Urteil vom Verwaltungsgericht Hamburg (9. Kammer) - 9 K 4459/17

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte, weitere im Zusammenhang mit dem Widerruf getroffene Maßnahmen sowie die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins.

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Die Stadt ... erteilte dem Kläger am 16. März 2001 die Waffenbesitzkarte Nr. …/01 und trug darin die Flinte Franchi Diplomat, Kaliber 12/70, Nr. ..., die Pistole Colt Defender, Kaliber .45 ACP, Nr. ..., den Revolver Smith & Wesson, Kaliber .38 Spez., Nr. ..., die Repetierbüchse Blaser, Kaliber 30/06, Nr. ..., und den Drilling Blaser Duo 99, Kaliber 8 x 57/R9, 5,6 x 52R, 20/76, Nr. ... ein. Am 11. Mai 2001 stellte die Stadt ... dem Kläger den Jagdschein Nr. .../01 aus.

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Nach Zuzug des Klägers in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten übersandte er dieser mit Schreiben vom 9. November 2009 ein Formular mit Angaben über die Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition im privaten Bereich. Darin gab er an, drei Langwaffen und zwei Kurzwaffen unter seiner Wohnanschrift in einem „Jägerschrank“ der Sicherheitsstufe A nach VDMA 24992 mit Innenschließfach nach Klassifizierung B aufzubewahren. Der Schrank mit einem Leergewicht von ca. 80 kg sei im Boden oder an der Wand befestigt. Die Munition verwahre er im Innenschließfach.

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Am 25. September 2013 ergänzte die Beklagte die Eintragungen in der Waffenbesitzkarte des Klägers auf dessen Antrag um die halbautomatische Pistole Magnum Research, Kaliber .50A, Nr. ..., und den Wechsellauf Magnum Research, Kaliber .44Mag, Nr. .... Die Gültigkeitsdauer des Jagdscheins, nunmehr Nr. ..., verlängerte die Beklagte zuletzt am 31. März 2015 bis zum 31. März 2018.

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Am 5. September 2016 nahmen die Polizeioberkommissare A und B eine Kontrolle zur Aufbewahrung der Waffen des Klägers vor.

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In einem – nicht unterschriebenen – Bericht vom 7. September 2016 führte der Polizeioberkommissar A hierzu aus, nachdem sie sich als Polizeibeamte und Mitarbeiter der Waffenbehörde ausgewiesen und den Grund ihres Erscheinens mitgeteilt hätten, habe der Kläger gefragt, ob er sie hereinlassen müsse. Er – Polizeioberkommissar A – habe mitgeteilt, dass sie zum Betreten der Wohnung nach § 36 Abs. 3 berechtigt seien, um die ordnungsgemäße Aufbewahrung seiner Waffen zu kontrollieren. Die Kontrolle könne er ablehnen, wenn es dafür einen wichtigen Grund gebe, er zum Beispiel erkrankt sei. Dies habe der Kläger verneint. Der Kläger scheine überlegt zu haben und habe ihnen mitgeteilt, dass er sie nicht hineinlassen würde. Auf Nachfrage habe er als Grund angegeben, dass sich geschäftliche und private Unterlagen im Waffenschrank befänden. Er habe den Kläger darauf hingewiesen, dass dies kein Grund sei, die Kontrolle nicht zu ermöglichen, da es in seinem Verantwortungsbereich liege, wenn er im Waffenschrank auch private und geschäftliche Dinge aufbewahre. Erneut habe der Kläger angegeben, sie nicht hereinlassen zu können. Zur Begründung habe er nunmehr angegeben, dass es sich bei der Wohnung um seine Geschäftsadresse handelte. Er habe den Kläger darauf hingewiesen, dass dies keine Rolle spiele und er zudem mit seinem Hauptwohnsitz dort gemeldet sei. Der Kläger habe mit J4 sprechen wollen und sich ebenso wie seine anwesende Ehefrau bzw. Partnerin entfernt. Beide Personen seien außer Sicht geraten. Da sie im Türbereich der Wohnung gestanden hätten, hätten sie Geräusche hinter einer Tür hinter ihnen vernommen. Für sie habe es sich so angehört, dass ein Waffenschrank geöffnet worden sei. Mehrmals hätten sie metallische Geräusche vom Öffnen und Schließen eines Metallschranks gehört. Ob tatsächlich ein Waffenschrank geöffnet worden sei, könnten sie aber nicht mit Bestimmtheit sagen. Im späteren Verlauf der Waffenkontrolle hätten sie aber festgestellt, dass der vorhandene A/B Waffenschrank genau hinter neben der Tür gestanden habe, von wo aus sie die Geräusche vernommen hätten. Dann hätten sie den Kläger telefonieren gehört. Der Kläger habe nach einer verwaltungsrechtlichen Grundlage für eine unangekündigte Kontrolle gefragt. Einige Zeit später sei der Kläger zurückgekehrt und habe ihnen mitgeteilt, dass er mit Frau ... (SB bei J4) gesprochen und diese ihm gesagt habe, dass es keine verwaltungsrechtliche Grundlage für eine unangekündigte Kontrolle gebe. Er habe dem Kläger erneut mitgeteilt, dass sich die Rechtsgrundlage aus § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG ergebe und er gerne danach „googeln“ könne. Der Kläger habe ihnen nochmals gesagt, er werde sie nicht in die Wohnung lassen. Daraufhin habe er dem Kläger die Rechtslage erläutert und dass er mit einem Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse rechnen müsse, da er ihnen die Kontrolle ohne Grund nicht ermögliche. Als sie sich gerade abgewendet hätten, um zu gehen, habe der Kläger sie doch noch in die Wohnung gebeten, und sie hätten mit der Aufbewahrungskontrolle begonnen. Der Kollege B habe zunächst die Langwaffen und die Pistole von Colt überprüft. Dies sei ohne Beanstandungen verlaufen. Dann habe der Kläger dem Kollegen B unkommentiert den Revolver von Smith & Wesson – ... – überreicht. Nachdem der Polizeibeamte B die Waffe in der Hand gehalten habe, habe er festgestellt, dass diese mit fünf Patronen geladen gewesen sei. Der Polizeibeamte B habe in Richtung des Klägers gesagt, er hoffe, dass es sich um Pufferpatronen handele. Der Kläger habe daraufhin erwidert: „Natürlich sind da Pufferpatronen drin.“ Der Polizeibeamte B habe die Trommel geöffnet, die fünf Patronen entnommen und festgestellt, dass es sich um reguläre Patronenmunition im Kaliber .38Spec. gehandelt habe und nicht um Pufferpatronen. Der Polizeibeamte B habe die fünf Patronen an sich genommen. Bei der weiteren Kontrolle hätten sie festgestellt, dass sich die Pistole Magnum Research und der dazugehörige Wechsellauf nicht im Waffenschrank befunden hätten. Diese sollten sich auseinandergebaut im Tresor im Keller des Mehrfamilienhauses befinden. Der Kläger habe dann seine Ehefrau bzw. Partnerin gebeten, sie zum Tresor in den Keller zu begleiten. Im Tresor im Keller habe sich die Waffe befunden, der Wechsellauf sei dort jedoch nicht auffindbar gewesen. Wieder zurück in der Wohnung habe der Polizeibeamte B den Kläger darauf angesprochen. Daraufhin habe der Kläger noch mal in den in der Wohnung stehenden Waffenschrank geschaut und dem Polizeibeamten B den Wechsellauf übergeben. Er habe die Ehefrau/Partnerin des Klägers darauf angesprochen, dass sie ohne waffenrechtliche Erlaubnis keinen Zugang zum Tresor mit Waffen haben dürfe. Darauf habe sie erwidert, ihr Mann habe ihr den Code zum Tresor gerade erst gegeben, wobei sie einen Zettel mit Nummern hochgehalten habe. Diese Angabe sei ihm glaubhaft erschienen. Er habe den Kläger darauf hingewiesen, dass das Übergeben eines geladenen Revolvers an einen Dritten, zumal ohne Angabe des Ladungszustands, ein eklatanter Verstoß sei und er deshalb mit einem Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis rechnen müsse. Dies werde die Waffenbehörde nach Prüfung des Sachverhalts entscheiden. Der Kläger habe eine Empfangsbescheinigung über die von ihnen sichergestellten fünf Patronen erhalten.

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In der Sachakte findet sich ein auf den 9. September 2016 datierter weiterer und auch unterschriebener Bericht des Polizeioberkommissars A, der mit dem Bericht vom 7. September 2016 in weiten Teilen identisch ist. Ergänzend ist darin vor der Überprüfung der Langwaffen und der Pistole von Colt ausgeführt, der Kläger habe die Waffen aus dem Tresor dem Kollegen B überreicht. Anstatt der Beschreibung, sie hätten festgestellt, dass sich die Pistole Magnum Research und der dazugehörige Wechsellauf nicht im Waffenschrank befunden hätten, heißt es im Bericht vom 9. September 2016, der Kläger habe ihnen mitgeteilt, dass sich die Pistole Magnum Research und der dazugehörige Wechsellauf nicht im Waffenschrank, sondern auseinandergebaut im Tresor im Keller des Mehrfamilienhauses befänden. Zudem ist nach der Beschreibung der Übergabe des Wechsellaufs durch den Kläger die Angabe eingefügt, dass der Kläger den Wechsellauf bei der ersten Entnahme seiner Waffen vermutlich übersehen habe.

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Mit Schreiben vom 9. September 2016 hörte die Beklagte den Kläger zum beabsichtigten Widerruf seiner Waffenbesitzkarte sowie zur beabsichtigten Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins an.

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Der Kläger nahm hierzu nach gewährter Akteneinsicht mit anwaltlichem Schreiben vom 24. November 2016 Stellung. Zum Sachverhalt vor der Kontrolle am 5. September 2016 führte er aus, da demnächst in einem amtsgerichtlichen Verfahren im Zusammenhang mit dem zwecks Errichtung eines Personenaufzugs vorgesehenen Abriss des Wandschranks, in dem der Waffenschrank fest installiert sei, ein Ortstermin in seiner Wohnung habe stattfinden sollen, habe er sich dazu entschlossen, seine dort gelagerten Waffen in den Kellertresor zu verbringen. Bereits am 2. September 2016, einem Freitag, habe er zwischen 11 und 12 Uhr die Pistole Magnum Research zerlegt, gereinigt und in den Kellertresor verbracht. Beruflich sei er für eine der vermögendsten deutschen Familien beratend tätig. Er arbeite von zu Hause aus. Am Abend des 2. September 2016 habe er per E-Mail Daten zu einem dringenden beruflichen Vorhaben erhalten. Für das Projekt hätten seine Frau und er eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnet, die sie für jedes Dritten gegenüber offenbarte Dokument zur Zahlung einer Vertragsstrafe von je 50.000 Euro verpflichte. Das ganze Wochenende über sei er an dem Projekt tätig gewesen. Am Montag, den 5. September 2016 habe er seine Arbeit daran fortgesetzt. Die Unterlagen hätten über die Wohnung verteilt ausgelegen, der Rest der Unterlagen habe sich in den Sicherheitsschränken in der Wohnung und im Keller befunden. Am Mittag des 5. September 2016, als seine Frau beim Sport gewesen sei, habe er seine Arbeit unterbrochen, im Aktenraum auf der Westseite der Wohnung den Revolver Smith & Wesson teilweise auseinander- und nach Reinigung der Waffenteile wieder zusammengebaut. Um zu prüfen, ob die Abstände von Trommel zu Verschluss im geladenen Zustand wieder ordnungsgemäß gewesen seien, habe er die Trommel testweise mit Patronen befüllt. Während dieses Vorgangs habe es an der Tür geklingelt. Er habe seine Tätigkeit unterbrochen, die Pistole in das B-Fach gelegt, dieses sowie den Waffenschrank abgeschlossen und sei zur Gegensprechanlage gegangen. Vor dem Haus habe seine Frau gewartet, die ihren Schlüssel vergessen habe. Auf ihre Bitte habe er das Tor zum gebäudeeigenen Parkplatz von der Wohnung aus geöffnet. Währenddessen habe das Telefon geklingelt, das er nicht rechtzeitig erreicht habe. Nachdem er seine Ehefrau in die Wohnung gelassen habe, habe er zurückgerufen. Nach dem Telefonieren habe er sich noch einige Notizen gemacht, als die Polizeibeamten an der Haustür geklingelt hätten.

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Die Geschehnisse im Zusammenhang mit der Kontrolle selbst schilderte der Kläger ebenfalls im Einzelnen aus seiner Sicht. Abweichend von und ergänzend zu den Berichten des Polizeioberkommissars A führte er im Wesentlichen aus, er habe den Polizeibeamten erläutert, dass er sie nicht hereinlassen könne, da er in der Wohnung arbeite und sich darin verteilt Unterlagen befänden, die streng vertraulich seien. Zudem habe er im Sicherheitsschrank Unterlagen eingeschlossen, die er keinesfalls Dritten zugänglich machen dürfe. Als er sich telefonisch bei der Behörde habe rückversichern wollen, habe Polizeioberkommissar A verlangt, dass die Wohnungstür geöffnet bleibe. Zu keinem Zeitpunkt sei er während des Verlassens der Haustür bei seinem Waffenschrank gewesen. Die im Einsatzbericht geäußerte Vermutung angeblicher Geräusche des Waffenschranks entbehre jeglicher Grundlage. Telefonisch habe ihm Frau ... von der Beklagten auf die Frage, ob der Behörde ein Verwaltungsakt oder irgendein anderes Schriftstück vorliege, das ihn dazu zwinge, den Eingriff zu dulden, mitgeteilt, dass sie davon nichts wisse, dies aber eine Rechtsfrage sei. Dafür sei Frau ... zuständig, die gerade nicht da sei. Nachdem er abschließend erklärt habe, die Polizeibeamten nicht in die Wohnung zu lassen, habe Polizeioberkommissar A geäußert, er und sein Kollege würden dann jetzt gehen und in ihrem Bericht vermerken, dass er grundlos die Kontrolle verweigert hätte. Dann würde man ihm die Erlaubnisse entziehen. Polizeioberkommissar A habe sich angeschickt, die Treppe herunterzugehen, Polizeioberkommissar B sei ihm gefolgt. Dies habe er als Drohung empfunden. Dass man ihm allein aufgrund der begründeten Verweigerung des Zutritts die waffenrechtlichen Erlaubnisse entziehen würde, habe er in jedem Fall vermeiden wollen, sodass er den Beamten ein „ok, warten Sie“ nachgerufen habe. Diese hätten sich wieder umgedreht, seien zurückgekommen und hätten die Wohnungsdiele betreten. Dort habe man zunächst gestanden. Er sei sprachlos gewesen, seine Ehefrau ebenfalls. Polizeioberkommissar A habe verlangt, zum Waffenschrank geführt zu werden.

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Als alle vor dem geschlossenen Waffenschrank gestanden hätten, habe Polizeiober-kommissar A erklärt, dass dieser auch geöffnet werden müsse, um die Waffen überprüfen und die Seriennummern kontrollieren zu können. Er habe den Waffenschrank daraufhin geöffnet. Einer der beiden Polizeibeamten habe gesagt, dass sie am besten mit den Langwaffen anfingen. Er – der Kläger – habe die erste Langwaffe herausgeholt und sie Polizeioberkommissar B zugewandt, der die Seriennummer vorgelesen habe. Die jeweilige Jagdwaffe habe er zunächst in das Schlafzimmer am Ende des Flurs gelegt. Dies habe sich bei der zweiten Langwaffe wiederholt. Bei der Flinte Franchi Diplomat habe er die Seriennummer zunächst nicht finden können. Er habe die Flinte gebrochen und die Seriennummer an der Basküle unterhalb des Verschlusshebels gefunden. Es seien die Schlagflächen zweier Pufferpatronen sichtbar gewesen. Polizeioberkommissar B habe gefragt, ob das Pufferpatronen seien. Dies habe er mit den Worten „selbstverständlich sind das Pufferpatronen“ bejaht. Nach der Kontrolle der Langwaffen habe er das B-Fach aufgeschlossen, die Pistole Colt entnommen und die Seriennummer vorgelesen, während Polizeioberkommissar B dies nickend und die letzten Nummern wiederholend bestätigt habe. Er habe die Pistole in das Fach zurückgelegt. Daraufhin habe er den Revolver Smith & Wesson hervorgeholt. Aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse sei die schwarz auf schwarz geprägte bzw. gelaserte Seriennummer für ihn nicht zu lesen gewesen. Polizeioberkommissar B habe ihm daraufhin die Hand entgegengestreckt und die Übergabe der Waffe gefordert. Er habe diese Anweisung befolgt und den Revolver übergeben. In dem Moment, als er über den Ladezustand habe informieren wollen, habe Polizeioberkommissar B den Revolver bereits ergriffen und sogleich die Trommel geöffnet. Polizeioberkommissar B habe die darin befindlichen Patronen in seine Handfläche fallen lassen. Weder Polizeioberkommissar B noch er hätten diesen Vorgang kommentiert. Polizeioberkommissar A habe sich die Patronen angesehen und erklärt: „Das sind keine Pufferpatronen“.

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Polizeioberkommissar A habe nach der Pistole Magnum Research verlangt. Er habe erklärt, dass sich die Waffe auseinandergebaut im Tresor im Keller befinde. Daraufhin habe Polizeioberkommissar A verlangt, auch diesen Tresor zu überprüfen. Da die Langwaffen noch offen im Schlafzimmer gelegen hätten, habe er seine Ehefrau gebeten, die Polizeibeamten dorthin zu begleiten. Er habe ihr den Code für das Zahlenschloss auf einen Zettel geschrieben. Zu keiner Zeit habe er vormals seiner Ehefrau den Zugang zum Waffenschrank im Keller ermöglicht oder ihr Codes zum Öffnen mitgeteilt. Dies sei nur in dem Wissen erfolgt, dass sich seine Ehefrau in Begleitung der Beamten befunden habe. Nach Abgleich der Seriennummer bei der Pistole Magnum Research im Keller habe Polizeioberkommissar A mitgeteilt, dass noch ein Wechsellauf fehle. Diesen habe er sodann im B-Fach des Waffenschranks in der Wohnung gefunden, bedeckt von einem Plastik-Zipperbeutel mit Patronen.

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Abschließend habe Polizeioberkommissar A ausgeführt, dass Mängel festgestellt worden seien und er mit einem Widerruf seiner Erlaubnisse rechnen müsse. Die Mängel beständen darin, dass er einen geladenen Revolver übergeben und seine Ehefrau Zugang zum Tresor im Keller gehabt habe. Daraufhin habe seine Ehefrau unmittelbar protestiert und gesagt, dass er ihr den Code aufgeschrieben habe. Dazu habe sie den noch in ihrer Hand befindlichen Zettel sichtbar hochgehalten. Polizeioberkommissar A habe abgewinkt und erklärt: „Ok, schon gut.“

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In rechtlicher Hinsicht führte der Kläger im Wesentlichen aus, die durch die Kontrolle gewonnenen Erkenntnisse unterlägen einem verfassungsrechtlichen Beweisverwertungs-verbot. Das als Durchsuchung zu qualifizierende Betreten der Wohnung durch die beiden Polizeibeamten sei rechtswidrig erfolgt und verletze Art. 13 GG. Die Polizeibeamten hätten seine Wohnung gegen seinen mehrfach erklärten Willen betreten. Seinen Widerstand habe er erst nach Drohung des Erlaubnisentzugs und Täuschung über die Rechtslage aufgegeben. Zudem sei § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG insgesamt verfassungswidrig. Im Übrigen seien die gegen ihn erhobenen Vorwürfe auch nicht geeignet, seine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu begründen. Im Einzelnen:

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§ 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG setze die freiwillige Zustimmung des Wohnungsinhabers zur Aufbewahrungskontrolle voraus. Die auch aufgrund des Wohnungsgrundrechts in Art. 13 GG erforderliche freiwillige Zustimmung liege nicht vor, wenn diese etwa durch Drohung erzwungen oder durch Täuschung erschlichen worden sei. Dies sei hier der Fall gewesen. Die beiden Polizeibeamten hätten ihm deutlich angedroht, dass es zu einem Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse führe, wenn er sie nicht in die Wohnung lasse. Dabei handele es sich um ein derart empfindliches Übel, dass er angesichts der drohenden Folgen jeglichen Widerstand aufgegeben habe. Den beiden Polizeibeamten sei es gerade darauf angekommen, ihn in Kenntnis ihrer beherrschenden Stellung als Polizeibeamte durch instrumentalisierende Herabsetzung zum Betreten der Wohnung zu zwingen. Zudem habe das Betreten der Wohnung durch Täuschung über die wahre Rechtslage erschlichen werden sollen. Die einmalige Zutrittsverweigerung aus – wie hier – sachlichen Gründen begründe keinen Verstoß gegen Mitwirkungspflichten und sei stets folgenlos. Selbst wenn die einmalige Zutrittsverweigerung unbegründet erfolge, sei dies nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und der Gesetzesbegründung folgenlos. Dies habe auch den Polizeibeamten bekannt sein müssen.

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Weiter biete § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG keine rechtliche Grundlage für eine unangekündigte Kontrolle. Weder dem Wortlaut der Norm noch den Gesetzesmaterialien lasse sich entnehmen, dass der Gesetzgeber von einer unangekündigten Kontrolle ausgehe. Selbst wenn der Behörde ein Auswahlermessen hinsichtlich der Durchführung angekündigter oder nicht angekündigter Kontrollen eröffnet sein sollte, wäre dieses unter Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes ausgeübt worden, da bestimmte Berechtigte, etwa auswärtig Berufstätige, davon grundsätzlich ausgenommen seien.

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Die Handlungen der beiden Polizeibeamten in der Wohnung seien zudem über die in § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG vorgesehene Aufbewahrungskontrolle hinausgegangen. Die Norm ermächtige nicht zu einer Waffenkontrolle. Die Entgegennahme des Revolvers, die Öffnung der Trommel und die Beschlagnahme der Patronen seien von der Ermächtigungsgrundlage in § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG nicht gedeckt. Zur Sicherstellung ermächtige allein § 46 Abs. 4 WaffG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen jedoch nicht vorgelegen hätten.

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Die unter Verletzung von Art. 13 GG erlangten Informationen unterlägen einem verfassungsrechtlichen Verwertungsverbot. Die Verwertung dieser Informationen würde einen weiteren bzw. fortdauernden Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG darstellen. Dies sei auch im Gefahrenabwehrrecht grundsätzlich ausgeschlossen. Es sei zu berücksichtigen, dass hier dieselbe Behörde sowohl die Kontrolle als auch das anschließende Verwaltungs-verfahren durchgeführt habe.

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Hinzu komme, dass § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG formell und materiell verfassungswidrig sei. Das Gesetzgebungsverfahren leide an einem schwerwiegenden Mangel. Die Ausschüsse des Bundestages hätten den Entwurf zum Vierten Gesetz zur Änderung des Sprengstoff-gesetzes, der allein der strengstoffrechtlichen Umsetzung verschiedener Richtlinien gedient habe, entgegen Art. 76 Abs. 1 GG umfassend auch um die Änderungen des § 36 Abs. 3 WaffG erweitert. Zudem seien die Aufbewahrungsvorschriften in § 36 Abs. 1 u. 2 WaffG ihrerseits verfassungswidrig, da sie sich auf kostenpflichtige Regelwerke des Verbandes Deutscher Maschinen und Anlagenbau e. V. (VDMA) stützten, die entgegen Art. 82 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG nicht selbst im Bundesgesetzblatt verkündet worden seien.

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Nur hilfsweise nehme er zu den erhobenen Vorwürfen Stellung. Soweit er seiner Ehefrau bei der Kontrolle den Code für den Tresor im Keller gegeben habe, habe er Sicherungspflichten nach § 36 WaffG nicht missachtet. Die Polizeibeamten seien mit dieser Vorgehensweise einverstanden gewesen. Es sei zu jeder Zeit gewährleistet gewesen, dass seine Ehefrau nicht unbefugt Zugriff auf die Waffen habe nehmen können. Ein eigener Zugang der Ehefrau zum Tresor habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Die Zahlenkombination habe er unverzüglich geändert, nachdem die Polizeibeamten die Wohnung verlassen hätten. Der Vorwurf der Übergabe der geladenen Waffe könne einen Unzuverlässigkeitsvorwurf ebenfalls nicht stützen. Es habe sich um eine Tatprovokation gehandelt, da er zur Begehung einer Handlung verleitet worden sei, die er ohne die rechtswidrige Einwirkung nicht begangen hätte. Polizeiobermeister B habe rechtswidrig die Übergabe der Waffe angeordnet. § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG ermächtige zu einer solchen Anordnung nicht. Erst durch die rechtswidrige Aufforderung zur Übergabe der Waffe hätten die Beamten sich die Möglichkeit verschafft, einen Verstoß durch die Übergabe zu behaupten. Der auf die Tatprovokation gestützte Vorwurf verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip und die Europäische Menschenrechtskonvention. Im Übrigen habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung durch die Übergabe des Revolvers bestanden. Es treffe nicht zu, dass sich beim Revolver im ungespannten Zustand durch Fallenlassen ein Schuss lösen könnte. Auch der Vorwurf der Aufbewahrung einer geladenen Waffe könne den Vorwurf der Unzuverlässigkeit nicht begründen. Eine gesetzliche Regelung, nach der die liegende Aufbewahrung eines geladenen Revolvers im B-Innenfach innerhalb eines A-Schranks untersagt sei, gebe es nicht. Demgegenüber habe der Gesetzgeber ausdrücklich positiv geregelt, dass Kurzwaffen und Munition gemeinsam im B-Innenfach aufbewahrt werden dürften. Es sei ausgeschlossen, dass sich bei einem ordentlich verwahrt liegenden Revolver in einem Sicherheitsbehältnis ein Schuss lösen könne. Insoweit sei in keiner Weise gegen Vorsichts- und Sorgfaltsmaßnahmen verstoßen worden, da von dem Revolver im Waffenschrank in keiner Weise eine Gefahr ausgegangen sei. Jegliches Sichern der geladenen Waffe bei nicht gespanntem Hahn sei überflüssig und herstellerseitig auch nicht vorgesehen. Selbst im Falle der Annahme, dass eine geladene Waffe grundsätzlich nicht aufbewahrt werden dürfe, sei zu beachten, dass er seine Waffen nicht grundsätzlich geladen verwahre, sondern es sich um eine einmalige und zeitlich sehr kurze Aufbewahrung gehandelt habe, die zudem nicht vom Vorsatz getragen gewesen sei, eine geladene Waffe dauerhaft aufzubewahren. Ein möglicher einmaliger Verstoß von kurzer Dauer gegen ungeschriebene Aufbewahrungsvorschriften stelle sich nicht als so schwerwiegend dar, dass mit einer zukünftigen unsachgemäßen Waffenhandhabung oder Aufbewahrung zu rechnen wäre.

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Mit Bescheid vom 11. Januar 2017 widerrief die Beklagte die Waffenbesitzkarte Nr. …/01 gegenüber dem Kläger (Nr. 1). Zudem erklärte sie den Jagdschein Nr. ... für ungültig und zog ihn ein (Nr. 2). Sie forderte den Kläger auf, die Waffenbesitzkarte bis zum 15. Februar 2017 zurückzugeben (Nr. 3) und ordnete an, dass die in seinem Besitz befindlichen Waffen sowie dazugehörige Munition bis zum 15. Februar 2017 dauerhaft unbrauchbar gemacht oder einem Berechtigten überlassen werden müssten (Nr. 4). Zudem bestätigte sie, dass am 5. September 2016 fünf Handfeuerwaffenpatronen .38special sichergestellt worden seien (Nr. 5). Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis beruhe auf § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 und § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG. Der Kläger besitze nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Es lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass er Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahre. Die aus der Aufbewahrungskontrolle erlangten Erkenntnisse unterlägen keinem Beweisverwertungsverbot. Es habe sich nicht um eine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG, sondern um eine behördliche Nachschau gehandelt. Zudem habe der Kläger in das Betreten der Räume eingewilligt. Dies sei nicht durch Drohung oder Täuschung seitens der Beamten der Waffenbehörde erfolgt. Diese hätten den Kläger rechtmäßig über die möglichen Folgen der Verweigerung einer Aufbewahrungskontrolle aufgeklärt. Wäre der Kläger seiner Pflicht zur Zutrittsgewährung nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG nicht nachgekommen, hätte dies seine Unzuverlässigkeit begründet. Hierzu verwies die Beklagte auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 5. Juli 2012 im Verfahren 4 K 724/12. Der Umstand, dass sich vertrauliche Unterlagen im Waffenschrank befänden, lasse die waffenrechtlichen Pflichten des Klägers nicht entfallen. Es liege in seinem Einflussbereich, ob er im Waffenschrank zusätzlich Unterlagen aufbewahre oder nicht. Zudem sei der Kläger seiner Verpflichtung aus § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG nicht nachgekommen, indem er den geladenen Revolver in einem Waffenschrank mit der Sicherheitsstufe B aufbewahrt habe. Dies wäre selbst in einem Waffenschrank mit der Sicherheitsstufe N unzulässig. Die Aufbewahrung durchgeladener Waffen widerspreche grundlegenden Vorsichts- und Sorgfaltsmaßnahmen bei der Aufbewahrung von Waffen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.3.2014, 6 B 36/13, juris). In diesem Fall sei nicht sichergestellt, dass Dritten die einfache Wegnahme zum schnellen, sofortigen Gebrauch erschwert werde. Es wäre die Pflicht des Klägers gewesen, den Revolver vor dem Wegschließen zu entladen. Dieser Vorsichtsmaßnahme komme vor dem Hintergrund, dass ein Dritter an der Tür geklingelt habe, besondere Bedeutung zu. Der Kläger sei zudem nicht vorsichtig im waffenrechtlichen Sinne mit seinem Revolver umgegangen, indem er ihn einem Polizisten übergeben habe, ohne ihn auf den geladenen Zustand hinzuweisen. Von einer geladenen Waffe gingen besondere Gefahren für Leib und Leben aus, sodass die grundlegende Vorsichtsregel gelte, eine geladene Waffe nicht aus der Hand zu legen. Es handele sich um eine Selbstverständlichkeit, Schusswaffen nach dem Gebrauch zu entladen. Sein Fehlverhalten habe der Kläger dadurch verschärft, dass er auf Nachfrage angegeben habe, es handele sich bei den Patronen nur um Pufferpatronen. Dadurch bestehe die besondere Gefahr einer nicht beabsichtigten Betätigung der Waffe mit der Folge einer möglichen Verletzung von Leib und Leben. Die Ungültigkeitserklärung und Einziehung des Jagdscheins folgten aus § 18 i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 BJagdG. Die Anordnung über die Rückgabe aller ausgefertigten Erlaubnisurkunden ergebe sich aus § 46 Abs. 1 WaffG. Um sicherzustellen, dass der Kläger nicht ohne waffenrechtliche Erlaubnis weiterhin die tatsächliche Gewalt über Waffen und Munition ausübe, habe sie darüber hinaus nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG die Anordnung getroffen, dass die in seinem Besitz befindlichen Waffen dauerhaft unbrauchbar gemacht oder einem Berechtigten überlassen werden müssten. Die Sicherstellung der Munition beruhe auf § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Var. 1 WaffG. Der Bescheid ist von der Sachbearbeiterin ... unterzeichnet.

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Mit Schreiben vom 9. Februar 2017 rügte der Kläger die Wirksamkeit des Bescheids mangels Unterschrift bzw. Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten und legte vorsorglich Widerspruch ein. Zur Begründung nahm er auf das Anhörungsschreiben vom 24. November 2016 Bezug. Ergänzend machte er im Wesentlichen geltend, das Hamburgische Oberverwaltungsgericht habe im Berufungs-verfahren gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil im Verfahren 4 K 724/12 signalisiert, die Einschätzung der Vorinstanz nicht zu teilen. Die Beklagte habe in den Vergleichsvorschlag des Oberverwaltungsgerichts eingewilligt, nach dem sie dem dortigen Kläger zugesichert habe, seine Waffen, seine Waffenbesitzkarte und seinen Jagdschein unverzüglich zurückzugeben. Zudem habe er im Gegensatz zum dortigen Verfahren nicht grundsätzliche Vorbehalte gegen die Kontrolle vorgebracht, sondern einen sachlichen Grund. Dies lasse einen Rückschluss auf eine Unzuverlässigkeit nicht zu. Mangels wirksamer Einwilligung seinerseits und seitens seiner Ehefrau liege ein schwerwiegender Eingriff in Art. 13 GG vor. Von einer freiwilligen Aufbewahrung in einer Wohnung und einem daraus folgenden freiwilligen Verzicht auf das Grundecht nach Art. 13 GG könne nicht ausgegangen werden, da schon § 13 AWaffV für die Aufbewahrung von drei Langwaffen ein bewohntes Gebäude fordere. Überdies könne aus einem Momentversagen nicht der Rückschluss gezogen werden, dass er zukünftig nicht mehr als „verantwortungsvoller Waffenbesitzer“ angesehen werden könne. Die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 3.3.2014, 6 B 36/13, juris) sei hier nicht von Bedeutung, da ihr ein grundlegend unterschiedlicher Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Sein Revolver sei nicht im Sinne der Entscheidung „durchgeladen“ gewesen. Bei einem Revolver sei ein mit einer Pistole vergleichbarer „durchgeladener“ Zustand erst mit dem Spannen des Hahns erreicht. Zudem sei ein Zugriff auf den im B-Innenfach verwahrten Revolver gänzlich ausgeschlossen gewesen. Nicht einmal die sachkundigen Beamten seien von einem Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften ausgegangen. Soweit die Begründung des Bescheids auf die Behauptung gestützt werde, er habe auf Nachfrage erklärt, es handele sich bei den Patronen im Revolver um Pufferpatronen, handele es sich um eine beweisbar unwahre Behauptung. Die Vernehmung seiner Ehefrau werde als Beweismittel angeboten. Die sofortige Sicherstellung der fünf Patronen sei ebenfalls rechtswidrig erfolgt. Die Frage nach einer missbräuchlichen Verwendung nach § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Var. 1 WaffG stelle sich nicht. Eine missbräuchliche Verwendung durch ihn sei auch nicht erkennbar. Die Sicherstellung sei zudem nicht durch ein Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit getragen. Dies zeige sich schon daran, dass im Waffenschrank weitere Munition im Kaliber .38special aufbewahrt worden sei. Die zur Einsichtnahme übersandte Aktenkopie sei ein Konvolut von Schriftstücken und Dokumenten ohne fortlaufende Nummerierung. Es könne nicht überprüft werden, in welchem Ausmaß die Akte nachträglich verändert worden sei. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Akte könne nicht angenommen werden. Die Einsatzberichte der Polizei seien nachträglich in wesentlichen Elementen inhaltlich verändert sowie ergänzt worden und darüber hinaus unvollständig. Überdies genüge der Bescheid nicht den Anforderungen von § 37 Abs. 3 Satz 1 HmbVwVfG. Im Organigramm der Waffenbehörde sei der Name einer Sachbearbeiterin ... nicht enthalten. Ausweislich des Karrierenetzwerks „Linkedin“ sei lediglich eine Rechtsreferendarin namens ... bei der Beklagten eingesetzt gewesen. Es werde nicht davon ausgegangen, dass diese befugt sei, die Behörde zu vertreten.

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Der Kläger legte der Beklagten mit Schreiben vom 13. Februar 2017 seine Waffenbesitzkarte, seinen Jagdschein sowie eine Bestätigung zur Überlassung seiner Waffen samt Munition an einen Berechtigten vor.

24

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2017, zugestellt am 13. März 2017, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Sie nahm auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid Bezug und führte zur Begründung im Wesentlichen ergänzend Folgendes aus: Der Ausgangsbescheid sei wirksam. Frau ... sei nach § 37 Abs. 3 HmbVwVfG die Unterzeichnungsbefugnis übertragen worden. In materieller Hinsicht erläuterte sie, eine Drohung durch die Polizeibeamten habe nicht vorgelegen. Bei deren Ausführungen habe es sich vielmehr um einen Hinweis nach § 45 Abs. 4 WaffG gehandelt. Das Gesetz sehe vor, dass der Betroffene gerade auf die negativen Folgen einer Verletzung seiner Mitwirkungspflicht hingewiesen werde. Die Polizeibeamten hätten sich auf eine Nachschau beschränkt. Die Anordnung zur Öffnung des Waffenschranks sei das Grundelement der behördlichen Nachschau. Im Übrigen könne dahinstehen, ob die Kontrolle rechtswidrig gewesen sei, da das im Strafrecht unter bestimmten Voraussetzungen anzunehmende Beweisverwertungsverbot auf waffenrechtliche Verfahren nicht übertragbar sei. In diesen gehe es um die Abwehr bestehender Gefahren im Interesse der Allgemeinheit, die eine „Ungefährlichkeitsvermutung“ bzw. den Verzicht auf eine Gefahrenabwehr „im Zweifelsfall“ vor dem Hintergrund der staatlichen Schutzpflicht für die von Art. 2 Abs. 2 GG geschützten Rechtsgüter nicht zulasse. Sie sei weiterhin der Auffassung, dass der Kläger sich als waffenrechtlich unzuverlässig erwiesen habe, indem er eine geladene Schusswaffe in einem Tresor aufbewahrt und einem Polizeibeamten übergeben habe. Schon die gemeinsame Aufbewahrung des Revolvers mit der Munition im Innenfach des Waffenschranks der Klasse B habe die gesetzlichen Anforderungen verletzt. Eine gemeinsame Aufbewahrung im – wenn auch verschlossenen – Tresorinnenfach sei nicht zulässig, da es sich hierbei nicht um ein Sicherheitsbehältnis des Widerstandsgrads 0 handele. Die gemeinsame Aufbewahrung sei eine absolute Ausnahme, die nur bei Einhaltung des gesetzlich hierfür vorgesehenen Schutzniveaus zu verantworten sei. Darüber hinaus habe der Kläger Verhaltens- und Vorsichtsmaßnahmen nicht beachtet, indem er den Revolver in geladenem Zustand aufbewahrt und ohne Hinweis auf den geladenen Zustand den Kontrolleuren übergeben habe. Die Aufbewahrung einer durchgeladenen Waffe sei per se nicht ordnungsgemäß. Es komme nicht darauf an, ob und in welchem Umfang durch den Verstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten sei. Der Gesetzgeber habe in § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG grundsätzlich eine getrennte Aufbewahrung von Waffen und Munition statuiert und nur ausnahmsweise eine gemeinsame Aufbewahrung in einem B-Fach zugelassen. Dies lasse aber nicht den Rückschluss zu, dass Schusswaffen auch geladen aufbewahrt werden dürften. Die angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 3.3.2014, 6 B 36/13, juris) könne auch im vorliegenden Fall herangezogen werden. Das Gericht habe darin allgemeingültige Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen gestellt. Den Begriff des „durchgeladenen Zustands“ habe es so definiert, dass sich eine Patrone im Patronenlager befinde. Bei einem Revolver gebe es im Gegensatz zur Pistole keine Trennung zwischen Magazin und Patronenlager. Beim Revolver sei die Trommel zugleich auch das Patronenlager. Das Waffengesetz selbst kenne nur den Begriff „schussbereit“, was bedeute, dass die Waffe geladen sei. Das Gesetz unterscheide nicht zwischen geladenem und durchgeladenem Zustand. Der Kläger sei zudem nicht vorsichtig und sachgemäß mit dem Revolver umgegangen, indem er die geladene Schusswaffe einem Polizeibeamten übergeben habe, ohne auf den geladenen Zustand hinzuweisen. Bei der Übergabe einer geladenen Schusswaffe bestehe stets die Gefahr einer nicht beabsichtigten Betätigung mit der Folge möglicher Verletzungen von Leib und Leben. Es komme nicht darauf an, ob derjenige, dem die Waffe übergeben werde, sachkundig sei oder nicht. Die unsorgfältige Aufbewahrung von Waffen und Munition rechtfertige, sofern es sich nicht um einen Bagatellverstoß handele, eo ipso die Annahme der Unzuverlässigkeit. Die Aufbewahrung einer geladenen Waffe und deren Übergabe wiesen bei weitem keinen Bagatellcharakter mehr auf. Auch liege ein Momentversagen nicht vor. Das Entladen von Schusswaffen vor der Verwahrung sei eine Selbstverständlichkeit und überdies mit keinem nennenswerten zeitlichen Aufwand verbunden, sodass das Vergessen auch bei unterstellter Eile ein hohes Maß an waffenrechtlicher Nachlässigkeit darstelle. Es sei nicht ersichtlich, wo Aktenbestandteile nachträglich ergänzt, verändert oder entfernt worden seien. Der zweite Bericht habe lediglich klargestellt, dass der Kläger die Waffen aus dem Tresor übergeben habe, da dies aus dem ersten Bericht nicht hervorgegangen sei. Für die streitgegenständlichen Verstöße mache es im Übrigen keinen Unterschied, ob der besagte Satz in dem Bericht stehe oder nicht. Die sofortige Sicherstellung der Patronen nach § 46 Abs. 4 Nr. 2 WaffG begegne keinen Bedenken. Insbesondere seien die Patronen, indem sie sich in der Trommel des Revolvers befunden hätten, missbräuchlich verwendet worden.

25

Am 12. April 2017 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Eine weitere, auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Betretens der Wohnung durch die Polizeibeamten im Rahmen der waffenrechtlichen Aufbewahrungskontrolle am 5. September 2016 gerichtete Klage (9 K 7567/17), hat der Kläger am 31. Mai 2017 erhoben.

26

Zur Begründung der vorliegenden Klage wiederholt und vertieft er seine Ausführungen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er im Wesentlichen vor, es werde ausdrücklich bestritten, dass die Referendarin ... befugt gewesen sei, die Beklagte zu vertreten. Die Beklagte möge die Einräumung der Vertretungsbefugnis konkret darlegen. Aufgrund der insbesondere mangels Paginierung nicht ordnungsgemäßen Aktenführung der Beklagten werde die Verletzung des Rechtsstaatsprinzips gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gerügt. Der Akte liege kein von Polizeioberkommissar B unterzeichneter Einsatzbericht bei. Es erscheine möglich, dass ein solcher nachträglich entfernt worden sei. Hierfür spreche auch der Umstand, dass der von Polizeioberkommissar A unterzeichnete Einsatzbericht nachträglich verändert worden sei.

27

Zur Klärung des Kenntnisstands der Polizeibeamten habe er bei der Beklagten einen Antrag auf Zugang zu Informationen nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz gestellt. Nach den Auskünften der Beklagten würden den für die Durchführung verdachtsunabhängiger Aufbewahrungskontrollen nach § 36 Abs. 3 WaffG zuständigen Mitarbeitern zwecks Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausschließlich einschlägige gesetzliche Vorschriften und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz, ein Juris-Zugang, aktuelle Kommentare zum Waffengesetz, das Urteil des Verwaltungsgericht Hamburg vom 5. Juli 2012 (4 K 724/12) sowie der Beschluss über die Rücknahme der Berufung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. Juni 2013 (4 Bf 163/12) und eine sechsseitige Rechtsprechungsübersicht überlassen. Darin liste die Beklagte konkrete Fallkonstellationen auf und benenne die durch ihre Mitarbeiter vorzunehmenden Maßnahmen samt klarer Handlungsempfehlungen. Aus der Rechtsprechungsübersicht gehe hervor, dass die Beklagte eine Zutrittsverweigerung wie folgt würdige: „Zutritt verweigert: Einmalig OK – mehrmalig nicht, Widerruf wäre wahrscheinlich (Umstände!). Bei wichtigen Terminen wie Familienfeier, Krankheit, auswärtiger Termin Verweigerung i.O., s. Urteil 4 K 724/12 beim AD [...]“. Damit habe die Beklagte eindeutig vorgegeben, dass eine einmalige Zutrittsverweigerung unschädlich sei. Davon hätten die beiden Polizeibeamten Kenntnis haben müssen. Damit sei belegt, dass sie bewusst wahrheitswidrig und täuschend eine falsche Rechtslage dargestellt hätten. Das Argument der Beklagten im Widerspruchsbescheid, dass es sich allein um einen Hinweis nach § 45 Abs. 4 WaffG gehandelt habe, überzeuge nicht, da sie nach der Rechtsprechungsübersicht bei einmaliger Zutrittsverweigerung das Vorliegen eines Widerrufsgrundes gerade nicht vermute. Die Voraussetzungen für einen Hinweis hätten daher nicht vorgelegen. Zudem hätten die Kontrolleure nach eigenen Angaben von Polizeioberkommissar A nicht erklärt, dass die Behörde nun den Wegfall seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit vermuten könne, sondern dass er mit dem Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse rechnen müsse. Unerheblich sei dabei, dass er tatsächlich erklärt habe, dass man ihm die waffenrechtlichen Erlaubnisse nun entziehen werde. Zudem habe eine „grundlose“ Verweigerung der Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG nicht zu Grunde gelegt werden können.

28

Die Beklagte führe die Kontrollen nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG grundsätzlich unangekündigt durch. Dadurch verletze sie Art. 3 Abs. 1 GG. Es erfolge eine Ungleichbehandlung zwischen außerhalb ihrer Wohnung berufstätigen Berechtigten einerseits und Arbeitslosen, Rentnern, Behinderten, dauerhaft Kranken und zu Hause Berufstätigen andererseits, die im Gegensatz zu ersteren während der wöchentlichen Regelarbeitszeit angetroffen würden. Damit behandle die Beklagte eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten ohne hinreichend gewichtigen Grund anders.

29

Ein Beweisverwertungsverbot folge nicht nur aus Art. 13 GG, sondern auch aus § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG. Dies habe ein Gutachten von Prof. Dr. ... ergeben. Danach dürften bei einer Verwaltungsentscheidung über den Widerruf einer Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG Erkenntnisse, die bei einer Überprüfung der Aufbewahrungspflichten in Wohnräumen gewonnen worden seien, die gegen den Willen des Inhabers betreten worden seien, ohne dass die Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 Satz 3 WaffG vorgelegen hätten, nicht zugrunde gelegt werden. Keineswegs könne für das Gefahrenabwehrrecht in seiner Breite angenommen werden, ein Unterlassen der Gefahrenabwehr in Folge eines Beweisverwertungsverbots stelle eine Verletzung des Untermaßverbots dar. In einem Rechtsstaat könne es niemals – zu welchem Preis auch immer – Wahrheitsfindung um jeden Preis geben. Ihrer Natur nach oder von ihrem Entstehungsgrund her unzulässige oder rechtswidrig erlangte Beweismittel seien im Verwaltungsverfahren nicht zu verwerten. Hier ergäben sich die rechtlichen Grenzen des noch zulässigen und des unzulässigen Beweises aus § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG. Danach könne der Wegfall der erlaubnisbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen vermutet werden, wenn der Erlaubnisinhaber seine Mitwirkung verweigere. Diese Regelung sei vom Gesetzgeber als abschließende Lösung im Fall unberechtigter Zutrittsverweigerung vorgesehen und bedeute im Umkehrschluss, dass eine Widerrufsentscheidung nicht auf die Verwertung anderer Erkenntnisse gestützt werden solle. Die Vermutung nach § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG sei gerade für Fälle konzipiert, in denen nicht nur die Mitwirkung unterlassen werde, sodass der Fortbestand der Erlaubnisgründe nicht aufklärbar sei, sondern der Gesetzgeber habe die Vermutung für Situationen vorgesehen, in denen die Tatbestandsvoraussetzungen in Wahrheit weggefallen seien. Selbst dann bleibe dem Waffenbesitzer die verfahrensrechtliche Möglichkeit, die Vermutung zu widerlegen. Diese gesetzgeberische Konzeption würde unterlaufen, wenn in Fällen, in denen auch auf rechtswidrige Weise weitere Erkenntnisse ermittelt worden seien, an die Stelle der gesetzlich vorgesehenen Vermutung andere Erkenntnisse als Entscheidungsgrundlage gesetzt würden und eine Widerlegung der Vermutung von vornherein ausscheide.

30

Die Verfassungswidrigkeit von § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG ergebe sich auch daraus, dass der Gesetzgeber das Zitiergebot nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht beachtet habe. Mit § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG werde Art. 13 Abs. 1 GG eingeschränkt, da die Zutrittsgestattungspflicht einen erzwungenen Grundrechtsverzicht normiere. Der Waffenbesitzer habe letztlich keine Möglichkeit, sich den Kontrollen in seinen Wohnräumen zu entziehen.

31

Der Gesetzgeber beabsichtige nunmehr erstmalig, die Pflicht, dass Waffen „ungeladen“ aufzubewahren seien, zu normieren (BT-Drs. 18/11239, S. 20). Zuvor habe es eine solche Pflicht nicht gegeben. Die kurzzeitige Aufbewahrung des geladenen Revolvers im B-Fach könne einen Unzuverlässigkeitsvorwurf daher nicht begründen.

32

Der Kläger hat zunächst angekündigt, auch einen auf die Herausgabe der sichergestellten fünf Patronen an einen noch zu benennenden Berechtigten gerichteten Klagantrag zu stellen. Die Beklagtenvertreterin hat in der mündlichen Verhandlung zugesagt, die Patronen an einen Berechtigten herauszugeben, wenn ein solcher benannt werde. Daraufhin haben die Beteiligten die Klage insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Gericht hat das Verfahren diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung eingestellt.

33

Der Kläger beantragt noch,

34

1. Nr. 1 bis 4 des Bescheids vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheids vom 7. März 2017 aufzuheben,

35

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm die in Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017 genannten Erlaubnisdokumente herauszugeben,

36

3. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war.

37

Aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 12. Juli 2017 ergibt sich der Antrag,

38

die Klage abzuweisen.

39

Zur Begründung nimmt die Beklagte auf die Ausführungen im Bescheid vom 11. Januar 2017 sowie im Widerspruchsbescheid vom 7. März 2017 Bezug. Ergänzend führt sie im Wesentlichen aus, eine Durchsuchung liege nicht vor, da die Einwilligung des Wohnungsinhabers zur Kontrolle nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG nicht als gesetzlich erzwungen anzusehen sei. Die Vermutungsregelung in § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG eröffne der Behörde Ermessen und ordne keine zwingende Rechtsfolge an. Es verbleibe eine Vielzahl an Sachverhaltskonstellationen, in denen eine einmalige Zutrittsverweigerung rechtlich folgenlos bleibe. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht verneine in ständiger Rechtsprechung die Annahme eines Beweisverwertungsverbots in waffenrechtlichen Verfahren (OVG Hamburg, Beschl. v. 13.3.2012, 4 Bf 75/10, n. v.; Beschl. v. 17.3.2017, 5 Bf 157/15.Z, n. v.). Die den Kontrolleuren zur Verfügung gestellte Rechtsprechungs-Übersicht sei eine unvollständige Sammlung von Juris-Urteilen. Daraus könne die Unschädlichkeit einer einmaligen Zutrittsverweigerung nicht abgeleitet werden. Der angeführte Kommentar in der Übersicht sei dahingehend zu verstehen, dass eine einmalige Zutrittsverweigerung in Ordnung sei, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Die Kontrollbeamten hätten zu keinem Zeitpunkt bewusst wahrheitswidrig oder gegen bestehende Dienstanweisungen gehandelt.

40

Die entscheidenden Gründe für die waffen- und jagdrechtlichen Maßnahmen gegen den Kläger seien das Ablegen des geladenen Revolvers in einem grundsätzlich zulässigen Tresor und die Übergabe des geladenen Revolvers ohne entsprechenden Hinweis auf den Ladungszustand der Waffe. Dies stehe mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hamburg (VG Hamburg, Beschl. v. 14.5.2014, 4 E 1639/14, n. v.) im Einklang. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger auf die Bemerkung des Kontrolleurs, er hoffe, dass es sich um Pufferpatronen handele, nicht den Hinweis auf scharfe Munition gegeben, sondern geantwortet habe „Natürlich sind da Pufferpatronen drin“. Dies lege den Schluss nahe, dass der Kläger genau gewusst habe, dass der Revolver geladenen gewesen sei und er darauf vertraut habe, dass die Kontrolleure den Ladungszustand aufgrund seines Kommentars nicht weiter prüfen würden.

41

Die Überprüfung des Ladungszustands der Waffe sei von der Ermächtigung in § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG gedeckt. Bereits zwecks Abgleich der Seriennummer müsse der Kontrollbeamte die Waffe in die Hand nehmen. Zudem gehöre es zu den elementaren Sicherheitsvorschriften im Umgang mit Waffen, zuerst persönlich den Ladungszustand der Waffe zu überprüfen. In dem vom Bundesverwaltungsamt herausgegebenen Fragenkatalog für die Sachkundeprüfung nach § 7 WaffG TB 13.21 heiße es auf die Frage, welche Sicherheitsregeln ein Schütze immer zu beachten habe u. a., dass Waffen stets entladen aufzubewahren seien und Schusswaffen immer als geladen zu betrachten seien, solange man sich nicht persönlich vom Gegenteil überzeugt habe.

42

Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung persönlich zu der Frage angehört, was die Polizeibeamten zu ihm gesagt haben, bevor sie sich zum Gehen wandten. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Die Sachakte der Beklagten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

43

Die Klage hat keinen Erfolg, sie ist mit dem auf Aufhebung von Nr. 1 bis 4 des Bescheids vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017 gerichteten Anfechtungsantrag zu 1. zulässig (hierzu unter 1.), aber unbegründet (hierzu unter 2.). Infolgedessen ist dem auf Rückgabe der Erlaubnisdokumente gerichteten Annexantrag zu 2. ebenfalls der Erfolg zu versagen (hierzu unter 3.).

44

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft, da es sich beim Bescheid vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017, dessen Aufhebung der Kläger begehrt, um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 HmbVwVfG handelt.

45

a) Der Ausgangsbescheid vom 11. Januar 2017 ist nicht mangels der unterzeichnenden Rechtsreferendarin ... erteilter Zeichnungsbefugnis als Nicht- oder Schein-Verwaltungsakt zu qualifizieren. Frau ... von der Beklagten konnte in der mündlichen Verhandlung zwar lediglich die grundsätzliche Vorgehensweise der Beklagten bei der Beschäftigung von Rechtsreferendaren beschreiben. Danach sei es üblicherweise so, dass sie dem Referendar oder der Referendarin die Akte gebe, sie in den Sachverhalt einweise und um eine Stellungnahme bitte. Nach Vorlage der Stellungnahme überprüften sie und der Sachgebietsleiter diese. Wenn die Stellungnahme in Ordnung sei, schicke der Referendar oder die Referendarin sie heraus. An die konkrete Erteilung der Zeichnungsbefugnis gegenüber der Rechtsreferendarin ... hatte Frau ... jedoch keine Erinnerung. Hierzu findet sich auch kein Nachweis in den Akten. Allerdings hatte die Beklagte bereits im Widerspruchsbescheid vom 7. März 2017 und damit weniger als zwei Monate nach Erlass des Ausgangsbescheids klargestellt, dass der Rechtsreferendarin ... die Zeichnungsbefugnis übertragen worden sei. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Schilderung unzutreffend sein könnte.

46

b) Im Übrigen wäre eine ursprünglich fehlende Zeichnungsbefugnis durch den Erlass des Widerspruchsbescheids, der dem Ausgangsbescheid nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO die für die Anfechtungsklage maßgebende Gestalt verleiht, geheilt worden. Nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt eine Gestaltänderung im Sinne von § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auch dann vor, wenn zunächst kein Verwaltungsakt existierte und erst der Widerspruchsbescheid die Qualifikation als Verwaltungsakt bewirkt (BVerwG, Urt. v. 23.8.2011, 9 C 2/11, juris Rn. 20, m.w.N.; Urt. v. 26.6.1987, 8 C 21/86, juris Rn. 9 ff.).

47

Darüber hinaus ließe sich eine Heilung des Fehlers auch unabhängig von der Regelung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf die im Verwaltungsrecht entsprechend anwendbaren §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB (OVG Hamburg, Beschl. v. 22.12.2011, 4 Bf 171/11, n. v., S. 5 BA; VGH München, Beschl. v. 7.2.2017, 4 ZB 16.2399, juris Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.11.2015, OVG 7 B 4.15, juris Rn. 24) stützen. Die Beklagte hat den Erlass des Bescheids vom 11. Januar 2017 durch die Rechtsreferendarin ... jedenfalls konkludent durch die Bezugnahme auf diesen im Widerspruchsbescheid sowie in der Klagerwiderung genehmigt.

48

2. Die Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017 ist nicht aufzuheben, da er sowohl formell (hierzu unter a)) als auch materiell (hierzu unter b)) rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

49

a) Unbeschadet der Regelung zur eingeschränkten Aufhebbarkeit eines allein an einem Verfahrens- oder Formfehler leidenden Verwaltungsakts in § 46 HmbVwVfG (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 37 Rn. 106) kommt eine Aufhebung des angefochtenen Bescheids wegen eines formell-rechtlichen Fehlers bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Bescheid formell rechtmäßig ergangen ist.

50

aa) Insbesondere liegt der vom Kläger geltend gemachte Verstoß gegen § 37 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 HmbVwVfG nicht vor. Danach muss ein schriftlicher Verwaltungsakt die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Diesen Anforderungen wird der Bescheid vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017 gerecht.

51

(I.) Ein Verstoß gegen das Erfordernis, dass die Unterschrift vom Behördenleiter, seinem Vertreter oder seinem Beauftragten stammt, wäre grundsätzlich unerheblich.

52

Es ist ausreichend, dass der Verwaltungsakt die Unterschrift oder Namenswiedergabe eines bei der Behörde beschäftigten, mit Verwaltungsaufgaben betrauten Beamten oder Angestellten – nicht etwa einer Raumpflegerin oder einer zufällig im Amtsgebäude anwesenden Person – trägt, selbst wenn dieser nach der internen Organisation der Behörde nicht zuständig oder nicht zeichnungsbefugt ist. Denn der Umstand, dass die Unterschrift von einer nicht befugten Person geleistet wurde, ist, anders als das Fehlen der Unterschrift, für Außenstehende nicht ohne weiteres erkennbar; der Verletzung interner Zuständigkeitsregeln kann daher im Verhältnis zum Bürger – von Fällen bewusster Kollusion abgesehen – keine Außenwirkung zukommen (Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 37 Rn. 37).

53

Vor diesem Hintergrund kommt es insoweit auf die Erteilung der Zeichnungsbefugnis gegenüber der Rechtsreferendarin ... nicht an. Diese war unbestritten als Rechtsreferendarin bei der Beklagten beschäftigt (s. auch „...“, letzter Abruf am 3.12.2019). Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare sind während der Ausbildung bei der Verwaltungsbehörde mit Verwaltungsaufgaben betraut (vgl. Grasbrucker, BayVBl. 1991, 332 (333)). Es gehört zu den Zielen ihrer Ausbildung, dass sie die Aufgaben des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes eigenverantwortlich wahrzunehmen lernen (s. nur § 38 Abs. 3 Hamburgisches Juristenausbildungsgesetz; § 31 Abs. 1 schleswig-holsteinische Landesverordnung über die Ausbildung der Juristinnen und Juristen). Entsprechend hat Frau ... in der mündlichen Verhandlung auch die Vorgehensweise der Beklagten beim Einsatz von Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren beschrieben.

54

(II.) Im Übrigen bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtsreferendarin ... den Ausgangsbescheid vom 11. Januar 2017 nicht als Beauftragte unterzeichnen durfte. Wenngleich Frau ... in der mündlichen Verhandlung zur konkreten Erteilung der Zeichnungsbefugnis gegenüber der Rechtsreferendarin keine Angaben machen konnte, hatte sie bereits im Widerspruchsbescheid vom 7. März 2017 klargestellt, dass ihr die Zeichnungsbefugnis übertragen worden sei.

55

(III.) Zudem ist der Widerspruchsbescheid vom 7. März 2017 von Frau ... unterschrieben worden, deren Zeichnungsbefugnis der Kläger nicht in Abrede gestellt hat. Der Widerspruchsbescheid verleiht dem angefochtenen Verwaltungsakt nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO die für die Anfechtungsklage maßgebende Gestalt. Weiter hat die Beklagte den Erlass des Bescheids vom 11. Januar 2017 durch die Rechtsreferendarin ... jedenfalls konkludent analog den §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB durch die Bezugnahme auf diesen im Widerspruchsbescheid sowie in der Klagerwiderung genehmigt.

56

bb) Soweit der Kläger sich auf einen Verstoß gegen das aus § 29 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG abzuleitende Gebot ordnungsgemäßer Akteneinführung beruft, das auch die Verpflichtung umfasst, etwa durch Paginierung der Akte Vorkehrungen gegen eine Beseitigung von Aktenbestandteilen zu treffen, wäre ein solcher Verstoß allein nicht geeignet, die formelle Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids zu bewirken (eine Umkehr der Beweislast bei einem Verstoß gegen § 29 VwVfG annehmend: OVG Greifswald, Beschl. v. 22.12.2000, 2 L 38/99, juris Rn. 52; s. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 28.4.2015, 5 LB 141/14, juris Rn. 97 ff.; Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 29 Rn. 1b f.).

57

b) Der Bescheid vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017 ist auch materiell rechtmäßig. Dies gilt für den Widerruf der Waffenbesitzkarte (hierzu unter aa)) ebenso wie für die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins (hierzu unter bb)), die Aufforderung zur Rückgabe der Waffenbesitzkarte (hierzu unter cc)) sowie die Anordnung, die Waffen und Munition im Besitz des Klägers dauerhaft unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen (hierzu unter dd)).

58

aa) Der Widerruf der Waffenbesitzkarte ist in materiell-rechtlicher Hinsicht ordnungsgemäß erfolgt. Die Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Dies ist hier der Fall.

59

Die Erteilung einer Erlaubnis setzt nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. So liegt es beim Kläger. Die Erkenntnisse aus der am 5. September 2016 durchgeführten Aufbewahrungskontrolle zugrunde gelegt, liegen die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG vor (hierzu unter (I.)). Diese Erkenntnisse dürfen auch verwertet werden (hierzu unter (II.)).

60

(I.) Bei Verwertung der Erkenntnisse aus der waffenrechtlichen Aufbewahrungskontrolle am 5. September 2016 liegen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Kläger mit Waffen nicht vorsichtig umgehen und diese nicht sorgfältig verwahren wird.

61

Die im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG für die Begründung der absoluten waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit gebotene Prognose künftigen Verhaltens knüpft an bestimmte festgestellte Tatsachen an. Schon ein einmaliger Verstoß kann die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG). Die Allgemeinheit ist vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu schützen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.11.1994, 1 B 215/93, juris Rn. 10). In Anbetracht des Gefahren vorbeugenden Charakters der Regelung und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die Prognose des nicht vorsichtigen oder sachgemäßen Umgangs nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Ausreichend ist vielmehr eine auf der Lebenserfahrung beruhende Einschätzung, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss. Es genügt, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen und Munition besteht. Abzugrenzen ist dies von Verhalten, das als situative Nachlässigkeit minderen Gewichts einzustufen ist und bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden kann (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 7.8.2015, 5 Bs 135/15, juris Rn. 16; VGH Mannheim, Beschl. v. 3.8.2011, 1 S 1391/11, juris Rn. 4, jeweils m.w.N.).

62

(1.) Die bei der Aufbewahrungskontrolle am 5. September 2016 festgestellten Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Kläger nicht vorsichtig mit Waffen umgehen wird.

63

Die Gefährlichkeit von Schusswaffen erfordert einen entsprechend vorsichtigen Umgang, der alle Sicherungsmöglichkeiten ausnutzt und nicht nur die eigene Gefährdung, sondern auch die Gefährdung dritter Personen so weit wie möglich ausschließt (Heinrich, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 5 WaffG Rn. 11; Brunner, in: Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, 82. Aktualisierung, Oktober 2019, § 5 WaffG Rn. 40). Vorsichtig in diesem Sinne ist der Umgang mit einer Waffe nur dann, wenn sie nach dem Gebrauch gesichert und entladen ist (VG Hamburg, Beschl. v. 14.5.2014, 4 E 1639/14, n. v., S. 11 f. BA; OVG Münster, Beschl. v. 15.5.2013, 20 A 419/11, juris Rn. 39, m.w.N.; Gade, Waffengesetz, 2. Auflage 2018, § 5 Rn. 14; Brunner, a.a.O., § 5 WaffG Rn. 43). Gegen dieses Gebot des vorsichtigen Umgangs mit Waffen hat der Kläger verstoßen, indem er seinen geladenen Revolver Smith & Wesson zunächst in das Innenschließfach nach Klassifizierung B seines Waffenschranks der Sicherheitsstufe A nach VDMA 24992 („Jägerschrank“) gelegt und sodann im Rahmen der Aufbewahrungskontrolle dem Polizeioberkommissar B übergeben hat, ohne zuvor auf den geladenen Zustand hinzuweisen.

64

Diese tatsächlichen Umstände sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Auch nach dem eigenen Vortrag des Klägers hat er den Revolver in das B-Fach seines Waffenschranks gelegt, nachdem er die Trommel testweise mit Patronen gefüllt hatte. Bei der Aufbewahrungskontrolle habe Polizeioberkommissar B ihm die Hand entgegengestreckt und die Übergabe des Revolvers gefordert. Daraufhin habe er – der Kläger – Polizeioberkommissar B die Waffe übergeben. In dem Moment, in dem er über den Ladezustand des Revolvers habe informieren wollen, habe Polizeioberkommissar B den Revolver bereits ergriffen und die Trommel geöffnet. Es kann dahinstehen, ob der Kläger darüber hinaus gegenüber den Polizeibeamten angegeben hat, dass es sich bei den Patronen im Revolver um Pufferpatronen handele – was die Beklagte vorträgt, der Kläger aber in Abrede stellt – , da sich ein Verstoß gegen das Gebot des vorsichtigen Umgangs mit Waffen bereits aus dem dargestellten unstreitigen Sachverhalt ergibt.

65

Bei der Ablage des geladenen Revolvers im B-Fach des Waffenschranks sowie dessen Übergabe an den Polizeioberkommissar B bei der Aufbewahrungskontrolle ohne vorherigen Hinweis auf den geladenen Zustand handelt es sich um schwerwiegende Verstöße gegen das Gebot des vorsichtigen Umgangs mit Waffen, die nicht als noch zu tolerierende situative Nachlässigkeit minderen Gewichts einzustufen sind, sondern den Rückschluss zulassen, dass beim Kläger auch zukünftig eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen und Munition besteht.

66

(2.) Zudem rechtfertigen die bei der Aufbewahrungskontrolle festgestellten Tatsachen die Annahme, dass der Kläger Waffen nicht sorgfältig verwahren wird.

67

Die Verwahrung eines geladenen Revolvers widerspricht grundlegenden Vorsichts- und Sorgfaltsmaßgaben (zu „geladenen“ Revolvern: VG Hamburg, Urt. v. 9.2.2016, 4 K 2176/15, juris Rn. 2, 4 u. 22 ff.; VG Karlsruhe, Urt. v. 20.3.2015, 6 K 2873/13, juris Rn. 4 u. 26; zu „durchgeladenen“ Waffen: BVerwG, Beschl. v. 3.3.2014, 6 B 36/13, juris Rn. 5; OVG Münster, Beschl. v. 15.5.2013, 20 A 419/11, juris Rn. 44; zu „unterladenen“ Waffen: VGH München, Beschl. v. 15.3.2019, 21 CS 17.2281, juris Rn. 17; Beschl. v. 27.7.2018, 21 CS 17.2506, juris Rn. 10). Weder im Patronenlager noch im Magazin dürfen sich bei der Aufbewahrung einer Schusswaffe – auch eines Revolvers, bei dem die Patronenlager in der Trommel liegen – Patronen befinden (Gade, Waffengesetz, 2. Auflage 2018, § 5 Rn. 15). Dadurch wird Dritten die einfache Wegnahme der Waffen zum schnellen, sofortigen Gebrauch erschwert. Dies dient auch dem Schutz des Berechtigten. Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass der geladene Revolver im B-Fach eines Waffenschranks verwahrt wurde (vgl. auch VGH München, Beschl. v. 15.3.2019, 21 CS 17.2281, juris Rn. 17; Beschl. v. 27.7.2018, 21 CS 17.2506, juris Rn. 10), in dem nach § 36 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 2 Satz 1 WaffG in der Fassung vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 2062) sowie § 13 Abs. 4 Satz 2 AWaffV in der Fassung vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 426) entgegen dem grundsätzlichen Gebot zur getrennten Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition eine gemeinsame Aufbewahrung zulässig war (Heller/Soschinka, Waffenrecht, 3. Auflage 2013, Rn. 1072; Gerlemann, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 13 AWaffV Rn. 5; BR-Drs. 415/03, S. 49). Denn im Falle eines gleichwohl – aus welchen Gründen auch immer – erfolgenden Zugriffs eines Dritten auf das B-Fach, wäre diesem der schnelle und sofortige Gebrauch bei einer geladenen Waffe gegenüber der Situation einer nur gemeinsamen Aufbewahrung von Schusswaffe und Munition weiter erleichtert. Die Verpflichtung zur ungeladenen Verwahrung von Schusswaffen bestand zudem bereits vor der ausdrücklichen Normierung in § 13 Abs. 1 u. 2 AWaffV in der Fassung vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2133). Diese Regelung hatte ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf lediglich klarstellenden Charakter (BT-Drs. 18/11239, S. 56; Gade, a.a.O., § 5 Rn. 15).

68

Vor diesem Hintergrund stellt sich die bei der Aufbewahrungskontrolle festgestellte und zwischen den Beteiligten unstreitige Verwahrung des klägerischen Revolvers im geladenen Zustand im B-Fach des Waffenschranks als Verstoß gegen grundlegende Vorsichts- und Sorgfaltsmaßgaben dar. Auch dabei handelt es sich nicht um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger, nachdem es seinem eigenen Vortrag zufolge an der Tür geläutet hatte, nicht vor der Ablage des Revolvers im Waffenschrank die Patronen entnommen hat. Dieses Verhalten lässt den Rückschluss zu, dass beim Kläger auch zukünftig eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine nicht ordnungsgemäße Verwahrung von Waffen besteht.

69

(II.) Die Erkenntnisse aus der Kontrolle vom 5. September 2016 dürfen verwertet werden. Die Kontrolle war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten (hierzu unter (1.)). Im Übrigen bestände selbst im Falle der Rechtswidrigkeit der Aufbewahrungskontrolle und der Verletzung des Klägers in eigenen Rechten durch diese kein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der daraus erlangten Erkenntnisse (hierzu unter (2.)).

70

(1.) Die Kontrolle vom 5. September 2016 war nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG in der Fassung vom 17. Juli 2009 rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten. Nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG haben Besitzer von erlaubnispflichtigen Schusswaffen, Munition oder verbotenen Waffen der Behörde zur Überprüfung der Pflichten aus § 36 Abs. 1 u. 2 WaffG Zutritt zu den Räumen zu gestatten, in denen die Waffen und die Munition aufbewahrt werden. Diese Zutrittsgestattungspflicht in § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG ist nicht wegen eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht unwirksam (hierzu unter (a.)). Die Voraussetzungen der Norm lagen bei der Durchführung der Aufbewahrungskontrolle am 5. September 2016 vor (hierzu unter (b.)). Zudem haben die Polizeioberkommissare A und B den von § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG abgesteckten Rahmen bei der Durchführung der Aufbewahrungskontrolle eingehalten (hierzu unter (c.)).

71

(a.) Die Verpflichtung zur Zutrittsgestattung in § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG ist nicht wegen eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht unwirksam.

72

(aa.) Mängel des einem Parlamentsgesetz zugrundeliegenden Gesetzgebungsverfahrens können im Interesse der Rechtssicherheit nur dann die Nichtigkeit des Gesetzes begründen, wenn ein evidenter Verstoß gegen Verfassungsrecht vorliegt (BVerfG, Urt. v. 26.7.1972, 2 BvF 1/71, juris Rn. 58; Beschl. v. 15.1.2008, 2 BvL 12/01, juris Rn. 71; Beschl. v. 8.12.2009, 2 BvR 758/07, juris Rn. 77; BVerwG, Urt. v. 22.3.2018, 7 C 30/15, juris Rn. 27). Dies ist hier nicht der Fall.

73

Soweit der Kläger sich darauf beruft, Art. 76 Abs. 1 GG sei dadurch verletzt worden, dass der Entwurf zum Vierten Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes im Gesetzgebungsverfahren auch um die Änderung von § 36 Abs. 3 WaffG erweitert worden sei, ist ein evidenter Verfassungsrechtsverstoß nicht erkennbar. Gemäß Art. 76 Abs. 1 GG werden Gesetzesvorlagen beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht. Das Vierte Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes beruht auf einer Gesetzesvorlage der Bundesregierung zu Änderungen des Sprengstoffgesetzes, des Waffengesetzes, der Ersten und Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz und der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung zur Umsetzung europäischen Rechts (BR-Drs. 173/09, S. 2). Nach Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drs. 173/09(B)) überwies der Bundestag die Gesetzesvorlage in der ersten Beratung dem federführenden Innenausschuss (BT-Plenarprotokoll 16/217, S. 23534 f.). Dieser empfahl am 17. Juni 2009 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen die Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung (BT-Drs. 16/13423, S. 3). Zu den Änderungen, die der Bundestag am 18. Juni 2009 in zweiter und dritter Beratung angenommen hat, gehörte auch die Neufassung von § 36 Abs. 3 WaffG (BT-Drs. 16/13423, S. 62). Dieses Vorgehen lässt einen evidenten Verstoß gegen Art. 76 Abs. 1 GG nicht erkennen.

74

Es kann dahinstehen, ob mit der Beschlussempfehlung der Koalitionsfraktionen im Innenausschuss – die dort zusammen über 26 der 36 Mitglieder verfügten – der Sache nach den Anforderungen zur Einbringung einer Vorlage „aus der Mitte des Bundestages“ im Sinne von Art. 76 Abs. 1 GG Genüge getan wurde (zur Erfüllung dieser Voraussetzung „der Sache nach“ bei Ergänzung einer Gesetzesvorlage durch einen Ausschuss des Bundestages: BVerwG, Urt. v. 22.3.2018, 7 C 30/15, juris Rn. 24 ff.). Im verfassungsrechtlichen Schrifttum wird nur vereinzelt vertreten, dass die von § 76 Abs. 1 GOBT aufgestellten Anforderungen, wonach Vorlagen von Mitgliedern des Bundestages von einer Fraktion oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages unterzeichnet sein müssen, gemäß Art. 76 Abs. 1 GG auch verfassungsrechtlich geboten sind (so Mann, in: Sachs, GG, 8. Auflage 2018, Art. 76 Rn. 10; a. A. hingegen Degenhart, Staatsrecht I, 33. Auflage 2017, Rn. 213; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, 3. Auflage 2015, Art. 76 Rn. 57; Bryde, in: von Münch/Kunig, GG, 6. Auflage 2012, Art. 76 Rn. 13; Stern, Staatsrecht, Bd. II, 1980, S. 622 Fn. 309; Dietlein, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 41. Edition, Stand: 15.2.2019, Art. 76 Rn. 7.3; Kersten, in: Maunz/Dürig, GG, Werkstand: 87. EL März 2019, Art. 76 GG Rn. 48). Selbst wenn man dies jedoch annähme, wäre ein – unterstellter – Verstoß gegen Art. 76 Abs. 1 GG angesichts der unterschiedlichen in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassungen zur Zulässigkeit von Änderungen und Ergänzungen von Gesetzesvorlagen in den Fachausschüssen (vgl. nur, zustimmend zu einem „Verbot der Denaturierung der Gesetzesvorlage“: Brandner, Jura 1999, 449 (453 f.); Bryde, JZ 1998, 115 (117 f.); Rossi, DVBl. 2014, 676 (680 f.); s. auch BGH, Urt. v. 17.10.2003, V ZR 91/03, juris Rn. 15; ablehnend hingegen: Brüning, in: Bonner Kommentar, GG, 180. Aktualisierung, August 2016, Art. 76 Rn. 169; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, 14. Auflage 2018, Art. 76 Rn. 28; Brosius-Gersdorf, a.a.O., Art. 77 Rn. 20; Kersten, a.a.O., Art. 76 GG Rn. 64) sowie in Ermangelung einschlägiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu jedenfalls nicht evident (BVerwG, a.a.O., Rn. 27).

75

Die vom Kläger darüber hinaus geltend gemachten Verstöße gegen Vorgaben der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (§ 62 Abs. 1 Satz 2 GOBT und § 78 Abs. 5 GOBT) können die Unwirksamkeit des verabschiedeten Gesetzes nicht begründen. Gemäß Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG ist verfassungsrechtlich nur die Einhaltung die Bestimmungen des Grundgesetzes zum Zustandekommen des Gesetzes vorausgesetzt, nicht aber die Einhaltung der Geschäftsordnung des Bundestages (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.10.1970, 1 BvR 307/68, juris Rn. 41; BVerwG, a.a.O., Rn. 27; Degenhart, Staatsrecht I, 33. Auflage 2017, Rn. 213). Ein (evidenter) Verstoß gegen eine Norm des Grundgesetzes wäre auch bei einer Verletzung der in Bezug genommenen Vorschriften der Geschäftsordnung nicht erkennbar (den verfassungsrechtlichen Gehalt von § 78 Abs. 5 GOBT lässt offen: BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009, 2 BvR 758/07, juris Rn. 78).

76

Das Zitiergebot gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht verletzt. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) als durch § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG eingeschränktes Grundrecht zu nennen, da diese Vorschrift weder in die Unverletzlichkeit der Wohnung eingreift noch zu einem solchen Eingriff ermächtigt (VG Hamburg, Urt. v. 5.7.2012, 4 K 724/12, n. v., S. 15 UA).

77

(bb.) In materieller Hinsicht verletzt § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG die gemäß Art. 13 Abs. 1 GG gewährleistete Unverletzlichkeit der Wohnung nicht (VG Hamburg, a.a.O., S. 13 UA; OVG Bremen, Urt. v. 16.5.2017, 1 LB 234/15, juris Rn. 53 ff.; VGH München, Beschl. v. 10.10.2011, 21 ZB 11.1827, juris Rn. 6; VGH Mannheim, Beschl. v. 3.8.2011, 1 S 1391/11, juris Rn. 8). Die Vorschrift greift weder in die Unverletzlichkeit der Wohnung ein noch ermächtigt sie die öffentliche Gewalt hierzu.

78

An einem Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG fehlt es im Falle der Zustimmung des Berechtigten zum Betreten der Wohnräume (s. nur Kluckert/Fink, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 41. Edition, Stand: 15.5.2019, Art. 13 Rn. 11; Kühne, in: Sachs, GG, 8. Auflage 2018, Art. 13 Rn. 23; Herdegen, in: Bonner Kommentar, GG, 71. Aktualisierung, Oktober 1993, Art. 13 Rn. 44). Vor diesem Hintergrund bewirkt § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG keinen Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung. Das Betreten der Wohnung zum Zwecke der waffenrechtlichen Aufbewahrungskontrolle setzt danach vielmehr die Zutrittsgestattung des Wohnungsinhabers voraus. Dieser ist zwar zur Erteilung gesetzlich verpflichtet, kommt er seiner Verpflichtung jedoch nicht nach, kann die zuständige Behörde die Aufbewahrungskontrolle – unbeschadet des § 36 Abs. 3 Satz 3 WaffG – nicht zwangsweise durchführen (BT-Drs. 16/13423, S. 71).

79

Soweit die Versagung der Zutrittsgestattung nachteilige Rechtswirkungen für den Waffenbesitzer zur Folge haben kann, nimmt dies seiner Entscheidung über die Erteilung der Zutrittsgestattung nicht die erforderliche Freiwilligkeit. Zunächst beruht der Besitz von erlaubnispflichtigen Schusswaffen, Munition oder verbotenen Waffen ebenso auf einem freien Willensentschluss wie die Bestimmung des Aufbewahrungsorts. Eine Aufbewahrung in von Art. 13 Abs. 1 GG geschützten Wohnräumen ist dabei trotz der einschränkenden Regelung in § 13 Abs. 6 Satz 1 AWaffV in der Fassung vom 26. März 2008 – und § 13 Abs. 4 Satz 1 AWaffV in der Fassung vom 30. Juni 2017 – zur Aufbewahrung in nicht dauernd bewohnten Gebäuden, die sich vor allem auf Jagdhütten, Wochenend- oder Ferienhäuser beziehen soll (Gerlemann, in: Steindorf, Waffenrecht, 10 Auflage 2015, § 13 AWaffV Rn. 7), nicht zwingend (Gerlemann, a.a.O., § 36 WaffG Rn 3; zur Zulässigkeit der Verwahrung in einem Bankschließfach: VG Stuttgart, Urt. v. 15.11.2013, 5 K 4397/11, juris Rn. 19 ff.). Dem Waffenbesitzer, der sich für eine Aufbewahrung in seinen Wohnräumen entscheidet, steht es darüber hinaus frei, den Zutritt zu seinen Wohnräumen zwecks Durchführung einer waffenrechtlichen Aufbewahrungskontrolle zu gestatten oder dies abzulehnen und die daraus möglicherweise resultierenden negativen Folgen hinzunehmen. Im Übrigen besteht ein Quasi-Automatismus nachteiliger Rechtsfolgen bei einer Verweigerung des Zutritts nicht. Zum einen muss verdachtsunabhängigen Kontrollen zur „Unzeit“ (vgl. § 758a Abs. 4 ZPO) nicht zugestimmt werden (BT-Drs. 16/13423, S. 71). Zum anderen ist eine Zutrittsverweigerung unschädlich, wenn ein anerkennenswertes Interesse des Waffenbesitzers daran besteht. Weiter ist selbst bei Annahme einer Verletzung der Mitwirkungspflicht stets eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls geboten.

80

(b.) Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG lagen bei der Durchführung der Aufbewahrungskontrolle am 5. September 2016 vor. Abgesehen davon, dass der Kläger erlaubnispflichtige Schusswaffen sowie Munition besaß und der Beklagten angezeigt hatte, diese in seinen Wohnräumen aufzubewahren, hat er den Polizeibeamten A und B den Zutritt zur Wohnung gestattet (hierzu unter (aa.)). Dies erfolgte freiwillig (hierzu unter (bb.)). Die Beklagte brauchte die Aufbewahrungskontrolle nicht im Voraus gegenüber dem Kläger anzukündigen (hierzu unter (cc.)). Die Aufbewahrungskontrolle konnte zudem zur Überprüfung der Pflichten aus § 36 Abs. 1 u. 2 WaffG in der Fassung vom 17. Juli 2009 erfolgen, da die darin getroffenen Regelungen wirksam waren (hierzu unter (dd.)).

81

(aa.) Der Kläger hat den Polizeibeamten A und B den Zutritt zur Wohnung gestattet. Dies ergibt sich aus der eigenen Sachverhaltsdarstellung des Klägers. Danach hat er zwar nicht ausdrücklich gegenüber den Polizeibeamten erklärt, ihnen den Zutritt zu seiner Wohnung zu gestatten. Sein Verhalten war bei verständiger Würdigung nach dem objektiven Empfängerhorizont jedoch als konkludente Zutrittsgestattung zu verstehen.

82

Während der Kläger seiner eigenen Schilderung zufolge zunächst mehrfach erklärt hatte, die beiden Polizeibeamten nicht in die Wohnung hereinlassen zu wollen, hat er den die Treppe heruntergehenden Polizeibeamten sodann ein „ok, warten Sie“ nachgerufen. Diese Aufforderung konnte in Verbindung mit der in der Folge nicht erneut geäußerten Ablehnung der Zutrittsgestattung nur so verstanden werden, dass der Kläger es sich anders überlegt hatte und mit der Durchführung der Aufbewahrungskontrolle in den Wohnräumen nunmehr einverstanden war. Dies stimmt auch mit der eigenen Erläuterung des Klägers überein, er habe in jedem Falle vermeiden wollen, dass man ihm allein aufgrund der – aus seiner Sicht – begründeten Verweigerung des Zutritts die waffenrechtlichen Erlaubnisse entziehen würde. Sofern der Kläger die Polizeibeamten nicht zum Warten aufgefordert hätte, hätten diese den Ort der Geschehnisse verlassen, und es wäre nicht zu der beabsichtigten Aufbewahrungskontrolle gekommen. Mangels weiterer Äußerungen des Klägers, etwa einer Bitte um ergänzende Erläuterung, war ein von der Durchführung der Aufbewahrungskontrolle abweichender Zweck der Aufforderung zum Verbleib nicht erkennbar.

83

Soweit der Kläger geltend macht, dass die beiden Polizeibeamten auch seine Ehefrau um ihre Gestattung zum Betreten der Wohnung hätten ersuchen müssen, ist die Erforderlichkeit der Zustimmung aller Wohnungsinhaber umstritten (Kluckert/Fink, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 41. Edition, Stand: 15.5.2019, Art. 13 Rn. 11; verneinend: Kühne, in: Sachs, GG, 8. Auflage 2018, Art. 13 Rn. 23; bejahend: Herdegen, in: Bonner Kommentar, GG, 71. Aktualisierung, Oktober 1993, Art. 13 Rn. 44). Jedenfalls wäre das Betreten der Wohnung durch die Polizeibeamten trotz unterbliebener Zustimmung der Ehefrau auch dann, wenn es dieser bedurft hätte, nicht geeignet, eine Verletzung des Klägers in einem eigenen subjektiven Recht zu begründen. Im Übrigen ließ sich auch das Verhalten der Ehefrau des Klägers nach dem objektiven Empfängerhorizont als konkludente Zutrittsgestattung verstehen. Die Ehefrau war während der Konversation des Klägers mit den beiden Polizeibeamten zugegen. Es hätte ihr freigestanden, ein fehlendes Einverständnis mit dem Betreten der Wohnung durch die beiden Polizeibeamten zum Ausdruck zu bringen. Dies hat sie jedoch auch nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht getan.

84

(bb.) Die Zutrittsgestattung erfolgte freiwillig.

85

An der Freiwilligkeit der Zutrittsgestattung fehlt es angesichts des von Art. 13 Abs. 1 GG geschützten Selbstbestimmungsrechts des Wohnungsinhabers, wenn die Gestattung durch Täuschung oder durch Drohung widerrechtlich herbeigeführt wurde (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 5.7.2012, 4 K 724/14, n. v.; S. 14 UA). Dies war hier nicht der Fall.

86

Nach eigener Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hätten die Polizeibeamten ihm gesagt, sie würden nun in ihren Bericht schreiben, dass er sich grundlos geweigert habe, sie in die Wohnung zu lassen, und dann würde man ihm die waffenrechtlichen Erlaubnisse entziehen. Diese Angaben der Polizeibeamten sind nicht geeignet, der daraufhin erteilten Zustimmung des Klägers zum Betreten der Wohnung die erforderliche Freiwilligkeit zu nehmen, da sie weder als Täuschung noch als widerrechtliche Drohung zu qualifizieren sind. Es handelte sich vielmehr um eine nicht zu beanstandende Ankündigung rechtmäßigen Verwaltungshandelns.

87

Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Waffenbesitzkarte nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG hätten im Falle der fortdauernden Verweigerung der Zutrittsgestattung wegen des Wegfalls der erforderlichen Zuverlässigkeit des Klägers vorgelegen. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen haben. Die fortdauernde Zutrittsverweigerung am 5. September 2016 wäre als gröblicher Verstoß gegen § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG zu qualifizieren gewesen.

88

Der Kläger war nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG zur Zutrittsgestattung verpflichtet. Die Zutrittsgestattungspflicht gilt zwar – wie bereits ausgeführt – nicht ausnahmslos. So muss verdachtsunabhängigen Kontrollen zur „Unzeit“, also zur Nachtzeit sowie an Sonn- und Feiertagen (vgl. § 758a Abs. 4 ZPO) nicht zugestimmt werden (BT-Drs. 16/13423, S. 71). Zudem ist eine Zutrittsverweigerung nicht zu beanstanden, wenn ein anerkennenswertes Interesse des Waffenbesitzers daran besteht. Dieses kann insbesondere in den persönlichen Verhältnissen begründet sein. So wird eine Zutrittsverweigerung anzuerkennen sein, wenn etwa im Zeitpunkt der unangemeldeten Kontrolle eine Familienfeier stattfindet, der Waffenbesitzer einen auswärtigen Termin wahrnehmen muss oder erkrankt ist (VG Hamburg, Urt. v. 5.7.2012, 4 K 724/14, n. v., S. 16 UA; Gade, WaffG, 2. Auflage 2018, § 36 Rn. 86). Eine solche Ausnahme von der Pflicht zur Zutrittsgewährung lag hier jedoch nicht vor.

89

Die Kontrolle sollte nicht zur „Unzeit“, sondern an einem Montagmittag stattfinden. Ein anerkennenswertes Interesse des Klägers an der Zutrittsverweigerung bestand nicht. Der angeführte Umstand, dass sich in der Wohnung und auch im Waffenschrank geheimhaltungsbedürftige Unterlagen befunden hätten, kann ein anerkennenswertes Interesse an der Zutrittsverweigerung nicht begründen. Die Gestattungspflicht bezieht sich nur auf die Räume, in denen die Waffen und die Munition aufbewahrt werden. Indem der Kläger auch dort geheimhaltungsbedürftige Unterlagen aufbewahrt hat, hat er selbst die Ursache dafür gesetzt, dass im Falle einer waffenrechtlichen Aufbewahrungskontrolle die Kontrolleure von den Unterlagen Kenntnis erhalten könnten. Es wäre dem Kläger möglich und zumutbar gewesen, die geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen getrennt von den Waffen und der Munition sowie außerhalb des von möglichen waffenrechtlichen Aufbewahrungskontrollen erfassten Bereichs der Wohnung aufzubewahren.

90

Bei fortdauernder Verweigerung der Zutrittsgestattung am 5. September 2016 hätte es sich nach Auffassung der Kammer um einen gröblichen Verstoß im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG gehandelt (ebenso bei einmaliger Zutrittsverweigerung: VG Hamburg, Urt. v. 5.7.2012, 4 K 724/14, n. v., S. 20 ff. UA; Gerlemann, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 36 WaffG Rn. 10; zurückhaltender: Adolph, in: Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, 82. Aktualisierung, Oktober 2019, § 36 WaffG Rn. 71; a. A. VGH Mannheim, Beschl. v. 3.8.2011, 1 S 1391/11, juris Rn. 8; VG Stuttgart, Urt. v. 6.12.2011, 5 K 4898/10, juris Rn. 68). Der Verstoß wäre als schwerwiegende Zuwiderhandlung einzuordnen gewesen, weil der Kontrolle der sorgfältigen Aufbewahrung von Waffen und Munition besonderes Gewicht beizumessen ist. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der verdachtsunabhängigen Aufbewahrungskontrolle nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG in Reaktion auf den Amoklauf in Winnenden eingeführt. In den Gesetzesmaterialien heißt es, am 11. März 2009 habe ein 17-Jähriger in einer Schule im baden-württembergischen Winnenden mit einer halbautomatischen Kurzwaffe 15 Menschen und sich selbst getötet. Nach den polizeilichen Ermittlungen habe die Schusswaffe dem Vater des Täters gehört, der diese als Sportschütze legal besessen, jedoch nicht in dem vorgeschriebenen Waffenschrank aufbewahrt habe, sodass der Täter unberechtigt auf die Waffe habe zugreifen können. Deutschland verfüge bereits über eines der strengsten Waffengesetze der Welt. Auch die schärfsten waffenrechtlichen Vorschriften könnten den unbefugten Zugriff auf Schusswaffen nicht verhindern, wenn Waffenbesitzer gegen diese Regelungen verstießen (BT-Drs. 16/13423, S. 69). Zur Möglichkeit der verdachtsunabhängigen Überprüfung der sorgfältigen Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen, Munition oder verbotenen Waffen heißt es, dies sei notwendig, um Fällen, in denen nachlässige Aufbewahrung das Leben von Kindern und Eltern nachhaltig beeinträchtigt habe, die Täter oder Opfer einer unachtsamen Handhabung gewesen seien, wirksam entgegen treten zu können. Nicht zuletzt sei der furchtbare Amoklauf von Winnenden erst durch eine nicht ordnungsgemäß verwahrte Waffe möglich gewesen. Ein wirksamer Schutz könne nur erreicht werden, wenn mit einer verdachtsunabhängigen Kontrolle gerechnet werden müsse und dadurch sowohl das Risiko des Waffenmissbrauchs als auch die Notwendigkeit sorgfältiger Aufbewahrung jederzeit im Bewusstsein sei. Ausdrücklich heißt es in den Gesetzesmaterialien sodann, dass eine nicht nachvollziehbare Verweigerung der Mitwirkungspflicht nicht folgenlos bleibe. Denn wer wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften des Waffengesetzes verstoße, gelte gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG regelmäßig als unzuverlässig und schaffe damit selbst die Voraussetzungen für den möglichen Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 WaffG (BT-Drs. 16/13423, S. 71; Gade, WaffG, 2. Auflage 2018, § 36 Rn. 86).

91

Infolge der fortdauernden Zutrittsverweigerung wäre der Beklagten unbekannt geblieben, ob der Kläger seine Waffen und Munition ordnungsgemäß aufbewahrt. Die hierdurch hervorgerufene Unsicherheit wäre nach Maßgabe des Gesetzeszwecks, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten, zu Lasten des Klägers gegangen. Ihm hätte aufgrund seiner verweigerten Mitwirkung nicht mehr das uneingeschränkte Vertrauen entgegengebracht werden können, dass er mit seinen Waffen stets und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgeht.

92

Umstände, aufgrund derer der Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht als nicht schuldhaft einzuordnen wäre oder die eine Ausnahme vom gesetzlichen Regelfall der anzunehmenden waffenrechtlichen Unzulässigkeit hätten begründen können, sind nicht ersichtlich.

93

(cc.) Die Beklagte brauchte die beabsichtigte Aufbewahrungskontrolle nicht im Voraus gegenüber dem Kläger anzukündigen.

94

Aufbewahrungskontrollen nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG müssen nicht im Voraus angekündigt werden (VG Hamburg, Urt. v. 5.7.2012, 4 K 724/12, n. v., S. 19 f. UA). Das Erfordernis einer vorherigen Ankündigung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch ist es aufgrund teleologischer Erwägungen geboten. Im Gegenteil lässt sich das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, das Risiko des Waffenmissbrauchs sowie die Notwendigkeit sorgfältiger Aufbewahrung ins dauerhafte Bewusstsein der Waffeninhaber zu bringen (BT-Drs. 16/13423, S. 71), am effektivsten verwirklichen, wenn die Kontrollen ohne vorherige Ankündigungen erfolgen.

95

Soweit der Kläger aufgrund der unterbliebenen Ankündigung der Aufbewahrungskontrolle wegen einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von außerhalb ihrer Wohnung Berufstätigen einerseits und Arbeitslosen, Rentnern, Behinderten, dauerhaft Kranken und zu Hause Berufstätigen andererseits eine Verletzung im allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG geltend macht, ist eine solche nicht erkennbar. Es liegt in der Natur der Sache, dass Personen, die sich seltener in ihrer Wohnung aufhalten, auch seltener dort angetroffen werden können. Dieser Umstand gebietet es nicht, beabsichtigte Aufbewahrungskontrollen stets im Vorfeld anzukündigen. Auch bei außerhalb der Wohnung Berufstätigen bleibt hinreichend Raum für unangekündigte Aufbewahrungskontrollen. Ausgeschlossen sind lediglich Kontrollen zur „Unzeit“, also an Sonn- und Feiertragen sowie zur Nachtzeit, die die Stunden von 21 bis 6 Uhr erfasst (vgl. § 758a Abs. 4 ZPO). Nicht nur an Urlaubstagen, sondern auch in den frühen Morgen- oder Abendstunden der Arbeitstage können also bei außerhalb der Wohnung Berufstätigen unangekündigte Aufbewahrungskontrollen durchgeführt werden.

96

(dd.) Die Aufbewahrungskontrolle konnte nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG der Überprüfung der Pflichten aus § 36 Abs. 1 u. 2 WaffG in der Fassung vom 17. Juli 2009 dienen. Diese Regelungen waren im Zeitpunkt der Aufbewahrungskontrolle wirksam.

97

Nach der allgemeinen Regelung zur Sicherungspflicht in § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG – die § 36 Abs. 1 WaffG in der Fassung vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2133) entspricht – hat, wer Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Umstände, aufgrund derer die Wirksamkeit dieser allgemeinen Sicherungspflicht in Zweifel stehen könnte, hat der Kläger nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

98

§ 36 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 2 WaffG enthielt spezielle Aufbewahrungspflichten, die mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom 30. Juni 2017 – teilweise modifiziert – in die Allgemeine Waffengesetz-Verordnung verlagert wurden. Nach § 36 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 2 WaffG durften Schusswaffen nur getrennt von Munition aufbewahrt werden, sofern nicht die Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis erfolgt, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997) oder einer Norm mit gleichem Schutzniveau eines anderen Mitgliedstaats des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Mitgliedstaat) entsprach. Schusswaffen, deren Erwerb nicht von der Erlaubnispflicht freigestellt war, und verbotene Waffen waren mindestens in einem der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997) entsprechenden oder gleichwertigen Behältnis aufzubewahren; als gleichwertig galt insbesondere ein Behältnis der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 (Stand Mai 1995). Für bis zu zehn Langwaffen galt die sichere Aufbewahrung auch in einem Behältnis als gewährleistet, das der Sicherheitsstufe A nach VDMA 24992 (Stand Mai 1995) oder einer Norm mit gleichem Schutzniveau eines anderen EWR-Mitgliedstaates entsprach. Vergleichbar gesicherte Räume waren als gleichwertig anzusehen. Soweit der Kläger geltend macht, diese Aufbewahrungsanforderungen seien mangels ordnungsgemäßer Verkündung der in Bezug genommenen VDMA 24992 wegen Verstoßes gegen Art. 82 Abs. 1 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG unwirksam, greift dies nicht durch.

99

Nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG werden die Gesetze im Bundesgesetzblatt verkündet. Dies gilt im Falle der Verweisung auf eine andere Norm nur für die verweisende Norm, nicht aber für die Norm, auf die verwiesen wird (BVerwG, Urt. v. 27.6.2013, 3 C 21/12, juris Rn. 17 f.). Vor diesem Hintergrund entspricht die Verkündung des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970) einschließlich des seinerzeit neu gefassten § 36 WaffG den gemäß Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG zu stellenden Anforderungen.

100

Für im Verweisungswege inkorporierte Normen gilt jedoch das aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende Publizitätserfordernis. Damit das Gebot der Rechtssicherheit gewahrt ist, muss für den Rechtsunterworfenen klar erkennbar sein, welche Vorschriften im Einzelnen für ihn gelten sollen. Danach muss die Verlautbarung solcher in Bezug genommenen Regelungselemente für den Betroffenen zugänglich und ihrer Art nach für amtliche Anordnungen geeignet sein. Der Betroffene muss sich verlässlich und ohne erhebliche Schwierigkeiten Kenntnis vom Inhalt der Regelungen verschaffen können, auf die Bezug genommen wird; die Möglichkeit der Kenntnisnahme darf also nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein (BVerwG, a.a.O., Rn. 20, m.w.N.). Diese Anforderungen sind hier gewahrt.

101

Nach der gesetzlichen Regelung in § 36 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 2 Satz 1 WaffG waren die Anforderungen der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997) für Sicherheitsbehältnisse maßgebend. Diese schriftlich niedergelegte Norm konnte bundesweit in Normenauslagestellen des Deutschen Instituts für Normung e. V. (DIN) eingesehen werden (BT-Drs. 14/7758, S. 74; Gerlemann, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 36 WaffG Rn. 6), in Hamburg etwa bei der Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Eine solche Einsichtnahmemöglichkeit ist bei technischen Regelwerken zur Wahrung des Publizitätserfordernisses ausreichend (BVerwG, a.a.O., Rn. 23).

102

Soweit § 36 Abs. 2 Satz 1 WaffG darüber hinaus auf das Einheitsblatt des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. VDMA 24992 (Stand Mai 1995) Bezug genommen hat, bewirkte dies lediglich zu Gunsten der Waffenbesitzer, dass die Gleichwertigkeit eines Behältnisses der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 (Stand Mai 1995) mit den Anforderungen der maßgebenden Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997) anzunehmen war. Im Falle der Unwirksamkeit von § 36 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 WaffG wäre die Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997) gleichwohl maßgebend geblieben. Der Verweis auf die Sicherheitsstufe A nach VDMA 24992 (Stand Mai 1995) in § 36 Abs. 2 Satz 2 WaffG hatte ebenfalls zu Gunsten der Waffenbesitzer zur Folge, dass für die Aufbewahrung von bis zu zehn Langwaffen die sichere Aufbewahrung auch in einem dieser Sicherheitsstufe entsprechenden Behältnis als gewährleistet galt. Im Übrigen konnte das Einheitsblatt VDMA 24992 (Stand Mai 1995) – zu einem Preis von 14,10 Euro – beim Beuth Verlag erworben werden. In einer Fußnote des verkündeten Gesetzes ist auf die dortige Herausgeberschaft hingewiesen worden. Der Kläger hat nicht geltend gemacht und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass der Erwerb des Einheitsblatts für ihn eine unzumutbare Erschwerung der Kenntnisnahme bedeutet hätte. Zudem verfügt sein Waffenschrank ausweislich des der Beklagten mit dem klägerischen Schreiben vom 9. November 2009 übersandten Fotos in der Sachakte über ein VDMA-Typenschild, das die Übereinstimmung des Schranks mit der Sicherheitsstufe A und des Innentresors mit der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 bestätigt.

103

(c.) Die Polizeioberkommissare A und B haben bei der Aufbewahrungskontrolle den von § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG abgesteckten Rahmen eingehalten.

104

Nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG ist die Zutrittsgestattung zur Überprüfung der Pflichten aus § 36 Abs. 1 u. 2 WaffG zu erteilen. § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG ermöglicht eine Nachschau, aber keine Durchsuchung. Neben notwendigerweise zu durchquerenden Durchgangsräumen dürfen nur die Räume betreten werden, in denen erlaubnispflichtige Waffen und Munition aufbewahrt werden. Die Überprüfung der Aufbewahrungspflichten erfordert zudem die Öffnung der Aufbewahrungsverhältnisse; entsprechend ist mit dem Betretungsrecht das Recht verbunden, das Öffnen solcher Behältnisse und eventuell davor gelegener Türen zu verlangen. Sodann hat die Behörde neben der Feststellung des Vorhandenseins der notwendigen Aufbewahrungsbehältnisse einen Abgleich der in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen mit denen, die in den Behältnissen tatsächlich aufbewahrt werden, vorzunehmen. Erst dann kann die Behörde abschließend beurteilen, ob alle erlaubnispflichtigen Waffen ordnungsgemäß aufbewahrt werden (Adolph, in: Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, 82. Aktualisierung, Oktober 2019, § 36 WaffG Rn. 73; Gade, WaffG, 2. Auflage 2018, § 36 Rn. 82 f.; Gerlemann, in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 36 WaffG Rn. 10; VGH Mannheim, Beschl. v. 3.8.2011, 1 S 1391/11, juris Rn. 8). Diesen Rahmen haben die Polizeioberkommissare A und B nicht überschritten.

105

Bei der am 5. September 2016 durchgeführten Aufbewahrungskontrolle handelte es sich nicht um eine Durchsuchung. Für den Begriff der Durchsuchung kennzeichnend ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will (BVerfG, Beschl. v. 3.4.1979, 1 BvR 994/76, juris Rn. 26; Beschl. v. 5.5.1987, 1 BvR 1113/85, juris Rn. 26; Kammerbeschl. v. 19.11.1999, 1 BvR 2017/97, juris Rn. 11). Diese Merkmale einer Durchsuchung erfüllte die am 5. September 2016 durchgeführte waffenrechtliche Aufbewahrungskontrolle nicht, weil der Kläger sein Einverständnis hierzu erklärt hatte. Auf die obigen Ausführungen unter I. 2. b) aa) (II.) (1.) (b.) (bb.) und (cc.) wird insoweit Bezug genommen. Das Betreten der Wohnung, der Gang zum Waffenschrank sowie später der Gang zum Tresor im Keller und die Aufforderungen zur Öffnung der Aufbewahrungsbehältnisse bewegten sich im Rahmen des bei einer Aufbewahrungskontrolle nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG Zulässigen. Dies gilt auch für die Aufforderung zur Übergabe des Revolvers Smith & Wesson seitens des Polizeioberkommissars B. Die Übergabe des Revolvers war Voraussetzung für den erforderlichen und anhand der Seriennummer vorzunehmenden Abgleich mit den in der Waffenbesitzkarte des Klägers eingetragenen Waffen. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers erfolgte die Aufforderung des Polizeioberkommissars zur Übergabe des Revolvers, nachdem er selbst die schwarz auf schwarz geprägte bzw. gelaserte Seriennummer aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse nicht habe lesen können. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme einer Überschreitung der Befugnisse des Polizeioberkommissars B aufgrund der Aufforderung zur Übergabe des Revolvers sowie die Bewertung dieses Vorgangs als „Tatprovokation“ fernliegend. Die nachfolgende Kontrolle des Ladungszustands einer Waffe gehört zu den stets und auch im Rahmen einer Aufbewahrungskontrolle zu beachtenden Vorsichtsmaßnahmen. Was die Sicherstellung der fünf Patronen angeht, ermächtigt hierzu nicht § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG, sondern § 46 Abs. 4 Satz 1 WaffG. Es kann dahinstehen, ob dessen Voraussetzungen hier vorlagen. Auch wenn dies nicht anzunehmen sein sollte, handelte es sich zwar um eine rechtswidrige Sicherstellung. Darin läge jedoch keine Überschreitung des von § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG gesteckten Rahmens, die die Rechtswidrigkeit der Aufbewahrungskontrolle bewirken würde.

106

(2.) Im Übrigen bestände selbst im Falle der Rechtswidrigkeit der Aufbewahrungskontrolle nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG und der Verletzung des Klägers in eigenen Rechten durch diese kein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der daraus erlangten Erkenntnisse.

107

Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für die Annahme eines Beweisverwertungsverbots im Strafprozess vorlägen (hierzu s. BVerfG, Beschl. v. 7.12.2011, 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, juris Rn. 115 ff.; BGH, Urt. v. 18.4.2007, 5 StR 546/06, juris Rn. 20 ff.), da ein solches nach Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, nicht auf das waffenrechtlichen Verwaltungsverfahren übertragbar wäre (OVG Hamburg, Beschl. v. 17.3.2017, 5 Bf 157/15.Z, n. v.; Beschl. v. 13.3.2012, 4 Bf 75/10, n. v.; s. auch VG Hamburg, Urt. v. 18.3.2015, 4 K 5232/13, n. v., S. 13 f. UA; OVG Saarlouis, Beschl. v. 9.12.2016, 2 A 85/16, juris Rn. 12; VGH Mannheim, Beschl. v. 3.8.2011, 1 S 1391/11, juris Rn. 7; VGH München, Beschl. v. 10.11.2010, 21 ZB 10.1387, juris Rn. 7 f.). In Verwaltungsverfahren, die der Gefahrenabwehr dienen, gelten nicht ohne Weiteres dieselben Maßstäbe wie im repressiven Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht. Dies gilt insbesondere im als repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestalteten Waffenrecht, das dem Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit Dritter dient. Anders als im Strafrecht geht es im waffenrechtlichen Verwaltungsverfahren nicht um die nachträgliche Ermittlung begangenen Unrechts und um die Feststellung der persönlichen Schuld, sondern um die Abwehr bestehender Gefahren im Interesse der Allgemeinheit. Dieser Zweck des Verfahrens lässt eine der Unschuldsvermutung des Strafrechts entsprechende „Ungefährlichkeitsvermutung“ und damit den Verzicht auf eine Gefahrenabwehr vor dem Hintergrund der staatlichen Schutzpflicht für die in Art. 2 Abs. 2 GG genannten Rechtsgüter Leben und Gesundheit Dritter nicht zu. Der Schutz dieser besonders bedeutsamen Rechtsgüter führt vielmehr dazu, dass sich das öffentliche Verwertungsinteresse an der rechtswidrig erlangten Information durchsetzt gegenüber dem Schutzzweck der bei der Informationsgewinnung verletzten Verbotsnorm.

108

Die Kammer sieht keine Veranlassung, von der gefestigten Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts zur fehlenden Übertragbarkeit von Beweisverwertungsverboten im Strafprozess auf waffenrechtliche Verwaltungsverfahren abzuweichen. Angesichts des hohen Ranges der zu schützenden Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit Dritter sowie der besonderen Gefährlichkeit der vom Waffengesetz erfassten Waffen ist die Annahme eines Beweisverwertungsverbots insbesondere nicht deshalb gerechtfertigt, weil hier Mitarbeiter derselben Behörde die Aufbewahrungskontrolle vorgenommen und das anschließende Verwaltungsverfahren durchgeführt haben.

109

Die unter Bezugnahme auf ein Gutachten von Prof. Dr. ... erfolgende Argumentation des Klägers zu einem im Wege der teleologischen Extension aus § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG abzuleitenden Verwertungsverbot überzeugt die Kammer nicht. Verweigert ein Betroffener im Fall der Überprüfung des weiteren Vorliegens der vom Waffengesetz oder in einer auf Grund des Waffengesetzes erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Wegfall ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf einer Erlaubnis oder Ausnahmebewilligung gegeben wäre, seine Mitwirkung, so kann die Behörde nach § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG deren Wegfall vermuten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung die Fälle der unberechtigten Zutrittsverweigerung bei verdachtsunabhängigen Aufbewahrungskontrollen nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG abschließend zu lösen beabsichtigte.

110

Dagegen spricht bereits in zeitlicher Hinsicht, dass § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG mit dem Gesetz zur Neuregelung des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970) eingeführt wurde, während die verdachtsunabhängige Aufbewahrungskontrolle nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG erst wesentlich später mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 2062) Eingang in das Waffengesetz gefunden und damit die vorherige Regelung zur Zutrittsgestattung unter der Voraussetzung begründeter Zweifel an einer sicheren Aufbewahrung abgelöst hat. In sachlicher Hinsicht sollte sich § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG zudem nach der Begründung des Gesetzentwurfs nicht auf die Verletzung jeglicher Mitwirkungspflichten, sondern auf die unterbleibende Mitwirkung bei der Erhebung personenbezogener Daten beziehen. Ergänzend zu den nach § 43 Abs. 1 WaffG möglichen Datenerhebungen ohne Mitwirkung des Betroffenen im Zuge der in § 4 Abs. 3 u. 4 WaffG vorgesehenen Kontrollen oder außerhalb dieser sollte § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG die Fälle der datenschutzrechtlichen Mitwirkung des Betroffenen abdecken. Entsprechend ist Satz 2 der Hinweispflicht in § 4 Abs. 3 Satz 2 BDSG in der Fassung vom 18. Mai 2001 oder vergleichbaren Vorschriften der Datenschutzgesetze der Länder nachgebildet worden (BT-Drs. 14/7758, S. 79).

111

Vor allem aber ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG das Ziel verfolgte, zu Gunsten der Waffenbesitzer eine abschließende Regelung zu treffen, die waffenrechtliche Maßnahmen auf anderer Grundlage nicht mehr zuließe. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass Satz 1 die – im Einzelfall widerlegbare – Vermutung zulasse, dass die Basis für die waffenrechtliche Erlaubnis weggefallen sei, um sicherzustellen, dass bei Überprüfungen der Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis sich nicht durch schlichtes Verweigern einer Mitwirkungshandlung die Aufrechterhaltung dieses begünstigenden Zustands erschleiche (BT-Drs. 14/7758, S. 79). Daraus folgt, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Vermutungsregelung die Handlungsoptionen der Waffenbehörden zu erweitern und nicht zu beschränken beabsichtigte. Hierfür spricht auch die als Möglichkeit und nicht als Verpflichtung der Waffenbehörde gewählte Formulierung („kann“). Die Vermutungsregelung kann zum Tragen kommen, wenn infolge der Verletzung einer Mitwirkungspflicht das weitere Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nicht beurteilt werden kann. Es entspricht dem Wesen einer solchen Vermutungsregelung, dass sie sowohl Fälle erfasst, in denen die Tatbestandsvoraussetzungen tatsächlich vorliegen, als auch solche, bei denen diese weggefallen sind. Sofern die Waffenbehörde anderweitig Kenntnis vom Wegfall der Tatbestandsvoraussetzungen erlangt, ist nicht ersichtlich, weshalb sie auf die Anwendung der Vermutungsregelung beschränkt sein sollte. Soweit der Kläger insoweit auf die gesetzgeberische Wertung verweist, die sich daraus ergebe, dass der Gesetzgeber die Anregung des Bundesrates zur Normierung einer Zutrittsgestattungspflicht zu Räumen, in denen Waffen und Munition aufbewahrt würden, ohne dass dafür weitere Voraussetzungen vorliegen müssten (BT-Drs. 14/7758, S. 113 f.), nicht aufgegriffen habe, lässt dies außer Acht, dass der Gesetzgeber eine vergleichbare Zutrittsgestattungspflicht mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Sprengstoffgesetzes vom 17. Juli 2009 gerade eingeführt hat.

112

bb) Die Entscheidung der Beklagten zur Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins im Bescheid vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017 ist ebenfalls materiell rechtmäßig.

113

Die Rechtsgrundlage dieser Entscheidung ergibt sich aus § 18 Satz 1 BJagdG. Wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins bekanntwerden, so ist die Behörde danach in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen lagen vor. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 BJagdG ist der Jagdschein Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Dies ist beim Kläger aufgrund der im Rahmen der Aufbewahrungskontrolle am 5. September 2016 gewonnenen Erkenntnisse der Fall. Auf die obigen Ausführungen unter I. 2. b) aa) wird Bezug genommen.

114

cc) Die Anordnung zur Rückgabe der Waffenbesitzkarte im Bescheid vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017 beruht auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Danach hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben, sofern Erlaubnisse nach dem Waffengesetz zurückgenommen oder widerrufen werden. Diese Voraussetzungen sind infolge des Widerrufs der Waffenbesitzkarte des Klägers gegeben.

115

dd) Die Rechtsgrundlage der Anordnung im Bescheid vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017, die Waffen und die Munition unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen, stellt § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG dar. Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde nach dieser Vorschrift anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen lagen vor, da der Kläger auf Grund der widerrufenen Waffenbesitzkarte Waffen und Munition besessen hat. Das auf der Rechtsfolgenseite eröffnete Ermessen hat die Beklagte erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht erkennbar.

116

3. Der auf die Herausgabe der in Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. März 2017 genannten Erlaubnisdokumente und damit die Rückgängigmachung der Vollziehung des Bescheids gerichtete Annexantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann mangels Aufhebung des im Wege der Anfechtungsklage angefochtenen Bescheids keinen Erfolg haben.

II.

117

Der Kläger hat als unterliegender Teil gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dies gilt nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des auf die Herausgabe der sichergestellten fünf Patronen an einen Berechtigten gerichteten Klagantrags für erledigt erklärt haben. Es entspricht billigem Ermessen, dem Kläger auch insoweit die Kosten aufzuerlegen, da ein solcher Klagantrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses voraussichtlich nicht erfolgreich gewesen wäre. Nach Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde die Herausgabe der sichergestellten Patronen an einen Berechtigten nicht zunächst gegenüber der Beklagten beantragt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist wegen der vollen Kostentragungspflicht des Klägers mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.

118

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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