickerströmungen ausbilden können.
61 
Die vom Landgericht durchgeführte Tatsachenfeststellung ist vollständig.
c)
62 
Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts liegen nicht vor.
aa)
63 
Die Beklagte hat ein unzureichendes Entwässerungssystem geplant. Der Sachverständige S… hat nachvollziehbar und überzeugend in seinem im Verfahren 5 OH 26/2002 eingeholten Gutachten vom 04.08.2004 und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.12.2004 ausgeführt, dass eine Verantwortung der Beklagten begründet ist, weil diese für das streitgegenständliche Erschließungsverfahren keine bergseitigen Drainagen oder Sickerungen bzw. ein auf Schichtenwasserzutritte abgestimmtes Entwässerungssystem geplant hat, obwohl nach dem Bodengutachten des Prof. Dr. B… vom 17.10.2010 für den Planbereich insbesondere während Nässeperioden mit Schichtenwasseranfall zu rechnen war. Die Planung der Beklagten vom 14.12.2000 sieht nur eine talseitig verlaufende Längssickerung vor, hangseitig ist in der Planung keine geeignete Sickerung nach den Ausführungen des Sachverständigen vorgesehen. Durch eine hangseitige Tiefendrainage hätte dem Oberbau und Untergrund zuströmendes Hangwasser geregelt abgeführt werden können. Die talseitige Drainage hätte dem Ableiten des anfallenden Oberflächenwassers der Verkehrsfläche gedient. Nach der Planung der Beklagten wird aber anfallendes Sicker- und Schichtenwasser durch die ungebundene Tragschicht, durch die Grabenverfüllung sowie Leitungszone unkontrolliert abgeleitet. Der Sachverständige S… hat hierzu ausgeführt, dass die seitens der Beklagten hangseitig geplante und eingebaute Drainage für die aufgetretene Problematik wirkungslos gewesen ist, weil sie aufgrund der konkreten Höhenlage lediglich das Straßenplanum entwässern konnte und deshalb tiefer bergseitig eintretendes Hangwasser ungehindert in die tiefer liegende Grabenzone hat eindringen können. Einzig sinnvoll wäre gewesen, eine Drainage so tief im Kanalgraben vorzusehen, dass das gesamte, seitlich vom Berg eindringende Schichtenwasser über diese Tiefendrainage aufgefangen und kontrolliert abgeleitet wird. In diesem Fall hätte es nicht durch Eindringen des Hangwassers zu einem Aufstau von Wasser und einer Durchnässung des Auffüllmaterials innerhalb des Kanalgrabens kommen können.
64 
Im Rahmen der Erforderlichkeit der Tiefendrainage hat der Sachverständige S… dargelegt, dass im Untersuchungsergebnis keine systematische wasserleitende Schicht angetroffen wurde. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, dass der gesamte Bereich der sensiblen Bodenmassen vor unkontrolliertem Wasserzutritt geschützt werden müsse. Bei den angetroffenen feinkörnigen überfeuchteten Bodenlagen und der nicht erkennbaren wasserführenden, wasserstauenden Schicht sei die Tiefenlage der Tiefensickerschicht auf die Kanalsole abzustimmen gewesen. Dies bedeutet, dass der gesamte Verfüllzonenbereich vor einem unkontrollierten Wasserzutritt hätte geschützt werden müssen. Dies hat die Beklagte versäumt.
65 
Für den Fall, dass eine wasserrechtliche Genehmigung einzuholen gewesen wäre, hätte die Beklagte hierauf hinweisen müssen.
bb)
66 
Ein Versäumnis der Beklagten liegt auch darin, dass sie im Rahmen der Erstellung der Ausführungsplanung den Baugrundgutachter nicht in das weitere Planungsverfahren einbezogen hat. Das Baugrundgutachten vom 17.10.2000 (Bl. 32 ff. d. A.) hat gefordert, dass einerseits vereinzelt Untergrunderkundungen erforderlich werden, wenn weitere Planungen sowie Einzelheiten und Details für die Bebauung vorlägen, andererseits der Gutachter nach Festlegung der Höhenpunkte zu informieren sei, um bauwerksbezogene Empfehlungen und Maßnahmen zu ermöglichen. Dem Baugrundgutachter hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, seine Kenntnis des Baugrundes der konkreten Bauwerkssituation anzupassen und die eventuell weiteren Informationen für Verwendbarkeit, Nichtverwendbarkeit oder flankierende Maßnahmen zu erarbeiten. Diese deutlichen Hinweise im Gutachten Prof. Dr. B… hat die Beklagte unbeachtet gelassen, so dass die für eine fehlerfreie Detailplanung notwendigen weiteren Untergrunduntersuchungen unterblieben sind.
67 
Die Schürftiefe des Geologen Prof. Dr. B… hatte die Sohle der geplanten Kanäle nicht erreicht und konnte für diese Tiefenlage keine Aussage treffen. Dies gilt auch für die dazugehörige hydrogeologische Situation. Der Geologe Prof. Dr. B… hat in seinem Gutachten eindeutig darauf hingewiesen, dass Teilinhalte noch nicht vollständig sind. Das fehlende Baugrundmodell und die nicht abgesicherten Bodenkennwerte hätten eine Meldung der Beklagten auslösen müssen, dass ohne weitere Erkundungsmaßnahmen und geotechnische Hinweise keine ausführungsreife Planung möglich ist. Als Alternative hätte eine baubegleitende Betreuung und Koordination durch Prof. Dr. B… stattfinden können. Wegen des eindeutigen Hinweises im Baugrundgutachten, das die Beklagte zunächst als nicht mangelhaft bezeichnet hat, auf das Erfordernis weiterer vereinzelter Untergrunderkundungen nach Vorliegen der weiteren Planung sowie Einzelheiten und Details für die Bebauung, kann die Beklagte nicht damit gehört werden, das Bodengutachten sei fehlerhaft. Teilinhalte der in DIN 4020 vorgegebenen Gliederung dürfen entfallen, wenn einschlägige Leistungen nicht vorliegen oder kein Bezug auf die bauliche Anlage gegeben ist.
cc)
68 
Weiterhin hat die Beklagte den Sondervorschlag der Streithelferin nicht mit dem zuständigen Geologen abgestimmt. Der Vorschlag, wie Bodenarten verwendet werden könnten, war viel zu allgemein gehalten. Weiterhin lagen Hinweise vor, dass Probleme hydrogeologischer Natur auftauchen könnten.
69 
Der Sachverständige S… hat angegeben, dass der Einwand der Beklagten, das Eingehen auf das Nachtragsangebot der Streithelferin vom 25.06.2001 (Anlage K 12) mit der Folge des Einsatzes nicht zweifelsfrei setzungsfreien Materials bei der Verfüllung der Leitungsgräben nicht zu dem Ausmaß der Schäden geführt hätte. Der Sachverständige S… führte aus, dass in vorwerfbarer Weise keine differenzierte Betrachtung der Aussagen des Prof. Dr. B… auf S. 9/10 des Gutachtens vom 17.10.2000 vorgenommen wurde. So wurde verkannt, dass sich die Einschränkungen bzw. Vorgaben zur möglichen Wiederverwendbarkeit des Aushubs nicht lediglich auf das erforderliche Brechen grobstückig gebrochener Kalksteine (Fels) beschränken, sondern auch Vorgaben für die Wiederverwandlung von Boden (Hangschutt und -lehm) gemacht werden. Weiterhin ist das Erzielen optimaler Wassergehalte von elementarer Bedeutung. Trotz Anwendung des Nachtragsangebots war der Einbau von grundsätzlich vorschriftsgerechten Bodenarten möglich, so dass die Setzungsprobleme lediglich im bauwerksverträglichen Umfang aufgetreten wären. Die Beklagte hat den Nachtrag der Streithelferin vom 11.07.2001 gekannt und gegen die vorgesehene Ausführung keine Einwendungen erhoben.
dd)
70 
Die Beklagte hat bei ihrer Planung des Kanalgrabens und des Straßenkörpers die Versorgungsleitungen für Wasser, Gas, Strom und Telefon nicht berücksichtigt. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Versorgungsleitungen von dritter Seite beauftragt und bezahlt worden sind. Der Umfang des der Klägerin erteilten Auftrags umfasste die Planung und Bauleitung des kompletten Erschließungsgebiets. Die Erschließung umfasst auch die Versorgungsleitungen. Die Beklagte hätte, wenn tatsächlich eindringendes Sickerwasser über die Versorgungsleitungen das gesamte Bauwerk der Erschließung der Klägerin hätte negativ beeinträchtigen können, planerische Vorgaben machen müssen.
71 
Die Beklagte hat zudem bei der Auswahl des Verfüllmaterials mögliche Wasserzutritte aus dem Muschelkalk in den Kanalgräben nicht ausreichend berücksichtigt. Der Sachverständige S… legte dar, dass eine Abstimmung und Festlegung notwendig gewesen wäre, wie sich der Bodengutachter eine entsprechende Aufbereitung vorstellt. Deshalb hätte ein Anforderungsprofil an das Korngemisch erstellt werden müssen, das im Zuge eines Brechprozesses der Aufbereitung hätte überprüft werden können. Der Sachverständige M… hat bestätigt, dass im vorliegenden Fall im Untergrund entsprechende Einrichtungen der Infrastrukturversorgung funktionsbedingt hätten verlegt werden müssen. Deshalb hätten die dafür erforderlichen Gräben nach der Regel der Technik so hergestellt werden müssen, dass sie mit geeignetem Material in den dafür vorgesehenen Schichthorizonten verfüllt und verdichtet werden.
ee)
72 
Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte mit ihrem Einwand nicht durchdringen kann, primär ursächlich für die eingetretenen Schäden sei die gewählte einstufige Bauweise anstelle eines zweistufigen Verfahrens. Der zu diesem Punkt angehörte Sachverständige Prof. Dr. M… hat in überzeugender Weise erläutert, dass bei Einhaltung der im Einzelnen dargestellten Regeln der Technik, konkret den technischen Regeln des Erdbaus für die Arbeiten im Bereich Untergrund sowie die Anforderungen des Straßenbaus auf der Ebene des Planums, ein einstufiger Bauablauf technisch möglich ist und dies den allgemeinen Regeln der Technik entspricht. Unzutreffend ist, dass derartige Bauaufgaben nur zweistufig zur Vermeidung von Schäden ausgeführt werden dürfen. Die in der Praxis häufig bei der Erschließung von Baugebieten anzutreffende zweistufige Bauweise ist nicht darin begründet. Darüber hinaus besteht jedenfalls kein Zusammenhang zwischen der Eignung bestimmten Hangschuttmaterials und der Ein- und Zweistufigkeit der Bauweise.
d)
73 
Die Ursächlichkeit der durch die Sachverständigen nachgewiesenen Planungsmängel der Beklagten für die vertragswidrige Bauausführung durch die Streithelferin und für die dadurch verursachten Schäden hat das Landgericht zu Recht festgestellt.
74 
Der Sachverständige S… hat ausgeführt, nach Durchführung verschiedener Maßnahmen, u. a. Plattendruckversuchen, geologisch-geotechnischer Aufnahme und Beprobung der Böden, Ramm- und Rammkernsondierungen sowie einer Kamerabefahrung des Schmutz- und Regenwasserkanals würden die Auswertungen im Bereich des Planums und der Verfüllzone meist breiige und weiche bis höchstens steife Konsistenz der vorhandenen Böden sowie eine starke Wassergehaltszunahme der ungebundenen Tragschicht und eine deutliche Zunahme der Durchfeuchtung in der Tiefe und im Bereich der wasserführenden Leitungszonen ergeben. Im Vergleich zu den vorhandenen Daten der Eigenüberwachung der Streithelferin ist eine deutliche Verschlechterung der Untergrundsituation festgestellt worden.
75 
Somit steht fest, dass die oben genannten Planungsfehler der Beklagten die Ursache vorhandener erheblicher Setzungen sowie der Gefahr weiterer signifikanter Setzungen sind.
3.
76 
Die Beklagte hat auch gegen ihre Bauüberwachungspflicht verstoßen. Der Beklagten hätten die Auswirkungen der oben genannten Planungsfehler auch im Rahmen der ihr übertragenen Bauüberwachungstätigkeit bei ordnungsgemäßer Durchführung dieses Pflichtenkreises auffallen müssen. Gerade die Auffüllung und Verdichtung, zumal in Hanglage, ist ein sensibler Bereich, der bei der Überwachung der Arbeiten im Rahmen der Bauleitung zu gesteigerten Pflichten führt.
4.
77 
Einer Fristsetzung zur Nachbesserung nach § 635 BGB a. F. bedurfte es nicht. Wenn sich ein Planungsfehler bereits im Bauwerk realisiert, kann der Auftraggeber ohne Fristsetzung und Ablehnungsandrohung von dem Planer Schadensersatz für die Baumängel verlangen.
5.
78 
Zu Recht greift die Beklagte der Höhe nach den ausgeurteilten Betrag wegen der zugesprochenen Mehrwertsteuer an. Obwohl die Beklagte die Begründung erst mit Schriftsatz vom 20.09.2010 (Bl. 309 d. A.) vorgebracht hat, hat der Senat die Rechtsfrage zu prüfen, ob der Klägerin die geltend gemachte Mehrwertsteuer bereits im vorliegenden Verfahren zuzusprechen ist. Dies ist nicht der Fall. Der Senat schließt sich jedenfalls im Ergebnis der Meinung des Bundesgerichtshofs vom 22.07.2010, Az. VII ZR 176/2009 (NJW 2010, 3085) an.
a)
79 
Der BGH hat seine Entscheidung, die Umsatzsteuer nicht zu berücksichtigen, darauf gestützt, dass der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Mängeln eines Werkes abweichend von § 249 S. 1 BGB nicht auf Naturalrestitution in Form der Mängelbeseitigung, sondern auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet sei und sich als Folge daraus ergebe, dass nach § 281 Abs. 4 BGB der Anspruch auf die Leistung, die hier in der Herstellung der Mangelfreiheit besteht, ausgeschlossen sei. Einen Unterschied zur Rechtslage bis zum 31.12.2001, die für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, hat der BGH nicht festgestellt. Der BGH führt weiter aus, dass die Berücksichtigung der Umsatzsteuer nicht nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlossen sei, wenn und soweit sie tatsächlich noch nicht angefallen ist. Er hat aber dargelegt, dass diese Vorschrift auf den werkvertraglichen Schadensersatzanspruch keine Anwendung finde. Dies sei bei einem Schadensersatzanspruch, der wegen Mängeln und damit wegen nicht ordnungsgemäßer Herstellung des geschuldeten Werks bestehe, nicht der Fall. Bei einem Schadensersatzanspruch wegen Mängeln eines Werkes schulde der Unternehmer den Schadensersatz jedoch nicht wegen der Vorschrift des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, sondern ausschließlich deshalb, weil er an die Stelle des Erfüllungsanspruchs trete.
80 
Nach Auffassung des BGH ist die Bemessung des Vermögensschadens des Bauherrn in Fällen, in denen er den Mangel (noch) nicht hat beseitigen lassen, nach den erforderlichen Mängelbeseitigungskosten unter Einschluss einer zu zahlenden Umsatzsteuer nicht gerechtfertigt. Die Bemessung eines bereits durch den Mangel des Werkes und nicht erst durch dessen Beseitigung entstandenen Schadens könne nicht ohne Wertung vorgenommen werden. Diese Wertung müsse die berechtigte Erwartung des Bestellers berücksichtigen, den Schaden - nach seiner Wahl - an den Kosten bemessen zu können, die eine Mängelbeseitigung erfordert, weil der Anspruch an die Stelle des geschuldeten Erfüllungsanspruchs trete. Die Erfahrungen im Bauvertragsrecht zeigten jedoch, dass die Schadensberechnung nach geschätzten Mängelbeseitigungskosten häufig insoweit zu einer Überkompensation führe, als dem Geschädigten rechnerische Schadenspositionen ersetzt würden, die nach dem von ihm selbst gewählten Weg zur Schadensbeseitigung gar nicht anfielen.
81 
Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Argumentation des BGH gefolgt wird oder ob eine analoge Anwendung des 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf vertragliche Schadensersatzansprüche eines Bestellers auf Beseitigung eines Mangels beim Werkvertrag bevorzugt wird ( so Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auflage 2011, § 249 Rdnr. 26, 29), weil auch beim werkvertraglichen Anspruch - entsprechend dem Normzweck des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB sowie dessen Entstehungsgeschichte - eine Überkompensation des Schadens des Bestellers, wenn nicht angefallene Umsatzsteuer berücksichtigt wird, zu vermeiden ist. Denn das Ergebnis ist gleich. Die Mehrwertsteuer kann die Klägerin erst dann beanspruchen, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Schutzwürdige Interessen der Klägerin werden dadurch nicht beeinträchtigt. Tatsächlich anfallende Umsatzsteuer ist über den Feststellungsantrag abgedeckt.
b)
82 
Bei der Berechnung der Schadenshöhe ist von den Nettobeseitigungskosten i. H. v. 279.959,00 EUR auszugehen. Die Klägerin macht zwei Drittel hiervon geltend. Dies sind 186.639,33 EUR. Von diesem Betrag sind die Nettosowiesokosten in Höhe von 26.932,36 EUR in Abzug zu bringen, wobei der Senat bei der Berechnung beachtet, dass das Landgericht die Sowiesokosten aus der Klageschrift übernommen hat und zu diesem Zeitpunkt noch ein Mehrwertsteuersatz von 16 % gegolten hat. Somit ergibt sich ein berechtigter Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe von
83 
159.706,97 EUR .
6.
84 
Die von der Klägerin geltend gemachte Haftungsquote von zwei Dritteln ist nicht durch ein Mitverschulden der Klägerin nach § 254 BGB zu reduzieren.
a)
85 
Mit zutreffender Begründung stellt das Landgericht fest, dass die Klägerin ohne die Sanierungsvereinbarung mit der Streithelferin die Beklagte in voller Höhe in Anspruch nehmen könnte. Grundsätzlich haftet das mit der Erschließungsplanung beauftragte Ingenieurbüro wie ein Architekt gemeinsam mit dem Bauunternehmer als Gesamtschuldner. Dies gilt auch dann, wenn der Bauunternehmer noch berechtigt ist, Mängel nachzubessern. Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses steht es im freien Ermessen des Gläubigers/Auftraggebers, welchen verantwortlichen Gesamtschuldner er wegen des bei ihm eingetretenen Schadens in Anspruch nimmt. Der in Anspruch genommene Planer haftet gegenüber dem Bauherrn in voller Höhe und muss sich mit einem Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB gegenüber dem Bauunternehmer zufriedengeben (BGH NJW 2002, 3543 ff.).
b)
86 
Der Klägerin ist auch weder eigenes Mitverschulden noch das Mitverschulden eines Dritten im Rahmen der §§ 254, 278 BGB zuzurechnen.
87 
Der Architekt kann sich dem fachkundigen Bauherrn gegenüber nicht darauf berufen, er sei nicht ausreichend überprüft worden. Für Planungsfehler, die bei ordnungsgemäßer Beratung und Aufklärung des Bauherrn unterblieben wären, trifft den Architekten grundsätzlich die volle Haftung. Die Klägerin trägt als Bauherrin zwar grundsätzlich das Baugrundrisiko. Sie hat im vorliegenden Fall ein Gutachten über die Bodenverhältnisse vorgelegt, welches die Bodenverhältnisse im fraglichen Bereich zutreffend wiedergegeben hat. Aus dem in Auftrag gegebenen Bodengutachten ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein zurechenbares Mitverschulden. Insbesondere liegt nach dessen Ergebnis ein Handeln auf eigene Gefahr des Bauherrn nicht vor. Das Bodengutachten wurde der Beklagten durch die Klägerin zur Verfügung gestellt. Der Sachverständige S… hat festgestellt, dass dieses Bodengutachten fachlich nicht zu beanstanden ist.
88 
Die Zurechnung des Mitverschuldens der Streithelferin, der ausführenden Firma, hat das Landgericht mit zutreffenden Gründen abgelehnt. Im Verhältnis zur Streithelferin besteht zwischen der Beklagten und der Streithelferin ein Gesamtschuldverhältnis. Eine Zurechnung des Verursachungsbeitrags der Streithelferin nach § 278 BGB kommt nicht in Betracht.
7.
89 
Der Feststellungsantrag ist begründet. Weitergehende Schäden der Klägerin im Rahmen der Sanierungsarbeiten sind nicht von der Hand zu weisen. Auch diese Schäden hat die Beklagte der Klägerin - wie beantragt - zu ersetzen.
8.
90 
Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Die Beklagte hat die Übernahme der Sanierungskosten mit Schreiben vom 14.06.2006 ernsthaft und endgültig abgelehnt, so dass sie sich seit 16.06.2006 in Verzug befindet.
III.
91 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 i. V. m. § 101 Abs. 1 ZPO entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen.
92 
Die Beklagte hat jedoch die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens insgesamt zu tragen ( § 96 ZPO analog). Die für die Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in die Kostenentscheidung erforderliche Identität der Parteien hat das Landgericht in Bezug auf die Stellung der Beklagten als Streithelferin im selbstständigen Beweisverfahren für den hier vorliegenden Hauptprozess in zutreffender Weise angenommen (Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 91 Rn. 13). Die Beklagte obsiegt zwar im Umfang der vom Landgericht zugesprochenen Umsatzsteuer. Allerdings handelt es sich bei der Frage der Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer um eine Rechtsfrage. Eine Rechtsfrage kann im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens keine Rolle spielen. Im vorliegenden Fall hat sich das selbständige Beweisverfahren lediglich auf Mängel der Werkleistungen der mit der Bauausführung betrauten Personen bezogen. Es ist daher nicht gerechtfertigt, die Kostenquote, die sich wegen der Umsatzsteuer für das Hauptsacheverfahren ergibt, auf das selbständige Beweisverfahren zu erstrecken. Die von der Klägerin vorgetragenen Mängel sind durch die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren in vollem Umfang bestätigt worden.
IV.
93 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
V.
94 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen