Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 21 S 13/15
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 20.01.2015 - Az.: 42 C #####/#### - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
die Bankbürgschaft der D Hamm mit der Nr. ########, valutierend über 3.032,10 Euro, an die D Hamm, T 8, Hamm, herauszugeben,
an die Kläger 657,74 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über E jeweiligen Basiszinssatz seit E 28.08.2014 zu zahlen und
die Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 147,56 Euro freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu 18 % und die Beklagte zu 82 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Kläger begehren von der Beklagten nach Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses in der Hauptsache Herausgabe einer als Mietsicherheit hingegebenen Bürgschaftsurkunde sowie Rückzahlung von aus ihrer Auffassung nach zu Unrecht als Betriebskosten umgelegten Hausverwaltungskosten. Überdies begehren sie Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten. E hält die Beklagte verschiedene Gegenansprüche auf Schadensersatz, teils im Wege der Widerklage entgegen. Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der Herausgabe der Bürgschaftsurkunde sowie der Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Widerklage hat es mit Ausnahme eines Schadensersatzanspruchs der Beklagten wegen Beschädigung eines Backofengriffs ganz überwiegend abgewiesen.
4Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzlich verfolgtes Klageabweisungs- und Widerklagebegehren fort und begehrt neben der Abweisung der Klage, die Verurteilung der Kläger zu einer Zahlung von 2.859,62 Euro (Schadensersatz i.H.v. 1.935,90 Euro wegen Beschädigungen der Marmorböden und i.H.v. 923,72 Euro wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen) nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Zinsen. Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass sie nunmehr Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die diese ausstellende Bank statt an sich selbst begehren. Mit der Anschlussberufung verfolgen sie schließlich ihren erstinstanzlich erfolglos geltend gemachten, angeblichen Anspruch auf Zahlung von 953,74 Euro zu Unrecht umgelegten Hausverwaltungskosten nebst Zinsen weiter.
5Von der Darstellung der Einzelheiten des Parteivorbringens im Übrigen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
6II.
71.
8Berufung und Anschlussberufung sind zulässig. Sie sind insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.
9Die in der mündlichen Verhandlung durch die Kläger erklärte Klageänderung dergestalt, dass nunmehr Herausgabe der Bürgschaftsurkunde nicht mehr an die Kläger selbst, sondern an die im Tenor genannte Bank verlangt werde, ist nach
10§ 533 ZPO zulässig und damit wirksam. Die Voraussetzungen des § 533 ZPO liegen vor. Denn auch nach der Klageänderung wird der Herausgabeanspruch auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Überdies ist die Klageänderung als sachdienlich anzusehen. Für die Frage der Sachdienlichkeit kommt es allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem anderenfalls zu führenden Rechtsstreit vorbeugt (BeckOK, ZPO/Wulf, ZPO, § 533 Rn. 11). Vorliegend ist durch die Klageänderung kein neuer Streitstoff in den Prozess eingeführt worden und die Zulassung ist geeignet den zwischen den Parteien bestehenden Streit beizulegen. Denn auch nach der Antragsumstellung wird inhaltlich der gleiche Anspruch (Herausgabe der Bürgschaftsurkunde) mit den gleichen Argumenten (keine Gegenansprüche der Beklagten) verfolgt.
112.
12In der Sache hat die Berufung der Beklagten nur in geringem Umfang, nämlich hinsichtlich eines Teils der mit der Klage geltend gemachten Nebenforderungen, Erfolg. Die Anschlussberufung der Kläger ist hingegen überwiegend begründet.
13a)
14Wie vom Amtsgericht (im Ergebnis) zutreffend entschieden, ist die Klage nach Maßgabe der in der Berufung erklärten Klageänderung (Bürgschaftsurkunde) in der Hauptsache begründet. Hinsichtlich der Nebenforderungen ist sie nur teilweise begründet, so dass das Urteil insoweit zugunsten der Beklagten auf die Berufung abzuändern war.
15Die Kläger haben gegen die Beklagte Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Bürgschaftsurkunde an die im Tenor genannte Bank sowie auf Zahlung von 657,74 Euro zu Unrecht gezahlter Hausverwaltungskosten sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 147,56 Euro.
16Im Einzelnen gilt:
17aa)
18Die Kläger haben einen Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die D Hamm. Denn nach Beendigung des Mietverhältnisses kann der Mieter den Vermieter auf Freigabe der für das Mietverhältnis gewährten Sicherheit und auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an den Bürgen in Anspruch nehmen (BGH NJW 1989, 1482, 1483; OLG Celle ZMR 2002, 813; OLG Frankfurt/M. ZMR 2012, 863).
19Die Beklagte kann die Bürgschaftsurkunde auch nicht zurückhalten, denn ihr stehen keine sicherungsbedürftigen Gegenansprüche zu.
20(1)
21Die Beklagte kann die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde nicht deswegen verweigern, weil ihr aus der Mietzeit Januar bis Februar 2014 möglicherweise Betriebskostennachzahlungsansprüche zustehen könnten.
22Das Mietverhältnis ist nunmehr seit über 1,5 Jahren beendet. Im Allgemeinen hat der Vermieter innerhalb von 6 Monaten nach Mietende über die Kaution abzurechnen (Schmidt-Futterer/Blank BGB § 551 Rn. 98 m.w.N.). In Anbetracht des – erstinstanzlich – von der Beklagten für den gesamten Abrechnungszeitraum 2013 von immerhin zwölf Monaten geltend gemachten Nachzahlungsanspruchs i.H.v. lediglich 139,58 Euro ist es nicht wahrscheinlich, dass für die verbleibenden zwei Abrechnungsmonate Januar und Februar 2014 ein gewichtiger Nachzahlungsanspruch der Beklagten besteht. Sie hat auch nicht konkretisiert oder geschätzt, in welcher Höhe ein entsprechender sicherungsbedürftiger Anspruch bestehen könnte, was von einem Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses im Hinblick auf noch nicht fällige Betriebskostennachzahlungsansprüche jedenfalls innerhalb eines Zeitraums von 1,5 Jahren verlangt werden kann (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, BGB, § 551, Rn. 97), um die auch vom Gesetz gewünschte (vgl. § 548 BGB) rasche Auseinandersetzung der wechselseitigen Ansprüche nach Beendigung des Mietverhältnisses zu ermöglichen. Durch eine (plausible) Bezifferung eines möglichen Nachzahlungsanspruchs wären die Kläger in der Lage gewesen Sicherheit in dieser Höhe zu leisten und hätte die Bürgschaft freigegeben werden können.
23(2)
24Der Beklagten steht kein Schadensersatzanspruch gegen die Kläger für eine Auswechslung der Marmorböden im Bad und Gäste-WC i.H.v. 1.935,90 Euro zu.
25Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs der Beklagten nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB (wegen Obhutspflichtverletzung) wäre ein schuldhaftes Handeln der Kläger. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann dahinstehen, ob vorliegend von einer objektiven Pflichtverletzung bzw. von vertragsgemäßem Gebrauch ausgegangen werden kann. Denn die nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB gegen die Kläger streitende Vermutung, dass das Verhalten auch schuldhaft erfolgt wäre, ist nach den mit Bindungswirkung (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen jedenfalls widerlegt.
26(a)
27Die Kläger haben, wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt, die Beschädigung des Bodenbelages nicht zu vertreten. Zu vertreten hätten sie gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB eine fahrlässige Schadensverursachung. Gemäß § 276 Abs. 2 handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Fahrlässigkeit setzt Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der drohenden Tatbestandsverwirklichung voraus (BGH NJW 1963, 1609; BeckOK, BGB/Unberath, BGB, § 276 Rn. 17). Es kommt nach E im Zivilrecht maßgeblichen objektiven Fahrlässigkeitsbegriff darauf an, was von einem durchschnittlichen Anforderungen entsprechenden Angehörigen des jeweiligen Verkehrskreises in der jeweiligen Situation erwartet werden konnte, ohne Rücksicht darauf, ob der Handelnde nach seinen individuellen Fähigkeiten, Kräften, Erfahrungen und Kenntnissen die objektiv gebotene Sorgfalt erkennen und erbringen konnte (BGHZ 80, 186, 193; BGH NJW 2000, 2812, 2813). Das Maß der erforderlichen Sorgfalt richtet sich also nach den durchschnittlichen Anforderungen des in Betracht kommenden Verkehrskreises (BGH, Urteil vom 31.05.1994 - VI ZR 233/93, NJW 1994, 2232; MüKoBGB/Grundmann BGB § 276 Rn. 57).
28(b)
29Unter Berücksichtigung des vorgenannten Sorgfaltsmaßstabs war es für die Kläger als Mieter nicht erkennbar, dass durch das Verhalten des Klägers eine irreparable Beschädigung des Bodenbelages im Bad drohte.
30(aa)
31Das Amtsgericht ist – gestützt auf die Aussage des Zeugen S – in nicht zu beanstandender Weise zu der Feststellung gelangt, dass das konkrete Schadensbild (Marmorböden waren farblich verändert sowie rau und matt) durch regelmäßiges „Urinieren im Stehen“ verursacht wurde, da es nur in einem Radius um die Toilette vorkam. Eine Schadensverursachung durch Verwendung säurehaltiger Reinigungsmittel oder durch eine wie auch immer geartete unsachgemäße Reinigung kam damit – wie das Amtsgericht weiter frei von Fehlern angenommen hat – nicht in Betracht, da es bei lebensnaher Betrachtung ausgeschlossen erscheint, dass der Bereich in der unmittelbaren Nähe zur Toilette von den Klägern regelmäßig mit anderen Mitteln als der übrige Bodenbereich gereinigt wurde.
32Diese Feststellungen des Amtsgerichts erachtet die Kammer als bindend im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, da keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich sind, die Zweifel an ihrer Richtigkeit oder Vollständigkeit – weder hinsichtlich des vom Amtsgericht festgestellten Schadensbildes noch hinsichtlich dessen objektiver Ursache – begründen könnten. Dies gilt sowohl für die Würdigung der eindeutigen Bekundungen des erstinstanzlich vernommenen Zeugen S zum objektiven Schadensbild wie auch für den daraus gezogenen Schluss auf die objektive Schadensursache – Urinieren im Stehen – und schließlich den Ausschluss einer anderen Ursache – unzureichende/unsachgemäße Reinigung.
33(bb)
34Angesichts dieser Feststellungen im angefochtenen Urteil kann – entgegen den Anklängen in der Berufungsbegründung – nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger den Schaden durch (bewusst oder unbewusst) nicht „zielgerichtetes“ Urinieren verursachte, wofür die Kläger hätten einstehen müssen. Hierfür boten sich angesichts der Bekundungen des Zeugen S zum objektiven Schadensbild und auch sonst keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr gelangen nach allgemeiner Lebenserfahrung auch bei „zielgenauem“ Urinieren im Stehen jedenfalls Kleinstspritzer im Radius um die Toilette auf den Bodenbelag und sind derartige Urinspritzer jeweils nach E Toilettengang auch nicht ohne weiteres zu erkennen. Im Ergebnis greifen daher die Überlegungen der Beklagten, der Kläger hätte durch ein „sorgfältiges Urinieren im Stehen“ Urinspritzer vermeiden bzw. solche jedenfalls nach E Toilettengang erkennen und beseitigen müssen, weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht durch.
35(cc)
36Für die (mangelnde) Erkennbarkeit der Schadensverursachung war vorliegend entscheidend, dass die Kläger in Ermangelung einer ausreichenden Aufklärung über die in erster Instanz ebenfalls beanstandungsfrei getroffene Feststellung, es handele sich bei E im streitbefangenen Bad und Gäste-WC verlegten Marmorboden um einen besonders (säure-)empfindlichen Bodenbelag, nicht damit rechnen mussten, dass das „Urinieren im Stehen“ zu einer erheblichen Beschädigung der Mietsache führen werde. Insbesondere kann nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass durch ein „Urinieren im Stehen“ aufgrund der unvermeidbaren Kleinstspritzer dauerhafte Schäden für einen Marmorboden im Nahbereich einer Toilette drohen. Daher konnte auch offenbleiben, mit welcher Frequenz die Kläger den Boden im Bad gereinigt haben. Eine bestimmte Frequenz konnte von ihnen in Ermangelung von Kenntnissen über die besondere Empfindlichkeit des Bodenbelages und entsprechende Pflegehinweise nicht erwartet werden.
37Ein solcher Hinweis der Beklagten wäre nach den weiter nicht zu beanstandenden Feststellungen des Amtsgerichts auch zu erwarten gewesen. So hat das Amtsgericht, wie bereits dargelegt wurde, frei von Rechtsfehlern gestützt auf die Aussage des neutralen Zeugen S festgestellt, dass der Bodenbelag eine besondere Empfindlichkeit aufweise, da der Zeuge klar bekundet hat, dass er bei Verlegung vergleichbarer Böden regelmäßig besondere Pflegehinweise erteile. Die Beklagte war als Vermieterin, die das Instandhaltungsrisiko an der Mietsache grds. trägt, deswegen auch gehalten einen entsprechenden Hinweis zu erteilen. Wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, ist das Urinieren in einer aufrechten Körperhaltung bei männlichen Personen nicht unüblich. Wenn die Beklagte einen Boden vermietet, der bei einem nicht unüblichen Mieterverhalten dauerhaft und erheblich beschädigt wird, ohne auf das entsprechende Risiko, was sich E Kläger – wie bereits dargelegt wurde – auch nicht aufdrängen musste, aufmerksam zu machen, fallen die entstandenen Schäden in ihre Risikosphäre. Anders verhielte es sich bei einer durch Verrichtung des Toilettengangs regelmäßigen Verursachung größerer und sichtbarer Urinansammlungen außerhalb des Toilettenbeckens, über die vorliegend aber nicht zu befinden war.
38(c)
39Die Rüge der Beklagten, dass die Kläger – erstinstanzlich – gar nicht vorgetragen hätten, dass der Kläger regelmäßig stehend uriniert habe, verfängt nicht. Das Amtsgericht durfte davon ausgehen, dass sich die Kläger diesen für sie günstigen Umstand, der erst in der Beweisaufnahme im Termin vom 09.12.2014 aufkam, zu eigen gemacht haben. Denn sind bei einer Beweisaufnahme Umstände zu Tage getreten, die die Rechtsposition einer Partei zu stützen geeignet sind, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die begünstigte Partei sich diese Angaben hilfsweise zu eigen macht (BGH NJW 2006, 63, 65; BeckOK ZPO/Bacher ZPO § 285 Rn. 2). Schließlich haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auch ausdrücklich klargestellt, dass sie sich die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil insoweit zu eigen machen.
40(3)
41Der Beklagten steht kein Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten für Malerarbeiten i.H.v. 923,72 Euro zu.
42Ein Anspruch nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB scheidet aus, da die Kläger die Mietsache insoweit nicht beschädigt haben. Die Behauptung der Beklagten, die Kläger hätten die Mietsache durch übermäßigen Gebrauch „beschädigt“ und es seien „Löcher in der Decke“ gewesen, weshalb die Malerarbeiten erforderlich gewesen seien, ist unsubstantiiert, worauf die Gegenseite auch ausdrücklich hingewiesen hat.
43Als Anspruchsgrundlage kommen vielmehr allein die §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB in Betracht. Es kann dahin stehen, ob die Beklagte einen Anspruch auf Durchführung der Schönheitsreparaturen, die von der Firma X durchgeführt wurden, gegen die Kläger hatte. Denn bei Nichterfüllung hätte die Beklagte nur einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung unter den (weiteren) Voraussetzungen des § 281 BGB. Insbesondere hatte die Beklagte eine Frist zur Leistung zu bestimmen, was unstreitig nicht erfolgt ist. Eine solche Fristsetzung war auch nicht entbehrlich, weil die Kläger – wie die Beklagte geltend macht – damit einverstanden gewesen seien, dass die Beklagte ihr Malerunternehmen mit den Arbeiten beauftragen sollte. Denn für diese bestrittene Behauptung hat die Beklagte keinen Beweis angeboten.
44Auf die Frage, ob die Schönheitsreparaturenklausel im Mietvertrag wirksam ist, kommt es daher nicht an.
45(4)
46Der Beklagten steht auch kein Anspruch auf Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 368,66 Euro zu. Ein dahingehender Verzugsschaden der Beklagten kann gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB bereits deshalb nicht berechtigt verlangt werden, weil der Beklagten, wie bereits dargelegt wurde, keine Ansprüche zustanden, mit deren Erfüllung sich die Kläger in Verzug hätten befinden können.
47bb)
48Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht umgelegter Hausverwaltungskosten i.H.v. 657,74 Euro nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. In dieser Höhe war das Urteil auf die Anschlussberufung entsprechend abzuändern.
49Die auf die Kläger monatlich umgelegten anteiligen Verwaltungskosten i.H.v. 18,50 Euro durfte die Beklagte nicht verlangen. Verwaltungskosten dürfen nach § 1 Abs. 2 BetrKV nicht auf einen Mieter umgelegt werden. Zwar können auch nicht als Betriebskosten umlegbare Kosten als Teil der Grundmiete vom Mieter zu tragen sein. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die entsprechenden Kosten nicht als Betriebskosten erhoben werden (Staudinger/Weitemeyer, § 556 BGB, Rn. 47 mwN; BeckOK BGB/Ehlert , BGB, § 556, Rn. 16). § 14 1. a. des Mietvertrags bestimmt jedoch, dass die vorgenannten Kosten von den Klägern als Teil der Betriebskostenvorauszahlungen zu zahlen sind und mit der Nebenkostenabrechnung einmal jährlich abzurechnen sind. Daher können die Verwaltungskosten nicht als (zulässig erhobener) Bestandteil der Nettomiete angesehen werden.
50E Anspruch steht – entgegen der Ansicht des Amtsgerichts – auch nicht § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB entgegen. Dieser Einwendungsausschluss betrifft nur Einwendungen gegen Betriebskosten i.S.d. BetrKV (Schmidt-Futterer/Langenberg, BGB, § 556, Rn. 503). Denn andere Forderungen des Vermieters dürfen nicht durch § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB privilegiert werden, nur weil sie – sachfremd – unter E Deckmantel der Betriebskostenabrechnung geltend gemacht werden. Vorliegend sind die umgelegten anteiligen Verwaltungskosten i.H.v. 18,50 Euro monatlich, wie bereits dargelegt wurde, keine Betriebskosten i.S.d. BetrKV, so dass sich die Beklagte von vornherein nicht auf den Einwendungsausschluss berufen kann. Soweit teilweise vertreten wird, § 556 Abs. 3 BGB erfasse auch nicht umlagefähige Positionen, da die umfassende Befriedungsfunktion der Norm unterlaufen würde, nähme man derartige Einwendungen aus E Anwendungsbereich heraus (vergleiche etwa LG Berlin, GE 2006, 651), vermag die Kammer E jedenfalls für ersichtlich nicht umlagefähige Kosten, wie vorliegend der Fall, nicht zu folgen.
51Die Ansprüche der Kläger sind jedoch teilweise verjährt. Die Einrede der Verjährung wurde erhoben. Es gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, § 195 BGB. Der Verjährungsbeginn richtet sich nach § 199 Abs. 1 BGB. Hemmung trat gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst mit Klageerhebung in 2014 ein. Somit sind die aus überbezahlten monatlichen Mieten herrührenden Ansprüche aus 2009 und 2010 nicht mehr durchsetzbar. Ein durchsetzbarer Anspruch besteht somit nur i.H.v. 703 Euro (38 Monate x 18,50 Euro) für die ab 2011 rechtsgrundlos geleisteten Zahlungen. Der dahingehende Rückzahlungsanspruch wird von den Klägern jedoch nur abzüglich eines Betrages von 45,26 Euro, worin eine konkludent erklärte Aufrechnung zu sehen ist, geltend gemacht, weil sie der Beklagten in dieser Höhe einen Schadensersatzanspruch aufgrund der Beschädigung des Griffs des Backofens zugestehen, so dass ein berechtigter, durchsetzbarer Anspruch i.H.v. 657,74 Euro verbleibt.
52cc)
53Für die vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Kläger steht diesen nur ein Freistellungsanspruch i.H.v. lediglich 147,56 Euro zu.
54(1)
55Für die Beauftragung ihrer Rechtsanwältin mit der außergerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche können die Kläger keinen Schadensersatz verlangen. Ein Anspruch gemäß § 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB scheidet aus. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Kläger in Verzug war.
56(2)
57Ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 147,56 Euro steht den Klägern jedoch gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB i.V.m. E Mietvertrag aufgrund der Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Abwehr der beklagtenseitig geltend gemachten, unbegründeten Ansprüche zu. Der Schadensersatzanspruch besteht jedoch nur im Hinblick auf die Abwehr des vermeintlichen Anspruchs der Beklagten auf Ersatz ihrer Malerkosten, denn nur diesen Anspruch und nicht auch ihren angeblichen Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten für die Beschädigungen der Marmorböden machte die Beklagte schuldhaft geltend.
58Ein Anspruch auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abwehr einer unbegründeten Forderung kann sich – im Rahmen eines Schuldverhältnisses – aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ergeben, wenn der vermeintliche Gläubiger die Geltendmachung seiner unberechtigten Forderung, was eine Pflichtverletzung ist, zu vertreten hat. Vorliegend hatte die Beklagte die Geltendmachung ihres behaupteten Anspruchs auf Zahlung von Malerarbeiten i.H.v. 923,72 Euro zu vertreten, weil sie insoweit fahrlässig handelte, §§ 276 Abs. 1 und 2, 280 Abs. 1 Satz 2 BGB.
59Fahrlässig handelt ein Gläubiger zwar nicht schon dann, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist, da die Berechtigung einer Forderung sicher nur in einem Rechtsstreit geklärt werden kann (BGH NJW 2009, 1262). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) entspricht der Gläubiger schon dann, wenn er prüft, ob der eigene Rechtsstandpunkt plausibel ist (vgl. BGH NJW 2008, 1147; NJW 2009, 1262). Mit dieser Plausibilitätskontrolle hat es sein Bewenden (BGH NJW 2009, 1262). Vorliegend hält der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Ersatz ihrer Malerkosten einer Plausibilitätskontrolle nicht stand. Ihr rechtlicher Standpunkt war nicht vertretbar. Es war von der Beklagten in ihrer Stellung als Vermieterin objektiv zu erwarten, dass sie wusste, dass ihr überhaupt nur dann ein Anspruch auf Ersatz ihrer Malerkosten hätte zustehen können, wenn sie vor Durchführung der Malerarbeiten den Klägern eine – erfolglose – Frist zur Leistung gesetzt hätte. Anders verhält es sich jedoch mit der außergerichtlichen Inanspruchnahme der Kläger mit E im Ergebnis unberechtigten Anspruch der Beklagten auf Ersatz ihrer Kosten wegen der Beschädigungen der Marmorböden. Da die Beschädigungen der Marmorböden im Machtbereich der Kläger erfolgte und eine Schadensverursachung der Kläger durch eine unsachgemäße Reinigung, für die sie hätten einstehen müssen, jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen war, war es für die Beklagte plausibel, dass ihr ein entsprechender Schadensersatzanspruch zustand.
60Auszugehen ist daher von einem berechtigten Gegenstandswert i.H.v. 923,72 Euro. Auf Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, sind die Kläger von einem Vergütungsanspruch ihrer Prozessbevollmächtigten i.H.v. 147,56 Euro freizustellen.
61dd)
62Bezüglich des Anspruchs der Kläger auf Rückzahlung zu Unrecht umgelegter Hausverwaltungskosten i.H.v. 657,74 Euro steht diesen ein Zinsanspruch gemäß §§ 291, 288 BGB zu.
63Hinsichtlich der als Freistellungsanspruch geltend gemachten Nebenforderung (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) steht den Klägern kein Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit aus §§ 291, 288 BGB zu, denn hiernach ist lediglich eine Geldschuld verzinslich. Mit einer solchen ist der hier geltend gemachte Freistellungsanspruch jedoch nicht identisch. Ein Anspruch der Kläger könnte lediglich aus Schadensersatzgesichtspunkten bestehen, sofern sie ihrerseits ihrer Prozessbevollmächtigten etwa aus Verzug Zinsen zu leisten hätten (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, 1 U 246/07, juris). Dies ist vorliegend aufgrund des klägerischen Vortrags jedoch nicht erkennbar.
64b)
65Die Widerklage ist, soweit über sie im Rahmen der Berufung noch zu entscheiden ist,
66unbegründet.
67Wie bereits dargelegt wurde, stehen der Beklagten keine Ansprüche gegen die Kläger zu. Der ursprüngliche – unbestrittene – Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Beschädigung des Griffs des Backofens i.H.v. 45,26 Euro ist durch Aufrechnung mit E Anspruch der Kläger auf Rückzahlung überbezahlter Mieten untergegangen.
683.
69Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (für das erstinstanzliche Verfahren) und §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO (für das Berufungsverfahren).
70Hinsichtlich der in der Berufungsinstanz erfolgten Klageänderung ist § 97 Abs. 2 ZPO zulasten der Kläger zu berücksichtigen. Denn mit ihrem Herausgabeverlangen sind sie nur deshalb durchgedrungen, weil sie in der Berufungsinstanz ihren entsprechenden Antrag auf Herausgabe an die Bank umgestellt haben. Eine solche Klageänderung ist als neues Vorbringen i.S.d. § 97 Abs. 2 ZPO anzusehen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 30.03.2007 - 10 U 640/06, BeckRS 2007, 17016; Musielak ZPO/Lackmann ZPO § 97 Rn. 9). Die Kläger wären auch ohne weiteres dazu imstande gewesen, bereits in der ersten Instanz Herausgabe an die Bank und nicht an sich selbst zu verlangen. Es kann dahinstehen, ob das Amtsgericht nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO dazu gehalten war auf eine Klageänderung hinzuwirken. Denn selbst wenn das Amtsgericht einen Hinweis hätte erteilen müssen, änderte dies nach zutreffender Auffassung (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 19.07.1999, 10 UF #####/####, BeckRS 1999, 30945756; zum Streitstand BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 17. Aufl. Rn. 26 mwN) grundsätzlich nichts an der kostenrechtlichen Verantwortlichkeit der Kläger für die Stellung ihres insoweit unbegründeten Klageantrags in erster Instanz. Für eine Abweichung von diesem Grundsatz besteht hier kein Anlass.
71Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
72Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.
73Streitwert für die Berufungsinstanz: 4.313,36 Euro
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