Endurteil vom Amtsgericht Erding - 9 C 6697/19

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41,99 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.11.2019 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe Dokument unterschrieben von 8354 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentunktveonn:ü Wb eriddae, ImngrBida Msisanzuinelsas, atz von, nes nsen eraus n e von rozenpunen r em assznssaz , am: 26.06.2020 09:32 seit 17.11.2019 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 41,99 € festgesetzt.

Gründe

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO )

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Rückerstattungsanspruch in Höhe von 41,99 € gemäß §§ 648 S. 2, 812 Abs. 1 S. 1, S. 2 Alt. 2, 398 BGB.

Der Zedent ... buchte bei der Beklagten eine Flugverbindung am 07.08.2018 von Tallinn über München nach Stuttgart, Flugnummern LO 8167 und LO 2152. In der als Anlage K 1 vorgelegten Buchungsbestätigung mit dem Buchungscode GFOKBE sind unter „Tax“ 41,99 € ausgewiesen. Der Zedent hat diesen Betrag an die Beklagte gezahlt. Der Zedent trat den Flug nicht an. Der Zedent hat seinen Rückerstattungsanspruch mit Abtretungsvertrag vom 12.09.2018 (Anlage K 2) an die Klägerin abgetreten.

1. Der Anspruch ist nicht bereits in Höhe von 30,83 € durch Zahlung gemäß § 362 BGB erloschen.

Eine Zahlung an die Klägerin hat die Beklagte schon nicht vorgetragen.

Die Beklagte hat jedoch vorgetragen, sie habe bereits am 26.03.2019 an den Zedenten ... einen Betrag von 30,83 € zurückerstattet. Die Beklagte hat eine Zahlung an den Zedenten jedoch weder ausreichend dargelegt noch bewiesen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, an welche Empfängeradresse auf welchem Zahlungsweg geleistet wurde. Dies geht auch aus den Anlagen B 1 und B 2 nicht hervor. Schon aus diesem Grund handelt es sich bei den Anlagen B 1 und B 2 auch um keine geeigneten Beweismittel für die behauptete Zahlung an den Zedenten Börse.

Selbst wenn am 26.03.2019 eine Zahlung der Beklagten in Höhe von 30,83 € an den Zedenten erfolgt sein sollte, muss die Klägerin diese Zahlung nicht als Erfüllung gegen sich gelten lassen, da die Klägerin unstreitig bereits mit Zahlungsaufforderungsschreiben vom 12.09.2018 (Anlage K 3) die Abtretung des Rückerstattungsanspruchs des Zedenten Börsig an die Klägerin gegenüber der Beklagten angezeigt hat, § 407 Abs. 1 a. E. BGB. Nach dieser Regelung muss der neue Gläubiger eine Leistung, die der Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen Gläubiger bewirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, dass der Schuldner die Abtretung bei der Leistung oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt. Die Beklagte hat vorliegend nicht bestritten, die Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 12.09.2018 mit der Abtretungsanzeige erhalten zu haben. Die zugegangene Abtretungsanzeige hat auch positive Kenntnis der Beklagten von der Abtretung vermittelt. Auch die von einem vertrauenswürdigen Zessionar stammende Anzeige begründet positive Kenntnis, soweit der Schuldner keine berechtigten Zweifel an der Richtigkeit der Mitteilung haben muss, der Zessionar insbesondere wirtschaftlich solide erscheint, vgl. Lieder in: beckonline.GROSSKOMMENTAR, GesamtHrsg: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Hrsg: Looschelders, Stand: 01.03.2020, § 407 Rn. 63 unter Verweis auf RGZ 88, 4, 6; BGH NJW-RR 2004, 1145, 1148; RGZ 74, 117, 119; OLG Hamm VersR 1985, 582, 583. Vorliegend bestehen für das Gericht keine Zweifel daran, dass die Beklagte aufgrund des Aufforderungsschreibens der Klägerin vom 12.09.2018 positive Kenntnis von der Abtretung erlangt hat. Die Durchsetzung der von Fluggästen abgetretenen Rückerstattungsansprüche gehört gerade zum Geschäftsmodell der Klägerin, so dass die Beklagte nach Auffassung des Gerichts keine Zweifel an der Richtigkeit der Mitteilung haben musste. Aus diesem Grund ist die positive Kenntnis der Beklagten auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin mit dem Aufforderungsschreiben vom 12.09.2018 unstreitig die Abtretungsurkunde nicht vorgelegt hat. Die Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, bereits nach positiver Kenntnis von der Abtretung durch die Abtretungsanzeige der Klägerin vom 12.09.2018 die Vorlage der Abtretungsurkunde gemäß § 410 BGB von der Klägerin zu verlangen und nach entsprechender Vorlage an die Klägerin als neuer Gläubigerin und nicht an den Zedenten als ehemaligen Gläubiger zu leisten. Dies hat sie nicht getan, denn nach ihrem bestrittenen Vortrag hat sie erst auf das anwaltliche Schreiben vom 23.09.2019 (Anlage K 4) hin mit Email vom 17.10.2019 die Vorlage einer Ermächtigung (formal power of attorney/ assignment agreement) verlangt.

Sofern die Beklagte vorträgt, sie habe mangels Nennung der Reservierungsnummer oder Flugscheinnummer sowie des Namens des Passagiers keine Möglichkeit gehabt, den Passagier in ihrem System zu finden und den Rückerstattungsanspruch zu prüfen, so kann dieser Vortrag nicht überzeugen. In dem Aufforderungsschreiben vom 12.09.2018 (Anlage K 3) hat die Klägerin Namen und Vornamen des Passagiers, die konkret betroffene Flugverbindung mit IATA Code und Datum sowie die Buchungsnummer benannt. Damit standen der Beklagten alle relevanten Daten zur Verfügung, um den Erstattungsanspruch zu prüfen.

2. Die im Flugpreis enthaltenen Steuern und Entgelte einschließlich eines Treibstoffzuschlages sind von der Fluggesellschaft zu erstatten, wenn der Flug vom Passagier nicht angetreten wird, vgl. Führich, Reiserecht, 7. Aufl. 2015, § 35 Rn. 46. Auf den Zugang der Kündigungserklärungen kommt es nicht an, denn zur Kündigung des Luftbeförderungsvertrages ist es nicht erforderlich, dass der Flug vor der Reise vom Passagier storniert wird, sondern es ist ausreichend, dass der Passagier zur geplanten Abflug nicht erscheint, sog. „noshow“, und hierdurch zum Ausdruck bringt, dass er die gebuchte Beförderung nicht wünscht.

Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten bestätigten Buchung über das Internetportal „billigflug.de“ vom 08.07.2018 (Anlage K 1) sind für die vom Zedenten gebuchten Flüge unter „Tax“ Steuern in Höhe von 41,99 € ausgewiesen. Daran muss sich die Beklagte festhalten lassen. Die Ticketpreisaufschlüsselung der Reisevermittlerin ist der Beklagten unter den gegebenen Umständen entsprechend §§ 54, 55, 91 HGB zuzurechnen, vgl. LG Düsseldorf Beschluss v. 13.02.2017, Az. 22 S 307/16, IBRRS 2017, 3479, RRa 2017, 186. Die Beklagte kann sich nicht nachträglich darauf berufen, dass in den ausgewiesenen Steuern ein Kerosinzuschlag (“YR“ und „YQ“) in Höhe von 23,50 € enthalten sei, vgl. LG Frankfurt am Main Urteil v. 29.03.2017, Az. 2- 24 S 138/16.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Erstattung eines Kerosinzuschlag, selbst wenn er als solcher in der Buchungsbestätigung gesondert ausgewiesen gewesen wäre, auch nicht durch allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen werden kann. Die Beklagte hat im vorliegenden Fall zu einem solchen Ausschluss schon nichts vorgetragen, sondern lediglich auf Auszüge aus ihrem internen System Amadeus (Anlage B 4) verwiesen. Unabhängig davon, dass sich bereits inhaltlich ein Bezug dieser Auszüge zu der streitgegenständlichen Frage der Erstattungsfähigkeit von Steuern und Gebühren bzw. eines Kerosinzuschlags nicht erkennen lässt, ergibt sich aus diesen Auszügen insbesondere auch keine Vereinbarung mit dem Zedenten Börsig hinsichtlich des konkret abgeschlossenen Luftbeförderungsvertrages. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die bei Nichtantritt des Fluges nur die Erstattung von Gebühren und Steuern vorsehen, die die Beklagte für Dritte erhebt und den Rückerstattungsanspruch im Übrigen auch bezüglich solcher Positionen ausschließen, die ausschließlich im Falle der tatsächlichen Beförderung des Passagiers anfallen, benachteiligen den Passagier jedenfalls unangemessen und sind daher wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, vgl. BGH Urteil v. 20.03.2018, Az. X ZR 25/17; Schmid/Puschkarski: Die Abrechnung beim Luftbeförderungsvertrag nach Kündigung durch den Fluggast, NJW 2018, 657 unter Ziffer IV.2 und AG Erding Urteil v. 12.07.2016, Az. 7 C 2752/15, Urteil v. 24.07.2019, Az. 3 C 5140/18, Urteil v. 11.10.2018, Az. 4 C 2612/18.

II.

Die Verurteilung zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 € gründet sich auf §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2, 286 BGB.

Denn die Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs erfolgte, nachdem sich die Beklagte bereits durch die der Beklagten unstreitig zugegangene Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 12.09.2018 unter Fristsetzung bis zum 20.09.2018 (Anlage K 3) in Verzug befand. Die Höhe der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist auch schlüssig dargetan. Der Vortrag der Beklagten, sie habe die Klägerin mit Email vom 17.10.2019 zur Vorlage erforderlicher Unterlagen, ausweislich der Anlage B 5 einer Power of Attorney/Assignment form aufgefordert, ändert nichts an dem Verzugseintritt zum 21.09.2018. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt einen Anspruch auf die Vorlage der angeforderten Unterlagen hatte. Denn die Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen mit Email der Beklagten vom 17.10.2019 erfolgte erst über ein Jahr nach Verzugseintritt und ausweislich des anwaltlichen Schreibens vom 23.09.2019 (Anlage K 4) auch erst nach der Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten können daher als Verzugsschaden geltend gemacht werden.

III.

Die Verurteilung zur Zahlung von Prozesszinsen aus der Hauptforderung sowie den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 291, 288 BGB. Die Klage wurde der Beklagten am 16.11.2019 zugestellt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

V.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

VI.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 48 Abs. 1 GKG, §§ 3, 4 ZPO.

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