Zwischenurteil vom Verwaltungsgericht Halle (7. Kammer) - 7 A 3/15

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Zinsen wegen nicht alsbald nach der Auszahlung erfolgter Verwendung von Zuwendungen.

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Die Klägerin beantragte nach dem Gewinn des Landeswettbewerbs „Auf dem Weg zur barrierefreien Kommune 2005“ unter dem 4. Oktober 2006 für die Haushaltsjahre 2007, 2008 und 2009 die Gewährung des Preisgeldes als Fördermittel im Programm Stadtumbau-Ost.

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Mit Bescheid vom 12. Oktober 2007 betreffend das Programmjahr 2007 bewilligte der Beklagte für das Haushaltsjahr 2010 einen Betrag von 50.070,00 Euro und für das Haushaltsjahr 2011 einen Betrag von 781.900,00 Euro (insgesamt 831.970,00 Euro). Der Klägerin wurde das Angebot unterbreitet, einen Antrag auf nachträgliche Aufnahme in das Förderprogramm 2005 zu stellen, um noch Fördermittel für das Haushaltsjahr 2007 zu erhalten. Auf ihren entsprechenden Antrag gewährte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 19. November 2007 betreffend das Programmjahr 2005 Fördermittel in Höhe von 264.055,00 Euro für das Haushaltsjahr 2007. Den Bewilligungsbescheid betreffend das Programmjahr 2007 änderte der Beklagte mit Bescheiden vom 18. April 2008 und 25. November 2008 dahingehend ab, dass für das Haushaltsjahr 2008 ein Betrag von 447.280,00, für das Haushaltsjahr 2009 ein Betrag von 113.840,00 und für das Haushaltsjahr 2011 ein Betrag von 270.850,00 Euro zur Verfügung stand (insgesamt 831.970,00 Euro). In den Bescheiden heißt es, dass für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und für die ggfs. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides der Rückforderung der gewährten Fördermittel die VV bzw. VV-Gk zu § 44 LHO LSA gelten, soweit in den Förderrichtlinien zum Stadtumbau-Ost nichts anderes bestimmt ist. Ausdrücklich heißt es: „Werden Zuwendungen nicht alsbald nach der Auszahlung zur Erfüllung des Zuwendungszwecks verwendet und wird der Zuwendungsbescheid nicht zurückgenommen oder widerrufen, so können für die Zeit von der Auszahlung bis zur zweckentsprechenden Verwendung gemäß § 49a Abs. 3 und 4 VwVfG Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz im Sinne des § 247 BGB jährlich verlangt werden“. Die ANBest-Gk und AN-Best-P, Anlage zur VV-Gk Nr. 5.1. zu § 44 LHO wurden (vorbehaltlich anderer Regelungen durch Erlass des Ministeriums für Bau und Verkehr vom 3. August 2004) zum Bestandteil der Bewilligung gemacht.

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Der für das Haushaltsjahr 2008 von der Klägerin gefertigte Zwischenverwendungsnachweis ging beim Beklagten am 10. Juli 2009 ein.

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Mit Anhörungsschreiben vom 20. November 2012 teilte der Beklagte der Klägerin seine Absicht mit, für das Haushaltsjahr 2008 Zinsen in Höhe von 17.117,58 Euro wegen der nicht fristgemäßen Verwendung der Fördermittel festzusetzen. Die Klägerin erhob daraufhin unter dem 6. Dezember vorsorglich die Einrede der Verjährung und verwies hierzu auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 9. Juli 2012 (Az.: 4 A 300/11 MD).

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Mit Bescheid vom 17. Dezember 2012 setzte der Beklagte die Zinsen auf 17.117,58 Euro fest. Auf der Grundlage des eingereichten Zwischenverwendungsnachweise habe er festgestellt, dass die Zuwendungen nicht alsbald nach der Auszahlung für fällige Zahlungen verwendet worden seien. Daraus ergäben sich auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 49a Abs. 4 VwVfG Zinsforderungen. Die festgesetzten Zinsen seien der beigefügten Berechnung zu entnehmen. Nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften werde eine Zuwendung alsbaldig verwendet, wenn sie innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung für fällige Zahlungen verbraucht werde. Zu Gunsten der Klägerin werde bei der Berechnung unterstellt, dass die Auszahlungen innerhalb eines Monats bereits am ersten Tag des Monats geleistet worden seien. Das ihm bei der Zinserhebung zustehende Ermessen sei nach den Verwaltungsvorschriften dahingehend eingeschränkt, dass regelmäßig Zinsen zu verlangen seien, wenn der Zuwendungsbescheid nicht widerrufen werde. Ein Ausnahmefall liege nicht vor. Das öffentliche Interesse an der Zinsforderung wiege schwerer als das Interesse der Klägerin, nicht mit den Zinsen belastet zu werden. Verjährung sei nicht eingetreten. Gerade nach dem von der Klägerin zitierten Urteil des VG Magdeburg wäre für die Zinsforderung erst zum 31. Dezember 2012 Verjährung eingetreten.

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Die Klägerin hat am 27. Januar 2013 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt:

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Der Zinsanspruch entstehe in dem Zeitpunkt, zu dem die Leistung nicht alsbald bestimmungsgemäß verwendet werde. Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB n.F.) beginne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 -) kenntnisunabhängig gemäß § 199 Nr. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Zinsanspruch entstehe. § 199 Nr. 2 BGB finde hiernach auf öffentlich-rechtliche Ansprüche keine Anwendung. Die letzte zu berücksichtigende Auszahlung an sie – die Klägerin – sei unter dem 30. Oktober 2008 erfolgt, da der Bescheid spätere Zahlungen ausdrücklich nicht in die Berechnung einbezogen habe. Somit sei der Zwischenzinsanspruch noch im Jahr 2008 entstanden, zum Ende dieses Jahres habe auch die Verjährungsfrist zu laufen begonnen, so dass der Anspruch zum 31. Dezember 2011 verjährt sei. Sie erhebe daher nochmals ausdrücklich die Einrede der Verjährung. Verjährung sei im Übrigen selbst dann eingetreten, wenn § 199 Nr. 2 BGB Anwendung finde, denn dem Beklagten sei mindestens grob fahrlässige Unkenntnis anzulasten, weil sich ihm habe aufdrängen müssen, dass die Fördermittel nicht alsbald verwendet werden konnten. Spätestens im Jahre 2008 hätte er eine Nachfrage realisieren können.

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Weiter macht die Klägerin einen Ermessensfehlgebrauch geltend. Der Beklagte habe in seine Erwägungen einstellen müssen, dass auch ihm bewusst gewesen sei, dass die erst Ende des Jahres 2007 bewilligten Mittel nicht alsbald nach dem noch in 2007 notwendigen Mittelabruf verwendet werden konnten. Dies gelte weiter für den Umstand, dass die späte Bewilligung der Fördermittel auf eine verzögerte Bearbeitung des schon unter dem 4. Oktober 2006 gestellten Bewilligungsantrages zurückzuführen sei.

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Schließlich greift die Klägerin die Zinsberechnung an. Zum einen habe der Beklagte seine eigene Vorgabe – nämlich, dass die Auszahlung vom 30. November 2008 nicht für das Haushaltsjahr 2008 berücksichtigt wird – nicht konsequent umgesetzt. Zum anderen habe er auch die Verwaltungsvorschrift, wonach zu ihren Gunsten unterstellt werde, dass ihre Ausgaben innerhalb eines Monats bereits am ersten Tag des Monats geleistet worden seien, nicht richtig angewendet. Zinsen dürften für den Zahlungstag nur aus dem bereits geminderten Fördermittelguthaben berechnet werden.

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Die Klägerin beantragt,

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den Zinsfestsetzungsbescheid des Beklagten vom 17. Dezember 2012 in der Fassung der Änderung vom 20. Mai 2015 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er vertritt die Auffassung, dass die Zinsforderungen nicht verjährt seien. Nach einem rechtskräftigen Urteil des Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt beginne die Verjährung in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Kenntnis von der nicht alsbaldigen Verwendung der Fördermittel habe er für das hier betroffene Haushaltsjahr aber erst mit Eingang des Zwischenverwendungsnachweises am 10. Juli 2009 erlangt.

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Zur Ermessensausübung verweist er darauf, dass die Klägerin trotz Kenntnis ihrer Verpflichtung zur alsbaldigen Verwendung und der bestehenden Umsetzungsprobleme die Fördermittel angefordert habe. Wegen der Zinsberechnung führt er aus, dass Beginn und Ende der Verzinsung nach §§ 187 Abs. 1 bzw. 188 Abs. 2 BGB ermittelt worden seien. Der weitere Einwand sei im Rahmen einer Neuberechnung berücksichtigt worden.

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In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte seinen Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Zinsforderungsbetrag auf 16.097,11 Euro reduziert wurde. Im Umfang dieser Reduzierung haben die Beteiligten das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Beteiligten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Beteiligten das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist es in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

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Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 17. Dezember 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Zinsforderungen, deren Rechtsgrundlage sich aus §§ 1 Abs. 1 VwVfG LSA, 49a Abs. 4 VwVfG ergibt, sind nicht verjährt.

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Vermögensrechtliche Ansprüche öffentlich-rechtlicher Rechtsträger unterliegen allerdings der Verjährung, wie die Regelung des § 53 VwVfG über die Hemmung der Verjährung zeigt. Soweit spezialgesetzliche Vorschriften fehlen und auch keine sachnäheren öffentlich-rechtlichen Vorschriften – insbesondere die Abgabenordnung für den Bereich der Abgabenerhebung – für eine Analogie in Betracht kommen, finden auf die Verjährung öffentlich-rechtlicher Vermögensansprüche die §§ 195 ff. BGB entsprechende Anwendung (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. November 2013 - 2 L 140/12 -; OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 20. April 2012 - 4 A 2005/10 - m.w.N., jeweils zitiert nach juris).

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Der Anspruch aus §§ 1 Abs. 1 VwVfG LSA, 49a Abs. 4 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 VwVfG ist dabei einer kurzen Verjährungsfrist unterworfen, die seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 drei Jahre beträgt (§ 195 BGB analog). Diese Ansicht, die auch von der Klägerin nicht angegriffen wird, entspricht der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. November 2013 - 2 L 140/12 -; OVG Meckl.-Vorp., Urteil vom 9. Februar 2005 - 2 L 66/03 - und Beschluss vom 14. Februar 2012 - 2 L 154/10 -; Nds. OVG, Urteil vom 16. Februar 2012 - 1 LC 150/11 -; Thür. OVG, Urteil vom 7. April 2011 - 3 KO 505/09 -; Sächs. OVG, Urteil vom 26. April 2012 - 1 A 963/10 - und Urteil vom 28. Februar 2013 - 1 A 346709 -; Hess. VGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - 9 A 2289/12 -; a.A. OVG Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2004 - 2 A 680/03 -, jeweils zitiert nach juris).

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Für die Verjährung nach § 195 BGB ist die Regelung des § 199 Abs. 1 BGB entsprechend anwendbar. Hiernach beginnt die Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2). Hiernach waren die Zinsforderungen zum Zeitpunkt ihrer Festsetzung mit dem streitbefangenen Bescheid vom 17. Dezember 2012 noch nicht verjährt.

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Nach § 49a Abs. 4 Satz 1 VwVfG können Zinsen für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung verlangt werden, wenn eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet wird. Der Zinsanspruch nach dieser Regelung entsteht in dem Zeitpunkt, zu dem die Leistung nicht alsbald nach Auszahlung bestimmungsgemäß verwendet worden ist, und wird mit Erlass des ihn festsetzenden Zahlungsbescheides (oder des darin genannten Zeitpunkts) fällig (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2005 - 8 C 5/04 -; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. November 2013 - 2 L 140/12 -, jeweils zitiert nach juris). Nicht alsbald verwendet wird eine Zuwendung, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung für fällige Zahlungen verwendet wird (vgl. Ziffer 7.2 und 8.2.5 VV-Gk). Für die bis zum 30. Oktober 2008 abgerufenen, aber nicht innerhalb von zwei Monaten verbrauchten Fördermittel sind Zinsansprüche also noch im Jahr 2008 entstanden.

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Für den Beginn der Verjährung muss aber zur Entstehung des Anspruchs hinzukommen, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Die Kammer schließt sich der von der Klägerin herangezogenen Auffassung des 3. Senats des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Teilurteil vom 21. Oktober 2010 (Az.: 3 C 4.10 - juris) nicht an, wonach auf Zinsen im Öffentlichen Recht zwar die kurze Verjährungsfrist übertragen werden könne, dies allerdings nur entsprechend, weshalb § 199 Abs. 1 Nr. BGB n.F. von der Anwendung auszunehmen sei. Demgegenüber hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der Frage der Verjährung von Erstattungsansprüchen ohne Weiteres das Vorliegen der Voraussetzungen des § 199 Nr. 2 BGB geprüft (vgl. Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 2.12 -, juris). Der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat ausdrücklich offen gelassen, ob der Lauf der Verjährungsfrist auch kenntnisbezogene Voraussetzungen hat (vgl. Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 2.12 -, juris).

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Die Kammer teilt die vom 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Anwendbarkeit des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geäußerten Bedenken, wonach eine Anknüpfung des Verjährungsbeginns an subjektive Umstände im öffentlichen Recht auf Schwierigkeiten stoße, nicht. Sie schließt sich vielmehr der von verschiedenen Oberverwaltungsgerichten vertretenen Gegenauffassung an (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - 9 A 2289/12 -;Sächs. OVG, Beschluss vom 16. Juli 2012 - 1 A 842/10 -; Thüringer OVG, Urteil vom 4. April 2011 - 3 KO 505/09 -; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. März 2010 - OVG 2 B 1.09 -, jeweils zitiert nach juris; auch das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt geht in seinem Urteil vom 28. November 2013 [Az.: - 2 L 140/12 -, juris] ersichtlich davon aus, dass § 199 Abs. 1 BGB insgesamt zur Anwendung kommt, denn es zitiert diese Regelung vollständig und führt aus, dass die Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste). So hält das Thüringer Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 28. Juli 2011 - 3 KO 1326/10 -, juris) den Bedenken des 3. Senats des Bundesverwaltungsgerichts überzeugend entgegen, dass im öffentlichen Recht der Lauf von Fristen auch in anderen Fällen von der Kenntnis der Behörde abhängt, ohne dass die Bestimmung des jeweiligen Fristbeginns auf unüberwindbare Schwierigkeiten gestoßen wäre. Dies gilt etwa für die Bestimmung des § 48 Abs. 4 VwVfG, der den Lauf der Jahresfrist von der Kenntnis der Behörde abhängig macht (a.a.O.). Es ist weiter nicht erkennbar, aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage, welche Anforderungen an die Kenntnis (oder die grob fahrlässige Unkenntnis) zu stellen sind, auf wessen Kenntnis es ankommt und ob und in welchen Fällen hier eine "Wissenszurechnung" erfolgt, im öffentlichen Recht ungleich größere Probleme aufwerfen sollte als im Zivilrecht, in dem nicht nur natürliche Personen, sondern auch mehr oder weniger große Organisationseinheiten (insb. juristische Personen) als Anspruchsinhaber oder -gegner auftreten (vgl. Thüringer OVG, a.a.O.). Für die nicht nur selektive analoge Anwendung der Verjährungsregelungen der §§ 195 ff. BGB spricht zudem – wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 13. Mai 2014 - 9 A 2289/12 -, juris) weiter argumentiert –, dass sie ein zwischen den Polen der materiellen Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit ausbalanciertes System bilden; wird daraus die Regelung der kurzen Verjährungsfrist in § 195 BGB isoliert herausgegriffen, entsteht ein Ungleichgewicht. Dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ist gegenüber dem im öffentlichen Recht ebenfalls zentralen Aspekt der Rechtsstaatlichkeit erst bei einer ausgewogeneren Verjährungsregelung, wie sie namentlich durch die Verbindung von § 195 mit § 199 Abs. 1 Nr. 2 oder auch § 199 Abs. 4 BGB erzielt wird, der Vorzug zu geben (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - 9 A 2289/12 -, juris). Schließlich gebietet es auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht, die Verjährungsfrist ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen laufen zu lassen, da gerade in Fallkonstellationen mit rückwirkender Zinserhebung meist der Schuldner im Gegensatz zum Gläubiger diese Kenntnis hat und darum nicht schutzwürdig ist (vgl. Hess. VGH, a.a.O.).

27

Die Verjährung begann hiernach erst mit dem Schluss des Jahres, in dem beim Beklagten der Zwischenverwendungsnachweis der Klägerin für das Haushaltsjahr 2008 eingegangen ist, er Kenntnis von der nicht alsbaldigen Verwendung der Fördermittel und damit von den den Anspruch begründenden Umständen erhalten hat. Eingegangen ist der Verwendungsnachweis beim Beklagten am 10. Juli 2009. Die Verjährung begann also zum 31. Dezember 2009, so dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Zinsbescheides vom 17. Dezember 2012 die dreijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen war. Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Beklagte nicht ohne grobe Fahrlässigkeit noch im Jahr 2008 Kenntnis erlangen, weil sich ihm – wie die Klägerin meint – habe aufdrängen müssen, dass die Fördermittel nicht alsbald verwendet werden konnten und er dies noch im Jahre 2008 durch eine Nachfrage habe klären können. Auch wenn der Beklagte – etwa im Hinblick auf Mittelausreichungen am Jahresende – Anhaltspunkte dafür hatte, dass eine alsbaldige Verwendung schwierig sein könnte, hatte er keine Veranlassung, der tatsächlichen Verwendung vor Eingang des (Zwischen-)Verwendungsnachweises nachzugehen. Insoweit hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zutreffend darauf hingewiesen, dass es nach den AN-Best-Gk vielmehr Sache des Zuwendungsempfängers ist, der Bewilligungsbehörde unverzüglich anzuzeigen, wenn die abgerufenen oder ausgezahlten Beträge nicht innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung verbraucht werden können (vgl. Ziffer 5.1.4). Es stellt daher keine grob fahrlässige Unkenntnis der verspäteten Mittelverwendung dar, wenn der Beklagte keine Aufklärung betrieben, sondern den Zwischenverwendungsnachweis abgewartet hat.

28

Die Erhebung der Zinsen ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Das Ermessen des Beklagten ist durch Ziffer 8.6 der VV-Gk reduziert, wonach in den Fällen, in denen die Zuwendung nicht innerhalb von zwei Monaten zur Erfüllung des Zuwendungszwecks verwendet und der Zuwendungsbescheid nicht widerrufen wird, regelmäßig für die Zeit von der Auszahlung bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen zu verlangen sind. Die entsprechende Intendierung des Ermessens folgt auch aus den haushaltsrechtlichen Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, die bei Verzicht auf einen Widerruf zur Erhebung von Zinsen zwingen, sofern nicht außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen (vgl. Thüringer OVG, Urteil vom 18. Februar 1999 - 2 KO 61/96 -, juris). Hier lagen keine solchen Gründe vor, die eine Ausnahme vom Zinserhebungsgebot zuließen. Dafür, dass es – wie die Klägerin meint – dem Beklagten bewusst gewesen ist, dass die erst Ende des Jahres 2007 bewilligten Mittel nicht alsbald nach dem noch in 2007 notwendigen Mittelabruf verwendet werden konnten, gibt es keine Anhaltspunkte. Dass es in Wintermonaten, auch wegen vergaberechtlicher Vorgaben, Schwierigkeiten bereiten kann, Mittel rechtzeitig zu verwenden, hat der Beklagte im Rahmen der Klageerwiderung zwar eingeräumt, zutreffend aber darauf hingewiesen, dass den Zuwendungsempfängern dieses Problem insgesamt bekannt sei und von ihnen bei Abruf der Mittel ins Kalkül gezogen werden müsse. Das Risiko, die angeforderten Mittel rechtzeitig verwenden zu können, fällt in deren Verantwortungsbereich, auch in Fällen einer erst längere Zeit nach Beantragung erfolgten Bewilligung der Zuwendung.

29

Soweit sich die Klägerin schließlich gegen die Höhe der Zinsen gewandt ist, ist ihrem ersten Einwand durch die Reduzierung des festgesetzten Betrages bereits Rechnung getragen worden. Der zweite Einwand greift nicht durch. Insoweit hat der Beklagte darauf verwiesen, dass er für den Zinsbeginn entsprechend dem Runderlass des Finanzministeriums vom 11. März 1996 (MBl. LSA 1996, S. 775) analog § 187 Abs. 1 BGB auf den Tag nach dem Auszahlungstag abstelle. Für das Zinsende ziehe § 188 Abs. 2 BGB heran und gehe davon aus, dass die Verzinsung mit Ablauf des Tages ende, an dem die Mittel verbraucht werden. Diese Berechnung ist nicht zu beanstanden, vielmehr folgt sie konsequent den Regeln der nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 31 VwVfG entsprechend geltenden Bestimmungen der §§ 187 bis 193 BGB. Die Auszahlung der Mittel, an die die Verzinsung anknüpft, ist wie deren Verwendung ein Ereignis, so dass der Auszahlungstag analog § 187 Abs. 1 BGB bei der Berechnung noch nicht berücksichtigt wird, die Verzinsung analog § 188 Abs. 2 BGB aber auch erst mit Ablauf des Tages endet, an dem die Mittel verwendet werden. Damit ist erst am Folgetag der um die Verwendungssumme geringere Betrag zu verzinsen.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 und 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

31

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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