Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5. Kammer) - 5 Sa 158/12

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.02.2012, Az.: 4 Ca 2141/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages verlangen kann.

2

Der 1956 geborene Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen seit 1978 als Elektromonteur beschäftigt.

3

Am 14.02.2006 hat die damalige Arbeitgeberin des Klägers, die A., deren 100 %ige Tochter die Beklagte ist, mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Förderung der Altersteilzeit (ATZ-BV) abgeschlossen, die soweit vorliegend relevant, unter anderem folgende Regelungen enthält:

4

"§ 1 Gesetzliche bzw. tarifliche Grundlage

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Grundlage für die Betriebsvereinbarung zur Förderung der Altersteilzeit ist das Altersteilzeitgesetz vom 23.07.1996 in Verbindung mit § 7 Nr. 2 des Manteltarifvertrages Nr. 10 …

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§ 2 Geltungsbereich

7

Diese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf alle tariflichen und außertariflichen Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter (im folgenden Mitarbeiter genannt) der A.. Sie gilt nicht für leitende Angestellte gemäß § 5 BetrVG.

8

In begründeten Einzelfällen können hiervon mit Zustimmung des Betriebsrats abweichende Vereinbarungen getroffen werden.

9

§ 3 Voraussetzungen für die Altersteilzeitarbeit

10

Die Mitarbeiter der A.. können mit Zustimmung der A. von der Altersteilzeit Gebrauch machen , wenn sie das 55. Lebensjahr vollendet haben und in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1.080 Kalendertage eine versicherungspflichtige Beschäftigung nach dem Sozialgesetzbuch III ausgeübt haben.

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§ 16 Vertragsdauer/Schlussbestimmungen

12

Diese Betriebsvereinbarung tritt am 1. Januar 2006 in Kraft und endet mit Ablauf des 31. Dezember 2009. Für Mitarbeiter, die bis zu diesem Zeitpunkt in Altersteilzeit eingetreten sind, gelten die Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung weiter."

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Im Sommer 2006 kam es zu einem Betriebsteilübergang von der A. auf die Beklagte, von der auch der Kläger erfasst ist. In diesem Zusammenhang wurde zwischen der Beklagten, der A., deren Betriebsrat, dem Arbeitgeberverband B. sowie der C., Landesbezirk Rheinland-Pfalz eine "Vereinbarung über einen Interessenausgleich, die zugleich auch Tarifvertrag ist" geschlossen. Diese regelt arbeits- und betriebsverfassungsrechtliche Fragen, die sich aus dem Betriebsübergang infolge der Abspaltung des Betriebsteilsnetzes von der A. auf die Beklagte ergeben.

14

In "§ 1 Grundsatz" dieser Vereinbarung heißt es, "die von den Maßnahmen betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen nicht schlechter gestellt werden als bisher".

15

In "§ 8 Betriebsratsstrukturen" ist geregelt, dass für die Betriebsstätten der A. sowie der Beklagten eine unternehmensübergreifende betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit gebildet werde, die als Betrieb im Sinne von § 3 Abs. 5 BetrVG gelte.

16

§ 9 regelt die "kollektivrechtliche Weitergeltung von Betriebsvereinbarung/Besitzstand und Sicherung der sozialen Standard und Leistungen" und

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"§ 12 Weiterführung von Altersteilzeitverträgen" bestimmt, dass Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte übergehen und die einen Arbeitsteilzeitvertrag abgeschlossen haben, vollinhaltlich von der Beklagten weitergeführt werden, Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern mit einem Altersteilzeitvertrag im Blockmodell, die sich bereits in der Passivphase (Freistellungsphase) befinden, jedoch nicht gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte übergehen, sondern bei der A. verbleiben.

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Am 28.07.2009 teilte die Beklagte den Mitarbeitern mit,

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"…wie mittlerweile sicherlich bekannt ist, haben die Geschäftsleitungen und der Standortbetriebsrat die Altersteilzeit für die Jahrgänge 1955 bis 1957 neu vereinbart (siehe Protokollnotiz) .

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Gemäß der bestehenden Betriebsvereinbarung ist die Inanspruchnahme nach wie vor von der Genehmigung der Geschäftsleitung abhängig. Die Bedingungen, die hierzu gegeben sein müssen, werden den betroffenen Kolleginnen und Kollegen in einer Informationsveranstaltung erläutert.

21

Die Informationsveranstaltung ist für September 2009 geplant. Die Einladungen werden nach endgültiger Abstimmung im Hause verschickt…"

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Nach dieser Informationsveranstaltung wurden individuelle Gespräche mit den einzelnen Arbeitnehmern und Beklagten geführt; der vom Kläger gestellte Antrag wurde im Januar 2011 in einem persönlichen Gespräch abgelehnt.

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Dagegen wendet sich die am 01.12.2011 erhobene Klage des Klägers.

24

Der Kläger hat vorgetragen,
es liege kein nachvollziehbarer Grund für die Ablehnung seines Antrages vor. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Bewilligung von Altersteilzeit könne aber nur aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt werden.

25

Der Kläger hat beantragt,

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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Altersteilzeit zu bewilligen.

27

Die Beklagte,

28

die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagte hat vorgetragen,
ein Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Alterteilzeitvertrages bestehe nicht.

30

Das Arbeitsgericht Mainz hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 29.02.2012 - 4 Ca 2141/11 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 47 - 51 d. A. Bezug genommen.

31

Gegen das ihm am 16.03.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 29.03.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 09.05.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

32

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Verfahrensweise im erstinstanzlichen Rechtszug sei zu beanstanden (vgl. S. 1 - 4 vorletzter Absatz = Bl. 99 - 102 d. A.).

33

Im übrigen führt der Kläger in der Berufungsbegründung aus:

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"Auch in der Sache ist die Entscheidung falsch. Der Kläger hat vorgetragen, dass er die Umwandlung seines Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis beantragt hat. Er hat weiterhin vorgetragen, dass anderen Mitarbeitern die beantragten Altersteilzeitarbeitsverhältnisse bewilligt wurden, weshalb er sich zu Unrecht ungleich behandelt fühlt.

35

Die Beklagte selbst hat unstreitig gestellt, dass ca. 250 Mitarbeiter bei ihr beschäftigt sind. Sie hat weiterhin unstreitig gestellt, dass bei 13 Mitarbeitern die Umwandlung der Arbeitsverhältnisse in Altersteilzeitverhältnisse umgewandelt worden. Dies sind mehr als 5 % der Mitarbeiter der Beklagten.

36

Schließt der Arbeitgeber mit über 5 % seiner Belegschaft Altersteilzeitverträge, ist er an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, weshalb er daran gehindert ist, die Umwandlung von Arbeitsverhältnissen in Altersteilzeitarbeit bei anderen Mitarbeitern zu verweigern.

37

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung seiner selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Verstößt der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (st. Rspr., vgl. Senat 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 19, EzA BGB 2002 § 611 a Nr. 5; 11. April 2006 - 9 AZR 528/05 - Rn. 11, NZA 2006, 1217)."

38

Der Kläger beantragt,

39

das Urteil des Arbeitsgericht Mainz vom 29.02.2012, zu dem Aktenzeichen 4 Ca 2141/11 wird abgeändert und es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Altersteilzeit zu bewilligen.

40

Hilfsweise wird beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.02.2012, zu dem Aktenzeichen 4 Ca 2141/11 wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, dem Angebot des Klägers auf Umwandlung des bestehenden Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitverhältnis gemäß der Betriebsvereinbarung zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat der A. vom 14.02.2006 zuzustimmen.

41

Die Beklagte beantragt,

42

die Berufung zurückzuweisen.

43

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, zum einen sei die Berufung unzulässig, da dem Sachvortrag des Klägers nicht entnommen werden könne, wann er gegenüber der Beklagten einen Antrag auf Umwandlung in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis gestellt haben wolle und welchen Inhalt dieses haben solle. Im übrigen sei die Berufung auch unbegründet, weil ein Anspruch des Klägers nicht bestehe. Insbesondere lasse sich dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers auch im Berufungsverfahren nicht entnehmen, woraus sich der geltend gemachte Anspruch ergeben solle. Die vom Kläger beschriebene Verfahrensweise vor dem Arbeitsgericht, die nicht zutreffe, ändere daran zudem nichts.

44

Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 14.06.2012 (Bl. 126 - 133 d. A.) Bezug genommen.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

46

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 01.10.2012.

Entscheidungsgründe

I.

47

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

48

Gleichwohl erweist sich die Berufung bereits als unzulässig, weil es an einer den Anforderungen von §§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO, 64 ArbGG entsprechenden Berufungsbegründung fehlt.

49

Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 - Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen dessen Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen, (BAG 18.05.2011, AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 45; 16.05.2012 - 4 AZR 245/10; vgl. Dörner/ Luczak/ Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts für Arbeitsrecht, 10. Auflage 2012, Kap. 15 Rd. Ziff. 717 ff.).

50

Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers ersichtlich nicht. Sie enthält zunächst (S. 1 bis S. 4 vorletzter Absatz) die Behauptung von Verfahrensmängeln im erstinstanzlichen Rechtszug, ohne das erkennbar wäre, inwieweit die dort enthaltene Beschreibung geeignet wäre, die materielle Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Im Anschluss daran (S. 4 letzter Absatz, Seite 5) folgt keineswegs der Sachvortrag von Tatsachen oder Rechtsbehauptungen, der auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten ist; eine Befassung mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils findet in keiner Weise statt. Es wird lediglich das erstinstanzliche tatsächliche Vorbringen wiederholt und der Inhalt des Gleichbehandlungsgrundsatzes beschrieben. Dies genügt den gesetzlichen Anforderungen, wie dargelegt, ersichtlich nicht.

II.

51

Selbst wenn man anderer Auffassung wäre, hat das Rechtsmittel der Berufung jedoch in der Sache keinen Erfolg.

52

Denn weder der gestellte Hauptantrag, noch der im Berufungsverfahren erstmals zur Entscheidung gestellte Hilfsantrag sind zulässig oder begründet.

53

Hinsichtlich des Hauptantrages hat dies das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung (S. 3, 4) bereits zutreffend festgestellt; der Feststellungsantrag ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, weil der Kläger sein Klageziel ohne weiteres mit einer Leistungsklage verfolgen kann. Da sich das Berufungsvorbringen des Klägers damit nicht auseinander setzt, sind weitere Ausführungen nicht veranlasst.

54

Auch der im Berufungsverfahren erstmals gestellte Hilfsantrag ist unzulässig.

55

Zwar wird nunmehr ein Leistungsantrag gestellt; auch dieser ist aber inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Er ist folglich einer Zwangsvollstreckung nicht zugänglich (§ 894 Abs. 1 ZPO). Das BAG (14.03.2012 - 7 AZR 147/11) geht davon aus, dass ein auf Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Urteilsausspruch nur dann bestimmt ist, wenn er so gefasst ist, dass der Inhalt der nach § 894 S. 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist (BGH 19.05.2011 - 1 ZB 57/10). Geht es um den Abschluss eines Arbeitsvertrages, muss die nach der speziellen Vollstreckungsregel des § 894 S. 1 ZPO als abgegebene Willenserklärung den für eine Vertragseinigung notwendigen Mindestinhalt (essentialia negotii) umfassen. Nach § 611 Abs. 1 BGB gehören dazu die "versprochenen Dienste", also Art und Beginn der Arbeitsleistung eine Einigung über weitere Inhalte ist nicht erforderlich, sofern klar ist, dass die Arbeitsleistung; überhaupt vergütet werden soll. Der Umfang der Arbeitsleistung und die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich dann ggf. nach den üblichen Umständen; die Vergütung folgt ggf. aus § 612 BGB (BAG 14.03.2012 a. a. O.).

56

Diese Voraussetzungen gelten auch vorliegend, denn sie dienen ebenso wie die Anforderungen an die Bestimmtheit des Urteilsausspruches durch das erkennende Gericht der Sicherung der Zwangsvollstreckung. Insoweit hat die Beklagte in der Berufungserwiderung zu Recht darauf hingewiesen, dass es an der inhaltlichen Bestimmtheit vorliegend schon deshalb fehlt, weil sich dem Sachvortrag und dem gestellten Antrag weder entnehmen lässt, für wann der Kläger gegenüber der Beklagten einen Antrag auf Umwandlung seines Vollzeit- in ein Altersteilzeit Arbeitverhältnis gestellt haben will, noch welchen Inhalt dieses haben soll.

57

Im übrigen ist die Berufung auch deshalb unbegründet, weil der Kläger auf der Grundlage seines eher rudimentären Tatsachenvortrags in beiden Rechtszügen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Altersteilzeit hat.

58

Die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz dazu in den Urteilen vom 11.06.2012 (5 Sa 120/12) und vom 25.06.2012 (5 Sa 109/12), bezogen auf zwei weitere Arbeitnehmer der Beklagten im hier maßgeblichen Zusammenhang - auf einer wesentlich breiteren und detaillierten Tatsachengrundlage - ausgeführt:

59

"Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger von der Beklagten nicht den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages verlangen kann.

60

Der Übergang in die Altersteilzeit setzt den Abschluss eines Änderungsvertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus. Einen durchsetzbaren Anspruch auf einen Wechsel in die Altersteilzeit hat nach dem Altersteilzeitgesetz weder das Unternehmen noch der Mitarbeiter (BAG 23.01.2007, EzA § 3 ATG Nr. 6; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 10. Auflage 2012, Kap. 7, Rz. 5 ff.).

61

Gemäß § 3 ATZ-BV kann von Altersteilzeit nur "mit Zustimmung der A." Gebrauch gemacht werden. Die ATZ-BV räumt folglich, wovon das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, den grundsätzlich unter ihren Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmern keinen Anspruch, sondern vielmehr dem Arbeitgeber ein Ermessen ein, ob er einen Altersteilzeitvertrag abschließen will oder nicht. Insoweit hat die Beklagte gemäß § 315 Abs. 1 BGB billiges Ermessen zu wahren. Eine Leistungsbestimmung entspricht insoweit dann und nur dann billigem Ermessen, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (vgl. BAG 23.06.2009, EzA § 106 GewO Nr. 3; 15.09.2009, EzA § 106 GewO Nr. 4).

62

Diese Voraussetzungen sind vorliegend entgegen der Auffassung des Klägers erfüllt. Denn insoweit sind Kostenerwägungen im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingestellte Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich und ohne weiteres ein legitimes nachvollziehbares Interesse, insbesondere dann, wenn die Notwendigkeit besteht, wegen einer Altersteilzeitvereinbarung eine Neueinstellung vornehmen zu müssen. Das ist vorliegend der Fall. Zwar geht der Kläger insoweit davon aus, sein Stellvertreter könne seine Nachfolge antreten, er hat allerdings zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar dargelegt, wie dieser Wechsel ohne externe Neueinstellung, ggf. nach weiteren Versetzungen, ausgeglichen werden könnte. Gegenüber dem somit berechtigten Interesse der Beklagten an der Ablehnung des Altersteilzeitvertrages mit dem Kläger ist kein besonderes, schon gar kein überwiegendes Interesse des Klägers am Abschluss eines solchen Vertrages, das z. B. bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen gegeben sein könnte, nachvollziehbar dargelegt oder sonst ersichtlich. Hinsichtlich der weiteren Überlegungen des Arbeitsgerichts zur früheren Rechtslage der Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 7 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 97 d. A.) Bezug genommen.

63

Der geltend gemachte Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages folgt auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

64

Der von Art. 3 Abs. 1, 2,3 GG, die nicht unmittelbar anwendbar sind zu unterscheidende Gleichbehandlungsgrundsatz ist Bestandteil des Privatrechts und enthält ein betriebs-, nicht aber konzernbezogenes Benachteiligungsverbot auf dem Gebiet der freiwilligen Sozialleistungen des Arbeitgebers (z. B. Gratifikationen, Sonderzuwendungen), aber auch sonst im Bereich der Vergütung trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem erkennbaren generalisierenden Prinzip erbringt (s. BAG 11.10.2006 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 11; LAG Köln 13.09.2006 LAGE § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 3). Er gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln (BAG 31.08.2005 EzA § 613 a BGB 2002 Nr. 39, 03.12.2008 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 19). Er wird inhaltlich vom Gleichberechtigungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG und vom Benachteiligungsverbot des Art 3 Arbs. 3 GG geprägt (BAG 09.09.1981 EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 26; vgl. Dörner/ Luczak/ Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrechts, 10. Auflage 2012, Kap. 1 Rz. 429 ff.).

65

Die dogmatische Begründung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist umstritten: z. T. wird er aus der Treue- und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hergeleitet, die gewissen Gesetzmäßigkeiten und Bräuchen normative Kraft zuerkennt, bzw. als ein allgemeiner Rechtsgedanke verstanden der seine gesetzliche Ausgestaltung z. B. in § 75 BetrVG, § 67 BPersVG gefunden hat (vgl. Neuß DB 1984 Beil. Nr. 5, S. 5).

66

Für die Gewährung von freiwilligen Leistungen bedeutet dies, dass der Arbeitgeber keine Voraussetzungen aufstellen darf, unter denen er vergleichbare Arbeitnehmer des Betriebes aus sachfremden oder willkürlichen Motiven ausschließt oder schlechter behandelt (BAG 18.09.2007 EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 15). So wird der Zweck einer Sonderzahlung z. B. durch ihre tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen bestimmt; an den so bestimmten Zwecken ist die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu messen (BAG 01.04.2009 - 10 AZR 353/08 - EzA - SD 13/2009 S. 7 LS). Offen gelassen hat das BAG (13.08.2008 EzA § 14 TzBfG Nr. 52), ob der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz Anspruchsgrundlage für den Abschluss eines Arbeitsvertrages sein kann; einen daraus ableitbaren Anspruch auf Verlängerung eines rechtswirksam sachgrundlos befristeten Vertrages hat es jedenfalls verneint. Auch hat ein Arbeitnehmer i. d. R. nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz keinen Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages und die Zahlung einer Abfindung, wenn der Arbeitgeber mit anderen Arbeitnehmern die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses individuell vereinbart und ihnen eine Abfindung zahlt, die in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist (BAG 17.12.2009 EzA § 623 BGB 2002 Nr. 10); gleiches gilt, wenn die Abfindungshöhe in einem vom Arbeitgeber aufgestellten Regelungsplan festgelegt ist (BAG 25.02.2010 EzA § 10 AGG Nr. 3).

67

Der Gleichbehandlungsgrundsatz greift ein, wenn der Arbeitgeber nach einer von ihm selbst geschaffenen Ordnung verfährt (BAG 19.11.2002 EzA § 1 BetrAVG Nr. 84; 14.03.2007 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 12, 15.07.2008 - 3 AZR 61/07 NZA 2009, 1409), wenn er nach bestimmten generalisierenden Prinzipien Leistungen gewährt (BAG 25.05.2004 EzA § 1 b BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 1; 01.12.2004, 11.10.2006, 03.12.2008 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 5, 11, 19, 01.04.2009 - 10 AZR 353/08 - EzA-SD 13/2009 S. 7 LS), z. B. Voraussetzungen für die Teilnahme an einer internen Fortbildungsmaßnahme aufstellt (LAG München 20.04.2004 NZA-RR 2005, 466) oder auch Lohnerhöhungen vornimmt, ohne zu ihnen verpflichtet zu sein (BAG 11.09.1985 EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 43).

68

Tatbestandliche Voraussetzung der Anwendung ist eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers (BAG 21.09.2011, 5 AZR 520/10 EzA-SD 26/2011 S. 6 = NZA 2012, 31). Tut er nichts, liegt eine solche grds. nicht vor (BAG 24.01.2006 EzA § 1 BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 28). Auch bei bloßem Normvollzug greift der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht ein (BAG 18.06.2008, EzA § 620 BGB 2002 Altersgrenze Nr. 7, 18.11.2009 EzA § 1 TVG Nr. 50), also dann, wenn der Arbeitgeber ausschließlich normative oder vertragliche Verpflichtungen erfüllt (BAG 21.09.2011 a. a. O.). Das gilt auch beim Vollzug einer nur vermeintlich wirksamen oder vom Arbeitgeber missverstandenen Norm (BAG 23.01.2008 EzA § 77 BetrVG 2001 Nr. 24, 18.11.2009 a. a. O.). Gleiches gilt für die Begrenzung des Normvollzuges auf die Normunterworfenen (BAG 15.04.2008 EzA § 87 BetrVG 2001 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 1, 18.11.2009 a. a. O.). Kein vermeintlicher Normvollzug in diesem Sinne liegt aber dann vor, wenn der Arbeitgeber tarifliche Regelungen, bei denen er selbst davon ausgeht, dass sie nach ihrem Anwendungsbereich auf mit ihm bestehende Arbeitsverhältnisse nicht einschlägig sind und auch keine tarifvertragliche Lücke vorliegt, die von Rechts wegen deren Anwendung gebietet, gleichwohl auf diese Arbeitsverhältnisse anwendet (BAG 06.07.2011, 4 AZR 596/09 EzA-SD 24/2011 S. 7 Ls = NZA 2011, 1427).

69

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, abstrakte Regelungen für Gehaltserhöhungen aufzustellen. Er kann individuelle Gesichtspunkte, z. B. die Gehaltsdifferenzen zu anderen vergleichbaren Mitarbeitern berücksichtigen (BAG 15.11.1994 EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 61). Auch führt es nicht zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, wenn der Arbeitgeber bei der Anwendung einer Versorgungsordnung einen regelwidrigen Fehler begeht (BAG 19.11.2002 EzA § 1 BetrAVG Nr. 84).

70

Bei freiwilligen Leistungen ist der Arbeitgeber zwar grundsätzlich frei, den Personenkreis abzugrenzen, dem er die Leistungen zukommen lassen will (BAG 14.08.2007 EzA § 611 a BGB 2002 Nr 5). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es dem Arbeitgeber aber, in einer bestimmten Ordnung zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern sachfremd zu differenzieren. Die Gruppen der Begünstigten und Nichtbegünstigten müssen nach sachgerechten Kriterien gebildet werden. Einzelne Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe dürfen nicht willkürlich schlechter gestellt werden (BAG 25.05.2001 EzA § 1 b BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 1; s. u. Rn. 442 ff.); zu beachten ist insoweit, dass die sachliche Rechtfertigung der Gruppenbildung nur am Zweck der freiwilligen Leistung gemessen werden kann (BAG 14.08.2007 a. a. O. EzA § 611 a BGB 2002 Nr. 5). Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist auch dann verletzt, wenn eine Maßnahme des Arbeitgebers gegen die RL 2000/78/EG oder gegen § 611 a BGB (bis 17.08.2006) verstößt (BAG 14.04.2006 NZA 2006, 1217; 14.08.2007 a. a. O.) Der Arbeitgeber verletzt z. B. regelmäßig das Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechts, wenn er bei Auswahlentscheidungen, die ohne inhaltliche Änderung des Aufgabengebiets eine Besserstellung einzelner Arbeitnehmer bewirken, das Geschlecht des ausgeschlossenen Arbeitnehmers zu dessen Lasten berücksichtigt (BAG 14.08.2007 a. a. O.). Andererseits ist es dem Arbeitgeber aber nicht verwehrt, z. B. der Gruppe der Angestellten ein höheres Weihnachtsgeld zu zahlen, wenn sachliche Kriterien die Besserstellung gegenüber der Gruppe der gewerblichen Arbeitnehmer rechtfertigen (BAG 12.10.2005 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 8). Bestimmt der Arbeitgeber durch die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen bestimmte Zwecke einer Sonderzahlung, so kann er nicht eine dieser Voraussetzungen, mit der er den Empfängerkreis begrenzen will, zum "Hauptzweck" deklarieren, um damit die Herausnahme einer Arbeitnehmergruppe sachlich zu rechtfertigen, wenn einerseits die benachteiligte Gruppe die übrigen Ziele auch erreichen kann und andererseits die begünstigte Gruppe, deren Nachteile vorgeblich ausschließlich ausgeglichen werden sollen, diesen Ausgleich nur erhalten, wenn sie alle festgelegten Voraussetzungen erfüllen (BAG 01.04.2009 - 10 AZR 353/08 - NZA 2009, 1409).

71

Die Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die Gründe der von ihm vorgenommenen Differenzierung dem Arbeitnehmer - vorprozessual - mitgeteilt hat. Eine materiell-rechtliche oder prozessuale Präklusion des Arbeitgebers mit Differenzierungsgründen tritt nicht ein. Ob der Arbeitgeber einen "nachgeschobenen" Differenzierungsgrund nur "vorschiebt" ist keine Frage der Präklusion, sondern der Tatsachenfeststellung (BAG 23.2.2011 EzA S 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 24). Da der Gleichbehandlungsgrundsatz eine Ausnahme von der Vertragsfreiheit darstellt, ist das Vorliegen der Voraussetzungen für seine Verletzung zwar vom Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen. Allerdings darf insoweit von einer Prozesspartei nichts Unmögliches verlangt werden; was sie nicht wissen kann, kann sie auch nicht vortragen müssen. Steht eine Gruppenbildung fest, hat folglich der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offen zu legen oder so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Der von einer Gehaltserhöhung ausgenommene Arbeitnehmer hat gegenüber seinem Arbeitgeber einen ggf. im Wege der Stufenklage durchsetzbaren Auskunftsanspruch über die für eine Gehaltserhöhung verwendeten Regeln (BAG 27.07.2010 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 23).Jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber generell bestreitet, andere Arbeitnehmer besser als den Kläger behandelt zu haben, gehört es zu einer hinreichend substantiierten Darlegung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, dass der Kläger zumindest einen Fall von Besserstellung konkret bezeichnet(LAG Köln 22.01.1999 NZA-RR 2000, 379). Steht fest, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer mit ähnlicher Tätigkeit unterschiedlich entlohnt, dann hat er darzulegen, wie groß der begünstigte Personenkreis ist, wie er sich zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört(BAG 29.9.2004 EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 4). Zumindest dann, wenn die Differenzierungsgründe des Arbeitgebers und der mit der Zahlung eines höheren Weihnachtsgeldes an Angestellte im Gegensatz zu den gewerblichen Arbeitern verfolgte Zweck nicht ohne weiteres erkennbar sind, hat der Arbeitgeber die Gründe für die unterschiedliche Behandlung so substantiiert darzulegen, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprach (BAG 12.10.2005 EzA § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 16). Der Arbeitnehmer hat dann im Anschluss daran darzulegen, dass er die vom Arbeitgeber vorgegebenen Voraussetzungen für die Leistung erfüllt (BAG 29.9.2004 a.a.O.).

72

Allerdings kann eine Vermutung dafür sprechen, dass in regelmäßigen Gehaltserhöhungen ein Grundbetrag zum Zwecke des Kaufkraftausgleichs enthalten ist, dessen Höhe im Wege der Schätzung (§ 287 Abs. 2 ZPO) ermittelt werden kann(BAG 11.9.1985 EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 43).

73

Der Arbeitnehmer kann die Beseitigung der Rechtsbeeinträchtigung verlangen. Erbringt der Arbeitgeber z.B. freiwillige Leistungen nach einem generalisierenden Prinzip durch Abschluss von Änderungsverträgen, kann ein nicht berücksichtigter Arbeitnehmer auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Anspruch auf Abschluss des vorenthaltenen Änderungsvertrages haben (BAG 14.08.2007 EzA § 611a BGB 2002 Nr. 5; s.a.BAG 05.08.2009 EzA §612a BGB 2002 Nr. 9). Der Arbeitgeber ist auch dann gebunden, wenn er freiwillig mit über 5 % seiner Belegschaft Altersteilzeitvereinbarungen trifft. Bestimmt er einen in der Zukunft liegenden Stichtag, von dem an er weitere Altersteilzeitanträge ablehnen will, hat er dafür zu sorgen, dass der Stichtag den berechtigten Arbeitnehmern bekannt wird. Erfährt ein berechtigter Arbeitnehmer erst nach dem Stichtag von der Befristung, ist sein Ausschluss von der Leistungsgewährung sachlich nicht gerechtfertigt. Er hat dann Anspruch auf die vorenthaltene Leistung, den Abschluss des Altersteilzeitvertrages (BAG 15.4.2008 EzA § 4 TVG Altersteilzeit Nr.27).

74

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist vorliegend ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gegeben. Es ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass es vor dem Hintergrund der durch Altersteilzeit ohne weiteres entstehenden zusätzlichen Kosten nicht sachfremd ist, wenn sich die Beklagte dazu entschlossen hat, Altersteilzeitverträge nur dann abzuschließen, wenn das vorzeitige Ausscheiden des betroffenen Arbeitnehmers ohne Neueinstellung ausgeglichen werden kann. Auch ist eine Gruppenbildung dann nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte Neueinstellungen allenfalls dann in Kauf nimmt, wenn der neu eingestellte Mitarbeiter über eine höhere Qualifikation als der in Altersteilzeit Entlassene verfügt.

75

Vorliegend hat der Kläger aber weder dargelegt, noch ist es in beiden Rechtszügen sonst ersichtlich, wie sein vorzeitiges Ausscheiden ohne Neueinstellung zu kompensieren wäre. Auch wenn sein Stellvertreter ohne weiteres befördert werden könnte, bleibt offen und entscheidungsrelevant unklar, wie dessen bisherige Stelle ihrerseits ohne eine Neueinstellung besetzt werden könnte. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass für die Stelle des Klägers die Neubesetzung mit einem Mitarbeiter mit einer höheren Qualifikation geplant wäre oder sich der Beklagten zumindest hätte aufdrängen müssen oder auch nur überhaupt möglich sei.

76

Ebenso wenig ist es willkürlich, wenn die Beklagte trotz zusätzlicher Kosten die Altersteilzeitverträge dann abschließt, wenn die Stelle des ausscheidenden Mitarbeiters mit einem höheren qualifizierten neu Einzustellenden zu besetzen wäre; insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (S. 8 - 10 = Bl. 98 - 100 d. A.) Bezug genommen.

77

Schließlich liegt auch eine streitgegenständlich relevante Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Mitarbeitern der A. nicht vor. Denn der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bindet den jeweiligen Arbeitgeber und ist betriebs-, allenfalls unternehmensbezogen (vgl. BAG 03.12.2008, EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 19; 19.06.2011, EzA § 1 BetrAVG Gleichbehandlung Nr. 23). Die Beklagte als eigenständige juristische Person ist folglich nicht gehalten, bei der Durchführung der ATZ-BV dieselben Kriterien zugrunde zu legen, die die A. bei der Durchführung derselben Betriebsvereinbarung anwendet. Etwas anderes ergibt sich mit dem Arbeitsgericht auch nicht aus der "Vereinbarung über einen Interessenausgleich, die zugleich ein Tarifvertrag ist", denn diese sichert lediglich, dass die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer "nicht schlechter gestellt werden als bisher". "Bisher", d. h. im Zeitpunkt des Abschlusses der am 04.10.2006 geschlossenen "Vereinbarung" galt jedoch die ATZ-BV nur für die Jahrgänge bis einschließlich 1954. Denn die Betriebsvereinbarung endete nach ihrem § 16 mit Ablauf des 31.12.2009 und setzte voraus, dass Arbeitnehmer bis dahin das 55. Lebensjahr vollendet hatten. Der nach 1954 geborene Kläger hatte folglich vor dem Betriebsübergang gar keinen Anspruch auf Altersteilzeit oder auch nur auf eine entsprechende Ermessensübung bezüglich § 3 ATZ-BV, hinsichtlich dessen er folglich auch durch die Beklagte "schlechter gestellt werden" dürfte. Denn wie sich aus dem Tatbestand zitierten Regelung in § 12 der Vereinbarung sowie dem Fehlen weiterer Regelungen bezüglich der Gewährung von Altersteilzeit ergibt gehen die Vertragspartner "Vereinbarung" offensichtlich davon aus, dass die Altersteilregelung wie vorgesehen mit Ablauf des 31.12.2009 enden würde.

78

Die Verlängerung der ATZ-BV durch die Protokollnotiz vom 08.07.2009 ist rechtlich als Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung anzusehen, die erstmals konstitutiv Arbeitnehmer der Geburtsjahrgänge 1955 bis 1957 in den Entgeltungsbereich aufnimmt. Darauf konnte sich die "Vereinbarung über ein Interessenausgleich, die zugleich ein Tarifvertrag ist" weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck einer Besitzstandswahrung hinsichtlich bereits bestehender Ansprüche beziehen. Auch insoweit folgt die Kammer ausdrücklich dem Arbeitsgericht."

79

Diese Grundsätze gelten vorliegend uneingeschränkt ebenfalls. Auch das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

80

Denn es enthält zum einen keinerlei neue, nach Inhalt Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Gleiches gilt zum anderen für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich deutlich, dass der Kläger die von der Kammer voll inhaltlich für zutreffend erachtete Auffassung des Arbeitsgerichts zum Sach- und Streitstand - aus seiner Sicht verständlich - nicht teilt, so dass weitere Ausführungen nicht veranlasst sind.

81

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

82

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

83

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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