Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 12 K 2406/08

Tenor

Der Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg -Landesjustizprüfungsamt vom 19.12.2007 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, die Prüfungsleistungen des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten und das Prüfungsverfahren fortzusetzen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am … 1976 geborene Kläger begehrt die Neubewertung seiner Prüfungsleistungen im Rahmen der Ersten juristischen Staatsprüfung.
Der Kläger nahm im Herbst 2007 zum zweiten Mal an der Ersten juristischen Staatsprüfung teil. Seine Leistungen im schriftlichen Teil wurden mit einer Gesamtdurchschnittspunktezahl von 3,78 Punkten und im Einzelnen wie folgt bewertet:
        
Zivilrecht
Strafrecht
Öffentliches Recht
Aufsichtsarbeit
1   2   3
4   5  
6   7_
Erstprüfer
8,0   4,0   3,0
2,0   3,0
4,0   3,0
Zweitprüfer
8,0   3,0   3,0
3,0   3,0
3,0   3,0
Durchschnitt
8,0   3,5   3,0
2,5   3,0
3,5   3,0
Mit Bescheid vom 19.12.2007 teilte das Justizministerium Baden-Württemberg -Landesjustizprüfungsamt - dem Kläger mit, dass er die Erste juristische Staatsprüfung aufgrund des Ergebnisses der schriftlichen Prüfung endgültig nicht bestanden habe.
Mit Schreiben vom 20.12.2007 erhob der Kläger Widerspruch, den er mit Schreiben vom 28.03.2008 begründete. Er erhob Einwände gegen die Erst- und Zweitgutachten hinsichtlich der Aufsichtsarbeiten Nr. 2, Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6.
Das Landesjustizprüfungsamt holte Stellungnahmen der jeweiligen Erst- und Zweitprüfer zu den Einwänden des Klägers ein. Die Prüfer blieben bei ihren ursprünglichen Bewertungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 wies das Landesjustizprüfungsamt den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, die Überprüfung habe ergeben, dass die Bewertungen der Prüfer keine Rechts- oder Bewertungsfehler aufwiesen; es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass ein Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen sei oder allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verkannt habe oder dass eine Bewertung aus sonstigen Gründen fehlerhaft sei. Der Widerspruchsbescheid wurde am 24.05.2008 zugestellt.
Der Kläger hat am 19.06.2008 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg -Landesjustizprüfungsamt - vom 19.12.2007 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 4, 5 und 6 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten und das Prüfungsverfahren fortzusetzen.
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Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er verweist im Wesentlichen auf die ergangenen Bescheide.
14 
Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung im Wesentlichen noch vorgebracht, er schreibe sehr langsam, weshalb er jeweils Probleme mit der Prüfungszeit gehabt habe. Die Universität Mannheim belege über die letzten Jahre regelmäßig eine Spitzenposition hinsichtlich der Durchfallquote. Die Vertreterin des Beklagten hat ausgeführt, die Professoren der Universität Mannheim würden als Prüfer nur bei Mannheimer Studenten eingesetzt. Jeder Prüfer erhalte ca. 30 - 35 Klausuren, wobei Erst- und Zweitprüfer keine „Paare“ bildeten. Von Kampagne zu Kampagne würden die Prüfer „durchgetauscht“. Die hohe Durchfallquote sei vermutlich so zu erklären, dass im Herbst 2006 letztmals nach alter Prüfungsordnung geprüft worden sei, was die Kandidatenzusammensetzung im Herbst 2007 womöglich mitbestimmt haben könnte.
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Mit Schriftsatz vom 13.08.2009 nahm der Beklagte ergänzend Stellung.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Akten des Landesjustizprüfungsamtes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der Schriftsatz des Beklagten vom 13.08.2009 gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
18 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 4, 5 und 6 der Ersten juristischen Staatsprüfung Herbst 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der Prüfungsbescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 19.12.2007 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
19 
Nach § 9 JAG (Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst - Juristenausbildungsgesetz - vom 16.07.2003, GBl. S. 354, geändert durch Art. 7 Zweites Hochschulrechts-Änderungsgesetz vom 06.12.1999 - GBl. S. 517 -) sowie der auf § 7 JAG beruhenden Verordnung der Landesregierung über die Ausbildung und Prüfung der Juristen in der hier maßgeblichen Fassung vom 08.10.2002 - (GBl. S. 391 -) ist Voraussetzung für die Fortsetzung der Prüfung kumulativ eine Durchschnittspunktezahl von mindestens 3,60 Punkten sowie in mindestens drei Aufsichtsarbeiten 4,0 oder mehr Punkte und im Zivilrecht in mindestens einer Aufsichtsarbeit 4,0 oder mehr Punkte. Der Kläger hat im schriftlichen Teil der Prüfung zwar die erforderliche Mindestdurchschnittspunktezahl mit seiner erreichten Durchschnittspunktezahl von 3,78 Punkten überschritten und auch in einer der zivilrechtlichen Aufsichtsarbeiten mit 8,0 Punkte die entsprechenden Anforderungen erfüllt. Da er jedoch nicht in mindestens drei Klausuren die Mindestpunktezahl von 4,0 erreicht hatte und er als Wiederholer an der Prüfung teilgenommen hatte, gilt die Prüfung wegen des Fehlens einer Wiederholungsmöglichkeit (§ 22 JAPrO alte Fassung) endgültig als nicht bestanden. Dem Kläger steht allerdings ein Anspruch auf Neubewertung seiner Aufsichtsarbeiten zu.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Beschluss vom 17.04.1991, BVerfGE 84, 34) muss ein berufsbezogenes Prüfungsverfahren im Hinblick auf Art. 12 GG im Rahmen des Möglichen Objektivität und Neutralität gewährleisten. Staatsprüfungen, die den Zugang zu akademischen Berufen einschränken, erfordern schwierige Bewertungen, die mit Rücksicht auf die Chancengleichheit der Kandidaten (Art. 3 Abs. 1 GG) im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne weiteres im nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren einzelner Kandidaten isoliert nachvollziehen lassen. Hieraus ergibt sich ein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum, der sich bei juristischen Fachprüfungen nicht auf fachwissenschaftliche Rechtsfragen, sondern lediglich auf Gesichtspunkte bezieht, die sich wegen ihrer prüfungsspezifischen Komplexität im Verwaltungsstreitverfahren nicht ohne weiteres - insbesondere nicht isoliert - nachvollziehen lassen und damit mit rein objektiven Maßstäben schwer messbar sind. Dies betrifft etwa Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Gewichtung des Schwierigkeitsgrades einzelner Aufgaben, wie auch verschiedener Aufgaben im Verhältnis zueinander, die Würdigung der sprachlichen Qualität, der Überzeugungskraft und der Angemessenheit der Darstellung nach ihrem Umfang - in einzelnen Abschnitten wie auch in der Gesamtschau -oder die Bestimmung von Stärken und Schwächen einer Bearbeitung einschließlich des Stellenwertes eines Fehlers. Dieser Bewertungsspielraum ist von den Gerichten grundsätzlich nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen des Bewertungsspielraums überschritten haben, indem sie etwa von falschen Tatsachen ausgegangen sind oder sachfremde Erwägungen angestellt haben. Bei fachwissenschaftlichen Fragen hingegen - wie verallgemeinerungsfähige Rechtsanschauungen - gilt ein strengerer Prüfungsmaßstab. Kommen in Rechtsfragen mehrere vertretbare Lösungen in Betracht, ist dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zuzugestehen. Daraus folgt, dass eine vertretbare und mit gewichtigen Gründen folgerichtig begründete Lösung nicht als falsch bewertet werden darf (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, a.a.O.). Ob die Prüfer dies verkannt haben, muss vom Gericht auf eine entsprechend substantiierte Rüge hin geprüft werden (vgl. zum ganzen: BVerwG, Beschl. v. 13.05.2004, Buchholz 421.0 Nr. 406, Urt. v. 04.05.1999, NVwZ 2000, 915).
21 
Die Prüfer - jeweils der Erstprüfer und der Zweitprüfer der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 4, 5 und 6 - müssen ihre Bewertungen und die daraus hergeleiteten Noten vorliegend auch unter dem Blickwinkel überprüfen, ob sie bei der Bewertung und Benotung der Aufsichtsarbeiten einen zu strengen Bewertungsmaßstab angelegt haben.
22 
Eines der tragenden Prinzipien des Prüfungsverfahrens ist der Grundsatz der Chancengleichheit. Er gebietet, dass für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Auflage [2007] RdNr. 87 ff.). Dieser Grundsatz beruht auf Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, BVerfGE, 84, 34) und beherrscht das Prüfungsrecht (BVerfG, Beschl. v. 25.06.1974, BVerfGE 37, 342).
23 
Für den Termin der Ersten juristischen Staatsprüfung Herbst 2007 steht ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit am Prüfungsort Mannheim im Raum. Denn die Durchfallquote betrug in Mannheim für die Prüfungsteilnehmer, für die noch die JAPrO 1993 galt, 58,33 %. In den anderen Städten lag sie dagegen zwischen 35,90 % (Tübingen) und 39,04 % (Konstanz). Dabei kommen als Vergleichsgruppen nur die Prüflinge dieses Prüfungstermins in Betracht (vgl. BFH, Urt. v. 23.08.2001 - VII R 96/00 -; Hess. FG, Urt. v. 23.05.2005 - 13 K 346/04 -, jew. juris). Ein - unmittelbarer - Vergleich mit anderen Prüfungsterminen scheidet aus, weil es sich um Aufsichtsarbeiten unterschiedlichen Inhalts handelt und auch die Prüfer nicht identisch sind. Auch die Ergebnisse der Prüfungen, für die die JAPrO 2002 gilt, können nicht in die Betrachtung mit einbezogen werden. Denn für sie gelten andere Prüfungsanforderungen.
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In der Rechtsprechung wird nun einheitlich darauf abgestellt, dass eine besonders hohe Durchfallquote allein für die Annahme von Prüfungsmängeln nicht ausreicht (OVG Bremen, Urt. v. 12.02.2008 - 1 A 234/03 -; FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005 - V 2/04 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.09.2007 - 12 K 2044/04 B -; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.11.2002 - 9 S 2361/02 -, jew. juris). Ob diese Auffassung insgesamt überzeugend ist, kann hier offen bleiben. Denn zu der hohen Durchfallquote in Mannheim kommt als weiterer Gesichtspunkt hinzu, dass die Durchfallquoten in den anderen Städten sehr viel - bis zu über 20 % - niedriger sind. Hinzu kommt weiter, dass nach den Ausführungen der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Ergebnisse der Ersten juristischen Staatsprüfungen in Mannheim über viele Jahre hinweg deutlich schlechter waren als in den anderen Städten. Dieser Gesichtspunkt kann als Indiz in die Betrachtung mit einfließen, auch wenn die Ergebnisse anderer Prüfungsjahrgänge, wie ausgeführt, nicht unmittelbar zum Vergleich herangezogen werden können.
25 
Diese hohe Durchfallquote beruht auf einem Prüfungsmangel. Eine andere Erklärung kommt nicht ernsthaft in Betracht.
26 
Allerdings lässt sich vorliegend aus der hohen Durchfallquote nicht herleiten, dass mit den zu bearbeitenden Aufsichtsarbeiten die Prüfungsanforderungen überspannt wurden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt FG Berlin-Brandenburg, Urt. 12.09.2007, Hess. FG, Urt. v. 23.05.2005; BFH, Beschl. v. 20.12.2005, jew. a.a.O.). Dem steht schon entgegen, dass - wie oben ausgeführt - im Gegensatz zu Mannheim in den anderen Städten die Durchfallquoten nicht hoch waren. Wären die Prüfungsaufgaben erheblich zu schwer gewesen, hätte sich dies auch in höheren Durchfallquoten in den anderen Städten niedergeschlagen.
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Aus diesem Grund ist auch die Erklärung, die die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung für die hohe Durchfallquote abgegeben hat, nicht plausibel. Sie hat darauf hingewiesen, dass dieser Prüfungstermin der letzte Termin gewesen sei, an dem die Prüfung noch nach der JAPrO 1993 habe abgelegt werden können. Deshalb hätten auch viele Studenten daran teilgenommen, deren Studium schon längere Zeit gedauert habe. Dabei handele es sich erfahrungsgemäß um schwächere Studenten. Da diese Situation aber gleichermaßen in allen Städten bestand, lässt sich damit die hohe Durchfallquote in Mannheim nicht erklären.
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Die hohe Durchfallquote lässt sich weiter nicht dadurch erklären, dass die Studenten in Mannheim so schlecht waren, dass es - im Durchschnitt betrachtet - zu einer so hohen Durchfallquote kam. Insoweit liegen keine besonderen Erkenntnisse vor. Es wäre aber Sache des Beklagten, hierzu tragfähige Angaben zu machen, wenn er sich darauf berufen wollte, denn die Bewertung findet „im Lager“ des Beklagten statt. Auch entsprechende Erkenntnisse könnten nur im Lager des Beklagten gefunden werden. Die Anzahl von 96 Prüflingen, die in Mannheim an der Prüfung teilgenommen haben, ist so groß, dass - ohne gegenteilige Anhaltspunkte - allenfalls mit durchschnittlichen, nicht aber mit besonders schlechten Ergebnissen gerechnet werden kann. Insbesondere wäre es aber auch bei im Durchschnitt erheblich schlechteren Prüflingen in Mannheim statistisch gesehen praktisch ausgeschlossen, dass - im Gegensatz zu den anderen Städten - keiner (!) der Prüflinge die Note „gut“ oder „voll befriedigend“ erhielt. Selbst die Note „befriedigend“ wurde mit 10,42 % ganz deutlich seltener vergeben als in den anderen Städten.
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Danach kommt für die hohe Durchfallquote - ausschließlich - in Betracht, dass einzelne oder alle Prüfer in Mannheim einen wesentlich strengeren Prüfungsmaßstab angelegt haben, als in den anderen Städten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005; BFH, Beschl. v. 20.12.2005, jew. a.a.O.). Dies zeigt nicht nur der Vergleich der Durchfallquoten der einzelnen Städte, sondern auch der Blick auf die sonstige Notenverteilung insgesamt. Diese Notenverteilung kann nur dahin interpretiert werden, dass in Mannheim ganz erheblich „heruntergeprüft“ wurde. So gab es - wie oben ausgeführt - als Ergebnisse dieser Prüfung in Mannheim weder die Note „gut“ noch „vollbefriedigend“. In den anderen Städten lag der Anteil dieser Noten zwischen 3,42 % (Konstanz) und 5,67 % (Heidelberg). Auch die Note „befriedigend“ gab es in Mannheim nur in 10,42 % der Fälle, in den anderen Städten dagegen zwischen 19,86 % (Konstanz) und 25,13 % (Tübingen). Dieser Eindruck ergibt sich im Übrigen auch aus einer ganzen Reihe von Bewertungen von Aufsichtsarbeiten aus diesem Prüfungstermin und damit zusammenhängenden Äußerungen von Prüfern, die gerichtsbekannt geworden sind.
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Damit lag - auf die gesamte Prüfung bezogen - für die Prüflinge in Mannheim ein eklatanter Verstoß gegen die Chancengleichheit vor, für den nur ein gleichheitswidrig zu strenger Prüfungsmaßstab in Betracht kommt. Diesem - zu strengen - Prüfungsmaßstab war auch der Kläger unterworfen. Er ist deshalb in seinem eigenen subjektiven öffentlichen Recht auf Beachtung des Grundsatzes der Chancengleichheit verletzt; es handelt sich nicht um die Rüge, andere Prüflinge hätten Vorteile gehabt, für die - jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. Urt. v. 23.08.2001, a.a.O.) - einem Prüfling kein subjektives öffentliches Recht zusteht.
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Diesem Mangel muss bei der neu durchzuführenden Bewertung der Leistungen des Klägers Rechnung getragen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - nach dem derzeitigen Erkenntnisstand - die Anwendung eines zu strengen Bewertungsmaßstabes nicht einzelnen Prüfern zugeordnet werden kann. Weiter ist zu berücksichtigen, dass den Prüfern ein prüfungsspezifischer Wertungsspielraum zusteht. Daraus folgt, dass in dem neu durchzuführenden Bewertungsverfahren hinsichtlich der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 4, 5 und 6 alle Prüfer (naturgemäß zuerst der Erstprüfer und dann der Zweitprüfer) für die vom Kläger beanstandeten Aufsichtsarbeiten bei der Neubewertung ihren eigenen Prüfungsmaßstab darauf hin überprüfen müssen, ob er in Anbetracht der Ausführungen oben zu streng angelegt war. Dabei kann es im Überprüfungsverfahren keinesfalls genügen, dass die Prüfer ihre bisherigen Ausführungen kurz oder wiederholend wiedergeben; sie müssen sich vielmehr auch in nachvollziehbarer Weise mit den oben dargelegten Gründen beschäftigen. Dies ergibt sich schon daraus, dass von den Prüfern erwartet werden kann, dass sie in der Lage sind, nicht nur die Leistungen der Prüflinge, sondern ihre eigenen Ausführungen kritisch zu hinterfragen (siehe hierzu auch FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005, a.a.O.). Darüber hinaus ergibt sich dies aus einem Umkehrschluss aus der von der Rechtsprechung aufgestellten Verpflichtung des anfechtenden Prüflings, seine Einwendungen gegen die Bewertung der Prüfungsleistung in substantiierter Form zu erheben (vgl. BFH, Beschl. v. 10.08.1993 - VII B 68/93, BFHE 172, 273; Beschl. v. 31.05.1994 - VII B 42/94, NVwZ-RR 1995, 577; Beschl. v. 04.05.1995 - VII B 193/94, BFH/NV 1995, 1021; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl., RdNr. 972). Hiermit und mit seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz korrespondiert allein, dass die Prüfer jedenfalls im Überdenkungsverfahren ihre Überprüfung ihrer Bewertung substantiiert begründen.
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Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass ein Prüfer bei einer erforderlichen Neubewertung nicht seine Bewertungskriterien ändern darf, nach denen er im Rahmen des ihm zustehenden Bewertungsspielraums die Prüfungsleistung ursprünglich bewertet hat. Denn dies gilt nur, soweit das Bewertungssystem rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, NJW 2000, 1055 m.w.N.).
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Danach hat der Kläger bereits einen Anspruch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 4, 5 und 6 im Hinblick auf die weit überdurchschnittliche Durchfallquote im Prüfungstermin Herbst 2007 am Prüfungsort Mannheim.
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Ausgehend von den oben genannten Maßstäben dringt der Kläger darüber hinaus auch mit seinen gegen die angefochtenen Bewertungen seiner Aufsichtsarbeiten erhobenen Einwendungen teilweise durch mit der Folge, dass die Neubewertungen zusätzlich unter Beachtung der im Folgenden dargestellten weiteren Rechtsauffassung des Gerichts zu erfolgen haben.
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Bei Aufsichtsarbeit Nr. 2 aus dem Bereich des Zivilrechts stand folgender Sachverhalt zur Bearbeitung: Der Besitzer einer Eisbahn wollte zum Zwecke der Ausführung von Renovierungsarbeiten ein Bankdarlehen in Höhe von 100.000,- EUR aufnehmen. Er veranlasst einen Freund mit der wahrheitswidrigen Behauptung, mehrere Mietinteressenten zu haben, ihm eine Sicherung in der Form einer Grundschuld in Höhe von 80.000,- EUR zu gewähren. Der Sachbearbeiter der Bank weiß um die tatsächliche Auftragslage, nimmt aber das Angebot an. Zusätzlich gewährt ein Onkel des Eisbahnbesitzers diesem eine Bürgschaft in Höhe von 40.000,- EUR, wobei der Bürgschaftsvertrag zwischen dem Sachbearbeiter der Bank und dem Onkel in der Wohnung des Letzteren zustande kam. Die Bank übertrug in der Folge die Darlehensforderung nebst den Sicherheiten auf eine dritte Bank. Nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung verbleibt ein offener Restbetrag in Höhe von 40.000,- EUR, weswegen sich die Bank an die Sicherungsgeber wendet. Diese wiederum wenden sich an die ursprüngliche Darlehensbank mit unterschiedlichen Einwendungen. Die hieraus gestellten Aufgaben waren im wesentlichen darauf gerichtet, ob die Gläubigerbank aus der Grundschuld und aus der Bürgschaft Rechte geltend machen kann und ob zwischen Grundschuldbesteller und Bürgen gegenseitige Ausgleichsansprüche bestehen. Der Erstprüfer bewertete die Arbeit des Klägers mit 4,0 Punkten, der Zweitprüfer mit 3,0 Punkten.
36 
Der Kläger dringt mit seinem Einwand durch, wonach der Erstprüfer die Prüfung des § 119 Abs. 2 BGB zu Unrecht beanstandet habe. Insoweit hat der Prüfer bemängelt, der Kläger habe „Selbstverständlichkeiten ausgebreitet“ und so z.B. § 119 Abs. 2 BGB geprüft, der „nicht ernsthaft als Anfechtungstatbestand in Betracht“ gekommen sei. In seiner Überdenkung führte er auf den Einwand des Klägers, die Kreditwürdigkeit sei eine im Rechtsverkehr wesentliche Eigenschaft und das Sicherungsgeschäft habe nach dem Sachverhalt in unmittelbarem Zusammenhang mit dem eigentlichen Kreditgeschäft gestanden, an, der Kläger habe zwar richtig gesehen, dass es nicht um ein Kreditgeschäft, sondern um die Bestellung einer Grundschuld gegangen sei, auch habe es sich „im Kern weniger“ um die „Täuschung über die Kreditwürdigkeit“ als vielmehr um die „Täuschung über das Vorhandensein von Mietinteressenten“ gehandelt, einem Umstand, der sich „allenfalls mittelbar auf die Kreditwürdigkeit“ ausgewirkt habe. Jedenfalls habe die Prüfung des § 123 BGB im Vordergrund gestanden, weshalb § 119 Abs. 2 BGB „fernliegend“ erschienen sei. Hierbei handelt es sich um eine fachspezifische Bewertungsfrage, die gerichtlich voll nachprüfbar ist.
37 
Entgegen der Darstellung des Gutachters kann angesichts des zur Bearbeitung gestellten Sachverhalts die Prüfung des Anfechtungstatbestands des § 119 Abs. 2 BGB nicht als fernliegend und - wie der Gutachter meint, aus diesem Grund die (erst hieran) anschließende - Prüfung des § 123 BGB als „schwerfällig“ bezeichnet werden. Ausweislich des Sachverhalts räumt der Freund dem Darlehensnehmer die Grundschuld „aufgrund der hervorragenden Auftragslage“ ein. Dieser Hinweis auf eine hervorragende Auftragslage legt es für Prüflinge im Ersten juristischen Staatsexamen durchaus nahe, den Tatbestand des § 119 Abs. 2 BGB abzuhandeln, auch wenn, wie es auch der Kläger in seiner Bearbeitung getan hat, eine hierauf beruhende Anfechtung am Ende nicht in Betracht kam bzw. das Ergebnis offen bleibt. Nach Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl., § 119 RdNr. 26 sind „Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit ... bei Kreditgeschäften wesentlich...., so auch bei der Bürgschaft....“. Danach ist es für einen Prüfling im Ersten Staatsexamen nicht fernliegend, die Kreditwürdigkeit auch im Hinblick auf ein sonstiges Sicherungsgeschäft - vorliegend die Grundschuldbestellung - abzuhandeln. Die Erörterung des § 119 Abs. 2 BGB vor der Bearbeitung des § 123 BGB folgt der gesetzlichen Systematik (Normenfolge); hierauf hat auch der Kläger in seinen Einwendungen hingewiesen. Soweit der Gutachter in seiner Überdenkung darauf verweist, dass „dieser Punkt“ auf die Bewertung ohnedies keinen Einfluss gehabt habe, widerspricht er sich selbst, denn zuvor führt er aus, „viel wichtiger war mir jedoch bei meiner Beurteilung, dass bei einer Täuschung zunächst die Prüfung des § 123 BGB angezeigt ist und im Hinblick darauf die vorrangige Prüfung des § 119 II BGB fernliegend“. Diesbezüglich drängt sich ein Verstoß gegen Denkgesetze und damit eine Verletzung des im Prüfungsrecht geltenden Grundsatzes der Chancengleichheit auf (Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG; vgl. BVerwG, Urt. v. 04.05.1999 - 6 C 13/98 -, NVwZ 2000, 915, 919). Im Übrigen ist diese Behauptung des Prüfers auch nicht nachvollziehbar, nachdem er diesen Punkt als konkreten Mangel ausdrücklich in seinen Bewertungsbegründungen angesprochen hatte. Denn die Nachvollziehbarkeit einer Begründung ist jedenfalls dann nicht mehr gegeben, wenn einzelne Prüfungsleistungen erwähnt und sogar ausdrücklich angesprochen bzw., wie hier, kritisiert werden, später aber dann behauptet wird, die Beurteilung sei hiervon nicht beeinflusst worden. Der Erstprüfer hat mithin die Prüfung des § 119 Abs. 2 BGB durch den Kläger positiv in seine Bewertung mit einzubeziehen.
38 
Dies gilt gleichermaßen für den Zweitprüfer, der sich bei seiner Bewertung der „Darstellung der Vorzüge und Mängel der Bearbeitung durch das Erstgutachten“ diesem angeschlossen hat. Im Übrigen erscheint es widersprüchlich, einerseits von einer Beschränkung des Vorhandenen auf „Banales“ zu sprechen, andererseits aber zu betonen, dass die Darstellung in der Bearbeitung zur Lösung der Probleme „kaum beiträgt“.
39 
Schließlich gilt hinsichtlich beider Prüfer, dass auch die von den Prüfern erkannte erhöhte Schwierigkeit der Klausur in die Bewertung mit einfließen muss. Die Anforderungen insoweit können weder an einer durchschnittlichen Klausur gemessen werden noch darf bereits die Vergabe von 4,0 Punkten voraussetzen, dass alle Probleme des Falles zumindest erkannt sein müssen. Insoweit trifft der Einwand des Klägers zu, wonach eine Bewertung zwischen 4,0 und 6,0 Punkten das Vorhandensein von Lücken und Mängeln widerspiegele.
40 
Auch Aufsichtsarbeit Nr. 4 ist sowohl durch den Erst- als auch den Zweitgutachter neu zu bewerten. Der Sachverhalt der Prüfungsaufgabe aus dem Bereich des Strafrechts hatte im ersten Tatkomplex im Wesentlichen einen Autokauf zum Gegenstand, bei dem der Erwerber auf dem Wege gerichtlicher Geltendmachung eine Minderung des Kaufpreises wegen eines Mangels an den Bremsen geltend machte und hierbei durch Manipulation der Bremsanlage das Gericht über den von diesem eingeschalteten Sachverständigen von der Mangelhaftigkeit der Bremsen zu überzeugen suchte. Der Erwerber wusste um die Gefährlichkeit seines Eingriffs, rechnete aber angesichts der Erfahrung des Sachverständigen nicht mit dessen Verletzung. Der Sachverständige, der die Manipulation erkannt und sein Gutachten wahrheitsgemäß erstattet hatte, stellte allerdings die Manipulation als solche wahrheitswidrig als mittels eines Werkzeugs (Messer) ausgeführt dar. Der Verkäufer wurde wegen des tatsächlichen Mangels zu einer adäquaten Zahlung verurteilt. Im zweiten Tatkomplex trafen Verkäufer und Erwerber bei einem (lebensmüden) Bekannten und einem vierten Teilnehmer zu einer vermeintlich harmlosen Runde „Russisches Roulette“ zusammen. Der Bekannte stirbt letztlich durch einen vom Verkäufer ausgelösten Schuss, bevor der Erwerber, der es schließlich für möglich hielt, dass die Waffe scharf ist, eingreifen konnte. Die Klausurbearbeitung durch den Kläger wurde vom Erstprüfer mit 2,0 Punkten und vom Zweitprüfer mit 3,0 Punkten bewertet.
41 
Soweit der Kläger der Kritik des Erstkorrektors, wonach die Konstruktion des Dreiecksbetrugs nicht verstanden worden sei, entgegensetzt, es ergebe sich aus dem Obersatz und der ausdrücklichen Nennung des Begriffs „Dreiecksbetrug“ sowie seinen Erklärungen zur Vermögensverfügung das Gegenteil, vermag er damit allerdings nicht durchzudringen. Der Prüfer hat insoweit bemängelt, dass der Kläger nicht erkannt habe, dass es sich um einen Dreiecksbetrug in mittelbarer Täterschaft – mit dem Sachverständigen als Werkzeug - gehandelt habe, weshalb der Kläger auch nicht geprüft habe, ob die Täuschungshandlung zu einem Irrtum beim Gericht habe führen können. Der Kläger hat in seiner Arbeit tatsächlich auf die versuchte Täuschungshandlung gegenüber dem Sachverständigen und nicht, wie es richtig gewesen wäre, gegenüber dem Gericht mittels des Sachverständigen abgehoben. Er hat sodann zwar zutreffend weiter auf die durch das Gericht zu treffende Vermögensverfügung zum Nachteil des Verkäufers abgestellt. Es ist allerdings nicht zu beanstanden, dass der Prüfer hieraus insgesamt den in seinen Beurteilungsspielraum fallenden Schluss zieht, dass der Kläger die gesamte Konstruktion des konkreten Dreiecksbetrugs nicht erkannt habe. Dies gesteht der Kläger im Grunde selbst zu, indem er weiter sinngemäß ausführt, seine hiervon abweichende Lösung eines Dreiecksbetrugs in unmittelbarer Täterschaft sei vertretbar, zumal die Einordnung in die erste oder zweite Variante des § 25 StGB akademischer Natur sei.
42 
Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, dass die Bewertung des Prüfers hinsichtlich der vom Kläger bejahten mittelbaren Falschbeurkundung ( § 271 Abs. 1 StGB) in mittelbarer Täterschaft fehlerhaft sei. Der Gutachter hat in seiner Überdenkung ausgeführt, das vom Kläger gefundene Ergebnis sei falsch und in der Begründung unzulänglich, weil keine Subsumtion stattgefunden habe; so sei nicht klar, worin nach Auffassung des Klägers die Falschbeurkundung liegen solle. Dem hat der Kläger keine weiteren substantiierten Einwendungen entgegen gesetzt.
43 
Hinsichtlich der geprüften §§ 315 b und 153 StGB rügt der Kläger, dass der Gutachter nicht berücksichtigt habe, dass die Paragraphen erkannt und richtig geprüft worden seien. Dem hält der Gutachter in seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren entgegen, dass die entsprechenden Ausführungen gewürdigt und gebührend berücksichtigt worden seien. Aus den Klausuranmerkungen und seiner gutachtlichen Stellungnahme wird deutlich, dass er zum Nachteil des Klägers berücksichtigt hat, dass dieser hinsichtlich einzelner Tatbestandsmerkmale, so insbesondere hinsichtlich der Gefahr und des Vorsatzes keine korrekte juristische Subsumtion vorgenommen habe, sondern die Ergebnisse (nur) durch Behauptungen untermauert habe. Ähnlich verhält es sich zu § 153 StGB. Insoweit hat der Prüfer bemängelt, dass der Kl. „überhaupt nur die Falschheit der Aussage erörtert“ habe, ohne erkannt zu haben, ob die Aussage das Beweisthema betraf. Auch dies wurde vom Kläger nicht weiter angefochten.
44 
Auch hinsichtlich § 227 StGB sind die Ausführungen des Prüfers nicht zu beanstanden. Ein Körperverletzungsvorsatz, den der Kläger im Übrigen nicht geprüft hatte, kann nach dem Sachverhalt nicht in Betracht kommen (Farbpatrone und daher – bereits lt. Sachverhalt - „völlig ungefährlich“).
45 
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass seine auf Konzept niedergelegten Notizen für Aufgabe Zwei nicht in die Bewertung eingeflossen seien. Gegenstand der Aufgabe war die Frage nach der Art der prozessualen Verwertbarkeit – mündliche Erstattung oder Verlesung - eines vom Strafgericht eingeholten weiteren Gutachtens zum Zustand der Bremse beim erworbenen PKW sowie die Frage, ob das Gericht an die Auffassungen des Gutachters gebunden sei. Der Kläger hat in seinen konzeptartig festgehaltenen Notizen auf S. 22 seiner Klausurbearbeitung, überschrieben als „Teil der Lösung“, die nach seiner Auffassung einschlägigen Normen der StPO zitiert und diese mit Stichworten versehen (§ 250 S. 2 StPO – Grundsatz der Unmittelbarkeit, Grundsatz der Mündlichkeit, § 261 StPO - Grundsatz der freien Beweiswürdigung, „Ri. pers. u. sachl. unabhängig“…..). Der Kläger hat damit deutlich gemacht, dass er diese Notizen als Teil der Klausurbearbeitung zur Bewertung stellen will (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 07.05.2007 - 2 LA 410/05 -, juris). Entsprechend ist der Prüfer auch verfahren, hat allerdings in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die auf S. 22 zu findenden Lösungsansätze seien als „Notizen ohne Anwendung der genannten Vorschriften auf den vorliegenden Fall“ zu werten. Dies hält sich im Rahmen seiner Beurteilungsermächtigung.
46 
Unverständlich hingegen sind die Ausführungen des Gutachters hinsichtlich der Gesetzeskonkurrenzen. Insoweit gibt er an, die Darstellungen des Klägers insoweit bei der Bewertung berücksichtigt zu haben und verweist auf die Randbemerkung auf S. 9. Dort hat der Kläger ausgeführt, § 315 b Abs. 1 Nr. 1... stehe hierzu (gemeint ist der Betrug) ... aufgrund der „zeitlichen Zäsur“ in Tatmehrheit. Der Erstgutachter versah dies mit der Bemerkung: „worin die (gemeint ist die zeitliche Zäsur) liegen soll, wird aus dem Vorstehenden nicht deutlich“. Insoweit hatte der Kläger jedoch auf S. 8 ausgeführt, C habe zudem in der Absicht gehandelt, den zeitlich nachfolgenden Prozessbetrug zu ermöglichen. Daraus aber wird bereits für einen unbefangenen Leser deutlich, worin der Kläger die zeitliche Zäsur sah, nämlich zwischen Betrug und vorangegangener Straßenverkehrsgefährdung. Es lässt sich nicht ausschließen, dass hier eine fehlerhafte Bewertung durch den Gutachter vorliegt und diese das Beurteilungsergebnis beeinflusst hat (vgl. zur Kausalitätsprüfung bei Bewertungs- und Korrekturfehlern BVerwG, Urt. v. 04.05.1999, a.a.O.). Er wird daher bei der Neubewertung diesen Gesichtspunkt positiv in seine Wertung einbeziehen müssen.
47 
Hinzu kommt, dass eine Bewertung mit lediglich zwei Punkten eine Arbeit voraussetzt, die durchgehend schon im Ansatz so gut wie nicht brauchbar ist. Demgegenüber ist eine Arbeit, die mit ausreichend (4,0 Punkte) bewertet ist, naturgemäß durch Lücken und Schwächen gekennzeichnet. Es geht vor diesem Hintergrund nicht an, jede Arbeit, die an derartigen Mängeln leidet, als mangelhaft einzustufen; dies gilt insbesondere dann, wenn isoliert zu betrachtende Einzelkomplexe der Arbeit als richtig gewertet werden und sich nicht feststellen lässt, dass der verbleibende, unzureichende Teil der Bearbeitung entweder seiner Gewichtung nach oder aber im Hinblick auf seinen Anteil an der Gesamtlösung erheblich überwiegt. Jedenfalls gilt im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben, dass, je schlechter die vergebene Punktezahl ist, desto eindeutiger in Abgrenzung zu einer noch bestandenen Arbeit nachvollziehbar sein muss, aufgrund welcher Bewertungsmaßstäbe die Note zustande gekommen ist. In diesem Zusammenhang ist auch das vorstehend Dargelegte zu beachten. Danach fehlt es bei der vorliegenden Begutachtung an der Nachvollziehbarkeit, zumal der Prüfer auch einige richtig bearbeitete Punkte herausgehoben hatte und es nicht deutlich wird, aufgrund welcher (schwerer wiegenden) Mängel die Arbeit nur mit 2,0 Punkten zu bewerten sein soll. Auch dies hat der Prüfer bei seiner Neubewertung mit zu berücksichtigen.
48 
Die obigen Ausführungen gelten entsprechend für den Zweitprüfer, der sich – allerdings unter Anhebung der Note um einen Punkt auf 3,0 Punkte - wegen der Ausführungen zur objektiven Zurechnung bei eigenverantwortlicher Selbstgefährdung der Bewertung des Erstgutachters angeschlossen hat.
49 
Neu zu bewerten durch beide Prüfer ist auch Aufsichtsarbeit Nr. 5 . Laut Sachverhalt konsumieren zwei Bekannte (G und K) in der Kneipe des Lebensgefährten F des G erhebliche Mengen Alkohol. Dies führt bei G zu einer Alkoholkonzentration von mindestens 1,0 und höchstens 1,5 Promille, bei K zu einer solchen von mindestens 3,3 und höchstens 3,8 Promille. K bittet G, ihn nach Hause zu fahren. Es kommt zum Unfall, bei dem K schwer verletzt wird. Der Lebensgefährte des G kommt hinzu und entfernt die Nummernschilder des Fahrzeugs und warf sie weg. Anschließend brachte er K zum Krankenhaus und setzte ihn auf einer Bank davor ab in der Annahme, dass er gefunden werde, was auch der Fall war. Allerdings kam die Hilfe für K fast zu spät. Durch einen DNA-Vergleich kam die Polizei dem G auf die Spur. Er wurde aufgrund des DNA-Gutachtens verurteilt. Zu erstellen war je ein Gutachten zur Strafbarkeit von F und G sowie zur Frage der Verwertbarkeit des DNA-Gutachtens. Erst- und Zweitprüfer werteten die Klausurbearbeitung durch den Kläger jeweils mit 3,0 Punkten, wobei der Zweitprüfer sich der Erstbewertung mit dem Vermerk „einverstanden, 3 Punkte“ anschloss.
50 
Die Ausführungen im Erstgutachten sind in mehrfacher Hinsicht anfechtbar. Im vorliegenden Fall liegen hinreichend viele Indizien dafür vor, dass der Prüfer das auf dem Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) beruhende Gebot der Sachlichkeit verletzt hat. Dieses Gebot verpflichtet als allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.09.1984 – BVerwG 7 C 57/83 – BVerwGE 70, 143) den Prüfer, darauf zu achten, dass er – über das Gebot hinaus, sachfremde Erwägungen zu unterlassen – die Prüfungsleistung mit innerer Distanz und frei von Emotionen zur Kenntnis nimmt, sowie, dass er sich bemüht, die Darlegungen des Prüflings richtig zu verstehen und auf dessen Gedankengänge einzugehen, ferner, gegenüber abweichenden wissenschaftlichen Auffassungen Toleranz aufzubringen. Allerdings schließt dies nicht aus, auf schwache schriftliche Leistungen mit harten Randbemerkungen zu reagieren, etwa eine abwegige Äußerung mit dem Begriff „Unsinn“ oder inhaltsleere Ausführungen mit der Bezeichnung „Phrasen“ zu kennzeichnen. Allein aus einer drastischen Ausdrucksweise in der Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen wird man regelmäßig nicht auf eine unsachliche Bewertung der Prüfungsleistung schließen können. Selbst gelegentliche „Ausrutscher“ und „Entgleisungen“ des Prüfers können für sich allein den Vorwurf der Unsachlichkeit nicht rechtfertigen (ebenda).
51 
Vorliegend ist in der Gesamtschau aber davon auszugehen, dass die oben skizzierte, vom Prüfling (noch) hinzunehmende Schwelle unsachlicher Bemerkungen des Prüfers vom Erstgutachter überschritten worden ist. Seine Äußerungen sowohl in den Randbemerkungen als auch in seiner gutachtlichen Stellungnahme erscheinen in einer Weise emotionsgeladen, dass die Einhaltung des Sachlichkeitsgebots als nicht gewahrt erscheint, zumal angesichts der Anzahl und Art der verwendeten, die Klausurleistungen bewertenden Äußerungen nicht mehr von nur gelegentlichen Ausrutschern und Entgleisungen ausgegangen werden kann. Für die Frage, ob hierdurch das Gebot der Sachlichkeit verletzt ist, trägt nicht der Kläger die Beweislast, vielmehr genügt es, dass diese Frage offen ist, alles andere verstieße gegen das Rechtsstaatsprinzip und das Gebot, wirksamen Rechtsschutz zu gewährleisten (BVerwG, a.a.O.).
52 
So wertet der Erstprüfer im Gutachten die (fälschlich unterstellte) Prüfung eines versuchten Mordes als „vollkommen absurd“ und ebenso die geprüfte versuchte fahrlässige Tötung („sic…“). Entsprechend finden sich als Randbemerkungen auf S. 1 der korrigierten Klausur zu diesem Komplex - der Kläger hatte eine Strafbarkeit gemäß §§ 222, 22ff geprüft - die Bemerkungen „abseitig“, „ganz schief“ (unterstrichen) und „absurd“. Auf S. 2 wird der neben der Erörterung des § 315 c StGB platzierte (knappe) Hinweis des Klägers zur Nichteinschlägigkeit des § 315 b StGB mit der Bemerkung „na klar...“ kommentiert. Auf S. 5 der Klausurbearbeitung merkt der Prüfer zu den Darlegungen des Klägers, es bleibe zu fragen, ob die für beide Tatmodalitäten vorausgesetzte konkrete Gefahr für eines der Rechtsgüter des § 315 c StGB angenommen werden könne, an „aha...“. Im Gutachten führt er aus, „ganz verfehlt“ seien die „sinnentleerten Ausführungen ab S. 4 oberes Drittel bis S. 5 oben (vgl. Randbemerkungen)“. Auch wenn diese Randbemerkungen, mit denen er u.a. bemängelt hatte, dass die konkrete Gefährdung nicht unter Einbeziehung des Beifahrers als Gefährdungsobjekt geprüft worden sei, sowie, dass es nur Fahruntauglichkeit und Gefährdung gebe, und auch die weiteren Randbemerkungen „Subsumtion?“ und „Rücksichtslosigkeit?“ für sich genommen sachlich gehalten sind, drängt sich gleichwohl im Zusammenhang mit den teils drastischen Ausdrücken, mit denen der Gutachter die Ausführungen des Klägers schon auf den bzgl. der Seiten 1 bis 4 der Klausur bedacht hatte, der Eindruck auf, dass sich jedenfalls bis zum Zeitpunkt der zur Erstellung des Gutachtens Unmut beim Prüfer aufgebaut hatte. Dieser Eindruck wird bestätigt durch weitere, subjektiv geprägte Bewertungen. Zur Klausurbearbeitung auf S. 8 führt der Prüfer aus, ganz schwach seien die auch im Ergebnis fehlerhaften „episch breiten Erwägungen zum subjektiven Tatbestand“. Auch hier zeigt sich – auch wenn solche Formulierungen, isoliert betrachtet, nicht bedenklich erscheinen – in der Zusammenschau und im Vergleich zu den noch sachlich gehaltenen Anmerkungen zur Klausur eine gesteigerte emotional geladene Bewertungshaltung. Diese Emotionalität zeigt sich auch in der auffällig häufig verwendeten Wortwahl „schief“, „sehr schief“, „ganz schief“, „sinnentleert“, „nicht sinnstiftend“ bzw. „sinnwidrig“ als Korrekturanmerkungen und im Gutachten selbst. Auf S. 11 der Klausur findet sich die Anmerkung „was soll das?“. Die Ausführungen des Klägers auf S. 12, wonach nach wohl richtiger Auffassung auch die Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr ein von § 315 c StGB geschütztes Rechtsgut sei, waren vom Prüfer mit der Anmerkung „Verf. muss argumentieren, nicht `wohl richtige Meinungen` nachbeten“, versehen worden.
53 
Auch die Stellungnahme des Prüfers im Überdenkungsverfahren lässt den Schluss zu, dass er auch hier nicht frei von dem Kläger nachteiligen Emotionen war. So verwahrt sich der Gutachter eingangs „entschieden gegen die Behauptung, die Klausur.... ohne die gebotene emotionale Distanz korrigiert“ zu haben; „unhaltbar“ sei auch der „Vorhalt“, er habe sich ausschließlich an der Lösungsskizze orientiert. In seinen weiteren Ausführungen zu den vom Kläger erhobenen Einwänden finden sich sodann zunehmend harsche Formulierungen. So wird auf Seite 3, erster Absatz, ausgeführt, es werde wiederholt (Halb-)Wissen präsentiert bzw. es sei nicht Aufgabe des Prüfers, „enigmatische“ Ausführungen zu durchleuchten. Seite 4, Mitte, heißt es „...belegt, dass der Kandidat....die Problematik leider nach wie vor nicht verstanden hat“ oder Seite 4 unten: „ganz haltlos“ werde „unterstellt“, dass die Einschätzung hinsichtlich der Annahme eines versuchten Totschlags durch Unterlassen als gröblichst falsch auf seiner, des Prüfers, „Unfähigkeit, sich von den Vorgaben der Musterlösung zu lösen“, und auf seiner „Voreingenommenheit gegenüber dem Kandidaten...“ beruhe. Tatsächlich hatte der Kläger insoweit als Einwand vorgebracht, seine auf S. 18 vertretene Auffassung zum Tötungsvorsatz weiche zwar, wie die Randbemerkung „gröblichst falsch“ nahe lege, von der Musterlösung ab, liege aber noch innerhalb des juristisch Vertretbaren. Weiter hat er angeführt, dies sei Indiz dafür, dass man zu sehr auf die Inhalte der Musterlösung focussiert gewesen sei und sich nicht um das Verständnis einer abweichenden Lösung bemüht habe. Damit hatte der Kläger aber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass seinem Eindruck nach hart an der Lösungsskizze orientiert korrigiert worden sei; Voreingenommenheit hatte er dem Prüfer nicht vorgeworfen. Die Einlassungen des Gutachters lassen aber den Schluss zu, dass er sich angegriffen fühlte und jedenfalls auch im Überdenkungsverfahren ungehalten gegenüber dem Kläger war. Sind einzelne, subjektiv geprägte Anmerkungen von Prüfern in einer Prüfungsklausur für sich genommen nicht zu beanstanden, so gilt jedenfalls dort eine Grenze, wo der subjektive Korrekturstil in der Gesamtschau - wie vorliegend - in den Vordergrund rückt und deutliche Emotionalität bis hin zu teils zynischen Bemerkungen („aha“, „na klar“) zeigt. Hier ist es nicht mehr auszuschließen, dass das Bewertungsergebnis nicht mehr am Gebot der Sachlichkeit orientiert war. So verhält es sich hier. Auch die Randbemerkung des Prüfers zu den entsprechenden Klausurausführungen des Klägers, „dass auch die Sicherheit des Straßenverkehrs geschützt ist, bestreitet niemand!“ (niemand unterstrichen), lässt in der Gesamtschau nicht mehr eindeutig den Schluss zu, dass diese Randbemerkung lediglich eine objektiv klarstellende Bedeutung haben sollte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass entgegen der Stellungnahme des Gutachters im Überdenkungsverfahren, wonach er „gelungene Passagen mit entsprechend positiven Randbemerkungen“ hervorgehoben habe, sich solche Randbemerkungen tatsächlich nicht finden; stattdessen sind einige wenige Häkchen und ein „ok“ zu verzeichnen. Er weist andererseits darauf hin, dass er es als seine Pflicht ansehe, grobe Fehler entsprechend deutlich zu machen. Dies ist für sich genommen nicht zu beanstanden. Die Kennzeichnung solcher Fehler sollte aber jedenfalls überwiegend mittels neutraler Wortwahl geschehen und nicht in einer Weise, dass auch ein neutraler Leser nicht mehr sicher entscheiden kann, ob der Prüfer sich bei der Kennzeichnung noch (überwiegend) von der gebotenen Objektivität hat leiten lassen.
54 
Darüber hinaus muss der Prüfer beachten, dass die von ihm verwendeten wertenden Worte einen nachvollziehbaren Inhalt haben müssen, schon weil der Prüfling die Möglichkeit haben muss, dagegen Einwendungen vorzutragen. Daran fehlt es bei der vom Prüfer häufig verwendeten Wertung „schief“. Es ist nicht erkennbar, was der Prüfer damit konkret beanstanden wollte. Es ist auch nicht ersichtlich, wie ein Prüfling dagegen geltend machen kann, seine Bearbeitung sei „nicht schief“.
55 
Darüber hinaus hat der Prüfer teilweise auch einen fehlerhaften Bewertungsmaßstab angelegt. Auf S. 3 der Klausur findet sich hinsichtlich der Ausführungen des Klägers zum Grenzwert bei der Blutalkoholkonzentration mit seinem Hinweis auf einen „Sicherheitszuschlag die Randanmerkung „unverständlich“; im Gutachten ist hierzu ausgeführt, „der - grundsätzlich richtig erkannte - Grenzwert von 1,1 ‰ soll sich ganz schief nur unter Anrechnung eines Sicherheitszuschlags von 0,1 ‰ ergeben. Hier verwechselt der Bearbeiter etwas!“. Was der Kläger hier verwechselt haben soll, wird nicht dargelegt; dies erschließt sich auch sonst nicht. Auch war dem Prüfer offensichtlich klar, was der Kläger mit diesem knappen Hinweis zum Ausdruck bringen wollte, denn er, der Prüfer, geht in seiner im Rahmen des Überdenkens abgegebenen Stellungnahme ausführlich darauf ein. Darin hat er insoweit ausgeführt, die Ausführungen des Klägers wären nur dann verständlich gewesen, wenn er sich auf das vom BGH im seinerzeitigen‚ Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten bezogen und ausgeführt hätte, dass sich der letztendlich (vor 20 Jahren) festgelegte Grenzwert unter Einräumung eines Sicherheitszuschlags von 0,1 ‰ ergeben habe, ausgehend von den medizinischen Erkenntnissen, wonach absolute Fahruntüchtigkeit bei einem Grenzwert von 1,0 ‰ beginne. Damit aber setzt er sich zum Einen schon in Widerspruch zu seiner Kritik hinsichtlich der vermeintlichen „Unverständlichkeit“ bzw. „enigmatischer“ Äußerungen des Prüflings, denn offensichtlich war dem Prüfer durchaus klar, was der Kläger meinte. Zum Anderen überspannt er mit den im Überprüfungsverfahren dargelegten Erwartungen die an einen Prüfling in der Ersten juristischen Staatsprüfung zu stellenden Anforderungen. Der Kläger wollte mit seinem Hinweis auf den „Sicherheitszuschlag“ ersichtlich lediglich kundtun, dass der letztlich geltende Grenzwert kein rein medizinischer Wert sei. Nähere wissenschaftliche Ausführungen konnten von ihm nicht verlangt werden. Von einem „methodischen Defizit“, wie der Prüfer meint, kann schon deshalb keine Rede sein. Der fragliche Hinweis des Klägers in der Klausur kann ihm daher nicht, wie aber offensichtlich geschehen, zum Nachteil gereichen.
56 
Innerhalb des Antwortspielraums liegend, d.h. als nicht, wie vom Gutachter hervorgehoben, gänzlich unvertretbar, erscheint es auch, wenn der Kläger hinsichtlich der Strafbarkeit des F ein versuchtes Tötungsdelikt durch Unterlassen wegen Ingerenz angesprochen hat. Zwar lag nach dem Sachverhalt kein, auch kein bedingter, Tötungsvorsatz vor, worauf der Gutachter zurecht abhebt. Allerdings ist die Prüfung eines Unterlassungsdelikts vor dem Hintergrund, dass F den G zum Fahren animierte, obwohl er dessen Alkoholkonsum kannte, nicht gänzlich abwegig. F handelte zwar (später) aktiv, indem er K auf einer Parkbank vor dem Krankenhaus ablegte. Aus seinem vorangegangenen Verhalten in der Kneipe ließ sich jedoch durchaus eine Pflichtenstellung im Hinblick auf K ableiten, zumal F die Fahruntüchtigkeit des G erkannt hatte und diesen trotzdem zum Heimtransport des K animiert hatte. Der Prüfer hat mithin die entsprechende Prüfungspassage wohlwollend und nicht, wie geschehen, als gänzlich unvertretbar in seine neue Bewertung einzubeziehen.
57 
Schließlich hat der Prüfer auch zu Unrecht zum Nachteil des Klägers die Ausführungen auf S. 2 der Klausurbearbeitung dahin gewertet, dass hier eine „ganz unnötige“ Abgrenzung zwischen § 315 c und 315 b StGB vorgenommen worden sei. Denn der Kläger wollte damit, wie schon der offensichtlich nachträglich eingefügte entsprechende Vermerk neben den Ausführungen zu § 315 c StGB gezeigt hat, lediglich knapp die Nichteinschlägigkeit der Norm des § 315 b StGB kundtun. Eine Überbewertung dieser Passage, wie vorliegend geschehen, hat als Verstoß gegen allgemeingültige Bewertungsgrundsätze zu unterbleiben.
58 
Mit den übrigen Einwänden vermag der Kläger allerdings nicht durchzudringen. Seine Ausführungen zu einer möglichen Schutzbehauptung des G auf S. 4 seiner Ausarbeitung kamen nach dem Sachverhalt nicht ernsthaft in Betracht, da F es war, der G auf diese Weise zum Fahren überreden wollte und nicht G von sich aus von entsprechenden eigenen Fähigkeiten ausgegangen war. Auch der Hinweis des Klägers auf § 1006 BGB war nach dem Sachverhalt überflüssig, denn danach handelte es sich eindeutig um das Fahrzeug des G. Auch sein Einwand hinsichtlich seiner Ausführungen zwischen der Schuldform bezüglich Tathandlung und Taterfolg zu § 315 c StGB vermag nicht zu greifen. Er beabsichtigte zwar zunächst insoweit auf die Tathandlung eingehen zu wollen, wie seine Ausführungen auf S. 8 im zweiten Absatz zeigen. Im dritten Absatz auf S. 10 behandelt er sodann die konkrete Gefährdung. Aus seinen jeweiligen Darlegungen wird die inhaltliche Differenzierung jedoch nicht deutlich, vielmehr sprach er fast durchgehend nur die Gefährdung an. Auch die angefochtene Bewertung des Prüfers im Zusammenhang mit § 274 StGB fällt in dessen Beurteilungsspielraum, der vom Gericht nur eingeschränkt überprüft werden kann.
59 
Soweit sich der Kläger bezüglich seiner Klausurbearbeitung auf S. 16 (Teilnahme an fahrlässiger Haupttat) auf einen Antwortspielraum bezieht, greift dieser vorliegend nicht. Wie vom Prüfer ausgeführt, ist die früher umstrittene Frage, ob auch eine Teilnahme an einer unvorsätzlichen Tat in Betracht kommt, durch die gesetzlichen Regelungen der §§ 25, 26 StGB entschieden (Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 26. Aufl., Vorbem. §§ 25, RdNr. 22; kritisch Roxin, Unterlassung, Vorsatz und Fahrlässigkeit, Versuch und Teilnahme im neuen Strafgesetzbuch, JUS 1973, 335 ff.). Die anders lautende Auffassung wird seither allenfalls noch akademisch diskutiert, in Rechtsprechung und Literatur aber nicht mehr ernsthaft vertreten. In Anknüpfung an die obigen Ausführungen zum Gebot der Sachlichkeit fällt auch hier bei den Ausführungen des Prüfers im Rahmen seiner Überdenkung allerdings auf, dass er wiederum stark emotional seine Bewertung „verteidigt“. So führt er an, der Widerspruchsführer behaupte „allen Ernstes...“, was belege, „dass der Kandidat ... die Problematik nach wie vor leider immer noch nicht verstanden“ habe. Der „eklatante Verstoß gegen nulla poena sine lege…. sollte sich jedermann aufdrängen“. Bei der insgesamt vorzunehmenden Neubewertung wird der Gutachter darauf zu achten haben, dass er die nach der geltenden Rechtslage nicht mehr vertretbaren Ausführungen des Klägers in seiner Klausurbearbeitung nicht zusätzlich emotionsgeladen negativ bewertet; er hat sie vielmehr schlicht als im Ergebnis nicht richtig in die Bewertung einfließen zu lassen.
60 
Insoweit hat allerdings die erneute Begutachtung (noch) nicht durch einen anderen Prüfer stattzufinden. Dies käme nur dann in Betracht, wenn ausdrücklich eine Befangenheit des Prüfers festgestellt worden wäre (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 04.05.1999, a.a.O.). Eine solche kann sich aus der Art und Weise des Umgangs des Prüfers mit den eigenen Fehlern bei der Nachkorrektur oder bei späteren Überprüfungen ergeben. Sie liegt beispielsweise dann vor, wenn der Prüfer von vornherein darauf festgelegt ist, seine Benotung nicht zu ändern, und auch dann, wenn es ihm an der Fähigkeit gebricht, eigene Fehler zu erkennen und einzuräumen bzw. diesen das ihnen zukommende objektive Gewicht beizumessen und sie zu bereinigen (ebenda). Ob dies der Fall sein wird, wird die nachfolgende Korrektur ergeben.
61 
Da sich der Zweitgutachter ohne eigene wertende Stellungnahme der Bewertungseinschätzung des Erstgutachters angeschlossen hatte, wird auch er seine Bewertung zusätzlich zu dem in die Neubewertung ohnedies einzubeziehenden Gesichtspunkt eines eventuell zu strengen Prüfungsmaßstabs auch unter Beachtung der oben dargelegten Rechtsauffassung des Gerichts überprüfen müssen.
62 
Schließlich enthalten auch die Gutachten bezüglich Aufsichtsarbeit Nr. 6 Bewertungsfehler. Der Klausur lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Landesregierung plant, angesichts mutmaßlicher verstärkter Einflussnahme diverser Sekten auf die Landespolitik die Einfügung eines neuen Art. 35 b in die Landesverfassung zur Bestellung eines Sektenausschusses durch den Landtag. Die Vorlage, die die Landesregierung nicht selbst einbringen will, wird von Abgeordneten der beiden Regierungsfraktionen eingebracht und von mehr als zwei Dritteln der Abgeordneten verabschiedet. Zwei Jahre später hegt die X-Fraktion erhebliche Zweifel an der Verfassungsgemäßheit und möchte ein Verfassungsgericht einschalten. Zu erstellen war ein Gutachten zur förmlichen und sachlichen Vereinbarkeit des Verfassungsartikels mit dem Grundgesetz und/oder der Landesverfassung. Der Erstprüfer bewertete die Arbeit des Klägers mit (Mühe noch) als ausreichend (4,0 Punkte), der Zweitprüfer mit mangelhaft (3,0 Punkte).
63 
Der Kläger dringt mit seinen gegen das Erstgutachten erhobenen Einwänden gegen die Beurteilung seiner prozessualen Ausführungen in der Klausur teilweise durch. Der Kläger hat insoweit zwar lediglich pauschal gerügt, dass der Gutachter die behaupteten Schwächen nicht spezifiziert habe und sich die Kritik im Einzelnen weder aus den Randbemerkungen noch aus der Korrekturbegründung nachvollziehen lasse. Eine nähere Substantiierung war ihm jedoch angesichts der insoweit fehlenden Begründungen im Benotungsgutachten verwehrt. Im Rahmen seiner Überdenkung hat der Prüfer auf den entsprechenden Einwand des Klägers hin eine Begründung abgegeben. Deren Übereinstimmung mit geltenden Bewertungsgrundsätzen hat das Gericht aber auch dann zu überprüfen, wenn der Kläger allgemein, wie vorliegend, kundtut, dass die behaupteten Schwächen nicht gegeben sind. Soweit der Prüfer in seiner Überdenkung angeführt hat, unklar seien die Ausführungen des Klägers, soweit hinsichtlich der Antragsberechtigung vor dem Bundesverfassungsgericht von der „Landesregierung als Kollektiv“ die Rede sei, sei unklar, ob die X-Fraktion oder deren Abgeordnete als Teile der Landesregierung angesehen würden oder zutreffend klargestellt werde, dass nur die Landesregierung antragsberechtigt sei; hierauf sei in den Randbemerkungen Bezug genommen worden. Insoweit überdehnt der Prüfer allerdings seinen Beurteilungsspielraum bzw. ging von einem falschen, zur Beurteilung stehenden Sachverhalt aus. Die entsprechenden Ausführungen des Klägers, wonach hinsichtlich eines Antrags gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 Abs. 1 BVerfGG „eine Landesregierung nur insgesamt, als Kollektiv antragsberechtigt“ sein solle, waren zwar etwas unglücklich formuliert, nicht aber missverständlich. Dies ergibt sich schon aus den einleitenden Ausführungen des Klägers, wonach „die Antragstellerin“ – nämlich die X-Fraktion – in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Antragsberechtigung für das Verfahren vor dem BVerfG genüge. Auch angesichts der eindeutigen Formulierung des Gesetzeswortlauts waren die Erläuterungen des Klägers nicht zweideutig. Soweit der Beurteiler allerdings weiter sinngemäß rügt, dass die Frage der Zulässigkeit eines Antrags der Abgeordneten, wie in der Aufgabenstellung vorgegeben, nicht in den Blick genommen worden sei, trifft dies zu; der Kläger hatte vielmehr lediglich die X-Fraktion abgehandelt.
64 
Die Kritik des Klägers an der Beurteilung seiner Diskussion zur Gesetzgebungskompetenz betreffen allerdings allein den Bewertungsspielraum des Prüfers. Insoweit ist nicht zu beanstanden, wenn der Prüfer rügt, dass die Diskussion einer Kompetenz des Bundesgesetzgebers fernliegend war, nachdem es nach dem Sachverhalt allein um „die Politik im Land“ und die befürchtete Einflussnahme von Sekten auf diese ging. Dies gilt auch im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers auf zur objektiv-rechtlichen Seite des Art. 4 GG. Auch soweit der Gutachter in seiner Stellungnahme gerügt hat, dass er Ausführungen zur Abgrenzung von Abgeordnetenstatus und Grundrechtsbetroffenheit vermisst habe, vermag der Kläger mit seinem Einwand, er habe auf S. 12 der Klausurbearbeitung ausdrücklich nur die objektiv-rechtliche Seite des Art. 4 GG angesprochen, nicht durchzudringen. Es ist im Rahmen des Bewertungsspielraums des Prüfers nicht zu beanstanden, wenn er die Notwendigkeit entsprechender Ausführungen verlangt, auch wenn dies aus dem Umstand, dass der Kläger mit dem Hinweis auf die „objektiv-rechtliche“ Seite der Grundrechte im Zusammenhang mit Art. 27 Abs. 3 Satz 2 LV, wonach es allein um den Abgeordnetenstatus geht, geschlossen werden kann. Gleichermaßen gilt dies hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Klägers auf S. 12, wonach die Vorschriften des Untersuchungsausschussgesetzes „ebenfalls nicht verletzt“ seien. Es lässt sich zwar dem Sinn nach entnehmen, dass der Kläger den knapp gehaltenen Hinweis (nur) dahin verstanden wissen wollte, dass diese Normen nicht einschlägig seien, weil der Sektenausschuss kein Untersuchungsausschuss sei (Wortlaut der Normen). Es lässt sich angesichts der an den Prüfling zu stellenden Anforderungen, zwischen Einschlägigkeit einer Norm und ihrer (Nicht-) Verletzung zu unterscheiden, auch im konkreten Streitpunkt noch als dem Beurteilungsspielraum des Prüfers unterfallend vertreten, dass die Formulierung des Klägers „zumindest unklar“ sei. In den Rahmen des Beurteilungsspielraums fällt auch die Bewertung der Ausführungen des Klägers zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf S. 13 und 14 seiner Ausarbeitung. Der insoweit geäußerten Kritik des Prüfers im Rahmen des Überdenkens, wonach ein Eingehen auf die Problematik einer die Mitgliedschaft in einer nicht verfassungswidrigen Sekte vermisst worden sei, lässt sich nichts entgegensetzen.
65 
Im Übrigen gibt das Gericht für die Neubewertung sämtlicher Prüfer noch Folgendes vor: Im Hinblick auf die höchstrichterlich festgelegten Entscheidungsmaßstäbe, wonach das Gericht einerseits nicht die eigenen Maßstäbe an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen darf, andererseits aber der Prüfling Anspruch auf effektiven Rechtsschutz hat (Art. 19 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG), müssen die Prüfer ihre Bewertungen so begründen, dass eine gerichtliche Überprüfung möglich ist. Aus dieser Begründung muss sich das Bewertungssystem eines Prüfers nachvollziehen lassen. Denn dieses Bewertungssystem ist der Prüfungsmaßstab für das Gericht, einen anderen Prüfungsmaßstab hat es nicht. Das Gericht kann weder die Vorlage der Musterlösung verlangen noch darf es eigene Lösungen der Prüfungsfälle zum Maßstab nehmen. Dies erfordert insgesamt, dass die Prüfer - im Einzelnen - Fehlendes darlegen und dem Vorhandenen gegenüberstellen. Ein allgemeiner Hinweis auf vorhandene Fehler und Mängel genügt insoweit nicht. Darüber hinaus muss auch die Gewichtung der positiven Inhalte einer Klausurbearbeitung einerseits und der fehlenden bzw. nicht zureichend bearbeiteten andererseits dargelegt werden. Diesen Anforderungen müssen die Prüfer ansonsten grundsätzlich spätestens im Überdenkungsverfahren gerecht werden.
66 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO
67 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.
68 
Beschluss vom 12. August 2009
69 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
17 
Der Schriftsatz des Beklagten vom 13.08.2009 gibt keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
18 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 4, 5 und 6 der Ersten juristischen Staatsprüfung Herbst 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der Prüfungsbescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 19.12.2007 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
19 
Nach § 9 JAG (Gesetz über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst - Juristenausbildungsgesetz - vom 16.07.2003, GBl. S. 354, geändert durch Art. 7 Zweites Hochschulrechts-Änderungsgesetz vom 06.12.1999 - GBl. S. 517 -) sowie der auf § 7 JAG beruhenden Verordnung der Landesregierung über die Ausbildung und Prüfung der Juristen in der hier maßgeblichen Fassung vom 08.10.2002 - (GBl. S. 391 -) ist Voraussetzung für die Fortsetzung der Prüfung kumulativ eine Durchschnittspunktezahl von mindestens 3,60 Punkten sowie in mindestens drei Aufsichtsarbeiten 4,0 oder mehr Punkte und im Zivilrecht in mindestens einer Aufsichtsarbeit 4,0 oder mehr Punkte. Der Kläger hat im schriftlichen Teil der Prüfung zwar die erforderliche Mindestdurchschnittspunktezahl mit seiner erreichten Durchschnittspunktezahl von 3,78 Punkten überschritten und auch in einer der zivilrechtlichen Aufsichtsarbeiten mit 8,0 Punkte die entsprechenden Anforderungen erfüllt. Da er jedoch nicht in mindestens drei Klausuren die Mindestpunktezahl von 4,0 erreicht hatte und er als Wiederholer an der Prüfung teilgenommen hatte, gilt die Prüfung wegen des Fehlens einer Wiederholungsmöglichkeit (§ 22 JAPrO alte Fassung) endgültig als nicht bestanden. Dem Kläger steht allerdings ein Anspruch auf Neubewertung seiner Aufsichtsarbeiten zu.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Beschluss vom 17.04.1991, BVerfGE 84, 34) muss ein berufsbezogenes Prüfungsverfahren im Hinblick auf Art. 12 GG im Rahmen des Möglichen Objektivität und Neutralität gewährleisten. Staatsprüfungen, die den Zugang zu akademischen Berufen einschränken, erfordern schwierige Bewertungen, die mit Rücksicht auf die Chancengleichheit der Kandidaten (Art. 3 Abs. 1 GG) im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen und sich nicht ohne weiteres im nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren einzelner Kandidaten isoliert nachvollziehen lassen. Hieraus ergibt sich ein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum, der sich bei juristischen Fachprüfungen nicht auf fachwissenschaftliche Rechtsfragen, sondern lediglich auf Gesichtspunkte bezieht, die sich wegen ihrer prüfungsspezifischen Komplexität im Verwaltungsstreitverfahren nicht ohne weiteres - insbesondere nicht isoliert - nachvollziehen lassen und damit mit rein objektiven Maßstäben schwer messbar sind. Dies betrifft etwa Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Gewichtung des Schwierigkeitsgrades einzelner Aufgaben, wie auch verschiedener Aufgaben im Verhältnis zueinander, die Würdigung der sprachlichen Qualität, der Überzeugungskraft und der Angemessenheit der Darstellung nach ihrem Umfang - in einzelnen Abschnitten wie auch in der Gesamtschau -oder die Bestimmung von Stärken und Schwächen einer Bearbeitung einschließlich des Stellenwertes eines Fehlers. Dieser Bewertungsspielraum ist von den Gerichten grundsätzlich nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen des Bewertungsspielraums überschritten haben, indem sie etwa von falschen Tatsachen ausgegangen sind oder sachfremde Erwägungen angestellt haben. Bei fachwissenschaftlichen Fragen hingegen - wie verallgemeinerungsfähige Rechtsanschauungen - gilt ein strengerer Prüfungsmaßstab. Kommen in Rechtsfragen mehrere vertretbare Lösungen in Betracht, ist dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zuzugestehen. Daraus folgt, dass eine vertretbare und mit gewichtigen Gründen folgerichtig begründete Lösung nicht als falsch bewertet werden darf (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, a.a.O.). Ob die Prüfer dies verkannt haben, muss vom Gericht auf eine entsprechend substantiierte Rüge hin geprüft werden (vgl. zum ganzen: BVerwG, Beschl. v. 13.05.2004, Buchholz 421.0 Nr. 406, Urt. v. 04.05.1999, NVwZ 2000, 915).
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Die Prüfer - jeweils der Erstprüfer und der Zweitprüfer der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 4, 5 und 6 - müssen ihre Bewertungen und die daraus hergeleiteten Noten vorliegend auch unter dem Blickwinkel überprüfen, ob sie bei der Bewertung und Benotung der Aufsichtsarbeiten einen zu strengen Bewertungsmaßstab angelegt haben.
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Eines der tragenden Prinzipien des Prüfungsverfahrens ist der Grundsatz der Chancengleichheit. Er gebietet, dass für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Auflage [2007] RdNr. 87 ff.). Dieser Grundsatz beruht auf Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, BVerfGE, 84, 34) und beherrscht das Prüfungsrecht (BVerfG, Beschl. v. 25.06.1974, BVerfGE 37, 342).
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Für den Termin der Ersten juristischen Staatsprüfung Herbst 2007 steht ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit am Prüfungsort Mannheim im Raum. Denn die Durchfallquote betrug in Mannheim für die Prüfungsteilnehmer, für die noch die JAPrO 1993 galt, 58,33 %. In den anderen Städten lag sie dagegen zwischen 35,90 % (Tübingen) und 39,04 % (Konstanz). Dabei kommen als Vergleichsgruppen nur die Prüflinge dieses Prüfungstermins in Betracht (vgl. BFH, Urt. v. 23.08.2001 - VII R 96/00 -; Hess. FG, Urt. v. 23.05.2005 - 13 K 346/04 -, jew. juris). Ein - unmittelbarer - Vergleich mit anderen Prüfungsterminen scheidet aus, weil es sich um Aufsichtsarbeiten unterschiedlichen Inhalts handelt und auch die Prüfer nicht identisch sind. Auch die Ergebnisse der Prüfungen, für die die JAPrO 2002 gilt, können nicht in die Betrachtung mit einbezogen werden. Denn für sie gelten andere Prüfungsanforderungen.
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In der Rechtsprechung wird nun einheitlich darauf abgestellt, dass eine besonders hohe Durchfallquote allein für die Annahme von Prüfungsmängeln nicht ausreicht (OVG Bremen, Urt. v. 12.02.2008 - 1 A 234/03 -; FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005 - V 2/04 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.09.2007 - 12 K 2044/04 B -; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.11.2002 - 9 S 2361/02 -, jew. juris). Ob diese Auffassung insgesamt überzeugend ist, kann hier offen bleiben. Denn zu der hohen Durchfallquote in Mannheim kommt als weiterer Gesichtspunkt hinzu, dass die Durchfallquoten in den anderen Städten sehr viel - bis zu über 20 % - niedriger sind. Hinzu kommt weiter, dass nach den Ausführungen der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Ergebnisse der Ersten juristischen Staatsprüfungen in Mannheim über viele Jahre hinweg deutlich schlechter waren als in den anderen Städten. Dieser Gesichtspunkt kann als Indiz in die Betrachtung mit einfließen, auch wenn die Ergebnisse anderer Prüfungsjahrgänge, wie ausgeführt, nicht unmittelbar zum Vergleich herangezogen werden können.
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Diese hohe Durchfallquote beruht auf einem Prüfungsmangel. Eine andere Erklärung kommt nicht ernsthaft in Betracht.
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Allerdings lässt sich vorliegend aus der hohen Durchfallquote nicht herleiten, dass mit den zu bearbeitenden Aufsichtsarbeiten die Prüfungsanforderungen überspannt wurden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt FG Berlin-Brandenburg, Urt. 12.09.2007, Hess. FG, Urt. v. 23.05.2005; BFH, Beschl. v. 20.12.2005, jew. a.a.O.). Dem steht schon entgegen, dass - wie oben ausgeführt - im Gegensatz zu Mannheim in den anderen Städten die Durchfallquoten nicht hoch waren. Wären die Prüfungsaufgaben erheblich zu schwer gewesen, hätte sich dies auch in höheren Durchfallquoten in den anderen Städten niedergeschlagen.
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Aus diesem Grund ist auch die Erklärung, die die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung für die hohe Durchfallquote abgegeben hat, nicht plausibel. Sie hat darauf hingewiesen, dass dieser Prüfungstermin der letzte Termin gewesen sei, an dem die Prüfung noch nach der JAPrO 1993 habe abgelegt werden können. Deshalb hätten auch viele Studenten daran teilgenommen, deren Studium schon längere Zeit gedauert habe. Dabei handele es sich erfahrungsgemäß um schwächere Studenten. Da diese Situation aber gleichermaßen in allen Städten bestand, lässt sich damit die hohe Durchfallquote in Mannheim nicht erklären.
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Die hohe Durchfallquote lässt sich weiter nicht dadurch erklären, dass die Studenten in Mannheim so schlecht waren, dass es - im Durchschnitt betrachtet - zu einer so hohen Durchfallquote kam. Insoweit liegen keine besonderen Erkenntnisse vor. Es wäre aber Sache des Beklagten, hierzu tragfähige Angaben zu machen, wenn er sich darauf berufen wollte, denn die Bewertung findet „im Lager“ des Beklagten statt. Auch entsprechende Erkenntnisse könnten nur im Lager des Beklagten gefunden werden. Die Anzahl von 96 Prüflingen, die in Mannheim an der Prüfung teilgenommen haben, ist so groß, dass - ohne gegenteilige Anhaltspunkte - allenfalls mit durchschnittlichen, nicht aber mit besonders schlechten Ergebnissen gerechnet werden kann. Insbesondere wäre es aber auch bei im Durchschnitt erheblich schlechteren Prüflingen in Mannheim statistisch gesehen praktisch ausgeschlossen, dass - im Gegensatz zu den anderen Städten - keiner (!) der Prüflinge die Note „gut“ oder „voll befriedigend“ erhielt. Selbst die Note „befriedigend“ wurde mit 10,42 % ganz deutlich seltener vergeben als in den anderen Städten.
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Danach kommt für die hohe Durchfallquote - ausschließlich - in Betracht, dass einzelne oder alle Prüfer in Mannheim einen wesentlich strengeren Prüfungsmaßstab angelegt haben, als in den anderen Städten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005; BFH, Beschl. v. 20.12.2005, jew. a.a.O.). Dies zeigt nicht nur der Vergleich der Durchfallquoten der einzelnen Städte, sondern auch der Blick auf die sonstige Notenverteilung insgesamt. Diese Notenverteilung kann nur dahin interpretiert werden, dass in Mannheim ganz erheblich „heruntergeprüft“ wurde. So gab es - wie oben ausgeführt - als Ergebnisse dieser Prüfung in Mannheim weder die Note „gut“ noch „vollbefriedigend“. In den anderen Städten lag der Anteil dieser Noten zwischen 3,42 % (Konstanz) und 5,67 % (Heidelberg). Auch die Note „befriedigend“ gab es in Mannheim nur in 10,42 % der Fälle, in den anderen Städten dagegen zwischen 19,86 % (Konstanz) und 25,13 % (Tübingen). Dieser Eindruck ergibt sich im Übrigen auch aus einer ganzen Reihe von Bewertungen von Aufsichtsarbeiten aus diesem Prüfungstermin und damit zusammenhängenden Äußerungen von Prüfern, die gerichtsbekannt geworden sind.
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Damit lag - auf die gesamte Prüfung bezogen - für die Prüflinge in Mannheim ein eklatanter Verstoß gegen die Chancengleichheit vor, für den nur ein gleichheitswidrig zu strenger Prüfungsmaßstab in Betracht kommt. Diesem - zu strengen - Prüfungsmaßstab war auch der Kläger unterworfen. Er ist deshalb in seinem eigenen subjektiven öffentlichen Recht auf Beachtung des Grundsatzes der Chancengleichheit verletzt; es handelt sich nicht um die Rüge, andere Prüflinge hätten Vorteile gehabt, für die - jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. Urt. v. 23.08.2001, a.a.O.) - einem Prüfling kein subjektives öffentliches Recht zusteht.
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Diesem Mangel muss bei der neu durchzuführenden Bewertung der Leistungen des Klägers Rechnung getragen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - nach dem derzeitigen Erkenntnisstand - die Anwendung eines zu strengen Bewertungsmaßstabes nicht einzelnen Prüfern zugeordnet werden kann. Weiter ist zu berücksichtigen, dass den Prüfern ein prüfungsspezifischer Wertungsspielraum zusteht. Daraus folgt, dass in dem neu durchzuführenden Bewertungsverfahren hinsichtlich der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 4, 5 und 6 alle Prüfer (naturgemäß zuerst der Erstprüfer und dann der Zweitprüfer) für die vom Kläger beanstandeten Aufsichtsarbeiten bei der Neubewertung ihren eigenen Prüfungsmaßstab darauf hin überprüfen müssen, ob er in Anbetracht der Ausführungen oben zu streng angelegt war. Dabei kann es im Überprüfungsverfahren keinesfalls genügen, dass die Prüfer ihre bisherigen Ausführungen kurz oder wiederholend wiedergeben; sie müssen sich vielmehr auch in nachvollziehbarer Weise mit den oben dargelegten Gründen beschäftigen. Dies ergibt sich schon daraus, dass von den Prüfern erwartet werden kann, dass sie in der Lage sind, nicht nur die Leistungen der Prüflinge, sondern ihre eigenen Ausführungen kritisch zu hinterfragen (siehe hierzu auch FG Hamburg, Urt. v. 31.08.2005, a.a.O.). Darüber hinaus ergibt sich dies aus einem Umkehrschluss aus der von der Rechtsprechung aufgestellten Verpflichtung des anfechtenden Prüflings, seine Einwendungen gegen die Bewertung der Prüfungsleistung in substantiierter Form zu erheben (vgl. BFH, Beschl. v. 10.08.1993 - VII B 68/93, BFHE 172, 273; Beschl. v. 31.05.1994 - VII B 42/94, NVwZ-RR 1995, 577; Beschl. v. 04.05.1995 - VII B 193/94, BFH/NV 1995, 1021; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl., RdNr. 972). Hiermit und mit seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz korrespondiert allein, dass die Prüfer jedenfalls im Überdenkungsverfahren ihre Überprüfung ihrer Bewertung substantiiert begründen.
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Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass ein Prüfer bei einer erforderlichen Neubewertung nicht seine Bewertungskriterien ändern darf, nach denen er im Rahmen des ihm zustehenden Bewertungsspielraums die Prüfungsleistung ursprünglich bewertet hat. Denn dies gilt nur, soweit das Bewertungssystem rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, NJW 2000, 1055 m.w.N.).
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Danach hat der Kläger bereits einen Anspruch auf Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 4, 5 und 6 im Hinblick auf die weit überdurchschnittliche Durchfallquote im Prüfungstermin Herbst 2007 am Prüfungsort Mannheim.
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Ausgehend von den oben genannten Maßstäben dringt der Kläger darüber hinaus auch mit seinen gegen die angefochtenen Bewertungen seiner Aufsichtsarbeiten erhobenen Einwendungen teilweise durch mit der Folge, dass die Neubewertungen zusätzlich unter Beachtung der im Folgenden dargestellten weiteren Rechtsauffassung des Gerichts zu erfolgen haben.
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Bei Aufsichtsarbeit Nr. 2 aus dem Bereich des Zivilrechts stand folgender Sachverhalt zur Bearbeitung: Der Besitzer einer Eisbahn wollte zum Zwecke der Ausführung von Renovierungsarbeiten ein Bankdarlehen in Höhe von 100.000,- EUR aufnehmen. Er veranlasst einen Freund mit der wahrheitswidrigen Behauptung, mehrere Mietinteressenten zu haben, ihm eine Sicherung in der Form einer Grundschuld in Höhe von 80.000,- EUR zu gewähren. Der Sachbearbeiter der Bank weiß um die tatsächliche Auftragslage, nimmt aber das Angebot an. Zusätzlich gewährt ein Onkel des Eisbahnbesitzers diesem eine Bürgschaft in Höhe von 40.000,- EUR, wobei der Bürgschaftsvertrag zwischen dem Sachbearbeiter der Bank und dem Onkel in der Wohnung des Letzteren zustande kam. Die Bank übertrug in der Folge die Darlehensforderung nebst den Sicherheiten auf eine dritte Bank. Nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung verbleibt ein offener Restbetrag in Höhe von 40.000,- EUR, weswegen sich die Bank an die Sicherungsgeber wendet. Diese wiederum wenden sich an die ursprüngliche Darlehensbank mit unterschiedlichen Einwendungen. Die hieraus gestellten Aufgaben waren im wesentlichen darauf gerichtet, ob die Gläubigerbank aus der Grundschuld und aus der Bürgschaft Rechte geltend machen kann und ob zwischen Grundschuldbesteller und Bürgen gegenseitige Ausgleichsansprüche bestehen. Der Erstprüfer bewertete die Arbeit des Klägers mit 4,0 Punkten, der Zweitprüfer mit 3,0 Punkten.
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Der Kläger dringt mit seinem Einwand durch, wonach der Erstprüfer die Prüfung des § 119 Abs. 2 BGB zu Unrecht beanstandet habe. Insoweit hat der Prüfer bemängelt, der Kläger habe „Selbstverständlichkeiten ausgebreitet“ und so z.B. § 119 Abs. 2 BGB geprüft, der „nicht ernsthaft als Anfechtungstatbestand in Betracht“ gekommen sei. In seiner Überdenkung führte er auf den Einwand des Klägers, die Kreditwürdigkeit sei eine im Rechtsverkehr wesentliche Eigenschaft und das Sicherungsgeschäft habe nach dem Sachverhalt in unmittelbarem Zusammenhang mit dem eigentlichen Kreditgeschäft gestanden, an, der Kläger habe zwar richtig gesehen, dass es nicht um ein Kreditgeschäft, sondern um die Bestellung einer Grundschuld gegangen sei, auch habe es sich „im Kern weniger“ um die „Täuschung über die Kreditwürdigkeit“ als vielmehr um die „Täuschung über das Vorhandensein von Mietinteressenten“ gehandelt, einem Umstand, der sich „allenfalls mittelbar auf die Kreditwürdigkeit“ ausgewirkt habe. Jedenfalls habe die Prüfung des § 123 BGB im Vordergrund gestanden, weshalb § 119 Abs. 2 BGB „fernliegend“ erschienen sei. Hierbei handelt es sich um eine fachspezifische Bewertungsfrage, die gerichtlich voll nachprüfbar ist.
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Entgegen der Darstellung des Gutachters kann angesichts des zur Bearbeitung gestellten Sachverhalts die Prüfung des Anfechtungstatbestands des § 119 Abs. 2 BGB nicht als fernliegend und - wie der Gutachter meint, aus diesem Grund die (erst hieran) anschließende - Prüfung des § 123 BGB als „schwerfällig“ bezeichnet werden. Ausweislich des Sachverhalts räumt der Freund dem Darlehensnehmer die Grundschuld „aufgrund der hervorragenden Auftragslage“ ein. Dieser Hinweis auf eine hervorragende Auftragslage legt es für Prüflinge im Ersten juristischen Staatsexamen durchaus nahe, den Tatbestand des § 119 Abs. 2 BGB abzuhandeln, auch wenn, wie es auch der Kläger in seiner Bearbeitung getan hat, eine hierauf beruhende Anfechtung am Ende nicht in Betracht kam bzw. das Ergebnis offen bleibt. Nach Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl., § 119 RdNr. 26 sind „Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit ... bei Kreditgeschäften wesentlich...., so auch bei der Bürgschaft....“. Danach ist es für einen Prüfling im Ersten Staatsexamen nicht fernliegend, die Kreditwürdigkeit auch im Hinblick auf ein sonstiges Sicherungsgeschäft - vorliegend die Grundschuldbestellung - abzuhandeln. Die Erörterung des § 119 Abs. 2 BGB vor der Bearbeitung des § 123 BGB folgt der gesetzlichen Systematik (Normenfolge); hierauf hat auch der Kläger in seinen Einwendungen hingewiesen. Soweit der Gutachter in seiner Überdenkung darauf verweist, dass „dieser Punkt“ auf die Bewertung ohnedies keinen Einfluss gehabt habe, widerspricht er sich selbst, denn zuvor führt er aus, „viel wichtiger war mir jedoch bei meiner Beurteilung, dass bei einer Täuschung zunächst die Prüfung des § 123 BGB angezeigt ist und im Hinblick darauf die vorrangige Prüfung des § 119 II BGB fernliegend“. Diesbezüglich drängt sich ein Verstoß gegen Denkgesetze und damit eine Verletzung des im Prüfungsrecht geltenden Grundsatzes der Chancengleichheit auf (Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG; vgl. BVerwG, Urt. v. 04.05.1999 - 6 C 13/98 -, NVwZ 2000, 915, 919). Im Übrigen ist diese Behauptung des Prüfers auch nicht nachvollziehbar, nachdem er diesen Punkt als konkreten Mangel ausdrücklich in seinen Bewertungsbegründungen angesprochen hatte. Denn die Nachvollziehbarkeit einer Begründung ist jedenfalls dann nicht mehr gegeben, wenn einzelne Prüfungsleistungen erwähnt und sogar ausdrücklich angesprochen bzw., wie hier, kritisiert werden, später aber dann behauptet wird, die Beurteilung sei hiervon nicht beeinflusst worden. Der Erstprüfer hat mithin die Prüfung des § 119 Abs. 2 BGB durch den Kläger positiv in seine Bewertung mit einzubeziehen.
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Dies gilt gleichermaßen für den Zweitprüfer, der sich bei seiner Bewertung der „Darstellung der Vorzüge und Mängel der Bearbeitung durch das Erstgutachten“ diesem angeschlossen hat. Im Übrigen erscheint es widersprüchlich, einerseits von einer Beschränkung des Vorhandenen auf „Banales“ zu sprechen, andererseits aber zu betonen, dass die Darstellung in der Bearbeitung zur Lösung der Probleme „kaum beiträgt“.
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Schließlich gilt hinsichtlich beider Prüfer, dass auch die von den Prüfern erkannte erhöhte Schwierigkeit der Klausur in die Bewertung mit einfließen muss. Die Anforderungen insoweit können weder an einer durchschnittlichen Klausur gemessen werden noch darf bereits die Vergabe von 4,0 Punkten voraussetzen, dass alle Probleme des Falles zumindest erkannt sein müssen. Insoweit trifft der Einwand des Klägers zu, wonach eine Bewertung zwischen 4,0 und 6,0 Punkten das Vorhandensein von Lücken und Mängeln widerspiegele.
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Auch Aufsichtsarbeit Nr. 4 ist sowohl durch den Erst- als auch den Zweitgutachter neu zu bewerten. Der Sachverhalt der Prüfungsaufgabe aus dem Bereich des Strafrechts hatte im ersten Tatkomplex im Wesentlichen einen Autokauf zum Gegenstand, bei dem der Erwerber auf dem Wege gerichtlicher Geltendmachung eine Minderung des Kaufpreises wegen eines Mangels an den Bremsen geltend machte und hierbei durch Manipulation der Bremsanlage das Gericht über den von diesem eingeschalteten Sachverständigen von der Mangelhaftigkeit der Bremsen zu überzeugen suchte. Der Erwerber wusste um die Gefährlichkeit seines Eingriffs, rechnete aber angesichts der Erfahrung des Sachverständigen nicht mit dessen Verletzung. Der Sachverständige, der die Manipulation erkannt und sein Gutachten wahrheitsgemäß erstattet hatte, stellte allerdings die Manipulation als solche wahrheitswidrig als mittels eines Werkzeugs (Messer) ausgeführt dar. Der Verkäufer wurde wegen des tatsächlichen Mangels zu einer adäquaten Zahlung verurteilt. Im zweiten Tatkomplex trafen Verkäufer und Erwerber bei einem (lebensmüden) Bekannten und einem vierten Teilnehmer zu einer vermeintlich harmlosen Runde „Russisches Roulette“ zusammen. Der Bekannte stirbt letztlich durch einen vom Verkäufer ausgelösten Schuss, bevor der Erwerber, der es schließlich für möglich hielt, dass die Waffe scharf ist, eingreifen konnte. Die Klausurbearbeitung durch den Kläger wurde vom Erstprüfer mit 2,0 Punkten und vom Zweitprüfer mit 3,0 Punkten bewertet.
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Soweit der Kläger der Kritik des Erstkorrektors, wonach die Konstruktion des Dreiecksbetrugs nicht verstanden worden sei, entgegensetzt, es ergebe sich aus dem Obersatz und der ausdrücklichen Nennung des Begriffs „Dreiecksbetrug“ sowie seinen Erklärungen zur Vermögensverfügung das Gegenteil, vermag er damit allerdings nicht durchzudringen. Der Prüfer hat insoweit bemängelt, dass der Kläger nicht erkannt habe, dass es sich um einen Dreiecksbetrug in mittelbarer Täterschaft – mit dem Sachverständigen als Werkzeug - gehandelt habe, weshalb der Kläger auch nicht geprüft habe, ob die Täuschungshandlung zu einem Irrtum beim Gericht habe führen können. Der Kläger hat in seiner Arbeit tatsächlich auf die versuchte Täuschungshandlung gegenüber dem Sachverständigen und nicht, wie es richtig gewesen wäre, gegenüber dem Gericht mittels des Sachverständigen abgehoben. Er hat sodann zwar zutreffend weiter auf die durch das Gericht zu treffende Vermögensverfügung zum Nachteil des Verkäufers abgestellt. Es ist allerdings nicht zu beanstanden, dass der Prüfer hieraus insgesamt den in seinen Beurteilungsspielraum fallenden Schluss zieht, dass der Kläger die gesamte Konstruktion des konkreten Dreiecksbetrugs nicht erkannt habe. Dies gesteht der Kläger im Grunde selbst zu, indem er weiter sinngemäß ausführt, seine hiervon abweichende Lösung eines Dreiecksbetrugs in unmittelbarer Täterschaft sei vertretbar, zumal die Einordnung in die erste oder zweite Variante des § 25 StGB akademischer Natur sei.
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Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, dass die Bewertung des Prüfers hinsichtlich der vom Kläger bejahten mittelbaren Falschbeurkundung ( § 271 Abs. 1 StGB) in mittelbarer Täterschaft fehlerhaft sei. Der Gutachter hat in seiner Überdenkung ausgeführt, das vom Kläger gefundene Ergebnis sei falsch und in der Begründung unzulänglich, weil keine Subsumtion stattgefunden habe; so sei nicht klar, worin nach Auffassung des Klägers die Falschbeurkundung liegen solle. Dem hat der Kläger keine weiteren substantiierten Einwendungen entgegen gesetzt.
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Hinsichtlich der geprüften §§ 315 b und 153 StGB rügt der Kläger, dass der Gutachter nicht berücksichtigt habe, dass die Paragraphen erkannt und richtig geprüft worden seien. Dem hält der Gutachter in seiner Stellungnahme im Überdenkungsverfahren entgegen, dass die entsprechenden Ausführungen gewürdigt und gebührend berücksichtigt worden seien. Aus den Klausuranmerkungen und seiner gutachtlichen Stellungnahme wird deutlich, dass er zum Nachteil des Klägers berücksichtigt hat, dass dieser hinsichtlich einzelner Tatbestandsmerkmale, so insbesondere hinsichtlich der Gefahr und des Vorsatzes keine korrekte juristische Subsumtion vorgenommen habe, sondern die Ergebnisse (nur) durch Behauptungen untermauert habe. Ähnlich verhält es sich zu § 153 StGB. Insoweit hat der Prüfer bemängelt, dass der Kl. „überhaupt nur die Falschheit der Aussage erörtert“ habe, ohne erkannt zu haben, ob die Aussage das Beweisthema betraf. Auch dies wurde vom Kläger nicht weiter angefochten.
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Auch hinsichtlich § 227 StGB sind die Ausführungen des Prüfers nicht zu beanstanden. Ein Körperverletzungsvorsatz, den der Kläger im Übrigen nicht geprüft hatte, kann nach dem Sachverhalt nicht in Betracht kommen (Farbpatrone und daher – bereits lt. Sachverhalt - „völlig ungefährlich“).
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Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass seine auf Konzept niedergelegten Notizen für Aufgabe Zwei nicht in die Bewertung eingeflossen seien. Gegenstand der Aufgabe war die Frage nach der Art der prozessualen Verwertbarkeit – mündliche Erstattung oder Verlesung - eines vom Strafgericht eingeholten weiteren Gutachtens zum Zustand der Bremse beim erworbenen PKW sowie die Frage, ob das Gericht an die Auffassungen des Gutachters gebunden sei. Der Kläger hat in seinen konzeptartig festgehaltenen Notizen auf S. 22 seiner Klausurbearbeitung, überschrieben als „Teil der Lösung“, die nach seiner Auffassung einschlägigen Normen der StPO zitiert und diese mit Stichworten versehen (§ 250 S. 2 StPO – Grundsatz der Unmittelbarkeit, Grundsatz der Mündlichkeit, § 261 StPO - Grundsatz der freien Beweiswürdigung, „Ri. pers. u. sachl. unabhängig“…..). Der Kläger hat damit deutlich gemacht, dass er diese Notizen als Teil der Klausurbearbeitung zur Bewertung stellen will (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 07.05.2007 - 2 LA 410/05 -, juris). Entsprechend ist der Prüfer auch verfahren, hat allerdings in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die auf S. 22 zu findenden Lösungsansätze seien als „Notizen ohne Anwendung der genannten Vorschriften auf den vorliegenden Fall“ zu werten. Dies hält sich im Rahmen seiner Beurteilungsermächtigung.
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Unverständlich hingegen sind die Ausführungen des Gutachters hinsichtlich der Gesetzeskonkurrenzen. Insoweit gibt er an, die Darstellungen des Klägers insoweit bei der Bewertung berücksichtigt zu haben und verweist auf die Randbemerkung auf S. 9. Dort hat der Kläger ausgeführt, § 315 b Abs. 1 Nr. 1... stehe hierzu (gemeint ist der Betrug) ... aufgrund der „zeitlichen Zäsur“ in Tatmehrheit. Der Erstgutachter versah dies mit der Bemerkung: „worin die (gemeint ist die zeitliche Zäsur) liegen soll, wird aus dem Vorstehenden nicht deutlich“. Insoweit hatte der Kläger jedoch auf S. 8 ausgeführt, C habe zudem in der Absicht gehandelt, den zeitlich nachfolgenden Prozessbetrug zu ermöglichen. Daraus aber wird bereits für einen unbefangenen Leser deutlich, worin der Kläger die zeitliche Zäsur sah, nämlich zwischen Betrug und vorangegangener Straßenverkehrsgefährdung. Es lässt sich nicht ausschließen, dass hier eine fehlerhafte Bewertung durch den Gutachter vorliegt und diese das Beurteilungsergebnis beeinflusst hat (vgl. zur Kausalitätsprüfung bei Bewertungs- und Korrekturfehlern BVerwG, Urt. v. 04.05.1999, a.a.O.). Er wird daher bei der Neubewertung diesen Gesichtspunkt positiv in seine Wertung einbeziehen müssen.
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Hinzu kommt, dass eine Bewertung mit lediglich zwei Punkten eine Arbeit voraussetzt, die durchgehend schon im Ansatz so gut wie nicht brauchbar ist. Demgegenüber ist eine Arbeit, die mit ausreichend (4,0 Punkte) bewertet ist, naturgemäß durch Lücken und Schwächen gekennzeichnet. Es geht vor diesem Hintergrund nicht an, jede Arbeit, die an derartigen Mängeln leidet, als mangelhaft einzustufen; dies gilt insbesondere dann, wenn isoliert zu betrachtende Einzelkomplexe der Arbeit als richtig gewertet werden und sich nicht feststellen lässt, dass der verbleibende, unzureichende Teil der Bearbeitung entweder seiner Gewichtung nach oder aber im Hinblick auf seinen Anteil an der Gesamtlösung erheblich überwiegt. Jedenfalls gilt im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben, dass, je schlechter die vergebene Punktezahl ist, desto eindeutiger in Abgrenzung zu einer noch bestandenen Arbeit nachvollziehbar sein muss, aufgrund welcher Bewertungsmaßstäbe die Note zustande gekommen ist. In diesem Zusammenhang ist auch das vorstehend Dargelegte zu beachten. Danach fehlt es bei der vorliegenden Begutachtung an der Nachvollziehbarkeit, zumal der Prüfer auch einige richtig bearbeitete Punkte herausgehoben hatte und es nicht deutlich wird, aufgrund welcher (schwerer wiegenden) Mängel die Arbeit nur mit 2,0 Punkten zu bewerten sein soll. Auch dies hat der Prüfer bei seiner Neubewertung mit zu berücksichtigen.
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Die obigen Ausführungen gelten entsprechend für den Zweitprüfer, der sich – allerdings unter Anhebung der Note um einen Punkt auf 3,0 Punkte - wegen der Ausführungen zur objektiven Zurechnung bei eigenverantwortlicher Selbstgefährdung der Bewertung des Erstgutachters angeschlossen hat.
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Neu zu bewerten durch beide Prüfer ist auch Aufsichtsarbeit Nr. 5 . Laut Sachverhalt konsumieren zwei Bekannte (G und K) in der Kneipe des Lebensgefährten F des G erhebliche Mengen Alkohol. Dies führt bei G zu einer Alkoholkonzentration von mindestens 1,0 und höchstens 1,5 Promille, bei K zu einer solchen von mindestens 3,3 und höchstens 3,8 Promille. K bittet G, ihn nach Hause zu fahren. Es kommt zum Unfall, bei dem K schwer verletzt wird. Der Lebensgefährte des G kommt hinzu und entfernt die Nummernschilder des Fahrzeugs und warf sie weg. Anschließend brachte er K zum Krankenhaus und setzte ihn auf einer Bank davor ab in der Annahme, dass er gefunden werde, was auch der Fall war. Allerdings kam die Hilfe für K fast zu spät. Durch einen DNA-Vergleich kam die Polizei dem G auf die Spur. Er wurde aufgrund des DNA-Gutachtens verurteilt. Zu erstellen war je ein Gutachten zur Strafbarkeit von F und G sowie zur Frage der Verwertbarkeit des DNA-Gutachtens. Erst- und Zweitprüfer werteten die Klausurbearbeitung durch den Kläger jeweils mit 3,0 Punkten, wobei der Zweitprüfer sich der Erstbewertung mit dem Vermerk „einverstanden, 3 Punkte“ anschloss.
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Die Ausführungen im Erstgutachten sind in mehrfacher Hinsicht anfechtbar. Im vorliegenden Fall liegen hinreichend viele Indizien dafür vor, dass der Prüfer das auf dem Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) beruhende Gebot der Sachlichkeit verletzt hat. Dieses Gebot verpflichtet als allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.09.1984 – BVerwG 7 C 57/83 – BVerwGE 70, 143) den Prüfer, darauf zu achten, dass er – über das Gebot hinaus, sachfremde Erwägungen zu unterlassen – die Prüfungsleistung mit innerer Distanz und frei von Emotionen zur Kenntnis nimmt, sowie, dass er sich bemüht, die Darlegungen des Prüflings richtig zu verstehen und auf dessen Gedankengänge einzugehen, ferner, gegenüber abweichenden wissenschaftlichen Auffassungen Toleranz aufzubringen. Allerdings schließt dies nicht aus, auf schwache schriftliche Leistungen mit harten Randbemerkungen zu reagieren, etwa eine abwegige Äußerung mit dem Begriff „Unsinn“ oder inhaltsleere Ausführungen mit der Bezeichnung „Phrasen“ zu kennzeichnen. Allein aus einer drastischen Ausdrucksweise in der Bewertung schriftlicher Prüfungsleistungen wird man regelmäßig nicht auf eine unsachliche Bewertung der Prüfungsleistung schließen können. Selbst gelegentliche „Ausrutscher“ und „Entgleisungen“ des Prüfers können für sich allein den Vorwurf der Unsachlichkeit nicht rechtfertigen (ebenda).
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Vorliegend ist in der Gesamtschau aber davon auszugehen, dass die oben skizzierte, vom Prüfling (noch) hinzunehmende Schwelle unsachlicher Bemerkungen des Prüfers vom Erstgutachter überschritten worden ist. Seine Äußerungen sowohl in den Randbemerkungen als auch in seiner gutachtlichen Stellungnahme erscheinen in einer Weise emotionsgeladen, dass die Einhaltung des Sachlichkeitsgebots als nicht gewahrt erscheint, zumal angesichts der Anzahl und Art der verwendeten, die Klausurleistungen bewertenden Äußerungen nicht mehr von nur gelegentlichen Ausrutschern und Entgleisungen ausgegangen werden kann. Für die Frage, ob hierdurch das Gebot der Sachlichkeit verletzt ist, trägt nicht der Kläger die Beweislast, vielmehr genügt es, dass diese Frage offen ist, alles andere verstieße gegen das Rechtsstaatsprinzip und das Gebot, wirksamen Rechtsschutz zu gewährleisten (BVerwG, a.a.O.).
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So wertet der Erstprüfer im Gutachten die (fälschlich unterstellte) Prüfung eines versuchten Mordes als „vollkommen absurd“ und ebenso die geprüfte versuchte fahrlässige Tötung („sic…“). Entsprechend finden sich als Randbemerkungen auf S. 1 der korrigierten Klausur zu diesem Komplex - der Kläger hatte eine Strafbarkeit gemäß §§ 222, 22ff geprüft - die Bemerkungen „abseitig“, „ganz schief“ (unterstrichen) und „absurd“. Auf S. 2 wird der neben der Erörterung des § 315 c StGB platzierte (knappe) Hinweis des Klägers zur Nichteinschlägigkeit des § 315 b StGB mit der Bemerkung „na klar...“ kommentiert. Auf S. 5 der Klausurbearbeitung merkt der Prüfer zu den Darlegungen des Klägers, es bleibe zu fragen, ob die für beide Tatmodalitäten vorausgesetzte konkrete Gefahr für eines der Rechtsgüter des § 315 c StGB angenommen werden könne, an „aha...“. Im Gutachten führt er aus, „ganz verfehlt“ seien die „sinnentleerten Ausführungen ab S. 4 oberes Drittel bis S. 5 oben (vgl. Randbemerkungen)“. Auch wenn diese Randbemerkungen, mit denen er u.a. bemängelt hatte, dass die konkrete Gefährdung nicht unter Einbeziehung des Beifahrers als Gefährdungsobjekt geprüft worden sei, sowie, dass es nur Fahruntauglichkeit und Gefährdung gebe, und auch die weiteren Randbemerkungen „Subsumtion?“ und „Rücksichtslosigkeit?“ für sich genommen sachlich gehalten sind, drängt sich gleichwohl im Zusammenhang mit den teils drastischen Ausdrücken, mit denen der Gutachter die Ausführungen des Klägers schon auf den bzgl. der Seiten 1 bis 4 der Klausur bedacht hatte, der Eindruck auf, dass sich jedenfalls bis zum Zeitpunkt der zur Erstellung des Gutachtens Unmut beim Prüfer aufgebaut hatte. Dieser Eindruck wird bestätigt durch weitere, subjektiv geprägte Bewertungen. Zur Klausurbearbeitung auf S. 8 führt der Prüfer aus, ganz schwach seien die auch im Ergebnis fehlerhaften „episch breiten Erwägungen zum subjektiven Tatbestand“. Auch hier zeigt sich – auch wenn solche Formulierungen, isoliert betrachtet, nicht bedenklich erscheinen – in der Zusammenschau und im Vergleich zu den noch sachlich gehaltenen Anmerkungen zur Klausur eine gesteigerte emotional geladene Bewertungshaltung. Diese Emotionalität zeigt sich auch in der auffällig häufig verwendeten Wortwahl „schief“, „sehr schief“, „ganz schief“, „sinnentleert“, „nicht sinnstiftend“ bzw. „sinnwidrig“ als Korrekturanmerkungen und im Gutachten selbst. Auf S. 11 der Klausur findet sich die Anmerkung „was soll das?“. Die Ausführungen des Klägers auf S. 12, wonach nach wohl richtiger Auffassung auch die Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr ein von § 315 c StGB geschütztes Rechtsgut sei, waren vom Prüfer mit der Anmerkung „Verf. muss argumentieren, nicht `wohl richtige Meinungen` nachbeten“, versehen worden.
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Auch die Stellungnahme des Prüfers im Überdenkungsverfahren lässt den Schluss zu, dass er auch hier nicht frei von dem Kläger nachteiligen Emotionen war. So verwahrt sich der Gutachter eingangs „entschieden gegen die Behauptung, die Klausur.... ohne die gebotene emotionale Distanz korrigiert“ zu haben; „unhaltbar“ sei auch der „Vorhalt“, er habe sich ausschließlich an der Lösungsskizze orientiert. In seinen weiteren Ausführungen zu den vom Kläger erhobenen Einwänden finden sich sodann zunehmend harsche Formulierungen. So wird auf Seite 3, erster Absatz, ausgeführt, es werde wiederholt (Halb-)Wissen präsentiert bzw. es sei nicht Aufgabe des Prüfers, „enigmatische“ Ausführungen zu durchleuchten. Seite 4, Mitte, heißt es „...belegt, dass der Kandidat....die Problematik leider nach wie vor nicht verstanden hat“ oder Seite 4 unten: „ganz haltlos“ werde „unterstellt“, dass die Einschätzung hinsichtlich der Annahme eines versuchten Totschlags durch Unterlassen als gröblichst falsch auf seiner, des Prüfers, „Unfähigkeit, sich von den Vorgaben der Musterlösung zu lösen“, und auf seiner „Voreingenommenheit gegenüber dem Kandidaten...“ beruhe. Tatsächlich hatte der Kläger insoweit als Einwand vorgebracht, seine auf S. 18 vertretene Auffassung zum Tötungsvorsatz weiche zwar, wie die Randbemerkung „gröblichst falsch“ nahe lege, von der Musterlösung ab, liege aber noch innerhalb des juristisch Vertretbaren. Weiter hat er angeführt, dies sei Indiz dafür, dass man zu sehr auf die Inhalte der Musterlösung focussiert gewesen sei und sich nicht um das Verständnis einer abweichenden Lösung bemüht habe. Damit hatte der Kläger aber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass seinem Eindruck nach hart an der Lösungsskizze orientiert korrigiert worden sei; Voreingenommenheit hatte er dem Prüfer nicht vorgeworfen. Die Einlassungen des Gutachters lassen aber den Schluss zu, dass er sich angegriffen fühlte und jedenfalls auch im Überdenkungsverfahren ungehalten gegenüber dem Kläger war. Sind einzelne, subjektiv geprägte Anmerkungen von Prüfern in einer Prüfungsklausur für sich genommen nicht zu beanstanden, so gilt jedenfalls dort eine Grenze, wo der subjektive Korrekturstil in der Gesamtschau - wie vorliegend - in den Vordergrund rückt und deutliche Emotionalität bis hin zu teils zynischen Bemerkungen („aha“, „na klar“) zeigt. Hier ist es nicht mehr auszuschließen, dass das Bewertungsergebnis nicht mehr am Gebot der Sachlichkeit orientiert war. So verhält es sich hier. Auch die Randbemerkung des Prüfers zu den entsprechenden Klausurausführungen des Klägers, „dass auch die Sicherheit des Straßenverkehrs geschützt ist, bestreitet niemand!“ (niemand unterstrichen), lässt in der Gesamtschau nicht mehr eindeutig den Schluss zu, dass diese Randbemerkung lediglich eine objektiv klarstellende Bedeutung haben sollte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass entgegen der Stellungnahme des Gutachters im Überdenkungsverfahren, wonach er „gelungene Passagen mit entsprechend positiven Randbemerkungen“ hervorgehoben habe, sich solche Randbemerkungen tatsächlich nicht finden; stattdessen sind einige wenige Häkchen und ein „ok“ zu verzeichnen. Er weist andererseits darauf hin, dass er es als seine Pflicht ansehe, grobe Fehler entsprechend deutlich zu machen. Dies ist für sich genommen nicht zu beanstanden. Die Kennzeichnung solcher Fehler sollte aber jedenfalls überwiegend mittels neutraler Wortwahl geschehen und nicht in einer Weise, dass auch ein neutraler Leser nicht mehr sicher entscheiden kann, ob der Prüfer sich bei der Kennzeichnung noch (überwiegend) von der gebotenen Objektivität hat leiten lassen.
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Darüber hinaus muss der Prüfer beachten, dass die von ihm verwendeten wertenden Worte einen nachvollziehbaren Inhalt haben müssen, schon weil der Prüfling die Möglichkeit haben muss, dagegen Einwendungen vorzutragen. Daran fehlt es bei der vom Prüfer häufig verwendeten Wertung „schief“. Es ist nicht erkennbar, was der Prüfer damit konkret beanstanden wollte. Es ist auch nicht ersichtlich, wie ein Prüfling dagegen geltend machen kann, seine Bearbeitung sei „nicht schief“.
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Darüber hinaus hat der Prüfer teilweise auch einen fehlerhaften Bewertungsmaßstab angelegt. Auf S. 3 der Klausur findet sich hinsichtlich der Ausführungen des Klägers zum Grenzwert bei der Blutalkoholkonzentration mit seinem Hinweis auf einen „Sicherheitszuschlag die Randanmerkung „unverständlich“; im Gutachten ist hierzu ausgeführt, „der - grundsätzlich richtig erkannte - Grenzwert von 1,1 ‰ soll sich ganz schief nur unter Anrechnung eines Sicherheitszuschlags von 0,1 ‰ ergeben. Hier verwechselt der Bearbeiter etwas!“. Was der Kläger hier verwechselt haben soll, wird nicht dargelegt; dies erschließt sich auch sonst nicht. Auch war dem Prüfer offensichtlich klar, was der Kläger mit diesem knappen Hinweis zum Ausdruck bringen wollte, denn er, der Prüfer, geht in seiner im Rahmen des Überdenkens abgegebenen Stellungnahme ausführlich darauf ein. Darin hat er insoweit ausgeführt, die Ausführungen des Klägers wären nur dann verständlich gewesen, wenn er sich auf das vom BGH im seinerzeitigen‚ Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten bezogen und ausgeführt hätte, dass sich der letztendlich (vor 20 Jahren) festgelegte Grenzwert unter Einräumung eines Sicherheitszuschlags von 0,1 ‰ ergeben habe, ausgehend von den medizinischen Erkenntnissen, wonach absolute Fahruntüchtigkeit bei einem Grenzwert von 1,0 ‰ beginne. Damit aber setzt er sich zum Einen schon in Widerspruch zu seiner Kritik hinsichtlich der vermeintlichen „Unverständlichkeit“ bzw. „enigmatischer“ Äußerungen des Prüflings, denn offensichtlich war dem Prüfer durchaus klar, was der Kläger meinte. Zum Anderen überspannt er mit den im Überprüfungsverfahren dargelegten Erwartungen die an einen Prüfling in der Ersten juristischen Staatsprüfung zu stellenden Anforderungen. Der Kläger wollte mit seinem Hinweis auf den „Sicherheitszuschlag“ ersichtlich lediglich kundtun, dass der letztlich geltende Grenzwert kein rein medizinischer Wert sei. Nähere wissenschaftliche Ausführungen konnten von ihm nicht verlangt werden. Von einem „methodischen Defizit“, wie der Prüfer meint, kann schon deshalb keine Rede sein. Der fragliche Hinweis des Klägers in der Klausur kann ihm daher nicht, wie aber offensichtlich geschehen, zum Nachteil gereichen.
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Innerhalb des Antwortspielraums liegend, d.h. als nicht, wie vom Gutachter hervorgehoben, gänzlich unvertretbar, erscheint es auch, wenn der Kläger hinsichtlich der Strafbarkeit des F ein versuchtes Tötungsdelikt durch Unterlassen wegen Ingerenz angesprochen hat. Zwar lag nach dem Sachverhalt kein, auch kein bedingter, Tötungsvorsatz vor, worauf der Gutachter zurecht abhebt. Allerdings ist die Prüfung eines Unterlassungsdelikts vor dem Hintergrund, dass F den G zum Fahren animierte, obwohl er dessen Alkoholkonsum kannte, nicht gänzlich abwegig. F handelte zwar (später) aktiv, indem er K auf einer Parkbank vor dem Krankenhaus ablegte. Aus seinem vorangegangenen Verhalten in der Kneipe ließ sich jedoch durchaus eine Pflichtenstellung im Hinblick auf K ableiten, zumal F die Fahruntüchtigkeit des G erkannt hatte und diesen trotzdem zum Heimtransport des K animiert hatte. Der Prüfer hat mithin die entsprechende Prüfungspassage wohlwollend und nicht, wie geschehen, als gänzlich unvertretbar in seine neue Bewertung einzubeziehen.
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Schließlich hat der Prüfer auch zu Unrecht zum Nachteil des Klägers die Ausführungen auf S. 2 der Klausurbearbeitung dahin gewertet, dass hier eine „ganz unnötige“ Abgrenzung zwischen § 315 c und 315 b StGB vorgenommen worden sei. Denn der Kläger wollte damit, wie schon der offensichtlich nachträglich eingefügte entsprechende Vermerk neben den Ausführungen zu § 315 c StGB gezeigt hat, lediglich knapp die Nichteinschlägigkeit der Norm des § 315 b StGB kundtun. Eine Überbewertung dieser Passage, wie vorliegend geschehen, hat als Verstoß gegen allgemeingültige Bewertungsgrundsätze zu unterbleiben.
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Mit den übrigen Einwänden vermag der Kläger allerdings nicht durchzudringen. Seine Ausführungen zu einer möglichen Schutzbehauptung des G auf S. 4 seiner Ausarbeitung kamen nach dem Sachverhalt nicht ernsthaft in Betracht, da F es war, der G auf diese Weise zum Fahren überreden wollte und nicht G von sich aus von entsprechenden eigenen Fähigkeiten ausgegangen war. Auch der Hinweis des Klägers auf § 1006 BGB war nach dem Sachverhalt überflüssig, denn danach handelte es sich eindeutig um das Fahrzeug des G. Auch sein Einwand hinsichtlich seiner Ausführungen zwischen der Schuldform bezüglich Tathandlung und Taterfolg zu § 315 c StGB vermag nicht zu greifen. Er beabsichtigte zwar zunächst insoweit auf die Tathandlung eingehen zu wollen, wie seine Ausführungen auf S. 8 im zweiten Absatz zeigen. Im dritten Absatz auf S. 10 behandelt er sodann die konkrete Gefährdung. Aus seinen jeweiligen Darlegungen wird die inhaltliche Differenzierung jedoch nicht deutlich, vielmehr sprach er fast durchgehend nur die Gefährdung an. Auch die angefochtene Bewertung des Prüfers im Zusammenhang mit § 274 StGB fällt in dessen Beurteilungsspielraum, der vom Gericht nur eingeschränkt überprüft werden kann.
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Soweit sich der Kläger bezüglich seiner Klausurbearbeitung auf S. 16 (Teilnahme an fahrlässiger Haupttat) auf einen Antwortspielraum bezieht, greift dieser vorliegend nicht. Wie vom Prüfer ausgeführt, ist die früher umstrittene Frage, ob auch eine Teilnahme an einer unvorsätzlichen Tat in Betracht kommt, durch die gesetzlichen Regelungen der §§ 25, 26 StGB entschieden (Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 26. Aufl., Vorbem. §§ 25, RdNr. 22; kritisch Roxin, Unterlassung, Vorsatz und Fahrlässigkeit, Versuch und Teilnahme im neuen Strafgesetzbuch, JUS 1973, 335 ff.). Die anders lautende Auffassung wird seither allenfalls noch akademisch diskutiert, in Rechtsprechung und Literatur aber nicht mehr ernsthaft vertreten. In Anknüpfung an die obigen Ausführungen zum Gebot der Sachlichkeit fällt auch hier bei den Ausführungen des Prüfers im Rahmen seiner Überdenkung allerdings auf, dass er wiederum stark emotional seine Bewertung „verteidigt“. So führt er an, der Widerspruchsführer behaupte „allen Ernstes...“, was belege, „dass der Kandidat ... die Problematik nach wie vor leider immer noch nicht verstanden“ habe. Der „eklatante Verstoß gegen nulla poena sine lege…. sollte sich jedermann aufdrängen“. Bei der insgesamt vorzunehmenden Neubewertung wird der Gutachter darauf zu achten haben, dass er die nach der geltenden Rechtslage nicht mehr vertretbaren Ausführungen des Klägers in seiner Klausurbearbeitung nicht zusätzlich emotionsgeladen negativ bewertet; er hat sie vielmehr schlicht als im Ergebnis nicht richtig in die Bewertung einfließen zu lassen.
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Insoweit hat allerdings die erneute Begutachtung (noch) nicht durch einen anderen Prüfer stattzufinden. Dies käme nur dann in Betracht, wenn ausdrücklich eine Befangenheit des Prüfers festgestellt worden wäre (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 04.05.1999, a.a.O.). Eine solche kann sich aus der Art und Weise des Umgangs des Prüfers mit den eigenen Fehlern bei der Nachkorrektur oder bei späteren Überprüfungen ergeben. Sie liegt beispielsweise dann vor, wenn der Prüfer von vornherein darauf festgelegt ist, seine Benotung nicht zu ändern, und auch dann, wenn es ihm an der Fähigkeit gebricht, eigene Fehler zu erkennen und einzuräumen bzw. diesen das ihnen zukommende objektive Gewicht beizumessen und sie zu bereinigen (ebenda). Ob dies der Fall sein wird, wird die nachfolgende Korrektur ergeben.
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Da sich der Zweitgutachter ohne eigene wertende Stellungnahme der Bewertungseinschätzung des Erstgutachters angeschlossen hatte, wird auch er seine Bewertung zusätzlich zu dem in die Neubewertung ohnedies einzubeziehenden Gesichtspunkt eines eventuell zu strengen Prüfungsmaßstabs auch unter Beachtung der oben dargelegten Rechtsauffassung des Gerichts überprüfen müssen.
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Schließlich enthalten auch die Gutachten bezüglich Aufsichtsarbeit Nr. 6 Bewertungsfehler. Der Klausur lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Landesregierung plant, angesichts mutmaßlicher verstärkter Einflussnahme diverser Sekten auf die Landespolitik die Einfügung eines neuen Art. 35 b in die Landesverfassung zur Bestellung eines Sektenausschusses durch den Landtag. Die Vorlage, die die Landesregierung nicht selbst einbringen will, wird von Abgeordneten der beiden Regierungsfraktionen eingebracht und von mehr als zwei Dritteln der Abgeordneten verabschiedet. Zwei Jahre später hegt die X-Fraktion erhebliche Zweifel an der Verfassungsgemäßheit und möchte ein Verfassungsgericht einschalten. Zu erstellen war ein Gutachten zur förmlichen und sachlichen Vereinbarkeit des Verfassungsartikels mit dem Grundgesetz und/oder der Landesverfassung. Der Erstprüfer bewertete die Arbeit des Klägers mit (Mühe noch) als ausreichend (4,0 Punkte), der Zweitprüfer mit mangelhaft (3,0 Punkte).
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Der Kläger dringt mit seinen gegen das Erstgutachten erhobenen Einwänden gegen die Beurteilung seiner prozessualen Ausführungen in der Klausur teilweise durch. Der Kläger hat insoweit zwar lediglich pauschal gerügt, dass der Gutachter die behaupteten Schwächen nicht spezifiziert habe und sich die Kritik im Einzelnen weder aus den Randbemerkungen noch aus der Korrekturbegründung nachvollziehen lasse. Eine nähere Substantiierung war ihm jedoch angesichts der insoweit fehlenden Begründungen im Benotungsgutachten verwehrt. Im Rahmen seiner Überdenkung hat der Prüfer auf den entsprechenden Einwand des Klägers hin eine Begründung abgegeben. Deren Übereinstimmung mit geltenden Bewertungsgrundsätzen hat das Gericht aber auch dann zu überprüfen, wenn der Kläger allgemein, wie vorliegend, kundtut, dass die behaupteten Schwächen nicht gegeben sind. Soweit der Prüfer in seiner Überdenkung angeführt hat, unklar seien die Ausführungen des Klägers, soweit hinsichtlich der Antragsberechtigung vor dem Bundesverfassungsgericht von der „Landesregierung als Kollektiv“ die Rede sei, sei unklar, ob die X-Fraktion oder deren Abgeordnete als Teile der Landesregierung angesehen würden oder zutreffend klargestellt werde, dass nur die Landesregierung antragsberechtigt sei; hierauf sei in den Randbemerkungen Bezug genommen worden. Insoweit überdehnt der Prüfer allerdings seinen Beurteilungsspielraum bzw. ging von einem falschen, zur Beurteilung stehenden Sachverhalt aus. Die entsprechenden Ausführungen des Klägers, wonach hinsichtlich eines Antrags gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 Abs. 1 BVerfGG „eine Landesregierung nur insgesamt, als Kollektiv antragsberechtigt“ sein solle, waren zwar etwas unglücklich formuliert, nicht aber missverständlich. Dies ergibt sich schon aus den einleitenden Ausführungen des Klägers, wonach „die Antragstellerin“ – nämlich die X-Fraktion – in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Antragsberechtigung für das Verfahren vor dem BVerfG genüge. Auch angesichts der eindeutigen Formulierung des Gesetzeswortlauts waren die Erläuterungen des Klägers nicht zweideutig. Soweit der Beurteiler allerdings weiter sinngemäß rügt, dass die Frage der Zulässigkeit eines Antrags der Abgeordneten, wie in der Aufgabenstellung vorgegeben, nicht in den Blick genommen worden sei, trifft dies zu; der Kläger hatte vielmehr lediglich die X-Fraktion abgehandelt.
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Die Kritik des Klägers an der Beurteilung seiner Diskussion zur Gesetzgebungskompetenz betreffen allerdings allein den Bewertungsspielraum des Prüfers. Insoweit ist nicht zu beanstanden, wenn der Prüfer rügt, dass die Diskussion einer Kompetenz des Bundesgesetzgebers fernliegend war, nachdem es nach dem Sachverhalt allein um „die Politik im Land“ und die befürchtete Einflussnahme von Sekten auf diese ging. Dies gilt auch im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers auf zur objektiv-rechtlichen Seite des Art. 4 GG. Auch soweit der Gutachter in seiner Stellungnahme gerügt hat, dass er Ausführungen zur Abgrenzung von Abgeordnetenstatus und Grundrechtsbetroffenheit vermisst habe, vermag der Kläger mit seinem Einwand, er habe auf S. 12 der Klausurbearbeitung ausdrücklich nur die objektiv-rechtliche Seite des Art. 4 GG angesprochen, nicht durchzudringen. Es ist im Rahmen des Bewertungsspielraums des Prüfers nicht zu beanstanden, wenn er die Notwendigkeit entsprechender Ausführungen verlangt, auch wenn dies aus dem Umstand, dass der Kläger mit dem Hinweis auf die „objektiv-rechtliche“ Seite der Grundrechte im Zusammenhang mit Art. 27 Abs. 3 Satz 2 LV, wonach es allein um den Abgeordnetenstatus geht, geschlossen werden kann. Gleichermaßen gilt dies hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Klägers auf S. 12, wonach die Vorschriften des Untersuchungsausschussgesetzes „ebenfalls nicht verletzt“ seien. Es lässt sich zwar dem Sinn nach entnehmen, dass der Kläger den knapp gehaltenen Hinweis (nur) dahin verstanden wissen wollte, dass diese Normen nicht einschlägig seien, weil der Sektenausschuss kein Untersuchungsausschuss sei (Wortlaut der Normen). Es lässt sich angesichts der an den Prüfling zu stellenden Anforderungen, zwischen Einschlägigkeit einer Norm und ihrer (Nicht-) Verletzung zu unterscheiden, auch im konkreten Streitpunkt noch als dem Beurteilungsspielraum des Prüfers unterfallend vertreten, dass die Formulierung des Klägers „zumindest unklar“ sei. In den Rahmen des Beurteilungsspielraums fällt auch die Bewertung der Ausführungen des Klägers zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf S. 13 und 14 seiner Ausarbeitung. Der insoweit geäußerten Kritik des Prüfers im Rahmen des Überdenkens, wonach ein Eingehen auf die Problematik einer die Mitgliedschaft in einer nicht verfassungswidrigen Sekte vermisst worden sei, lässt sich nichts entgegensetzen.
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Im Übrigen gibt das Gericht für die Neubewertung sämtlicher Prüfer noch Folgendes vor: Im Hinblick auf die höchstrichterlich festgelegten Entscheidungsmaßstäbe, wonach das Gericht einerseits nicht die eigenen Maßstäbe an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen darf, andererseits aber der Prüfling Anspruch auf effektiven Rechtsschutz hat (Art. 19 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG), müssen die Prüfer ihre Bewertungen so begründen, dass eine gerichtliche Überprüfung möglich ist. Aus dieser Begründung muss sich das Bewertungssystem eines Prüfers nachvollziehen lassen. Denn dieses Bewertungssystem ist der Prüfungsmaßstab für das Gericht, einen anderen Prüfungsmaßstab hat es nicht. Das Gericht kann weder die Vorlage der Musterlösung verlangen noch darf es eigene Lösungen der Prüfungsfälle zum Maßstab nehmen. Dies erfordert insgesamt, dass die Prüfer - im Einzelnen - Fehlendes darlegen und dem Vorhandenen gegenüberstellen. Ein allgemeiner Hinweis auf vorhandene Fehler und Mängel genügt insoweit nicht. Darüber hinaus muss auch die Gewichtung der positiven Inhalte einer Klausurbearbeitung einerseits und der fehlenden bzw. nicht zureichend bearbeiteten andererseits dargelegt werden. Diesen Anforderungen müssen die Prüfer ansonsten grundsätzlich spätestens im Überdenkungsverfahren gerecht werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.
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Beschluss vom 12. August 2009
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Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 7.500,- EUR festgesetzt.

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