Beschluss vom Landesarbeitsgericht Hamburg (6. Kammer) - 6 TaBV 13/16

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. November 2016 – 9 BV 11/16 – unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde wie folgt abgeändert:

Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, an die Beteiligten zu 1) Euro 2.368,10 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. April 2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Vergütung der Antragsteller für ihre Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats in einem Vorverfahren.

2

Die Antragsteller sind Rechtsanwälte, die sich in einer Sozietät zusammengeschlossen haben. In dem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zum Az. 9 BV 28/14 haben sie den Betriebsrat des Hamburger Betriebs der Beteiligten zu 2) als Verfahrensbevollmächtigte vertreten.

3

Die Beteiligte zu 2) gehört als Dienstleistungsunternehmen rund um die Wartung, Instandhaltung und Ausstattung von Flugzeugen zur L.-Gruppe (L.-Gruppe) im Verbund des L1-Konzerns. Deutschlandweit unterhält die Beteiligte zu 2) mehrere Betriebe, bei denen beispielsweise in Hamburg, F., K., D. und M. örtliche Betriebsräte bestehen. Eingetragener Hauptsitz der Verwaltung der Beteiligten zu 2) ist Hamburg. Dort sind der Gesamtbetriebsrat und der Konzernbetriebsrat für die L.-Gruppe gebildet.

4

Dem Vorverfahren zum Az. 9 BV 28/14, auf das sich der streitgegenständliche Vergütungsanspruch bezieht, lag folgender Sachverhalt zugrunde:

5

Nach der turnusgemäßen Neuwahl der Betriebsräte im Unternehmen der Beteiligten zu 2) im Jahr 2014 übersandte die Beteiligte zu 2) an die Mitglieder aller Betriebsräte - jeweils individuell - eine von ihr erlassene „Leitlinie für BR-Mitglieder bei der L.-Gruppe zum Rahmen der Mandatsausübung“ (künftig: „Leitlinie“). Dies verband die Beteiligte zu 2) mit der Aufforderung, diese Leitlinie bei der künftigen Arbeit zu beachten. Zugleich machte die Beteiligte zu 2) die Leitlinie zum Gegenstand der jeweiligen individuellen Personalakten aller Betriebsratsmitglieder an allen Standorten. Auch den Mitgliedern der örtlichen Betriebsräte in den anderen Konzerngesellschaften der L.-Gruppe wurde die Leitlinie in entsprechender Weise bekannt gemacht.

6

Im Vorwort der Leitlinie aus 2014 hieß es u.a. wie folgt:

7

„Unter Berücksichtigung des im Betriebsverfassungsrecht herrschenden Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit möchte die L. Gruppe (im folgenden L.) eine einheitliche Handhabung der Regelung der Betriebsratstätigkeit aus dem Betriebsverfassungsgesetz innerhalb der L. an allen Standorten sicherstellen.

8

Die Inhalte der Leitlinie ergeben sich unmittelbar aus dem Betriebsverfassungsrecht sowie der in diesem Zusammenhang ergangenen Rechtsprechung. Sie legt verbindlich und transparent den Rahmen der Mandatsausübung fest – ohne die inhaltliche Aufgabenwahrnehmung von Betriebsräten zu berühren. Dabei sind hier die für die alltägliche Praxis besonders wichtigen Punkte hervorgehoben. …“

9

Unter der Überschrift „Grundsätze“ waren in der Leitlinie u.a. folgende Ausführungen enthalten:

10

„…Leistungsort auch für die Tätigkeit von Betriebsräten ist regelmäßig der Betrieb.

11

Die regelmäßige Betriebsratsarbeit wird primär und vorrangig durch die freigestellten Betriebsratsmitglieder (gem. § 38 Abs. 1 BetrVG wahrgenommen).

12

Alle Betriebsratsmitglieder sind gehalten darauf zu achten, dass die Betriebsratsaufgaben mit einem auf das jeweils erforderliche begrenzte Ressourceneinsatz erledigt werden.

13

Regelmäßige Betriebsratssitzungen sind grundsätzlich so zu terminieren, dass diese innerhalb der persönlichen Arbeitszeit der Betriebsratsmitglieder liegen….“

14

Im weiteren Verlauf enthielt die Leitlinie eine tabellarische Darstellung mit Ausführungen zu bestimmten Stichworten. Beispielhaft sei auf die Ausführungen zum Stichwort „BR-Tätigkeit an Sonn-/Feiertagen sowie während der Nacht (2000h-0600h)“ verwiesen, die wie folgt lauten:

15

„Ist grundsätzlich ausgeschlossen.

16

Nur in Ausnahmefällen aus wichtigem Grund (zB. Erreichbarkeit der nur im Nachtdienst tätigen Mitarbeiter) kann mit vorheriger Genehmigung durch den Dienstvorgesetzten Betriebsratstätigkeit in diesen Randzeiten anfallen.“

17

Für die Ausgestaltung und den Inhalt der Leitlinie im Übrigen wird auf das Anlagenkonvolut B 1, Bl. 69 ff., hier Bl. 76 ff. d.A. verwiesen.

18

Nachdem erkennbar wurde, dass die jeweiligen örtlichen Betriebsräte an den verschiedenen Standorten Beschlüsse der rechtlichen Überprüfung der Leitlinie durch die Arbeitsgerichtsbarkeit anstrebten, sandte der zuständige Ansprechpartner bei der Beteiligten zu 2), der Konzernjustiziar Herr Dr. S., am 15. Juli 2014 eine E-Mail (siehe Anlage B 2, Bl. 85 d.A.) an die Vorsitzenden der örtlichen Betriebsräte der Beteiligten zu 2), die folgenden Inhalt hatte:

19

„… in Ihren Gremien wurden Beschlüsse zur rechtlichen Überprüfung der Leitlinien für Betriebsräte geschlossen. Wir halten eine Beauftragung von mehreren Anwälten in der gleichen Frage für nicht erforderlich und sehen hier keine Kostentragungspflicht der L.. Ich würde Sie daher nach dem im Betriebsverfassungsrecht geltenden „Grundsatz der Kostenschonung“ bitten, sich auf einen Anwalt zu einigen. Möglicherweise macht es auch Sinn, die Steuerung zentral durch den GBR vorzunehmen. Diese sollten Sie aber intern regeln.

20

Sollte es zu einer Entscheidung bzw. zu einer Änderung der Leitlinien durch die Einschaltung des Anwalts kommen, werden wir das Ergebnis für alle Standorte anerkennen. Aus diesem Grund gibt es kein Bedürfnis für die weitere Kostenverursachung durch zusätzliche Anwaltsbeauftragungen. ..“

21

Auch der Vorsitzende des Hamburger Betriebsrats Herr S1 erhielt diese E-Mail. Zudem wurde sie in Kopie an den Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats Herrn H. gesandt.

22

Mit E-Mail vom 22. August 2014, für deren Wortlaut auf die Anlage B 3, Bl. 86 d.A. verwiesen wird, wandte sich der Leiter Tarifpolitik der Beteiligten zu 2) Herr L. u.a. an den Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats Herrn H. sowie an den Vorsitzenden des Konzernbetriebsrats des L.-Konzerns Herrn T.. Herr L. stellte nochmals heraus, dass zwar einer externen rechtlichen Überprüfung der Leitlinie grundsätzlich nichts entgegenstehe, allerdings die Beauftragung von mehreren Anwälten für die einheitlich und inhaltsgleich in der gesamten L.-Gruppe geltenden Leitlinie für nicht erforderlich erachtet werde. Sollte es bei der Würdigung der Ergebnisse der einheitlich beauftragten externen Begutachtung zu einer Änderung der Leitlinien kommen, würden dies die L.-Gesellschaften an allen Standorten gleichermaßen anerkennen und umsetzen. Herr L. bat darum, die E-Mail auch an die Betriebsratsvorsitzenden der örtlichen Gremien weiterzuleiten, was in der Folge passierte.

23

Die Beteiligte zu 2) bot dem L.-Konzernbetriebsrat und dem Gesamtbetriebsrat an, über die Inhalte der Leitlinien und Hinzuziehung rechtlicher Beratung auf Seiten des L.-Konzernbetriebsrats oder des Gesamtbetriebsrats zu sprechen und gegebenenfalls Änderungen in den Leitlinien vorzunehmen. Auch ein Mediationsverfahren unter Beteiligung aller örtlichen Betriebsräte wurde dem Gesamtbetriebsrat und dem L. Konzernbetriebsrat durch die Beteiligte zu 2) Ende Oktober/Anfang November 2014 angeboten. Die Angebote wurden nicht angenommen.

24

In der Folge wandten sich zunächst die örtlichen Betriebsräte in D., M., K., B. und F. in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren gegen Anwendung der Leitlinie in ihren Betrieben. Am 14. November 2014 leitete auch der Hamburger Betriebsrat ein Verfahren beim Arbeitsgericht Hamburg ein. Für den zeitlichen Ablauf im Einzelnen wird auf die Auflistung der Beteiligten zu 2) in der Beschwerdebegründung vom 11. April 2017, Seite 7, erster Spiegelstrich bis Seite 8, letzter Spiegelstrich, Bl. 265/266 d.A., verwiesen. Die örtlichen Betriebsräte wurden in den Beschlussverfahren jeweils durch unterschiedliche Rechtsanwaltskanzleien vertreten.

25

Bei dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg handelte es sich um das Verfahren 9 BV 28/14, auf das sich der streitgegenständliche Vergütungsanspruch der Antragsteller bezieht. Der Betriebsrat beantragte mit seinem Hauptantrag, der Arbeitgeberin – also der Beteiligten zu 2) des Vorverfahrens ebenso wie des vorliegenden Verfahrens – aufzugeben, es zu unterlassen, von den für den Betrieb Hamburg gewählten Betriebsratsmitgliedern die Einhaltung der „Leitlinien für BR-Mitglieder bei der L.-Gruppe zum Rahmen der Mandatsausübung“ zu verlangen. Für die hilfsweise gestellten Anträge wird auf den verfahrensbeendenden Beschluss im Verfahren 9 BV 28/14 verwiesen.

26

Das Arbeitsgericht K. gab in dem vom K.er Betriebsrat betriebenen Verfahren zum Az. 16 BV 248/14 mit Beschluss vom 27.01.2015 dem dortigen (Hilfs-)Antrag des Betriebsrats „festzustellen, dass der ‚Leitfaden für die Betriebsratstätigkeit in der L.-Gruppe‘ keinerlei Pflichten für den Antragsteller und die Mitglieder des Antragstellers auslöst“ statt; die weitergehenden Anträge des Betriebsrats wurden zurückgewiesen. Für die Begründung des Beschlusses wird auf die Anlage B 6, Bl. 94 ff. d.A. verwiesen.

27

Mit E-Mail vom 13. April 2015 übersandte die Beteiligte zu 2) an die jeweiligen Betriebsratsvorsitzenden der verschiedenen Betriebe in Deutschland eine überarbeitete Version der Leitlinie (Leitlinie 2.0). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage ASt 7, Bl. 134 ff. d.A. verwiesen. Die Beteiligte zu 2) führte aus, sie halte an der ursprünglichen Version der Leitlinie nicht mehr fest.

28

In der Folge endeten die noch anhängigen arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren mit Ausnahme des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Hamburg durch Vergleich. Das Arbeitsgericht Hamburg wies den Hauptantrag und die Hilfsanträge des Betriebsrats mit Beschluss vom 25. August 2015 als unzulässig zurück und führte zur Begründung aus, dass den Anträgen nach Erstellung der Leitlinie 2.0 das Rechtsschutzbedürfnis fehle.

29

Nachdem das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren 9 BV 28/14 mit Beschluss vom 23. November 2015 auf 25.000,00 € festgesetzt hatte, stellten die Antragsteller der Beteiligten zu 2) mit Schreiben vom 30. November 2015 (Anlage AST. 1, Bl. 9f.) die in dem Verfahren 9 BV 28/14 entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 2.368,10 € in Rechnung. Für die Ermittlung der Rechnungssumme wird auf die Anlage AST. 1, Bl. 9f. d.A. verwiesen. Mit Schreiben vom 14. Januar 2016 mahnten die Antragsteller den Ausgleich der Kostenrechnung unter Fristsetzung bis zum 29. Januar 2016 an. Per E-Mail des Herrn Dr. S., vom 14. Januar 2016 ließ die Beteiligte zu 2) mitteilen, nicht zum Kostenausgleich verpflichtet zu sein, da die Verfahrenseinleitung nicht erforderlich gewesen sei. Für den Inhalt der E-Mail vom 14. Januar 2016 wird auf die Anlage AST. 3, Bl. 12 d.A. verwiesen.

30

In der Folge fasste der Hamburger Betriebsrat auf seiner Sitzung vom 23. Februar 2016 folgenden Beschluss:

31

„Der Betriebsrat beschließt, den Anspruch auf Kostenerstattung für das Gerichtsverfahren Arbeitsgericht Hamburg „Leitlinien 1.0“ Aktenzeichen 9 BV 28/14 in Höhe von EUR 2.368,10 inkl. Mehrwertsteuer an die Rechtsanwälte G., Hamburg, abzutreten.

32

Der Anspruch soll von den Rechtsanwälten G. eigenständig geltend gemacht werden.

33

Die Kosten des Kostenerstattungsverfahrens sind vom Arbeitgeber zu tragen.“

34

Hierbei wurden 26 Stimmen für diesen Beschluss und 4 Stimmen dagegen bei 4 Enthaltungen abgegeben. Auf das Protokoll der Betriebsratssitzung in der Anlage AST 5, Bl. 125 d.A. und auf die Anwesenheitsliste in der Anlage AST 5, Bl. 126 d.A. wird verwiesen. Die Einladung zu der Sitzung war in das Outlook-System eingestellt und eine Tagesordnung übermittelt worden; für die Tagesordnung wird auf die Anlage AST 5, Bl. 124 d.A. verwiesen.

35

Der Betriebsratsvorsitzende Herr S1 informierte die Antragsteller mit E-Mail vom 23. Februar 2016 über die Beschlussfassung; auf die Anlage AST 4, Bl. 13 d.A. wird verwiesen.

36

Der Beschluss des Arbeitsgerichts über den Gegenstandswert des Verfahrens zum Az. 9 BV 28/14 wurde von der Arbeitgeberin mit der sofortigen Beschwerde angegriffen. Mit Beschluss vom 22. April 2016 wies das Landesarbeitsgericht Hamburg die sofortige Beschwerde zurück (Az. 8 Ta 30/15).

37

Die Beteiligte zu 2) beglich die Kostenrechnung der Antragsteller nicht. Auch die im Verfahren vor dem Arbeitsgericht K. zum Az. 16 BV 248/14 entstandenen Anwaltskosten zahlte die Beteiligte zu 2 nicht. In den durch Vergleich beendeten arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, deren Gegenstand die Leitlinie in der ursprünglichen Fassung war, übernahm die Beteiligte zu 2 die Kosten der anwaltlichen Vertretung.

38

Die Antragsteller haben mit Antrag vom 30. März 2016, der Beteiligten zu 2) zugestellt am 5. April 2016, das vorliegende Verfahren eingeleitet.

39

Die Antragsteller haben vorgetragen, der Hamburger Betriebsrat habe die Einleitung des Verfahrens zum Aktenzeichen 9 BV 28/14 in seiner Sitzung vom 27. Oktober 2014 beschlossen. Das Betriebsratsgremium habe ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Hamburger Situation eine andere sei, weil die Prozessketten der anderen Stationen sehr unterschiedlich seien. Gemeint gewesen seien damit insbesondere die unterschiedlichen Genehmigungsabläufe bei betriebsbedingter Mehrarbeit der Betriebsratsmitglieder sowie die Prozesse bei der Urlaubs- und Dienstreisegewährung.

40

Vor dem 27. Oktober 2014 hätten lediglich vereinzelte Gespräche über mögliche “Auslegungsfragen“ der Leitlinie in ihrer ursprünglichen Fassung stattgefunden, ohne dass die Beteiligte zu 2) im Übrigen von deren Anwendung und Wortlaut abgerückt wäre. Ein Gruppenverfahren habe nicht in Betracht gezogen werden müssen, da sich die Leitlinie dezidiert an jedes einzelne Betriebsratsmitglied gerichtet habe. In den verschiedenen Beschlussverfahren hätten die örtlichen Betriebsräte unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt.

41

Die Antragsteller haben beantragt,

42

1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an die Rechtsanwälte G., Hamburg (Antragsteller) Anwaltskosten in Höhe von Euro 2.368,10 zzgl. 5 % Zinsen über Basisdiskont seit dem 29. Januar 2016 zu zahlen, für die Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates im Beschlussverfahren wegen Unterlassung gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG vor dem Arbeitsgericht Hamburg - 9 BV 28/14;

43

2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Kosten dieses Kostenerstattungsverfahrens zu tragen.

44

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,

45

die Anträge zurückzuweisen.

46

Die Beteiligte zu 2) hat vorgetragen, sie sei bemüht gewesen, in allen örtlichen Betriebsratsgremien die Leitlinien und ihre Hintergründe zu erläutern. Im Hinblick auf das Betriebsratsgremium in Hamburg sei dies zum Beispiel im Juni 2014 durch den Personalleiter Herrn S2erfolgt.

47

Es fehle an der Aktivlegitimation der Antragsteller. Im Zeitpunkt der behaupteten Abtretung habe keine rechtskräftige Festsetzung des Streitwerts vorgelegen. Damit habe eine etwaige Vergütungsforderung noch nicht der Höhe nach festgestanden und sei der Abtretung nicht zugänglich gewesen.

48

Das Einleiten eines sechsten parallelen Beschlussverfahrens auch für den örtlichen Betriebsrat in Hamburg im Hinblick auf die Leitlinie habe gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen und eine mutwillige Rechtsverfolgung dargestellt. Es werde bestritten, dass eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats Hamburg über die Einleitung des Beschlussverfahrens 9 BV 28/14 erfolgt sei.

49

Der Antrag zu 2 sei unzulässig. Es gebe im Beschlussverfahren keine prozessuale Kostentragungspflicht und dementsprechend keine Kostenentscheidung.

50

Das Arbeitsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 8. November 2016 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar habe der Abtretung eines etwaigen Kostenerstattungsanspruchs des Betriebsrats nach § 398 Satz 1 BGB nicht entgegengestanden, dass das Landesarbeitsgericht im Zeitpunkt der Abtretung noch nicht über die Streitwertbeschwerde der Beteiligten zu 2) im Vorverfahren 9 BV 28/14 entschieden habe; denn auch künftige Forderungen könnten abgetreten werden, soweit sie nur bestimmt oder jedenfalls bestimmbar bezeichnet würden. Doch sei die Beteiligte zu 2) nach § 40 Abs. 1 BetrVG nicht zur nicht zur Tragung der Kosten des Vorverfahrens 9 BV 28/14 verpflichtet. Eine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers bestehe nicht, wenn die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens durch den Betriebsrat zur Klärung der Streitfragen nicht erforderlich gewesen sei, etwa weil eine anderweitige Klärung möglich gewesen sei, z.B. durch einvernehmliches Abwarten eines Parallelverfahrens oder eines Musterprozesses. Hier sei das Beschlussverfahren 9 BV 28/14 nicht erforderlich gewesen, da bereits zuvor Beschlussverfahren durch die Betriebsräte in D., M., K., B. und F. eingeleitet worden seien, in denen es den Betriebsräten ebenfalls darum gegangen sei, der Beteiligten zu 2) zu untersagen, die Leitlinie in ihrer ursprünglichen Fassung gegenüber den einzelnen Betriebsratsmitgliedern anzuwenden bzw. die Unwirksamkeit dieser Leitlinie feststellen zu lassen. Nach Auffassung der Kammer habe es sich jeweils um denselben Streitgegenstand gehandelt.

51

Hinsichtlich des Antrags auf Kostenerstattung für das vorliegende Kostenerstattungsverfahren sei schon nicht ersichtlich, was die Antragsteller mit diesem Antrag meinten. Gerichtskosten entstünden im Beschlussverfahren nicht. Eine Entscheidung über die Kostenerstattung der Rechtsanwaltsgebühren sei schon mangels Festsetzung des Gegenstandswertes für das laufende Beschlussverfahren nicht entscheidungsreif.

52

Für die Begründung des Arbeitsgerichts im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses vom 8. November 2016, Bl. 177 ff. d.A., verwiesen.

53

Die Antragsteller haben den ihnen am 1. Dezember 2016 zugestellten Beschluss am 22. Dezember 2016 mit der Beschwerde angegriffen. Nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 1. März 2017 ist die Beschwerdebegründung am 7. Februar 2017 beim Beschwerdegericht eingegangen.

54

Zur Begründung ihrer Beschwerde tragen die Antragsteller vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei es dem Betriebsrat nicht möglich gewesen, ein Parallelverfahren oder einen Musterprozess abzuwarten. Anders als bei den Wartungsstationen in M., K., D. und B. handele es sich bei dem Betrieb in Hamburg um eine sogenannte L1 Werft mit diversen Werkstätten. Das Betätigungsfeld der Mitglieder des Hamburger Betriebsrats unterscheide sich grundlegend von den Tätigkeiten an anderen Standorten, da eine erheblich größere Zahl von Mitarbeitern im 3-Schicht-Betrieb an sieben Tagen in der Woche tätig sei. Vor dem Hintergrund der verschiedenen Interessenvertretungen seien in den verschiedenen Verfahren unterschiedliche Ziele verfolgt worden.

55

Zu keinem Zeitpunkt habe es ein Mediationsangebot an die örtlichen Betriebsräte gegeben. Das Mediationsangebot sei vielmehr an den Gesamtbetriebsrat und den L.-Konzernbetriebsrat gerichtet gewesen und habe nur die Einbeziehung einer Vertretung aller betroffenen örtlichen Betriebsräte beinhaltet.

56

Vor dem Beschluss des Hamburger Gremiums am 27. Oktober 2014, ein Verfahren einzuleiten, hätten die Antragsteller eine Expertise zur „Rechtmäßigkeit“ der Leitlinie ausgearbeitet, die bereits Monate zuvor umfassend im Gremium diskutiert worden sei. Der Betriebsrat habe im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht davon ausgehen können, dass der Ausgang von parallel geführten Verfahren oder eines Musterverfahrens die Fragen seines Betriebs endgültig geklärt hätten. Die Beteiligte zu 2) habe auch nicht die Anerkennung eines Verfahrens als Musterverfahren angeboten. So habe sie gerade nicht das erste Verfahren vor dem Arbeitsgericht D. für eine schnelle Einigung genutzt. Vielmehr habe die Beteiligte zu 2) auf eine überörtliche Zuständigkeit und Regelung gedrängt. Eine Delegation der Aufgaben nach § 50 Abs. 2 BetrVG auf den GBR sei durch den Hamburger Betriebsrat aber ausdrücklich nicht erfolgt.

57

Dem Hamburger Betriebsrat wäre nicht zumutbar gewesen, erst dann ein Beschlussverfahren einzuleiten, wenn andere Arbeitsgerichte die Anträge ggf. zurückgewiesen hätten. Ein erst nach Beendigung der Verfahren vor den anderen Arbeitsgerichten eingeleitetes Verfahren wäre voraussichtlich nicht vor Ende 2015 abgeschlossen worden. In dieser Zeit hätte der Hamburger Betriebsrat den Handlungsanweisungen der Leitlinie in ihrer ursprünglichen Fassung gegenübergestanden, ohne eine Klärung der für ihn wesentlichen Punkte erreichen zu können.

58

Die Kosten für ein Beschlussverfahren wie das vorliegende, mit dem ein Rechtsanwalt aus abgetretenem Recht Ansprüche auf Kostenerstattung verfolge, habe der Arbeitgeber zu tragen.

59

Die Antragsteller stellen folgende Anträge:

60

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. November 2016 – 9 BV 11/16 – wird abgeändert.

61

2. Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, an die Rechtsanwälte G. (Antragsteller) Anwaltskosten in Höhe von € 2.368,10 zzgl. Zinsen über Basisdiskont seit dem 29. Januar 2016 zu zahlen, für die Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates im Beschlussverfahren wegen Unterlassung gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG vor dem Arbeitsgericht Hamburg – 9 BV 28/14.

62

3. Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, die Kosten dieses Kostenerstattungsverfahren zu tragen.

63

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

64

die Beschwerde zurückzuweisen.

65

Die Beteiligte zu 2) verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie führt aus, das Betätigungsfeld der Mitglieder des Hamburger Betriebsrats unterscheide sich nicht grundlegend von den Tätigkeiten an anderen Standorten. Die Mitarbeiter an den anderen großen Standorten in F. und M. arbeiteten sogar in größerem Umfang im 3-Schicht-Betrieb als in Hamburg.

66

Die Leitlinie in ihrer ursprünglichen Fassung habe die inhaltliche Aufgabenwahrnehmung der Betriebsräte nicht berühren wollen. Die Leitlinie habe mit dem Ziel einer konzerneinheitlichen Handhabung lediglich das Gesetz, insbesondere das Betriebsverfassungsgesetz, sowie je nach Situation die für den Betriebsrat bzw. das einzelne Betriebsratsmitglied gültigen internen Regelungen wie Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Regelungsabreden usw. – ggf. in Ausgestaltung der Rechtsprechung – wiedergegeben.

67

Das Mediationsangebot der Beteiligten zu 2) sei nicht lediglich an eine Vertretung aller örtlichen Betriebsräte, sondern direkt an alle örtlichen Betriebsräte, gesteuert durch den KBR und den GBR, gerichtet gewesen. Die Beteiligte zu 2) habe immer wieder darauf hingewiesen, dass sie das Ergebnis einer einheitlichen Begutachtung konzernweit anerkennen würde.

68

Die Beteiligte zu 2) bestreite, dass der Hamburger Betriebsrat über die Einleitung des Beschlussverfahrens zum Aktenzeichen 9 BV 28/14 einen ordnungsgemäßen Beschluss gefasst habe. Die Antragsteller hätten zu den förmlichen Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss wie etwa eine rechtzeitige Ladung oder zum genauen Inhalt des Beschlusses nichts vorgetragen.

69

Auch die ordnungsgemäße Beschlussfassung über die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs werde bestritten. Zwar hätten die Antragsteller erstinstanzlich die Tagesordnung, das Protokoll der Betriebsratssitzung vom 23. Februar 2016 und die Anwesenheitsliste vorgelegt. Doch lasse die pauschale Behauptung, die Einladung sei – wie üblich – durch Einstellung im Outlook-System und gleichzeitige Übersendung der Unterlagen erfolgt, nicht erkennen, ob die Betriebsräte auch rechtzeitig geladen worden seien und welche Informationen den Betriebsräten im Vorfeld zur Verfügung gestellt worden seien.

70

Die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs scheitere auch an § 400 BGB. Nicht pfändbare Forderungen unterlägen nicht der Abtretung. Zwar vertrete das Bundesarbeitsgericht die Auffassung, dass § 400 BGB seinem Schutzzweck entsprechend dahin auszulegen sei, dass die Unpfändbarkeit von Forderungen der Abtretung dann nicht entgegenstehe, wenn der Zessionar dem bisherigen Forderungsinhaber für die abgetretene Forderung einen Barbetrag in Höhe der abgetretenen Forderung oder eine wirtschaftlich gleichwertige Leistung gewähre. Für den Fall der Abtretung eines Kostenerstattungsanspruchs durch den Betriebsrat an den ihn vertretenden Rechtsanwalt sei dann aber zu fordern, dass der Rechtsanwalt gegenüber dem Betriebsrat auf die Geltendmachung seiner Vergütungsforderung verzichte. Dies setze einen Erlassvertrag zwischen dem Betriebsrat und seinem Rechtsvertreter voraus. Hier hätten die Antragsteller weder dargelegt, dass sie gegenüber dem Betriebsrat auf ihre Vergütungsforderung verzichtet hätten, noch hätten sie behauptet, dass der Betriebsrat diesen Verzicht im Wege eines Beschlusses angenommen habe.

71

Jedenfalls habe der Betriebsrat zu keinem Zeitpunkt über einen Kostenerstattungsanspruch nach § 40 BetrVG verfügt. Die Führung des Verfahrens zum Aktenzeichen 9 BV 28/14 sei nicht erforderlich gewesen. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt habe, wäre es die Pflicht des Betriebsrats gewesen, das Angebot der Beteiligten zu 2) im Hinblick auf eine einheitliche rechtliche Prüfung – verbunden mit dem Angebot, das Ergebnis anzuerkennen – anzunehmen.

72

Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Kostenschonung ergebe sich auch unter einem anderen Gesichtspunkt: Der Betriebsrat sei für die Überprüfung der Leitlinie in ihrer ursprünglichen Fassung überhaupt nicht zuständig gewesen. Die Zuständigkeit habe vielmehr beim Konzernbetriebsrat L. gelegen. Denn die Beteiligte zu 2) habe mit der Leitlinie eine einheitliche Handhabung konzerneinheitlicher und damit unternehmensübergreifender Regelungen erreichen wollen. Hätte der zuständige Konzernbetriebsrat die Überprüfung der Leitlinie übernommen, hätte von vornherein eine einheitliche, für die Beteiligte zu 2) weitaus kostengünstigere Rechtskontrolle stattgefunden.

73

Für das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Anhörungen verwiesen.

II.

74

1. Die Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG statthaft. Sie ist auch zulässig, da sie gemäß §§ 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG i. V. mit §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist.

75

2. Die Beschwerde ist zu ihrem überwiegenden Teil begründet, im Übrigen unbegründet.

76

Der Kostenantrag zu 2 ist bereits unzulässig (hierzu unter a). Der Zahlungsantrag zu 1 ist zulässig und mit Ausnahme eines kleinen Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs begründet (hierzu unter b).

77

Zur Tenorierung des Beschlusses ist Folgendes auszuführen:

78

Den Zinsantrag im Zahlungsantrag zu 1 hat die Kammer dahingehend ausgelegt, dass er auf die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes gerichtet ist. Im Tenor ist der Zinsausspruch klarstellend dahingehend formuliert worden, dass den Antragstellern Zinsen in Höhe von „5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. April 2016“ zustehen. Weiterhin hat die Kammer im Tenor – abweichend vom Wortlaut der Antragstellung – auf die Wiedergabe des Anspruchsgrundes verzichtet. Dieser ergibt sich aus den Gründen des Beschlusses.

79

a) Der Antrag zu 2, mit dem die Antragsteller die Verpflichtung der Beteiligten zu 2) erreichen wollten, die Kosten des vorliegenden Verfahrens zu tragen, ist in jeder denkbaren Auslegung unzulässig.

80

Der Antrag kann zum einen dahingehend verstanden werden, dass die Antragsteller den Erlass einer Kostenentscheidung im Tenor der verfahrensbeendenden Entscheidung verlangen. In dieser Auslegung ist der Antrag unzulässig, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für eine solche Entscheidung fehlt. Das Gesetz sieht – mit Ausnahme der Sonderregelung in § 126 Abs. 3 InsO – für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren keine prozessuale Kostentragungspflicht und dementsprechend auch keine Kostenentscheidung vor. Gerichtskosten werden gemäß § 2 Abs. 2 GKG in Verfahren nach § 2a Abs. 1 ArbGG nicht erhoben. Die für das Urteilsverfahren - mit den sich aus § 12a ArbGG ergebenden Maßgaben - anwendbaren §§ 91 ff. ZPO sind im ArbGG für das Beschlussverfahren weder in Bezug genommen noch entsprechend anzuwenden (vgl. BAG 02.10.2007 – 1 ABR 59/06 – juris Rn. 11).

81

Wird der Antrag nicht als Kostenantrag, sondern als Geltendmachung eines materiellen Kostenerstattungsanspruchs ausgelegt, kann auch dies nicht zu seiner Zulässigkeit führen.

82

Bei einer solchen Auslegung ist der Gegenstand des Antrags nicht hinreichend bestimmt i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Weder die Höhe noch Grund des Anspruchs sind ersichtlich. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers in einem Beschlussverfahren grundsätzlich jeder Verfahrensbeteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat (BAG 02.10.2007 – 1 ABR 59/06 – juris Rn. 21). Ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Erstattung von Rechtsdurchsetzungskosten kommt nur dann in Betracht, wenn es hierfür eine Rechtsgrundlage gibt – beispielsweise § 40 Abs. 1 oder § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG (vgl. BAG 02.10.2007 – 1 ABR 59/06 – juris Rn. 21). Hier haben die Antragsteller mit ihrem Vorbringen nicht deutlich gemacht, auf welchen Rechtsgrund sie ihren Kostenantrag stützen wollen. Die schlichte Behauptung, die Kosten für ein Beschlussverfahren wie das vorliegende, mit dem ein Rechtsanwalt aus abgetretenem Recht Ansprüche auf Kostenerstattung verfolge, habe der Arbeitgeber zu tragen, entbehrt einer rechtlichen Grundlage (siehe hierzu BAG 02.10.2007 – 1 ABR 59/06 – juris Rn. 16 ff.) und ist als Anspruchsbegründung nicht geeignet.

83

b) Den Antragstellern steht der mit dem Antrag zu 1 geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 2.368,10 € gegen die Beteiligte zu 2) zu. Zinsen in gesetzlicher Höhe können die Antragsteller allerdings erst ab dem 6. April 2016 verlangen; der weitergehende Zinsantrag war zurückzuweisen.

84

aa) Die Antragsteller sind für die Geltendmachung der Ansprüche aktivlegitimiert.

85

Die Kosten der anwaltlichen Vertretung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens gehören, soweit sie erforderlich sind, zu den gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten der Betriebsratstätigkeit (vgl. etwa BAG 29.07.2009 – 7 ABR 95/07 – juris Rn 16). Der Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber wandelt sich bei Abtretung an den anwaltlichen Vertreter in einen Zahlungsanspruch (BAG 13.05.1998 – 7 ABR 65/96 juris Rn 13; BAG 09.12.2009 – 7 ABR 90/07 juris Rn 14).

86

Hier hat der Betriebsrat seinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten der anwaltlichen Vertretung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zum Az. 9 BV 28/14 an die Antragsteller abgetreten. Durch die Abtretung hat sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch gewandelt. Gläubiger dieses Anspruchs sind nunmehr die Antragsteller. Es gibt keine Gründe, die einer Wirksamkeit der Abtretung entgegenstehen. Im Einzelnen:

87

(1) Der Abtretung lag eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats zugrunde. Hiervon ist aufgrund des Vorbringens der Beteiligten und der von den Antragstellern vorgelegten Unterlagen auszugehen.

88

Aus dem Vorbringen der Antragsteller und den Unterlagen in der Anlage Ast. 5 ergibt sich, dass der Betriebsrat auf seiner Sitzung am 23. Februar 2016 den wirksamen Beschluss gefasst hat, den Anspruch auf Kostenerstattung für das Gerichtsverfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg zum Az. 9 BV 28/14 in Höhe von 2.368,10 € inkl. Mehrwertsteuer an die Antragsteller abzutreten.

89

Soweit die Beteiligte zu 2) die ordnungsgemäße Beschlussfassung bestreitet, bleibt ihr Vorbringen unsubstantiiert und damit unerheblich. Die Beteiligte zu 2) bestreitet weder die Beschlussfassung an sich noch das Vorbringen der Antragsteller, wonach zu der Sitzung am 23. Februar 2016 durch eine in das System Outlook eingestellte Einladung eingeladen worden und eine Tagesordnung zu dieser Sitzung übermittelt worden ist. Auch stellt die Beteiligte zu 2) nicht in Abrede, dass 34 Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen haben und der Betriebsrat damit gemäß § 33 Abs. 2 BetrVG beschlussfähig war. Schließlich bestreitet die Beteiligte zu 2) nicht, dass der Beschluss mit 26 Ja-Stimmen und damit mit der Stimmen der Mehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst worden ist (§ 33 Abs. 1 BetrVG).

90

Konkrete Tatsachen, aus denen sich trotz dieser unstreitigen Abläufe eine Unwirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses ergeben könnte, benennt die Beteiligte zu 2) nicht. Soweit sie im Zusammenhang mit dem Bestreiten der ordnungsgemäßen Beschlussfassung allgemein ausführt, es sei nicht erkennbar, ob die Betriebsratsmitglieder rechtzeitig geladen worden seien und welche Informationen ihnen zur Verfügung gestellt worden seien, ist dieses Vorbringen nicht tatsachenbasiert und damit nicht geeignet, das Bestreiten hinreichend zu substantiieren.

91

(2) Der Wirksamkeit der Abtretung des Freistellungsanspruchs steht auch § 400 BGB nicht entgegen.

92

Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Freistellungsanspruch nach § 40 Abs. 1 BetrVG um einen Anspruch handelt, der nicht der Pfändung unterliegt (so BAG 15.01.1992 – 7 ABR 23/90 – juris Rn. 27 unter Hinweis auf § 850 a Nr. 3 ZPO). Jedenfalls ist die Abtretung des Freistellungsanspruchs hier deshalb ordnungsgemäß erfolgt, weil die Antragsteller im Gegenzug für den Erwerb des Freistellungsanspruchs auf ihre Kostenforderung gegen den Betriebsrat verzichtet haben.

93

Mit jeder Abtretung eines Freistellungsanspruchs des Betriebsrats an den Verfahrensbevollmächtigten des Vorprozesses geht eine konkludente Verzichtvereinbarung zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten und dem abtretenden Betriebsrat einher. Der Wille, diesen Verzicht anzunehmen, kommt im Beschluss des Betriebsrats über die Abtretung hinreichend zum Ausdruck. Eines ausdrücklichen Beschlusses über die Annahme des Verzichts bedarf es nicht. Ein solcher Beschluss ist auch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in keinem der Fälle gefordert worden, in denen das Bundesarbeitsgericht über die Abtretung von Freistellungsansprüchen des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber an den Inhaber der Zahlungsforderung zu entscheiden hatte. Das Bundesarbeitsgericht hat es für die Umwandlung dieser Freistellungsansprüche in Zahlungsansprüche ausreichen lassen, dass der Betriebsrat einen Beschluss über die Abtretung des Freistellungsanspruchs gefasst hatte (vgl. BAG 09.12.2009 – 7 ABR 90/07 juris Rn 14).

94

(3) Schließlich steht der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt der Abtretung der Gegenstandswert des Vorverfahrens zum Az. 9 BV 28/14 noch nicht rechtskräftig festgesetzt war. Wie das Arbeitsgericht zutreffend und mit ausführlicher Begründung ausgeführt hat, war der Anspruch zum Zeitpunkt der Abtretung dennoch hinreichend bestimmt. Dass seine Höhe noch nicht abschließend feststand, steht der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen. Auf die überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, die von der Beteiligten zu 2) mit der Beschwerde nicht angegriffen worden sind, wird verwiesen.

95

bb) Durch die Abtretung des Freistellungsanspruchs haben die Antragsteller einen Zahlungsanspruch gegen die Beteiligte zu 2) in Höhe von 2.368,10 € erlangt.

96

Für die Vertretung des Betriebsrats im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg zum Aktenzeichen 9 BV 28/14 stehen den Antragstellern Anwaltsgebühren in Höhe von 1.990,00 € nebst Mehrwertsteuer in Höhe von 368,10 €, insgesamt also 2.368,10 €, zu. Auf die zutreffende Rechtsanwaltsgebührenberechnung der Antragsteller in der Anlage Ast. 1 (Bl. 10 d.A.), deren Richtigkeit auch von der Beteiligten zu 2) nicht in Abrede gestellt wird, wird verwiesen.

97

Dem Betriebsrat stand nach § 40 Abs. 1 BetrVG ein Anspruch auf Freistellung von diesen Rechtsanwaltsgebühren gegen die Beteiligte zu 2) zu, der sich durch Abtretung an die Antragsteller in den geltend gemachten Zahlungsanspruch gewandelt hat.

98

(aaa) Bei den Rechtsanwaltsgebühren handelt es sich um erforderliche Kosten i.S. des § 40 Abs. 1 BetrVG.

99

Zu den nach § 40 Abs. 1 BetrVG vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung der Betriebsrat in Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte für erforderlich halten durfte. Die Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat nicht allein anhand seiner subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Er ist vielmehr gehalten, die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abzuwägen. Der Betriebsrat darf bei der Wahl seiner Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht nicht missachten. Er hat wie jeder, der auf Kosten eines anderen handeln kann, die Maßstäbe einzuhalten, die er anwenden würde, wenn er selbst bzw. seine beschließenden Mitglieder die Kosten tragen müsste. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt bei einer offensichtlich aussichtslosen oder mutwilligen Rechtsverfolgung des Betriebsrats. Offensichtlich aussichtslos ist die Rechtsverfolgung, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist. Mutwilligkeit kann vorliegen, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht missachtet wird. Dies ist ex ante im Zeitpunkt des Beschlusses zu beurteilen, in dem die Kosten ausgelöst worden sind (BAG 18.07. 2012 – 7 ABR 23/11 – juris Rn. 37).

100

Hier durfte es der Betriebsrat am 23. Februar 2016 für erforderlich halten, die Antragsteller zu beauftragen, die Beteiligte zu 2) in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren darauf in Anspruch zu nehmen, es zu unterlassen, von den für den Betrieb Hamburg gewählten Betriebsratsmitgliedern die Einhaltung der „Leitlinien für BR-Mitglieder bei der L.-Gruppe zum Rahmen der Mandatsausübung“ zu verlangen. Die Argumente, die von der Beteiligten zu 2) gegen eine Erforderlichkeit der Anwaltsbeauftragung angeführt werden, überzeugen nicht:

101

(1) Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) handelte es sich bei dem Streitgegenstand des Vorverfahrens nicht um eine Angelegenheit, die der Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats entzogen war.

102

Zwar hat die Beteiligte zu 2) unternehmensweit alle Betriebsratsmitglieder der örtlichen Betriebsratsgremien zur Einhaltung der Leitlinie aufgefordert und die Leitlinie jeweils zu deren Personalakte genommen. Auch hat es darüber hinaus konzernweit auch in den übrigen Konzernunternehmen ein entsprechendes Vorgehen gegeben. Doch hat die Beteiligte zu 2) hierbei auf dem Gebiet der Rechtsanwendung agiert. Soweit die Beteiligte zu 2) aus § 50 Abs. 1 BetrVG eine Gesamtbetriebsratszuständigkeit oder aus § 58 Abs. 1 BetrVG eine Konzernbetriebsratszuständigkeit herleiten will, geht ihr Ansatz deshalb von vornherein fehl.

103

Denn § 50 BetrVG und § 58 BetrVG regeln die Zuständigkeitstrennung zwischen Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat bei der zwingenden und im Prinzip auch bei der freiwilligen Mitbestimmung (vgl. BAG 14.11.2006 – 1 ABR 4/06 – juris Rn. 34; Fitting, BetrVG, 27 Aufl. § 50 BetrVG Rn. 9 und 11). Die Leitlinie hat die Beteiligte zu 2) aber einseitig erlassen. Mitbestimmungsrechte spielten hierbei keine Rolle. Der Beteiligten zu 2) ging es nach ihrem eigenen Vorbringen gerade nicht darum, den gesetzlichen Rahmen durch eigene Regelungen auszufüllen. Vielmehr war ihr Anspruch, die geltenden Bestimmungen sowie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Ausübung des Betriebsratsamtes auf die Situation in Ihrem Unternehmen anzuwenden. Die Leitlinie stellt sich als Zusammenfassung der Ergebnisse dar, zu denen diese Rechtsanwendung nach dem Verständnis der Beteiligten zu 2) führte.

104

Zwar sind in der Leitlinie Verhaltensvorgaben für Betriebsratsmitglieder sowohl in ihrer Rolle als Amtsträger als auch in ihrer Rolle als Arbeitnehmer enthalten. So ergeben sich aus den „Grundsätzen“ der Leitlinie die Vorgaben, dass Betriebsratsarbeit primär durch die freigestellten Betriebsratsmitglieder wahrzunehmen und Betriebsratssitzungen grundsätzlich in der persönlichen Arbeitszeit der Betriebsratsmitglieder liegen müssen. Im weiteren Verlauf gibt die Leitlinie beispielsweise vor, dass Betriebsratstätigkeit an Sonn- und Feiertagen sowie während der Nacht grundsätzlich ausgeschlossen ist und nur nach Genehmigung durchgeführt werden darf. Doch hat die Beteiligte zu 2) sowohl im Vorwort der Leitlinie als auch im Rahmen der rechtlichen Auseinandersetzungen stets deutlich gemacht, dass sie diese Vorgaben unmittelbar aus dem Betriebsverfassungsrecht bzw. aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung hergeleitet hat. Für ein Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats oder des Gesamtbetriebsrats und eine daraus resultierende Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 BetrVG oder § 58 Abs. 1 ist vor diesem Hintergrund kein Raum.

105

Auch zur rechtlichen Klärung, ob die Vorgaben der Leitlinie zutreffend und die Form ihrer Implementierung zulässig waren, waren nicht zwingend der Konzernbetriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat aufgerufen. Dies folgt schon daraus, dass der Konzernbetriebsrat und der Gesamtbetriebsrat nicht die Adressaten des Vorgehens der Beteiligten zu 2) waren. Die Beteiligte zu 2) hat sich mit der Leitlinie und den aus ihr folgenden Verhaltensvorgaben in sehr expliziter Form, nämlich durch Aufnahme in die Personalakten, an die Mitglieder der örtlichen Betriebsräte gewandt. Hierdurch hat sie deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ihre Zielsetzung darin bestand, durch die Leitlinie die Art und Weise der Aufgabenwahrnehmung durch die örtlichen Gremien und deren Mitglieder zu beeinflussen: Diese Aufgabenwahrnehmung sollte zukünftig dem entsprechen, was die Beteiligte zu 2) für die Vorgaben des Gesetzes und der Rechtsprechung hielt. Eine Begründung, weshalb trotz dieser Zielsetzung der Konzernbetriebsrat oder Gesamtbetriebsrat für die Klärung der auftretenden Rechtsfragen zuständig sein sollte, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beteiligten zu 2) nicht und ist auch nicht ersichtlich.

106

(2) Auch das von der Beteiligten zu 2) angeführte Gebot der Kostenschonung steht der Erforderlichkeit der Rechtsverfolgung durch den Betriebsrat im Vorprozess nicht entgegen.

107

Ob und unter welchen Voraussetzungen der Betriebsrat das Ergebnis eines sogenannten Muster- oder Parallelverfahrens abwarten muss, bevor er einen entsprechenden Anspruch mit anwaltlicher Hilfe außergerichtlich bzw. im Rahmen eines Gerichtsverfahrens geltend macht, kann dahingestellt bleiben (vgl. zu dieser Frage auch BAG 18.07.2012 – 7 ABR 23/11 – juris Rn. 38 mit Hinweisen auf die hierzu vertretenen Auffassungen im Schrifttum). Denn jedenfalls setzt eine solche Verpflichtung voraus, dass sich die Ergebnisse des Muster- bzw. Parallelverfahrens auf den Konflikt der Betriebsparteien übertragen lassen. Spielen bei einer Auseinandersetzung die betrieblichen Verhältnisse und die sich im Betrieb konkret und aktuell stellenden Aufgaben sowohl für die rechtliche Bearbeitung als auch für eine potentielle Lösung des Konflikts eine Rolle, kann vom örtlichen Betriebsrat das Abwarten eines von einem anderen Betriebsrat geführten Verfahrens nicht verlangt werden (so im Ergebnis auch BAG 18.07.2012 – 7 ABR 23/11 – juris Rn. 38).

108

Wie oben dargestellt, hat die Beteiligte zu 2) hier durch die Leitlinie gerade die Arbeit der örtlichen Betriebsräte beeinflussen wollen. Streitgegenstand des Vorverfahrens war die Frage, ob die Beteiligte zu 2) von den für den Betrieb Hamburg gewählten Betriebsratsmitgliedern die Einhaltung der Leitlinie verlangen durfte. Da die Rechtsposition und die Interessen des Hamburger Betriebsrats und seiner Mitglieder durch die Leitlinie unmittelbar betroffen waren, konnte der Hamburger Betriebsrat nicht darauf verwiesen werden, den Ausgang der Beschlussverfahren anderer örtlicher Betriebsräte abzuwarten. Auch die darauf gerichteten E-Mails des Konzern-Justiziars Herrn Dr. S. vom 15. Juli 2014 und die E-Mail des Leiters Tarifpolitik der Beteiligten zu 2) Herrn L. vom 22. August 2014 konnten keine entsprechende Rechtspflicht des Hamburger Betriebsrats auslösen. Der Hamburger Betriebsrat durfte seine Rechtsposition und seine spezifischen Interessen selbst verfolgen und musste sich nicht davon abhängig machen, in welcher Weise andere örtliche Betriebsräte im Unternehmen in vergleichbarer Lage vorgingen und zu welchen Ergebnissen dies führte.

109

(3) Das Vorverfahren des Betriebsrats zum Az. 9 BV 28/14 war nicht offensichtlich aussichtslos. Insoweit kann auf den teilweisen Erfolg des K.er Betriebsrats mit einer allerdings geringfügig abweichenden Antragstellung in dem Verfahren zum Az. 16 BV 48/14 vor dem LAG Köln verwiesen werden. Auch die Beteiligte zu 2), die ja die Verfahrenskosten der örtlichen Betriebsräte für solche Beschlussverfahren im Zusammenhang mit der Leitlinie übernommen hat, die durch Vergleich erledigt worden sind, beruft sich nicht auf eine Aussichtslosigkeit des Vorverfahrens.

110

Der Umstand, dass der Hamburger Betriebsrat das Vorverfahren nicht für erledigt erklärt hat, nachdem die Beteiligte zu 2) die Leitlinie 2.0 erlassen und erklärt hatte, sie halte an der ursprünglichen Version der Leitlinie nicht mehr fest, steht der Erforderlichkeit der Anwaltskosten für dieses Vorverfahren nicht entgegen. Denn die Anwaltskosten waren zum Zeitpunkt der Übermittlung der Leitlinie 2.0 an die Vorsitzenden der örtlichen Betriebsräte am 13. April 2015 bereits entstanden.

111

bbb) Schließlich kann die Beteiligte zu 2) die Zahlung der Anwaltskosten auch nicht mit der Begründung verweigern, die Antragsteller hätten eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats zur Einleitung des Vorverfahrens zum Az. 9 BV 28/14 nicht substantiiert dargelegt.

112

Zwar bedürfen die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens und die Beauftragung eines Rechtsanwalts eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses. Ist die Beschlussfassung unterblieben oder fehlerhaft, ist der für den Betriebsrat gestellte Antrag als unzulässig abzuweisen (vgl. BAG 04.11.2015 – 7 ABR 61/13 – juris Orientierungssatz 1 und Rn. 25). Bestreitet der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße Beschlussfassung, hat der Betriebsrat die Tatsachen vorzutragen, aus denen das Zustandekommen des Beschlusses folgt (BAG 04.11.2015 – 7 ABR 61/13 – juris Rn. 26). Stellt sich heraus, dass die Verfahrenseinleitung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, hat das Gericht dem Betriebsrat im Regelfall auf die Möglichkeit einer Heilung des Verfahrensmangels hinzuweisen und ihm gleichzeitig Gelegenheit zu geben, die fehlende Beschlussfassung nachzuholen oder die fehlerhafte Beschlussfassung zu korrigieren (BAG 04.11.2015 – 7 ABR 61/13 – juris Rn. 26).

113

Hier hat die Beteiligte zu 2) jedoch im Vorverfahren die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats gar nicht bestritten. Dies ergibt sich aus der Akte des Verfahrens zum Az. 9 BV 28/14 und kommt auch in den Gründen des verfahrensbeendenden Beschlusses zum Ausdruck. Deshalb war der Betriebsrat im Vorprozess nicht gehalten, zum Zustandekommen des Beschlusses im Einzelnen vorzutragen.

114

Hat ein Arbeitgeber aber in dem rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren die Ordnungsmäßigkeit des Betriebsratsbeschlusses zur Verfahrenseinleitung nicht bestritten, kann er ein „pauschales Bestreiten“ in einem Folgeverfahren über die Kosten der anwaltlichen Vertretung und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem ein etwaig fehlerhafter Beschluss nicht mehr heilbar wäre (BAG 04.11.2015 – 7 ABR 61/13 – juris Rn 41), nicht mehr nachholen.

115

cc) Die Antragsteller können auf den Betrag von 2.368,10 € Verzugszinsen erst seit Rechtshängigkeit, also seit dem 6. April 2016 verlangen (§ 291 ZPO).

116

Zwar haben die Antragsteller bereits mit Schreiben vom 14. Januar 2016 den Ausgleich ihrer Kostenrechnung unter Fristsetzung bis zum 29. Januar 2016 angemahnt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Antragsteller jedoch nicht Inhaber der Kostenforderung und konnten die Beteiligte zu 2) deshalb nicht rechtswirksam mahnen. Nach dem Zeitpunkt der Abtretung des Freistellungsanspruchs durch Betriebsratsbeschluss vom 23. Februar 2016 ist keine weitere Mahnung der Beteiligten zu 2) erfolgt. Zinsen in gesetzlicher Höhe können die Antragsteller daher erst ab Zustellung des Antrags im vorliegenden Verfahren, also ab dem 6. April 2016 verlangen (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB).

III.

117

Es bestand kein Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die Voraussetzungen der §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Die Beschwerdekammer folgt der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Sache nicht zu.

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