Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 4 U 363/19

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2019 (Az. 28 O 425/18) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil sowie das unter Ziff. 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

1)

Streitwert des Berufungsverfahrens: 37.650,00 EUR.

Gründe

 
I.
1.
Der Kläger verlangt Schadensersatz, da der von ihm am 25. Januar 2016 erworbene gebrauchte Pkw A... Q... mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet und damit vom sogenannten „Abgasskandal“ betroffen ist.
Der Kläger kaufte mit schriftlicher Bestellung vom 25. Januar 2016 bei der Fa. A... S... GmbH – Niederlassung F... einen Gebrauchtwagen A... ... 2.0 TDI, FIN: ..., Erstzulassung 02.11.2012, bei einem Kilometerstand von 134.600 km zum Kaufpreis von 29.320,00 EUR brutto (Anlage K 1). Das Fahrzeug unterliegt der Schadstoffnorm Euro 5 (Fahrzeugschein Anlage K 2). Die Fahrzeugherstellerin A... AG, eine Tochtergesellschaft der Beklagten, hat eine Übereinstimmung des Fahrzeugs mit einer EG-Typgenehmigung bestätigt.
Die Motorsteuerung des Fahrzeugs war mit einer Software ausgestattet, die erkannt hatte, wenn das Fahrzeug auf einem Prüfstand den „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) zur Ermittlung des Abgasausstoßes durchfahren hat. (Nur) In diesem Fall wurde die Abgasrückführung erhöht und der Schadstoffausstoß, insbesondere von Stickoxiden (NOx), vermindert („Modus 1“). Die gesetzlichen Grenzwerte wurden in diesem Modus eingehalten. Bei „normalem Straßenbetrieb“ war die erhöhte Abgasrückführung nicht aktiviert, der Schadstoffausstoß war höher („Modus 0“).
Die Beklagte veröffentlichte am 22. September 2015 eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG, wonach bei weltweit rund 11 Millionen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 189 eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei, sie mit Hochdruck daran arbeite, die Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen und dazu in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) stehe. Darüber hinaus hat die Beklagte - was gerichtsbekannt ist - am 22. September 2015 auch eine entsprechende Pressemitteilung herausgegeben. Diese Veröffentlichungen waren ebenso Gegenstand weitreichender Presseberichterstattung wie der Umstand, dass die Beklagte und ihre Konzernmarken bzw. deren deutsche Importeure (A... AG, S... D... GmbH, Šk... A... D... GmbH) Anfang Oktober 2015 Webseiten freigeschaltet haben, auf denen durch Eingabe der Fahrzeug-Identifikationsnummer (FIN) überprüft werden kann, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Abschalteinrichtung versehen ist bzw. nach Betroffenheit eine „technische Maßnahme“ zur Überarbeitung durchgeführt worden ist. Mit Bescheid des Kraftfahrtbundesamts vom 15. Oktober 2015 wurde die Beklagte verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 die aus Sicht des Bundesamts vorliegenden unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und nachzuweisen, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Die Beklagte hat daraufhin den betroffenen Fahrzeughaltern ein kostenloses Software-Update angeboten, mit welchem aus ihrer Sicht den Anforderungen des Kraftfahrzeugbundesamts genügt wird.
Mit Schreiben seiner anwaltlichen Bevollmächtigten vom 22. Oktober 2018 hat der Kläger die Beklagte zu einem Anerkenntnis der Schadensersatzpflicht bis 5. November 2018 aufgefordert (Anlage K 13).
Mit seiner Klage vom 21. Dezember 2018 (eingegangen beim Landgericht am 23. Dezember 2018) hat der Kläger geltend gemacht, ihm stünden gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus §§ 826, 31 BGB analog, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1, 25 Abs. 1 Fall 2 StGB zu.
Der Vorstand der Beklagten übernehme für die V... AG und deren weisungsgebundene Tochtergesellschaften, u. a. die A... AG, die Entwicklung der Motoren, auch beim streitgegenständlichen Motortyp EA 189. Die Beklagte habe das Fahrzeug mit einer nicht erlaubten Abschalteinrichtung nach Art. 19 VO (EU) Nr. 168/2013 (S. 8 der Klageschrift) bzw. einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. v. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 (S. 29 der Klageschrift) ausgestattet und dabei aus sittenwidrigen Motiven heraus gehandelt. Die Beklagte, welche die niedrigen Abgaswerte auf legalem Weg nicht habe erreichen können, habe allein aus Habgier den Vertrauensverlust der Marktteilnehmer in den Fahrzeugmarkt ebenso wie Erkrankungen und Gesundheitsschäden billigend in Kauf genommen. Der Vorstand der Beklagten habe seit 2007 von den Abgasmanipulationen gewusst und zumindest billigend in Kauf genommen, dass über das Vertriebsnetz von Vertragshändlern und über Tochterunternehmen nicht gesetzeskonforme bzw. mangelhafte Fahrzeuge an die Kunden verkauft würden und diesen damit ein wirtschaftlicher Schaden zugefügt werde. Der Beklagten obliege eine sekundäre Darlegungslast zu den internen Entscheidungsvorgängen, in welche der Kläger als Käufer keinen Einblick habe. Wenn der Kläger gewusst hätte, dass im Fahrzeug typengenehmigungswidrig eine Abschalteinrichtung benutzt wird, hätte er den Kauf nicht getätigt, hierfür spreche bereits eine tatsächliche Vermutung. Ein Schaden des Klägers bestehe schon in der nicht gewollten eingegangenen Verbindlichkeit durch den wirtschaftlich nachteiligen Kaufvertrag. Für den Kläger, für den die unbeschränkte Fahrerlaubnis ein entscheidendes Kaufkriterium gewesen sei, bestehe das Risiko, dass das von ihm gefahrene Fahrzeug mangels Genehmigung durch EU-Typgenehmigung stillgelegt werde. Zudem ergebe sich aufgrund der Manipulation ein erheblicher Wertverlust des Fahrzeugs von mindestens 25 %. Das von der Beklagten angebotene Software-Update sei nicht geeignet, den Mangel zu beheben, vielmehr müssten auch Eingriffe in die Technik vorgenommen werden. Die Folgen des Updates seien unklar. Experten sprächen von einer Minderung der Leistung, einem überhöhten Kraftstoffverbrauch, einer Überbeanspruchung des Motors sowie von einer Beeinträchtigung der Dauerhaltbarkeit. Schäden könnten nicht nur sofort, sondern auch erst einige Zeit nach dem Software-Update entstehen. Zudem gebe es Berichte darüber, dass auch die inzwischen aufgespielte Software die Abgasreinigung manipuliere, in dem sie nach knapp 20 Minuten ihr Verhalten ändere – das sei in etwa die Zeit, die ein Abgastest dauere. Der Kläger hat weiter vorgetragen, nachdem die Beklagte behaupte, die Manipulationen von Dieselmotoren in den USA seien wegen technischer Unterschiede nicht auf den europäischen und deutschen Markt übertragbar, habe der Kläger durch die Ad hoc-Mitteilung der Beklagten keine positive Kenntnis darüber haben können, dass das streitgegenständliche Fahrzeug von der streitgegenständlichen Software betroffen sei. Dies komme frühestens zu dem Zeitpunkt in Betracht, in dem das Kraftfahrtbundesamt dem Kläger ein personalisiertes und fahrzeugbezogenes Rückrufschreiben zugeleitet habe; diese Schreiben seien aber frühestens im Jahr 2016, manche erst im Jahr 2017 versandt worden. Zudem sei der Sachverhalt bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt.
Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs zu. Vom Kaufpreis sei dabei kein Nutzungsersatz im Wege des Vorteilsausgleichs abzuziehen. Ein Schadensposten, der dem Vorteil entspreche, bestehe nicht. Zudem sei ein Nutzungsersatz als Vorteilsausgleich weder mit dem Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung noch mit Unionsrecht vereinbar. Alternativ – was hilfsweise beantragt werde – könne auf den Vorteilsausgleich verzichtet werden und das Fahrzeug bleibe beim Kläger. Für diesen Fall müsse die Beklagte die nach § 287 ZPO zu schätzende Wertdifferenz erstatten, die sich aus den Preisabschlägen infolge eines merkantilen Minderwerts ergebe. Der Kläger habe zudem ein Feststellungsinteresse an der Schadensersatzpflicht der Beklagten. Für die Zeit zwischen der Zahlung des Kaufpreises und der Rechtshängigkeit könne der Kläger Zinsen aus § 849 BGB in Höhe von 4 % verlangen. Die Beklagte habe dem Kläger auch die außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe einer Geschäftsgebühr von 1,5 aus einem Streitwert von 29.320,00 EUR zuzüglich Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen von 20,00 EUR und 19 % Umsatzsteuer zu erstatten.
Die Beklagte hat geltend gemacht, sie sei am Kaufvertrag mit dem Kläger nicht beteiligt gewesen und habe ihn nicht getäuscht. Die Beklagte habe seit 22. September 2015 über die Dieselthematik informiert und dabei darauf hingewiesen, dass Fahrzeuge des gesamten Konzerns betroffen seien. Es sei nicht möglich gewesen, von der Dieselproblematik keine Kenntnis zu nehmen, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass der Kläger bei Kaufvertragsschluss Kenntnis von der beanstandeten Software gehabt habe. Allerdings liege beim streitgegenständlichen Fahrzeug keine unzulässige Abschalteinrichtung vor, die geltenden Grenzwerte für Stickoxide würden eingehalten. Das Fahrzeug sei technisch sicher, in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt und verfüge über eine wirksam erteilte EG-Typgenehmigung. Nach derzeitigem Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder der Beklagten an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. Die Beklagte bestreite, dass einzelne Vorstandsmitglieder die Entwicklung oder Verwendung der streitgegenständlichen Software in Auftrag gegeben hätten, an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien oder im Zeitpunkt der Entwicklung von der Software gewusst und deren Einsatz gebilligt hätten. Ein Schaden sei beim Kläger nicht eingetreten, vielmehr nutze er das Fahrzeug bis heute ohne jede Einschränkung. Ein Wertverlust, der gerade auf die streitgegenständliche Software oder die technische Überarbeitung zurückzuführen sei, liege nicht vor. Zu konkreten nachteiligen Auswirkungen des Updates nach Beseitigung der „Umschaltlogik“ habe der Kläger nicht vorgetragen. Das Kraftfahrtbundesamt habe in einer Freigabeerklärung zum Software-Update bestätigt, dass die Umsetzung der technischen Maßnahme zu keinen negativen Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Emissionswerte, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen geführt habe, auch liege kein negativer Einfluss auf die Dauerhaltbarkeit des Motors und seiner Komponenten vor. Eine besondere Verwerflichkeit der Motivation der Beklagten im Sinne einer Sittenwidrigkeit nach § 826 BGB sei nicht gegeben. Selbst wenn man eine Verletzung vertraglicher Leistungspflichten (hier: gegenüber der A... AG als Abnehmerin der Beklagten) unterstellte, ergäbe sich daraus per se keine sittenwidrige Schädigung; vielmehr habe bei einem etwaigen Mangel eine Nachbesserung entlang der Leistungskette zu erfolgen. Jedenfalls fehle es spätestens mit der Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 und der damit verbundenen Information über die Stickoxid-Problematik am Vorsatz der Beklagten bzw. am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen einer unterstellt arglistigen Handlung und dem Vertragsabschluss. Ein Schadensersatzanspruch bestehe deshalb weder aus § 826 BGB noch aus anderen Vorschriften, ebenso fehle es an einem Feststellungsinteresse. Jedenfalls müsse sich der Kläger Nutzungsvorteile anrechnen lassen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zinsen nach § 849 BGB. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bestehe weder dem Grunde nach noch in der verlangten Höhe.
2.
10 
Das Landgericht Stuttgart hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage als unbegründet abgewiesen. Vertragliche Ansprüche der Parteien bestünden nicht. Deliktischen Ansprüchen des Klägers gegen die Beklagte fehle es an der Kausalität. Zwar habe der Kläger einen Schaden erlitten, der sich aus der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit ergebe. Das Verhalten der Beklagten – die Installation der unzulässigen Abschalteinrichtung – sei auch als sittenwidrig einzustufen angesichts des bemerkenswerten Maßes an Skrupellosigkeit, das sich aus dem mit einem hohen drohenden Schaden verbundenen Gewinnstreben ergebe. Der Schaden des Klägers sei jedoch nicht durch die Beklagte verursacht worden. Der Schutzbereich des § 826 BGB müsse eine Ausuferung der Aktivlegitimation zugunsten einer Vielzahl von Geschädigten verhindern und Schadensrisiken ausklammern, die typischerweise Gegenstand der von den Parteien geschlossenen Verträge bzw. des dispositiven Vertragsrechts seien. Die Einbeziehung lediglich mittelbar Betroffener in den Schutzbereich der Norm müsse auf extreme Ausnahmefälle begrenzt bleiben, ein solcher liege hier nicht vor. Die Beklagte sei nicht Herstellerin des Fahrzeugs, sondern als Motorenhersteller gleichsam nur deren Zulieferer. Unmittelbar Geschädigte der Manipulationen durch die Beklagte sei damit die Fahrzeugherstellerin, die zwischen die Manipulation und das Inverkehrbringen getreten sei. Diese Bewertung ändere sich nicht dadurch, dass die Marke A... zum Konzern gehöre, deren Mutter die Beklagte sei. Es sei kein Grund ersichtlich, warum nicht auch die Fahrzeugherstellerin haften solle, wenn diese an den Manipulationen der Motorsteuerungssoftware beteiligt gewesen sei oder Kenntnis hiervon gehabt habe. Daneben könne die manipulierte Software auch einen Sachmangel darstellen, so dass dem Fahrzeugerwerber insbesondere auch vertragliche Gewährleistungsansprüche zustehen könnten.
3.
11 
Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die erstinstanzlich geltend gemachten Anträge weiter. Er macht geltend, das Vorliegen kaufvertraglicher Beziehungen gegen einen Verkäufer schließe deliktische Ansprüche gegen einen Dritten keineswegs aus. Das Herstellen und Inverkehrbringen des Dieselmotors durch die Beklagte mit der gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung begründe den Vorwurf der Sittenwidrigkeit i. S. v. § 826 BGB. Die mit der Software verbundene Gefahr der Nichtnutzbarkeit des Fahrzeugs stelle einen schwerwiegenden Mangel dar. Nach aller Lebenserfahrung sei es schlechterdings nicht vorstellbar, dass die Entwicklung und der Einsatz der Manipulationssoftware nicht vom Vorstand der Beklagten ausgegangen sei und dass alle Warnungen im straff geführten Konzern der Beklagten nicht bis zur Vorstandsebene gelangt sein sollten. Kenntnisse und Vorstellungen der beteiligten Mitarbeiter seien der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen. Von einem Schädigungsvorsatz der Beklagten sei auch bei einem Gebrauchtwagenkauf auszugehen. Der Kläger habe durch den Abschluss des Kaufvertrages einen Schaden erlitten. Ebenso liege eine Täuschung i. S. v. § 263 StGB vor, wobei die Beklagte, die sich zum Vertrieb ihrer Händler bediene, die Täuschung zumindest in mittelbarer Täterschaft durch Täuschung ihrer Händler begangen habe. Der Kläger habe im Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs von der Softwaremanipulation keine Kenntnis gehabt. Die Beklagte habe den Nachweis einer Kenntnis nicht geführt, zumal ein bloßer Verdacht nicht ausreiche. Ein Schaden sei nicht durch das Software-Update entfallen, das ungewisse Folgen habe. Hilfsweise stütze der Kläger seinen Anspruch auf §§ 830 Abs. 1, Abs. 2, 840, 421 BGB i. V. m. §§ 263, 27 StGB.
12 
Der Kläger stellt daher folgende Anträge:
13 
I. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 31.05.2019 (Az. 28 O 425/18) wird aufgehoben.
14 
I. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Marke: A... Typ: Q... Fahrzeug-Identifizierungsnummer: ... an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von 29.320,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
15 
Hilfsweise:
16 
I. Die Beklagte wird verurteilt, einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Schadensersatz in Höhe von mindestens 25% des Kaufpreises des Fahrzeugs von 29.320,00 EUR, mindestens somit 7.330,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
17 
I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei über den Betrag aus Hilfsantrag zu 1) hinausgehenden Schadensersatz für weitere Schäden, die aus der Ausstattung des Fahrzeugs, FIN: ..., mit der manipulierenden Motorsoftware resultieren, zu zahlen.
18 
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Zinsen in Höhe von 4 % aus 29.320,00 EUR seit dem 03.02.16 bis zum Beginn der Rechtshängigkeit zu bezahlen.
19 
I. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.564,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
20 
I. Vorsorglich wird für den Fall des Unterliegens beantragt, die Revision zuzulassen.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
die Berufung zurückzuweisen.
23 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
4.
24 
Ergänzend wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze und Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2020 (Bl. 460 ff.) sowie zum erstinstanzlichen Vorbringen und die dort gestellten Anträge auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 31. Mai 2019 verwiesen.
II.
25 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
26 
Die - auch zum Feststellungsantrag (Hilfsantrag Ziff. 2) - zulässige Klage ist unbegründet.
27 
Zwar hat die Beklagte, wie der Senat inzwischen wiederholt entschieden hat (vgl. Senatsurteile vom 19. Februar 2020 - 4 U 149/19 und 4 U 240/19 - und vom 22. April 2020 - 4 U 500/19) beim Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit einem Motor der Baureihe EA 189, der mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen war, jedenfalls vorsätzlich sittenwidrig i. S. v. § 826 BGB gehandelt (so inzwischen auch der Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19).
28 
Dies gilt auch insoweit, als der Motor bei Tochtergesellschaften der Beklagten in Fahrzeuge anderer Marken verbaut worden ist. Auch beim Einbau des Motors in ein Fahrzeug einer anderen, zumal konzernzugehörigen Marke bilden die allgemeinen Herstellerangaben und die Typgenehmigung die Grundlage des späteren Erwerbsgeschäfts. Insofern täuscht die den Motor in den Wirtschaftskreislauf einbringende Motorenherstellerin auch in diesem Kontext die Beteiligten an dem späteren Kaufvorgang, die auf die Seriosität der Motorenherstellerin vertrauen. Mit der Lieferung des Motors an die A... AG zu dem Zweck, diesen in ein zur Auslieferung bestimmtes Fahrzeug einbauen zu lassen, ohne das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtung zu offenbaren, hat die Beklagte eine Kausalkette in Gang gesetzt, die bis zur Stilllegung des Fahrzeugs fortwirkt, und zwar auch in Käuferketten außerhalb des Herrschaftsbereichs der Herstellerin. Unerheblich ist deshalb auch, dass der Kläger das Fahrzeug nicht als Neufahrzeug direkt von der A... AG, sondern als Gebrauchtwagen von der Fa. A... S... GmbH erworben hat (jetzt BGH, Urteil vom 25. Mai 2020, VI ZR 252/19; bereits zuvor KG, Urteil vom 18. November 2019 - 24 U 129/18, BeckRS 2019, 29883 Rn. 29; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06. November 2019 - 13 U 178/19, BeckRS 2019, 28272; OLG Köln, Beschluss vom 03. Januar 2019 - 18 U 70/18, NJW-RR 2019, 984, 986 Rn. 25; OLG Zweibrücken, Urteil vom 12. Dezember 2019 - 4 U 168/18, BeckRS 2019, 32201 Rn. 16).
29 
Durch weitgehende Informationsmaßnahmen der Öffentlichkeit seit September 2015 ist jedoch der Zurechnungszusammenhang zu einem etwaigen Schaden des Klägers bei Abschluss des Kaufvertrages am 25. Januar 2016 weggefallen. Auch aus anderen Anspruchsgrundlagen steht dem Kläger gegen die Beklagte kein auf Schadensersatz gerichteter Anspruch zu.
1.
30 
Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist zulässig. Es ist dem Kläger unbenommen, seinen - vermeintlichen - Schadensersatzanspruch in einen Leistungs- und einen Feststellungsantrag aufzuteilen; letzterer betrifft die noch nicht bezifferbaren, sich in der Fortentwicklung befindlichen weiteren Schäden in Form von Aufwendungen für das streitgegenständliche Fahrzeug, ist ausreichend bestimmt und betrifft auch durchaus ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
2.
31 
Ein vorsätzliches sittenwidriges Handeln der Beklagten im Sinne von §§ 826, 31 BGB lässt sich zum Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Kaufvertrags vom 25. Januar 2016 nicht mehr feststellen, weshalb es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen früherem sittenwidrigen Inverkehrbringen des Fahrzeugs und dem Kaufentschluss des Klägers fehlt.
32 
Dies beruht auf den seit der Ad hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 veröffentlichten Informationen, insbesondere auch auf der breit publizierten Abfragemöglichkeit betroffener Fahrzeuge des Konzerns der Beklagten auf einer Internet-Seite anhand der Fahrzeug-Identnummer (FIN) seit Anfang Oktober, auch für den hier streitgegenständlichen Pkw der Marke A....
a)
33 
Zwar ist die mit dem Inverkehrbringen der betroffenen Fahrzeuge begangene Täuschung potentieller Fahrzeugkäufer nicht dadurch weggefallen, dass die Beklagte seit 22. September 2015 verschiedene Informationen veröffentlicht hat (so wohl OLG Koblenz, Urteil vom 04.07.2019 - 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289). Auch fällt ein bei Inverkehrbringen vorliegender Schädigungsvorsatz der Beklagten nicht nachträglich durch die genannten Informationsmaßnahmen weg (so aber wohl OLG Braunschweig, Beschluss vom 02. November 2017 - 7 U 69/17, BeckRS 2017, 147936).
34 
Die Ad hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 lässt für sich genommen auch noch nicht die Kausalität einer Täuschung für den Kauf des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs nach diesem Zeitpunkt entfallen. Ein Kunde hat regelmäßig keine Kenntnis davon, wie ein Hersteller intern einen Motor bezeichnet, und konnte der Ad hoc-Mitteilung oder Presseberichten, die unmittelbar auf diese gestützt waren, nicht entnehmen, ob das von ihm zu erwerbende Fahrzeugmodell von Unregelmäßigkeiten betroffen ist (OLG Köln, Urteil vom 4. Oktober 2019 - 19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559). Allerdings ist die Kausalität der in dem Inverkehrbringen liegenden ursprünglichen Täuschungshandlung für einen Vertragsschluss, der nach der ausführlichen Presseberichterstattung in den Wochen und Monaten nach dem 22. September 2015 erfolgt ist, dann zweifelhaft, wenn sich ein Käufer trotz eines konkreten Verdachts, das Fahrzeug könne von der Abgasproblematik betroffen sein, nicht danach erkundigt und sich darüber Klarheit verschafft. In einem solchen Fall spricht viel dafür, dass ein (mögliches) Betroffensein des Fahrzeugs von der Abgasproblematik keinen wesentlichen Einfluss auf die Kaufentscheidung gehabt hat, zumal wenn im Zeitpunkt des Kaufs bereits publik war, dass die Zulassungsbehörden eine vom Hersteller auf seine Kosten zur Verfügung gestellte technische Maßnahme genügen lassen, insbesondere ein Software-Update, und ein Käufer deshalb davon ausgehen kann, dass bei Ausführung des Updates keine Stilllegung des Fahrzeugs angeordnet werden wird (OLG Köln, Urteil vom 6. Juni 2019 - 24 U 5/19, BeckRS 2019, 13405; OLG München, Urteil vom 20. Januar 2020 - 21 U 5072/19, BeckRS 2020, 197; Urteil vom 16. Dezember 2019 - 21 U 2850/19, BeckRS 2019, 34379 Rn. 21; OLG Dresden, Urteil vom 20. August 2019 - 9 U 851/19, BeckRS 2019, 21364; Urteil vom 24. Juli 2019 - 9 U 2067/18, BeckRS 2019, 19566; OLG Saarbrücken, Urteil vom 28. August 2019 - 2 U 94/18, NJW-RR 2019, 1453).
b)
35 
Die näheren Umstände zur Kausalität können im vorliegenden Fall jedoch dahin stehen, da es jedenfalls an der objektiven Zurechnung der sittenwidrigen Täuschung der Beklagten bei Inverkehrbringen des Fahrzeugs im November 2012 zu dem erst am 25. Januar 2016 erfolgten Gebrauchtwagenkauf durch den Kläger fehlt.
36 
Im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs bestand kein auf eine sittenwidrige Täuschung gerichteter Vorsatz der Beklagten i. S. v. § 826 BGB mehr. Der Zurechnungszusammenhang eines früheren Schädigungsvorsatzes ist durch das Verhalten der Beklagten seit September und Oktober 2015 unterbrochen worden.
aa)
37 
Nach allgemeiner Meinung haftet der Schädiger nicht für alle im naturwissenschaftlichen Sinn (condicio sine qua non) durch das schadensbegründende Ereignis verursachten Folgen (äquivalente Kausalität). Vielmehr ist die Verantwortlichkeit des Schädigers durch weitere Zurechnungskriterien einzuschränken, um eine unerträgliche Ausweitung der Schadensersatzpflicht zu verhindern (BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, NJW 2013, 2345, 2346 Rn. 20 ff.; Urteil vom 11. September 1999 - III ZR 98/99, NJW 2000, 947 m. w. Nachw.). Eine Haftung scheidet aus, wenn der durch das Verhalten des Schädigers in Gang gesetzte Kausalverlauf bei wertender Betrachtung durch später hinzu getretene Umstände unterbrochen wurde, weil diese im Hinblick auf den eingetretenen Schaden so stark in den Vordergrund treten, dass die Erstursache vollständig verdrängt wird bzw. der geltend gemachte Schaden nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage steht, denn ein äußerlicher, gleichsam zufälliger Zusammenhang genügt nicht (BGH, Urteil vom 9. April 2019 - VI ZR 89/18, NJW-RR 2019, 1187, 1189 Rn. 18; Urteil vom 22. September 2016 - VII ZR 14/16, NJW 2016, 3715, 3716 Rn. 14 ff.; Oetker in Münchener Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 142 ff. Grüneberg in Palandt, BGB, 79. Auf. 2020, vor § 249 BGB Rn. 24 ff. m. w. Nachw.; vgl. zu vorigem auch OLG Frankfurt, Urteil vom 27. November 2019 - 17 U 313/18, BeckRS 2019, 30840 Rn. 18 ff.). Macht der Geschädigte geltend, er sei durch die sittenwidrige Handlung des Täters zu schädlichen Vermögensdispositionen veranlasst worden, dann reicht es nicht aus, dass der Täter die Möglichkeit eines solchen Kausalverlaufs erkannt und gebilligt hat. Vielmehr trifft ihn der haftungsbegründende Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung nur dann, wenn der Geschädigte die ihn schädigende Handlung gerade deshalb vorgenommen hat, weil er dazu sittenwidrig veranlasst worden ist. Anderenfalls hat sich das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit bei der Schädigung nicht verwirklicht. Deshalb ist in diesem Fällen für die Beurteilung des Verhaltens als sittenwidrig auf den Zeitpunkt der Schadensherbeiführung abzustellen (BGH, Urteil vom 7. Mai 2019 - VI ZR 512/17, NJW 2019, 2164 Rn. 8; Urteil vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, NJW-RR 2013, 1448, 1450 Rn. 14, 23; Urteil vom 20. Februar 1979 - VI ZR 189/78, NJW 1979, 1599, 1600; OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Dezember 2019 - 7 U 156/19; Urteil vom 26. November 2019 - 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urteil vom 26. November 2019 - 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; Urteil vom 7. August 2019 - 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 1. Juli 2019 - 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; Hinweisbeschluss vom 27. Mai 2019 - 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; Beschluss vom 29. April 2019 - 7 U 159/19, juris; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 6. November 2019 - 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981; OLG Köln, Urteil vom 6. Juni 2019 - 24 U 5/19, BeckRS 2019, 13405, Rn. 38; OLG Koblenz, Urteil vom 2. Dezember 2019 - 12 U 1044/19, BeckRS 2019, 32689; Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289).
bb)
38 
Im vorliegenden Fall ist für die Bewertung der vorwerfbaren Handlung der Beklagten als sittenwidrig somit nicht nur auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs im November 2012 abzustellen. Vielmehr muss das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit auch die Veranlassung des Geschädigten zur Vornahme einer ihn schädigenden eigenen Handlung umfassen und damit im Zeitpunkt des Kaufs vom 25. Januar 2016 noch vorliegen. Zu diesem Zeitpunkt war eine besondere Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten jedoch nicht mehr gegeben.
39 
Die Beklagte hat seit 22. September 2015 Versuche unternommen, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass (wenn auch womöglich nicht sie selbst, so doch) die maßgeblichen Behörden von einer unzulässigen Abschalteinrichtung in der Abgassteuerung von Millionen von Dieselmotoren der Baureihe EA 189 ausgehen. Dass die erste Information vom 22. September 2015 in Form einer Ad hoc-Mitteilung erging und damit formal an Kapitalanleger gerichtet war, ändert hieran nichts. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Veröffentlichungen großer Kapitalgesellschaften, die formal der Information ihrer Anleger dienen, eine allgemeine Presseberichterstattung nach sich ziehen. Im vorliegenden Fall war bei einer ausdrücklich als solcher bezeichneten „Gewinnwarnung“ eines großen deutschen Automobilherstellers, der ankündigt, für notwendige Servicemaßnahmen an weltweit rund elf Millionen betroffenen Motoren ca. 6,5 Milliarden Euro zurückzustellen, ein größeres Presseecho zu erwarten, zu dem es dann auch in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang in Presse- und Fernsehnachrichten über einen längeren Zeitraum hin gekommen ist. Darüber hinaus hat die Beklagte - was allgemein und gerichtsbekannt ist - am 22. September 2015 auch eine Pressemitteilung herausgegeben, wonach Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen auffällig seien, bei denen eine Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden sei. Ebenfalls Gegenstand weitreichender Presseberichterstattung war der Umstand, dass die Beklagte und ihre Tochtergesellschaften - auch die A... AG - Anfang Oktober 2015 Webseiten freigeschaltet haben, auf der durch Eingabe der Fahrzeug-Identifikationsnummer überprüft werden kann, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Abschalteinrichtung versehen ist bzw. bereits eine „technische Maßnahme“ durchgeführt worden ist, also eine Überarbeitung des Fahrzeugs im Hinblick auf die vom Kraftfahrtbundesamt als unzulässig eingestufte Software. Darüber hinaus hat die Beklagte ihre Vertragshändler und Servicepartner über die Problematik informiert. Am 15. Oktober 2015 informierte dann das Kraftfahrtbundesamt, später auch die Beklagte, in einer Pressemitteilung über eine Anordnung über den Rückruf von 2,4 Millionen Kraftfahrzeugen mit Euro 5 Dieselmotoren mit einem Hubraum von 1,2 l, 1,6 l und 2,0 l. Diese seien mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen und es müssten geeignete Maßnahmen getroffen werden, um einen vorschriftsmäßigen Zustand herzustellen. Die betroffenen Halter würden durch den Hersteller zeitlich gestaffelt angeschrieben und aufgefordert, ihr Fahrzeug in einer Werkstatt vorzuführen (hierzu auch OLG Stuttgart, Urteil vom 26. November 2019 - 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975).
40 
Die sich aus diesen Informationsquellen ergebenden Kenntnisse in der breiten Öffentlichkeit sind bei der Beurteilung der Anstrengungen der Beklagten zu berücksichtigen, den Sittenwidrigkeitsvorwurf zu beseitigen, der seit dem Inverkehrbringen der mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehenen Fahrzeugen fortgedauert hat. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung kann jedenfalls im Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Fahrzeugkaufs am 25. Januar 2016 nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte wolle weiterhin die an Fahrzeugen ihres Konzerns interessierten Personen in sittenwidriger Weise zu einem Kauf bemakelter Fahrzeuge veranlassen und dadurch schädigen, wie dies im Zeitpunkt des Inverkehrbringens der Dieselfahrzeuge mit dem von der streitgegenständlichen Software betroffenen Motor EA 189 der Fall gewesen war. In der Zeit ab dem 22. September 2015 hat die Beklagte Maßnahmen getroffen, um die Öffentlichkeit und die Besitzer betroffener Dieselfahrzeuge über das Vorhandensein einer von den Behörden als unzulässig eingestuften Abschalteinrichtung zu informieren und dadurch die weiteren Auswirkungen ihres sittenwidrigen Verhaltens (hierzu BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19) einzudämmen. Unter Berücksichtigung der Berichterstattung in der Presse und die damit verbundene Unterrichtung der Öffentlichkeit waren die Informationen geeignet, das Fortwirken des Sittenwidrigkeitsverdikts zu verhindern (Senat, Urteil vom 13. Mai 2020 - 4 U 261/19; Urteil vom 4. März 2020 - 4 U 526/19; Urteil vom 19. Februar 2020 - 4 U 293/18; OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Dezember 2019 - 7 U 156/19; Urteil vom 26. November 2019 - 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urteil vom 7. August 2019 - 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; Urteil vom 26. November 2019 - 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; OLG Celle, Beschluss vom 1. Juli2019 - 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; Hinweisbeschluss vom 27. Mai 2019 - 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991; OLG Koblenz, Urteil vom 2. Dezember 2019 - 12 U 1044/19, BeckRS 2019, 32689; Urteil vom 25. Oktober 2019 - 3 U 348/19, BeckRS 2019, 31003; Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 U 240/19, BeckRS 2019, 21289; OLG Köln, Urteil vom 6. Juni 2019 - 24 U 5/19, BeckRS 2019, 13405; OLG München, Urteil vom 20. Januar 2020 - 21 U 5072/19, BeckRS 2020, 197; Urteil vom 16. Dezember 2019 - 21 U 2850/19, BeckRS 2019, 34379; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 27. November 2019 - 17 U 313/18, BeckRS 2019, 30840; OLG Saarbrücken, Urteil vom 29. November 2019 - 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
41 
Die Beklagte hat damit das ihr subjektiv und objektiv Mögliche getan, um das Entstehen etwaiger Schäden im Rahmen eines Weiterverkaufs betroffener Gebrauchtwagen zu vermeiden. Da der ursprüngliche Sittenwidrigkeitsvorwurf gegenüber der Beklagten gerade darauf gründet, mit der Herstellung und dem Inverkehrbringen des in Rede stehenden Motortyps sei konkludent die – tatsächlich nicht zutreffende – öffentliche Erklärung gegenüber einem potentiellen Erwerberkreis verbunden, der Einsatz des damit ausgestatteten Fahrzeugs sei im öffentlichen Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig, spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob die Beklagte mit ihren Aufklärungsmaßnahmen tatsächlich alle Gebrauchtwagenkunden erreicht hat. Der Sittenwidrigkeitsvorwurf entfällt bereits dann, wenn die Beklagte – gleichsam in Rückgängigmachung ihrer ursprünglichen Täuschungshandlung – gleichwertige, an die Öffentlichkeit gerichtete Maßnahmen mit demselben Wirkungsgrad ergriffen hat, um den potentiellen Erwerberkreis über die ursprüngliche Täuschung aufzuklären. Maßstab ist deshalb nicht, dass sämtliche Kaufinteressenten hiervon hätten Kenntnis nehmen müssen. Angesichts des Umstandes, dass der potentielle Erwerberkreis nicht feststeht und damit notwendigerweise auch dessen konkrete Informationsgewohnheiten der Beklagten nicht bekannt sind, reicht das Ergreifen solcher Aufklärungsmaßnahmen aus, von denen sämtliche potentielle Kaufinteressenten mit üblichen Informationsgewohnheiten hätten Kenntnis nehmen können. Hiervon ist aufgrund der Pressemitteilungen der Beklagten, den Internetseiten zur FIN-Abfrage der Konzern-Unternehmen, namentlich im vorliegenden Fall der A... AG, und der Information der Vertragshändler auszugehen (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 6. November 2019 - 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981 Rn. 29 f.). Der Gegenauffassung, die für die Beseitigung des Sittenwidrigkeitsvorwurfs gem. § 826 BGB auf eine Kenntnis des Käufers abstellt, schließt sich der Senat deshalb nicht an (OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 - 13 U 149/18, NJW-RR 2019, 1428 Rn. 53; OLG Köln, Urteil vom 4. Oktober 2019 - 19 U 98/19, BeckRS 2019, 30559, wie hier andererseits OLG Köln, Urteil vom 6. Juni 2019 - 24 U 5/19, BeckRS 2019, 13405). Die Beklagte durfte schließlich auch davon ausgehen, dass informierte Fahrzeughalter bei einem Verkauf ihres Fahrzeugs den Erwerber auf die erlangte Information über die streitgegenständliche Software hinweisen werden. Der Zurechnungszusammenhang in Bezug auf Schäden wegen verkaufter Fahrzeuge wurde auf diese Weise jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufs am 25. Januar 2016 unterbrochen (vgl. auch Senat, Urteil vom 13. Mai 2020 - 4 U 261/19; Urteil vom 4. März 2020 - 4 U 526/19; Urteil vom 19. Februar 2020 - 4 U 293/18; OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Dezember 2019 - 7 U 156/19; Urteil vom 7. August 2019 - 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326).
3.
42 
Auch ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB ist nicht gegeben.
43 
Von einer fortwirkenden vorsätzlichen Täuschungshandlung der Beklagten, die Voraussetzung eines Betrugs im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs wäre, ist nicht auszugehen. Die Gründe, die zur Verneinung einer sittenwidrigen Veranlassung des Kraftfahrzeugkaufs führen, gelten hier entsprechend.
44 
Die bis zum Herbst 2015 fortwirkende Täuschungshandlung der Beklagten dahingehend, dass das Fahrzeug mit dem von ihr hergestellten Motor ordnungsgemäß die EG-Typgenehmigung erhalten habe und diesbezüglich keine Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 FZV drohe, hat durch die anschließende Offenlegung des „Dieselskandals“ sein Ende gefunden. Eine Unkenntnis des Klägers von einem Betroffensein seines gekauften Fahrzeugs von der streitgegenständlichen Software ginge jedenfalls nicht zurechenbar auf eine fortwirkende Täuschung der Beklagten zurück, sondern würde darauf beruhen, dass er sich trotz des beabsichtigten Erwerbs eines Dieselfahrzeugs nicht mit der öffentlich breit diskutierten Abgasproblematik befasst und die sowohl öffentlich als auch über jeden Vertragshändler leicht verfügbare Information eingeholt hätte, ob das von ihm ins Auge gefasste Fahrzeug betroffen war (Senat, Urteil vom 13. Mai 2020 - 4 U 261/19; Urteil vom 4. März 2020 - 4 U 526/19; Urteil vom 19. Februar 2020 - 4 U 293/18).
4.
45 
Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 S. 1 EG-FGV.
46 
Nach § 6 Abs. 1 S. 1 EG-FGV hat der Inhaber der EG-Typgenehmigung für jedes dem genehmigten Typ entsprechende Fahrzeug eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 18 i. V. m. Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG auszustellen und dem Fahrzeug beizufügen. Nach der Definition in Art. 3 Nr. 36 der Richtlinie 2007/46/EG ist eine Übereinstimmungsbescheinigung „das in Anhang IX wiedergegebene, vom Hersteller ausgestellte Dokument, mit dem bescheinigt wird, dass ein Fahrzeug aus der Baureihe eines nach dieser Richtlinie genehmigten Typs zum Zeitpunkt seiner Herstellung allen Rechtsakten entspricht“. Nach § 27 Abs. 1 S. 1 EG-FGV dürfen neue Fahrzeuge, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung vorgeschrieben ist, im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. Hinsichtlich der Übereinstimmungsbescheinigung ist von einem formellen Gültigkeitsbegriff auszugehen. Danach ist die Bescheinigung dann gültig, wenn der Hersteller sie unter Verwendung des vorgeschriebenen Formulars ausgestellt hat und wenn sie fälschungssicher sowie vollständig ist. Ein tatbestandlicher Verstoß gegen die §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV ist damit im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Darauf, ob ein Fahrzeug bei Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung dem genehmigten Typ entspricht, kommt es nicht an (Senat, Urteil vom 13. Mai 2020 - 4 U 261/19; Urteil vom 4. März 2020 - 4 U 526/19; Urteil vom 19. Februar 2020 - 4 U 293/18; OLG Stuttgart, Urteil vom 26. November 2019 - 10 U 338/19, BeckRS 2019, 29975; Urteil vom 26. November 2019 - 10 U 199/19, BeckRS 2019, 29977; Urteil vom 7. August 2019 - 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 6. November 2019 - 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981; OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019 - 7 U 134/17, ZIP 2019, 837 Rn. 112), zumal keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine Abweichung des streitgegenständlichen Fahrzeugs vom genehmigten Typ gegeben ist (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Dezember 2019 - 7 U 156/19). Spätestens dadurch, dass das Kraftfahrtbundesamt die Typgenehmigung nicht gem. § 25 Abs. 3 EG-FGV widerrufen, sondern nach § 25 Abs. 2 EG-FGV eine Nebenbestimmung dahin erlassen hat, dass die Abschalteinrichtung zu entfernen ist, sind rechtliche Probleme der Typgenehmigung und Übereinstimmungsbescheinigung beseitigt (OLG Saarbrücken, Urteil vom 29. November 2019 - 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012). Im vorliegenden Fall kann die zwischen den Parteien streitige Frage, ob §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV als Schutzgesetze. S. v. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sind (ablehnend OLG München, Urteil vom 20. Januar 2020 - 21 U 5072/19, BeckRS 2020, 197; OLG Koblenz, Urteil vom 2. Dezember 2019 - 12 U 1044/19, BeckRS 2019, 32689; OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 1. Juli 2019 - 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; Hinweisbeschluss vom 27. Mai 2019 - 7 U 335/18, BeckRS 2019, 14991), deshalb dahinstehen.
5.
47 
Auch ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 831 BGB, wonach das deliktische Handeln eines etwaigen Verrichtungsgehilfen der Beklagten zuzurechnen wäre, kommt aus den genannten Gründen nicht in Betracht (Senat, Urteil vom 13. Mai 2020 - 4 U 261/19; Urteil vom 4. März 2020 - 4 U 526/19; Urteil vom 19. Februar 2020 - 4 U 293/18; OLG Stuttgart, Urteil vom 7. August 2019 - 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 6. November 2019 - 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981; OLG Saarbrücken, Urteil vom 29. November 2019 - 1 U 32/19, BeckRS 2019, 33012).
6.
48 
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB scheidet aus. Zwischen den Parteien ist kein (vor-)vertragliches Schuldverhältnis zustande gekommen.
49 
Zwar kann ausnahmsweise die Haftung eines Dritten auch dann in Betracht kommen, wenn er an einem Vertragsschluss ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse hat oder wenn er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst hat (Grüneberg in Palandt, 79. Aufl. 2020, § 311 BGB Rn. 60 m. w. Nachw.). Von einem besonderen wirtschaftlichen Interesse der am streitgegenständlichen Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der A... S... GmbH nicht beteiligten Beklagten ist jedoch nicht auszugehen, ein besonderes persönliches Vertrauen nicht ersichtlich. Das Ausstellen einer Übereinstimmungserklärung durch die Tochtergesellschaft A... AG, der lediglich öffentlich-rechtliche Wirkung zukommt, genügt hierfür nicht (Senat, Urteil vom 13. Mai 2020 - 4 U 261/19; Urteil vom 4. März 2020 - 4 U 526/19; Urteil vom 19. Februar 2020 - 4 U 293/18; OLG Stuttgart, Urteil vom 7. August 2019 - 9 U 9/19, BeckRS 2019, 21326; OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 1. Juli 2019 - 7 U 33/19, BeckRS 2019, 14988; OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019 - 7 U 134/17, ZIP 2019, 837 Rn. 87 ff. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 6. November 2019 - 13 U 156/19, BeckRS 2019, 27981). Darüber hinaus hat die Beklagte im vorliegenden Fall kein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch den Vertragsabschluss des Klägers mit dem verkaufenden Autohaus erheblich beeinflusst.
7.
50 
Mangels Hauptforderung besteht kein Anspruch des Klägers auf die geltend gemachten Nebenforderungen, namentlich Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
III.
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
52 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.
53 
Die Revision wird aufgrund der zitierten teilweise abweichenden Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte zugelassen (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).

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