Entscheidung vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 1 U 177/10 - 46

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3. März 2010 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 12 O 271/06 - wie folgt abgeändert:

1. Der gegen die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner gerichtete Schmerzensgeldanspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen materiellen und künftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfallereignis vom 18.07.2006 folgt, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist oder noch übergehen wird.

II. Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

A.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schmerzensgeld und die Feststellung der Eintrittspflicht für sämtliche materiellen und künftige immateriellen Schäden, die ihr aus dem Unfallereignis vom 18.07.2006 im Bereich der Stadt D. entstanden sind und noch entstehen.

Die Klägerin unternahm am späten Vormittag des 18.07.2006 zusammen mit ihrem Hund einen Waldspaziergang, der durch ein Waldgrundstück führt, das der Beklagten zu 1) gehört. Es handelt sich um einen ca. 300 ha großen, planmäßig bewirtschafteten Wald, der in der Stadtrandlage von D. liegt und entsprechend seiner Nähe zur Stadt von der Bevölkerung als Naherholungsgebiet stark frequentiert und als „D. H. Wald“ bezeichnet wird. Das Waldgebiet ist in forstübliche Abteilungen eingeteilt. Im Bereich der Abteilung 8.1. steht ein (im Jahre 2006) 106-jähriger Eichenwald, der teilweise mit anderen Laub- und Nadelhölzern gemischt ist.

Von einer ca. 5 bis 6 m neben dem von der Klägerin begangenen, ca. 3,5 m breiten Forstwirtschaftsweg stehenden Eiche löste sich ein Ast und traf die Klägerin am Hinterkopf. Bei dem Ast handelte es sich um einen so genannten Starkast, der ca. 17 m lang, mehrfach gekrümmt und in ca. 4,5 m Entfernung vom Stamm gegabelt war. Der Durchmesser an der Starkastbasis beträgt 26 cm, im Ausgangsbereich des Bruches - ca. 1,8 bis 2 m Entfernung vom Stamm - ca. 23 cm. Zum Unfallzeitpunkt herrschte leichter Wind und es war sehr warm.

Die Klägerin wurde durch den herabfallenden Ast am Hinterkopf getroffen, wodurch eine schwere Hirnschädigung eintrat. Nach stationären Aufenthalten im X. -krankenhaus in S. sowie in einer Klinik für Wachkomapatienten im W. befindet sie sich nunmehr in häuslicher Pflege bei ihrer Schwester. Sie wird durch ihre Mutter als Betreuerin vertreten.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass der fragliche Baum derart offenkundig geschädigt und nicht mehr verkehrssicher gewesen sei, dass eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht offen zutage liege. Angesichts des höchst bedenklichen Erscheinungsbildes von Baum und Ast habe eine „einfache Sichtkontrolle vom Boden aus“ nicht genügt. Eine Kontrolle unter Einsatz von Kranwagen, einer Hebebühne oder ähnlichem Gerät sei auch ohne weiteres möglich gewesen (Schriftsatz vom 3.1.2007; Bl. 98 d.A.).

Die Beklagte zu 1) habe auch ihr obliegende Organisationspflichten verletzt, da für die Kontrolle eines einzelnen Baumes lediglich 48 Sekunden zur Verfügung gestanden hätten und lediglich ein einziger Baumkontrolleur in der VTA-Methode geschult gewesen sei. Die Schulungen des Beklagten zu 2), der speziell für die Baumkontrollen verantwortlich bei der Beklagten zu 1) angestellt sei - insoweit unstreitig -, stammten aus dem Jahre 2001 und seien zu lange zurückliegend. Im Übrigen lägen auch Dokumentationsmängel vor.

Der Beklagte zu 2) hafte neben der Beklagten zu 1), weil er konkret mit den Baumkontrollen beauftragt und hierfür verantwortlich gewesen sei.

Die Klägerin sieht mit Blick auf die bei ihr bestehenden schwersten Schädigungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 EUR sowie das Feststellungsbegehren als gerechtfertigt an. Sie habe neben den eingetretenen schweren Hirnschädigungen wohl auch weitere Infarkte erlitten. Aussicht auf eine Heilung bestehe nicht. Eine Lähmung werde wohl bleiben, jedoch sei die weitere Entwicklung nicht im Einzelnen abzusehen (Schriftsatz der Klägerin vom 17.03.2008 S. 4 ff. d.A.; Bl. 426 ff. d.A.). Was das Schmerzensgeld und seine Höhe anbelange, so werde der Mindestbetrag im Antrag zu 1) für die Zeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung begehrt; der Feststellungsantrag umfasse alle künftigen Schäden.

Die Beklagten haben erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Unfall verursachende Baum nicht abgestorben gewesen sei. Der in Rede stehende Ast sei zumindest in Teilen belaubt gewesen. Die für den Abbruch des Astes ursächliche Faulstelle sei von außen nicht erkennbar gewesen, wobei der Ast am Ansatz des Stammes abgebrochen und in diesem Bereich noch fest und lebend gewesen sei. Die Gefahrenquelle sei im Rahmen der Sichtkontrolle nach VTA nicht erkennbar gewesen. Zweimal jährlich - und zwar am 15. Februar und 15. September - lasse die Beklagte zu 1) entlang der Hauptwege Sichtkontrollen nach der VTA-Methode durch geschulte Mitarbeiter jeweils zum Zustand der Bäume mit und ohne Laub durchführen. In den Jahren 2005 und 2006 seien diese anlässlich von Sturmereignissen auf die Zeiträume 06. bis 07.06.2005, 26.01.2006 sowie 25.05.2006 vorgezogen worden. Neben den ständigen Kontrollen und den zweimal jährlich stattfindenden Sichtkontrollen würden im Rahmen von Projektschwerpunkten Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit durchgeführt. So seien im Jahr 2004 auch Totäste bei einem Hubbühneneinsatz entfernt worden, so dass sie insgesamt einer ihnen eventuell obliegenden Verkehrssicherungspflicht genügt hätten.

Vorliegender Sachverhalt falle auch nicht unter den Schutzzweck der Verkehrssicherungspflicht, weil gerade ein nicht morscher Astteil heruntergefallen sei und sich dabei ein Geschehensablauf verwirklicht habe, der nicht vorhersehbar gewesen sei. Das geforderte Schmerzensgeld halten sie für überhöht.

Das Landgericht hat durch das am 03.03.2010 verkündete Urteil, auf das wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wie auch wegen der darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen (Bl. 686 ff. d.A.).

Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht festgestellt werden könne, dass der Beklagte zu 2) unmittelbar oder die Beklagte zu 1) im Rahmen eines Verschuldens nach § 831 BGB oder unmittelbar nach § 823 Abs. 1 BGB im Rahmen eines Organisationsverschuldens Verkehrssicherungspflichten hinsichtlich des von der Klägerin begangenen „D. H. Waldes“ verletzt hätten. Nach der Rechtsprechung habe der Waldbesitzer grundsätzlich keine Vorkehrungen gegen die typischen Gefahren des Waldes zu treffen, lediglich vor atypischen Gefahren habe er den Besucher zu schützen. Astabbruch stelle indes eine typische Gefahr dar, sodass keine generelle Verpflichtung des Waldbesitzers bestehe, quasi vorbeugend generelle Kontrollen von Bäumen durchzuführen, die sich innerhalb eines Waldgebietes befinden, auch nicht, soweit diese an als Wanderwegen genutzten Waldwegen stehen. Etwas Anderes gelte dann, wenn besondere Anhaltspunkte für eine zeitlich nahe Gefahrenverwirklichung vorliegen würden, wodurch sich die Verkehrssicherungspflicht auf wesentlich konkretere Gefahren beschränke. Vorliegend könne lediglich von einer latenten Gefahr ausgegangen werden, wenn der Sachverständige ausführe, dass seit Abbruch der Hauptkrone vor etwa 5 bis 10 Jahren die Gefahr des Abbruches des Astes bestanden habe, dies aber auch noch weitere 10 Jahre hätte dauern können. Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung scheide aber auch dann aus, wenn man von einer generellen Überprüfungspflicht von Bäumen im Bereich von Waldwegen ausgehen wollte, denn es sei nicht erwiesen, dass die an dem Ast an der Oberseite vorhandene Überwallung über der Verletzung des Astes durch vermutlich Geschosssplitter im zweiten Weltkrieg, die neben dem Effekt des so genannten temperaturbedingten „Sommerbruchs“ als Mitursache anzusehen sei, bei einer Kontrolle vom Boden aus überhaupt zu sehen gewesen sei. Eine generelle Untersuchung der Bäume im Wegebereich mittels einer Hubbühne sei nicht geschuldet. Soweit die Beklagten dargelegt hätten, dass tatsächlich Baumkontrollen durchgeführt worden seien, stelle dies eine überobligatorische zusätzliche Maßnahme dar, die nicht zu einem erhöhten Umfang der Verkehrssicherungspflicht - auch nicht unter Vertrauensgesichtspunkten - führe.

Die Klägerin hat mit einem am 01.04.2010 (Bl. 719 ff. d.A.) eingegangenen Antrag Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Rechtsanwalts G. zur Durchführung der Berufung beantragt und diesen im Einzelnen begründet. Der Senat hat mit Beschluss vom 24.08.2010, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugegangen am 27.08.2010 (Bl. 748, 749, 752 d.A.), der Klägerin Prozesskostenhilfe antragsgemäß bewilligt. Mit einem bei Gericht am 30.08.2010 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Antrag auf Wiedereinsetzung in der vorherigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungs- wie auch hinsichtlich der Berufungsbegründungsfrist gestellt und die Berufung nebst Berufungsbegründung eingereicht. Über diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss in der Sitzung vom 23.02.2011 antragsgemäß entschieden (Bl. 786 d.A.).

Zur Begründung ihres Rechtsmittels macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:

Der Annahme des Landgerichts, der Waldbesitzer habe grundsätzlich keine Vorkehrungen gegen die typischen Gefahren des Waldes zu treffen, könne nicht zugestimmt werden. Die Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers müsse differenziert beurteilt werden, insbesondere danach, ob es sich um unwegsames Waldgelände oder - wie hier - um einen Baum handele, der am Rand eines Geh- oder Wanderweges stehe. Auch insoweit gelte, dass Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen seien, wenn eine Gefahrenlage erkennbar sei, die Wahrscheinlichkeit einer Gefahrverwirklichung gegeben sei und die Folgen eines Nichthandelns mit Blick auf mögliche Schäden schwerwiegend sein könnten. Nach den Ausführungen des erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen sei die akute Gefahrensituation, die mit dem Baum verbunden gewesen sei, nach dem Kronenabbruch erkennbar gewesen. Nachdem die Krone abgebrochen sei, sei diese auch durch die Beklagten entfernt und entsorgt worden. Der Sachverständige habe es bereits als erforderlich angesehen, dass der Baum nach dem Kronenabbruch habe gefällt werden müssen, da der Kronenabbruch prägend für die Gesamtgefahrensituation gewesen sei. Was den vom Landgericht herangezogenen Aspekt der „zeitlich nahen Gefahrenverwirklichung“ anbelange, so gebe die Begründung des Landgerichts die Ausführungen des Sachverständigen unrichtig wieder. Dieser habe erklärt, dass die Gefahr der zeitlich nahen Gefahrverwirklichung bereits seit Abbruch der Hauptkrone, also bereits 5 bis 10 Jahre zurückliegend, bestanden habe. Im Hinblick darauf sei seit diesem Zeitpunkt bereits die akute und nicht etwa lediglich latente Möglichkeit einer Realisierung der Gefahr gegeben gewesen. Die durch das Landgericht vorgenommene Differenzierung danach, ob „Anhaltspunkte für eine zeitlich nahe Gefahrverwirklichung“ vorlagen oder - wie es das Landgericht als erforderlich angesehen hatte - ob „die Gefahr der zeitlich nahen Schadensverwirklichung“ bestand, sei im Übrigen nicht nachvollziehbar und führe in Verbindung mit der Annahme des Landgerichts, dass eine Verpflichtung zum Eingreifen nur in dem Fall der (erkennbar) bevorstehenden Realisierung der Gefahr bestehe, zu unvertretbaren Ergebnissen. Vorliegend sei es reiner Zufall gewesen, dass es so lange gedauert habe, bis der Ast abbrach. Das Landgericht verkenne zudem, dass der Sachverständige der Faulstelle eine untergeordnete Bedeutung für den Abbruch des Astes beimesse. Die maßgebliche Ursache liege nach dessen Feststellungen in der durch den Kronenabbruch hervorgerufenen Situation in Verbindung mit den sonstigen problematischen Eigenschaften des Astes, die ein überdeutliches Alarmsignal dargestellt hätten. Dem Sägemehlgesichtspunkt komme schon deshalb keine Bedeutung zu, da das Sägemehl von außen nicht erkennbar war. Wenn die Klägerin zunächst die von den Beklagten behaupteten Kontrollen bestritten habe, so mache sie sich dennoch hilfsweise das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten zu eigen. Im Übrigen lasse sich der Aussage des Zeugen Dr. A. entnehmen, dass an dem fraglichen Baum im Jahre 2004 eine Maßnahme durchgeführt worden sei, bei der ein Hubbühneneinsatz erfolgt sei, um Äste zu beseitigen, eine Maßnahme, die immer wieder geplant und durchgeführt werde. Dem Landgericht könne nicht zugestimmt werden, dass die von den Beklagten behaupteten Kontrollmaßnahmen überobligatorisch gewesen seien. Unabhängig davon könne man nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass sich hierbei ergebende und auftretende Erkenntnisse ohne weiteres unbeachtet bleiben können.

Die Klägerin beantragt (Bl. 785, 756 d.A.),

das Saarländische Oberlandesgericht möge das angefochtene Urteil des Landgerichts Saarbrücken abändern und wie folgt erkennen:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, das aber mindestens 200.000 EUR betragen müsste.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen materiellen und künftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfallereignis vom 18.07.2006 folgt.

Die Beklagten beantragen (Bl. 785, 776 d.A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bereits erstinstanzlich vorgebrachten Argumente. Sie weisen insbesondere darauf hin, dass sich den Ausführungen des Sachverständigen gerade keine akute Gefahrensituation entnehmen lasse, denn dieser sei von seinen früheren Angaben, es habe eine Vorhersehbarkeit einer zeitlich nahen Gefahrenverwirklichung bestanden, gerade abgerückt. Der Hubbühneneinsatz habe nicht einer Baumkontrolle gedient und sei auch nicht von Baumkontrolleuren durchgeführt worden. Eine Sichtkontrolle habe zuvor vom Boden aus stattgefunden.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat eine weitergehende Beweiserhebung durch Anhörung des Sachverständigen Dipl. Forstwirt F. angeordnet, wegen deren Ergebnisses auf das Sitzungsprotokoll vom 21.09.2011 (Bl. 822 ff. d.A.) Bezug genommen wird.

In Vorbereitung der Anhörung hat der Sachverständige zudem eine schriftliche Stellungnahme z.d.A. gereicht (Bl. 808-811 d.A.).

Entscheidungsgründe

B.

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache hinsichtlich beider Beklagten Erfolg nach Maßgabe der Urteilsformel. Im Rahmen des Feststellungsantrages war ein eventueller Forderungsübergang auf Dritte klarstellend zu berücksichtigen.

I.

Die Beklagten haften der Klägerin aus dem Unfallereignis vom 18.07.2006 als Gesamtschuldner dem Grunde nach auf Zahlung eines (Teil-) Schmerzensgeldes gemäß den §§ 823, 31, 253, 840 Abs.1 BGB. Insoweit konnte zulässigerweise durch Grundurteil entschieden werden (§ 304 ZPO), denn das geltend gemachte Schmerzensgeldbegehren ist zwar dem Grunde nach, aber nicht in der Höhe entscheidungsreif. Des Weiteren war entsprechend dem Klageantrag zu 2) festzustellen (§ 256 ZPO), dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen materiellen und künftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfallereignis vom 18.07.2006 folgt (§§ 823, 31, 249 ff., 253, 840 Abs.1 BGB).

a) Auf der Grundlage der erstinstanzlichen wie auch der ergänzend zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme rechtfertigt sich nach Auffassung des Senats die Annahme, dass die Beklagte zu 1) schuldhaft die ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Die verkehrssicherungsrechtliche Gefahrenzuständigkeit ergibt sich aus ihrer Stellung als Eigentümerin des Waldes und damit auch des streitgegenständlichen Baumes, aber auch aufgrund ihrer Verantwortlichkeit für den eigenen Herrschafts- und Organisationsbereich als Eigentümerin des Waldgrundstückes, in dem sich der Weg befindet, an dessen Rand der Baum stand und steht. Die Klägerin muss sich in diesem Zusammenhang das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten zu 2), dessen Stellung bei der Beklagten zu 1) bezogen auf den relevanten Pflichtenkreis als diejenige eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters zu qualifizieren ist, gemäß § 31 BGB als eigenes zurechnen lassen.

b) Darüber hinaus besteht eine Eigenhaftung des Beklagten zu 2) nach den §§ 823, 249 ff, 253 BGB.

II.

Ob der Beklagten zu 1) als Eigentümerin des Waldgrundstückes eine Verkehrssicherungspflicht des Inhalts oblag, dass sie den Gefahren zu begegnen hatte, die aus der Zulassung einer Benutzung der Wege durch Wanderer, Jogger und andere Waldbenutzer in dem Wald entstehen können, und welcher Umfang dieser beizumessen ist, ist differenziert zu betrachten.

1. Wer auf seinem Grundstück einen Verkehr eröffnet und zulässt, haftet grundsätzlich für dessen Verkehrssicherheit. Allerdings müssen nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, die im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren liegen und geeignet sind, solche Gefahren abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (BGH NJW 1978, 1629; BGH VersR 2002, 247, BGH VersR 2006, 803). Das allgemeine Lebensrisiko und das eigene Risiko eines Verkehrsteilnehmers, ebenso wie die Frage der Zumutbarkeit für den Pflichtigen auch unter dem Gesichtspunkt der volkswirtschaftlichen Angemessenheit des Kosten- und Personalaufwands, ggf. auch Belange des Umweltschutzes, setzen der Verkehrssicherungspflicht Grenzen. Der Verkehr muss zudem gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln oder Unterlassen entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, als unvermeidbar und daher als Risiko hinnehmen (BGH VersR 1974, 88). Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur vor, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefährdung für Dritte hinweisen. Derzeit ist der Umfang der Verkehrssicherungspflichten im Wald nicht gesetzlich normiert, sodass insoweit die allgemeinen Grundsätze von Verkehrssicherungspflichten gelten. Der in § 14 Abs. 1 S. 3 BWaldG enthaltene Passus „Auf eigene Gefahr“ schließt nicht die allgemeine Verkehrssicherungspflicht für Waldbesitzer aus, sondern lediglich die Entstehung besonderer zusätzlicher Verkehrssicherungspflichten (OLG Köln NJW-RR 1987, 988; OLG Düsseldorf NJW-RR 2008,1247; Staudinger, BGB, 2009, § 823 RZ. E 171 mwN).

2. Für die Verkehrssicherungspflicht im Wald gilt zunächst der Grundsatz, dass der Waldbesitzer lediglich für atypische Gefahren, nicht für typische Gefahren haftet. Typische Gefahren sind solche, die sich aus der Natur und der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben. Mit den typischen Gefahren hat der Waldbenutzer zu rechnen. Vom Verkehrssicherungspflichtigen kann grundsätzlich nicht verlangt werden, dass jeder Baum, für den er Verantwortung trägt, völlig frei von Mängeln und Gefahren ist. Die Verkehrserwartung des Waldbesuchers kann nicht dahin gehen, dass angelegte Wege und Einrichtungen im Wald völlig gefahrlos betreten werden können. Der Waldbesucher muss mit den typischen Gefahren, die von Bäumen ausgehen, rechnen und für seine Sicherheit sorgen.

Diese Grundregel, dass für typische Gefahren des Waldes nicht zu haften ist, gilt indes nicht uneingeschränkt. Die Anwendung dieser Regel wird maßgeblich von der Zweckbestimmung der Fläche und auch der Verkehrserwartung der Waldbenutzer abhängen. Insofern ist zunächst festzustellen, dass den Waldbesitzer für Bäume im gewöhnlichen Bestand keine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der typischen Waldgefahren trifft und er nicht verpflichtet ist, die Bäume regelmäßig auf Gefahren für Waldbesucher hin zu untersuchen und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Problematisch ist indes die Frage, welche Grundsätze für den Erholungswald gelten, insbesondere für die Verkehrssicherungspflicht entlang stark frequentierter Wege im Erholungswald. Insoweit ist anzunehmen, dass mit der Zunahme des Verkehrs im Erholungswald, die mit einem veränderten Freizeitverhalten der Waldbenutzer, das eine intensivere Nutzung des Waldes beinhaltet, den Waldbesitzer entlang der Wege eine zunehmende Verkehrssicherungspflicht treffen kann. Zwar kann die Verkehrserwartung auch dort nicht dahin gehen, dass angelegte Wege völlig gefahrlos betreten werden können. Inwieweit der Waldbesitzer dennoch auf der anderen Seite gehalten sein kann, jedenfalls die Bäume am Wegesrand zu kontrollieren und vorhandene erkennbare Gefahren zu beseitigen, kann nicht allgemein beantwortet werden (vgl. zum Ganzen auch B., Agrar- und Umweltrecht 2004, 175). Die den Waldeigentümer treffenden Verkehrssicherungspflichten sind stark Einzelfall bezogen, weshalb sich starre Bewertungsmuster verbieten. Hierzu existiert auch – soweit ersichtlich - noch keine gefestigte einheitliche Rechtsprechung. Die von dem Landgericht zitierte Entscheidung des Landgerichts Tübingen vom 3.02.2006 (NuR 2007, 780) betraf einen nur beschränkt öffentlichen Wirtschaftsweg im Inneren des Bestandes und ist damit mit dem vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Gleiches gilt in Bezug auf das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 25.09.2002 (NuR 2007, 778), dem andere tatsächliche Verhältnisse zugrunde lagen.

3. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte zu 1) unter Berücksichtigung der im Streitfall vorliegenden konkreten besonderen Umstände eine – allerdings herabgestufte und eingeschränkte – Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der am Rande des Erholungsweges stehenden Bäume traf, die sie unabhängig von der Typizität der Gefahr, jedenfalls dann zum Einschreiten verpflichtete, wenn sich ihr konkrete Anhaltspunkte für eine besondere, unmittelbare Gefährdung geboten haben.

Der Waldbesitzer, der weiß, dass sein Wald von Besuchern frequentiert wird, wird ohnehin die häufig benutzten Waldwege von Zeit zu Zeit begehen müssen, um eine allgemeine Überprüfung auch mit Blick auf ggf. vorhandene atypische Gefahren vornehmen zu können. Dies wird auch der Fall sein, wenn beispielsweise Sonderkontrollen durch besondere Ereignisse, wie Sturm pp., veranlasst sind. Gleiches wird auch gelten, wenn der Waldbesitzer von besonderen Umständen Kenntnis erlangt, die eine erhöhte Gefährdung der Waldbesucher mit sich bringen können. Bieten sich unter den genannten Umständen konkrete Anhaltspunkte für eine besondere unmittelbare Gefährdung, besteht Überprüfungs- und Handlungsbedarf, dies betrifft jedenfalls die am oder im unmittelbaren Bereich des Weges stehenden Bäume.

Dies vorausgeschickt, gilt im Streitfall Folgendes:

Vorliegend handelt es sich um einen Weg in dem Waldstück der Beklagten zu 1), der entsprechend seiner Nähe zur Stadt D. von der Bevölkerung als Naherholungsgebiet stark frequentiert wird. Der Baum befand sich ca. 5-6 m neben dem Weg und besaß jedenfalls in Bezug auf den schadensstiftenden Ast mit seiner Länge von 17 m ein Ausmaß, aufgrund dessen er - wie das Unfallgeschehen zeigt - jedenfalls geeignet war, auf den Weg zu stürzen und damit dort befindliche Besucher zu schädigen. Es handelte sich mithin nicht um einen Baum im Bestand, für den andere Kriterien heranzuziehen sind.

Berücksichtigend, dass nach den eigenen Angaben der Beklagten sich dort häufiger Besuchergruppen aufhalten und auch Kindergartenbesuche dort stattfinden, der Wald mit seinen Wegen auch ansonsten von Wanderern, Joggern pp. genutzt wird, so traf die Beklagte zu 1) jedenfalls die Verpflichtung, in angemessenen Abständen die frequentierten Wege zu begehen und diese - wie oben bereits ausgeführt - einer Sichtkontrolle vom Boden aus zu unterziehen. Dabei können sicherlich nicht die von der Rechtsprechung für die Verkehrssicherungspflicht von Straßenbäumen entwickelten Grundsätze unbesehen übernommen werden, wonach grundsätzlich zweimal im Jahr die Bäume im belaubten und im unbelaubten Zustand zu kontrollieren sind (insoweit grundlegend BGH VersR 1965, 475; BGH NJW 2001, 1389; OLG Hamm, VersR 1998, 188). Bezogen auf die vorzunehmende Sichtkontrolle sind vielmehr die Maßnahmen zu treffen, die einerseits unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestandes im Zuständigkeitsbereich der Beklagten zu 1) überhaupt zumutbar sind und andererseits gegen die Abwehr konkret erkennbarer Gefahren erforderlich sind.

Vorliegend haben die Beklagten ihrerseits vorgetragen, regelmäßig entsprechende Kontrollmaßnahmen ergriffen zu haben, indem sie zweimal jährlich Kontrollen im belaubten und unbelaubten Zustand durch geschulte Mitarbeiter durchgeführt haben, des Weiteren seien anlassbezogene Sichtungen vorgenommen worden. Für die Entscheidung vorliegenden Rechtsstreits kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Beklagte zu 1) mit den von ihr nach ihrer Darlegung durchgeführten umfangreichen Maßnahmen ggf. überobligationsmäßig gehandelt hat und ob der Vertrauensschutz der Klägerin dahingehen konnte, durch Maßnahmen dieses Umfanges bei Begehung des Waldes geschützt zu werden.

4. Denn nach dem Ergebnis der in erster Instanz wie auch ergänzend in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht zur hinreichenden Überzeugung des Senats fest (§ 286 ZPO), dass der Beklagte zu 2), dem im Rahmen der Organisation der Beklagten zu 1) Leitung und Pflege dieses Zuständigkeitsbereiches verantwortlich übertragen war, jedenfalls auch bei einer nur gelegentlich vorzunehmenden Begehung des Waldes und Kontrolle der am Wegesrand stehenden Bäume hätte erkennen können und müssen, dass von dem schadensstiftenden Baum eine unmittelbare konkrete, ja akute Gefahr ausging. Denn auch bei einer nur in angemessenen Abständen zu fordernden Kontrolle hätte der Beklagte zu 2) zu den entsprechenden Einsichten gelangen müssen. Dabei ist maßgeblich zu Grunde zu legen eine schlichte Sichtkontrolle vom Boden aus bezogen auf Gesundheit und Standsicherheit der Bäume (vgl. - allerdings zur Kontrolle von Straßenbäumen - BGH VersR 1965, 475; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 467; OLG Hamm, VersR 1998, 1889). Dass im Übrigen regelmäßig tatsächlich entsprechende Kontrollen stattfanden, haben die Beklagten selbst vorgetragen.

a) Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Forstwirt F. war konkreter Auslöser des Abbruchs des Astes zum einen der generelle Sommerbruch, bei dem es sich um einen Versagensmechanismus begünstigt durch Trockenheit/hohe Temperaturen handelt, zum anderen die den oberen Astquerschnitt durch Durchtrennung seines Zugmuskels schwächende Starkastfäule, vermutlich generiert durch Geschosssplitter aus dem zweiten Weltkrieg.

Zwar kann nach den unstreitigen Fakten i.V.m. den Darlegungen des Sachverständigen nicht angenommen werden, dass die Bruchstelle, die sich in einer Höhe von 8 bis 10 m auf der Oberseite des Astes befand, bei einer Sichtkontrolle vom Boden aus hätte erkannt werden können und für weitergehende Maßnahmen hätte Veranlassung geben müssen (vgl. Anhörung des Sachverständigen F. Bl. 663 d.A.; Privatgutachten L. vom 04.12.2006, Bl. 112 d.A.; Gutachten des Dr. K. vom 03.08.2006 S. 5, Anlagenband).

Hierauf kommt es indes nicht entscheidend an. Denn das Spezifische der hier aktualisierten Gefahr bestand nach den Ausführungen des Sachverständigen in der vor 5 bis 10 Jahren weggebrochenen Hauptkrone, dem lediglich noch verbliebenen Nebenbereich des später abgebrochenen schweren, schräg stehenden Astes sowie der Charakteristik des Astes als Löwenschwanzast mit der nur noch geringen aktiven Ernährung durch die Laubquaste. Hauptursache für die Beeinträchtigung der Stabilität des Baumes bzw. für die negative Veränderung der statischen Verhältnisse sei dabei der Abbruch der Hauptkrone. Bereits die beeindruckende Masse des Starkastes sei als Kriterium der Gefahrenträchtigkeit anzusehen, da der Starkast sein erhebliches Gewicht als Last wegen Schrägstandes statisch ungünstig in den Stamm ableiten musste. Hinzu komme, dass der Starkast sich vor dem Versagen nicht in einem sich gegenseitig stützenden Astverbund eines normalen Kronengefüges der Eiche befunden habe. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige einen senkrechten Wuchs des Starkastes anhand seines Verlaufes nach Stammaustritt und dem weiteren Verlauf des unmittelbar angrenzenden Holzstückes definitiv ausgeschlossen (Bl. 6 Erg.GA, Anlagenband). Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei anzunehmen, dass der Teil der Kronenspitze, der zum gebrochenen Stamm des Unfallbaumes gehörte, in das Kronendach über den Weg hineinwuchs (Bl. 10 Erg.GA, Anlagenband). Darüber hinaus war – so der Sachverständige - bei dem Starkast das Astbruchrisiko aufgrund seiner Schlankheit stark erhöht; dessen L/D-Verhältnis lag bei 65, was jedenfalls Veranlassung gegeben haben müsste, weitere äußere durch die Körpersprache sichtbare Merkmale zu beachten, unabhängig davon, ob die Bewertung des Löwenschwanzastes als hartes Versagenskriterium zu erfolgen hat.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen F. stellte der Baum aufgrund dieser konkreten Besonderheiten eine unmittelbare Gefahr dar, die sich jederzeit realisieren konnte und daher als akut anzusehen war. Er hat letzteren Aspekt für den Senat nachvollziehbar näher in der Weise erläutert, dass im biologischen Bereich der zeitliche Rahmen einer möglichen Gefahrenverwirklichung nicht näher begrenzt werden könne und lediglich gesagt werden könne, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Gefahr bestehe, ohne allerdings genau zu wissen, wann sie sich verwirkliche. Ab diesem Zeitpunkt bestehe Handlungsbedarf (vgl. auch Anmerkung von M. S. 35 Erg.GA, Anlagenband).

Dies berücksichtigend steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der schadensstiftende Ast unter den konkreten Bedingungen jederzeit nach Wegfall der Hauptkrone hätte abbrechen können und mithin eine akute und unmittelbare Gefährdung darstellte.

b) Der Sachverständige hat darüber hinaus keinen Zweifel daran gelassen, dass der Wegbruch der Hauptkrone etwa 5 bis 10 Jahren vor dem Unfallereignis, der verbliebene Nebenbereich des später abgebrochenen Astes sowie die Charakteristik des Astes als Löwenschwanzast mit der nur geringen, noch aktiven Ernährung durch die Laubquaste (Bl. 664 d.A.) äußere, eine akute Gefahr indizierende Merkmale darstellten, die einem Baumkontrolleur auch bei einer Sichtkontrolle vom Boden aus Veranlassung zu weiteren Maßnahmen in Form der Fällung des Baumes, jedenfalls aber zu einer genaueren Kontrolle hätten geben müssen. Die von ihm beschriebenen Zusammenhänge der weggebrochenen Krone und des Verbleibens des Starkastes in Verbindung mit weiteren natürlichen Bedingungen, nämlich hohen Temperaturen, die zu einem Austrocknen des Astes und einer Verminderung der Oberflächenspannung führen, hätten von einem geschulten Kontrolleur erkannt und bedacht werden müssen. Der Sachverständige hat dies jedenfalls für einen sachverständigen Kontrolleur, der mit baumphysiologischen Gegebenheiten vertraut ist, bejaht, wobei er derartige Kenntnisse nicht an dem Absolvieren eines forstwirtschaftlichen Studiums festmachte, sondern auf den Sachverstand bezog, der von dem Grad der Schulung und den gewonnenen Erfahrungen abhängt.

Der Beklagte zu 2) ist promovierter Diplom-Forstwirt; er ist bei der Beklagten zu 1) für den in Rede stehenden Bereich des Waldgrundstückes zuständig und hat nach den Darlegungen der Beklagten sich jeweils entsprechend weitergebildet. Der Senat hat keine ausreichenden Anhaltspunkte anzunehmen, dass der Beklagte zu 2), der den betreffenden Bereich der Beklagten zu 1) organisiert und leitet, nicht als geschulter Kontrolleur im Sinne der Ausführungen des Sachverständigen anzusehen ist. Unabhängig davon hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung aber zudem bekräftigt, dass sich jedenfalls auch für einen „normalen“ Baumkontrolleur ein Anfangsverdacht hätte ergeben müssen, der zu weitergehenden Untersuchungen bzw. Rückfragen hätte Anlass geben müssen.

Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass in der Vegetationsperiode 2006 der Ast noch Blätter gebildet hatte, hat der Sachverständige dies bestätigt und als Beleg dafür angesehen, dass das System Baum noch lebte. Entscheidende Bedeutung kommt dem allerdings nach den Ausführungen des Sachverständigen deshalb nicht zu, weil unabhängig davon das System vielfältig äußerlich erkennbar geschwächt war (GA S. 16; Anlagenband) und eine auch nur geringe Belastung erkennbar ausreichen würde, um das System zum Teil oder ganz zum Versagen zu bringen. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige zudem den Sommerbruch als zusätzlichen, gegenüber der vorhandenen Faulstelle wesentlicheren Auslöser für den Zusammenbruch des Systems angesehen und insoweit klargestellt, dass die Gefahr des Sommerbruchs, insbesondere bei Pappeln und Eichen auch schon vor dem Unfall hinlänglich bekannt war (Anhörung Bl. 824 d.A.; Erg.GA S.27 mit den dort angegebenen Literaturrecherchen, Anlagenband), wenn auch erstmals der zitierte Fachartikel aus dem Jahre 2007 „Neue Erkenntnisse zum Sommerbruch grüner Äste“ von W. und M. die Problematik umfassender und tiefgründiger behandelte. Damit waren auch die besonderen sommerlichen Verhältnisse, die eine erhöhte Bruchgefährdung durch eine eingeschränkte Wasserversorgung des Stammes mit sich brachten, auf Seiten des Beklagten zu 2) bei der Gefahrenkontrolle und Beherrschung zumindest präventiv in Rechnung zu stellen. Die Gefahr durfte den Kontrolleuren der Beklagten zu 1) auch deshalb nicht entgehen, weil sie schon lange vorlag. Der Sachverständige hat auch den Einwand der Beklagten, die Erkenntnisse zu Löwenschwanzästen seien erstmals 2007 vorgestellt worden, unter Hinweis auf bereits 2005 veröffentlichte Untersuchungen von M. entkräftet (Bl. 22 Erg.GA, Anlagenband).

5. Der Senat hat sich von dem Gutachten des Sachverständigen F. und seinen Erläuterungen im Termin vom 28.09.2011 überzeugen lassen. Der Einholung eines weiteren Baumgutachtens gemäß § 412 Abs. 1 ZPO, wie es von den Beklagten beantragt wurde, bedurfte es nicht. Das Gutachten ist frei von Widersprüchen und nicht mängelbehaftet, der Senat misst ihm einen ausreichenden Überzeugungswert bei. Soweit in den von den Beklagten vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen L. sowie der Sachverständigen B. eine Erkennbarkeit der Gefahr verneint wurde und der Sachverständige sich hiermit hinsichtlich des Ergebnisses in Widerspruch befindet, so veranlassen die dortigen Ausführungen nicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens. Beide Gutachten setzen sich mit der Problematik der gebrochenen Hauptkrone und dem damit einhergehenden, am Rande der Überlastung stehenden Schwächezustand des Baumes nicht in vertiefender Weise auseinander, sondern leiten die Nichterkennbarkeit der Gefährdung im Wesentlichen aus der bei einer bloßen Sichtkontrolle nicht wahrnehmbaren Faulstelle auf der Oberseite des Astes ab. Die dortigen Ausführungen vermögen daher die Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen F. für die hier relevanten Fragestellungen nicht zu entkräften.

Nach alledem begründete der auf den Weg gestürzte Starkast nach seinem Wuchs und nach weiteren besonderen Gegebenheiten eine akute Gefahr des Abbruchs und damit der Gefährdung von Benutzern des Erholungsweges. Diese Gefahr hat sich im vorliegenden Fall auch realisiert. Es handelte sich um eine außergewöhnliche Gefahr, die aber vorhersehbar war und bei pflichtgemäßer Kontrolle auch hätte erkannt werden können.

6. Die Beklagte zu 1) haftet mithin dem Grunde nach für das Unfallereignis vom 18.07.2006, da ihr das Handeln bzw. Unterlassen des Beklagten zu 2) als eigenes Handeln zuzurechnen ist.

Den Begriff des satzungsmäßigen Vertreters legt die Rechtsprechung weit aus (BGHZ 49, 19). Es ist nicht erforderlich, dass die Tätigkeit des Vertreters in der Satzung vorgesehen ist. Er braucht auch keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zu besitzen. Es genügt, dass ihm durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind und er die juristische Person insoweit repräsentiert. Weisungsgebundenheit im Innenverhältnis ist unschädlich (BGHZ 49, 19; BGHZ NJW 1998, 1854, 56; BGH NJW 1977, 2259; RGZ 162, 166). Nach den Angaben des Zeugen Dr. A. existiert eine gesonderte Stabsabteilung, in der der Beklagte zu 2) speziell beauftragt und für den gesamten Bereich Forst, Landschaftsbau und Naturschutz zuständig ist (Bl. 202 d. A.). Die Anleitung für die Durchführung der Arbeiten erfolgt durch den Beklagten zu 2), dieser ist unmittelbar zuständig für den Wald (Angaben des Zeugen Dr. Be., Bl. 204 d. A.). Die von den Beklagten vorgelegte Verfahrensvorschrift zur Organisation der Aufgabenbereiche Naturschutz, Landschaftsbau und Flächenmanagement (Anl. B 2, Anlagenband), die von dem Beklagten zu 2) erstellt wurde, weist unter Ziffer 2 als zuständigen Betreiber der Grün- und Brachflächen im H.gelände die Organisationseinheit Naturschutz, Landschaftsbau, Forstwirtschaft aus, wobei der Beklagte zu 2) dort wie auch in der Checkliste Sachgebiet „Naturschutz und Landschaftsbau“ als zuständiger Ansprechpartner benannt ist. Auf Seite 4 der Verfahrensvorschrift ist festgehalten, dass der Beklagte zu 2) die Funktionen der Organisationseinheit „UST-Naturschutz, Landschaftsbau, Forst“ fachlich wahrnimmt Soweit die zitierte „Verfahrensvorschrift“ hinsichtlich des Privatforstbetriebes „H. Wald“ auf eine gesonderte VV verweist, haben die Beklagten diese nicht vorgelegt. Unter Berücksichtigung der Angaben der Zeugen kann indes nicht zweifelhaft sein, dass der Beklagte zu 2) auch insoweit eigenverantwortlich und leitend diesem Bereich vorsteht.

III.

Darüber hinaus besteht eine unmittelbare Eigenhaftung des Beklagten zu 2) für das Unfallereignis vom 18.07.2006.

Die Haftung der juristischen Person schließt eine persönliche Haftung des Repräsentanten nicht aus. Verwirklicht der Repräsentant einen ihn treffenden Haftungstatbestand, kann er selbst schadensersatzpflichtig sein, und zwar neben der juristischen Person als Gesamtschuldner. Eine Schadensersatzhaftung wegen Unterlassens kommt insbesondere wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Betracht, setzt indes voraus, dass der verfassungsmäßig berufene Vertreter als zuständiges Organmitglied eine Garantenstellung inne hat (BGH NJW 1990, 976; BGH NJW 1990, 2877; BGH VersR 1987, 935; Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 31 Rz. 27 ff.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Zwar bestehen Pflichten aus der Stellung des Beklagten zu 2) zur ordnungsgemäßen Ausführung der ihm übertragenen Aufgaben der Beklagten zu 1) zunächst grundsätzlich nur gegenüber dieser und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche nur gegenüber der Gesellschaft entstehen. Auch soweit es um ein Versagen des verfassungsgemäßen Vertreters bei der Erfüllung von Pflichten geht, die die juristische Person gegenüber Dritten zu erfüllen hat, trifft die Einstandspflicht hierfür gegenüber dem betroffenen Dritten prinzipiell nur die Gesellschaft, nicht ihr Organ. Anderes gilt aber, wenn mit den Pflichten aus der Organstellung gegenüber der Gesellschaft Pflichten einhergehen, die von dem verfassungsmäßigen Vertreter nicht mehr nur für die Gesellschaft als deren Organ zu erfüllen sind, sondern die ihn aus besonderen Gründen persönlich gegenüber dem Dritten treffen. Dies kann im deliktischen Bereich, insbesondere wegen einer dem verfassungsgemäßen Vertreter als Aufgabe zugewiesenen oder von ihm jedenfalls in Anspruch genommenen Garantenstellung zum Schutz fremder Schutzgüter im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB der Fall sein, die ihre Träger der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut haben. Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die der Beklagten zu 1) obliegende allgemeine Verkehrssicherungspflicht, die der Allgemeinheit gegenüber bestand, vorliegend zu bejahen.

IV.

Beide Beklagte haften der Klägerin mithin gesamtschuldnerisch für das Unfallereignis vom 18.07.2006 (§ 840 Abs.1 BGB).

a) Hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 1) begehrten Schmerzensgeldes wird es zur Höhe noch weiterer Feststellungen bedürfen, sodass insoweit lediglich durch Grundurteil im Sinne des § 304 Abs. 1 ZPO entschieden werden konnte. Zum Betragsverfahren hat die Klägerin insbesondere zu den weiteren, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingetretenen Entwicklungen noch nicht näher vorgetragen. Insoweit bedarf es im Rahmen des Betragsverfahrens weitergehender Darlegungen sowie ggf. auch entsprechender Feststellungen durch sachverständige Begutachtung.

b) Die Feststellungsverurteilung hinsichtlich materieller und zukünftiger immaterieller Schäden, die noch nicht bezifferbar oder noch nicht eingetreten sind, ist ohne weiteres gerechtfertigt. Bereits angesichts der schweren Verletzungen der Klägerin besteht die nahe liegende Möglichkeit der Verwirklichung weiterer Schäden und Leiden, was keiner Vertiefung bedarf.

C.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist mangels eines vollstreckungsfähigen Inhalts des vorliegenden Urteils nicht veranlasst (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 704 Rz. 2; Thomas/ Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 704 RZ. 1).

Der Senat sah es als sachdienlich an, die Revision zuzulassen (§§ 543 Abs. 1 Nr.1, 543 Abs. 2 Nr.1 ZPO). Die Frage, ob und in welchem Umfange den privaten Waldbesitzer für die an frequentierten Wegen im Erholungswald stehenden Bäume Verkehrssicherungspflichten insbesondere auch zur Abwehr ggfls. typischer Waldgefahren treffen können, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt und von grundsätzlicher Bedeutung.

Gründe

B.

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache hinsichtlich beider Beklagten Erfolg nach Maßgabe der Urteilsformel. Im Rahmen des Feststellungsantrages war ein eventueller Forderungsübergang auf Dritte klarstellend zu berücksichtigen.

I.

Die Beklagten haften der Klägerin aus dem Unfallereignis vom 18.07.2006 als Gesamtschuldner dem Grunde nach auf Zahlung eines (Teil-) Schmerzensgeldes gemäß den §§ 823, 31, 253, 840 Abs.1 BGB. Insoweit konnte zulässigerweise durch Grundurteil entschieden werden (§ 304 ZPO), denn das geltend gemachte Schmerzensgeldbegehren ist zwar dem Grunde nach, aber nicht in der Höhe entscheidungsreif. Des Weiteren war entsprechend dem Klageantrag zu 2) festzustellen (§ 256 ZPO), dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen materiellen und künftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfallereignis vom 18.07.2006 folgt (§§ 823, 31, 249 ff., 253, 840 Abs.1 BGB).

a) Auf der Grundlage der erstinstanzlichen wie auch der ergänzend zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme rechtfertigt sich nach Auffassung des Senats die Annahme, dass die Beklagte zu 1) schuldhaft die ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Die verkehrssicherungsrechtliche Gefahrenzuständigkeit ergibt sich aus ihrer Stellung als Eigentümerin des Waldes und damit auch des streitgegenständlichen Baumes, aber auch aufgrund ihrer Verantwortlichkeit für den eigenen Herrschafts- und Organisationsbereich als Eigentümerin des Waldgrundstückes, in dem sich der Weg befindet, an dessen Rand der Baum stand und steht. Die Klägerin muss sich in diesem Zusammenhang das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten zu 2), dessen Stellung bei der Beklagten zu 1) bezogen auf den relevanten Pflichtenkreis als diejenige eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters zu qualifizieren ist, gemäß § 31 BGB als eigenes zurechnen lassen.

b) Darüber hinaus besteht eine Eigenhaftung des Beklagten zu 2) nach den §§ 823, 249 ff, 253 BGB.

II.

Ob der Beklagten zu 1) als Eigentümerin des Waldgrundstückes eine Verkehrssicherungspflicht des Inhalts oblag, dass sie den Gefahren zu begegnen hatte, die aus der Zulassung einer Benutzung der Wege durch Wanderer, Jogger und andere Waldbenutzer in dem Wald entstehen können, und welcher Umfang dieser beizumessen ist, ist differenziert zu betrachten.

1. Wer auf seinem Grundstück einen Verkehr eröffnet und zulässt, haftet grundsätzlich für dessen Verkehrssicherheit. Allerdings müssen nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, die im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren liegen und geeignet sind, solche Gefahren abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (BGH NJW 1978, 1629; BGH VersR 2002, 247, BGH VersR 2006, 803). Das allgemeine Lebensrisiko und das eigene Risiko eines Verkehrsteilnehmers, ebenso wie die Frage der Zumutbarkeit für den Pflichtigen auch unter dem Gesichtspunkt der volkswirtschaftlichen Angemessenheit des Kosten- und Personalaufwands, ggf. auch Belange des Umweltschutzes, setzen der Verkehrssicherungspflicht Grenzen. Der Verkehr muss zudem gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln oder Unterlassen entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, als unvermeidbar und daher als Risiko hinnehmen (BGH VersR 1974, 88). Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur vor, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefährdung für Dritte hinweisen. Derzeit ist der Umfang der Verkehrssicherungspflichten im Wald nicht gesetzlich normiert, sodass insoweit die allgemeinen Grundsätze von Verkehrssicherungspflichten gelten. Der in § 14 Abs. 1 S. 3 BWaldG enthaltene Passus „Auf eigene Gefahr“ schließt nicht die allgemeine Verkehrssicherungspflicht für Waldbesitzer aus, sondern lediglich die Entstehung besonderer zusätzlicher Verkehrssicherungspflichten (OLG Köln NJW-RR 1987, 988; OLG Düsseldorf NJW-RR 2008,1247; Staudinger, BGB, 2009, § 823 RZ. E 171 mwN).

2. Für die Verkehrssicherungspflicht im Wald gilt zunächst der Grundsatz, dass der Waldbesitzer lediglich für atypische Gefahren, nicht für typische Gefahren haftet. Typische Gefahren sind solche, die sich aus der Natur und der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben. Mit den typischen Gefahren hat der Waldbenutzer zu rechnen. Vom Verkehrssicherungspflichtigen kann grundsätzlich nicht verlangt werden, dass jeder Baum, für den er Verantwortung trägt, völlig frei von Mängeln und Gefahren ist. Die Verkehrserwartung des Waldbesuchers kann nicht dahin gehen, dass angelegte Wege und Einrichtungen im Wald völlig gefahrlos betreten werden können. Der Waldbesucher muss mit den typischen Gefahren, die von Bäumen ausgehen, rechnen und für seine Sicherheit sorgen.

Diese Grundregel, dass für typische Gefahren des Waldes nicht zu haften ist, gilt indes nicht uneingeschränkt. Die Anwendung dieser Regel wird maßgeblich von der Zweckbestimmung der Fläche und auch der Verkehrserwartung der Waldbenutzer abhängen. Insofern ist zunächst festzustellen, dass den Waldbesitzer für Bäume im gewöhnlichen Bestand keine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der typischen Waldgefahren trifft und er nicht verpflichtet ist, die Bäume regelmäßig auf Gefahren für Waldbesucher hin zu untersuchen und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Problematisch ist indes die Frage, welche Grundsätze für den Erholungswald gelten, insbesondere für die Verkehrssicherungspflicht entlang stark frequentierter Wege im Erholungswald. Insoweit ist anzunehmen, dass mit der Zunahme des Verkehrs im Erholungswald, die mit einem veränderten Freizeitverhalten der Waldbenutzer, das eine intensivere Nutzung des Waldes beinhaltet, den Waldbesitzer entlang der Wege eine zunehmende Verkehrssicherungspflicht treffen kann. Zwar kann die Verkehrserwartung auch dort nicht dahin gehen, dass angelegte Wege völlig gefahrlos betreten werden können. Inwieweit der Waldbesitzer dennoch auf der anderen Seite gehalten sein kann, jedenfalls die Bäume am Wegesrand zu kontrollieren und vorhandene erkennbare Gefahren zu beseitigen, kann nicht allgemein beantwortet werden (vgl. zum Ganzen auch B., Agrar- und Umweltrecht 2004, 175). Die den Waldeigentümer treffenden Verkehrssicherungspflichten sind stark Einzelfall bezogen, weshalb sich starre Bewertungsmuster verbieten. Hierzu existiert auch – soweit ersichtlich - noch keine gefestigte einheitliche Rechtsprechung. Die von dem Landgericht zitierte Entscheidung des Landgerichts Tübingen vom 3.02.2006 (NuR 2007, 780) betraf einen nur beschränkt öffentlichen Wirtschaftsweg im Inneren des Bestandes und ist damit mit dem vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Gleiches gilt in Bezug auf das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 25.09.2002 (NuR 2007, 778), dem andere tatsächliche Verhältnisse zugrunde lagen.

3. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte zu 1) unter Berücksichtigung der im Streitfall vorliegenden konkreten besonderen Umstände eine – allerdings herabgestufte und eingeschränkte – Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der am Rande des Erholungsweges stehenden Bäume traf, die sie unabhängig von der Typizität der Gefahr, jedenfalls dann zum Einschreiten verpflichtete, wenn sich ihr konkrete Anhaltspunkte für eine besondere, unmittelbare Gefährdung geboten haben.

Der Waldbesitzer, der weiß, dass sein Wald von Besuchern frequentiert wird, wird ohnehin die häufig benutzten Waldwege von Zeit zu Zeit begehen müssen, um eine allgemeine Überprüfung auch mit Blick auf ggf. vorhandene atypische Gefahren vornehmen zu können. Dies wird auch der Fall sein, wenn beispielsweise Sonderkontrollen durch besondere Ereignisse, wie Sturm pp., veranlasst sind. Gleiches wird auch gelten, wenn der Waldbesitzer von besonderen Umständen Kenntnis erlangt, die eine erhöhte Gefährdung der Waldbesucher mit sich bringen können. Bieten sich unter den genannten Umständen konkrete Anhaltspunkte für eine besondere unmittelbare Gefährdung, besteht Überprüfungs- und Handlungsbedarf, dies betrifft jedenfalls die am oder im unmittelbaren Bereich des Weges stehenden Bäume.

Dies vorausgeschickt, gilt im Streitfall Folgendes:

Vorliegend handelt es sich um einen Weg in dem Waldstück der Beklagten zu 1), der entsprechend seiner Nähe zur Stadt D. von der Bevölkerung als Naherholungsgebiet stark frequentiert wird. Der Baum befand sich ca. 5-6 m neben dem Weg und besaß jedenfalls in Bezug auf den schadensstiftenden Ast mit seiner Länge von 17 m ein Ausmaß, aufgrund dessen er - wie das Unfallgeschehen zeigt - jedenfalls geeignet war, auf den Weg zu stürzen und damit dort befindliche Besucher zu schädigen. Es handelte sich mithin nicht um einen Baum im Bestand, für den andere Kriterien heranzuziehen sind.

Berücksichtigend, dass nach den eigenen Angaben der Beklagten sich dort häufiger Besuchergruppen aufhalten und auch Kindergartenbesuche dort stattfinden, der Wald mit seinen Wegen auch ansonsten von Wanderern, Joggern pp. genutzt wird, so traf die Beklagte zu 1) jedenfalls die Verpflichtung, in angemessenen Abständen die frequentierten Wege zu begehen und diese - wie oben bereits ausgeführt - einer Sichtkontrolle vom Boden aus zu unterziehen. Dabei können sicherlich nicht die von der Rechtsprechung für die Verkehrssicherungspflicht von Straßenbäumen entwickelten Grundsätze unbesehen übernommen werden, wonach grundsätzlich zweimal im Jahr die Bäume im belaubten und im unbelaubten Zustand zu kontrollieren sind (insoweit grundlegend BGH VersR 1965, 475; BGH NJW 2001, 1389; OLG Hamm, VersR 1998, 188). Bezogen auf die vorzunehmende Sichtkontrolle sind vielmehr die Maßnahmen zu treffen, die einerseits unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestandes im Zuständigkeitsbereich der Beklagten zu 1) überhaupt zumutbar sind und andererseits gegen die Abwehr konkret erkennbarer Gefahren erforderlich sind.

Vorliegend haben die Beklagten ihrerseits vorgetragen, regelmäßig entsprechende Kontrollmaßnahmen ergriffen zu haben, indem sie zweimal jährlich Kontrollen im belaubten und unbelaubten Zustand durch geschulte Mitarbeiter durchgeführt haben, des Weiteren seien anlassbezogene Sichtungen vorgenommen worden. Für die Entscheidung vorliegenden Rechtsstreits kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Beklagte zu 1) mit den von ihr nach ihrer Darlegung durchgeführten umfangreichen Maßnahmen ggf. überobligationsmäßig gehandelt hat und ob der Vertrauensschutz der Klägerin dahingehen konnte, durch Maßnahmen dieses Umfanges bei Begehung des Waldes geschützt zu werden.

4. Denn nach dem Ergebnis der in erster Instanz wie auch ergänzend in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht zur hinreichenden Überzeugung des Senats fest (§ 286 ZPO), dass der Beklagte zu 2), dem im Rahmen der Organisation der Beklagten zu 1) Leitung und Pflege dieses Zuständigkeitsbereiches verantwortlich übertragen war, jedenfalls auch bei einer nur gelegentlich vorzunehmenden Begehung des Waldes und Kontrolle der am Wegesrand stehenden Bäume hätte erkennen können und müssen, dass von dem schadensstiftenden Baum eine unmittelbare konkrete, ja akute Gefahr ausging. Denn auch bei einer nur in angemessenen Abständen zu fordernden Kontrolle hätte der Beklagte zu 2) zu den entsprechenden Einsichten gelangen müssen. Dabei ist maßgeblich zu Grunde zu legen eine schlichte Sichtkontrolle vom Boden aus bezogen auf Gesundheit und Standsicherheit der Bäume (vgl. - allerdings zur Kontrolle von Straßenbäumen - BGH VersR 1965, 475; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 467; OLG Hamm, VersR 1998, 1889). Dass im Übrigen regelmäßig tatsächlich entsprechende Kontrollen stattfanden, haben die Beklagten selbst vorgetragen.

a) Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Forstwirt F. war konkreter Auslöser des Abbruchs des Astes zum einen der generelle Sommerbruch, bei dem es sich um einen Versagensmechanismus begünstigt durch Trockenheit/hohe Temperaturen handelt, zum anderen die den oberen Astquerschnitt durch Durchtrennung seines Zugmuskels schwächende Starkastfäule, vermutlich generiert durch Geschosssplitter aus dem zweiten Weltkrieg.

Zwar kann nach den unstreitigen Fakten i.V.m. den Darlegungen des Sachverständigen nicht angenommen werden, dass die Bruchstelle, die sich in einer Höhe von 8 bis 10 m auf der Oberseite des Astes befand, bei einer Sichtkontrolle vom Boden aus hätte erkannt werden können und für weitergehende Maßnahmen hätte Veranlassung geben müssen (vgl. Anhörung des Sachverständigen F. Bl. 663 d.A.; Privatgutachten L. vom 04.12.2006, Bl. 112 d.A.; Gutachten des Dr. K. vom 03.08.2006 S. 5, Anlagenband).

Hierauf kommt es indes nicht entscheidend an. Denn das Spezifische der hier aktualisierten Gefahr bestand nach den Ausführungen des Sachverständigen in der vor 5 bis 10 Jahren weggebrochenen Hauptkrone, dem lediglich noch verbliebenen Nebenbereich des später abgebrochenen schweren, schräg stehenden Astes sowie der Charakteristik des Astes als Löwenschwanzast mit der nur noch geringen aktiven Ernährung durch die Laubquaste. Hauptursache für die Beeinträchtigung der Stabilität des Baumes bzw. für die negative Veränderung der statischen Verhältnisse sei dabei der Abbruch der Hauptkrone. Bereits die beeindruckende Masse des Starkastes sei als Kriterium der Gefahrenträchtigkeit anzusehen, da der Starkast sein erhebliches Gewicht als Last wegen Schrägstandes statisch ungünstig in den Stamm ableiten musste. Hinzu komme, dass der Starkast sich vor dem Versagen nicht in einem sich gegenseitig stützenden Astverbund eines normalen Kronengefüges der Eiche befunden habe. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige einen senkrechten Wuchs des Starkastes anhand seines Verlaufes nach Stammaustritt und dem weiteren Verlauf des unmittelbar angrenzenden Holzstückes definitiv ausgeschlossen (Bl. 6 Erg.GA, Anlagenband). Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei anzunehmen, dass der Teil der Kronenspitze, der zum gebrochenen Stamm des Unfallbaumes gehörte, in das Kronendach über den Weg hineinwuchs (Bl. 10 Erg.GA, Anlagenband). Darüber hinaus war – so der Sachverständige - bei dem Starkast das Astbruchrisiko aufgrund seiner Schlankheit stark erhöht; dessen L/D-Verhältnis lag bei 65, was jedenfalls Veranlassung gegeben haben müsste, weitere äußere durch die Körpersprache sichtbare Merkmale zu beachten, unabhängig davon, ob die Bewertung des Löwenschwanzastes als hartes Versagenskriterium zu erfolgen hat.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen F. stellte der Baum aufgrund dieser konkreten Besonderheiten eine unmittelbare Gefahr dar, die sich jederzeit realisieren konnte und daher als akut anzusehen war. Er hat letzteren Aspekt für den Senat nachvollziehbar näher in der Weise erläutert, dass im biologischen Bereich der zeitliche Rahmen einer möglichen Gefahrenverwirklichung nicht näher begrenzt werden könne und lediglich gesagt werden könne, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Gefahr bestehe, ohne allerdings genau zu wissen, wann sie sich verwirkliche. Ab diesem Zeitpunkt bestehe Handlungsbedarf (vgl. auch Anmerkung von M. S. 35 Erg.GA, Anlagenband).

Dies berücksichtigend steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der schadensstiftende Ast unter den konkreten Bedingungen jederzeit nach Wegfall der Hauptkrone hätte abbrechen können und mithin eine akute und unmittelbare Gefährdung darstellte.

b) Der Sachverständige hat darüber hinaus keinen Zweifel daran gelassen, dass der Wegbruch der Hauptkrone etwa 5 bis 10 Jahren vor dem Unfallereignis, der verbliebene Nebenbereich des später abgebrochenen Astes sowie die Charakteristik des Astes als Löwenschwanzast mit der nur geringen, noch aktiven Ernährung durch die Laubquaste (Bl. 664 d.A.) äußere, eine akute Gefahr indizierende Merkmale darstellten, die einem Baumkontrolleur auch bei einer Sichtkontrolle vom Boden aus Veranlassung zu weiteren Maßnahmen in Form der Fällung des Baumes, jedenfalls aber zu einer genaueren Kontrolle hätten geben müssen. Die von ihm beschriebenen Zusammenhänge der weggebrochenen Krone und des Verbleibens des Starkastes in Verbindung mit weiteren natürlichen Bedingungen, nämlich hohen Temperaturen, die zu einem Austrocknen des Astes und einer Verminderung der Oberflächenspannung führen, hätten von einem geschulten Kontrolleur erkannt und bedacht werden müssen. Der Sachverständige hat dies jedenfalls für einen sachverständigen Kontrolleur, der mit baumphysiologischen Gegebenheiten vertraut ist, bejaht, wobei er derartige Kenntnisse nicht an dem Absolvieren eines forstwirtschaftlichen Studiums festmachte, sondern auf den Sachverstand bezog, der von dem Grad der Schulung und den gewonnenen Erfahrungen abhängt.

Der Beklagte zu 2) ist promovierter Diplom-Forstwirt; er ist bei der Beklagten zu 1) für den in Rede stehenden Bereich des Waldgrundstückes zuständig und hat nach den Darlegungen der Beklagten sich jeweils entsprechend weitergebildet. Der Senat hat keine ausreichenden Anhaltspunkte anzunehmen, dass der Beklagte zu 2), der den betreffenden Bereich der Beklagten zu 1) organisiert und leitet, nicht als geschulter Kontrolleur im Sinne der Ausführungen des Sachverständigen anzusehen ist. Unabhängig davon hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung aber zudem bekräftigt, dass sich jedenfalls auch für einen „normalen“ Baumkontrolleur ein Anfangsverdacht hätte ergeben müssen, der zu weitergehenden Untersuchungen bzw. Rückfragen hätte Anlass geben müssen.

Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass in der Vegetationsperiode 2006 der Ast noch Blätter gebildet hatte, hat der Sachverständige dies bestätigt und als Beleg dafür angesehen, dass das System Baum noch lebte. Entscheidende Bedeutung kommt dem allerdings nach den Ausführungen des Sachverständigen deshalb nicht zu, weil unabhängig davon das System vielfältig äußerlich erkennbar geschwächt war (GA S. 16; Anlagenband) und eine auch nur geringe Belastung erkennbar ausreichen würde, um das System zum Teil oder ganz zum Versagen zu bringen. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige zudem den Sommerbruch als zusätzlichen, gegenüber der vorhandenen Faulstelle wesentlicheren Auslöser für den Zusammenbruch des Systems angesehen und insoweit klargestellt, dass die Gefahr des Sommerbruchs, insbesondere bei Pappeln und Eichen auch schon vor dem Unfall hinlänglich bekannt war (Anhörung Bl. 824 d.A.; Erg.GA S.27 mit den dort angegebenen Literaturrecherchen, Anlagenband), wenn auch erstmals der zitierte Fachartikel aus dem Jahre 2007 „Neue Erkenntnisse zum Sommerbruch grüner Äste“ von W. und M. die Problematik umfassender und tiefgründiger behandelte. Damit waren auch die besonderen sommerlichen Verhältnisse, die eine erhöhte Bruchgefährdung durch eine eingeschränkte Wasserversorgung des Stammes mit sich brachten, auf Seiten des Beklagten zu 2) bei der Gefahrenkontrolle und Beherrschung zumindest präventiv in Rechnung zu stellen. Die Gefahr durfte den Kontrolleuren der Beklagten zu 1) auch deshalb nicht entgehen, weil sie schon lange vorlag. Der Sachverständige hat auch den Einwand der Beklagten, die Erkenntnisse zu Löwenschwanzästen seien erstmals 2007 vorgestellt worden, unter Hinweis auf bereits 2005 veröffentlichte Untersuchungen von M. entkräftet (Bl. 22 Erg.GA, Anlagenband).

5. Der Senat hat sich von dem Gutachten des Sachverständigen F. und seinen Erläuterungen im Termin vom 28.09.2011 überzeugen lassen. Der Einholung eines weiteren Baumgutachtens gemäß § 412 Abs. 1 ZPO, wie es von den Beklagten beantragt wurde, bedurfte es nicht. Das Gutachten ist frei von Widersprüchen und nicht mängelbehaftet, der Senat misst ihm einen ausreichenden Überzeugungswert bei. Soweit in den von den Beklagten vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen L. sowie der Sachverständigen B. eine Erkennbarkeit der Gefahr verneint wurde und der Sachverständige sich hiermit hinsichtlich des Ergebnisses in Widerspruch befindet, so veranlassen die dortigen Ausführungen nicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens. Beide Gutachten setzen sich mit der Problematik der gebrochenen Hauptkrone und dem damit einhergehenden, am Rande der Überlastung stehenden Schwächezustand des Baumes nicht in vertiefender Weise auseinander, sondern leiten die Nichterkennbarkeit der Gefährdung im Wesentlichen aus der bei einer bloßen Sichtkontrolle nicht wahrnehmbaren Faulstelle auf der Oberseite des Astes ab. Die dortigen Ausführungen vermögen daher die Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen F. für die hier relevanten Fragestellungen nicht zu entkräften.

Nach alledem begründete der auf den Weg gestürzte Starkast nach seinem Wuchs und nach weiteren besonderen Gegebenheiten eine akute Gefahr des Abbruchs und damit der Gefährdung von Benutzern des Erholungsweges. Diese Gefahr hat sich im vorliegenden Fall auch realisiert. Es handelte sich um eine außergewöhnliche Gefahr, die aber vorhersehbar war und bei pflichtgemäßer Kontrolle auch hätte erkannt werden können.

6. Die Beklagte zu 1) haftet mithin dem Grunde nach für das Unfallereignis vom 18.07.2006, da ihr das Handeln bzw. Unterlassen des Beklagten zu 2) als eigenes Handeln zuzurechnen ist.

Den Begriff des satzungsmäßigen Vertreters legt die Rechtsprechung weit aus (BGHZ 49, 19). Es ist nicht erforderlich, dass die Tätigkeit des Vertreters in der Satzung vorgesehen ist. Er braucht auch keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zu besitzen. Es genügt, dass ihm durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind und er die juristische Person insoweit repräsentiert. Weisungsgebundenheit im Innenverhältnis ist unschädlich (BGHZ 49, 19; BGHZ NJW 1998, 1854, 56; BGH NJW 1977, 2259; RGZ 162, 166). Nach den Angaben des Zeugen Dr. A. existiert eine gesonderte Stabsabteilung, in der der Beklagte zu 2) speziell beauftragt und für den gesamten Bereich Forst, Landschaftsbau und Naturschutz zuständig ist (Bl. 202 d. A.). Die Anleitung für die Durchführung der Arbeiten erfolgt durch den Beklagten zu 2), dieser ist unmittelbar zuständig für den Wald (Angaben des Zeugen Dr. Be., Bl. 204 d. A.). Die von den Beklagten vorgelegte Verfahrensvorschrift zur Organisation der Aufgabenbereiche Naturschutz, Landschaftsbau und Flächenmanagement (Anl. B 2, Anlagenband), die von dem Beklagten zu 2) erstellt wurde, weist unter Ziffer 2 als zuständigen Betreiber der Grün- und Brachflächen im H.gelände die Organisationseinheit Naturschutz, Landschaftsbau, Forstwirtschaft aus, wobei der Beklagte zu 2) dort wie auch in der Checkliste Sachgebiet „Naturschutz und Landschaftsbau“ als zuständiger Ansprechpartner benannt ist. Auf Seite 4 der Verfahrensvorschrift ist festgehalten, dass der Beklagte zu 2) die Funktionen der Organisationseinheit „UST-Naturschutz, Landschaftsbau, Forst“ fachlich wahrnimmt Soweit die zitierte „Verfahrensvorschrift“ hinsichtlich des Privatforstbetriebes „H. Wald“ auf eine gesonderte VV verweist, haben die Beklagten diese nicht vorgelegt. Unter Berücksichtigung der Angaben der Zeugen kann indes nicht zweifelhaft sein, dass der Beklagte zu 2) auch insoweit eigenverantwortlich und leitend diesem Bereich vorsteht.

III.

Darüber hinaus besteht eine unmittelbare Eigenhaftung des Beklagten zu 2) für das Unfallereignis vom 18.07.2006.

Die Haftung der juristischen Person schließt eine persönliche Haftung des Repräsentanten nicht aus. Verwirklicht der Repräsentant einen ihn treffenden Haftungstatbestand, kann er selbst schadensersatzpflichtig sein, und zwar neben der juristischen Person als Gesamtschuldner. Eine Schadensersatzhaftung wegen Unterlassens kommt insbesondere wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Betracht, setzt indes voraus, dass der verfassungsmäßig berufene Vertreter als zuständiges Organmitglied eine Garantenstellung inne hat (BGH NJW 1990, 976; BGH NJW 1990, 2877; BGH VersR 1987, 935; Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 31 Rz. 27 ff.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Zwar bestehen Pflichten aus der Stellung des Beklagten zu 2) zur ordnungsgemäßen Ausführung der ihm übertragenen Aufgaben der Beklagten zu 1) zunächst grundsätzlich nur gegenüber dieser und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche nur gegenüber der Gesellschaft entstehen. Auch soweit es um ein Versagen des verfassungsgemäßen Vertreters bei der Erfüllung von Pflichten geht, die die juristische Person gegenüber Dritten zu erfüllen hat, trifft die Einstandspflicht hierfür gegenüber dem betroffenen Dritten prinzipiell nur die Gesellschaft, nicht ihr Organ. Anderes gilt aber, wenn mit den Pflichten aus der Organstellung gegenüber der Gesellschaft Pflichten einhergehen, die von dem verfassungsmäßigen Vertreter nicht mehr nur für die Gesellschaft als deren Organ zu erfüllen sind, sondern die ihn aus besonderen Gründen persönlich gegenüber dem Dritten treffen. Dies kann im deliktischen Bereich, insbesondere wegen einer dem verfassungsgemäßen Vertreter als Aufgabe zugewiesenen oder von ihm jedenfalls in Anspruch genommenen Garantenstellung zum Schutz fremder Schutzgüter im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB der Fall sein, die ihre Träger der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut haben. Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die der Beklagten zu 1) obliegende allgemeine Verkehrssicherungspflicht, die der Allgemeinheit gegenüber bestand, vorliegend zu bejahen.

IV.

Beide Beklagte haften der Klägerin mithin gesamtschuldnerisch für das Unfallereignis vom 18.07.2006 (§ 840 Abs.1 BGB).

a) Hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 1) begehrten Schmerzensgeldes wird es zur Höhe noch weiterer Feststellungen bedürfen, sodass insoweit lediglich durch Grundurteil im Sinne des § 304 Abs. 1 ZPO entschieden werden konnte. Zum Betragsverfahren hat die Klägerin insbesondere zu den weiteren, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingetretenen Entwicklungen noch nicht näher vorgetragen. Insoweit bedarf es im Rahmen des Betragsverfahrens weitergehender Darlegungen sowie ggf. auch entsprechender Feststellungen durch sachverständige Begutachtung.

b) Die Feststellungsverurteilung hinsichtlich materieller und zukünftiger immaterieller Schäden, die noch nicht bezifferbar oder noch nicht eingetreten sind, ist ohne weiteres gerechtfertigt. Bereits angesichts der schweren Verletzungen der Klägerin besteht die nahe liegende Möglichkeit der Verwirklichung weiterer Schäden und Leiden, was keiner Vertiefung bedarf.

C.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist mangels eines vollstreckungsfähigen Inhalts des vorliegenden Urteils nicht veranlasst (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 704 Rz. 2; Thomas/ Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 704 RZ. 1).

Der Senat sah es als sachdienlich an, die Revision zuzulassen (§§ 543 Abs. 1 Nr.1, 543 Abs. 2 Nr.1 ZPO). Die Frage, ob und in welchem Umfange den privaten Waldbesitzer für die an frequentierten Wegen im Erholungswald stehenden Bäume Verkehrssicherungspflichten insbesondere auch zur Abwehr ggfls. typischer Waldgefahren treffen können, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt und von grundsätzlicher Bedeutung.

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