Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 9 S 3088/21

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. August 2021 - 11 K 5231/20 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen den im Tenor genannten Gerichtsbescheid ist zulässig (unter I.), aber nicht begründet. Aus den von ihr genannten und daher nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen Gründen ist die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen (unter II.).
Die Klägerin hat sich im Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht gegen das endgültige Nichtbestehen der Ersten juristischen Staatsprüfung gewandt und die Neubewertung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten Nr. 2 und 3 in der Frühjahrskampagne 2020 begehrt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2021 abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide des Justizministeriums Baden-Württemberg - Landesjustizprüfungsamt - vom 08.06.2020 und vom 16.11.2020 seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie habe keinen Anspruch auf Neubewertung der angegriffenen Klausuren.
I.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ist zulässig. Insbesondere geht der Senat davon aus, dass die Zustellung des angegriffenen Gerichtsbescheids am 24.08.2021 erfolgte und die Klägerin deshalb die Monatsfrist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1 und 2 VwGO durch ihren am 24.09.2021 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag gewahrt hat (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).
Die Zustellung des Gerichtsbescheids erfolgte nach § 56 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 175 Abs. 1, 173 Abs. 2 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis. Die Zustellung nach § 175 Abs. 1 und 2 ZPO wird durch das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis nachgewiesen, § 175 Abs. 3 ZPO.
Ausweislich der Akten und nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist der Gerichtsbescheid vom 16.08.2021 am 18.08.2021 in seiner Kanzlei eingegangen. Handschriftlich ist neben dem Eingangsstempel der Kanzlei, der das Datum des 18.08.2021 ausweist, vermerkt: „24.08.21 (nach Urlaubsrückkehr)“. Der Prozessbevollmächtigte führt hierzu aus, er sei am 18.08.2021 noch urlaubsabwesend gewesen. Den Gerichtsbescheid habe er selbst erst nach der Rückkehr am 24.08.2021 zur Kenntnis genommen und daher auch erst an diesem Tag eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Verwaltungsgericht abgegeben.
Nach diesen Angaben, an denen zu zweifeln für den Senat kein vernünftiger Grund besteht, ist der Gerichtsbescheid dem Prozessbevollmächtigten am 24.08.2021 zugestellt worden. Denn es entspricht ständiger höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24.05.1984 - 3 C 48.83 -, juris Rn. 21; SächsOVG, Beschluss vom 19.08.2020 - 2 A 900/17.A -, juris Rn. 10; OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 23.01.2020 - 4 LA 211/18 -, juris Rn. 4; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.12.2003 - A 12 S 1240/03 -), dass es für die Wirksamkeit bzw. das Datum der Zustellung an einen Rechtsanwalt nicht auf den Eingang in dessen Kanzlei, sondern darauf ankommt, dass dieser von dem Zugang des zuzustellenden Schriftstücks Kenntnis erlangt, das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet. Zustellungsdatum ist also der Tag, an dem der Rechtsanwalt als Zustellungsadressat vom Zugang des übermittelten Schriftstücks Kenntnis erlangt und es empfangsbereit entgegengenommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19.04.2012 - IX ZB 303/11 -, NJW 2012, 2117).
II.
Der Antrag hat indes in der Sache keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR  461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546; VerfGH Bad.-Württ., Urteile vom 15.02.2016 - 1 VB 57/14, 1 VB 58/14 -, juris; Senatsbeschluss vom 20.05.2010 - 9 S 2530/09 -, VBlBW 2010, 480; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.1997 - 4 S 496/97 -, VBlBW 1997, 263), wobei alle tragenden Begründungsteile angegriffen werden müssen, wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf mehrere jeweils selbständig tragende Erwägungen gestützt ist (Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Februar 2022, § 124a Rn. 96; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261.97 -, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26, und Beschluss vom 11.09.2002 - 9 B 61.02 -, juris). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. Dies kann regelmäßig nur dadurch erfolgen, dass konkret auf die angegriffene Entscheidung bezogen aufgezeigt wird, was im Einzelnen und warum dies als fehlerhaft erachtet wird. „Darlegen” bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als lediglich ein allgemeiner Hinweis; „darlegen” bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern”, „erklären” oder „näher auf etwas eingehen”. Eine Bezugnahme auf früheren Vortrag genügt nicht (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.05.1998 - 4 S 660/98 -, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 124a Rn. 49 m. w. N.). An diesem Maßstab gemessen zeigt die Antragsschrift ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht auf.
a) Die Klägerin macht hinsichtlich der Aufsichtsarbeit Nr. 2 geltend, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Vorschriften über den Erbschaftsanspruch (§§ 2018, 2019 BGB) zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden durften, begegne ernsthaften Richtigkeitszweifeln.
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aa) Sie führt aus, § 8 Abs. 5 der Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristen vom 08.10.2002 i.d.F. vom 22.04.2013, gültig bis 29.04.2019 (JAPrO a.F.), rechtfertige es nicht, die nicht in § 8 Abs. 2, fünfter Spiegelstrich JAPrO a.F. aufgeführten Bereiche des Erbrechts, wie etwa die Vorschriften über den Erbschaftsanspruch, zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Es handele sich dabei offenkundig nicht um ein anderes „Rechtsgebiet“ i.S.d. § 8 Abs. 5 JAPrO a.F. Einer anderweitigen Auslegung stünden - wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt - Wortlaut und Systematik des § 8 Abs. 5 JAPrO a.F. entgegen. Mit diesen Argumenten habe sich das Verwaltungsgericht überhaupt nicht auseinandergesetzt. Für die teleologischen und systematischen Erwägungen des Verwaltungsgerichts bleibe schon kein Raum, wenn dieser Auslegung bereits der Wortlaut der Norm entgegenstehe. Das Verwaltungsgericht lasse zwar erkennen, dass es ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Kenntnis genommen habe. Es habe ihre Argumentation jedoch nicht bei der Entscheidungsfindung ernsthaft als richtig erwogen, weil die zentralen Argumente in den Entscheidungsgründen nicht beschieden worden seien. Der vom Verwaltungsgericht herangezogene Sinn und Zweck des § 8 Abs. 5 JAPrO a.F., den Prüfungsstoff einzugrenzen und zu konzentrieren, werde durch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung gerade nicht erreicht. Die detaillierte Aufzählung in § 8 Abs. 2 JAPrO a.F. verbunden mit der differenzierten Festlegung, ob die aufgeführten Rechtsgebiete bzw. Teilbereiche nur „im Überblick“ oder darüber hinaus beherrscht werden müssen, könne ihre Begrenzungsfunktion nur erfüllen, wenn sie als abschließend verstanden werde. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung werde im Übrigen auch nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz gerecht. Schließlich sei auch der vom Verwaltungsgericht vorgenommene Schluss fehlerhaft, man habe die Kenntnis der §§ 2018, 2019 BGB umso mehr erwarten können, als die Kenntnis der in § 8 Abs. 2 Nr. 1 fünfter Spiegelstrich JAPrO a.F. aufgeführten Bereiche des Erbrechts nicht nur auf Überblickswissen beschränkt sei, sodass sich aus einem Umkehrschluss aus § 8 Abs. 4 JAPrO BW a.F. die Zulässigkeit der erwarteten Prüfung der §§ 2018, 2019 BGB ergebe. § 8 Abs. 4 JAPrO a.F. kenne neben dem Einzel- und Überblickswissen keine weitere Kategorie des Kenntnisgrades. Durch den Umkehrschluss des Verwaltungsgerichts werde eine weitere „Verständniskategorie“ geschaffen, die in § 8 Abs. 4 JAPrO a. F. aber nicht vorgesehen sei. Mit diesem Vortrag zeigt die Klägerin ernstliche Richtigkeitszweifel nicht auf.
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bb) Nach § 8 Abs. 5 JAPrO a.F., der nach § 68 Abs. 1 Satz 2 JAPrO i.d.F. vom 02.05.2019, gültig ab 30.04.2019, noch für die Prüfungskampagne Frühjahr 2020 galt, dürfen andere als die in § 8 Abs. 2 JAPrO a.F. genannten Rechtsgebiete im Zusammenhang mit den Pflichtfächern zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden, soweit lediglich Verständnis und Arbeitsmethode festgestellt werden sollen und Einzelwissen nicht vorausgesetzt wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin stehen der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung weder der Wortlaut der Norm noch deren Sinn und Zweck oder ihre Systematik entgegen.
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(1) Ausgangspunkt und äußerste Grenze der Auslegung einer normativen Bestimmung ist der Wortlaut der Norm (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.10.1991 - 1 BvR 850/88 -, BVerfGE 85, 69); die Grenze wird jedoch nicht durch eine bestimmte von mehreren möglichen Wortlautinterpretationen markiert, sondern durch den möglichen Wortsinn (so BVerwG, Beschluss vom 06.09.1999 - 11 B 40.99 -).). Die Klägerin verkennt indes den Bedeutungsumfang des in § 8 Abs. 5 JAPrO a.F. verwendeten Begriffs „Rechtsgebiet“. Der Senat hat bereits zu einer Vorgängernorm des § 8 Abs. 5 JAPrO a.F., der Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung der Landesregierung über die Ausbildung und Prüfung der Juristen i.d.F. der Neubekanntmachung vom 29.04.1975 (JAPO 1975), gültig bis 14.07.1976 (GBL. S. 383), über den Bedeutungsumfang des Wortes „Rechtsgebiet“ entschieden. § 5 Abs. 1 Satz 2 JAPO 1975 lautete:
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„Andere Rechtsgebiete dürfen im Zusammenhang mit den Prüfungsfächern zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden, soweit lediglich Verständnis und Arbeitsmethode festgestellt werden sollen und Einzelwissen nicht vorausgesetzt wird.“
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Nach der Rechtsprechung des Senats sind „andere Rechtsgebiete“ i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 JAPO 1975 alle Rechtsgebiete (u.a.) außerhalb der - in § 5 Abs. 2 JAPO 1975 - aufgezählten Pflichtfächer (Senatsbeschluss vom 21.01.1980 - IX 1615/79 -, juris Rn. 15). Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Auslegung für § 8 Abs. 2 und 5 JAPrO a.F. abzurücken.
15 
Der Begriff des „Rechtsgebiets“ ist nicht legaldefiniert. Der Verordnungsgeber verwendet den Begriff des „Gebiets“ etwa in § 3 Abs. 1 Satz 1 JAPrO a.F. im Zusammenhang mit den Inhalten des Studiums und benennt als solche die „wichtigsten [Gebiete] des Zivilrechts, des Strafrechts und des Öffentlichen Rechts“. Ferner wird der Begriff der „weiteren Rechtsgebiete“ in § 28 Abs. 1 JAPrO a.F. im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Schwerpunktausbildung verwendet. Aus diesem Befund lässt sich nichts für die von der Klägerin vertretene Auslegung herleiten. Für die vom Verwaltungsgericht unterstellte und vom Senat zu § 5 Abs. 1 Satz 2 JAPO 1975 vorgenommene Auslegung des Begriffs „Rechtsgebiet“ streitet indes, dass § 8 Abs. 4 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 11 JAPrO a.F. selbst im Zusammenhang mit den in den jeweiligen Spiegelstrichen aufgeführten Bereichen der Pflichtfächer von „Rechtsgebieten“ spricht. Danach wird die Kenntnis der Systematik und der wichtigsten Rechtsfiguren ohne Einzelwissen verlangt, soweit „Rechtsgebiete ‚im Überblick‘ Gegenstand des Prüfungsstoffes sind“. § 8 Abs. 2 Nr. 9 zweiter Spiegelstrich JAPrO a.F. benennt etwa unter dem Allgemeinen Verwaltungsrecht und dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht als Gegenstand des Prüfungsstoffes „im Überblick: Verwaltungsvollstreckungsrecht, Staatshaftungsrecht“. Ist der Begriff „Rechtsgebiet“ in § 8 Abs. 4 JAPrO a.F. demnach dahingehend zu verstehen, dass er (auch) einzelne Bereiche der in den Spiegelstrichen zu den arabischen Ziffern aufgeführten Pflichtfächer umfasst, ist nicht ersichtlich, weshalb für § 8 Abs. 5 JAPrO a.F. Abweichendes gelten sollte.
16 
Unabhängig von der Auslegung des Begriffs „Rechtsgebiete“ ist § 8 Abs. 5 JAPrO a.F. auch nicht das von der Klägerin unterstellte Verbot zu entnehmen, jene Vorschriften dürften nicht abgeprüft werden, die zwar zu einem der in § 8 Abs. 2 JAPrO a.F. genannten Rechtsgebiete gehörten, dort aber nicht ausdrücklich genannt seien. § 8 Abs. 5 JAPrO a.F. verbietet dem Landesjustizprüfungsamt nicht, andere als die unter den Pflichtfächern aufgeführten Bereiche bzw. Regelungen zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Die Vorschrift erschöpft sich vielmehr darin, für andere als die in § 8 Abs. 2 JAPrO a.F. genannten Rechtsgebiete den zulässigen Erwartungshorizont zu bestimmen (vgl. hierzu sogleich).
17 
(2) Steht die Grenze des möglichen Wortsinnes des Begriffs „Rechtsgebiete“ der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung nicht entgegen, legt die Klägerin auch im Übrigen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht dar. Jenseits des angeführten Wortlautarguments zeigt die Klägerin nicht auf, weshalb der vom Verwaltungsgericht unter Berufung auf das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 19.05.2020 - OVG 6 S 17/20 -, juris Rn. 12) vorgenommene Erst-Recht-Schluss ernstlichen Zweifeln begegnen sollte. Auch der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 21.01.1980 von einem „ungereimten Ergebnis“ gesprochen, wenn gerade pflichtstoffnahe Gebiete in der schriftlichen Prüfung nicht verlangt werden dürfen (a.a.O., Rn. 15). Es ist nicht erkennbar, dass dieser Auslegung der Sinn und Zweck des § 8 Abs. 2 JAPrO a.F. entgegenstünde, den Prüfungsstoff zu begrenzen. Denn die Begrenzung ist darin zu sehen, dass jenseits der in § 8 Abs. 2 JAPrO a.F. aufgeführten Pflichtfächer und außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 4 JAPrO a.F. („im Überblick“) anhand sonstiger zum Prüfungsgegenstand gemachter Rechtsgebiete bzw. Regelungen allein das Verständnis und die Arbeitsmethode festgestellt werden sollen und Einzelwissen nicht vorausgesetzt werden darf (vgl. auch OVG Bln.-Bbg., Beschluss vom 19.05.2020, a.a.O., Rn. 12; ferner VG Schwerin, Urteil vom 03.07.2012 - 3 A 492/07 -, juris Rn. 72 f.). Der Senat hat dies dahingehend konkretisiert, dass es dem durchschnittlich befähigten Prüfungsteilnehmer möglich sein muss, ohne gezielte Examensvorbereitung aufgrund der anerkannten Methoden der Rechtsfindung infolge von Transferleistungen der Kenntnis benannter Prüfungsgebiete den durchschnittlichen Prüfungsanforderungen gerecht zu werden (vgl. Senatsurteil vom Urteil vom 08.03.1989 - 9 S 3264/88 -, NVwZ-RR 1989, 482). Dass der Beklagte diese Anforderungen hinsichtlich der Vorschriften über den Erbschaftsanspruch nicht beachtet hätte, legt die Klägerin nicht hinreichend dar. Auch die im vorliegenden Kontext bedeutsame und für den Senat gut nachvollziehbare Annahme des Verwaltungsgerichts, die Erbschaftsansprüche aus §§ 2018, 2019 BGB seien nach Sinn und Zweck eng mit den - in den Pflichtfachbereich fallenden - Themen der „Erbfolge“ und der „Stellung der Erben“ verbunden, ist in der Antragsschrift nicht in Frage gestellt worden.
18 
Vor diesem Hintergrund bleibt auch die Rüge einer Verletzung des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes ohne Erfolg. Einer Norm fehlt nicht deshalb die gebotene Bestimmtheit oder Klarheit, weil sie der Auslegung bedarf. Es genügt, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22.03.2022 - 4 BN 54.21 -, sowie vom 14.12.1995 - 4 N 2.95 -, jeweils juris). Das ist - wie aufgezeigt - der Fall.
19 
b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit zeigt die Klägerin auch nicht in Bezug auf die Beurteilung des Verwaltungsgerichts auf, eine Prüfungsstoffüberschreitung liege bei der Bewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 3 nicht vor.
20 
Die Klägerin ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Prüfungsstoffüberschreitung verneint, soweit § 102 BetrVG zum Gegenstand der Prüfung gemacht und eine Erörterung und Einzelwissen erwartet worden sei. § 102 BetrVG könne entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht dem individuellen Arbeitsrecht im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 erster Spiegelstrich JAPrO BW a.F. zugeordnet werden. Es handele sich um kollektives Arbeitsrecht. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass diese Vorschrift immer im Zusammenhang mit Kündigung von Arbeitsverhältnissen und damit einer Thematik relevant werde, die zum individuellen Arbeitsrecht gehöre. Auch in Vorlesungen werde § 102 BetrVG als Teil des kollektiven Arbeitsrechts behandelt. Dies ergebe sich auch aus den exemplarisch vorgelegten Vorlesungsskripten.
21 
Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Ob eine Regelung dem Individualarbeitsrecht nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 erster Spiegelstrich JAPrO a.F. oder dem kollektiven Arbeitsrecht nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 zweiter Spiegelstrich JAPrO a.F. zuzuordnen ist, bestimmt sich nicht maßgeblich nach dem formalen Kriterium, in welchem Gesetz die Norm zu finden ist. Anderenfalls wären die Beteiligungsrechte des Betriebsrats in besonderen Kündigungskonstellationen nach §§ 17, 20 KSchG (ausschließlich) Teil des Individualarbeitsrechts, nicht jedoch die Pflicht des Arbeitgebers, den Betriebsrat allgemein vor jeder Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beteiligen. Ein sachlicher Grund für eine solche Differenzierung ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Maßgeblich sind vielmehr der Anwendungsbereich und die Rechtsfolge der Norm. § 8 Abs. 2 Nr. 4 erster Spiegelstrich JAPrO a.F. benennt als Pflichtfach aus dem Arbeitsrecht das Individualarbeitsrecht einschließlich der „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. Hierzu zählt offensichtlich auch die Beendigung durch Kündigung seitens des Arbeitgebers. Wie erwähnt, bestimmt § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, dass der Betriebsrat „vor jeder Kündigung zu hören“ ist. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ordnet als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Beteiligungspflicht an: „Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam“. Nach ihrem Anwendungsbereich und ihrer Rechtsfolge ist die Bestimmung daher maßgeblich für die Wirksamkeit der „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ und damit Teil des in § 8 Abs. 2 Nr. 4 erster Spiegelstrich JAPrO a.F. als Pflichtfach benannten Individualarbeitsrechts.
22 
Die von der Klägerin zum Beleg ihrer Rechtsauffassung beigefügten Lehrmaterialien sind erkennbar nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Begründung des Verwaltungsgerichts darzulegen. Denn mit der Behauptung, § 102 BetrVG werde in der Lehre als Teil des kollektiven Arbeitsrechts behandelt, wird schon nicht hinreichend dargetan, dass diese Norm nicht - auch - Teil des Individualarbeitsrechts sein kann. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, § 102 BetrVG werde ausschließlich im kollektiven Arbeitsrecht und gerade nicht im Individualarbeitsrecht gelehrt.
23 
c) Ferner macht die Klägerin hinsichtlich der Aufsichtsarbeit Nr. 3 geltend, dass der Erstprüfer sich mit einigen der von ihr im Widerspruchsverfahren erhobenen Einwände nicht oder nicht hinreichend auseinandergesetzt habe.
24 
aa) Es sei klarzustellen, dass sie mit der gerügten fehlenden Angabe des Schwierigkeitsgrades der Aufgabe eine Übergewichtung tatsächlich vorliegender Mängel durch den Erstprüfer geltend gemacht und ein Überdenken der Bewertung verlangt habe. Das Verwaltungsgericht habe indes verkannt, dass die Frage, ob die Bewertung einer Prüfungsleistung ausreichend begründet worden sei, von der Frage, ob die Prüferin oder der Prüfer zu den Einwänden des Prüflings hinreichend Stellung genommen hebe, klar getrennt werden müsse. Sie habe nicht lediglich Bewertungsfehler, sondern auch die fehlende Stellungnahme zu einem von ihr im Widerspruchsverfahren erhobenen Einwand gerügt und damit eine nicht ordnungsgemäße Durchführung des Überdenkensverfahrens geltend gemacht. Eine Pflicht des Prüfers zur Stellungnahme im Überdenkensverfahren bestehe nicht nur bei möglichen Bewertungsfehlern, sondern auch und vor allem bei Rügen, die sich gegen die prüfungsspezifischen Wertungen richteten. Dies habe das Verwaltungsgericht ganz offenbar verkannt und überhaupt nicht geprüft.
25 
bb) Auch mit diesem Vorbringen legt die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung nicht dar. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob das Verwaltungsgericht die von der Klägerin gerügte fehlende Stellungnahme zu ihren Einwänden ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des - gerichtlich überprüfbaren - Bewertungsfehlers gewürdigt hat (UA S. 14, 2. Absatz). Denn es ist jedenfalls nicht dargetan, dass und weshalb die Stellungnahme des Erstprüfers im Überdenkensverfahrens im Hinblick auf die Einwände der Klägerin unzureichend gewesen wäre.
26 
(1) Das Überdenkensverfahren gibt den Prüfern innerhalb des ihnen zustehenden prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraums die Möglichkeit, ihre frühere Bewertung in fachlicher Hinsicht und in Bezug auf die prüfungsspezifischen Wertungen anhand der substantiiert erhobenen Einwände zu überdenken. Das Überdenkensverfahren stellt den mit Blick auf den effektiven Schutz der Berufsfreiheit erforderlichen Ausgleich dafür dar, dass den Prüfern bei prüfungsspezifischen Wertungen ein gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbarer Spielraum eingeräumt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.2019 - 6 C 19.18 -, BVerwGE 165, 202, Rn. 25 und Beschluss vom 09.10.2012 - 6 B 39.12 -, juris Rn. 6). Die Prüfer müssen im Überdenkensverfahren zu den Einwänden Stellung nehmen. Der Umfang und die Begründungstiefe, die eine im Überdenkensverfahren abgegebene Stellungnahme aufweisen muss, hängen von der Substanz der im konkreten Fall vorgebrachten Einwände des Prüflings ab (BVerwG, Urteil vom 10.04.2019, a.a.O., Rn. 26 und Beschluss vom 21.09.2016 - 6 B 14.16 -, juris Rn. 11). Ein Überdenkensverfahren ist danach nicht allein deshalb fehlerhaft, weil der Prüfer in seiner Stellungnahme nicht auf alle geltend gemachten Einwände ausdrücklich eingegangen ist (vgl. Senatsurteil vom 26.11.2019 - 9 S 1126/19 -, juris; Senatsbeschluss vom 27.04.2020 - 9 S 1505/19 -; Hambg. OVG, Urteil vom 27.07.2017 - 3 Bf 128/15 -, juris Rn. 78; Fischer/Jeremias/Dietrich, Prüfungsrecht, 8. Auflage 2022, Rn. 793). Die Pflicht zum Überdenken setzt vielmehr voraus, dass den Prüfern wirkungsvolle Hinweise gegeben werden, d.h. der Prüfling seine Einwände konkret und nachvollziehbar begründet (vgl. Senatsurteil vom 04.10.2017 - 9 S 1965/16 -, juris Rn. 63); pauschale Kritik an der Bewertung etwa als „schlicht zu streng“ genügt diesen Anforderungen jedenfalls nicht (Fischer/Jeremias/Dietrich, a.a.O., Rn. 789).
27 
(2) Die Klägerin legt nicht dar, dass ihre im Widerspruchsverfahren erhobenen Einwände die oben aufgezeigten Anforderungen an eine substantiierte Rüge erfüllen und daher vom Erstprüfer hätten ausdrücklich verbeschieden werden müssen. Insbesondere ihr Einwand, die Kritik des Erstprüfers an der Prüfung der Wirksamkeit der Prokura im Zusammenhang mit der Eintragung im Handelsregister sowie an der Verwendung des Begriffs „Kündigungsfrist“ statt „Kündigungserklärungsfrist“ bei der Prüfung des § 626 Abs. 2 BGB sei „kleinlich“ bzw. „oberlehrerhaft“, ist - auch vor dem Hintergrund der nicht erschütterten fachlichen Richtigkeit der Kritik des Erstprüfers - nicht hinreichend substantiiert.
28 
d) Die Klägerin rügt hinsichtlich der Aufsichtsarbeit Nr. 3 weiter, das Verwaltungsgericht habe es versäumt, zu prüfen, ob der Erstprüfer vorliegende Mängel ihrer Prüfungsleistung - wie von ihr geltend gemacht - zum Teil übergewichtet habe, obwohl ein entsprechender Kontrollmaßstab zur Verfügung gestanden habe. Es habe indes allein geprüft, ob die Kritik des Prüfers fachlich zutreffend sei. Auch damit legt die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung ebenfalls nicht dar.
29 
Gegenstände des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums, in den die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen dürfen, sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (vgl. BVerwG, Urteile vom 12.11.1997 - 6 C 11.96 -, BVerwGE 105, 328, 333f., und vom 14.07.1999 - 6 C 20.98 -, BVerwGE 109, 211, 216; Beschluss vom 13.05.2004 - 6 B 25.04 -, juris Rn. 11; Senatsurteile vom 21.03.2012 - 9 S 764/11 -, vom 06.07.2015, juris Rn. 30 und vom 26.11.2019 - 9 S 1126/19 -, juris Rn. 16). Die vom Erstprüfer festgestellten fachlichen Mängel, von denen auch das Verwaltungsgericht der Sache nach ausgeht, zieht die Klägerin nicht in Zweifel. Hiervon ausgehend legt sie weder schlüssig noch substantiiert dar, inwieweit die von ihr - lediglich pauschal - gerügte „Übergewichtung“ der Mängel die Grenzen des dargestellten prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum des Erstprüfers überschritten haben sollte.
30 
e) Hinsichtlich der Bewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 3 durch den Zweitprüfer rügt die Klägerin ferner, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Zweitprüfer sein Bewertungssystem nicht unzulässig geändert habe.
31 
aa) Ursprünglich habe der Zweitprüfer ihr in Bezug auf die §§ 1357, 1365 BGB das Fehlen jeglicher Subsumtion vorgeworfen. In seiner Stellungnahme habe er seine Kritik dahingehend ausgetauscht, es liege ein „eklatant fehlendes Problembewusstsein“ vor. Diese Kritik sei der vormaligen Kritik nicht gleichwertig, weil die Mängel dogmatisch nicht nur anders eingeordnet, sondern offenbar auch anders gewichtet würden. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht auf.
32 
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt und die auch das Verwaltungsgericht seinen Ausführungen zu Grunde gelegt hat, ist es den Prüfern grundsätzlich nicht verwehrt, nach Auseinandersetzung mit den Einwendungen eines Prüflings gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistung unter Vermeidung früherer Begründungsmängel anzugeben, dass und aus welchen Gründen sie ihre bei der ersten Bewertung einer Arbeit vergebene Note auch bei selbstkritischer Würdigung nach wie vor für zutreffend halten (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 20.98 -, BVerwGE 109, 211; Beschluss vom 28.04.2000 - 6 B 6.00 -, juris Rn. 7; Senatsbeschluss vom 04.02.2013 - 9 S 346/13 -; Senatsurteil vom 06.07.2015 - 9 S 2062/14 -, juris Rn. 35). Dabei darf die Beibehaltung des Prüfungsergebnisses weder auf einer Änderung des Bewertungssystems noch auf dem Nachschieben beliebiger Gründe beruhen (BVerwG, Urteil vom 14.07.1999, a.a.O.). Indes kann in einer vertiefenden Darlegung von bereits im ursprünglichen Votum enthaltenen Kritikpunkten nicht die - unzulässige - Ersetzung eines erkannten Korrekturmangels durch eine neuartige negative Einzelbewertung erblickt werden (BVerwG, Beschluss vom 30.03.2000 - 6 B 8.00 -, juris; Senatsbeschluss vom 24.08.2020 - 9 S 2032/20 -). Ferner liegt eine Änderung des Bewertungssystems nicht schon ohne weiteres in der erstmaligen Berücksichtigung eines neu erkannten Fehlers oder einer anderweitigen an die Stelle der fehlerhaften Korrektur tretenden nachteiligen Einzelwertung (BVerwG, Urteil vom 14.07.1999, a.a.O.).
33 
Gemessen hieran zeigt die Klägerin keine unzulässige Änderung des Bewertungssystems auf. Der Zweitgutachter erläutert in seiner Stellungnahme vom 09.11.2020 zu den Einwendungen der Klägerin seine Kritik an der Bearbeitung der Aufgaben 2 und 3 wie folgt:
34 
„Die im Sachverhalt angelegte Problematisierung der Einzel- und Gesamttheorie bei § 1365 BGB erschöpft sich dann aber in einer Darstellung des Streitstandes ohne wirkliche argumentative Auseinandersetzung etwa mit Blick auf den Normzweck. Der Verf. hält dies irrtümlich für nicht erforderlich, weil die streitgegenständlichen Grundstücke nach § 1363 II BGB ohnedies nicht zum gemeinschaftlichen Vermögen gehören würden. Damit wird der Regelungsgehalt dieser Vorschrift verkannt. Denn nach § 1364 Hs. 2 BGB unterliegt der Ehegatte bei Verfügungen über die ihm gehörenden Vermögensgegenstände gerade den Beschränkungen des § 1365 BGB. Insoweit handelt es sich um einen schwerwiegenden Fehler und fallen nachfolgende Auslassungen dem Verf. als Folgefehler zur Last. In Bezug auf § 1357 III BGB bleibt der Verf. wiederum jegliche Auseinandersetzung mit der im Sachverhalt angelegten Problematik schuldig. Es wird nicht einmal erkannt, dass es hier um eine Haftung für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis geht. In der Tat handelt es sich damit weniger um einen Subsumtionsfehler, wie noch im Zweitgutachten gerügt wurde, als um ein eklatant fehlendes Problembewusstsein.“
35 
Die Klägerin legt nicht hinreichend dar, weshalb die - jedenfalls graduell (weniger „Subsumtionsfehler“ als „eklatant fehlendes Problembewusstsein“) - veränderte dogmatische Einordnung der aufgeführten und von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Bearbeitungsmängel die oben aufgezeigten Grenzen der Behebung früherer Begründungsmängel im Überdenkensverfahren überschreiten sollte. Eine neuartige negative Einzelbewertung ist angesichts des identischen Bezugspunkts der gerügten Mängel ebenso wenig ersichtlich wie ein Nachschieben beliebiger Gründe. Nach den Erwägungen des Verwaltungsgerichts war bereits im Zweitgutachten die Auseinandersetzung mit §§ 1357, 1365 BGB kritisiert worden (UA S. 16). Diese Annahme ist mit dem Antragsvorbringen nicht in Frage gestellt worden. Ungeachtet dessen lässt das Zweitgutachten bereits hinreichend erkennen, dass dort auch die „Tiefe“ der Auseinandersetzung in Bezug auf §§ 1357, 1365 BGB vermisst wird. Im Übrigen behauptet die Klägerin lediglich pauschal, die Mängel seien offenbar auch anders gewichtet worden. Greifbare Anhaltspunkte hierfür sind  jedoch weder näher dargelegt worden noch sonst für den Senat ersichtlich.
36 
f) Die Klägerin rügt in Bezug auf den Zweitkorrektor der Aufsichtsarbeit Nr. 3 schließlich, das Verwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit ihrer Einwendung auseinandergesetzt, er habe nicht einwendungs- und prüffähig dargelegt, an welchen entscheidenden Stellen der Gutachtenstil nicht eingehalten werde.
37 
aa) Die Klägerin führt aus, der Zweitgutachter habe im Überdenkensverfahren einräumen müssen, dass die Kritik des Fehlens jeglicher Subsumtion und damit einer Nichteinhaltung des Gutachtenstils nicht berechtigt sei. Insoweit sei der aufrechterhaltene Vorwurf, ihr komme jedenfalls an den entscheidenden Stellen der Gutachtenstil abhanden, nicht nachvollziehbar. Soweit das Verwaltungsgericht selbst die Seite 5 der Bearbeitung der Aufsichtsarbeit Nr. 3 als Beleg für den fehlenden Gutachtenstil anführe, habe es unberechtigt eine eigene Bewertung der Prüfungsleistung vorgenommen. Denn dem Gericht sei es verwehrt, der subjektiven Meinung des Prüfers beizutreten und dessen leere Begründungshülsen mit eigenen Erwägungen zu rechtfertigen, die vom Prüfer so überhaupt nicht angestellt worden seien.
38 
bb) Auch mit diesem Vorbringen legt die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung nicht dar.
39 
Die Klägerin legt bereits einen materiellen Prüfungsfehler des Zweitkorrektors im Hinblick auf seine Kritik am unzureichenden Gutachtenstil nicht hinreichend dar. Als ein solcher käme nach dem Vorbringen der Klägerin allenfalls ein Begründungsmangel in Betracht. Der Zweitgutachter ist dem im Widerspruchsverfahren von der Klägerin pauschal erhobenen Einwand, sie halte den Gutachtenstil ein, in seiner Stellungnahme vom 09.11.2020 mit der Bewertung entgegengetreten, es sei festzustellen, dass ihr dieser jedenfalls an den entscheidenden Stellen abhandenkomme. Eine unzureichende Begründungstiefe der Stellungnahme im Überdenkensverfahren ist damit nicht dargetan. Denn der Umfang und die erforderliche Begründungstiefe einer solchen Stellungnahme hängen von der Substanz der im konkreten Fall vorgebrachten Einwände ab (BVerwG, Urteil vom 10.04.2019, a.a.O., Rn. 26 und Beschluss vom 21.09.2016, a.a.O., Rn. 11). Weshalb ihrer pauschalen Behauptung, sie halte den Gutachtenstil ein, vom Zweitkorrektor in seiner Stellungnahme nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten worden sei und deshalb ein Begründungsmangel vorliegen solle, zeigt die Klägerin nicht auf. Weshalb der Verweis auf die Darstellungen des Verwaltungsgerichts, wonach beispielsweise die Ausführungen  auf Seite 5 der Klausurbearbeitung weitgehend in einem urteilsähnlichen Stil verfasst seien, die Richtigkeit der Entscheidung in Zweifel ziehen sollte, ist ebenfalls weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die für den Senat nachvollziehbaren Darstellungen sprechen jedenfalls gegen die Auffassung der Klägerin, bei der Prüferkritik handele es sich um „leere Begründungshülsen“.
40 
2. Im Hinblick auf die zum Prüfungsgegenstand der Aufsichtsarbeit Nr. 2 gemachten Vorschriften über den Erbschaftsanspruch legt die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dar.
41 
a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, juris Rn. 25). Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2011 - 5 B 29.11 -, juris, zum Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht.
42 
b) Die Klägerin wirft die Frage auf,
43 
„ob nach § 8 Abs. 5 JAPrO BW a.F. auch Teilbereiche eines Rechtsgebietes (eingeschränkt) zulässigerweise zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden dürfen, die in § 8 Abs. 2 JAPrO BW nicht aufgeführt sind.“
44 
Die Klägerin legt indes nicht dar, weshalb die Klärung der Rechtsfrage im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Vielmehr ist die Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt worden (Senatsbeschluss vom 21.01.1980, a.a.O., Rn. 15). Der Umstand, dass diese Entscheidung zu § 5 Abs. 1 Satz 2 JAPO 1975 ergangen ist, ändert hieran nichts, denn - wie bereits ausgeführt - ist kein Grund dafür dargetan oder sonst ersichtlich, weshalb diese Auslegung nicht auch für den im Wesentlichen wortlautidentischen § 8 Abs. 5 JAPrO a.F. gelten sollte. Im Übrigen lässt sich die Frage, wie unter II.1.a)bb)(1) und (2) dargestellt, eindeutig unter Heranziehung des Wortlauts sowie nach Sinn und Zweck der Vorschrift beantworten. Kann die aufgeworfene Frage indes mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden hinreichend sicher beantwortet werden, fehlt es an einem grundsätzlichen Klärungsbedarf (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Beschlüsse vom 04.01.2022 - 3 B 14.21 -, und vom 09.04.2014 - 2 B 107.13 -, jeweils juris).
45 
3. Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels zuzulassen (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Dies gilt insbesondere, soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht habe ihre Argumentation nicht ernsthaft in Erwägung gezogen und dadurch ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt.
46 
Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG i. V. m. § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Er soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme oder Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben. Die Gerichte brauchen sich jedoch nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Etwas anderes gilt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 04.05.2015 - 2 BvR 2169/13, 2 BvR 2170/13 -, juris, vom 23.07.2003 - 2 BvR 624/01 -, NVwZ-RR 2004, 3, vom 16.07.2013 - 1 BvR 3057/11 -, BVerfGE 134, 106, und vom 19.12.2000 - 2 BvR 143/98 -, DVBl. 2001, 456). Denn Art. 103 Abs. 1 GG gewährt grundsätzlich weder einen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen oder gegen eine materiell fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Gericht. Gegenstand der Rüge nach Art. 103 Abs. 1 GG kann deshalb nicht die Behauptung sein, dass ein Gericht aus dem Vortrag eines Beteiligten unzutreffende Schlüsse gezogen habe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.01.1997 - 6 B 55.96 -, Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 52).
47 
An diesem Maßstab gemessen wird ein Gehörsverstoß nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere hat sich das Verwaltungsgericht mit dem zentralen Einwand der Klägerin - die Regelungen der §§ 2018, 2019 BGB seien zu Unrecht zum Gegenstand der Prüfung gemacht worden - ausführlich auseinandergesetzt. Der Sache nach richten sich die Angriffe der Klägerin gegen die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung; hierauf kann eine Gehörsrüge indes nicht mit Erfolg gestützt werden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt, wenn das Gericht aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als dies der Beteiligte für richtig hält; Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.12.1994 - 2 BvR 894/94 - NJW 1995, 2839; BVerwG, Beschlüsse vom 01.08.2011, a. a. O., und vom 13.01.2009 - 9 B 64.08, 9 B 34.08 -, NVwZ 2009, 329).
48 
Unabhängig davon ist Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs die vorherige Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneter und nach Lage der Dinge tauglicher Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerwG, Urteil vom 03.07.1992 - 8 C 58.90 -, juris Rn. 9; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.03.2000 - A 6 S 48/00 -, juris Rn. 4). Das Verwaltungsgericht hat durch Gerichtsbescheid entschieden. Der Klägerin wäre es damit ohne weiteres möglich und auch zumutbar gewesen, sich durch einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor dem Verwaltungsgericht rechtliches Gehör zu verschaffen. Hierdurch wäre der Gerichtsbescheid gegenstandslos geworden und hätte aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden werden müssen. In der Folge wäre es der Klägerin möglich gewesen, sich schriftsätzlich oder mündlich in der mündlichen Verhandlung Gehör zu verschaffen. Dem stehen weder die nach § 84 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eröffnete Wahlmöglichkeit noch der Umstand entgegen, dass die Klägerin im Zulassungsverfahren noch weitere Rügen erhebt, zumal diese - wie ausgeführt - ebenfalls keinen Erfolg haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.03.2000, a.a.O., Rn. 5 m.w.N.).
49 
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO).
50 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren folgt aus § 47 Abs. 3 i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an die Empfehlung in Nr.36.1 des Streitwertkatalogs 2013.
51 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

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