Urteil vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 8 U 465/10 - 128

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 3.9.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 1 O 27/09 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn die Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

IV Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer sogenannten „Tier 1 Anleihe“ der M. Bank in Anspruch. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO mit folgenden Ergänzungen Bezug genommen:

Der Kläger erwarb die mit einem 6%igen Fixkupon, also einer festen Verzinsung ausgestattete Tier 1-Anleihe nach vorangegangener Beratung durch eine Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin R., am 9.2.2006 zu einem Nennwert von 75.000,-- EUR bei einem Ausgabekurs von 102,6% zuzüglich Zinsen für 56 Tage in Höhe von 690,41EUR mithin für insgesamt 77.640,41 EUR von der Beklagten (vgl. Wertpapier-Kaufabrechnung vom 9.2.2006: Anlage K 4 = GA 39). Gleichzeitig verkaufte der Kläger eine von ihm bereits im Mai 2005 bei der Beklagten gekaufte Tier 1-Anleihe, die lediglich eine Verzinsung von 3,95% ausgewiesen hatte. Die Beklagte erhielt von der D. Bank als Vertriebsmarge einen Preis von 0,75% des Kurswerts der Anleihe vergütet.

Nachdem der Kurs der Anleihe bis April 2008 auf 77% gesunken und im Januar 2009 nur noch bei 55% gelegen hatte, hat der Kläger die Beklagte - Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Anleihe - mit der Behauptung auf Schadensersatz in Anspruch genommen, er sei - was er im Einzelnen näher ausgeführt hat - nicht anleger- und objektgerecht beraten und auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass und in welcher Höhe die Beklagte Rückvergütungen erhalten habe. Ausgehend von dem investierten Betrag in Höhe von 77.640,41 EUR hat der Kläger unter Abzug von in den Jahren 2006 bis 2010 erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 20.379,25 EUR und unter Hinzurechnung eines ihm seiner Behauptung zufolge in der Zeit von Februar bis Juli 2010 entgangenen Gewinns in Höhe von insgesamt 10.125,-- EUR (3% p.a.) seinen Schaden zuletzt auf 73.007,66 EUR beziffert. Darüber hinaus hat der Kläger Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.880,20 EUR sowie die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der in Rede stehenden Anlage in Verzug befindet. Schließlich hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an Eides Statt zu versichern, dass sie für die vermittelte Anleihe über die von ihr benannte Provision in Höhe von 0,75% keine weiteren Provisionen, Rückvergütungen oder anderweitige Zahlungen erhalten hat oder erhält.

Durch das angefochtene Urteil (GA 187a - 203) hat das Landgericht die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter.

Er meint, die Auffassung des Landgerichts, der Nachweis einer nicht anlegergerechten Beratung sei nicht erbracht worden, gehe im Hinblick auf das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme fehl. Aus der Zeugenaussage der Ehefrau des Klägers habe das Landgericht zu Unrecht geschlossen, der Kläger habe zu Lasten der Sicherheit einen höheren Zinssatz bevorzugt. Soweit das Landgericht eine nicht anlegergerechte Beratung im Hinblick auf die nicht hinreichende Ermittlung der Risikotragfähigkeit des Klägers verneint habe, lasse es außer Acht, dass die Beklagte insoweit eine sekundäre Beweislast treffe, der sie nicht entsprochen habe. Zur Feststellung der Glaubwürdigkeit der Zeugin R. hätte das Landgericht den zu der Behauptung des Klägers, der Tipp für den Erwerb der Tier 1-Anleihe habe entgegen der Behauptung der Beklagten und der Aussage der Zeugin R. nicht von der S. Bank gestammt, angebotenen Zeugenbeweis erheben müssen.

Auch die Auffassung des Landgerichts, die Beklagte sei nicht zur Aufklärung über erlangte Vergütungen verpflichtet gewesen, sei nicht haltbar. Die Beklagte habe eingeräumt, für die Vermittlung der Anleihe an den Kläger eine Provision von 0,75% vom Kurswert von der D. Bank erhalten und den Kläger hierüber nicht aufgeklärt zu haben. Damit stehe ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Verpflichtung zur Aufklärung über erhaltene Rückvergütungen fest. Die gegenteilige Auslegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das Landgericht sei unzutreffend.

Schließlich stehe dem Kläger entgegen der Auffassung des Landgerichts auch ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Höhe der von der Beklagten erhaltenen Provisionen zu. Dieser ergebe sich als Nebenpflicht aus dem Beratungsvertrag.

Der Kläger beantragt (GA 228 f., 274),

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der sog. Tier 1 Anleihe der M. Bank in Höhe von nominal 75.000,-- EUR (WKN A0JCC9 bzw. ISIN XS0237509293) an den Kläger 73.007,66 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab Zustellung der Klage zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.880,20 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der Tier 1 Anleihe der M. Bank in Höhe von nominal 75.000,-- EUR (WKN A0JCC9 bzw. ISIN XS0237509293) in (Annahme-) Verzug befindet;

4. der Beklagten aufzugeben, an Eides statt zu versichern, dass sie für die an den Kläger vermittelte Tier-1-Anleihe der M. Bank in Höhe von nominal 75.000,-- EUR (WKN A0JCC9 bzw. ISIN XS0237509293) über die von ihr benannte Provision in Höhe von 0,75% keine weiteren Provisionen, Rückvergütungen oder anderweitige Zahlungen erhalten hat oder erhält.

Die Beklagte beantragt (GA 240, 274),

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihrer früheren Argumente entgegen. Ergänzend macht sie geltend, es habe sich bei dem ihr von der D. Bank als Vertriebsmarge vergüteten Preis um eine übliche, von einem redlichen Kunden zu unterstellende Gewinnmarge gehandelt, über die nicht habe aufgeklärt werden müssen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 8.12.2011 (GA 274 f.) Bezug genommen.

B.

Die Berufung des Klägers ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist mithin zulässig.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

I.

Das Landgericht hat zu Recht und mit einer in allen Punkten zutreffenden Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zusteht, weil nicht nachgewiesen ist, dass die Beklagte Aufklärungs- und Beratungspflichten aus dem zwischen den Parteien im Februar 2006 zumindest stillschweigend geschlossenen Beratungsvertrag verletzt hat. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Das Landgericht ist von zutreffenden Anforderungen an den Inhalt und den Umfang der von einer beratenden Bank geschuldeten anleger- und objektgerechten Beratung ausgegangen (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 27.9.2011 - XI ZR 182/10, Tz. 22 m. w. N., zit. nach juris). Einwendungen insoweit macht der Kläger mit seiner Berufung auch nicht geltend.

2. Ohne Erfolg wendet sich der Kläger mit seiner Berufung gegen die Auffassung des Landgerichts, ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Verpflichtung zur anlegergerechten Beratung sei nicht nachgewiesen.

a) Das Landgericht hat Zweifel an der Richtigkeit der Behauptung des Klägers, er habe stets eine sichere, der Altervorsorge dienende Anlagestrategie verfolgt, für den Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Beratung im Februar 2006 mit Recht bereits aus der Aussage der Zeugin A., der Ehefrau des Klägers, hergeleitet. Denn die Zeugin A. vermochte - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - keine plausible Erklärung dafür zu liefern, warum ihr Ehemann die in Rede stehende Tier 1-Anleihe mit einer 6%igen Verzinsung erworben hat, obwohl - wie die Zeugin A. angegeben hat - schon die damals von dem Kläger gehaltene, ein gleich hohes Risiko aufweisende Tier 1-Anleihe mit einer niedrigeren Festverzinsung ihr und ihrem Ehemann „nicht so sicher“ erschienen sei und ihnen „deshalb nicht mehr so gefallen“ habe. Hieraus hat das Landgericht zutreffend den naheliegenden Schluss gezogen, dass zu diesem Zeitpunkt nicht mehr eine sichere, zur Altervorsorge geeignete Anlage dem Anlageziel des Klägers entsprach, sondern der höhere Zinnssatz der schließlich erworbenen Tier 1-Anleihe das tragende Argument für seine Kaufentscheidung war. Gegenteiliges vermag der Kläger mit seiner Berufung auch nicht aufzuzeigen.

b) Unabhängig hiervon hat das Landgericht mit Recht angenommen, dass der Aussage der Zeugin A. jedenfalls diejenige der Zeugin R. entgegensteht.

aa) Die Zeugin R. hat ausweislich des erstinstanzlichen Sitzungsprotokolls vom 26.3.2010 (S. 2 ff. = GA 132 ff.) bekundet, dass der Kläger im Jahr 2005 vor Erwerb der ersten Tier 1-Anleihe bei ihr vorbeigekommen sei und sie darüber informiert habe, er habe von einer anderen Bank einen Tipp betreffend eine solche Anlage erhalten. Da der Kläger für von ihm im Jahr 2004 getätigte Anlagen über insgesamt 160.000,-- EUR die Geldbeträge von der S. Bank überwiesen habe und nach Beendigung einer Festgeldanlage über 80.000,-- EUR im Oktober 2004 wieder dorthin zurück überwiesen habe, habe sie vermutet, dass es sich bei der den Tipp gebenden Bank um die S. Bank gehandelt habe. Ihr sei diese Anleihe damals nicht bekannt gewesen, was sie dem Kläger auch gesagt habe. Sie habe ihn nach der Wertpapierkennnummer gefragt, die der Kläger ihr auch gebracht habe. Nachdem sie sich zwischenzeitlich informiert gehabt habe, habe sie dem Kläger dieses Papier erklärt. Insbesondere habe sie den Kläger auf die Risiken einer solchen Anleihe wie das Zinsrisiko, die Möglichkeit eines Totalverlusts und das Risiko des Couponausfalls hingewiesen. Da sie von diesem Papier nicht richtig überzeugt gewesen sei, habe sie den Kläger gebeten, sich das Ganze genau zu überlegen. Der Kläger habe aber erklärt, wenn die Beklagte ihm die Tier-Anleihe nicht besorgen könne, könne er sie über eine andere Bank erhalten. Auf ihre Frage nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen habe sie von dem Kläger keine schlüssige Antwort erhalten. Schon ein Jahr zuvor, als sie anlässlich des Kaufs eines Immobilienfonds durch den Kläger eine Kundendokumentation erstellt habe, habe der Kläger zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine Angaben gemacht. Sie habe ihn auch gefragt, ob er so viel Geld unbedingt in die Tier-Anleihe investieren wolle. Hierauf habe der Kläger entgegnet, dass das ja nicht alles sei, was er besitze. Schon damals sei es dem Kläger nicht mehr um Alterssicherung oder eine sichere Geldanlage gegangen. Sie habe den Kläger auch nach seinen Kenntnissen in Wertpapiergeschäften befragt. Hierzu habe er ihr am 20.5.2005 angegeben, dass er Erfahrungen sowohl mit festverzinslichen als auch variabel verzinslichen Wertpapieren, Rentenfonds, Aktienfonds und offenen Immobilienfonds habe. Ein paar Tage später habe der Kläger sie angerufen und ihr erklärt, er habe sich die Sache überlegt und wolle die Tier-Anleihe kaufen, was dann geschehen sei. In der Folgezeit habe der Kläger ca. alle sechs bis acht Wochen bei ihr angerufen, um sich insbesondere auch über den Kurs der Anleihe zu informieren. Zu einem späteren Zeitpunkt habe er dann nachgefragt, ob es auch noch ein Produkt mit einem besseren Zinssatz für ihn gebe. Nach einer entsprechenden Recherche habe sie dann die hier in Rede stehende Tier 1-Anleihe mit einer 6%igen Verzinsung gefunden. Sie habe den Kläger angerufen und ihm erklärt, dass es sich auch um eine Tier-Anleihe handele und das Risiko identisch mit dem der bereits erworbenen Tier-Anleihe sei. Bei einem weiteren Telefonat habe sie den Kläger hierauf nochmals hingewiesen und ihm auf seine ausdrückliche Nachfrage erklärt, dass eine solche Anleihe nie sicher sein könne. Dennoch habe er den entsprechenden Auftrag erteilt.

bb) Auf dem Boden dieser Zeugenaussage ging es dem Kläger zum Zeitpunkt der Beratung über die hier in Rede stehende Tier 1-Anleihe im Jahr 2006 nicht (mehr) um eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Geldanlage. Vielmehr hat er sich in Kenntnis und unter Inkaufnahme sämtlicher Risiken dieser Anleihe zu deren Erwerb entschlossen, um eine möglichst hohe Rendite zu erzielen, wobei er der Zeugin R. - nicht ersichtlich unglaubwürdig - als Anleger, der über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit Anlagegeschäften der hier in Rede stehenden Art verfügt, gegenüber getreten ist (vgl. BGH NJW 2004, 3628 ff. Tz. 17, zit. nach juris).

cc) Ohne Erfolg tritt der Kläger ferner der Annahme des Landgerichts entgegen, eine nicht anlegergerechte Beratung komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt der nicht hinreichenden Ermittlung der Risikotragfähigkeit des Klägers in Betracht. Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass der Kläger nach der Aussage der Zeugin R. deren ausdrückliche Frage nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht konkret beantwortet, sondern nur angegeben habe, der für die Anlage benötigte Betrag sei nicht sein ganzes Vermögen. Ein Anleger, der konkrete Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen verweigert, kann sich aber nicht darauf berufen, diese seien nicht ausreichend ermittelt worden. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass die Beklagte insoweit eine sekundäre Beweislast treffe, der sie nicht entsprochen habe, ist dies unzutreffend. Vielmehr liegt die Darlegungs- und Beweislast für eine nicht anleger- und objektgerechte Beratung beim Anleger. Allerdings hat der Anlageberater aufgrund der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast die behauptete Fehlberatung substantiiert zu bestreiten und im Einzelnen darzulegen, wie er seiner Aufklärungsverpflichtung genügt hat. Kommt der Berater dem nach, obliegt dem Anleger der Nachweis, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft (vgl. BGH NJW 2006, 1429, 1430 Tz. 15; WM 2006, 1288 f. Tz. 7, zit. nach juris). Hinsichtlich welcher von dem Kläger konkret gerügten Beratungspflichtverletzung die Beklage ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sein soll, zeigt der Kläger nicht auf.

dd) Auch bedurfte es entgegen der Auffassung des Klägers zur Feststellung der Glaubwürdigkeit der Zeugin R. nicht der Erhebung des von dem Kläger zu seiner Behauptung, der Tipp für die Tier 1-Anleihe im Jahr 2005 sei nicht von der S. Bank gekommen, angebotenen Zeugenbeweises. Denn die Zeugin R. hat - wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - lediglich bekundet, sie habe aus dem Umstand, dass der Kläger Kunde der S. Bank gewesen sei, geschlossen, dass es sich bei der anderen Bank, die dem Kläger seinen Angaben zufolge den Tipp für die Anleihe gegeben habe, um die S. Bank gehandelt habe. Selbst wenn also bewiesen wäre, dass der Kläger den Tipp, in die Tier 1-Anleihe zu investieren, nicht von der S. Bank erhielt, wäre damit die Richtigkeit der Bekundung der Zeugin R., der Kläger habe ihr gegenüber angegeben, den Tipp für diese Anleihe von einer anderen Bank erhalten zu haben, nicht in Frage gestellt.

c) Ist nach alldem nicht zu beanstanden, dass das Landgericht der Aussage der Zeugin A. nicht mehr Glauben zu schenken vermochte als derjenigen der Zeugin R., kann mit dem Landgericht dahingestellt bleiben, ob die Aussage der Zeugin A., die die beiden Telefonate zwischen dem Kläger und der Zeugin R., zu denen sie bekundet hat, heimlich ohne Wissen der Zeugin R. mitgehört hat, überhaupt verwertet werden kann (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 286 Rdnr. 15b m. w. N.).

3. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht angenommen, dass ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Verpflichtung zur objektgerechten Beratung nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme nicht nachgewiesen ist. Hiergegen hat der Kläger mit seiner Berufung auch nichts mehr erinnert.

4. Schließlich hat das Landgericht mit Recht eine Verpflichtung der Beklagten zur Aufklärung des Klägers über die Vertriebsmarge, die sie von der D. Bank in Höhe von 0,75% des Kurswerts der Anleihe für deren Verkauf an den Kläger vergütet erhielt, verneint. Dem steht weder die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen noch diejenige zur Aufklärungsbedürftigkeit von Rückvergütungen entgegen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss unter bestimmten Umständen zwar über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. BGH WM 2011, 925 ff. Tz. 22; BGH, Urt. v. 27.9.2011 - XI ZR 182/10 Tz. 39; jeweils zit. nach juris). Die hier in Rede stehende, von der D. Bank an die Beklagte gezahlte Vertriebsmarge fällt jedoch nicht unter diese Definition, so dass schon deshalb eine Aufklärungspflicht zu verneinen ist. Denn es handelt sich gerade nicht um eine in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten enthaltene und daher die Werthaltigkeit der Anleihe beeinflussende Provision.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Bank aus einem Beratungsvertrag ferner verpflichtet, über ihr zufließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Positionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen, die der Kunde an einen Dritten zahlt, gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, sodass dieser das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (vgl. BGH WM 2011, 925 ff. Tz. 25; Beschl. v. 24.8.2011 - XI ZR 191/10 Tz. 4; Urt. v. 27.9.2011 - XI ZR 182/10 Tz. 40; jeweils zit. nach juris).

Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nicht vor. Sie setzt ein Dreipersonenverhältnis - wie es etwa für ein Kommissionsgeschäft üblich ist - voraus (vgl. BGH WM 2011, 1506 ff. Tz. 4; Urt. v. 27.9.2011 - XI ZR 182/10 Tz. 41; jeweils zit. nach juris). Ein solches Verhältnis besteht bei einem Festpreisgeschäft, wie es hier im Wege des Eigengeschäfts abgeschlossen wurde, nicht (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2011, XI ZR 182/10 Tz. 41, zit. nach juris). Der Kläger erwarb die in Rede stehende Tier 1-Anleihe - wie sich aus der Wertpapier-Kaufabrechnung der Beklagten vom 9.2.2006 (Anlage K 4 = GA 39) ergibt - zu dem dort genannten Festpreis unmittelbar von der Beklagten. Zahlungen des Klägers - etwa in Form von Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren - an einen Dritten (etwa die Emittentin), die teilweise hinter dem Rücken des Klägers an die Beklagte zurückgeflossen wären, gab es nicht. Weder hat der Kläger Zahlungen an die M. Bank geleistet noch sind aus solchen Zahlungen Rückflüsse von der M. Bank an die Beklagte erfolgt. Vielmehr hat die Beklagte - offensichtlich weil es sich bei der Emittentin der Anleihe, der M. Bank, ebenso wie bei der Beklagten selbst um eine zum genossenschaftlichen Finanzsektor gehörendes Institut handelt - von der D. Bank (D.Z.G.), also dem Zentralinstitut der genossenschaftlich organisierten Banken, einen Preis von 0,75% des damaligen Kurswerts der Anleihe als Vertriebsmarge vergütet erhalten. Hierbei handelt es sich lediglich um die Gewinnmarge, die die Beklagte bei dem Vertrieb eines Produkts aus dem genossenschaftlichen Finanzsektor, dem sie angehört, erzielt hat.

c) Über eine solche Gewinnmarge musste die Beklagte den Kläger unabhängig davon, ob es sich um die Veräußerung eines eigenen Produkts oder - wie hier - eines fremden Produkts im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) handelt, nicht aufklären (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2011 - XI ZR 182/10 Tz. 37, zit. nach juris). Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich hierbei um eine echte Marge in Form der Veräußerung des Anlageprodukts zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2011 - XI ZR 182/10 Tz. 37, zit. nach juris) oder aber um eine - hier möglicherweise vorliegende - Innenprovision handelt (vgl. Hannöver in: Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 110 Rdnr. 73). Denn bei der Abwicklung eines Wertpapiergeschäfts im Wege des Eigengeschäfts fehlt es an einem vergleichbaren, offen zu legenden Interessenkonflikt der beratenden Bank, wie er bei Rückvergütungen besteht (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2011 - XI ZR 182/10 Tz. 43, zit. nach juris). Die Bank als Verkäuferin der vom Anleger georderten Wertpapiere trifft - anders als etwa den Kommissionär für den Anleger in Bezug auf die erhaltenen Provisionen - keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinn- oder Handelsspanne (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2011 - XI ZR 182/10 Tz. 43, zit. nach juris). Das gilt auch im Rahmen des neben dem Kaufvertrag (konkludent) abgeschlossenen Beratungsvertrags. In Bezug auf offensichtliche Umstände wie das dem Kaufvertrag immanente Gewinninteresse der Bank als Verkäuferin kommt deshalb eine unterschiedliche Behandlung beider Vertragsverhältnisse nicht in Betracht. Was für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2011 - XI ZR 182/10 Tz. 44, zit. nach juris).

d) Dass hierüber hinausgehende aufklärungspflichtige Innenprovisionen oder Rückvergütungen an die Beklagte geflossen wären, hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger bereits nicht dargetan.

5. Ist somit die Beklagte dem Kläger bereits dem Grunde nach nicht zum Schadensersatz verpflichtet, kommt es nicht mehr darauf an, dass dem Kläger selbst auf dem Boden seines eigenen Vorbringens der Höhe nach lediglich ein Schadensersatzanspruch von 67.386,16 EUR (77.640,41 EUR - 20.379,25 EUR [Ausschüttungen 2006 bis 2010] + 10.125,-- EUR [behaupteter entgangener Gewinn von Februar 2006 bis Juli 2010]) zustehen könnte.

II.

Da dem Kläger gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch zusteht, ist auch der auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichtete Antrag unbegründet und ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht gegeben.

III.

Schließlich hat das Landgericht mit Recht auch den Antrag des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, an Eides statt zu versichern, dass sie über die eingeräumte Vergütung von 0,75% des Kurswerts der Anleihe hinaus keine weiteren Provisionen, Rückvergütungen oder anderweitige Zahlungen erhalten hat oder erhält, für unbegründet erachtet.

1. Das Landgericht hat im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass ein Anspruch darauf, die Richtigkeit einer erteilten Auskunft in entsprechender Anwendung der §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB an Eides statt zu versichern, nur dann in Betracht kommt, wenn der diesem Anspruch vorausgehende Auskunftsanspruch besteht. Das Landgericht hat am Bestehen eines solchen Auskunftsanspruchs im Streitfall Zweifel geäußert. Nach Auffassung des Senats ist ein solcher Auskunftsanspruch hier nicht gegeben.

a) Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt keine allgemeine Auskunftspflicht. Ein Auskunftsanspruch setzt vielmehr eine entsprechende Rechtsgrundlage voraus (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 261 Rdnr. 3). Ein Anspruch des Anlegers gegen die beratende Bank auf Auskunft darüber, ob und in welcher Höhe sie Rückvergütungen erhalten hat, kann auch nicht allein aus ihrer diesbezüglichen Aufklärungspflicht hergeleitet werden. Denn Auskunftsanspruch einerseits und Aufklärungsverpflichtung andererseits sind voneinander zu unterscheiden. Bei der Aufklärungspflicht geht es darum, den anderen Teil unaufgefordert über bestimmte, entscheidungserhebliche Umstände zu informieren. Sie betrifft Informationen, nach denen der andere Teil sein früheres Verhalten ausgerichtet hätte. Bei dem Auskunftsanspruch geht es hingegen um Informationen, nach denen der Berechtigte sein künftiges Verhalten ausrichten will (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 242 Rdnr. 37). Ein Auskunftsanspruch kann im Streitfall entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus den §§ 675, 667 BGB, § 383 HGB hergeleitet werden. Denn weder ist der zwischen den Parteien geschlossene Beratungsvertrag ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 Abs. 1 BGB noch liegt ein Kommissionsgeschäft i. S. des § 383 Abs. 1 HGB vor.

b) Damit kommt im Streitfall lediglich ein auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützter Auskunftsanspruch in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebieten es Treu und Glauben, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (vgl. BGH NJW 2007, 1806 ff. Tz. 13, zit. nach juris). Soll die begehrte Auskunft einen vertraglichen Schadensersatzanspruch belegen, muss dieser nicht bereits dem Grunde nach feststehen; vielmehr reicht schon der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung aus (vgl. BGH NJW 2002, 3771 f. Tz. 9, zit. nach juris; Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 261 Rdnr. 10). Daran fehlt es hier. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte aufklärungspflichtige Innenprovisionen oder Rückvergütungen erhalten und den Kläger deshalb pflichtwidrig nicht hierüber aufgeklärt hat. Der Kläger behauptet insoweit - ersichtlich ins Blaue hinein - lediglich, erfahrungsgemäß erhielten die mit der Vermittlung von Anleihen der hier in Rede stehenden Art betrauten Banken deutlich höhere Vergütungen, die sich regelmäßig ohne Weiteres auf 5% und mehr beliefen (vgl. Schriftsatz vom 24.6.2010, Seite 2 = GA 155). Die zu dieser Behauptung beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens kommt daher nicht in Betracht. Nichts spricht dafür, dass die Beklagte über die von ihr eingeräumte Bezahlung hinaus für den Verkauf der Tier 1-Anleihe der zum genossenschaftlichen Finanzsektor gehörenden M. Bank an den Kläger eine aufklärungspflichtige Innenprovision oder Rückvergütung erhalten hat.

2. Unabhängig hiervon scheitert der Antrag, die Richtigkeit der von der Beklagten freiwillig erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern, aber auch - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - daran, dass die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch selbst bei unterstellter Auskunftspflicht der Beklagten nicht dargetan sind. Der Anspruch setzt nämlich voraus, dass Grund zu der Annahme besteht, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden ist (vgl. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB). Dass dies der Fall ist, hat weder der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger dargetan noch sind Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Vielmehr hat sich der Kläger erstinstanzlich auf den Vortrag beschränkt, es bestünden „klägerseits erhebliche Zweifel“ an der Richtigkeit der erteilten Auskunft (vgl. Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.4.2010, Seite 2 = GA 141 und vom 24.6.2010, Seite 2 = GA 155). An weitergehendem Sachvortrag fehlt es auch in der Berufungsinstanz.

IV.

Dementsprechend hat das Landgericht dem Kläger mit Recht die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a Abs. 1 ZPO auch insoweit auferlegt, als die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 i. V. mit § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 ZPO).

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