Endurteil vom Oberlandesgericht München - 13 U 4071/18

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Passau vom 25.10.2018, Az. 1 O 744/17, berichtigt durch Beschluss des Landgerichts Passau vom 05.12.2018, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan mit der Fahrgestellnummer …6457 an den Kläger 17.840 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7.09.2017 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten seines Rechtsanwalts M. H. in Höhe von 1.242,84 € freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung und die Klage, soweit sie in 2. Instanz erweitert wurde, im Übrigen werden zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klagepartei 40% und die Beklagte 60%.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klagepartei verlangt von der Beklagten Schadensersatz, weil sie ein Fahrzeug erworben hat, in welchem ein Dieselmotor des Typs EA 189 verbaut war.

Die Klagepartei kaufte am 27.06.2015 bei der Firma A.GmbH & Co. KG in D. einen Pkw VW Tiguan, 2.0 l TDI, 130 kW (177 PS), Erstzulassung 01.09.2014, Kilometerstand 5459 km zum Preis von 29.500 € brutto. Der von der Beklagten hergestellte Dieselmotor des Typs EA 189 war mit einer Motorsteuerungssoftware ausgestattet, die erkannte, ob sich das Fahrzeug im regulären Straßenbetrieb oder auf einem Rollenprüfstand zur Durchführung des NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) befindet. Auf dem Rollenprüfstand war der Abgasrückführungsmodus 1 mit einer NOxoptimierten höheren Abgasrückführungsrate aktiv, während die Software im normalen Straßenverkehr auf einen partikeloptimierten Modus 0 umschaltete. Nur im Modus 1 wurden die im Datenblatt aufgeführten Stickoxidwerte eingehalten. Die für das Fahrzeug erteilte Betriebserlaubnis wurde nicht aufgehoben; das Fahrzeug ist als solches der Abgasnorm EU 5 klassifiziert.

Mit rechtskr8;ftigem Bescheid vom 14.10.2015 stellte das Kraftfahrtbundesamt fest, dass es sich bei der von der Beklagten verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) 715/2007 in Verbindung mit Art. 3 Nummer 10 VO (EG) 715/2007 handelt und ordnete den verpflichtenden Rückruf der Dieselfahrzeuge an. Die Beklagte stimmte mit dem Kraftfahrtbundesamt Anfang Dezember 2015 einen Zeit- und Maßnahmenplan ab. Mit Bescheid vom 21.07.2016 (Anlage B1) gab das Kraftfahrtbundesamt die von der Beklagten entwickelte technische Maßnahme für Fahrzeuge des Typs VW Tiguan 2,0 l, TDI, 130 kW frei und bestätigte, dass das Software - Update geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen und Kraftstoffverbrauchswerte, CO₂ - Emissionen, Motorleistung und Geräuschemissionen unverändert sind.

Das Software - Update wurde im April 2017 bei dem klägerischen Fahrzeug aufgespielt. Seitdem wird das Fahrzeug nur noch im adaptierten Betriebsmodus 1 betrieben, der zuvor ausschließlich auf dem Rollenprüfstand aktiv war.

Die Aufforderung des anwaltlichen Vertreters der Klagepartei vom 16.08.2017, das Fahrzeug Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises bis 06.09.2017 zurückzunehmen, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 10.10.2017 ab.

Die Klagepartei behauptet, der damalige Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. W. habe aus reiner Gewinnsucht und Betrugsabsicht einen Wertverlust um mindestens 30% gegenüber dem vorherigen Gebrauchtwagenwert billigend in Kauf genommen, sobald die Mängel auf dem Markt bekannt werden. Prof. Dr. W. habe bereits 2004 in seiner damaligen Funktion als Mitglied des Vorstands und Forschungs- und Entwicklungsleiter die R. B. GmbH beauftragt, das Motorsteuergerät EDC 17 zu konstruieren und dieses in der Folgezeit weiterentwickelt (Zeuge Prof. Dr. W.). In den Jahren 2005 und 2006 habe die Beklagte festgestellt, dass die Erhöhung der Abgasrückführungswerte zu einem früheren Verschleiß der Partikelfilter führt. Mit Kenntnis von Prof. Dr. W. hätten die Entwicklungsingenieure entschieden, eine Software einzusetzen, die ausschließlich im Testmodus durch erhöhte Abgasrückführung für die Einhaltung der erforderlichen Stickoxidwerte sorgt.

Die Klagepartei trägt ferner vor, in Kenntnis des tatsächlichen Sachverhalts hätte sie das Fahrzeug nicht erworben.

Die Beklagte bestreitet, dass ihr damaliger Vorstandsvorsitzende oder andere Mitglieder des Vorstands seinerzeit von der Entwicklung der Software wussten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Passau vom 25.10.2018, Aktenzeichen 1 O 744/17 Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.p>

>In der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 15.11.2019 hörte der Senat den Kläger an. Der Kilometerstand seines Fahrzeugs betrug zu diesem Zeitpunkt 102.114 km.

Das Landgericht Passau hat die Klage mit Endurteil vom 25.10. 2018, berichtigt durch Beschluss vom 05.12.2018, abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB scheide schon deshalb aus, weil der Kläger Zweiterwerber des Fahrzeugs ist, der Schaden aber bereits beim Ersterwerber eingetreten sei. Auch die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach §§ 823 Abs. 2, 31 BGB, § 263 StGB und § 823 Abs. 2 BGB, § 27 EG - FGV seien nicht erfüllt.

Gegen das der Klagepartei am 30.10.2018 zugestellte Urteil legte diese mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 20.11.2018, eingegangen am selben Tag, Berufung ein, die sie mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 27. 12. 2018, eingegangen am selben Tag im Wesentlichen wie folgt begründete:

Der Anspruch aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung scheide nicht deswegen aus, weil der Kläger nicht Ersterwerber des Fahrzeugs sei; der Schaden sei erst mit Aufdeckung der Abschalteinrichtung eingetreten. Die Beklagte habe vorausgesehen, dass die von ihr produzierten Fahrzeuge mehrfach verkauft werden würden.

Der Anspruch der Klagepartei ergebe sich auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB. Die Beklagte habe das Abschalten der auf dem Prüfstand erhöhten Verbrennung von Stickoxiden im normalen Betrieb verschwiegen. Der Kläger habe ein im Wert deutlich gemindertes Fahrzeug erhalten. Es habe die Untersagung der Nutzung des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen gedroht.

Die Klagepartei könne auch eine Verzinsung des Kaufpreises nach § 849 BGB verlangen; ihr sei Geld durch eine unerlaubte Handlung entzogen worden.

Nachdem sie mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 11.10.2019 (Blatt 154/156) die Klage hinsichtlich der Zinsen erweitert hatte, beantragt die Klagepartei zuletzt:

I.

Unter Abänderung des am 25.10.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Passau, Aktenzeichen 1 O 744/17 die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan mit der Fahrgestellnummer …6457 an den Kläger 29.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.06.2015 zu zahlen.

II.

Unter Abänderung des am 25.10.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Passau, Az. 1 O 744/17 die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten seines Rechtsanwalts M. H. in Höhe von 1872,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

III.

Unter Abänderung des am 25. 10. 2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Passau, Az. 1 O 744/17 festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 11.10.2017 mit der Rücknahme des im Klageantrag I bezeichnen Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klagepartei zurückzuweisen und die Klage in der Fassung vom 11.10.2019 abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, ein Schadensersatzanspruch der Klagepartei bestehe nicht.

Einem Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB stehe bereits die fehlende Stoffgleichheit entgegen. Eine Aufklärungspflicht habe zudem nicht bestanden, da die Umschaltlogik den Wert des Fahrzeugs nicht gemindert habe. Sie weist darauf hin, dass die EG - Typgenehmigung für die Emissionsklasse EU 5 vorliegt. Ein Widerruf drohe nicht.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, Art. 12,18 der Richtlinie Nr. 2007/46/EG, §§ 4,6, 25,27 EG - FGV scheide bereits deshalb aus, weil die genannten europarechtlichen Vorschriften nicht drittschützend seien.

Einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB habe das Landgericht mit zutreffender Begründung abgewiesen. Es fehle darüber hinaus an dem auch im Rahmen von § 826 BGB erforderlichen Drittschutz. Der Klagepartei sei auch kein Schaden entstanden, da sie das streitgegenständliche Fahrzeug erhalten habe. Der Preisverfall von gebrauchten Dieselfahrzeugen stehe nicht im Zusammenhang mit der Umschaltlogik, sondern sei auf drohende Fahrverbote in einigen Innenstädten zurückzuführen. Die Klagepartei habe das Fahrzeug jahrelang beanstandungsfrei genutzt. Eine auch bei Eingehung einer ungewollten Verpflichtung erforderliche Beeinträchtigung des Vermögens liege daher nicht vor. Jedenfalls seien etwaige Beeinträchtigung mit Durchf52;hrung des Software-Updates entfallen; dieses habe keinerlei negativen Auswirkungen. Eine Abneigung des Marktes gegen die betroffenen Fahrzeuge sei nicht feststellbar, sodass auch ein merkantiler Minderwert ausscheide.

Weiterhin scheiterten die Ansprüche am fehlenden Schädigungsvorsatz. Die Beklagte wiederholt, dass sie „derzeit über keine Erkenntnisse dafür verfügt, dass einzelne Vorstandsmitglieder im Sinne des Aktienrechts an der Entwicklung der Umschaltlogik beteiligt waren oder die Entwicklung oder Verwendung der Umschaltlogik für den EA 189 seinerzeit in Auftrag gegeben oder gebilligt haben.“ Sie stellt klar, „dass die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu entwickeln und zu verwenden unterhalb der Vorstandsebene getroffen wurde.“

Der Klagepartei sei auch der ihr obliegende Nachweis der Kausalität nicht gelungen.

Jedenfalls schulde die Klagepartei eine Nutzungsentschädigung auf der Basis einer Gesamtlaufleistung von 200.000 bis 250.000 km.

Ergänzend wird auf die von den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klagepartei ist teilweise begründet.

I.

d nr="30"/>Die Berufung ist hinsichtlich des Antrags I in der Hauptsache (Verurteilung zur Zahlung von 29.500 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs) teilweise, nämlich in Höhe von 17.840 € (29.500 € Kaufpreis - 11.660 € Nutzungsentschädigung) begründet. Der Anspruch der Klagepartei ergibt sich aus §§ 826, 31 BGB. Die Frage, ob auch die Voraussetzungen anderer Anspruchsgrundlagen erfüllt sind, kann offenbleiben, denn diese würden nicht zu einem weitergehenden Schadensersatzanspruch führen.

1. Der Senat legt seiner Entscheidung neben dem zwischen den Parteien unstreitigen objektiven Sachverhalt hinsichtlich der zum Einsatz gebrachten Software in subjektiver Hinsicht den von der Klagepartei vorgetragenen Sachverhalt zugrunde, nämlich: Herr Prof. Dr. W. als damaliger Vorstandsvorsitzender der Beklagten hatte zum Zeitpunkt der Entscheidung, die streitgegenständliche Software in Motoren des Typs EA 189 zu verbauen, Kenntnis davon, dass diese bewirkt, dass die vorgeschriebenen Stickoxidwerte im Fahrbetrieb nicht eingehalten werden und billigte dies vor dem Hintergrund, dass die im Testmodus aktivierte Abgasrückführung zu einem erhöhten Verschleiß der Partikelfilter führt. Er rechnete damit, dass die Manipulation zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt werden könnte und dies die Betriebserlaubnis gefährdet.

Die Beklagte hat den diesbezüglichen, substantiierten Sachvortrag des Klägers nicht gemäß § 138 Abs. 4 ZPO wirksam bestritten, sodass er gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.

a) Der Vortrag des Klägers ist substantiiert und erfolgte nicht unzulässig unter Verstoß gegen die Pflichten aus § 138 Abs. 1 ZPO „ins Blaue hinein“. Zwar hat der Kläger offensichtlich keine positive Kenntnis von der Richtigkeit seines Tatsachenvortrags, jedoch bestehen hierfür ausreichende Anhaltspunkte (MüKo/Fritsche, ZPO, 5. Aufl., § 138 Rn. 8 - 10 m.w.N., str.). Diese sind in der Annahme zu sehen, dass eine so bedeutsame Entscheidung wie die Entwicklung einer unzulässigen Abschalteinrichtung und deren heimliche Implementierung in einen Motor, der konzernweit in eine enorme Vielzahl von Fahrzeugen eingebaut wird, nicht ohne Kenntnis der zuständigen Vorstände einschließlich des Vorstandsvorsitzenden erfolgt.

b) Das Bestreiten der Beklagten erfolgte unzulässig mit Nichtwissen und ist damit gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unbeachtlich, sodass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.

1) Die Beklagte bestreitet den Vortrag des Klägers und behauptet, „dass die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu entwickeln und zu verwenden unterhalb der Vorstandsebene getroffen wurde“. Sie legte dar, dass sie „derzeit über keine Erkenntnisse dafür verfügt, dass einzelne Vorstandsmitglieder im Sinne des Aktienrechts an der Entwicklung der Umschaltlogik beteiligt waren oder die Entwicklung oder Verwendung der Umschaltlogik für den EA 189 seinerzeit in Auftrag gegeben oder gebilligt haben.“ Dies ist als Bestreiten mit Nichtwissen zu qualifizieren, denn die Beklagte trägt nicht vor, dass ihr bekannt ist, dass der Vortrag des Klägers unzutreffend ist, sondern lediglich, dass sie keine Erkenntnisse dazu hat, dass er zutreffend ist.

5"/>2) Gemäß § 138 Abs. 4 ="ZPO">ZPO ist ein Bestreiten mit Nichtwissen nur 52;ber Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Dabei stellt die Rechtsprechung Vorgänge im eigenen Geschäfts - und Verantwortungsbereich den eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO gleich; die Partei kann sich nicht durch arbeitsteilige Organisation ihren prozessualen Erklärungspflichten entziehen, sondern muss Informationen von den Personen einholen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind und das Ergebnis ihrer Erkundigungen in den Prozess einführen (BGH, Urteil vom 10.10.1994 - II ZR 95/93, NJW 1995, 130, beck-online; BGH, Urteil vom 19.04.2001 - I ZR 238/98, NJW-RR 2002, 612, beck-online; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 138 Rn. 16). Dies gilt auch, soweit verantwortliche Organe bereits ausgeschieden sind (zum früheren Geschäftsführer: BGH, Urteil vom 19. 4. 2001 - I ZR 238/98, NJW-RR 2002, 612, beck-online).

Nach diesen Maßstäben hätte die Beklagte offenlegen müssen, welche Ermittlungen sie durchgeführt hat und zu welchen Ergebnissen sie dabei gelangt ist. Dann hätte das Gericht zu prüfen gehabt, ob die Ermittlungen - unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit auch über den Einzelfall hinaus - ausreichend waren, um den prozessualen Erklärungspflichten zu genügen und ob den von der Beklagten gezogenen Schlüssen gefolgt werden kann.

Die Beklagte hat sich jedoch trotz des Hinweises des Senats im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.11.2019 auf eine sekundäre Darlegungslast und entsprechenden Ausführungen des Klägervertreters in der Replik vom 06.02.2018 bedeckt gehalten.

3) Deren Grundsä;tze stehen in systematischem Zusammenhang mit den Anforderungen für ein wirksames Bestreiten mit Nichtwissen. Ein Kläger, der zulässig ohne positive Kenntnis behauptet, ein bestimmtes Organ erfülle die subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB kann bei gleicher Einlassung der Beklagten nicht anders behandelt werden als ein anderer Kläger, der lediglich vorträgt, es müsse davon ausgegangen werden, dass bei der Führungsebene der Beklagten bis zum Vorstand die entsprechenden Voraussetzungen gegeben seien. Hier bejaht der Senat ebenso wie andere Gerichte (OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 05.03.2019, 13 U 142/18, juris Rn. 51 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil v. 06.11.2019, 13 U 37/19, juris Rn. 79 ff.; OLG Koblenz, Urteil v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, juris Rn. 75 ff.; OLG Köln, Urteil v. 17.07.2019, 16 U 199/18, juris Rn. 10 ff.; OLG Hamm, Urteil v. 10.09.2019, 13 U 149/18, juris Rn. 70 ff.) die Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast, die auch zu einer Herabsetzung der primären Darlegungslast führt. Dem Prozessgegner, der im Gegensatz zu dem außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs stehenden Darlegungspflichtigen die wesentlichen Tatsachen kennt, ist im Rahmen seiner Erklärungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise zuzumuten, dem Beweispflichtigen eine prozessordnungsgemäße Darlegung durch nähere Angaben über die betreffenden, zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu ermöglichen. Voraussetzung und zugleich Grund für die sekundäre Darlegungslast ist - ebenso für die Zulässigkeit einer Behauptung einer Tatsache ohne positive Kenntnis -, dass greifbare Anhaltspunkte für die Richtigkeit des Vortrags des Klägers vorliegen; es besteht auch eine Pflicht des Prozessgegners zu Nachforschungen (zu den Grundsätzen: Zöller/ Greger, a.a.O, vor § 284 Rn. 34).

2. Bei Zugrundelegung dieses Sachverhalts sind die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der §§ 826, 31 BGB erfüllt. Der Senat folgt insoweit nach gründlicher eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage den Erwägungen des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München im Urteil vom 15.01.2020, Az. 20 U 3219/18, welche teilweise ergänzt wie folgt wiedergegeben werden:

a) Das Inverkehrbringen eines Motors mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik stellt eine konkludente Täuschung der Klagepartei durch die Beklagte dar (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 05.03.2019, 13 U 142/18, juris Rn. 9 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil v. 06.11.2019, 13 U 37/19, juris Rn. 21 ff.; OLG Koblenz, Urteil v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, juris Rn. 22 ff.; OLG Hamm, Urteil v. 10.09.2019, 13 U 149/18, juris Rn. 44 ff.; OLG Stuttgart, Urteil v. 24.09.2019, 10 U 11/19, BeckRS 2019, 23215 Rn. 33 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss v. 25.09.2019, 17 U 45/19, juris Rn. 4 ff.).

1) Denn mit der Inverkehrgabe des Motors hat die Beklagte jedenfalls konkludent zum Ausdruck gebracht, dass ein damit ausgerüstetes Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden darf.

Bevor ein Kraftfahrzeughersteller berechtigt ist, ein Fahrzeug für die Nutzung im Straßenverkehr auf den Markt zu bringen, hat er die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren erfolgreich zu absolvieren. Insbesondere ist die sogenannte EG-Typgenehmigung durch das Kraftfahrtbundesamt (nachfolgend: KBA) als zuständiger Behörde (§ 2 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung; im Folgenden: EG-FGV) einzuholen und eine Übereinstimmungsbescheinigung auszustellen (§ 27 Abs. 1 EG-FGV). Stellt das KBA nach Erteilung einer formell wirksamen Typgenehmigung fest, dass ein Fahrzeug nicht die materiellen Voraussetzungen für den genehmigten Typ einhält, kann es zur Beseitigung aufgetretener Mängel und zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit auch bereits im Verkehr befindlicher Fahrzeuge entweder gemäß § 25 Abs. 2 EG-FGV Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung anordnen oder gemäß § 25 Abs. 3 EG-FGV die EG-Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen bzw. zurücknehmen. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (im Folgenden: FZV) dürfen Fahrzeuge allerdings nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind, was gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 FZV voraussetzt, dass sie einem genehmigten Typ entsprechen. Wird die EG-Typgenehmigung entzogen oder mit Nebenbestimmungen versehen, entspricht das Fahrzeug - im Fall der Nebenbestimmung: bis zur Nachrüstung - keinem genehmigten Typ mehr. Die Zulassungsbehörde kann dem Eigentümer oder Halter dann gemäß § 5 Abs. 1 FZV eine Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen.

Der Käufer eines Kraftfahrzeugs kann vor diesem Hintergrund nicht nur davon ausgehen, dass im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs die notwendige EG-Typgenehmigung formal vorliegt, sondern auch davon, dass keine nachträgliche Rücknahme oder Änderung droht, weil die materiellen Voraussetzungen bereits bei Erteilung nicht vorgelegen haben. Entsprechend dieser selbstverständlichen Käufererwartung ist der Inverkehrgabe eines Motors der Erklärungswert beizumessen, dass auch die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typgenehmigung für Fahrzeuge, in denen dieser Motor eingebaut wird, vorlagen.

2) Vorliegend enthielt jedoch die im streitgegenständlichen Fahrzeug installierte Motorsteuerungssoftware eine Umschaltlogik, die als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der VO [EG] Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. 2007 L 171; im Folgenden: VO [EG] Nr. 715/2007) zu qualifizieren ist (so auch BGH, Hinweisbeschluss vom 08.01.2019, VIII ZR 225/17, juris Rn. 5 ff., OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 05.03.2019, 13 U 142/18, juris Rn. 15; OLG Karlsruhe, Urteil v. 06.11.2019, 13 U 37/19, juris Rn. 27; OLG Koblenz, Urteil v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, juris Rn. 25 ff.; OLG Hamm, Urteil v. 10.09.2019, 13 U 149/18, juris Rn. 45; OLG Stuttgart, Urteil v. 24.09.2019, 10 U 11/19, BeckRS 2019, 23215 Rn. 35). Aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung waren entgegen dem konkludenten Erklärungswert der Inverkehrgabe gerade nicht die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typgenehmigung gegeben, so dass die Gefahr einer Betriebsuntersagung des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Zulassungsbehörde bestand.

Denn nach Art. 5 Abs. 1 VO [EG] Nr. 715/2007 hat der Hersteller von ihm gefertigte Neufahrzeuge dergestalt auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen den Vorgaben der Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die vorgegebenen Emissionsgrenzwerte auf das tatsächliche Verhalten der Fahrzeuge bei ihrer Verwendung beziehen (vgl. Erwägungsgrund 12 der VO [EG] Nr. 715/2007) und dass die zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte erforderliche erhebliche Minderung der Stickoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen (vgl. Erwägungsgrund 12 der VO [EG] Nr. 715/2007) erreicht wird (BGH, Hinweisbeschluss v. 05.03.2019, 13 U 142/18, juris Rn. 10). Folgerichtig sieht die Verordnung die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, strikt als unzulässig an (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO [EGrm>] Nr. 715/2007), sofern nicht die ausdrücklich normierten Ausnahmetatbestände (Art. 5 Abs. 2 Satz 2 ersatz="VO [EG">VO [EG] Nr. 715/2007) greifen.

Eine „Abschalteinrichtung“ ist nach Art. 3 Nr. 10 >VO [EG.abk>] Nr. 715/2007 jedes Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird. Ausgehend von diesen weitgefassten Bestimmungen handelt es sich auch bei der im Fahrzeug der Klagepartei installierten Motorsteuerungssoftware um eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 VO [EG] Nr. 715/2007. Denn eine solche Software erkennt, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befindet und schaltet in diesem Fall in den Modus 1, bei dem verstärkt Abgase in den Motor zurückgelangen und sich so der Ausstoß an Stickoxiden (NOx) verringert. Im normalen Fahrbetrieb hingegen aktiviert die Software den Modus 0, bei dem eine Abgasrü;ckführung nur in geringerem Umfang stattfindet; sie ermittelt also aufgrund technischer Parameter die betreffende Betriebsart des Fahrzeugs - Prüfstandlauf oder Echtbetrieb - und aktiviert oder deaktiviert dementsprechend die Abgasrückführung, was unmittelbar die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinträchtigt.

Soweit Art. 5 Abs. 2 Satz 2 VO [EG] Nr. 715/2007 in bestimmten Fällen die Verwendung von Abschalteinrichtungen gestattet, liegen die hierfür erforderlichen (engen) Voraussetzungen nicht vor. Die vorgesehenen Ausnahmen kommen - nicht zuletzt aufgrund des in Art. 5 Abs. 1 VO [EG] Nr. 715/2007 ausdrücklich benannten Regelungszwecks dieser Vorschrift - von vornherein nicht in Betracht, wenn die betreffende Abschalteinrichtung gerade dazu dient, bei erkanntem Prüfbetrieb ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um auf diese Weise die Einhaltung der (andernfalls nicht erreichten) Emissionsgrenzwerte sicherzustellen. Aufgrund der beschriebenen Wirkungsweise der Software handelt es sich weder um eine Abschalteinrichtung, die notwendig ist, um den Motor vor einer Beschädigung oder einem Unfall zu schützen und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten (Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a VO [EG] Nr. 715/2007), noch um eine Abschalteinrichtung, die nicht länger arbeitet, als dies zum Anlassen des Motors erforderlich ist (Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b VO [EGrweis.norm>] Nr. 715/2007).

3) Das Inverkehrbringen eines Motors mit einer - nicht offen gelegten - unzulässigen Abschalteinrichtung stellt eine konkludente Täuschung der Beklagten auch gegenüber solchen Käufern dar, die das Fahrzeug - ggf. gebraucht - von einem Dritten erworben haben. Denn die Beklagte ging davon aus, dass die so ausgerüsteten Fahrzeuge als Neu- und später auch als Gebrauchtwagen unverändert durch Dritte weiterveräußert werden. Gerade darauf basiert das Geschäftsmodell der Beklagten. Für den Weiterverkauf von Neufahrzeugen durch ihre Vertragshändler liegt das auf der Hand. Es gilt jedoch auch für den späteren Verkauf als Gebrauchtwagen durch diese Händler oder Dritte, denn auch die spätere Weiterveräußerbarkeit durch einen Fahrzeugkäufer ist für die Attraktivität der (Neu-)Fahrzeuge und damit deren Absatz entscheidend (vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 24.09.2019, 10 U 11/19, BeckRS 2019, 23215 Rn. 33).

b) Durch diese Täuschung entsteht den Erst- und Zweitkäufern der betroffenen Fahrzeuge ein Schaden, der in dem Abschluss des Kaufvertrages zu sehen ist (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 05.03.2019, 13 U 142/18, juris Rn. 17 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil v. 06.11.2019, 13 U 37/19, juris Rn. 28 ff.; OLG Koblenz, Urteil v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, juris Rn. 80 ff.; OLG Köln, Urteil v. 17.07.2019, 16 U 199/18, juris Rn. 15 ff.; OLG Hamm, Urteil v. 10.09.2019, 13 U 149/18, juris Rn. 49 ff.; OLG Stuttgart, Urteil v. 24.09.2019, 10 U 11/19, BeckRS 2019, 23215 Rn. 38 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss v. 25.09.2019, 17 U 45/19, juris Rn. 18 f.).

1) § 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte und Rechtsgüter ab, weshalb der nach dieser Norm ersatzfähige Schaden weit verstanden wird. Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (BGH, Urteil v. 19.07.2004, II ZR 402/02, juris Rn. 41). Nach diesen Grundsätzen kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug im Zeitpunkt des Erwerbs angesichts der unzulässigen Abschalteinrichtung einen geringeren Marktwert hatte. Der Schaden des in die Irre geführten Käufers liegt in der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit, nicht erst in dadurch verursachten wirtschaftlichen Nachteilen. Entscheidend ist mithin allein, dass der Geschädigte durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar war (BGH, Urteil vom 28.10.2014, VI ZR 15/14, juris Rn. 18.).

Diese Voraussetzungen waren im - maßgeblichen - Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses gegeben. Wegen der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung drohte die Entziehung der EG-Typgenehmigung bzw. die Anordnung von Nebenbestimmungen, mit der Folge, dass das Fahrzeug - im Fall der Nebenbestimmung: bis zur Nachrüstung - keinem genehmigten Typ mehr entsprach. Der Hauptzweck des Fahrzeugs, dieses im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen, war damit bereits vor einer tatsächlichen Stilllegung unmittelbar gefährdet. Denn wird die EG-Typgenehmigung entzogen, droht die Stilllegung; werden Nebenbestimmungen angeordnet, ist die fortdauernde Nutzbarkeit von einer Nachrüstung des Fahrzeugs durch den Hersteller abhängig. Das streitgegenständliche Fahrzeug war mithin für die Zwecke der Klagepartei nicht voll brauchbar, der Abschluss des Kaufvertrags begründete damit für die Klagepartei eine so nicht gewollte Verbindlichkeit.

2) Die Schädigung erstreckt sich auch auf die Zweitkäufer betroffener Fahrzeuge. Denn durch das Inverkehrbringen des Motors hat die Beklagte den Kausalverlauf bewusst unter Einschaltung ihres Vertriebssystems in Gang gesetzt. Die mit dem Inverkehrbringen des Motors verbundene konkludente Täuschung seitens des Herstellers über das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die EG-Typgenehmigung wirkt auch fort, weil hinsichtlich derartiger Angaben der Fahrzeughändler lediglich das durch den Hersteller vermittelte Wissen weitergibt und der Käufer insoweit auf die Herstellerangaben sowie - im vorliegenden Fall der konkludenten Täuschung - auf die Seriosität des Herstellers vertraut (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 05.03.2019, 13 U 142/18, juris Rn. 28; OLG Karlsruhe, Urteil v. 06.11.2019, 13 U 37/19, juris Rn. 39; OLG Stuttgart, Urteil v. 24.09.2019, 10 U 11/19, BeckRS 2019, 23215 Rn. 45).

c) Das Verhalten der Beklagten war auch sittenwidrig.

nr="54"/>Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstöß;t. Dafü;r genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., BGH, Urteil v. 15.10.2013, VI ZR 124/12, juris Rn. 8 m.w.N.). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, juris Rn. 16).

Nach diesem Maßstab ist von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten auszugehen (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 05.03.2019, 13 U 142/18, juris Rn. 31 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil v. 06.11.2019, 13 U 37/19, juris Rn. 42 ff.; OLG Koblenz, Urteil v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, juris Rn. 45 ff.; OLG Köln, Urteil v. 17.07.2019, 16 U 199/18, juris Rn. 5 ff.; OLG Hamm, Urteil v. 10.09.2019, 13 U 149/18, juris Rn. 64 ff.; OLG Stuttgart, Urteil v. 24.09.2019, 10 U 11/19, BeckRS 2019, 23215 Rn. 46 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss v. 25.09.2019, 17 U 45/19, juris Rn. 4 ff.):

Als Beweggrund für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Motors kommt vorliegend allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Zwar ist allein ein Handeln mit Gewinnstreben nicht als verwerflich zu beurteilen. Im Hinblick auf das eingesetzte Mittel erscheint das Handeln hier aber als verwerflich: Bereits das Ausmaß der Täuschung, nämlich der Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wurde, mit der Folge einer entsprechend hohen Zahl getäuschter Käufer rechtfertigt das besondere Unwerturteil. Überdies erscheint auch die Art und Weise der Täuschung als verwerflich: Durch die Täuschung der Typgenehmigungsbehörde zur Erlangung der EG-Typgenehmigung hat sich die Beklagte das Vertrauen der Käufer in den ordnungsgemäßen Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens und damit auch in die Objektivität der staatlichen Behörde zunutze gemacht. Die Verwerflichkeit des Handelns ergibt sich des Weiteren aus den resultierenden Folgen: Hier droht zum einen den Käufern erheblicher Schaden in Form der Stilllegung des erworbenen Fahrzeugs (was bereits vielfach geschehen ist, wie aus einer Vielzahl veröffentlichter verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen bekannt ist). Das von der Beklagten angebotene Software-Update stellt allein ein Angebot der Schadenswiedergutmachung dar. Überdies hat die Beklagte durch den umfangreichen Vertrieb des Motors mit dieser Abschalteinrichtung eine erhebliche Beeinträchtigung der Umwelt über die zugelassenen Emissionen hinaus in Kauf genommen.

Zusammenfassend ergibt sich die Sittenwidrigkeit des Handelns aus dem nach Ausmaß und Vorgehen besonders verwerflichen Charakter der Täuschung von Kunden, unter Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in eine öffentliche Institution, nämlich das Kraftfahrt-Bundesamt, und unter Inkaufnahme nicht nur der Sch8;digung der Käufer, sondern auch der Umwelt allein im Profitinteresse.

Überdies liegt im vorliegenden Fall eine vorsätzliche Täuschung vor (hierzu unten) mit dem Ziel, unter Ausnutzung der Fehlvorstellung der Kunden hohe Absatzzahlen zu erreichen. Allein dieser Umstand rechtfertigt es schon, Sittenwidrigkeit im Sinn des § 826 BGB zu bejahen (vgl. BGH, Urteil v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, juris Rn. 16).

d) Auch die subjektiven Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach § 826 BGB liegen vor.

In subjektiver Hinsicht setzt § 826 BGB Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis der Tatumstände, die das Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen, voraus.

Der erforderliche Schädigungsvorsatz bezieht sich darauf, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird. Er enthält ein Wissens- und Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (st. Rspr., BGH, Urteil v. 28.06.2016, VI ZR 536/15, juris Rn. 25 m.w.N.).

Für den eigens festzustellenden subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen (BGH, Urteil v. 13.09.2004, II ZR 276/02, juris Rn. 36).

Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt voraus, dass ein „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ im Sinn des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat. Wie oben (unter 1.) ausgeführt, ist von einer Kenntnis aller relevanter Punkte durch Prof. Dr. W. als Organ der Beklagten im Sinne des § 31 BGB auszugehen.

e) Der Schadensersatzanspruch scheitert - entgegen den Ausführungen des Oberlandesgerichts Braunschweig (Urteil v. 19.02.2019, 7 U 134/17, juris Rn. 186 ff.) - nicht aufgrund des Schutzzwecks des § 826 BGB (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 05.03.2019, 13 U 142/18, juris Rn. 39 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil v. 06.11.2019, 13 U 37/19, juris Rn. 49 ff.; OLG Koblenz, Urteil v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, juris Rn. 93 ff.; OLG Köln, Urteil v. 17.07.2019, 16 U 199/18, juris Rn. 21 ff.; OLG Hamm, Urteil v. 10.09.2019, 13 U 149/18, juris Rn. 81 f.; OLG Stuttgart, Urteil v. 24.09.2019, 10 U 11/19, BeckRS 2019, 23215 Rn. 51 f. OLG Frankfurt, Beschluss v. 25.09.2019, 17 U 45/19, juris Rn. 24 ff.):

Zwar ist, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, auch im Bereich des § 826 BGB der Haftungsumfang nach Maßgabe des Schutzzwecks der Norm zu beschränken (st. Rspr. BGH, Urteil v. 03.03.2008, II ZR 310/06, juris Rn. 15 mwN). Doch besteht hier keine Veranlassung für eine solche Beschränkung: Denn die Haftung aus § 826 BGB knüpft - anders als etwa ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit bestimmten europarechtlichen Normen - nicht unmittelbar an den Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO [EG] Nr. 715/2007 an, sondern folgt aus der mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs verbundenen Täuschung über die Erfüllung der materiellen Typengenehmigungsvoraussetzungen. Diese Pflichtverletzung ist für den Rechtskreis des Käufers ersichtlich von Bedeutung, weil über einen die Kaufentscheidung wesentlich beeinflussenden Umstand getäuscht wird.

3. Der Klagepartei ist hierdurch ein Schaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises, also 29.500 € entstanden.

a) Der Senat ist nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn er Kenntnis von der streitgegenständlichen Software und ihrer Wirkungsweise gehabt hätte.

Der Kläger hat dies bestätigt und glaubhaft geschildert, dass die Umwelt ihm „am Herzen liegt“ und er vor der Kaufentscheidung Internetrecherchen auch zu den Emissionswerten anderer alternativ in Betracht kommender Fahrzeugen durchgeführt hat.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es der Lebenserfahrung entspricht, dass Kraftfahrzeugkäufer vom Kauf eines Fahrzeugs Abstand nehmen würden, wenn ihnen bekannt wäre, dass Maßnahmen bis hin zur Stilllegung drohen, weil das betreffende Fahrzeug zwar formal über eine EG-Typgenehmigung verfügt, aber wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung diese nicht hätte erhalten dürfen. Denn Zweck des Autokaufs ist grundsätzlich - abgesehen von hier nicht einschlägigen Sonderkonstellationen - der Erwerb zur Fortbewegung im öffentlichen Straßenverkehr (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 05.03.2019, 13 U 142/18, juris Rn. 25; OLG Karlsruhe, Urteil v. 06.11.2019, 13 U 37/19, juris Rn. 38; OLG Koblenz, Urteil v. 12.06.2019, 5 U 1318/18, juris Rn. 91; OLG Köln, Urteil v. 17.07.2019, 16 U 199/18, juris Rn. 20; OLG Stuttgart, Urteil v. 24.09.2019, 10 U 11/19, BeckRS 2019, 23215 Rn. 44; OLG Frankfurt, Beschluss v. 25.09.2019, 17 U 45/19, juris Rn. 21).

Dass die Klagepartei sich erst 2017 zur Klageerhebung entschlossen hat, nachdem bereits Dieselfahrverbote für Innenstädte diskutiert wurden, erschüttert die Angaben des Klägers nicht. Dass Klagen aus unterschiedlichen Gründen erst zu späteren Zeitpunkten erhoben werden, ist in der alltäglichen Gerichtspraxis häufig zu beobachten und kann nicht als Indiz dafür dienen, dass die Klagepartei sich durch die streitgegenständliche Software nicht als geschädigt ansah.

b) Besteht der Schaden in der sittenwidrigen Herbeiführung eines Vertrages, richtet sich der Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses; die Klagepartei ist so zu stellen, als hätte sie den Kaufvertrag nicht abgeschlossen (Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl., § 826 Rn. 15, Einf v § 823 Rn. 24, Palandt/ Grüneberg, Vorb vor § 249 Rn. 17, jeweils mit weiteren Nachweisen). Wenn die Klagepartei den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, hätte sie den Kaufpreis nicht bezahlen müssen.

Zutreffend weist die beklagte Partei darauf hin, dass bei objektiv gleichem Wert von Leistung und Gegenleistung - hier streitig - ein Vermögensschaden mit der Begründung, dass der Geschädigte ohne das haftungsbegründende Verhalten den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, nur dann angenommen werden kann, wenn die Leistung für die Zwecke des Geschädigten nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 -, BGHZ 161, 361-371, Rn. 16 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96).

Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch vor. Der Kläger hat sich vor dem Kauf mit dem Thema Abgasemmissionen befasst. Tatsächlich wurden die Stickstoffemissionen des klägerischen Fahrzeugs in dem Betriebsmodus, in dem sich das Fahrzeug im normalen Fahrbetrieb befindet, im Rahmen des NEFZ niemals getestet; vielmehr hat die Beklagte durch die streitgegenständliche Software günstige Werte vorgespiegelt. Dass Prüfstandswerte und Emissionswerte im normalen Fahrbetrieb voneinander abweichen, weil die Emissionswerte im tatsächlichen Fahrbetrieb von zahlreichen Faktoren, insbesondere dem individuellen Fahrverhalten beeinflusst werden und eine Korrelation gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, ist ohne Bedeutung. Denn der Käufer darf berechtigt erwarten, dass günstige Prüfstandswerte sich unter durchschnittlichen Umständen auch in günstigen Werten im Echtbetrieb niederschlagen. Die Werte des NEFZ sollen dem Käufer ja gerade eine diesbezügliche Einschätzung vermitteln.

c) Das von der Beklagten erhebliche Zeit nach Abschluss des Kaufvertrages angebotene, vom Kraftfahrtbundesamt genehmigte Software-Update, das die Klagepartei knapp 2 Jahre nach Kaufvertragsabschluss aufspielen ließ, lässt den Schaden nicht entfallen, denn dieser liegt im Abschluss des von der Klagepartei nicht gewollten Vertrages. Es handelt sich lediglich um ein Angebot zur Schadensbegrenzung.

<rd nr="75"/>d) Die Klagepartei verhält sich auch nicht im Sinne des § 242 BGB treuwidrig, wenn sie trotz Durchführung des Software-Updates Schadensersatz verlangt. Ohne Software- Update wäre der Fortbestand der Betriebserlaubnis gefährdet gewesen. Ob - wie die Beklagte unter Hinweis auf Feststellungen des Kraftfahrtbundesamtes behauptet - mit dem Software-Update die zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses versprochenen Werte erreicht werden, ohne dass dies mit Nachteilen sonstiger Art verbunden wäre, muss nicht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden. Im Rahmen der Prüfung der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB sind alle Umstände abzuwägen. Hier wurde die Klagepartei durch eine vorsätzlich sittenwidrig Handlung geschädigt. Das von der Beklagten angebotene Software -Update ist in der Öffentlichkeit umstritten; dem Senat ist aus zahlreichen einschlägigen Verfahren bekannt, dass von Käufern betroffener Fahrzeuge häufig negative Auswirkungen wie ein höherer Kraftstoffverbrauch, veränderte Fahreigenschaften oder eine erhöhte Verschleißanfälligkeit behauptet werden. In diesem Rahmen ist auch zu berücksichtigen, dass ein gewisses Misstrauen nachvollziehbar erscheint: es stellt sich nämlich die Frage, warum die Beklagte noch im Jahr 2015 und darüber hinaus mit der streitgegenständlichen Software versehene Fahrzeuge in den Verkehr gebracht hat, wenn es bereits Mitte 2016 möglich war, die vorgeschriebenen Werte auch anderweitig zu erreichen, ohne dass dies mit Nachteilen verbunden wäre - und diesen Zustand sogar nachträglich durch ein Software-Update herzustellen, dessen Installation 35 € kostet.

4. Zum Ausgleich erzielter Vorteile muss die Klagepartei sich jedoch eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 11.660 € anrechnen lassen.

a) Wenn ein Geschädigter durch Täuschung zum Abschluss eines Vertrags veranlasst wurde, steht ihm im Rahmen der Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrags zu. Er ist wirtschaftlich möglichst so zu stellen, wie er ohne das schadensstiftende Ereignis stünde (BGH, NJW-RR 2015, 275 Rn. 25).

Es entspricht dabei der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dem Geschädigten neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben dürfen, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind.

Der Schadensersatzanspruch ist von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile herausgegeben werden. Gleichartige Gegenansprüche sind automatisch zu saldieren. Solange Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig sind, muss der Schädiger Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten. Darauf, ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt, kommt es nicht an, insbesondere bedarf es anders als in den Fällen der §§ 320, 322, 348 BGBorm> keines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schädigers (BGH, NJW 2015, 3160 Rn. 21ff; BGH, NJW-RR 2005, 70 Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vorb v § 249 Rn. 71).

Mithilfe des Vorteilsausgleichs soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde; andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, d.h. dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Maßgeblich ist, ob die Anrechnung von Vorteilen im Einzelfall nach Sinn und Zweck des Schadensersatzrechts unter Berücksichtigung der gesamten Interessenlage der Beteiligten nach Treu und Glauben dem Geschädigten zugemutet werden kann (BGH, NJW 2012, 928 Rn. 58; BGH, NJW 2007, 2695 Rn. 18).

b) Nach diesen Maßstäben hat vorliegend eine Anrechnung der von der Klagepartei durch die Nutzung des Fahrzeuges erzielten Gebrauchsvorteile stattzufinden. Diese hat das Fahrzeug fortlaufend - auch noch nach Bekanntwerden der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung - bestimmungsgemäß genutzt und auf diese Art und Weise Aufwendungen für ein anderes Transportmittel erspart, d.h. einen geldwerten Vorteil erlangt. Der gezogene Nutzungsvorteil ist keiner, der ohne das schädigende Ereignis bei der Klagepartei verblieben wäre. Denn auch ohne das schädigende Ereignis hätte sie ein Kraftfahrzeug geführt und somit die daraus resultierenden Nutzungsvorteile für sich in Anspruch genommen.

c) Soweit die Klagepartei prinzipielle Einwände gegen einen Vorteilsausgleich im Rahmen der deliktischen Haftung vorbringt, greifen diese nicht durch, vgl. bereits BGH, NJW 1962, 1909f; Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vorb v § 249 Rn. 94.

Der Senat folgt vielmehr der bislang wohl einhelligen Meinung der Obergerichte, wonach auch im Rahmen der sog. „Diesel-Problematik“ bei einer Verurteilung gemäß § 826 BGB ein Vorteilsausgleich stattzufinden hat (so etwa: OLG München, BeckRS 2019, 25424 Rn. 77ff; OLG Koblenz, NJW 2019, 2237 Rn. 82ff; OLG Karlsruhe, BeckRS 2019, 3395 Rn. 110ff; OLG Köln, NJW-RR 2019, 984 Rn. 45; KG Berlin, BeckRS 2019, 22712 Rn. 116ff, OLG Naumburg, Urteil vom 27. September 2019, 7 U 24/19 - juris, Rn. 107ff; OLG Düsseldorf, BeckRS 2019, 32199 Rn. 82ff; OLG Frankfurt a.M., BeckRS 2019, 30941 Rn. 34ff; OLG Stuttgart, BeckRS 2019, 30073 Rn. 51ff).

1) Insbesondere darf nicht unter Berufung auf einen hohen Unrechtsgehalt der Tat und das sittenwidrige Handeln des Schädigers die Vorteilsanrechnung verweigert werden. Der Einwand, der wegen Arglist haftende Hersteller dürfe die Wertschöpfung des inkriminierten Warenansatzes nicht doch noch im Wege der Schadensberechnung zeitweilig realisieren, da dies dazu führen würde, dass die Haftung für ihn rein wirtschaftlich nahezu keinen Unterschied mache und die Präventionsfunktion des Deliktrechts verfehlt würde (Heese, Herstellerhaftung für manipulierte Diesel-Kraftfahrzeuge, NJW 2019, 257, 261), überzeugt nicht. Das deutsche Zivilrecht sieht als Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung nur den Schadensausgleich (§§ 249 ff BGB) vor, nicht aber eine Bereicherung des Geschädigten. Die Bestrafung und eine - im Rahmen der Schuld angemessene - Abschreckung sind mögliche Ziele des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, nicht aber des Zivilrechts (OLG Koblenz, BeckRS 2019, 21606, Rn. 52; OLG Karlsruhe, BeckRS 2019, 3395 Rn. 117; Riehm, Deliktischer Schadensersatz in den „Diesel-Abgas-Fällen“, NJW 2019, 1105, 1107f).

Es ist nicht Aufgabe des Schadensrechts, das Verhalten des Schädigers in einer über die faktische Rückabwicklung des Vertrages hinausgehenden Weise zu sanktionieren.

2) Soweit gegen einen Vorteilsausgleich in der Literatur mitunter angeführt wird, dass die Kunden das Fahrzeug kaufen, nicht aber „mieten“ wollen (Heese, a.a.O., S. 261f), greift dies ebenfalls nicht durch. Es geht keinesfalls um eine nachträgliche Miete des Fahrzeugs, sondern darum, dass der Käufer durch das schädigende Ereignis zwar keine Nachteile erleiden, aber auch keine Vorteile daraus ziehen soll. Immerhin hatte der Kunde während der gesamten Zeit bis zur Rückgabe des Fahrzeugs ein vollständig gebrauchsfähiges Auto, das er sich ohne den inkriminierten Vertragsschluss anderweitig am Markt gegen Geld hätte besorgen müssen; er hat also schlicht die Aufwendungen für ein anderes Fahrzeug erspart.>

Hinzu kommt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt die Erwartung hegen konnte, sein fahrtüchtiges Fahrzeug nutzen zu können, ohne das Risiko der Wertminderung durch fortschreitende Nutzung desselben tragen zu müssen (Riehm, a.a.O., S. 1108).

r="88"/>3) Entgegen einer in der Literatur teilweise vertretenen Meinung (vgl. etwa Harke, Herstellerhaftung im Abgasskandal, VuR 2017, 83) verbieten auch europarechtliche Vorschriften nicht die Berücksichtigung des Vorteilsausgleichs.

>Soweit argumentiert wird, der im Europarecht zu beachtende Effektivitätsgrundsatz verbiete eine unbillige Belastung des Geschädigten und unbilligen Entlastung des Schädigers, wird verkannt, dass es bereits an einer unbilligen Belastung des Geschädigten fehlt: Dieser muss sich ausschließlich den Wert der tatsächlich gezogenen Nutzungen entgegenhalten lassen, nicht etwa zusätzlich beispielsweise einen Wertverlust der Sache allein durch Alterung.

Ebenso überzeugt nicht das weitere Argument, die einschlägigen europarechtlichen Normen enthielten das Gebot abschreckender Sanktionen. Zwar ist es richtig, dass die einschlägigen europarechtlichen Regelungen dem nationalen Gesetzgeber auferlegen, für Verstö&#223;e wirksame Sanktionen zu verhängen, beispielsweise Art. 13 Abs. 2 Buchst. d 15/2007">VO (EG) 715/2007 betreffend das Verbot illegaler Abschalteinrichtungen. Derartige Sanktionen sind aber wie dargelegt im deutschen Recht regelmäßig dem Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht vorbehalten.

Auch verbietet sich vorliegend eine Parallele zur Frage des kaufvertraglichen Gewährleistungsanspruchs auf Nachlieferung. Denn in der die Nachlieferung regelnden Richtlinie 1999/44/EG ist in Art. 3 Abs. 3 ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der Nachlieferung normiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht es dem nationalen Gesetzgeber demgegenüber insbesondere frei, im Fall der vertraglichen Rückabwicklung dem Verbraucher die Erstattung von Nutzungsersatz aufzuerlegen (vgl. EuGH, Urteil vom 17.04.2008, C-404/06, juris Rn. 39; BGH, Urteil vom 16.09.2009, VIII ZR 243/08, juris Rn. 14f). Regelungen der deliktischen Schadensersatzpflicht des Herstellers bei Verstößen lassen sich den europarechtlichen Vorschriften zur Typgenehmigung nicht entnehmen (überzeugend: OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 119ff).

>4) Schließlich besteht auch kein Anlass, den Nutzungsersatz im Hinblick auf den der Sache anhaftenden Mangel herabzusetzen (a.A.: Harke, a.a.O., S. 91f). Die Berücksichtigung des mit dem Mangel verbundenen Minderwerts kommt nur in Betracht, wenn der Mangel die tatsächliche Nutzung erheblich einschränkt. Vorliegend war allein die fortdauernde Nutzbarkeit aus Rechtsgründen nicht sichergestellt, auf den tatsächlichen Gebrauch hatte dies aber keine oder nur geringe Auswirkungen (so auch OLG München, a.a.O., Rn. 84f).

5) Der in Abzug zu bringende Nutzungsvorteil beschränkt sich auch nicht auf die Zeit bis zum Eintritt des Verzuges. Gegenteiliges kann auch nicht aus Billigkeitswägungen (§ 242 BGB) hergeleitet werden. Der teilweise vorgebrachte Einwand, die Beklagte habe es sonst in der Hand, den Rü;ckabwicklungsanspruch zu ihren eigenen Gunsten zu beeinflussen, indem sie die berechtigten Ansprüche nicht befriedige (Bruns, Aktuelles zur Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Diesel-Skandal, NJW 2019, 2211), mag im Ergebnis zwar zutreffen. Diese Argumentation verkennt jedoch, dass im Falle der Nichtbefriedigung von Ansprüchen zeitnah der Rechtsweg beschritten werden kann. Es ist dann legitim, wenn eine Partei das Bestehen von Ansprüchen verneint und sich in einem Prozess entsprechend verteidigt. Es kann nicht die Aufgabe des Schadensersatzrechts sein, ein legitimes Verhalten zu sanktionieren (OLG Koblenz, NJW 2019, 2237 Rn. 86). Im Übrigen hatte und hat die Klagepartei es selbst in der Hand, das Fahrzeug einem weiteren Anstieg der Nutzungsvorteils zu entziehen, indem es nicht weiter gefahren wird.

d) Die zeitanteilige lineare Wertminderung ist im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer, ausgehend vom Bruttokaufpreis im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO zu ermitteln (BGH, NJW 1995, 2159, 2161; Beck, Der Rücktritt vom Kfz-Kaufvertrag und seine prozessuale Durchführung, NJW 2018, 29). Anknüpfungspunkt ist also der gezahlte Bruttokaufpreis, der den Nutzungswert des Fahrzeugs verkörpert. Die im Einzelfall unter gewöhnlichen Umständen zu erzielende Gesamtfahrlaufleistung stellt den Gesamtgebrauchswert dar. Zu vergüten sind die Gebrauchsvorteile bei der Rückgabe des Fahrzeugs. Die bei Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs für jeden gefahrenen Kilometer zu zahlende Nutzungsentschädigung ist somit in der Weise zu ermitteln, dass der vereinbarte (Brutto-)Kaufpreis durch die voraussichtliche Restlaufleistung des Fahrzeugs (im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer) geteilt wird (BGH, BeckRS 2015, 1267).

e) Der Senat schätzt gemäß § 287 ZPO die Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs auf 250.000 km. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Fahrleistung, die ein Fahrzeug in seiner Lebensdauer zurücklegen kann, von verschiedenen Faktoren abhängig ist, nicht nur von der Lebensdauer des Motors, sondern auch der anderen Bauteile. Die Lebensdauer des Motors ist unter anderem von Größe und Leistung des Motors und insbesondere auch vom Nutzungsverhalten abhängig. Für Dieselfahrzeuge dieser Preisklasse und Qualität wird die durchschnittliche Laufleistung in der Rechtsprechung wie hier überwiegend auf 250.000 km geschätzt (vgl. OLG Karlsruhe, BeckRS 2019, 28272 Rn. 104 m.w.N.; BGH, BeckRS 2015, 1267).

f) Dies ergibt folgende Abrechnung: 96.655 gefahrene Kilometer (102.114 Tachostand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzüglich 5.459 Tachostand zum Zeitpunkt des Erwerbs) : Restlaufleistung des Fahrzeugs 244.541 km (250.000 Gesamtlaufleistung - 5.459 Tachostand zum Zeitpunkt des Erwerbs) x 29.500 € Kaufpreis = 11.660 € (gerundet).

II.

Die Klage auf Zahlung von Zinsen ist nur teilweise begründet.

1. Die Erweiterung des Zinszeitraums in der Berufungsinstanz ist gemäß §; § 533, 264 Nr. 2 ZPO zulässig.

2. Der Zinsanspruch ergibt sich im zugesprochenen Umfang aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der im Schreiben vom 16.08.2017 (Anlage K2) gesetzten Frist.

Dass die Klagepartei in diesem Schreiben die Rückgabe des Fahrzeugs von der Rückzahlung des gesamten Kaufpreises abhängig gemacht hat anstatt die von der Klagepartei geschuldete Nutzungsentschädigung in Abzug zu bringen, ist ohne Bedeutung. Das Bestehen einer Einrede nach § 273 BGBabk> hindert im Gegensatz zu einer solchen nach § 320 BGBnorm> den Schuldnerverzug nicht (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 320 Rn. 12; Staudinger/Feldmann (2019) BGB § 286, Rn. 18, m.w.N.).

"101"/>Ein weitergehender Anspruch auf Verzinsung bereits ab dem Datum des Kaufvertragsschlusses oder der Zahlung des Kaufpreises ergibt sich nicht aus § 849 BGB.

Zwar regelt § 849 BGB, dass der Verletzte, falls wegen Entziehung einer Sache der Wert oder wegen Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen ist, Zinsen des zu ersetzenden Betrages von dem Zeitpunkt an verlangen kann, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

§ 849 BGB erfasst dabei jeden Sachverlust durch ein Delikt (BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007, II ZR 167/06, NJW 2008, 1084). Sache kann hierbei auch jede Form von Geld sein (BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007, II ZR 167/06, NJW 2008, 1084; BGH, Urteil vom 14.01.1953, VI ZR 9/52, NJW 1953, 499, 500). § 849 BGB ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht durch § 90 BGB, wonach nur körperliche Gegenstände Sachen im Sinne des Gesetzes sind, auf die Entziehung von Bargeld beschränkt (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007, II ZR 167/06, NJW 2008, 1084). Eine Entziehung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung wie beim Betrug oder der Erpressung dazu bestimmt, die Sache wegzugeben oder über sie zu verfügen; eine Entziehung ohne oder gegen den Willen des Geschädigten ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007, II ZR 167/06, NJW 2008, 1084). Der Umstand, dass der Kläger den Kaufpreis selbst bezahlt hat, steht daher einer Verzinsung nach § 849 BGB nicht entgegen.

Dennoch scheitert vorliegend ein Anspruch nach § 849 BGB. Denn der Regelung des § 849 BGB kann ein allgemeiner Rechtssatz dahin, deliktische Schadensersatzansprüche seien stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen, nicht entnommen werden (BGH, Urteil vom 12.06.2018, KZR 56/16, juris Rn. 45 m.w.N.). Sinn und Zweck des § 849 BGB ist der Ausgleich des endgültig verbleibenden Verlusts an Nutzbarkeit der Sache, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGH, Urteil vom 24.02.1983, VI ZR 191/81, NJW 1983, 1614, 1614 f.).

Dem Kläger wurde hier der Kaufpreis jedoch nicht ersatzlos entzogen. Vielmehr hat er dafür im Gegenzug Eigentum und Besitz an dem streitgegenständlichen Fahrzeug erhalten und konnte dieses nutzen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.11.2019, 13 U 37/19, juris Rn. 137; OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2019, 13 U 149/18, juris Rn. 99; OLG Koblenz, Urteil vom 28.08.2019, 5 U 1218/18, juris Rn. 136; einschränkend unter Abzug einer Wertminderung des Fahrzeugs: OLG Koblenz, Urteil vom 16.09.2019, 12 U 61/19, juris Rn. 84; a.A: OLG Oldenburg, Urteil vom 02.10.2019, 5 U 47/19, juris, Rn. 47 ff; OLG Köln, Beschluss vom 27.06.2019, 27 U 14/19, juris Rn. 34f; OLG Köln, Beschluss vom 17.07.2019, 16 U 199/18, juris Rn. 29). Die Berücksichtigung eines mit dem Mangel verbundenen Minderwerts käme auch insoweit nur in Betracht, wenn der Mangel die tatsächliche Nutzbarkeit des Fahrzeugs relevant eingeschränkt hätte. Vorliegend war lediglich die fortdauernde Nutzbarkeit aus Rechtsgründen nicht sichergestellt. Die tatsächliche Nutzbarkeit war jedoch nicht konkret eingeschränkt. Insbesondere hat sich die Gefahr einer Nutzungsuntersagung bislang nicht verwirklicht.

Darüber hinaus wäre dem Kläger der Geldbetrag, den er hier aufgrund der Täuschung zum Erwerb des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs verwendet hat, auch dann nicht zur Nutzung zur Verfügung gestanden, wenn er den verfahrensgegenständlichen Kaufvertrag nicht abgeschlossen und das Geld stattdessen zum Erwerb eines anderen Fahrzeugs eingesetzt hätte (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.11.2019 - 13 U 37/19, juris Rn. 139; OLG Koblenz, Urteil vom 28.08.2019 - 5 U 1218/18, juris Rn. 136).

III.

Der Antrag II auf Freistellung von außergerichtlichen Kosten seines Rechtsanwalts M.H. ist lediglich in Höhe von in Höhe von 1.242,84 € aus §§ 826, 249 Abs. 1 BGB begründet.

Der Kläger durfte sich veranlasst sehen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., Vorb v § 249 Rn. 41), zur Verfolgung seiner Ansprüche aus § 826 BGB gegen die Beklagte einen Rechtsanwalt zu mandatieren.

Zu diesem Zeitpunkt im August 2017 bestand ein Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe von 23.836,63 €, der als Gegenstandswert zugrunde zu legen ist. Von einer gleichmäßigen Verteilung der zwischen Erwerb des Fahrzeugs und mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gefahrenen Kilometer ausgehend (zur linearen Verteilung: BGH, Beschluss vom 09. Dezember 2014, VIII ZR 196/14, juris Rn. 2) ist der Kläger bis Mitte August 2017 ca. 46.946 km (insgesamt gefahrene 96.655 : 52,5 Monate Gesamtnutzungsdauer bis Mitte November 2019 x 25,5 Monate bis Mitte August 2017) gefahren. Dies ergibt nach der oben durchgeführten Berechnung eine Nutzungsentschädigung in Höhe von ca. 5.663,37 € und damit einen verbleibenden Anspruch in Höhe von 23.836,63 €.

Anzusetzen ist eine Mittelgebühr von 1,3 gemäß Nummer 2300 VV RVG. Zwar trifft es zu, dass die vorliegende Angelegenheit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht besonders komplex und schwierig ist, dies wird jedoch dadurch kompensiert, dass der Prozessbevollmächtigte der Klagepartei gerichtsbekannt in einer Vielzahl gleich gelagerte Fälle tätig wird.

Dies ergibt insgesamt einen freistellungspflichtigen Anspruch in Höhe von 1242,84 € ((788 € × 1,3) +20 €) xl 1,19).

Zinsen waren nicht zuzusprechen. Gemäß §§ 288, 291 BGB sind Geldschulden zu verzinsen; ein Freistellungsanspruch ist jedoch keine Geldschuld. Dass und warum die Klagepartei ihrem Prozessbevollmächtigten gegenüber zur Zahlung von Zinsen verpflichtet ist - mit der Konsequenz, dass die diesbezügliche Verpflichtung eine weitere freistellungspflichtige Schadensposition wäre - hat die Klagepartei nicht vorgetragen. Ein Hinweis hierauf war entbehrlich, da es sich insoweit nur um eine geringfügige Nebenforderung handelt, § 139 Abs. 2 ZPO.

IV.

Der Antrag, festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 11.10.2017 mit der Rücknahme des im Klageantrag I bezeichnen Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet, ist unbegründet.

Die Klagepartei hat mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 16.08.2017 die Beklagte aufgefordert, das Fahrzeug Zug um Zug gegen Rückzahlung des gesamten Kaufpreises in Höhe von 29.500 € bis 06.09.2017 zurückzunehmen. Geschuldet ist, wie oben ausgeführt, jedoch lediglich eine Rückzahlung von 17.840 €.

Zwar hat die Beklagte mit Schreiben vom 10.10.2017 mitgeteilt, dass sie dem Wunsch der Klagepartei das Fahrzeug zurückzugeben, nicht entsprechen kann. Gemäß § 295 BGB führt eine Erklärung des Gläubigers, dass er die Leistung nicht annehmen werde, nur dazu, dass ein wörtliches Angebot des Schuldners ausreicht; ein solches Angebot liegt jedoch nicht vor.

Auch ein wörtliches Angebot ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn offenkundig ist, dass die Gläubigerin auf ihrer Weigerung beharren wird (BGH, Versäumnisurteil vom 21.02.2017, XI ZR 467/15, juris Rn. 30), also unter keinen Umständen bereit ist, die Leistung anzunehmen (BGH, Urteil vom 09.10.2000, II ZR 75/99, juris Rn. 5). Eine solche Offenkundigkeit erscheint fraglich, zumal die Beklagte, wie dem Senat bekannt ist, zu späteren Zeitpunkten zahlreiche Rückabwicklungsvergleiche geschlossen hat. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass die Klagepartei nicht bereit gewesen wäre, das Fahrzeug Zug um Zug gegen Zahlung des tatsächlich geschuldeten Betrages in Höhe von 17.840 € an die Beklagte zurückzugeben. Auch im vorliegenden Prozess hat die Klagepartei die Auffassung vertreten, eine Nutzungsentschädigung nicht zu schulden.

V.

1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Gemäß § 543 Abs. 2 Nummer 2 ZPO war die Revision zuzulassen. Soweit der Senat einen Anspruch aus §§ 826,31 BGB bejaht, weicht er sowohl von den Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte, als auch von Entscheidungen des 3. Senats des Oberlandesgerichts München ab.

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